Das Protokoll der Ausschuss-Sitzung liegt vor. - Kersten Artus
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20. WAHLPERIODE NR. 20/19<br />
<strong>Protokoll</strong>/Wortprotokoll (zu TOP 1)<br />
<strong>der</strong> öffentlichen <strong>Sitzung</strong><br />
des Gesundheitsausschusses<br />
<strong>Sitzung</strong>sdatum: 23. April 2013<br />
<strong>Sitzung</strong>sort: Hamburg, im Rathaus, Raum 186<br />
<strong>Sitzung</strong>sdauer: 17:03 Uhr bis 18:56 Uhr<br />
Vorsitz:<br />
Abg. Anja Domres (SPD)<br />
Schriftführung: Abg. Dennis Thering (CDU)<br />
Sachbearbeitung: Manuela Knieler<br />
____________________________________________________________<br />
Tagesordnung:<br />
1. Drs. 20/6728 Gen<strong>der</strong>medizin - Gesundheitspolitik lässt sich mit dem<br />
Geschlechterblick besser gestalten<br />
(Antrag Fraktion DIE LINKE)<br />
2. Drs. 20/3512 Bericht über die Umsetzung des Ersuchens <strong>der</strong> Bürgerschaft vom 19.<br />
Mai 2011 - Den Tierschutz in Hamburg stärken (Drucksache 20/422)<br />
(Gesetzentwurf Senat)<br />
3. Verschiedenes
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Gesundheitsausschuss Nr. 20/19<br />
Anwesende:<br />
I. <strong>Ausschuss</strong>mitglie<strong>der</strong><br />
Abg. <strong>Kersten</strong> <strong>Artus</strong> (Fraktion DIE LINKE)<br />
Abg. Anja Domres (SPD)<br />
Abg. Dr. Frie<strong>der</strong>ike Föcking (CDU)<br />
Abg. Gert Kekstadt (SPD)<br />
Abg. Doris Müller (SPD)<br />
Abg. Dr. Martin Schäfer (SPD)<br />
Abg. Dr. Wieland Schinnenburg (FDP)<br />
Abg. Heidrun Schmitt (GRÜNE)<br />
Abg. Hjalmar Stemmann (CDU)<br />
Abg. Dennis Thering (CDU)<br />
Abg. Dr. Isabella Vértes-Schütter (SPD)<br />
Abg. Sylvia Wowretzko (SPD)<br />
II.<br />
Ständige Vertreterinnen und Vertreter<br />
Abg. Prof. Dr. Loretana de Libero (SPD)<br />
III.<br />
Senatsvertreterinnen und Senatsvertreter<br />
Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz<br />
Frau Senatorin Cornelia Prüfer-Storcks<br />
Frau Staatsrätin Elke Badde<br />
Frau Wiss. Ang. Hildegard Esser<br />
Frau Ärztl. Ang. Dr. Sibylle Reichmann<br />
Herr SD Dr. Volker Kregel<br />
Herr Ltd. wiss. Dir. Dr. Gregor Buschhausen-Denker<br />
Herr Vet. Dir. Dr. Silviu Tomuta<br />
Frau Wiss. Ang. Karolin Zoll<br />
IV.<br />
Auskunftspersonen<br />
Herr Thomas Altgeld, Geschäftsführer Landesvereinigung für Gesundheit und<br />
Akademie für Sozialmedizin Nie<strong>der</strong>sachsen e. V., Hannover<br />
Herr Dirk Gansefort, Bremer Institut für Präventionsforschung und Sozialmedizin<br />
(BIPS), Bremen<br />
Frau Prof. Dr. Marianne Schra<strong>der</strong>, Vizepräsidentin Deutscher Ärztinnenbund e. V.,<br />
Berlin<br />
V. Teilnehmerinnen und Teilnehmer <strong>der</strong> Bürgerschaftskanzlei<br />
Frau Manuela Knieler<br />
VI.<br />
Vertreterinnen und Vertreter <strong>der</strong> Öffentlichkeit<br />
7 Personen
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Gesundheitsausschuss Nr. 20/19<br />
Zu TOP 1 (Wortprotokoll)<br />
Vorsitzende: Meine Damen und Herren, liebe Abgeordnetenkollegen und natürlich auch die<br />
Senatsvertreter und Senatsvertreterinnen, ich möchte Sie ganz herzlich begrüßen. Als<br />
Senatsvertreter natürlich an erster Stelle Frau Senatorin Prüfer-Storcks, unsere Staatsrätin<br />
Frau Badde und als weitere Senatsvertreter, Frau Esser, Frau Dr. Reichmann, Herrn Dr.<br />
Kregel, Herrn Dr. Buschhausen-Denker, Herrn Dr. Tomuta und Frau Zoll. Ich denke und<br />
hoffe, Sie sind auch alle anwesend. Wie gesagt, ich möchte Sie ganz herzlich begrüßen zu<br />
unserer heutigen <strong>Ausschuss</strong>sitzung und natürlich möchte ich auch ganz herzlich begrüßen<br />
die für heute eingeladenen Expertinnen und Experten zum Thema Gen<strong>der</strong>medizin, Herr<br />
Gansefort, Frau Dr. Schra<strong>der</strong> und Herr Altgeld und natürlich auch von <strong>der</strong><br />
Bürgerschaftskanzlei, Frau Knieler, die uns heute wie<strong>der</strong> durch das <strong>Protokoll</strong> leiten wird und<br />
meine manchmal konfusen Abstimmungen hier ins richtige Lot bringen wird. Also, insofern<br />
herzlich willkommen zur heutigen <strong>Ausschuss</strong>sitzung. Und ich würde gleich beginnen mit TOP<br />
1. Da haben wir ja eine Selbstbefassung, eine Expertenanhörung, eine Expertenanhörung<br />
<strong>vor</strong>gesehen zum Thema Gen<strong>der</strong>medizin. Und, wie gesagt, drei Expertinnen und Experten<br />
sind anwesend.<br />
Be<strong>vor</strong> wir in diesen Tagesordnungspunkt einsteigen, würde ich aber zunächst darum bitten,<br />
dass wir ein Wortprotokoll für diesen ersten Tagesordnungspunkt beschließen. Ich denke,<br />
das ist Konsens, das müssen wir nicht großartig abstimmen. Dann werden wir zu diesem<br />
Tagesordnungspunkt ein Wortprotokoll erstellen.<br />
Zu den Auskunftspersonen noch einmal ganz kurz. Herr Thomas Altgeld, Sie kommen von<br />
<strong>der</strong> Landesvereinigung für Gesundheit und <strong>der</strong> Akademie für Sozialmedizin Nie<strong>der</strong>sachsen<br />
e.V. aus Hannover. Herr Gansefort aus dem Bremer Institut für Präventionsforschung und<br />
Sozialmedizin und Frau Dr. Schra<strong>der</strong> ist die Vizepräsidentin des Deutschen Ärztinnenbundes<br />
aus Berlin. Wie gesagt, noch einmal herzlich willkommen. Ich denke, wir steigen gleich in die<br />
Anhörung ein und es wäre schön, wenn Sie sich vielleicht kurz <strong>vor</strong>stellen könnten und auch<br />
ein kurzes Eingangsstatement geben könnten zu dem Thema Gen<strong>der</strong>medizin. Die<br />
Drucksache <strong>liegt</strong> Ihnen ja <strong>vor</strong> zum Thema Gen<strong>der</strong>medizin. Und ich meine auch, dass in<br />
Vorbereitung zur heutigen Anhörung Ihnen auch noch einmal die beiden großen Anfragen<br />
als Material zugesandt worden ist, die es ja gibt zum Thema Männergesundheit und auch<br />
zum Thema Frauengesundheit. Und – ja, dann denke ich, steigen wir gleich ein. Alle<br />
fragenden Abgeordnetenkolleginnen und -kollegen würde ich gerne bitten, wenn Sie Fragen<br />
haben, gleich zu Beginn zu sagen, an wen sich die Fragen richten. Dann haben wir es ein<br />
bisschen einfacher in <strong>der</strong> Zuordnung, also, ob an alle drei o<strong>der</strong> nur an einen o<strong>der</strong> den<br />
an<strong>der</strong>en. Aber jetzt bitte haben die Experten das Wort.<br />
Wer möchte beginnen Wollen wir gleich rechts bei Herrn Altgeld – bitte schön.<br />
Herr Altgeld: <strong>Das</strong> war schon in <strong>der</strong> Schule immer das Problem bei dem Namen, dass ich<br />
anfangen muss.<br />
Dann erst einmal danke für die Einladung. Die Landesvereinigung für Gesundheit ist das,<br />
etwas Vergleichbares, was in Hamburg die HAG ist. Wir haben diesen Schwerpunkt<br />
Geschlechtsspezifische Gesundheitsför<strong>der</strong>ung, also die Hamburgische Arbeitsgemeinschaft<br />
für Gesundheitsför<strong>der</strong>ung, und wir haben diesen Arbeitsschwerpunkt Geschlechtsspezifische<br />
Gesundheitsför<strong>der</strong>ung seit den Neunzigerjahren. Es hat mit Frauengesundheit angefangen<br />
und ich habe mich dann seit Anfang dieses Jahrtausends mit Männergesundheit, eher<br />
verdonnert, beschäftigt und habe während <strong>der</strong> Beschäftigung eben auch noch einmal<br />
gesehen, welche Potenziale das hat.<br />
Ich finde das erst einmal sehr interessant, dass Sie in diesem <strong>Ausschuss</strong> das machen und<br />
dass dieser Antrag eben auch dazu anregt, mehr Geschlechterspezifik in die Versorgung zu
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Gesundheitsausschuss Nr. 20/19<br />
bringen und auch in an<strong>der</strong>e Bereiche. Ich kenne mich gut mit dem Bereich Prävention aus<br />
und habe mich sonst mit eben mit Fragen <strong>der</strong> geschlechtsspezifischen Versorgung<br />
beschäftigt.<br />
Kurzes Eingangsstatement. Ich sehe die Herausfor<strong>der</strong>ung in erster Linie auf drei Ebenen.<br />
<strong>Das</strong> eine ist die Frage von Daten und Datenqualität. Sie haben uns herumgeschickt, jede<br />
Menge Daten, und für bestimmte Bereiche war ich ganz beeindruckt, wie die Daten für<br />
Hamburg <strong>vor</strong>liegen und welche Datenqualität Sie geschlechtsspezifisch haben. Aber es ist –<br />
man muss sich bei dieser Datenqualität häufig auch eben da<strong>vor</strong> hüten, einfach nur Daten für<br />
Männer und Frauen zu sammeln. <strong>Das</strong> ist schon einmal viel Wert, wenn man das tut. Sie<br />
haben im Bereich Arbeitsschutz – da sehe ich die größten Herausfor<strong>der</strong>ungen – gibt es<br />
keinerlei geschlechtsspezifische Daten. Ich habe jetzt für den Bundesgesundheitsbericht, <strong>der</strong><br />
sich mit Männergesundheit beschäftigt, <strong>der</strong> in diesem Jahr das Robert-Koch-Institut<br />
rausbringt, diesen Bereich Arbeit untersucht und da gibt es eben gerade im Bereich des<br />
gesetzlichen Arbeitsschutzes wenig geschlechtsspezifische Daten. Es gibt aus dem letzten<br />
Jahr, aus dem <strong>vor</strong>letzten Jahr auch eine Entschließung <strong>der</strong> Frauenministerkonferenz dazu,<br />
diesen Arbeitsschutz sich genauer anzugucken. <strong>Das</strong> wäre auch unter Männeraspekten eine<br />
wesentliche Blackbox, die man sich genauer angucken könnte, um zu gucken, wie sind die<br />
Angebotsstrukturen, wen erreichen sie und wie kann man in diesem Bereich an<strong>der</strong>e Akzente<br />
setzen.<br />
Eine an<strong>der</strong>e Herausfor<strong>der</strong>ung: datenmäßig finde ich aktuell den Bereich <strong>der</strong> Frühen Hilfen.<br />
Da haben wir nur Daten über Kin<strong>der</strong>, nicht über Jungen und Mädchen. Also, Sie setzen das<br />
Bundeskin<strong>der</strong>schutzgesetz jetzt gerade in Hamburg um, wir in Nie<strong>der</strong>sachsen auch und es<br />
ist eine Frage von Statistik, wie geschlechtsspezifisch diese Daten sind, gerade in diesem<br />
Bereich Kin<strong>der</strong> und Kin<strong>der</strong>gesundheit gucken wir häufig nicht auf das Geschlecht <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>.<br />
Und ich glaube, es wäre eigentlich auch für die Senatorin eine Herausfor<strong>der</strong>ung zu sagen,<br />
wenn wir Daten erheben, erheben wir sie zumindest nach Geschlecht. Und dann wäre eben<br />
die Frage, wer wertet sie wann aus. Also, das ist eine <strong>der</strong> wesentlichen Herausfor<strong>der</strong>ungen.<br />
Und ich denke, 2012 mit Datenerhebungen in diesem Bereich zu beginnen und das nicht<br />
geschlechtsspezifisch zu machen, ist ein Kunstfehler ohne Ende, und deshalb wäre gerade<br />
bei <strong>der</strong> Umsetzung des Bundeskin<strong>der</strong>schutzgesetzes auch die Frage, welche<br />
geschlechtsspezifischen Daten sind es.<br />
<strong>Das</strong> ist <strong>der</strong> eine Punkt. Dann wäre eben tatsächlich die Frage <strong>der</strong> Angebotsstruktur. Im<br />
Bereich Prävention können wir feststellen, dass Männer diese Angebote<br />
unterdurchschnittlich wahrnehmen, aber es ist auch die Frage, wie geschlechtsspezifisch die<br />
für Männer gestellt sind und wie sie an männliche Selbstwahrnehmung – Routinen<br />
anknüpfen. Und man könnte hier – Sie haben ja mit <strong>der</strong> HAG zumindest auch ein<br />
Einverständnis mit den Krankenkassen, irgendwie Projekte zu för<strong>der</strong>n - man könnte auch<br />
mal ein Jahr einen Schwerpunkt eben zu geschlechtsspezifischer Gesundheitsför<strong>der</strong>ung<br />
machen und gucken, welche Projekte in diesem Bereich in Hamburg interessant sind. Sie<br />
haben ja als einziges Bundesland so eine Art Pool-Lösung <strong>der</strong> Kassen, wo<br />
kassenartenübergreifend Projekte geför<strong>der</strong>t werden. Wenn man sich die gesetzliche<br />
Prävention <strong>der</strong> Kassen anguckt, dann ist das unter Geschlechteraspekten ein ungewollt<br />
geschlechtsspezifisches Angebot für Frauen, und Männer werden über diese<br />
Angebotsstruktur kaum erreicht. Man müsste eben tatsächlich gucken, wie diese<br />
Angebotsstrukturen im Bereich <strong>der</strong> Prävention verbessert werden können.<br />
Dann kommen wir zur Versorgung. Da ist es eine Frage von Diagnostik häufig. Sie haben ja<br />
mit den Universitätsklinikum in Hamburg eigentlich eine bundesweit und europaweit<br />
anerkannte Einrichtung und die Frage ist natürlich, wie können Sie da Stellschrauben<br />
drehen. Sie haben da auch ein Institut für Männergesundheit – Professor Sommer ist dort<br />
<strong>der</strong> Leiter. Da müsste man noch einmal genau hingucken, ob diese Angebotsstrukturen, die<br />
sich dann da verkaufen, irgendwie auch wirklich mehr für Männergesundheit <strong>vor</strong>- ja – leisten.<br />
Also, wenn Sie auf die Homepage dieses Institutes gehen, dann finden Sie viele zweifelhafte
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Gesundheitsausschuss Nr. 20/19<br />
Angebote, von <strong>der</strong> Behandlung des Mikropenis bis zum – ja – Spritzen von irgendwelchen –<br />
Depotspritzen von irgendwelchen männlichen Hormonen. <strong>Das</strong> ist schon – es gibt im Bereich<br />
Männergesundheit auch eine Angebotsstruktur, die nicht gerade för<strong>der</strong>lich ist und ich denke,<br />
gerade wenn Sie im UKE sich das anschauen, was da gemacht wird, das ist ein, soweit ich<br />
weiß, von <strong>der</strong> Pharmaindustrie gesponserter Lehrstuhl. Man müsste da eben tatsächlich<br />
gucken, ob ausgerechnet das erste Institut für Männergesundheit wirklich auch diesen<br />
Namen verdient und wie man vielleicht eine Angebotsstruktur schafft, die in diesem Bereich<br />
auch ist.<br />
Die Herausfor<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong> Diagnostik sind insbeson<strong>der</strong>e bei – wir haben wenig<br />
gegen<strong>der</strong>te Diagnostikinstrumente, die Frauen entdecken gerade den Herzinfarkt und<br />
an<strong>der</strong>e körperliche Erkrankungen, wo frauenspezifische Diagnostik sinnvoll ist - die größte<br />
Herausfor<strong>der</strong>ung bei Männern sind die von psychiatrischen Erkrankungen, insbeson<strong>der</strong>e<br />
Depressionen. Die ganzen Instrumente, die die Medizin dort benutzt, sind Beschwerdenlisten<br />
für Frauen, würde ich sagen. Deshalb haben wir mehr männliche Suizide und unerkannte<br />
Depressionen bei Männern. Man müsste dort noch einmal gucken, ob nicht die ganze<br />
Diagnostik für Depressionen angesichts <strong>der</strong> ganzen Welle, die gerade über uns<br />
rüberschwappt, nicht auch irgendwie geschlechtsspezifischer sein könnte.<br />
Letzter Punkt. Ich denke, Gen<strong>der</strong> Mainstreaming ist im Amsterdamer Vertrag eigentlich<br />
<strong>vor</strong>gehalten, aber es gibt wenig systematische Umsetzung für verschiedene Bereiche. Der<br />
Gesundheitsbereich ist ein beson<strong>der</strong>s lohnen<strong>der</strong> Bereich. Und es ist die Frage, ob man nicht<br />
mit einfachen Stellschrauben, indem man Gen<strong>der</strong> Mainstreaming da auch ernst nimmt, eben<br />
tatsächlich mehr geschlechtsspezifisches Wissen, mehr geschlechtsspezifische<br />
Angebotsstrukturen hingehen. Ich war Gutachter in <strong>der</strong> BMBF-Ausschreibung zur<br />
Prävention. Und die ganzen Forschungsanträge waren die 60, die dann durchgekommen<br />
sind, aber auch die 160, die nicht durchgekommen sind. Gen<strong>der</strong> Mainstreaming wird da als<br />
Alibipunkt abgearbeitet, und ich glaube, man bräuchte, auch wenn man gerade etwas<br />
för<strong>der</strong>t, eben Projekte o<strong>der</strong> Forschungs<strong>vor</strong>haben, dann sollte man das auch ernst nehmen.<br />
Und es fängt bei <strong>der</strong> Frage <strong>der</strong> „Wer begutachtet das“ und „Wer sitzt dort und nimmt es<br />
ernst“ eben schon an. Man kann das nicht einfach eben so nebenbei machen, man muss<br />
diese Fragen auch mit einer gewissen Relevanz – ja – befrachten. Und deshalb wäre<br />
tatsächlich die Frage, wenn man so ein Landesprogramm entwickelt, ob man nicht in die<br />
normalen För<strong>der</strong>routinen und in die normalen Geschichten reinguckt und guckt, welchen<br />
Anteil spielt eben – also darauf zu gucken, gibt es unterschiedliche Bedürfnisse zwischen<br />
Männern und Frauen, und wenn es die gibt, wie muss eine Angebotsstruktur sein und nicht<br />
nur so ein alibimäßiges Abfragen, das erreicht beide Geschlechter schon irgendwie gleich<br />
o<strong>der</strong> Geschlechterfragen spielen in <strong>der</strong> Frage keine Rolle. Ich glaube, gerade für den<br />
Gesundheitsbereich spielen Geschlechterfragen in vielen Fragen eine Rolle und deshalb<br />
wäre eine konsequente Umsetzung von Gen<strong>der</strong> Mainstreaming als Strategie in <strong>der</strong><br />
Projektför<strong>der</strong>ung, in <strong>der</strong> Forschungsför<strong>der</strong>ung ein wichtiger Hinweis, wo man nur Routinen<br />
verän<strong>der</strong>n müsste und da schon viel mit gewonnen wäre.<br />
Erst einmal danke für die Aufmerksamkeit.<br />
Vorsitzende: Gleichfalls vielen Dank. Dann bitte Frau Dr. Schra<strong>der</strong>.<br />
Frau Dr. Schra<strong>der</strong>: Danke, dass wir eingeladen wurden, und zwar <strong>der</strong> Deutsche<br />
Ärztinnenbund. Und ich bin, wie man lesen kann, die Vizepräsidentin des Deutschen<br />
Ärztinnenbundes und lange dabei.<br />
Ich habe einmal etwas herausgesucht, seit wann wir uns mit Frauengesundheit und dann<br />
eben nicht mehr nur mit Frauengesundheit befassen und es sind einige Kopien von<br />
Kongressthemen, die wir seit 1953 haben, die ich mitgebracht habe (vgl. Anlage 1). Denn<br />
1953 haben wir eben angefangen, uns mit Frauenarbeit und Gesundheit zum Beispiel zu<br />
befassen. Dann haben wir später eben auch gesagt, wie sind die Unterschiede zwischen
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Gesundheitsausschuss Nr. 20/19<br />
Männern und Frauen und dann alte Frauen. Und 1999, das, was hier mein Kollege schon<br />
angesprochen hat, das Herz. Und damals haben wir gesagt, schlagen Frauenherzen an<strong>der</strong>s,<br />
mit einem Fragezeichen. <strong>Das</strong> war 1999. Wir waren noch sehr zurückhaltend, obwohl die<br />
Monica-Studie damals schon gesagt hat, dass wir eigentlich ein Ausrufungszeichen<br />
brauchen. Und damit ist eigentlich auch – eigentlich, finde ich, auch bewiesen, warum man<br />
sich so lange mit Frauengesundheit befasst hat, weil wir uns immer überhaupt nicht in <strong>der</strong><br />
Medizin als Frauen repräsentiert gefunden haben. Wir waren immer den Prämissen des<br />
männlichen Körpers unterworfen, 1,70 Meter groß, 70 Kilogramm schwer, jung und<br />
nichtrauchend. Gut. <strong>Das</strong> hat sehr häufig eben überhaupt nicht gepasst, beson<strong>der</strong>s nicht in<br />
<strong>der</strong> Kardiologie. Und wir haben auch Todesfälle gehabt durch zum Beispiel falsche<br />
Dosierung von Herzmitteln.<br />
Also gut, wir haben uns abgewendet davon, uns nur um Frauengesundheit zu kümmern und<br />
versuchen eben Gen<strong>der</strong> und Gen<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Medizin ganzheitlich zu vertreten. Wobei man<br />
dann auch sagen muss, dass in <strong>der</strong> Medizin eigentlich das Wichtigste – und das ist mir<br />
persönlich so beson<strong>der</strong>s wichtig – Gen<strong>der</strong>, Sex und Gen<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Lehre <strong>der</strong> Humanmedizin<br />
und <strong>der</strong> Zahnmedizin überhaupt erst richtig etabliert werden muss. Und – wir haben in<br />
Lübeck seit zehn Jahren ein Wahlfach im Sommer, das sich mit diesen Fragen befasst und<br />
alle Fächer werden dort gelesen. Sie haben ein kleines Exzerpt <strong>der</strong> Vorlesungen dieses<br />
Sommers (vgl. Anlage 1). Die Studierenden sind die ganz Jungen, interessanterweise, und<br />
das sind diejenigen, die die Schneebälle dann später weiterwerfen und die Lehrenden<br />
zwingen werden, diese geschlechterdifferenzierende Medizin zu lehren. <strong>Das</strong> ist ja auch nicht<br />
einfach so. Auch das muss gelernt werden, es müssen die neuesten Forschungsergebnisse<br />
ständig präsent sein, was extrem schwer ist, denn diese Studien, die häufig auch<br />
Metaanalysen beinhalten, sind auch nicht einfach zu lesen. Dieser Grundsatz, die Lehre zu<br />
pushen, geht von <strong>der</strong> Charité eigentlich aus, die schon Ende des <strong>vor</strong>igen Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
angefangen hat, uns zu sagen, dass das jetzt extrem wichtig ist. <strong>Das</strong> führt dazu, dass wir<br />
das Pflichtcurriculum <strong>der</strong> Humanmedizin jetzt doch so gestalten wollen, dass das Wissen<br />
zwingend in die Lehre aufgenommen wird und zwingend in die Examina – in den Examina<br />
sich wi<strong>der</strong>spiegeln muss.<br />
Darüber hinaus ist die richtige Betreuung von Patienten, Männern wie Frauen, ein<br />
Hauptanliegen aller Ärztinnen und auch Ärzte. Aber, auch das muss gelernt werden. Und es<br />
gibt <strong>der</strong>weil die Gesellschaft – das muss ich jetzt ablesen – es gibt eine Gesellschaft, die<br />
eine Ausbildung zu Gen<strong>der</strong>medizinern und -medizinerinnen macht und die bei den<br />
Ärztekammern unterbringt. Und diese Gesellschaft heißt „Deutsche Gesellschaft für<br />
Geschlechtsspezifische Medizin“. Also, es geht doch <strong>vor</strong>wärts, wenn auch langsam. Und für<br />
alle Beschäftigten im Gesundheitswesen sollten Gen<strong>der</strong>kompetenz als<br />
Qualifikations<strong>vor</strong>aussetzung haben. Also eine weite For<strong>der</strong>ung, die sich nicht nur mit Ärzten<br />
und Ärztinnen befassen, son<strong>der</strong>n eben darüber hinaus mit allen Personen, die sich mit<br />
Patientinnen und Patienten befassen. Danke.<br />
Vorsitzende: Vielen Dank. Herr Gansefort bitte.<br />
Herr Gansefort: Vielen Dank. Ich freue mich auch, dass ich hier sein kann heute, ich<br />
möchte mich dafür bedanken.<br />
Kurz zu mir. Ich arbeite seit circa zwei Jahren in Bremen am – <strong>der</strong> Titel ist etwas an<strong>der</strong>s<br />
mittlerweile – heißen wir, das Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie.<br />
Da sind wir auch ganz stolz drauf, deswegen erwähne ich es auch noch einmal, also eben<br />
am BIPS in Bremen. Dort bin ich in <strong>der</strong> Fachgruppe Sozialepidemiologie im Projekt Epi goes<br />
Gen<strong>der</strong>. Epi goes Gen<strong>der</strong>, das Projekt beschäftigt sich im Grunde mit geschlechtersensibler<br />
Forschung in <strong>der</strong> Epidemiologie und den Gesundheitswissenschaften. Also, es geht viel um<br />
Daten und Datenerfassung, also da gehe ich auch noch einmal auf Herrn Altgeld ein. Es ist<br />
bei uns ein großes Anliegen, die Analyse von Daten, geschlechtsspezifisch,<br />
geschlechtersensibel zu gestalten und das auch einzubringen in die Forschung in unserem
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Gesundheitsausschuss Nr. 20/19<br />
Institut, aber auch in die bundesweite Forschung. Dafür haben wir verschiedene Projekte<br />
o<strong>der</strong> verschiedene Phasen in unserem Projekt. Es geht eben um Methoden, es geht um<br />
Forschungsprozesse, die eingebracht werden, es geht auch um Nachwuchsför<strong>der</strong>ung und –<br />
genau – und die Lehren.<br />
Meine Erfahrung, ich habe Gesundheitswissenschaften studiert hier in Hamburg, <strong>vor</strong>her war<br />
ich als Pfleger tätig im Marienkrankenhaus hier in Hamburg, habe dann<br />
Gesundheitswissenschaften studiert und auch am UKE eine Zeit lang in <strong>der</strong> Forschung<br />
gearbeitet und bin, wie gesagt, seit zwei Jahren in Bremen. Meine Schwerpunkte o<strong>der</strong> meine<br />
Darlegungen heute werden eher aus <strong>der</strong> Sicht <strong>der</strong> Forschung, aus unserer Forschung -<br />
geschlechtersensible Forschung sein. Bei uns geht es eben um Gesundheits-<br />
/Krankheitsforschung. Bei uns sind schon die Schwerpunkte da, dass wir Unterschiede und<br />
Gemeinsamkeiten zwischen Männern und Frauen in Bezug auf Gesundheit und Krankheit<br />
identifizieren, zum Teil auch selbst untersuchen und versuchen, dieses Wissen dann eben in<br />
die Praxis zu implementieren. Dazu gibt es verschiedene Methoden. Wir haben zum Beispiel<br />
so etwas wie Bestandsaufnahmen, eine Phase, wo es darum geht, Literatur-Reviews,<br />
Metaanalysen zu verfassen und diese dann verfügbar zu machen. <strong>Das</strong> an<strong>der</strong>e sind eben<br />
Nachwuchsprojekte.<br />
Eines <strong>der</strong> Ziele ist es in unserer Forschung, die Qualität zu erhöhen. Also, es geht viel<br />
weniger, um jetzt immer das eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Geschlecht beson<strong>der</strong>s her<strong>vor</strong>zuheben,<br />
son<strong>der</strong>n es geht um Qualität von Forschung. <strong>Das</strong> ist uns ganz wichtig. Es geht eben auch<br />
darum, dass Unterschiede und Gemeinsamkeiten beachtet werden in <strong>der</strong> Lehre und<br />
Forschung, das habe ich schon gesagt, ich wie<strong>der</strong>hole es noch einmal. Und ein wichtiger<br />
Punkt ist für uns auch die Forschungsför<strong>der</strong>ung, da gehe ich auch noch einmal, da stütze ich<br />
noch einmal Herrn Altgeld, dass in <strong>der</strong> Forschung bei Anträgen, bei Ausschreibungen eben<br />
geschlechtssensible Analysen eingefor<strong>der</strong>t werden und das auch ein Grund sein kann, um<br />
eben För<strong>der</strong>ung nicht zu gewähren. <strong>Das</strong> ist ein ganz wichtiger Punkt in <strong>der</strong> Forschung,<br />
denke ich.<br />
Ein weiterer Bereich ist im Gesundheitswesen, im Gesundheitssystem sicherlich auch die<br />
Ebene <strong>der</strong> Mitarbeiter im Gesundheitswesen, also die Möglichkeit, dann von Männern und<br />
Frauen im Gesundheitswesen als Ärzte und Ärztinnen, aber auch im Pflegepersonal tätig zu<br />
sein. Da geht es eben auch um För<strong>der</strong>ung von Männern zum Beispiel auch im<br />
Pflegebereich, aber eben auch von Frauen im medizinischen Bereich, Vereinbarkeit von<br />
Arbeit und Familie zum Beispiel.<br />
<strong>Das</strong> sind Schwerpunkte. Genau, so weit erst einmal.<br />
Vorsitzende: Gut. Vielen Dank. Ich habe schon die erste, also die erste Fragestellerin auf<br />
<strong>der</strong> Liste. Frau <strong>Artus</strong>. Wenn Sie gleich dabei sagen, an wen o<strong>der</strong> an alle die Frage gerichtet<br />
ist, dann bitte, Frau <strong>Artus</strong>.<br />
Abg. <strong>Kersten</strong> <strong>Artus</strong>: Ja, schönen Dank, Frau Vorsitzende. Ich möchte mich erst noch<br />
einmal herzlich bedanken, dass Sie heute hier sind, um uns Rede und Antwort zu stehen. Ich<br />
habe – also, ich habe ganz viele Fragen, die sind durch Ihre Statements jetzt auch noch eher<br />
angeregt worden, weil so, zumindest ich gucke so, was können wir für Hamburg tun und<br />
umsetzen, wobei Sie ja auch gesagt haben, dass da schon die Datenlage gar nicht so<br />
schlecht ist, aber dass es auch noch viele Lücken gibt beziehungsweise auch eine sehr<br />
konkrete Kritik. Ich habe einige Sachen, mit denen ich erst einmal anfangen möchte, die<br />
möchte ich auch an Sie alle drei stellen.<br />
Einmal wüsste ich gern von Ihnen, welches sind eigentlich die größten<br />
Gesundheitsgefährdungen, die Frauen beziehungsweise Männer haben <strong>Das</strong> wäre<br />
interessant. Dann wüsste ich gerne, wie sich aus Ihrer Situation eine geschlechtsunsensible
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Gesundheitsausschuss Nr. 20/19<br />
gesundheitliche Versorgung konkret für Männer und auch Frauen überhaupt auswirkt Also,<br />
vielleicht können Sie da auch so ein paar Beispiele nennen.<br />
Und Sie, Frau Professor Dr. Schra<strong>der</strong>, hatten jetzt schon das Herz angesprochen, Sie, Herr<br />
Altgeld, Kin<strong>der</strong>, aber vielleicht auch noch einmal so – ich habe einmal so ein paar Beispiele,<br />
die mich beson<strong>der</strong>s interessieren, wie das konkret bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen,<br />
psychosozialer Gesundheit, Krebs, Medikation, aber auch Menschen ohne Papiere – Sie<br />
hatten auch noch einmal Zahngesundheit angesprochen –, Demenzpflege und auch Kin<strong>der</strong>n<br />
aussieht. Aber vielleicht können Sie da so ein paar Beispiele nennen. Und vielleicht dann<br />
noch, ob es bestimmte Lebenslagen gibt, in denen eine geschlechtersensible<br />
Gesundheitsversorgung auch beson<strong>der</strong>s bedeutsam ist<br />
Vorsitzende: Gut, das waren ja jede Menge Fragen auf einmal. Deshalb würde ich auch<br />
nicht <strong>vor</strong>schlagen, dass wir weiter sammeln, son<strong>der</strong>n würde das Wort gleich an die Experten<br />
geben.<br />
Frau Dr. Schra<strong>der</strong>: Ich würde gerne zu den Gesundheitsrisiken etwas sagen. Die absoluten<br />
Gesundheitsrisiken fürs Leben sozusagen sind Rauchen und Trinken. Und darüber gibt es<br />
fast gar nichts, was jetzt durch Eigenverantwortung auf uns zukommt und von uns<br />
zugelassen wird. Die Tumore, die daraus entstehen, sind jetzt das Bronchialkarzinom zum<br />
Beispiel, haben bei Frauen ja deutlich zugenommen. Denn es rauchen fast mehr Frauen als<br />
Männer, insbeson<strong>der</strong>e auch junge Frauen, auch schon in <strong>der</strong> Schule. Also, das geht alles<br />
sehr früh los. <strong>Das</strong> Einzige, was die beiden dann unterscheidet, Männer und Frauen, sind die<br />
Typen von Tumoren, die sie entwickeln. Und dass die Frauen Typen haben, die eher<br />
operabel sind, weil sie nicht zentral sind – also zentral heißt, an den Abgängen <strong>der</strong> großen<br />
Luftwege und <strong>der</strong> Gefäße – also dann nicht operabel sind, also weil man sie nicht angehen<br />
kann. Und die Frauen haben sie mehr in <strong>der</strong> Peripherie. Also, die überleben etwas besser.<br />
Während das Trinken eben auch wie<strong>der</strong> die Männer beson<strong>der</strong>s betrifft, weil sie meist mehr<br />
trinken, wobei die Frauen viel weniger vertragen. Und das ist einmal – einmal ist es Biologie<br />
und einmal ist es soziokulturelle Verankerung. Sodass sich hier das, was wir gemeinsam<br />
unter Geschlecht o<strong>der</strong> Gen<strong>der</strong> verstehen, das ist ja eigentlich ein etwas missverständlicher<br />
Ausdruck, eigentlich müsste es immer Sex und Gen<strong>der</strong> – also Biologie und Geschlechter<br />
heißen – und die beeinflussen sich eben gegenseitig. Und wenn die Biologie eben<br />
grundsätzlich an<strong>der</strong>s ist, dann ist auch das Krankheitsbild an<strong>der</strong>s. Sodass wir also nicht nur<br />
psychosozial, kulturell, ethnisch o<strong>der</strong> so Unterschiede haben, son<strong>der</strong>n wir haben harte<br />
Unterschiede auch in <strong>der</strong> Biologie.<br />
Herr Altgeld: Ich fand die Fragen auch relativ umfassend. Vielleicht – wenn Sie sich die<br />
Krankenhausstatistik angucken, die meisten Einlieferungen <strong>der</strong> Männer sind eben tatsächlich<br />
verhaltensbedingte Geschichten. <strong>Das</strong> sind die ganzen Krebsarten, die mit Rauchen<br />
zusammenhängen und das sind <strong>vor</strong> allem Erkrankungen <strong>der</strong> inneren Organe, die mit Trinken<br />
zusammenhängen, also Leberzirrhose ist eine <strong>der</strong> häufigsten Erkrankungen für Männer, die<br />
dort eine Rolle spielen, wo wir auch einmal hingucken. Und während wir bei Rauchen jetzt<br />
mittlerweile die gesellschaftliche Akzeptanz abgebaut haben, das Denormalisieren im<br />
öffentlichen Raum, gibt es überhaupt keine vergleichbare Initiative zu Alkohol. Also die Frage<br />
ist, wer macht wie, wo Alkohol-Werbung, wie darf es irgendwie verkauft und besteuert<br />
werden. Wir haben eine völlig unsystematische Besteuerung von Alkohol in dieser<br />
Gesellschaft, nämlich nach historischen Wurzeln. Wir haben eine Biersteuer, eine<br />
Sektsteuer, die Kaiser Wilhelm eingeführt hat, um irgendwie seine Flotte zu machen, aber<br />
wir haben beispielsweise auf das Getränk, was wir alle am meisten trinken, auf Wein,<br />
überhaupt keine Alkoholsteuer. Also, man könnte auch eine Bundesratsinitiative dazu<br />
machen, eben einmal eine einheitliche Alkoholbesteuerung zu machen nach –<br />
(Zwischenrufe)
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Gesundheitsausschuss Nr. 20/19<br />
Ja, nicht im Wahljahr – es ist eben, genau, es ist für Politiker unattraktiv. Also, wir haben da,<br />
wir haben da ein Defizit, da hinzukommen und ich trinke auch gerne Wein, aber es ist<br />
zumindest ein unterschätztes Gesundheitsrisiko, zumindest, wenn man sich die ganzen<br />
Erkrankungen anguckt.<br />
Und dann in <strong>der</strong> Versorgung würde ich gerne jetzt abseits <strong>der</strong> Erkrankungen, die Sie<br />
genannt haben, auf die chronische Erkrankung Diabetes noch einmal gucken. Und da kann<br />
man viel dran deutlich machen. Wir haben jetzt Patientenschulungsprogramme, die nicht<br />
geschlechtsspezifisch ausgerichtet sind. Also, die in erster Linie so laufen, dass Ärzte<br />
zusätzliche Abrechnungsziffern dazu kriegen und wo sie nicht drauf gucken, ist es irgendwie<br />
ein Mann o<strong>der</strong> Frau, die ich in <strong>der</strong> diabetischen Versorgung und die in <strong>der</strong> Patientenschulung<br />
ist. Und ich denke, Patientenschulungen nicht geschlechtsspezifisch zu machen, ist auf<br />
jeden Fall ein ganz wesentlicher Fehler in diesem Bereich, und deshalb sind die ganzen<br />
diabetischen Füße und die ganzen blinden Augen eher Männeraugen und Männerfüße. Also,<br />
weil eben auf diesen Bereich nicht geguckt. Also, wir haben ja eine hohe – ja – ein hohes<br />
Fehlverhalten in <strong>der</strong> Compliance von Männern, also wie therapietreu sind die in ihrem – wie<br />
setzen die ärztliche Empfehlungen um. Und man müsste mit Männern als Arzt an<strong>der</strong>s<br />
umgehen. Und da gebe ich Ihnen recht, die Gesundheitsberufe, aber auch die Sozial- und<br />
Bildungsberufe mit Gen<strong>der</strong>kompetenz zu versehen, wäre eine <strong>der</strong> wesentlichen<br />
Herausfor<strong>der</strong>ungen. Bei Diabetes ist es deutlich, aber auch bei an<strong>der</strong>en chronischen<br />
Erkrankungen, in <strong>der</strong> Nachsorge nach Herzinfarkt beispielsweise o<strong>der</strong> eben auch bei <strong>der</strong><br />
Versorgung von Depressionspatienten wären tatsächlich viele geschlechtsspezifische<br />
Sachen zu machen, wo man eben auch etwas machen könnte.<br />
Und <strong>der</strong> letzte Punkt. Eben bei Krebs hat – ist es schon angesprochen worden, zu sagen, die<br />
Männer sind bei den rauchassoziierten Krebsarten noch <strong>vor</strong>ne, aber die Frauen holen da<br />
auf. <strong>Das</strong> heißt, man müsste da auch insbeson<strong>der</strong>e bei Frauen jetzt gucken, was dies<br />
verän<strong>der</strong>te Rauchverhalten von jungen Mädchen macht, dass sie dort eben tatsächlich<br />
an<strong>der</strong>e Verhaltensweisen sein. Also, man muss immer genau hingucken und auch immer<br />
gucken, mit welchem Geschlecht, welches Geschlecht hat man <strong>vor</strong> <strong>der</strong> Nase und wie muss<br />
man damit umgehen.<br />
Herr Gansefort: Ja, zu den größten Gesundheitsgefahren sind sicherlich die<br />
Risikoverhaltensweisen in Bezug auf Substanzkonsum, also Alkohol-, Zigaretten-,<br />
Drogenkonsum sicherlich zu nennen. Weitere Gesundheitsgefahren gehen natürlich auch<br />
davon aus, dass Dinge nicht sichtbar sind, dass Dinge nicht bekannt sind, dass Stereotype<br />
da sind in <strong>der</strong> Versorgung, in <strong>der</strong> Therapie, die so aber vielleicht gar nicht stimmen, weil sie<br />
vielleicht noch nicht untersucht wurden o<strong>der</strong> eben nicht genau analysiert wurden. Ein<br />
Beispiel wäre zum Beispiel die Osteoporose, die eher klassisch als eine Frauenkrankheit,<br />
Frauen im älteren Lebensalter, sind, aber wenn man jetzt sich die Daten anschaut in den<br />
USA und <strong>der</strong> EU, sind es ein gutes Drittel, das sind die Männer, die da betroffen sind. Aber<br />
weil es häufig, weil die Männer dann da auftauchen, aber nicht dran gedacht wird, auch nicht<br />
<strong>vor</strong>her untersucht wird und eben auch keine Präventionsangebote dort gibt, wird es häufig<br />
nicht erkannt o<strong>der</strong> zu spät erkannt. Mittlerweile gibt es da Wissen, aber das ist eben nur ein<br />
Bereich, zum Beispiel die Osteoporose, in ganz vielen Bereichen ist dieses Wissen einfach<br />
nicht da.<br />
Eine an<strong>der</strong>e Gesundheitsgefahr in <strong>der</strong> Therapie ist meiner Meinung nach auch im Bereich<br />
<strong>der</strong> Arzneimittelforschung, was Sie auch schon gesagt haben, Frau Schra<strong>der</strong>, dass viele<br />
Medikamente eben getestet wurden an Männern, an weißen Männern zwischen 20 und 50 in<br />
<strong>der</strong> Regel, und dann wird es gewichtsadaptiert an Frauen gegeben. Und – was klar ist, dass<br />
es deutliche biologische Unterschiede gibt zwischen Männern und Frauen, was zum Beispiel<br />
in <strong>der</strong> Leber, was gewisse Enzyme betrifft, so ist es so, dass gewisse Medikamente,<br />
Herzmedikamente deutlich schneller abgebaut werden, an<strong>der</strong>e Medikamente deutlich<br />
langsamer und so es zu einer Über- und Unterdosierung kommen kann. Also das sind für<br />
mich Gefahren, die bestehen. In <strong>der</strong> Arzneimittelforschung gibt es sicherlich Schritte, auch in
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Gesundheitsausschuss Nr. 20/19<br />
den USA, wo ganz klar es Leitlinien sind, wo Männer und Frauen gleichwertig<br />
eingeschlossen werden müssen, aber es gibt natürlich auch Medikamente, die <strong>vor</strong>her<br />
entwickelt wurden, wo das alles jetzt nicht mehr zutrifft. Von daher müsste man da sicherlich<br />
auch noch einmal schauen.<br />
Ja. Auswirkungen auf unsensible Forschung ist vielleicht noch einmal so ein Beispiel. Also,<br />
es ist ein Beispiel, es gab in <strong>der</strong> – ja – in den Prothesen, es gibt Prothesen – ich muss es<br />
einmal gerade her<strong>vor</strong>holen – für Knie, Knieprothesen. Da war es so, dass bei Frauen diese<br />
Knieprothesen zum Teil nicht so gut funktionierten, dass sie häufiger wie<strong>der</strong> operiert werden<br />
mussten. Man hat sich dann gefragt, na gut, wenn es bei Frauen ist, dann machen wir doch<br />
jetzt Gen<strong>der</strong>-Knee, also wir entwickeln extra ein Knie für Frauen, weil, die haben vielleicht<br />
eine an<strong>der</strong>e Anatomie. <strong>Das</strong> wurde dann auch ganz groß vermarktet. Danach blieb das<br />
Problem das gleiche. Die Frauen hatten trotzdem häufiger wie<strong>der</strong> Probleme damit. Man hat<br />
sich das dann genauer angeschaut und man hat festgestellt, im Grunde <strong>liegt</strong> es nicht am<br />
Mann- und Frausein, son<strong>der</strong>n es <strong>liegt</strong> an Körpergröße. Also – wenn man sagt, ich schaue<br />
nur auf das eine o<strong>der</strong> das an<strong>der</strong>e und man lässt aber alle an<strong>der</strong>en Faktoren, wie<br />
Körpergröße, wie an<strong>der</strong>e biologische Faktoren außen <strong>vor</strong>, das ist auf eine Art unsensibel,<br />
aber man versucht da zwar sensibel zu sein, aber man muss eben genau schauen und nicht<br />
immer, also, es geht eben nicht auch immer nur um Unterschiede zwischen Männern und<br />
Frauen, son<strong>der</strong>n es geht auch darum, sich an<strong>der</strong>e biologische und auch soziokulturelle<br />
Faktoren anzuschauen.<br />
Die Frage zur Lebenslage, welche beson<strong>der</strong>en Lebenslagen o<strong>der</strong> welche Lebenslagen, wo<br />
sind Menschen dann beson<strong>der</strong>s betroffen, ist meiner Meinung nach sicherlich die<br />
Gesundheit von Frauen und Männern im mittleren Lebensalter, also im Lebensalter, wo<br />
Menschen arbeiten, wo Familien gegründet werden, wo häufig Doppelbelastungen auftreten,<br />
gerade auch, auch bei Frauen, aber auch bei Männern über Arbeitstätigkeiten. Da sind<br />
meiner Meinung nach, ja, die Lebenslage ist auf jeden Fall prädestiniert, wo es deutliche<br />
Unterschiede gibt zwischen Männern und Frauen und da kann man sicherlich noch einmal<br />
genauer hinschauen. So weit.<br />
Herr Altgeld: Zur Lebenslage würde ich auch gern noch einmal einen Nachtrag machen.<br />
Also, das zeigt eben auch, dass man – Geschlecht eine Variable ist, aber auch an<strong>der</strong>e<br />
Variablen eine Rolle spielen. Die Lebenserwartung von sozial benachteiligten Männern und<br />
Frauen ist deutlich unter denen von besser gestellten Frauen. In Deutschland können – also<br />
zwischen den besser gestellten Männern und den am schlechtesten gestellten Männern sind<br />
es zehn Jahre in <strong>der</strong> Lebenserwartung. Die Daten <strong>der</strong> Rentenversicherung geben das her,<br />
zu sagen, das ist das, was sich unterscheidet. Also, man kann eben auf Geschlecht gucken,<br />
aber man muss natürlich auf soziale Lage auch gucken und da schneiden natürlich die<br />
besser gestellten Schichten in allen Gesundheitsverhaltensweisen besser ab, auch die<br />
besser gestellten Männer haben eine deutlich höhere Lebenserwartung und haben auch eine<br />
deutlich höhere Bereitschaft, sich mit ihrer Gesundheit auseinan<strong>der</strong>zusetzen als eben<br />
schlechter gestellte Menschen in sozial benachteiligten Lebenslagen. <strong>Das</strong> wäre auf jeden<br />
Fall noch einmal ein wesentlicher Unterschied in diesem Bereich, den man beachten könnte<br />
und auch beachten müsste, also nicht nur -. Und das trifft die Frauen genauso. Also –<br />
Vorsitzende: Gut. So weit, vielen Dank. Dann hatte Frau Schmitt sich gemeldet.<br />
Abg. Heidrun Schmitt: Vielen Dank, Frau Vorsitzende. Ja, auch von meiner Seite<br />
herzlichen Dank, dass Sie heute uns zur Verfügung stehen und unsere Fragen beantworten<br />
zum Thema, das ja nicht ganz leicht ist, sehr, sehr vielschichtig, komplex. Wir haben schon<br />
sehr, sehr viel gehört, und auch mir fällt es jetzt schwer, noch einmal zusammenzubinden,<br />
okay - was sind die Ansatzpunkte vielleicht o<strong>der</strong> vielleicht auch noch einmal zu schärfen,<br />
was ist eigentlich die Ausgangslage Also, ich wollte da gerne noch einmal nachgefragt<br />
haben, wie Sie eigentlich, und das richtet sich ja an alle Experten die Frage, wie Sie die<br />
Häufigkeit von Fehldiagnosen und Fehlbehandlungen aufgrund dieser
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Gesundheitsausschuss Nr. 20/19<br />
geschlechtsunsensiblen Therapie und Diagnostik einschätzen Also, sicherlich können Sie<br />
keine Zahlen dazu liefern, aber vielleicht einfach eine Einschätzung, welche Rolle das spielt,<br />
vielleicht auch im Vergleich zu an<strong>der</strong>en Faktoren wie <strong>der</strong> sozialen Lage, die wir gerade<br />
schon angesprochen hatten.<br />
Und dann interessiert mich auch <strong>der</strong> Ansatz, also, man geht dann stärker den Ansatz, wenn<br />
ich es richtig verstanden habe, eben nach Geschlecht zu gucken, die Männer und Frauen zu<br />
differenzieren, unterschiedlich anzugucken, unterschiedliche Diagnostikinstrumente vielleicht<br />
zu verwenden. Und ich frage mich, wie weit das eigentlich trägt, ob das nicht vielleicht auch<br />
einmal dazu führen kann, dass dann auch wie<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Dinge verloren gehen o<strong>der</strong> im<br />
Dunkeln bleiben o<strong>der</strong> man eben in so eine, vielleicht auch dann wie<strong>der</strong> stereotype<br />
Betrachtungsweise fallen kann. Also, sehen Sie da eine Gefahr, dass man wie<strong>der</strong>, vielleicht<br />
das Geschlechterspezifische wie<strong>der</strong> dazu führt, dass man eben – na ja – in erster Linie<br />
Mann o<strong>der</strong> Frau betrachtet und das Drumherum vielleicht zu stark vernachlässigt<br />
Ja, und dann zu den Forschungsleitlinien, das hat Herr Gansefort angesprochen. In den<br />
USA, hatten Sie gesagt, seien jetzt Forschungsleitlinien dahingehend angepasst worden<br />
o<strong>der</strong> erneuert worden, wie da die Lage in Deutschland eigentlich ist <strong>Das</strong> ist mir nicht ganz<br />
... –<br />
Frau Dr. Schra<strong>der</strong>: Darf ich gleich zu <strong>der</strong> letzten Frage sofort etwas sagen<br />
Vorsitzende: Genau. Wer möchte beginnen <strong>Das</strong> wäre meine erste Frage. Frau Professor<br />
Schra<strong>der</strong>, Sie würden gern beginnen. <strong>Das</strong> waren alle Fragen jetzt, Frau Schmitt<br />
Abg. Heidrun Schmitt: Zunächst einmal.<br />
Vorsitzende: Zunächst. Gut. Dann bitte Frau Professor Schra<strong>der</strong>, bitte schön.<br />
Frau Dr. Schra<strong>der</strong>: Also, wir haben ein Arzneimittelgesetz und das ist bei den Amerikanern<br />
vom NIH seit 1995. Wir haben bis 2005 gebraucht, um nachzuziehen, um gleich zu sagen,<br />
wie wir hier stehen. Also, bei Arzneimittelforschung beziehungsweise Zulassungen von<br />
neuen Medikamenten ist es zwingend notwendig, das Geschlecht wahrzunehmen. Also, da<br />
geht nichts an<strong>der</strong>es. Während die klinischen Studien, die wir in den Ethikkommissionen für<br />
biomedizinische Forschung sehen und beraten, da ist das immer noch nicht wirklich<br />
zwingend, aber – zum Beispiel in Lübeck in <strong>der</strong> Ethikkommission haben wir es geschafft, ein<br />
Formular herzustellen, das ausgefüllt werden muss bei den Anträgen, wo da gezielt gefragt<br />
wird. Es wird auch gezielt gefragt, ob es internationale und nationale und aus <strong>der</strong> eigenen<br />
Klinik bestehende Literatur dazu gibt, zu einer Geschlechterdifferenz. Ich beobachte jetzt<br />
doch sehr genau, weil ich diesen Punkt natürlich immer beson<strong>der</strong>s angeschaut habe, dass<br />
sich das gewandelt hat in den letzten wenigen Jahren, dass sehr häufig ganz spezifisch<br />
darauf reagiert wird. Also, es ist ein Fortschritt zu sehen.<br />
Herr Gansefort: Ja, also, ich würde auch erst einmal zur letzten Frage zu den Leitlinien, wie<br />
da die Lage in Deutschland ist, also da haben Sie zum Pharmabereich schon deutlich etwas<br />
gesagt. Im Bereich <strong>der</strong> Epidemiologie, das heißt auch <strong>der</strong> Forschung o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Statistik über<br />
Gesundheit und Krankheit im weitesten, da gibt es auch eine Leitlinie, wie Studien aufgebaut<br />
sein sollten, wie sie funktionieren sollten, was beachtet werden muss. Da ist es so, dass seit<br />
1998 in diese Leitlinien auch Eingang gefunden hat, dass man zum Beispiel bei <strong>der</strong><br />
Studienplanung, beim Studiendesign, also wie designe ich eine Studie, auch explizit<br />
Geschlecht angesprochen werden muss, also in dem Fall ist es <strong>vor</strong> allen Dingen, geht es<br />
darum, dass auch eben Frauen eingeschlossen werden müssen. Also, das steht explizit drin.<br />
<strong>Das</strong> ist eine Leitlinie von <strong>der</strong> DGEpi, also Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie.<br />
Nun gibt es natürlich auch Behandlungsleitlinien für jeden Bereich, für die Chirurgie, für die,<br />
für alle Unterbereiche. Meines Wissens nach gibt es sicherlich in allen Leitlinien immer
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Gesundheitsausschuss Nr. 20/19<br />
wie<strong>der</strong> Hinweise darauf, wo bestimmt etwas genauer hingeschaut werden muss, aber<br />
systematisch hat meines Wissens nach das nicht systematisch in Behandlungsleitlinien zum<br />
Beispiel Eingang gefunden – also eben, es ist zumindest das Problem, also welches Wissen<br />
gibt es schon, wo gibt es Unterschiede. Zum Teil gibt es bei gewissen Krankheiten –<br />
Herzkrankheiten, ist es sicherlich weiter als in gewissen an<strong>der</strong>en Bereichen. Und – nur, mit<br />
diesem Wissen können wir natürlich auch sagen, jetzt führen wir dieses Wissen in die<br />
Leitlinien ein und wir wissen jetzt, da gibt es Unterschiede in <strong>der</strong> Behandlung o<strong>der</strong> in <strong>der</strong><br />
Therapie, <strong>der</strong> Diagnostik o<strong>der</strong> wie stellt sich ein Patient <strong>vor</strong>, welche Symptome hat er. Bei<br />
Frauen kann sich ein Herzinfarkt ganz an<strong>der</strong>s darstellen als bei Männern. So als klassisches<br />
Beispiel. Und wenn dieses Wissen <strong>vor</strong>handen ist, dann kann das eben auch in Leitlinien<br />
eingehen. Und ich denke, dieser Schritt muss auf jeden Fall noch gemacht werden, dass<br />
eben zum einen mehr Forschung und zum einen auch die Sammlung von Wissen und<br />
Forschungsergebnissen beför<strong>der</strong>t werden muss, um dieses Wissen dann auch in Leitlinien<br />
eingehen zu lassen. <strong>Das</strong> ist, denke ich, so <strong>der</strong> eine Punkt.<br />
Sie haben gesagt, ja, ist es – o<strong>der</strong> gefragt, ob nicht auch, wenn wir jetzt nur diese<br />
Gen<strong>der</strong>brille aufhaben o<strong>der</strong> diese – eigentlich ist es eher eine Sexbrille – sozusagen, also<br />
die biologischen Geschlechterunterschiede, zum Teil auch die soziokulturellen Unterschiede,<br />
nur beachten, da gehen an<strong>der</strong>e Sachen verloren. <strong>Das</strong> ist sicherlich ein Kritikpunkt, den<br />
würde ich auch so, da bin ich ganz dabei. Wir vertreten eben auch – bei uns ... – das ist nun<br />
einmal im Bereich Gen<strong>der</strong> als Schwerpunkt, aber auch so eine Art intersektionellen Ansatz.<br />
<strong>Das</strong> heißt, es muss auch immer wie<strong>der</strong> Faktoren, soziale Faktoren müssen Einfluss finden,<br />
wie Migration, soziale Benachteiligung, wie Alter. Diese auch sexuelle Orientierung, …() ,<br />
all diese Punkte müssen immer auch eingehen und mit bedacht werden, das ist ganz klar,<br />
aber wenn man jetzt über sozialkulturelles Geschlecht spricht, sind all diese Dinge natürlich<br />
auch drin, also, das hat auch mit Migration zu tun, mit wie kommen zum Beispiel Frauen und<br />
Männer nach Deutschland, welche Unterschiede gibt es da in <strong>der</strong>en Verständnis von<br />
Geschlecht und wie muss ich das berücksichtigen. Also, es muss ganz klar mitgedacht<br />
werden und man kann, wie gesagt, diese – nur darauf zu schauen, ist sicherlich auch nicht<br />
richtig. Da wäre ich ganz klar dabei.<br />
Ja, eine Einschätzung, wie viel Fehlversorgung durch Geschlechterinsensibilität auftritt, ist,<br />
glaube ich, schwierig zu sagen. Also, ich glaube, in <strong>der</strong> Klinik dann geschieht auch viel<br />
intuitiv von Ärzten und Ärztinnen. Ich glaube, dass da auch intuitiv geschaut wird, welche<br />
Bedürfnisse, welche Faktoren spielen jetzt bei Frauen, bei Männern eine an<strong>der</strong>e Rolle. Ich<br />
glaube, da passieren intuitiv Dinge, die einfach so nicht abgebildet werden. So. Die sind da<br />
und die funktionieren auch gut aus <strong>der</strong> Praxis, aus Erfahrung. Von daher würde mir jetzt eine<br />
Einschätzung richtig schwerfallen. Ja, also, ich glaube, da könnte ich gar nichts so konkret<br />
sagen, wie weit es geht, weil – da gibt es auch gar nicht so viel Wissen jetzt dazu. Also, da<br />
wäre es eher einmal eine Frage, ob das hier auch einmal Forschungsfrage ist, ob man da<br />
nicht noch einmal schaut, welche Kosten auch möglicherweise dadurch anfallen, dass<br />
insensibel behandelt wird, geschlechtsinsensibel.<br />
Herr Altgeld: Ich glaube auch, dass es schwierig mit Zahlen zu belegen ist. Also, man<br />
könnte aber das, was ich eben angesprochen habe, das Beispiel Diabetes, eben gucken, wie<br />
viel – also, nur für ein Beispiel könnte man es leicht rechnen, aber es wird nicht gerechnet.<br />
Also, nach dem Motto, welche Komplikationen treten wann bei welchem Geschlecht auf und<br />
hat das vielleicht auch mit <strong>der</strong> Versorgungsqualität – das wird man bestimmt nicht für alle<br />
Erkrankungsarten so machen können. Aber da wird eben in <strong>der</strong> Versorgungsforschung nicht<br />
hingeguckt und das zeigt aber auch, dass teilweise Geschlechterfragen auch Fragen <strong>der</strong><br />
Qualität von medizinischer Versorgung sind. Wir haben europaweit in Deutschland die<br />
meisten Arztbesuche von Patientinnen und Patienten, also, die gehen am häufigsten zum<br />
Arzt und die kürzesten Arzt-Patienten-Gespräche. Also, das heißt, man geht häufiger hin und<br />
guckt weniger genau drauf und am längsten redet <strong>der</strong> Arzt o<strong>der</strong> die Ärztin mit<br />
Berufsgruppen, die hier wahrscheinlich häufig vertreten sind, eben mit Lehrern. Also – o<strong>der</strong><br />
mit Akademikern. <strong>Das</strong> heißt aber, Menschen mit Migrationshintergrund, beispielsweise
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Gesundheitsausschuss Nr. 20/19<br />
Männer mit Migrationshintergrund, da können Sie die Arzt-Patienten-Kommunikation in<br />
Sekunden messen. Also, da wäre eben tatsächlich die Frage, müsste man das nicht an<strong>der</strong>s<br />
organisieren, also, dass die Menschen, die es schwieriger haben, sich zu artikulieren, auch<br />
besser o<strong>der</strong> länger behandelt werden können. Also – und häufig gehen diese Lehrer o<strong>der</strong><br />
Lehrerinnen mit Behandlungs<strong>vor</strong>schlägen in die Arztpraxis und diskutieren sie mit dem Arzt<br />
aus, deshalb dauert das auch länger. Also, Lehrer – ich will jetzt kein Lehrer-Bashing<br />
machen, aber es sind tatsächlich die Akademiker, die länger beredet und länger angeguckt<br />
werden und die sich klare Leistungen anfor<strong>der</strong>n. Und da wäre Ihre Frage eben auch,<br />
Geschlecht ist eine Variable und dann sind es eher die sozial benachteiligten Männer, die da<br />
kürzer rausgehen. Obwohl sie teilweise dann die teureren Medikamente kriegen, wenn etwas<br />
diagnostiziert wird. Da gibt es in <strong>der</strong> Versorgungsforschung auch schöne Geschichte, wer<br />
kriegt wann welche Medikamente verschrieben, wer kriegt die billigen, wer kriegt die teuren.<br />
Da sind die Frauen eher die, die die billigen kriegen und die Männer, die, die die teureren<br />
kriegen. Auch die häufiger Rettungstransporte haben, also von Krankenhaus zu<br />
Krankenhaus. Also, man könnte sich viele Daten angucken und könnte auch gucken, ist das<br />
für die Männer gut o<strong>der</strong> ist das nicht gut. Also, da wird zu wenig drauf geguckt. Da haben wir<br />
eine ganz schlechte – also, in <strong>der</strong> Versorgungsforschung geschlechterspezifische Daten zu<br />
haben, ist eine ganz schwierige Geschichte. Da muss man mehr hingucken. Bei den<br />
Stereotypen ist es tatsächlich eine Frage, ob man dann stereotyper bedient. Es gibt jetzt<br />
viele gut gemeinte geschlechtsspezifische Präventionsansätze, hier beispielsweise zur<br />
Darmkrebsprävention. <strong>Das</strong> nennt sich dann „Tausend mutige Männer für“, macht die Bahn<br />
AG, kam mit <strong>der</strong> Krebsgesellschaft. Und ich finde, solche Ansätze eher, die sind häufig vom<br />
guten Willen getragen, aber man erhebt in diesen ganzen Stätten gar keine<br />
Ausgangssituation. Man will schnell tausend Männer haben und die findet man über die<br />
Aktion auch und bedient aber geschlechterstereotyp. Und ich frage mich, ob man immer<br />
mutig sein muss. Also, das ist wirklich eine Gratwan<strong>der</strong>ung. Aber ich glaube, man sollte sich<br />
Gedanken darüber machen, insofern kann ich diese Ansätze auch nicht völlig verteufeln.<br />
Und an <strong>der</strong> Frage, wo wir uns unterscheiden: Ich glaube nicht an Intuition. Also, ich glaube,<br />
dass es viele gute Ärzte gibt, die intuitiv arbeiten und die einen hohen Erfahrungsschatz<br />
haben und deshalb gut diagnostizieren. Aber ich glaube, man müsste das systematisieren.<br />
Also, Gen<strong>der</strong>kompetenz in <strong>der</strong> Behandlung wird man durch Intuition nicht wettmachen<br />
können. Also, da wäre tatsächlich auch die Frage, welche Curricula, in welchen Berufen<br />
werden auf Landesebene bestimmt und wie könnte man in diesen Curricula für<br />
Erzieherinnen, für Lehrerinnen, aber auch für Gesundheitsberufe, die auf Landesebene<br />
definiert werden, eben eine Gen<strong>der</strong>kompetenz besser festschreiben und damit auch die<br />
Versorgung verbessern.<br />
Vorsitzende: Gut, vielen Dank auch Herrn Altgeld. <strong>Das</strong> kleine Gemurmel, was eben folgte,<br />
als Sie sagten, ... viele Lehrer hier, haben wir festgestellt. Im Gesundheitsausschuss ist,<br />
glaube ich, kein einziger, aber was ja auch nicht schlimm wäre, wenn wir einen Lehrer hier<br />
drin hätten.<br />
Gut, Herr Stemmann bitte.<br />
Abg. Hjalmar Stemmann: Vielen Dank, Frau Vorsitzende. Meine Frage richtet sich an alle<br />
drei und anfangen möchte ich mit dem Beispiel, was Herr Gansefort <strong>vor</strong>hin brachte, das<br />
Knie-Beispiel, wo sich dann herausstellte, es <strong>liegt</strong> nicht an Männlein o<strong>der</strong> Weiblein, son<strong>der</strong>n<br />
es <strong>liegt</strong> am Gewicht, an <strong>der</strong> Größe <strong>der</strong> Person, wie so eine Knieprothese anwächst. Und wir<br />
hatten <strong>vor</strong> Kurzem in <strong>der</strong> Bürgerschaft über das Thema Krebsregister, klinisches<br />
Krebsregister diskutiert. Und wenn man darüber diskutiert, kommt auch immer sehr schnell<br />
das Stichwort „personalisierte Medizin“ auf. Überholt dieses Thema „personalisierte Medizin“<br />
nicht das Thema Gen<strong>der</strong>medizin<br />
Vorsitzende: Die Frage war an alle gerichtet<br />
Abg. Hjalmar Stemmann: Ja.
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Gesundheitsausschuss Nr. 20/19<br />
Herr Altgeld: Also ich finde das Knie-Beispiel ein schlechtes Beispiel, weil – ohne Ihnen<br />
nahetreten zu wollen, weil, das ist immer ein Beispiel, wo einmal geguckt worden ist, gibt es<br />
Unterschiede und wo es keinen gibt. Ich glaube, es gibt viele Fragen, wo überhaupt nicht<br />
geguckt wird, beispielsweise in <strong>der</strong> Versorgung von Depressionspatienten o<strong>der</strong> in <strong>der</strong><br />
Diagnostik von Depressionspatienten, wo keine geschlechtsspezifischen und wo auf jeden<br />
Fall ein hoher – ja, ein hoher Anteil von Männern ist, die spät o<strong>der</strong> gar nicht entdeckt werden.<br />
Also, das ist ein Beispiel, wo Geschlecht keine Rolle spielt, aber wenn man immer hinguckt,<br />
ob Geschlecht eine Rolle spielt, würde man das auch zuverlässiger sagen können. Also –<br />
und das ist eben keine Routine. Und ich glaube, ich hatte es schon am Beispiel soziale Lage<br />
gesagt, soziale Lage ist auf jeden Fall auch ein wichtiger Indikator. Und die personalisierte<br />
Medizin ist, glaube ich, also, ist eben zum Teil auch eine Frage für mehr medizinische<br />
Leistung. Ich glaube, die Hoffnungen, die da reininterpretiert werden zum Teil, wird, sind<br />
eben, werden das, was wir an Unzulänglichkeiten in <strong>der</strong> Versorgung haben, nicht erfüllen.<br />
Also, wenn man das wirklich ernst nimmt, wird man auch in <strong>der</strong> personalisierten Medizin<br />
letztendlich zu Gruppenbildungen kommen und nicht nur zu individuellen Geschichten. Und<br />
ich glaube schon, dass wesentliche Unterschiede im biologischen Geschlecht und im<br />
sozialen Geschlecht eben auch in <strong>der</strong> personalisierten Medizin eine Rolle spielen können.<br />
Manchmal kommt mir die ganze Diskussion um die personalisierte Medizin so <strong>vor</strong>, als wollte<br />
man Geschlechterfragen vermeiden, weil man dann irgendwie das breiter macht. Und man<br />
müsste da genauer hingucken, welche Hoffnungen damit überhaupt verbunden sein könnten<br />
und wie personalisiert das sein kann. Aus <strong>der</strong> Krebsversorgung von Krebspatienten wissen<br />
wir, dass die durchschnittliche Lebenserwartung über alle Krebsarten gemittelt, dass Männer<br />
das weniger lange überleben. Teilweise, weil es – also, unabhängig – also, wenn man die –<br />
man muss die geschlechtsspezifischen Tumore da rausrechnen, aber wenn Sie so etwas wie<br />
Bauchspeichelkrebs o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Krebsarten <strong>der</strong> inneren Organe sich angucken, dann ist die<br />
durchschnittliche Lebenserwartung <strong>der</strong> Männer unter <strong>der</strong> <strong>der</strong> Frauen, über alle Krebsarten<br />
gemittelt. Und das hängt damit zusammen, dass in <strong>der</strong> Versorgung eben tatsächlich das<br />
teilweise später diagnostiziert wird, teilweise eben aber auch die Männer an<strong>der</strong>s therapietreu<br />
sind, an<strong>der</strong>e Behandlungen erhalten. Und da müsste man genauer hingucken. Deshalb<br />
glaube ich gar nicht, dass eben Krebs ein gutes Beispiel für personalisierte Medizin ist.<br />
Wenn man geschlechterspezifischer <strong>vor</strong>gehen würde, könnte man schon viel – viel<br />
gewinnen. Und was man noch eben darauf packt an an<strong>der</strong>en Faktoren, müsste man eben<br />
noch einmal gucken.<br />
Frau Dr. Schra<strong>der</strong>: Also, ich würde sagen, personalisierte Medizin ist vielleicht ein Fernziel.<br />
Wenn wir nicht <strong>vor</strong>her diese Grundlagen geschaffen haben, dass wir wirklich über die<br />
Erkrankungsarten, über die Diagnostik, über die Therapie und Rehabilitation dieser Kranken<br />
wirklich etwas wissen, dann sollten wir uns nicht sofort mit <strong>der</strong> Individualisierung o<strong>der</strong><br />
Personalisierung, o<strong>der</strong> wie wir das nennen, befassen. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite gibt es aber<br />
jetzt doch schon einige Tumortherapien sowohl bei Männern wie bei Frauen, die<br />
molekulargenetisch besser gelenkt werden können und die Überlebenszeit verlängert<br />
werden kann, wobei dann die nächste Frage immer nach <strong>der</strong> Lebensqualität auch ist. Und<br />
die ist ja auch von Männern und Frauen an<strong>der</strong>s empfunden als wir uns das <strong>vor</strong>stellen. Also,<br />
ich denke, dass die personalisierte, individualisierte Medizin ein Ziel sein kann, aber nur<br />
nachdem wir wirklich diese Grundlagen, über die wir jetzt so lange gesprochen haben, auch<br />
wirklich geschaffen haben.<br />
Herr Gansefort: Ja. Also, zur personalisierten Medizin – meines Kenntnisstandes geht es<br />
bei <strong>der</strong> personalisierten Medizin bisher hauptsächlich um biologische Faktoren, die<br />
untersucht werden. Es geht um Epigenetik, es geht viel eben um diese Bereiche. Es ist im<br />
Grunde keine Berücksichtigung von sozialen Faktoren, von soziokulturellen,<br />
psychologischen Faktoren. Von daher ist es meiner Meinung nach sicherlich kein Ziel, dass<br />
so, wie sie, diese personalisierte Medizin sich jetzt darstellt, dass die das überholen könnte.<br />
Man kann halt auch ein Beispiel bringen, es gibt Klosterstudien, da wurden Männer und<br />
Frauen, die in Klöstern waren, die unter ganz, ganz ähnlichen Lebensbedingungen gelebt
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Gesundheitsausschuss Nr. 20/19<br />
haben über 50, 60, 70 Jahre und da wurde geschaut, wie unterscheiden die sich, also zeigt<br />
sich da auch dieser Unterschied, zum Beispiel in <strong>der</strong> Lebenserwartung, die ja jetzt bei sechs,<br />
sieben, acht Jahren liegen im Schnitt. Dort ist es so, dass man sagen kann, biologische,<br />
wirklich auf Biologie basierende Unterschiede in <strong>der</strong> Lebenserwartung zwischen Männern<br />
und Frauen sind so bei ein bis zwei Jahren, schätzt man. <strong>Das</strong> heißt, <strong>der</strong> Rest, fünf, sechs<br />
Jahre, das <strong>liegt</strong> an sozialkulturellen Faktoren, das <strong>liegt</strong> am Risikoverhalten, das <strong>liegt</strong> an<br />
Stereotypen. Und da kommt man mit personalisierter Medizin meiner Meinung nach so nicht<br />
ran, wenn eben sozialkulturelle Faktoren so, wie es sich jetzt darstellt, außen <strong>vor</strong> gelassen<br />
werden.<br />
Vorsitzende: Frau Müller.<br />
Abg. Doris Müller: Ich hätte einmal eine Frage zu <strong>der</strong> Zeit, wo man eigentlich am meisten<br />
den Arzt braucht, nämlich seine letzten zwei Jahre ganz beson<strong>der</strong>s, wenn man dement ist<br />
o<strong>der</strong> so. Gibt es da eigentlich auch Unterschiede, wie sie behandelt werden, weil, gerade,<br />
was die Behandlung angeht mit Schmerzmedikation und Ähnlichem ist ja zum Teil sowieso<br />
nicht ganz so ausreichend<br />
Vorsitzende: Wie<strong>der</strong> eine Frage an alle<br />
Abg. Doris Müller: Ja.<br />
Vorsitzende: Herr Altgeld.<br />
Herr Altgeld: Wie<strong>der</strong> ein gutes Beispiel. Es gibt im Demenz Forschungsverbünde, die vom<br />
BMGF ausgeschrieben wurden, die Geschlechteraspekte überhaupt nicht berücksichtigen.<br />
Da werden gerade 50 Millionen Euro in Demenzforschung gesteckt, ohne dass man solche<br />
Fragen eben tatsächlich macht. Also eine Ausschreibung von 2010 ist das. Also, wir wissen<br />
wenig darüber. Momentan sind mehr Frauen als Männer von Demenz betroffen, weil sie<br />
einfach älter werden. Aber die Frage, wie die versorgt werden, unter geschlechtsspezifischen<br />
Aspekten ist – also, ich weiß nichts darüber. Man müsste das sich sehr genau auch noch<br />
einmal angucken und man hätte eigentlich bei dieser Ausschreibung wirklich auch einmal<br />
Gen<strong>der</strong> Mainstreaming ernst nehmen können, weil es eben tatsächlich für Frauen ein<br />
häufigeres Problem ist und man müsste eben tatsächlich gucken, wie die versorgt werden. In<br />
<strong>der</strong> Demenzversorgung spielt natürlich aber auch eine Rolle, wie demenzfreundlich sind<br />
Krankenhäuser, Kommunen. Also, wie wird damit umgegangen mit den Demenzpatienten,<br />
also wie müssen die medikamentiert werden. Wir haben als Landesvereinigung so einen<br />
Leitfaden, demenzfreundliches Krankenhaus gemacht. Die kommen ja manchmal mit einer<br />
bestimmten Erkrankung da rein und dann wie<strong>der</strong> kränker raus, in dem Alltagsleben. Demenz<br />
ist ein schwieriges Thema, aber unter Geschlechteraspekten überhaupt nicht berücksichtigt.<br />
Also, ich kenne gar nichts.<br />
Frau Dr. Schra<strong>der</strong>: Und es ist ja auch die Frage, wer, Mann o<strong>der</strong> Frau. In <strong>der</strong> Vielzahl wird<br />
nicht zu Hause gepflegt mit <strong>der</strong> Demenz. Denn es gibt ja eine große Zahl, die doch noch in<br />
den Familien bis an ihr Lebensende betreut werden. Ich kenne zwei solche Fälle, aber es<br />
sind beides Männer, die betreut werden bis zum Schluss von <strong>der</strong> Familie. Also, sodass diese<br />
Demenzfrage im Krankenhaus eben eigentlich eine Frauenfrage im Großen ist eigentlich.<br />
Herr Altgeld: Aber das <strong>liegt</strong> an <strong>der</strong> Lebenserwartung <strong>der</strong> Männer. Also – die Männer sind<br />
dann einfach schon verstorben häufig, die die Frauen pflegen könnten, ja.<br />
Herr Gansefort: Ja, ich kann mich da auch nur anschließen. Da <strong>liegt</strong> mir meines Wissens<br />
nach auch eben kaum Wissen dazu <strong>vor</strong>. <strong>Das</strong> ist sicherlich etwas, was dann in <strong>der</strong> Forschung<br />
einfach noch einmal mehr fokussiert werden müsste. Gerade auch jetzt, wenn man schaut,<br />
wie die Problematik jetzt hochgerechnet in Zukunft aussehen könnte. Es ist ganz sicherlich<br />
ein ganz, ganz weites Feld, wo man unter Geschlechtaspekten sicherlich schauen muss.
- 16 -<br />
Gesundheitsausschuss Nr. 20/19<br />
Vorsitzende: Herr Dr. Schäfer.<br />
Abg. Dr. Martin Schäfer: Ich möchte eine Umdrehung, eine kleine Umdrehung weitergehen.<br />
Wir haben jetzt gehört, dass es offenkundig Unterschiede gibt, dass es Unzulänglichkeiten in<br />
<strong>der</strong> Versorgung gibt. Ich möchte ganz einfach fragen, welche Folgerungen können wir<br />
daraus ziehen Also, sicherlich wird Ausbildung eine Stellschraube sein, an <strong>der</strong> gedreht<br />
werden müsste. Und welche Möglichkeiten sehen Sie noch Und die Frage geht<br />
selbstverständlich wie<strong>der</strong> an Sie alle. Welche Möglichkeiten sehen Sie noch, jetzt im<br />
<strong>der</strong>zeitigen Zustand des Medizinbetriebes da schon irgendetwas bewerkstelligen zu können<br />
Ausbildung ist ja immer auf Zukunft gerichtet.<br />
Frau Dr. Schra<strong>der</strong>: Ja, nicht nur. Denn Sie können ja diejenigen, die jetzt sich schon in dem<br />
Gesundheitsbetrieb befinden, durch zusätzliche Kurse und so bilden. Und das ist ja ein Ziel,<br />
was viele anstreben. Denn auch – das, was ich erzählt habe von dieser Gesellschaft, die<br />
sich um Gen<strong>der</strong>medizin kümmert, die setzt das ja auf. Also, die will ja nicht Leute bilden, die<br />
ganz jung sind und das dauert ewig lange, son<strong>der</strong>n jetzt schon fertige, damit noch weiter<br />
sozusagen zertifizieren und ermächtigen, sich besser mit den Problemen befassen zu<br />
können. Also, ich denke, das ist eine Zwischenlösung, aber es ist eine.<br />
Herr Altgeld: Also, viele Stellschrauben in <strong>der</strong> Versorgung werden ja nicht auf Landesebene<br />
gedreht. Aber man könnte beispielsweise gucken – Sie haben das UKE ja noch als<br />
Krankenhaus im städtischen Besitz – also, könnte man dort eben auch „Models of Good<br />
Practice“ suchen o<strong>der</strong> fin-, also könnte man das eben da verankern. Also, ich würde jetzt als<br />
Stadt eben da <strong>vor</strong>gehen, für welche Bereiche habe ich überhaupt Handlungsoptionen. Die<br />
Versorgungsforschungen auf Bundesebene werden sich än<strong>der</strong>n. Machen Sie<br />
Forschungsför<strong>der</strong>ung auf Landesebene im Gesundheitsbereich und wie kann ich da Akzente<br />
setzen. <strong>Das</strong> wären eben wesentliche Stellschrauben, wo man eben gucken kann, auf<br />
welchen Ebenen ist die Landesebene aktiv und welche eigenen Versorgungsangebote hat<br />
sie und wie kann ich in diese eigenen Versorgungsangebote – und das wären auf <strong>der</strong> einen<br />
Seite eben tatsächlich die städtischen Krankenhäuser, sofern es über dem UKE noch etwas<br />
gibt, aber auch die Frage von an<strong>der</strong>en ein-. Also, Suchtprävention ist auch ein wichtiges<br />
Feld. Wenn dann geschlechterspezifisch gearbeitet wird, wird häufig stereotyp gearbeitet.<br />
Die ganzen Kampagnen <strong>der</strong> BZgA erreichen junge Männer nicht, weil schon die<br />
Überschriften falsch sind. Die größte Kampagne heißt „Kenn dein Limit“. <strong>Das</strong> ist mit jungen<br />
Männern nie diskutiert worden. Da müsste man hier auch gucken, kann man in solche<br />
städtischen Beratungsangebote o<strong>der</strong> in För<strong>der</strong>richtlinien eben reinschreiben das Geschlecht.<br />
Also, in <strong>der</strong> Schweiz werden Präventionsprojekte nur geför<strong>der</strong>t, wenn sie eben auch eine<br />
Aussage darüber treffen, gibt es eben unterschiedliche Bedarfe, für welche Geschlechter<br />
o<strong>der</strong> gibt es sie nicht. Und wenn es sie gibt, wie antworten sie darauf. <strong>Das</strong> könnte man in die<br />
Gestaltung von För<strong>der</strong>richtlinien im Gesundheits- und Präventionsbereich relativ leicht<br />
reinbringen. Es gibt deutschlandweit noch nicht so etwas. Und dann wäre eben tatsächlich<br />
die Frage, die meisten Bundeslän<strong>der</strong> gucken momentan auf – wenn sie gucken, auf<br />
Frauengesundheit, weil dort eben mehr engagierte Frauen sich auf diese Themen auch eben<br />
schon länger stürzen. Frau Schra<strong>der</strong> hat es ja deutlich gemacht, wie lange das schon Thema<br />
des Ärztinnenbundes ist. Aber natürlich wäre so eine Art Gen<strong>der</strong>medizin o<strong>der</strong><br />
Gen<strong>der</strong>gesundheit in Hamburg ein Landesprogramm dazu entwickeln, was genau guckt, an<br />
welchen Bereichen haben wir Stellschrauben, finde ich auf jeden Fall eine sinnvolle<br />
Geschichte und würde so eine Art von Programmentwicklung auf jeden Fall auch, das wäre<br />
einmal wirklich etwas Neues. NRW hat jetzt gerade wie<strong>der</strong> auf Frauengesundheit gesetzt,<br />
und zwar ein Gen<strong>der</strong>-Kompetenzzentrum aufgemacht, aber da geht es eher um<br />
Frauenthemen, und auf beide Geschlechter zu gucken, auf Landesebene, wäre wirklich<br />
einmal eine neue Herausfor<strong>der</strong>ung. Wir, in Nie<strong>der</strong>sachsen, machen das auch nicht. Wir<br />
hatten in <strong>der</strong> SPD-Fraktion eine Anhörung zur Männergesundheit. Nur auf ein Geschlecht zu<br />
gucken, ist auf jeden Fall immer <strong>der</strong> falsche Weg. Ich würde tatsächlich gucken, wie kann<br />
man in beiden Geschlechtern Verbesserungen erzielen.
- 17 -<br />
Gesundheitsausschuss Nr. 20/19<br />
Frau Dr. Schra<strong>der</strong>: Aus praktischer ärztlicher Sicht ist Folgendes noch zu sagen: Die<br />
Finanzierung eines Gespräches über ein Quartal ist so niedrig, dass es für eine Ärztin zum<br />
Beispiel sehr schwer ist, einen Mann wirklich dazu zu bringen, seine Beschwerden nach<br />
einer langen Überlegungsphase auszusprechen. Wir haben – wir kriegen dafür so wenig<br />
Geld, dass letztlich nur noch, wenn jemand 18-mal im Jahr den Doktor aufsucht, den gar<br />
nicht mehr zu sehen bekommt. Der kriegt ein Rezept und wird für im Quartal, ich weiß nicht,<br />
36 Euro o<strong>der</strong> so. Also, es ist sehr wenig. Und die Bundesärztekammer hat eine interessante<br />
Untersuchung gemacht, sie hat Hausärzte und Hausärztinnen verglichen, die in <strong>der</strong><br />
Diabetes-Therapie und Diabetes-Einstellung waren, und dabei ist herausgekommen, dass<br />
bei den Ärztinnen selbst die Männer diese Ausbildung mitgemacht haben, weil sie über lange<br />
Phasen überredet worden sind von dem, was sie davon profitieren, wenn sie diese Bildung<br />
neben <strong>der</strong> Praxis sich angedeihen lassen. Diese Ärztinnen, in diesen Praxen, sind arm, weil<br />
das letztlich nicht geht, also rein pekuniär nicht wirklich geht. Und auch im Ärztinnenbund<br />
gibt es Ärztinnen, die, wenn sie pensioniert werden, in Anführungsstrichen, relativ arm sind.<br />
Kommen aus diesen Praxen, die es schaffen, unsere Männer, die wir ja alle gerne mögen,<br />
dahin zu bringen, dass sie sich wirklich richtig behandeln lassen o<strong>der</strong> auch in die Prävention,<br />
zur Prävention überredet werden. Also, das Problem ist sehr vielschichtig. Und dass<br />
männliche Ärzte lieber mehr auch mit Apparaten umgehen, das wissen wir alle. <strong>Das</strong> ist ja<br />
nichts Schlechtes. Aber die an<strong>der</strong>e Seite ist eben die, dass die Kosten für ein Gespräch nicht<br />
wirklich ausreichend sind.<br />
Herr Gansefort: Ja. Welche Verän<strong>der</strong>ungen Also, sicherlich – habe ich schon gesagt, es<br />
gibt Wissen, es ist sicherlich noch nicht soweit, dass wir jetzt sagen, es gibt einen wirklichen<br />
Schatz an Wissen zu unterschiedlichen Gemeinsamkeiten, aber es gibt etwas, es gibt eben<br />
Herz-Kreislauf-Erkrankungen, das ist sicherlich weit ausgeprägt in <strong>der</strong> Psychiatrie zum Teil.<br />
Und ich glaube, es ist wichtig, dieses Wissen zu sammeln o<strong>der</strong> eben das Gesammelte, also<br />
Reviews zu nutzen, und das in die Versorgung einzubringen, also in auch die Lehre. Und<br />
hier könnte man sicherlich, be<strong>vor</strong> man anfängt, jetzt eigene Kolloquien zu entwickeln,<br />
sicherlich auch in Kooperation mit Studiengängen, Gen<strong>der</strong> Health, da gibt es einige mehr in<br />
Deutschland, da mit Kooperationen einsteigen. Es gibt auch einige Beispiele, immer<br />
Leuchttürme, die eben schon auch Lehre mit medizinischem Personal durchführen. Da<br />
könnte man sicherlich einmal Kooperationen suchen. <strong>Das</strong> an<strong>der</strong>e ist sicherlich auch neben<br />
Ärztinnen und Ärzten auch für das Pflegepersonal, weil das die meiste Zeit mit den Patienten<br />
und Patientinnen dann in Kontakt ist, das auch zu schulen. Also so eine Gen<strong>der</strong>kompetenz,<br />
wie schon gesagt wurde, dort auch deutlich zu schulen in Fortbildungen. Eine Frage wäre<br />
hier auch, ist es zum Beispiel so, dass ein halbwegs angemessenes Verhältnis von Männern<br />
und Frauen in den jeweiligen Berufen auch etwa dazu beitragen würde, dass dort sensibler<br />
auf Männer, weibliche und männliche Problemlagen eingegangen werden kann. <strong>Das</strong> wäre so<br />
ein bisschen die Frage.<br />
Ja. An<strong>der</strong>e Ideen sind sicherlich eben dieser Eingang in Leitlinien, in Versorgungs- und<br />
Therapieleitlinien, was meiner Meinung nach ein entscheiden<strong>der</strong> Punkt wäre, dieses Wissen<br />
dort einzubringen. Eine an<strong>der</strong>e Sache sind zum Beispiel auch vielleicht strukturelle<br />
Probleme. Also, ist es möglich, dass zum Beispiel die Öffnungszeiten beim Hausarzt<br />
manchmal so ungünstig sind, dass ich es nach <strong>der</strong> Arbeit vielleicht gar nicht schaffe, weil ich<br />
im Schichtbetrieb arbeite, weil ich meinen täglichen Dienst bis 6 Uhr, das schaffe ich es auch<br />
gar nicht, ach, dann gehe ich vielleicht einmal am Wochenende o<strong>der</strong> dann vergesse ich es<br />
auch wie<strong>der</strong>. Also, gibt es nicht auch Möglichkeiten, zum Beispiel über strukturelle<br />
Verän<strong>der</strong>ung, gezielter Männer o<strong>der</strong> Frauen anzusprechen. Kann man zum Beispiel sagen,<br />
na ja, bringt es vielleicht etwas, wenn einmal <strong>der</strong> Vater mit dem Kind zum Kin<strong>der</strong>arzt geht<br />
und nicht wie in <strong>der</strong> Regel die Mutter. Also, kann da auch, ist da ein Umdenken zum Beispiel<br />
in <strong>der</strong> eigenen Gesundheit auch möglich. Also, ich glaube, es gibt einige Möglichkeiten, wo<br />
man ansetzen kann. Schwerpunkt ist sicherlich die Ausbildung von medizinischem Personal<br />
und die Implementierung des Wissens in Leitlinien.
- 18 -<br />
Gesundheitsausschuss Nr. 20/19<br />
Vorsitzende: Gut, vielen Dank. Frau <strong>Artus</strong>.<br />
Abg. <strong>Kersten</strong> <strong>Artus</strong>: Ich würde Sie bitten, vielleicht noch einmal ganz konkret auf einige<br />
Sachen einzugehen, die Sie jetzt schon allgemein benannt haben, wo es Unterschiede gibt<br />
beziehungsweise wo überhaupt keine Daten bekannt sind, wie zum Beispiel bei <strong>der</strong> Pflege,<br />
wo wir ja eigentlich wissen, dass die Männer, pflegebedürftige Männer überproportional zu<br />
Hause gepflegt werden und die Frauen eher dann in den stationären Einrichtungen sind.<br />
Aber was das für Auswirkungen hat, dass da eben keine Daten <strong>vor</strong>liegen. Aber ich würde Sie<br />
bitten, vielleicht noch einmal so, ich habe jetzt hier noch einmal so sechs Bereiche<br />
aufgeschrieben, vielleicht können Sie die kurz skizzieren, wo es auch Erfahrungswissen gibt.<br />
Sie haben selber benannt den Bereich Arbeitsschutz. Da sagen Sie, wird auf die Frauen<br />
überhaupt nicht geguckt. Können Sie da sagen, was hat das denn für Auswirkungen Also,<br />
was bedeutet das denn konkret, wenn <strong>der</strong> Arbeitsschutz eben nicht nach Gen<strong>der</strong>kriterien<br />
betrachtet wird<br />
Gleiches würde ich Sie bitten, auch für diesen ganzen Bereich Migration, aber auch für<br />
Flüchtlinge aufzuzeigen, also, ob es da Erfahrungen gibt Ihrer Kenntnis nach. Wie wirkt sich<br />
das denn unterschiedlich in <strong>der</strong> Gesundheit und in Krankheiten auf Frauen und Männern<br />
aus<br />
Depressionen haben Sie selber auch genannt und <strong>der</strong> Zusammenhang zwischen den hohen<br />
Suiziden, überproportionalen hohen Suiziden. Mein Wissen war bislang, dass die Anzahl,<br />
also die hohe Anzahl von Suiziden von Männern <strong>vor</strong> allen Dingen daran <strong>liegt</strong>, dass sie sie<br />
seltener ankündigen und sonst eher zur Tat schreiten, während Frauen doch eher Signale<br />
geben. Aber wenn Sie jetzt hier sagen, da werden Depressionen auch nicht erkannt, also<br />
dann kommt da ja noch eine zusätzliche Variante zu. Vielleicht können Sie darauf auch<br />
eingehen.<br />
Herr Altgeld, Sie haben am Anfang in Bezug auf Frühe Hilfen für mich auch interessante<br />
Aussagen gemacht, dass da eben nur auf Kin<strong>der</strong> geguckt wird und nicht auf Junge und<br />
Mädchen. Wir wissen ja, dass – aber es ist eigentlich bekannt, dass <strong>vor</strong> allen Dingen Jungen<br />
höhere Gefährdungen haben, Risiken haben im Kleinkindalter, was Gewalt angeht. Aber<br />
vielleicht können Sie noch mehr dazu sagen, was das für Folgen hat, wenn bei den Frühen<br />
Hilfen nicht auf das Geschlecht geguckt wird.<br />
Und dann ein Bereich, <strong>der</strong> mich auch persönlich interessiert, das ist <strong>der</strong> Bereich<br />
Zahngesundheit. Also, landläufig sagt man ja immer, „ein Kind, ein Zahn“, was die Frauen<br />
betrifft. Damit erschöpfen sich meine Weisheiten aber auch schon in Bezug auf diesen<br />
medizinischen Bereich. Vielleicht können Sie da auch – ist es ein Mythos, ist es eigentlich<br />
Blödsinn o<strong>der</strong> was gibt es da für Erkenntnisse, um da vielleicht auch noch einmal unser<br />
Wissen anzureichern<br />
Ja, und für den Bereich Sucht. <strong>Das</strong> beschäftigt uns auch immer wie<strong>der</strong>. Hier haben wir schon<br />
auch in <strong>der</strong> Hamburgischen Bürgerschaft immer auch spezifisch geguckt, gerade zuletzt in<br />
dem Bereich Glücksspiel. Sie haben erwähnt, Rauchen und Trinken. Hier würde mich dann<br />
<strong>vor</strong> allen Dingen interessieren – Sie haben darauf hingewiesen, „Kenn dein Limit“, dass es<br />
Männer überhaupt nicht anspricht, <strong>vor</strong> allen Dingen keine jungen Männer. Was gibt es denn<br />
da - auch so in die Richtung von Herrn Schäfer - was gibt es denn auch für gute Beispiele<br />
O<strong>der</strong> was könnte man vielleicht konkret tun, um da gen<strong>der</strong>spezifisch mit dem Thema<br />
umzugehen<br />
Vorsitzende: Ja, das ist ja schon sehr umfassend, umfasst fast die gesamte Anhörung, aber<br />
–. Wer möchte denn beginnen Ja, bitte Frau Professor Schra<strong>der</strong>.<br />
Frau Dr. Schra<strong>der</strong>: Ich sage jetzt etwas zur Zahnheilkunde, weil, <strong>der</strong> Deutsche<br />
Ärztinnenbund ist nicht nur ein Ärztinnenbund, son<strong>der</strong>n ein Zahnärztinnenbund. Und wir
- 19 -<br />
Gesundheitsausschuss Nr. 20/19<br />
haben eine hochaktive Kollegin aus Bremen, die uns immer die neuesten Mitteilungen über<br />
die Zahngesundheit gibt. Die soll sehr zugenommen haben, und zwar durch die<br />
Schulzahnpflege. Und – also sie selber betreut Schulen. Und dieses „jedes Kind ein Zahn“ ist<br />
wahrscheinlich auch eine Frage <strong>der</strong> Pflege, <strong>der</strong> Zahnpflege, denn dass das sich wirklich<br />
manifestiert und aktenkundig ist, das ist nicht so. Also, die Zahnheilkunde sagt, dass die<br />
Zahngesundheit besser geworden ist.<br />
(Zwischenruf Abg. <strong>Kersten</strong> <strong>Artus</strong>: Bei beiden)<br />
Ja, bei beiden. <strong>Das</strong>s es natürlich Extreme nach wie <strong>vor</strong> gibt und Ungepflegtsein, das ist<br />
<strong>vor</strong>handen.<br />
(Zwischenruf Abg. <strong>Kersten</strong> <strong>Artus</strong>: Gibt es da auch Unterschiede)<br />
Herr Altgeld: Ja, es gibt Unterschiede. Also, bei Zahngesundheit – also, die am<br />
schlechtesten – die auffälligste Gruppe bei den zerstörten, gefüllten o<strong>der</strong> bei auffälligen<br />
Zähnen sind die Jungen mit Migrationshintergrund. Also, da gibt es einen deutlichen Beweis,<br />
dass die eben am häufigsten zerstörte Gebisse haben. Und die Zahngesundheit von<br />
Mädchen ist etwas besser. Wir haben insgesamt eine gute Zahngesundheit, europaweit<br />
haben wir in den letzten 20 Jahren eben mit <strong>der</strong> Umsetzung <strong>der</strong> Gruppenprophylaxe in<br />
Schulen und Kin<strong>der</strong>tagesstätten total aufgeholt. Insgesamt ist die Zahngesundheit von<br />
Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen sehr gut, aber wir haben eben Gruppen, die auffallen. <strong>Das</strong> sind<br />
insbeson<strong>der</strong>e Gruppen mit Migrationshintergrund, und da <strong>vor</strong> allem die Jungen, und die<br />
Mädchen haben leicht bessere Zähne als die Jungen. Aber dafür wird bei den – wenn man<br />
auf das Verhalten auch im Alltag guckt – bei den Jungen häufiger mit den Eltern<br />
nachgeputzt. Also, das heißt, die haben auch ein bisschen etwas davon, dass die das<br />
machen. Man muss eben da auch genau hingucken. Also, welches Verhalten wird als<br />
jungenspezifisch akzeptiert und wird dann gemacht. <strong>Das</strong> ist ein – Zähne sind auf jeden Fall<br />
ein gutes Beispiel.<br />
Und zu den an<strong>der</strong>en Fragestellungen, die Sie gesagt haben, eine Bemerkung zur<br />
Depression. Natürlich kündigen Männer das weniger an, aber die Frage ist – also, ist es<br />
irgendwie, ist es ein Bilanz-Selbstmord, den man Existenzialist vielleicht akzeptieren kann<br />
o<strong>der</strong> ist es eine Erkrankung, also, die nicht erkannt worden ist. Und gehört es zu den<br />
männerspezifischen Kommunikations... nicht darüber zu reden, son<strong>der</strong>n es zu machen. Und<br />
da wäre eben tatsächlich die Frage, wann kann wer das erkennen. Und da wäre wie<strong>der</strong><br />
Arbeitsplatz eben eine Frage, eben wie wird mit psychischen Belastungen am Arbeitsplatz<br />
umgegangen. Wir versuchen jetzt da neue Belastungsschemata zu entwickeln und da wäre<br />
tatsächlich die Frage, wie kann man die nicht gleich geschlechtergerecht entwickeln, sodass<br />
auch in <strong>der</strong> Arbeitswelt eben das frühzeitig erkannt werden kann. Und bei den Suiziden, das<br />
wäre nur ein Hinweis darauf, Männer suizidieren sich viermal häufiger erfolgreich als Frauen,<br />
und das ist gerade in jungen Lebensjahren vielleicht auch eine Frage, ob man das nicht<br />
vermeiden kann, ob das in höheren Lebensjahren, und das -. Wir haben beides, bei den<br />
jungen Männern und bei den alten Männern wie<strong>der</strong>. Und bei den alten Männern müsste man<br />
noch einmal gucken, also, will man den – jeden da vermeiden o<strong>der</strong> es gibt ja auch sehr<br />
prominente Menschen, die sich umgebracht haben, kann man das auch irgendwie<br />
akzeptieren als Tod. <strong>Das</strong> müsste man sich-<br />
(Zwischenruf Frau Dr. Schra<strong>der</strong>: ...als Lebensende.)<br />
als Lebensende, genau. Da wäre ich gar nicht so festgelegt.<br />
Und sonst – bei den Fragen Frühe Hilfen. Eine Bemerkung dazu, da wäre ich -. Man kann<br />
noch nichts dazu sagen, aber ich finde, wenn die Statistik nicht da ist, dann kann man nie<br />
etwas dazu sagen. Und das ist eine Leistung, die jetzt ausgebaut wird mit <strong>der</strong> Umsetzung<br />
des Bundeskin<strong>der</strong>-, <strong>der</strong> Vereinbarung, <strong>der</strong> Verwaltungsvereinbarung zum
- 20 -<br />
Gesundheitsausschuss Nr. 20/19<br />
Bundeskin<strong>der</strong>schutzgesetz. Und da könnte man eben frühzeitig richtige Zahlen sich<br />
produzieren und dann sagen, es sind häufiger Jungen, die diese Leistungen in Anspruch<br />
nehmen o<strong>der</strong> Mädchen. Ich weiß es nicht. Also, momentan tauchen Kin<strong>der</strong> in dieser Statistik<br />
auf, die geschlechtslos sind, und das ist tatsächlich eine Frage, wie man so etwas machen<br />
kann. Und die Sehnsucht nach Zahlen und wann es sich wie rechnet, kann man erst<br />
befriedigen, wenn man diese Zahlen hat. Also, deshalb werden die an<strong>der</strong>en Bereiche eben<br />
auch eine Frage, was kann man da erst einmal an <strong>der</strong> Statistik verbessern und wie kann<br />
man da genauer hingucken und dann kann man langfristig auch sagen, kann man etwas<br />
einsparen, kann man nichts einsparen. <strong>Das</strong> müsste man sich genau angucken.<br />
Herr Gansefort: Ja, zum Bereich Depressionen vielleicht erst einmal o<strong>der</strong> psychischen<br />
Erkrankungen grundsätzlich. Da gibt es deutliche Unterschiede in <strong>der</strong> Prävalenz, wie Sie<br />
gesagt haben, bei Frauen o<strong>der</strong> Mädchen werden häufiger Depressionen, Angst,<br />
Essstörungen, posttraumatische Belastungsstörungen diagnostiziert. Bei jungen Männern<br />
eher, ja, Verhaltens-/Entwicklungsstörungen, also Thema Autismus, ADHS, was sich ... zum<br />
Teil halt auch im Erwachsenenalter zu Alkohol- und Drogenabhängigkeit entwickeln kann. Es<br />
gibt auch Unterschiede im Krankheitsverlauf. Psychosen sind im Schnitt, o<strong>der</strong> schizophrene<br />
Psychosen im Schnitt bei Männern etwas früher treten die auf. Bei manchen an<strong>der</strong>en<br />
Psychosen, die eher im höheren Lebensalter sich manifestieren, da ist es eher bei Frauen<br />
häufiger. Bei all diesen Dingen, bei <strong>der</strong> Diagnostik ist immer die Frage, was für Kriterien<br />
haben wir in <strong>der</strong> Diagnostik von Depressionen. Also, sind die Kriterien nicht möglicherweise<br />
geb..., also gibt es da nicht auch im ...() drin. Ist zum Beispiel eine starke Sucht,<br />
Suchtproblematik bei Männern möglicherweise, ist es nicht eine Verlagerung, ist es nicht<br />
vielleicht ein Ausdruck von <strong>der</strong> Depression, <strong>der</strong> aber so bisher von <strong>der</strong> Diagnostik nicht<br />
erkannt wird o<strong>der</strong> eben nicht als Depression und bei Frauen vielleicht eher als Depression<br />
diagnostiziert wird. Also, gibt es da wirklich so starke Unterschiede Also, nennen wir es halt<br />
Depression o<strong>der</strong> – es gibt halt dann eben eine Problematik, die halt dann schon<br />
geschlechtsspezifisch angegangen werden muss. Die Zahlen stehen halt so da, aber es <strong>liegt</strong><br />
auch so ein bisschen immer an <strong>der</strong> Diagnostik, wie wird so etwas erhoben und in welche<br />
Kiste stecken wir sie jetzt.<br />
In <strong>der</strong> psychiatrischen Versorgung, denke ich, dass <strong>vor</strong> allen Dingen auch Konstruktion von<br />
Geschlecht sich angeschaut werden muss, also, wie wird sozialkulturelles Geschlecht von<br />
den Individuen dort für sich selbst wahrgenommen, wie wird das selbst konstruiert. Genau.<br />
Und in <strong>der</strong> Behandlung, denke ich, von psychisch erkrankten Menschen sind halt ganz klar<br />
Dinge wichtig, also erst einmal muss es Informationen geben, dass es, wenn es<br />
geschlechterspezifische Angebote gibt, dass es diese gibt, also die Information muss<br />
ankommen bei den Patienten. Datenerhebung – das war schon einmal das Thema, muss<br />
grundsätzlich geschlechterdifferenziert erfolgen, dass einfach Daten <strong>vor</strong>liegen, die man sich<br />
dann anschauen kann. In dem Bereich – das überschneidet sich auch ein bisschen mit Sucht<br />
– sind auch häufig Traumatisierungen in <strong>der</strong> Vergangenheit ein Mitauslöser für<br />
Suchtstörungen. Da muss ganz klar auch ganz sensibel geschaut werden, wenn es<br />
Grenzüberschreitungen gibt von <strong>der</strong> einen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite, dass es ganz klar sanktioniert<br />
wird, also, dass da sehr sensibel geschaut wird, dass man auch Rückzugsschutzräume in<br />
<strong>der</strong> psychiatrischen Behandlung schaffen kann, dass man geschlechterhomogene Gruppen<br />
anbietet zum Beispiel auch unter an<strong>der</strong>em. Ja, und auch wie<strong>der</strong> hier Fort- und Weiterbildung<br />
in geschlechtersensibler, geschlechterspezifischer Behandlung ist sicherlich auch immer so<br />
ein Thema.<br />
<strong>Das</strong> überschneidet sich auch so ein bisschen mit dem Bereich Sucht. <strong>Das</strong> Suchtsystem<br />
würde ich jetzt einmal sagen, aus meiner Erfahrung aus, ist eher, zumindest von den<br />
Klienten, eher männlich geprägt. Also auch die – wie das Ankommen dort ist, ist eher ein<br />
bisschen, aus meiner Erfahrung männlich geprägt. Da muss man sicherlich in dem Bereich<br />
meiner Meinung nach ein bisschen mehr auch auf Frauen schauen und auch auf den<br />
Hintergrund <strong>der</strong> Sucht, also, woher kommt das, also diese Traumaforschung – das ist ja<br />
auch hier am UKE, wird es ja auch stark geför<strong>der</strong>t. Da muss man sicher noch einmal genau
- 21 -<br />
Gesundheitsausschuss Nr. 20/19<br />
schauen, und gerade bei Frauen, denke ich, in dem Suchtbereich sicherlich noch einmal zu<br />
schauen. Da gibt es aber auch gute Beispiele. Da gibt es Leuchtturmprojekte in Köln. Also,<br />
ich denke, am ZIS, das ist am UKE, Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung, die haben<br />
da auch Projekte, da gab es auch schon einiges zu. Da gibt es sicherlich<br />
Anknüpfungspunkte, wo man schauen kann, was können wir von diesen<br />
Leuchtturmprojekten vielleicht auch einmal in Hamburg umsetzen, wo können wir da an die<br />
Suchthilfe rangehen und mit denen zusammen vielleicht Projekte geschlechtssensibel<br />
entwickeln.<br />
Ja, zur Zahngesundheit, muss ich sagen, es ist nicht mein Feld. Da würde ich jetzt<br />
sozusagen dem zustimmen, was hier gesagt wurde. Da habe ich nicht so den Überblick.<br />
Genau. Und ich denke auch, zu Frühen Hilfen, Herr Altgeld, da haben Sie eigentlich<br />
ausreichend den Punkt gesagt. Ja.<br />
Vorsitzende: Okay, vielen Dank. Wenn ich es richtig sehe, ist das Thema „Arbeitsschutz“<br />
noch so ein bisschen offen. Wenn vielleicht einer von Ihnen dazu noch etwas sagen könnte.<br />
Herr Altgeld: Also, zum Arbeitsschutz gibt es eine sehr gute Entschließung <strong>der</strong><br />
Frauenministerkonferenz von 2011. Also, da ist eigentlich alles gesagt worden, was man im<br />
Arbeitsschutz machen kann. Es sind acht Empfehlungen, insbeson<strong>der</strong>e Programm im<br />
Bereich <strong>der</strong> Arbeitssicherheit eben auch zu gen<strong>der</strong>n. <strong>Das</strong> ist immer eine <strong>der</strong> – aber auch die<br />
Datenlage zu gen<strong>der</strong>n. Also, ich habe, wie gesagt, für den Bundesgesundheitsbericht zur<br />
Männergesundheit versucht, geschlechtsspezifische Daten zur Leistungsgewährung, zu<br />
Leistungserbringern zur Erreichung von Angeboten des Arbeitsschutzes zu machen. Da ist<br />
wenig da. Was das dann kostet, also, o<strong>der</strong> ob die Angebote, die dann von Männern<br />
wahrscheinlich häufiger in Anspruch genommen werden als von Frauen, den Männern auch<br />
etwas nützen, das ist eben nicht untersucht worden. Und da müsste man eigentlich sagen,<br />
wir brauchen erst einmal klare Daten. Und Sie haben ja als Land eben die Gewerbeaufsicht<br />
eben auch ein paar Stellschrauben. Also, wie können wir unsere Gewerbeaufsicht so<br />
hinkriegen, dass sie eben unter Geschlechterkompetenzen da auch hat in diesem Bereich.<br />
Also, das wäre auch ein wichtiger Punkt für Geschlechterkompetenz, sodass eben in <strong>der</strong><br />
Beratung von Firmen und Betrieben das eben auch eine wesentliche Rolle spielt. Und sonst<br />
wäre tatsächlich die Frage, kann man Modellprojekte in diesem Bereich fahren, ohne auf<br />
Geschlecht zu gucken. Ich glaube, wir alle glauben, das kann man nicht. Aber <strong>der</strong><br />
Arbeitsschutz macht es noch. Also, <strong>der</strong> redet von Beschäftigen und findet das schon ein<br />
Vorteil, dass er nicht mehr von Arbeitern und Angestellten redet. Also, das ist – ein wirklich<br />
rückständiger Bereich, was viele Fragen <strong>der</strong> – also, ja – von genauer hingucken anbelangt.<br />
Vorsitzende: Frau Dr. Föcking.<br />
Abg. Dr. Frie<strong>der</strong>ike Föcking: Ja, noch einmal – erst einmal zwei kurze Nachfragen. Sie<br />
haben ja immer wie<strong>der</strong> betont, es gibt also Bereiche – Sie nannten das <strong>vor</strong>hin, Herr Altgeld,<br />
Blackbox –, wo uns die Zahlen fehlen. Es wird immer wie<strong>der</strong> deutlich, in einigen Bereichen<br />
fehlen Zahlen. Was kann man da denn ganz konkret machen Sollte es also Anweisungen<br />
an die Berufsgenossenschaften, an die Gewerbeaufsichten, an die Unfallversicherungen,<br />
Krankenkassen und so weiter zu sagen, erfasst bei euern Statistiken, die ihr macht, bitte<br />
auch immer das Geschlecht, bei den Vorsorgeuntersuchungen und so weiter Wäre das die<br />
Lösung, um an das Datenmaterial heranzukommen<br />
Die zweite Frage geht jetzt in eine ganz an<strong>der</strong>e Richtung. Wir fragen uns hier natürlich auch<br />
als Abgeordnete ja, inwieweit bewegen wir uns auf einem Feld, was von <strong>der</strong> Politik zu<br />
gestalten ist. Und was mir jetzt noch nicht ganz klar ist, wir haben ja im medizinischen<br />
Bereich einen Bereich, <strong>der</strong> auch sehr viel Fortbildung, Weiterbildung <strong>vor</strong>schreibt. Also, ich<br />
denke gerade, die Ärzte sind eine Berufsgruppe, die zu sehr viel Weiterbildung verpflichtet ist<br />
und auch wir in Hamburg haben für den ganzen Pflegebereich also auch<br />
Fortbildungs<strong>vor</strong>schriften und so weiter, wie ist denn da Ihre Einschätzung Wie hoch ist die
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Gesundheitsausschuss Nr. 20/19<br />
Bereitschaft einerseits <strong>der</strong> Betroffenen, im medizinischen Bereich beschäftigten Personen,<br />
sich mit diesen Fragen auseinan<strong>der</strong>zusetzen Entwickelt sich da etwas positiv o<strong>der</strong> bleiben<br />
wir da auf einem Stand stehen und es müsste also quasi von gesetzgeberischer Seite dort<br />
eingegriffen werden Wie sind auch die Angebote Sie, Frau Professor Schra<strong>der</strong>, sprachen<br />
ja <strong>vor</strong>hin die „Deutsche Gesellschaft – jetzt muss ich auch nachschauen – für<br />
Geschlechtsspezifische Medizin“ an, die also ja auch in Zusammenarbeit mit den Kammern<br />
dort eine ganze Menge anbietet, wie kooperativ sind die Kammern Also, wie schätzen Sie<br />
da die Lage ein Denn jetzt als Zuhörer kriegt man ja den Eindruck, das ist eigentlich etwas,<br />
was auf den Nägeln brennt und was auch dem gesunden Menschenverstand naheliegend,<br />
auch eigentlich je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> sich medizinisch weiterbilden will, also an dem Thema kommt er<br />
o<strong>der</strong> sie wahrscheinlich irgendwann in seinem Berufsleben auch damit in Kontakt. Also, wie<br />
ist da auch einfach schon im medizinischen Bereich selber Ihrer Einschätzung nach <strong>der</strong><br />
Stand <strong>der</strong> Entwicklung<br />
Frau Dr. Schra<strong>der</strong>: Da das eben so schleppend ist, auch unter uns selber. Also, wir sind ja<br />
in den Kliniken Männer und Frauen, Ärztinnen und Ärzte, und dieses Gespräch darüber ist<br />
nicht einfach. Deswegen eben die Bestrebungen, die wir da in Lübeck machen mit diesem<br />
Wahlfach, dass das ganz früh losgeht. Und dass eben das Erstaunliche ist, dass am Anfang,<br />
als wir das begonnen haben, kamen sehr wenige, und zwar nur Frauen. Es waren nur<br />
Studentinnen. Jetzt haben wir es geschafft, seit drei Jahren, dass das Verhältnis eben 30:60<br />
ist, 60 Frauen-Prozent, 30 Männer. Ich denke, dass diese Verschlossenheit o<strong>der</strong> dieses<br />
Nichtoffensein für diese Fragen, dass sich die so, nur so ergeben wird. Also, ich selber bin<br />
da insofern auch etwas traurig, <strong>der</strong> Vortragende heute in <strong>der</strong> Vorlesung – die Vorlesung war<br />
wun<strong>der</strong>bar, er hat ein enormes Wi<strong>der</strong>hall gefunden, aber er sagte zum Beispiel, Gen<strong>der</strong><br />
wäre nur ein Faktor wie <strong>der</strong> Kalziumwert. Ja. Und gleichzeitig spricht er irgendwie an<strong>der</strong>s.<br />
Also, das hat mich wirklich sehr erstaunt. <strong>Das</strong> kann man überhaupt nicht vergleichen. Und<br />
diese Grundsätzlichkeit eines sonst ganz aufgeschlossenen Kollegen plötzlich so einen, ja,<br />
ich würde sagen, fast so einen Lapsus zu generieren, das eben doch irgendwie ganz tief<br />
sitzt. Und deswegen <strong>der</strong> Umweg über jetzt die Studierenden, <strong>der</strong> erscheint mir eben<br />
gangbarer.<br />
Herr Gansefort: Vielleicht kann ich einmal etwas sagen zur Datenlage. Also, Sie haben<br />
gefragt, was kann man tun, wie kann man Player dann dazu bringen, dass sie das eben<br />
auswerten. Klar ist, dass in <strong>der</strong> – in 90 Prozent <strong>der</strong> Fälle, wenn Patienten Kontakt in<br />
irgendeiner Art und Weise zum Gesundheitswesen haben, das Geschlecht natürlich erhoben<br />
wird. Auf <strong>der</strong> Krankenkassenkarte ist natürlich das Geschlecht <strong>vor</strong>handen. <strong>Das</strong> wird<br />
abgefragt. <strong>Das</strong> heißt, im Grunde, das Datenmaterial, was <strong>vor</strong><strong>liegt</strong>, mit dem ist es möglich,<br />
diese Auswertungen zu machen. Es hat sich auch etwas verän<strong>der</strong>t. Wie Herr Altgeld auch<br />
sagte, auch die Daten hier in Hamburg werden einfach stratifiziert, nach Männern und<br />
Frauen sich angeschaut. <strong>Das</strong> ist in vielen Fällen so, aber sicherlich noch nicht allen Fällen.<br />
Also, da muss man einfach noch einmal ganz klar auch so Handlungsanweisungen<br />
rausgeben, dass sich diese Daten entsprechend angeschaut werden. Und es ist relativ<br />
leicht, man hat halt zwei Gruppen und man kann dann schauen, aha, hier haben wir viel<br />
höhere Werte bei den Frauen als bei den Männern. Dann ist es aber auch wichtig, den<br />
nächsten Schritt zu machen und zu sagen, warum ist denn das so, son<strong>der</strong>n – also, man<br />
kann natürlich einfach das zeigen, das ist so, aber das hat jetzt keine Konsequenz für uns,<br />
son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Punkt ist im Grunde auch, welche Gründe hat das. Hat das zum Beispiel einfach<br />
ganz klare biologische, bekannte biologische Unterschiede, auf die wir jetzt entsprechend,<br />
wo wir die Daten haben, eingehen müssen, o<strong>der</strong> aber müssen wir nicht ganz an<strong>der</strong>e Punkte<br />
diskutieren. Also, <strong>liegt</strong> es vielleicht an soziokulturellen, an Faktoren, an Stereotypen, die<br />
Männer und Frauen in Befragungen, in <strong>der</strong> Art, wie sie dort auftauchen, wie<strong>der</strong>geben. Ich<br />
denke, na klar, muss man schauen, dass das Datenmaterial so in <strong>der</strong> Art stratifiziert<br />
ausgewertet wird – das muss eigentlich für alle gelten, das ist eigentlich immer einer <strong>der</strong><br />
ersten Schritte, aber dabei auch nicht zu vergessen, dass es auch die weiteren Schritte gibt,<br />
also zu schauen, wie ist das zum Beispiel mit Migrantengruppen, wie ist es – kann man das<br />
zum Beispiel nach Einkommensklassifizierung schauen, wie ist es bei sozial benachteiligten
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Menschen. Aber, wie gesagt, <strong>der</strong> erste Schritt in so einer Datenanalyse ist für mich immer,<br />
ich schau mir erst einmal die im Grunde größte sozialordnende Kategorie an, und das sind<br />
es eben Mann- und Frausein.<br />
Und das Zweite ist eben immer über die Gründe, die bei Unterschieden, welche Gründe<br />
liegen <strong>vor</strong>, warum gibt es diese Unterschiede O<strong>der</strong> eben auch, wenn es gar keine<br />
Unterschiede gibt, wenn man sieht, die Gruppen sind da sehr homogen zwischen Männern<br />
und Frauen, das ist auch ein Ergebnis, das ist auch etwas, worauf man dann eben eingehen<br />
kann und das entsprechend in Therapie, in Prävention einbinden kann.<br />
Herr Altgeld: Ich glaube auch, dass viele Daten schon geschlechtsspezifisch <strong>vor</strong>liegen. Sie<br />
haben ja auch mit diesen beiden Antworten <strong>der</strong> senatorischen Behörde auch irgendwie einen<br />
guten Überblick darüber, wo sie sonst schon da ist. Man müsste nur auf die Lücken gucken.<br />
Beispielsweise sind wir wie<strong>der</strong> beim Arbeitsschutz. Sie haben ja als Landesunfallkasse, hier<br />
sind Sie auch Träger davon, wäre die Frage, die Daten zur Erwerbsmin<strong>der</strong>ung und auch zu<br />
Arbeitsunfällen sind geschlechtsspezifisch sortiert, aber nicht die Präventionsdaten dieser<br />
Geschichten. Also, da müsste man eben – man müsste sich eigentlich jeden Bereich, für<br />
was ist die Stadt zuständig und nicht und wo hat sie Einflussmöglichkeiten, angucken und<br />
gucken, wo habe ich Daten und wo habe ich nicht Daten und <strong>der</strong> Präventionsbereich im<br />
Arbeitsschutz ist sowohl, was die <strong>vor</strong>läu-, also das Vorhandensein von Daten zu diesem<br />
Bereich, und bei den Arbeitsunfällen haben wir zwar Männer/Frauen, aber wir wissen häufig<br />
weniger über den Unfallhergang. Da muss man auch gucken, gezielt geschlechtsspezifische<br />
Unfälle, die die Landesunfallkasse bedient. Bei Frauen sind es häufig eben<br />
Stichverletzungen, weil sie häufiger in pflegenden Berufen auftauchen, und bei Männern sind<br />
es eher irgendwelche gebrochenen Extremitäten. Aber das wird kaum ausgewertet, da gibt<br />
es nur Einzelauswertungen. Da könnte man auch gucken, kann man dafür wie<strong>der</strong> ein<br />
Programm machen, was sich insbeson<strong>der</strong>e an Krankenschwestern richtet. Also, wenn die<br />
häufiger verunfallen in diesem Bereich. Also, da beißt sich dann die Katze in den Schwanz<br />
und da müsste man irgendwie einfach genauer hingucken, wo Sie Handlungsmöglichkeiten<br />
haben.<br />
Die zweite Frage war wonach<br />
Abg. Dr. Frie<strong>der</strong>ike Föcking: Einmal noch den Bereich Frühe Hilfen, weil Sie die auch als<br />
Lücke betrachteten und dann auch noch einmal Ihre Einschätzung, wie bekannt o<strong>der</strong> virulent<br />
das Problem o<strong>der</strong> dieses Thema und in den medizinischen Berufen sind. Also bei<br />
denjenigen, die da schon tätig sind und wie da, ja, die Weiterbildung, Fortbildung sich<br />
entwickelt.<br />
Herr Altgeld: Also, Frühe Hilfen wäre nur eine Frage <strong>der</strong> Erfassung. <strong>Das</strong> müsste eben auch<br />
jetzt weg von den Kin<strong>der</strong>n hin zu Jungen und Mädchen kommen. <strong>Das</strong> wäre eine relativ<br />
einfache Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Statistik. Bei <strong>der</strong> Bereitschaft von Ärzten, sich zu diesen Themen<br />
fortzubilden, die ist unterdurchschnittlich entwickelt, würde ich sagen. Also Ärzte haben eine<br />
Tendenz, sich zu konkreten Krankheitsbil<strong>der</strong>n und <strong>der</strong>en Behandlungsmöglichkeiten<br />
möglichst in hochwertigen Fortbildungen, die von Anbietern von Leistungen in diesem<br />
Bereich gesponsert werden, fortzubilden, um das einmal höflich und verklausuliert zu sagen.<br />
Aber wir haben beispielsweise für Nie<strong>der</strong>sachsen im Leitfaden „Gewalt gegen Kin<strong>der</strong>“, den<br />
Hamburg in den Neunzigerjahren entwickelt hat, „Früherkennung von Gewalt gegen Kin<strong>der</strong>“,<br />
in Arztpraxen zu den Fort-. Also, das wäre auch so ein Querschnittsthema, was wichtig ist,<br />
wo man denken könnte, das belastet die Ärzte, belastet sie auch, aber dass sie deswegen<br />
eine Fortbildung aufsuchen, ist nicht <strong>der</strong> Fall. Also, die Fortbildung, die wir dazu anbieten,<br />
werden zu 98 Prozent von Mitarbeitern <strong>der</strong> Jugendhilfe ange-, also, weil die sich dann wie<strong>der</strong><br />
mit Ärzten vernetzen wollen. Obwohl sie an einem Samstag stattfinden o<strong>der</strong><br />
Mittwochnachmittag, 15 bis 18 Uhr, ist es schwer, Ärzte und Ärztinnen mit solchen<br />
Querschnittthemen zu erreichen. Häufig ist <strong>der</strong> Bedarf in <strong>der</strong> Praxis, vielleicht gefühlt, ein<br />
bisschen da, aber es gibt wenig Angebote, die dazu passen. Da ist die eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e
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Fortbildung zu einer neuen Behandlungsform o<strong>der</strong> zu einer neuen Medikamentierung<br />
attraktiver und auch eben lohnen<strong>der</strong> für die Arztpraxen. Und da müsste man gucken,<br />
vielleicht zusammen mit <strong>der</strong> Ärztekammer, wie kann man das verbessern, gibt es vielleicht<br />
mehr Punkte für solche Fortbildungen, die solche Querschnittsthemen behandeln. Also, man<br />
könnte da auch tatsächlich Anreizsysteme schaffen, die jetzt invers zum jetzigen<br />
Anreizsystem sind. Und Sie haben gesagt, das ist ein Wahlpflichtfach. Da ist für mich wirklich<br />
die Frage, ob am UKE das ein Wahlpflichtfach sein kann, sich Gen<strong>der</strong>kompetenz zu<br />
erwerben. O<strong>der</strong> ob Sie nicht darauf hinwirken können, dass eben tatsächlich abseits des<br />
bundesweiten Curriculums, aber in <strong>der</strong> Hamburger Umsetzung eben Gen<strong>der</strong>kompetenz kein<br />
Wahlpflichtfach sind, wo Sie dann gelangweilte, interessiert-also nicht gelangweilte-, also,<br />
ein paar interessierte Medizinerinnen und Medizinstudenten und ein paar – und mehr<br />
interessierte Medizinstudenten, aber nicht das Gros erreichen. Also, ob das nicht eher in die<br />
Pflichtfächer muss und da müsste man, da haben Sie ja auch Umsetzungsmöglichkeiten auf<br />
Landesebene, genau hingucken. Die Bereitschaft von Ärzten so konkret mit<br />
Querschnittsanfor<strong>der</strong>ungen ist sowohl bei Männern als auch bei Frauen – eher bei nun<br />
einmal Frauen, Ärztinnen, die sich dann fortbilden, aber auch die sind eine Min<strong>der</strong>heit in ihrer<br />
Gruppe in diesem Bereich.<br />
Frau Dr. Schra<strong>der</strong>: In <strong>der</strong> Universität Lübeck gibt es jetzt eine Lehrbeauftragte und diese<br />
Lehrbeauftragte möchte gerne in den kommenden Semestern Kontaktpflege rüberbringen.<br />
Interdisziplinär und zwischen Ärzten und Patienten, Studierenden und so weiter, also<br />
Kontakte überall. Da sie sehr auch gen<strong>der</strong>interessiert ist, werde ich sie fragen, ob das ein<br />
wichtiges Ziel ist. <strong>Das</strong> weiß ich noch nicht. Aber sie versuchen so etwas, ja.<br />
Vorsitzende: Frau Schmitt.<br />
Abg. Heidrun Schmitt: Ja, wo wir jetzt gerade bei den fachlichen Fragen <strong>der</strong> Ausbildung<br />
sind, würde mich noch einmal interessieren -. Was ich da jetzt heraushöre o<strong>der</strong> wie sich das<br />
für mich jetzt gerade darstellt, habe ich den Eindruck, dass es gar nicht vielleicht so<br />
wahnsinnig för<strong>der</strong>lich ist, wenn man eine, meinetwegen eine Fortbildung anbietet und dass<br />
dann Gen<strong>der</strong>medizin irgendwie so benennt, son<strong>der</strong>n dass man es vielleicht irgendwie eher<br />
tatsächlich einschleusen muss in die Themen, die ohnehin von Ärzten eben und Ärztinnen<br />
behandelt werden, die sie interessieren, die sie in ihrer beruflichen Praxis brauchen, also<br />
beispielsweise Behandlung einer bestimmten Krankheit. <strong>Das</strong> bringt mich jetzt zu dem<br />
Schlagwort „Disease-Management“ o<strong>der</strong> auch „evidence-based medicine“. <strong>Das</strong> sind jetzt so<br />
Ansätze, in denen ich nicht jetzt wahnsinnig tief drinstecke, von denen ich nur oberflächlich<br />
weiß. Da würde mich noch einmal interessieren, ob das eigentlich etwas ist, was den Aspekt<br />
berücksichtigt o<strong>der</strong> überwiegend rauslässt. Also Disease-Management, wie ich es bisher<br />
kennengelernt habe, berücksichtigt das ja nicht unbedingt, son<strong>der</strong>n hat eher den Blick eben<br />
auf die Krankheit, auf die Erkrankung und dann daraus abgeleitet beson<strong>der</strong>e Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
an die Behandlung. Eben nicht geschlechtsspezifisch, aber vielleicht ist die Lage auch<br />
an<strong>der</strong>s. Also, dazu vielleicht noch eine kurze Einschätzung.<br />
Und dann würde mich noch interessieren, so dieses Thema – wir hatten es etwas <strong>vor</strong> einer<br />
Weile am Wickel – Prävention und Männer. Wie geht das eigentlich zusammen Also, man<br />
hat festgestellt, das funktioniert häufig nicht. Also, man kriegt wahrscheinlich Männer auch<br />
nicht unbedingt dazu, ist jetzt meine These, nicht unbedingt so ganz schnell dazu, sich wie<br />
Frauen um Prävention zu kümmern. Vielleicht gibt es aber doch Ansätze, vielleicht gibt es<br />
Best-Practice-Beispiele, wo es einmal geklappt hat, wo ein Angebot gut auf Männer<br />
zugeschnitten war und welche Anfor<strong>der</strong>ungen sind denn das eigentlich Also, das würde<br />
mich noch einmal einfach interessieren. Wie kann man das zusammenbringen Ja. Wo hat<br />
es einmal geklappt Vielleicht haben Sie Beispiele. Vielen Dank.<br />
Herr Altgeld: Also, letzte Frage. <strong>Das</strong> ist natürlich ein Thema, was mich umtreibt und da wäre<br />
– ich kenne ein gutes, beispielsweise aus dem Bereich <strong>der</strong> Suchtprävention. Man kann all<br />
das, was mit Broschüren und Informationsmedien zusammenhängt, getrost vergessen. Also,
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man kann die natürlich auch gen<strong>der</strong>n. Man kann gegen<strong>der</strong>t -. Also, ich glaube, Männer lesen<br />
einfach weniger in diesem Bereich und machen nichts. Deshalb wäre eher die Frage, was<br />
kann man Praktisches machen. Ich kenne ein sehr gutes Projekt mit Berufsschülern aus<br />
Nordrhein-Westfalen. Die haben beispielsweise so einen ADAC-Parcours mit Berufsschülern<br />
abgefahren, das gefilmt und dann durften sie so viel trinken wie sie dachten, dass sie<br />
vertragen und dann haben sie den Parcours wie<strong>der</strong> abgefahren und wurden dabei wie<strong>der</strong><br />
gefilmt und das ist zwei Tage später in <strong>der</strong> Klasse diskutiert worden. Ist ein Projekt, was sehr<br />
anschaulich ist, was eben tatsächlich auch in diesem Bereich gut gelaufen ist, wo man mit<br />
einer Zielgruppe, die hohe Unfallrisiken verursacht, tatsächlich auch noch einmal ins<br />
Gespräch kommt. Und ich glaube, an dem Beispiel kann man lernen, dass es irgendwie<br />
auch praktischer gestaltet sein muss o<strong>der</strong> dass es eben tatsächlich auch an <strong>der</strong> männlichen<br />
Selbstwahrnehmung anknüpfen muss. Der Spruch, den es dazu gibt, ist: Männer fühlen sich<br />
kerngesund, bis sie tot umfallen. Und das ist ja kein schlechtes Gefühl. Also, was habe ich<br />
denn davon, wenn ich weiß, wie viel Kalorien ich essen darf, wie viel ich trinken darf, wie<br />
viele Kondome ich überziehen muss Also, das taucht gegen diese Gefühlsqualität nicht auf.<br />
Und viele Präventionsprojekte, die das unterschätzen, also wie Männer sich selber<br />
einschätzen, scheitern deshalb, weil sie eben nicht an diesen männlichen<br />
Selbstwahrnehmungen anknüpfen und deshalb sind eher Frauen für diese Fragen sensibler<br />
an diesen Bereichen. Und deshalb müsste man sich eigentlich überlegen, in welchen<br />
Settings – und da wäre eben wie<strong>der</strong> Betrieb, Schule, Kin<strong>der</strong>tagesstätte eine Frage, kann<br />
man nicht da geschlechtsspezifischer arbeiten. Kann man nicht im – wir haben ein Projekt<br />
„Gesund leben lernen“ in Nie<strong>der</strong>sachsen, was auch in einigen Schulen dann,<br />
geschlechtsspezifische Programme, beispielsweise zur Betreuung von bewegungsauffälligen<br />
Jungs macht, die dann nicht in die ADHS-Schiene kommen, son<strong>der</strong>n die eben tatsächlich<br />
noch einmal spezielle Programme in diesem Bereich durchlaufen haben. Man müsste sich<br />
das sehr genau in den Settings angucken, um spezifisch zu sein. Es wird keine<br />
Ernährungsaufklärung o<strong>der</strong> keine Fragen <strong>der</strong> Suchtprävention jetzt einfach so über Wissen<br />
an Männer zu vermitteln sein, son<strong>der</strong>n immer nur in spezifischen Kontexten und immer,<br />
wenn es möglich praktisch ist.<br />
Die Disease-Management-Programme <strong>der</strong> Krankenkassen sind nicht gegen<strong>der</strong>t. Ich habe<br />
das am Beispiel Diabetes schon deutlich gemacht. <strong>Das</strong> betrifft aber auch die an<strong>der</strong>en<br />
Programme, also auch Brustkrebs ist nicht gegen<strong>der</strong>t. Also, das ist eben tatsächlich noch<br />
einmal eine Frage, wie man da mit den Brustkrebs erkrankten Männern umgeht, was eben<br />
auch im einstelligen Prozentbereich – ich weiß die genaue Zahl nicht. Und dann aber auch<br />
mit den Frauen. Also, was hat das mit ihrem Alltag zu tun, wie kriegen sie irgendwie dann<br />
Kin<strong>der</strong> und Mann gemanagt. Also, diese ganzen Programme berücksichtigen keine sozialen<br />
Faktoren. Und EBM, „evidence-based medicine“, kommt manchmal auch ohne<br />
Geschlechterfragen aus und ist trotzdem evident. Also, das muss – also, das spielt in den<br />
Kernforschungsroutinen keine Rolle. Also, das ist lei<strong>der</strong> so.<br />
Frau Dr. Schra<strong>der</strong>: Und da wi<strong>der</strong>spreche ich immer, ganz laut, in <strong>der</strong> Ethikkommission.<br />
Wenn man von evidenzbasierter Medizin spricht und keine Geschlechterdifferenzierung<br />
macht, ist sie – jetzt sage ich etwas Schlimmes – eigentlich unethisch.<br />
Herr Gansefort: Ja, also ich glaube auch, <strong>der</strong> Punkt – bei „evidence-based medicine“ geht<br />
es natürlich um – es geht um das <strong>vor</strong>handene Wissen und es geht, das Wissen qualitativ<br />
aufzuarbeiten. <strong>Das</strong> wird gemacht, aber es geht immer um Qualität von Wissenssammlungen<br />
und wenn dann eben absolut wichtige Faktoren nicht einbezogen werden, kann das natürlich<br />
nicht sein. Nichtsdestotrotz gibt es aber auch in diesem Bereich tolle Reviews, die man auf<br />
jeden Fall nutzen kann. Also, ich führe noch einmal das Feld <strong>der</strong> Herz-Kreislauf-<br />
Erkrankungen, <strong>der</strong> psychischen Erkrankungen an. Da gibt es Evidenz, die <strong>liegt</strong> <strong>vor</strong>, die ist<br />
nutzbar, die ist einführbar in Lehre. Also, es ist sicherlich nicht durchgehend so, aber es gibt<br />
auf jeden Fall Punkte, wo man ansetzen kann, was man suchen kann.
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Gesundheitsausschuss Nr. 20/19<br />
Zur Prävention vielleicht mal ein Beispiel aus meiner Erfahrung jetzt. <strong>Das</strong> ist etwas, ein<br />
Programm in den Stahlwerken in Bremen, wo es um Abnehmkurse, also im Weitesten auch<br />
Präventionsprogramm geht, wo es spezielle Kurse für Männer gibt, wo ich jetzt einmal dabei<br />
war, was ganz interessant war. Am Anfang ging es darum, ja, jetzt müssen Sie Ihre Kalorien<br />
zählen und jetzt haben Sie hier ein Buch und das Gericht hat so viel Kalorien und das<br />
Gericht so viele Kalorien-. Da haben viele Männer so ein bisschen geätzt und fanden das<br />
nicht so toll. Dann wurden aber Apps eingeführt, also technische Hilfsmittel. Die meisten<br />
hatten Smartphone. Es gibt Abnehm-Apps, und dann wurde gesagt, na ja, dies mit dem<br />
Aufschreiben ist wirklich ein bisschen, dies Buch, wenn Sie das nicht führen wollen, machen<br />
Sie ein Foto von Ihrem Essen, Sie können nachher das Foto abends vergleichen, können<br />
das in die App eingeben. Und da waren sie dann völlig dabei. Als ich nun dabei war, gab es<br />
da einen großen Austausch, wer jetzt die neueste App hat. Also will sagen, es gibt immer<br />
Möglichkeiten, Männer und Frauen zu erreichen über bestimmte Ebenen. <strong>Das</strong> ist nicht für<br />
alle Gruppen so, da gibt es bestimmte, vielleicht ist es – in den Stahlwerken hat es<br />
funktioniert. So. Will sagen, vielleicht hätte das in einem an<strong>der</strong>en Bereich nicht so gut<br />
funktioniert, aber genau da hat es funktioniert und ich glaube, man muss eben genau sich<br />
das Setting, die Gruppe anschauen und entsprechend kann man so etwas finden. Technik ist<br />
schon immer eine Ebene, auf die man bei Männern ganz gut gehen kann.<br />
Frau Dr. Schra<strong>der</strong>: Und die Männer haben gut abgenommen<br />
Herr Gansefort: Die haben gut abgenommen. Die haben gut abgenommen. Also, ich bin<br />
jetzt – es steht noch am Anfang, aber bei dem <strong>vor</strong>herigen Kurs gab es deutliche Abnahmen,<br />
ja.<br />
Frau Dr. Schra<strong>der</strong>: Schön.<br />
Vorsitzende: Gut. Dann vielen Dank. Dann schaue ich noch einmal in die Runde. Gibt es<br />
weitere Fragen <strong>Das</strong> sehe ich nicht. Dann haben wir die Expertenanhörung damit beendet<br />
und ich danke Ihnen dreien ganz herzlich fürs Kommen und wünsche Ihnen auch, dass Sie<br />
jetzt noch gut nach Hause kommen. So ganz so weit sind Sie alle drei ja nicht entfernt,<br />
insofern müsste es ja noch klappen heute Abend. Vielen Dank noch einmal.<br />
Zu TOP 2<br />
Keine Nie<strong>der</strong>schrift; siehe Bericht an die Bürgerschaft.<br />
Zu TOP 3<br />
Selbstbefassung „Situation des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) in Hamburg“<br />
Die Vorsitzende berichtete, die Abgeordnete <strong>der</strong> Fraktion DIE LINKEN habe den Obleuten<br />
eine gemeinsame Pressemitteilung des Bundesverbands <strong>der</strong> Ärztinnen und Ärzte des<br />
Öffentlichen Gesundheitsdienstes und des Marburger Bundes mit dem Titel „Ärztemangel<br />
gefährdet Infektionsabwehr“ zugeleitet (Anlage 2) und den Wunsch geäußert, hierzu eine<br />
Selbstbefassung zu beschließen. Die Obleute hätten bereits grundsätzlich ihre Zustimmung<br />
signalisiert. Sie bat die Abgeordnete <strong>der</strong> Fraktion DIE LINKEN, noch einmal den Inhalt <strong>der</strong><br />
Selbstbefassung zu konkretisieren.<br />
Die Abgeordnete <strong>der</strong> Fraktion DIE LINKEN erläuterte, als die Presseerklärung an die<br />
Öffentlichkeit gelangt sei, habe man die Idee gehabt, dass <strong>der</strong> <strong>Ausschuss</strong> die Senatorin Frau
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Gesundheitsausschuss Nr. 20/19<br />
Prüfer-Storcks bitte, über die Situation im Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) in Hamburg<br />
zu berichten. Sie hoffe, auf diese Weise – an<strong>der</strong>s als beim Stellen einer Kleinen Anfrage – in<br />
einen Dialog treten zu können, weil es sich um eine sehr zentrale Angelegenheit handle.<br />
Der <strong>Ausschuss</strong> beschloss einstimmig eine Selbstbefassung zum Thema „Situation <strong>der</strong><br />
Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) in Hamburg“.<br />
Tagesordnung <strong>der</strong> nächsten <strong>Sitzung</strong> am 24. Mai 2013<br />
Die Vorsitzende schlug <strong>vor</strong>, folgende Themen für die <strong>Sitzung</strong> am 24. Mai 2013 <strong>vor</strong>zusehen:<br />
1. Drs. 20/6728 (Gen<strong>der</strong>medizin - Auswertung <strong>der</strong> Anhörung und Senatsbefragung)<br />
2. Drs. 20/7126 (Gleichstellungspolitisches Rahmenprogramm)<br />
3. Selbstbefassung zum ÖGD<br />
Sie sagte zu, den Obleuten diesen Vorschlag noch einmal schriftlich zukommen zu lassen.<br />
Seniorenmitwirkungsgesetz<br />
Die CDU-Abgeordneten bemerkten, das Seniorenmitwirkungsgesetz befinde sich <strong>der</strong>zeit in<br />
<strong>der</strong> Umsetzungsphase. Bis zur nächsten <strong>Sitzung</strong> des Gesundheitsausschusses dürften alle<br />
Bezirksseniorenbeiräte konstituiert sein. Hierzu wünschten sie sich einen kurzen Bericht des<br />
Senats am 24. Mai 2013.<br />
Die SPD-Abgeordneten schlugen <strong>vor</strong>, hiermit noch bis nach <strong>der</strong> Sommerpause zu warten,<br />
damit <strong>der</strong> Bericht umfassen<strong>der</strong> sein könne.<br />
Die CDU-Abgeordneten wollten eine Information <strong>vor</strong> <strong>der</strong> Sommerpause und wiesen dabei<br />
auf den <strong>Sitzung</strong>stermin des Gesundheitsausschusses am 18. Juni 2013 hin.<br />
Die Senatsvertreterinnen und -vertreter erklärten, in <strong>der</strong> nächsten <strong>Sitzung</strong> des<br />
Gesundheitsausschusses könnte es tatsächlich nur einen unvollständigen Bericht geben.<br />
Ihnen erscheine eine Berichterstattung im Juni 2013 günstiger.<br />
Anja Domres (SPD)<br />
(Vorsitz)<br />
Dennis Thering (CDU)<br />
(Schriftführung)<br />
Manuela Knieler<br />
(Sachbearbeitung)
Wissenschaftspreis 2009<br />
Genes and Sex<br />
<strong>Das</strong> COMT Gen und psychische Erkrankungen bei Frauen<br />
PD Dr. med. Katharina Domschke
April 2013 Mai 2013<br />
Di., 09. 04. Anmeldung<br />
I Di., 07.05. Prof. Arck<br />
Di., 04.06.<br />
Juni 2013<br />
'Di., 16.04. Prof. Schmidtke<br />
Di., 14.05. Prof. Göpel<br />
Di., ]] .Ü6. Prof. Hohagen<br />
| Di., 23.04. Prof. Giescler |Di., 21.05 Prof. Thyen<br />
Di. 18.06. Dr. Hüppc<br />
! Di., 30.04 | Di, 28.05. Prof. Rudy<br />
Di., 25.06. Prof. Müller<br />
Vorlesungen:<br />
16.04.2013 PD Dr. med. Claudia Schmidtke, Klinik für Herz- und thorakale<br />
Gefäßchirurgie<br />
"Der Stich ins Herz... - Gibt es eine herzchirurgische Chancengleichheit"<br />
23.04. 2013 Prof. Dr. med. Frank Gieseler, Klinik für Innere Medizin I, Onkologie<br />
»Ladies first! Geschlechtsbezogene Unterschiede in <strong>der</strong> Krebstherapie"<br />
07.05.2013 Prof. Dr. Petra Arck, Institut für Fetomaternale Medizin, UKE<br />
Hamburg<br />
„Geschlechts-spezifische fetale Programmierung von immunologischen und<br />
metabolischen Erkrankungen sowie Adipositas"<br />
14.05.2013 Prof. Dr. med. Wolfgang Göpel, Klinik für Kin<strong>der</strong>- und<br />
Jugendmedizin<br />
.Auswirkungen des Geschlechts bei Neu- und Frühgeborenen"<br />
21.05.2013 Prof. Dr. med. Ute Thyen, Klinik für Kin<strong>der</strong>- und Jugendmedizin<br />
»Mädchen o<strong>der</strong> Junge - wie werden wir verschieden"<br />
28.05.2013 Prof. Dr. med. Achim Rody, Frauenheilkunde und Geburtshilfe<br />
„Frauen in Gynäkologie und Geburtshilfe - (k)eine grosse Überraschung !"<br />
11.06.2013 Prof. Dr. med. Fritz Hohagen, Klinik für Psychiatrie und<br />
Psychotherapie<br />
„Frauen in <strong>der</strong> Psychiatrie, Männer in <strong>der</strong> Unfallchirurgie - Geschlechterunterschiede<br />
bei <strong>der</strong> Bor<strong>der</strong>line- Persönlichkeitsstörung"<br />
18.06.2013 Dr. phil. Angelika Hüppe, Institut für Sozialmedizin<br />
»Auch hier! Zur Relevanz von Gen<strong>der</strong>-Fragen in <strong>der</strong> Arbeit einer Forschungs-<br />
Ethikkommission"<br />
25.06.2013 Prof. Dr. med. Maya Müller, Klinik für Augenheilkunde<br />
"Mit an<strong>der</strong>en Augen betrachtet: Was Frauen- und Männeraugen unterscheidet"
1 ^ Berlin: ^Frauenarbeit und Gesund^eit^^O^.05.1^<br />
1 ^ 8e^iin:^eeinfiusst die heutige Lebensform die<br />
Gesundheit <strong>der</strong>^Frau^^<br />
1 ^ Goslar: ^Wirkungen und Nebenwirkungen von<br />
Medikamenten: Psychopharmaka^ Wirkungen und<br />
Nebenwirkungen von Medikamenten: weibliche Hormonen<br />
Maiente: gesundheits<br />
1^81 Harzburg: "Differenzierung von Mann und Frau aus<br />
medizinischem und psychologischer 5icht"<br />
1 ^ Wuppertal: "Frauen im Alter-Medizin für eine<br />
Mehrheit"<br />
1 ^ Giesen: "schlagen Frauenherzen ande^s7<br />
Geschlechtsspezifische Aspekte<br />
von Herz-^reislauferkrankungen bei Frauen
Gemeinsame Pressemitteilung<br />
Berlin, den 18. Februar 2013<br />
Ärztemangel gefährdet Infektionsabwehr<br />
200 Facharztstellen in deutschen Gesundheitsämtern unbesetzt<br />
In den bundesweit rund 400 Gesundheitsämtern sind mehr als 200<br />
Facharztstellen länger als 6 Monate unbesetzt. Dies ergab eine Umfrage,<br />
die <strong>der</strong> Bundesverband <strong>der</strong> Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen<br />
Gesundheitsdienstes (BVÖGD) in Zusammenarbeit mit dem Marburger<br />
Bund in den 378 deutschen Gesundheitsämtern durchgeführt hat.<br />
Ärztinnen und Ärzte aus 186 Gesundheitsämtern (49,2%) beteiligten<br />
sich an <strong>der</strong> Umfrage im vergangenen Jahr.<br />
Hauptursache für den dramatischen Ärztemangel in den Gesundheitsämtern<br />
ist die deutlich niedrigere Bezahlung <strong>der</strong> Ärzte im Öffentlichen<br />
Gesundheitsdienst gegenüber ihren Kolleginnen und Kollegen in den<br />
Krankenhäusern. Die Gehälter <strong>der</strong> Ärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst<br />
liegen zwischen 10 und 20 Prozent unter dem tarifüblichen Niveau<br />
angestellter Ärzte in kommunalen Krankenhäusern. Ein Facharzt im<br />
ersten Jahr verdient im Öffentlichen Gesundheitsdienst rund 900 Euro<br />
pro Monat weniger als sein Kollege in einem kommunalen Krankenhaus.<br />
„Diese Situation bereitet uns große Sorgen. Um zukünftige Grippewellen<br />
o<strong>der</strong> Infektionsausbrüche in Krankenhäusern und Gemeinschaftseinrichtungen<br />
sowie an<strong>der</strong>e Gesundheitskrisen wirksam zu bekämpfen,<br />
brauchen wir einen funktionsfähigen Öffentlichen Gesundheitsdienst“,<br />
sagte die Vorsitzende des BVÖGD, Dr. Ute Teichert-Barthel.<br />
Der Umfrage zufolge greifen die bisherigen Ansätze, Fachärztinnen und<br />
Fachärzte für den Öffentlichen Gesundheitsdienst zu gewinnen, zu kurz.<br />
Lediglich etwa fünf Prozent <strong>der</strong> Ärzte in Gesundheitsämtern erhalten<br />
außertarifliche Son<strong>der</strong>regelungen. In weniger attraktiven Regionen und
Ärztinnen/Ärzte in Gesundheitsämtern<br />
mit Vollzeittätigkeit*<br />
mit Facharztqualifikation*<br />
außertarifliche<br />
Son<strong>der</strong>regelungen*<br />
mit Honorarverträgen*<br />
freie Facharztstellen<br />
kleineren Ämtern außerhalb <strong>der</strong> Ballungsgebiete können Stellen nicht<br />
o<strong>der</strong> nur nach mehrfachen Ausschreibungen qualifiziert besetzt werden.<br />
„Die Tätigkeit von Ärzten im Öffentlichen Gesundheitsdienst ist ebenso<br />
wie die an<strong>der</strong>er Ärzte von hoher Verantwortung geprägt. Es wird häufig<br />
außer Acht gelassen, dass ohne den Öffentlichen Gesundheitsdienst die<br />
medizinische Betreuung sozial benachteiligter, psychisch kranker und<br />
wohnungsloser Menschen ins Schleu<strong>der</strong>n geriete. Die Wertschätzung für<br />
diese gesellschaftlich so bedeutsame Aufgabe muss sich endlich auch<br />
materiell in angemessenen Tarifen für die Ärztinnen und Ärzte<br />
nie<strong>der</strong>schlagen“, for<strong>der</strong>te <strong>der</strong> 1. Vorsitzende des Marburger Bundes,<br />
Rudolf Henke.<br />
2500<br />
250<br />
222<br />
2000<br />
2088<br />
200<br />
201<br />
1500<br />
1713<br />
150<br />
1389<br />
1000<br />
100<br />
106<br />
500<br />
50<br />
0<br />
0<br />
Ärzte in Gesundheitsämtern<br />
beson<strong>der</strong>e Stellen/freie Stellen<br />
*von 2088 für die Umfrage gemeldeten tätigen Ärzten<br />
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