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Werte und Interessen in der Entwicklungszusammenarbeit

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Diskussionspapier 2012-2 5<br />

Solidarität aller Menschen, Gerechtigkeit, Fairness <strong>und</strong> gegenseitiger Respekt den Status<br />

von „bewährten“ <strong>Werte</strong>n. <strong>Werte</strong> fungieren damit als Beurteilungskriterien von hoher, aber<br />

nicht sakrosankter, normativer Verb<strong>in</strong>dlichkeit, gegen die nur mit beson<strong>der</strong>s guten Gründen<br />

gehandelt werden darf; diese Verb<strong>in</strong>dlichkeit ist aus langer, oft Jahrh<strong>und</strong>erte o<strong>der</strong><br />

Jahrtausende langer Bewährung im Umgang <strong>der</strong> Menschen mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> gespeist.<br />

Die theoretische „Abstraktion“ aus zahllosen konkreten Erfahrungen zeigt dabei schon,<br />

dass <strong>Werte</strong> alle<strong>in</strong> die Entscheidungen nicht determ<strong>in</strong>ieren können <strong>und</strong> sollen; wer aus<br />

<strong>Werte</strong>n alle<strong>in</strong> Entscheidungen ableitet, ist e<strong>in</strong> „F<strong>und</strong>amentalist“. Konkrete Entscheidungen<br />

resultieren nach <strong>der</strong> Konzeption des Wittenberg-Zentrums für Globale Ethik immer aus<br />

zwei Klassen von Gesichtspunkten, (1) den <strong>Werte</strong>n – man kann auch sagen: Idealen,<br />

Pr<strong>in</strong>zipien – <strong>und</strong> (2) den konkreten situativen Bed<strong>in</strong>gungen, unter denen sie zur Wirkung<br />

gebracht werden sollen.<br />

Damit s<strong>in</strong>d wir wie<strong>der</strong> bei den Problemen angekommen, von denen wir bei <strong>der</strong> <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong><br />

ausgegangen waren, jetzt aber darüber aufgeklärt, was unter <strong>Werte</strong>n<br />

zu verstehen ist <strong>und</strong> wie daher mit ihnen umzugehen ist – <strong>und</strong> wie nicht.<br />

3. <strong>Werte</strong> <strong>und</strong> <strong>Interessen</strong> – <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong><br />

a. <strong>Interessen</strong>: Die Akteure <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong> haben nicht nur <strong>Interessen</strong>,<br />

sie dürfen <strong>und</strong> sollen sie auch haben. <strong>Entwicklungszusammenarbeit</strong> verlangt<br />

ke<strong>in</strong>eswegs den Verzicht auf <strong>Interessen</strong>, sie ist ke<strong>in</strong>e altruistische Veranstaltung,<br />

son<strong>der</strong>n „e<strong>in</strong> Unternehmen <strong>der</strong> Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vorteil“<br />

(J. Rawls). Ke<strong>in</strong>es <strong>der</strong> drei großen Pr<strong>in</strong>zipien <strong>der</strong> abendländisch-christlichen Moral<br />

verurteilt das <strong>in</strong>dividuelle Vorteilsstreben als solches, die Goldene Regel nicht, das<br />

christliche Liebesgebot nicht <strong>und</strong> auch <strong>der</strong> kategorische Imperativ Kants nicht. Um<br />

beim bekanntesten Beispiel zu bleiben: Das christliche Liebesgebot heißt aus guten<br />

Gründen nicht: Du sollst de<strong>in</strong>en Nächsten mehr lieben als dich selbst, son<strong>der</strong>n:<br />

Du sollst de<strong>in</strong>en Nächsten lieben wie dich selbst. Die Eigenliebe, das Streben<br />

nach <strong>in</strong>dividuellen Vorteilen, bildet die Geschäftsgr<strong>und</strong>lage des menschlichen Lebens<br />

<strong>und</strong> Zusammenlebens. Begrenzt wird dieses Vorteilsstreben nicht durch e<strong>in</strong><br />

bestimmtes rechtes Maß an Vorteilen o<strong>der</strong> Gew<strong>in</strong>nen, wie die vormo<strong>der</strong>ne Ethik<br />

me<strong>in</strong>te, son<strong>der</strong>n durch e<strong>in</strong>e Begrenzung <strong>der</strong> Mittel, die beim Streben nach Vorteilen<br />

e<strong>in</strong>gesetzt werden dürfen; wenn dann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em fairen Wettbewerb hohe – im<br />

Volksm<strong>und</strong>: überhöhte – Gew<strong>in</strong>ne <strong>und</strong> E<strong>in</strong>kommen erzielt werden, s<strong>in</strong>d diese<br />

nicht moralisch verwerflich, sie haben vielmehr die Funktion, den Markte<strong>in</strong>tritt an-

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