Leider ist es in der heutigen und - Kautz Boilies

Leider ist es in der heutigen und
sehr schnelllebigen Zeit an der
Tagesordnung dass sich Dinge
ständig ändern.
Gut, beim Fischen auf Karpfen ist
das Ganze nicht so dramatisch wie
anderswo. Eigentlich ist alles so wie
immer, gut, hier und da entstehen
neue Innovationen aber die Art und
Weise des Vorgehens ist meist gleich
geblieben. Wenn man seine Taktik gefunden
hat, mit der man kontinuierlich
fängt, bleibt man ihr meist treu. Ab
und zu versucht man etwas anders
Futterverlade-Station in Delden!
zu machen, was sich aber meist nur
auf die Art der Präsentation, neue
Köder oder einer anderen Futtertaktik
auswirkt. Fischen ist halt fischen!
In den Sommermonaten des letzten
Jahres habe ich mich mit einer Legende
beschäftigt, dem Twente Kanal.
Ich komme aus Herford, einem
kleinen beschaulichen Städtchen,
welches ungefähr 130 Kilometer von
dem sagenumwobenen Twente Kanal
liegt. Mitte der 90er Jahre zog es
mich regelmäßig an diesen Kanal.
Zuerst legte ich großes Augenmerk
auf die Kaltwasserfischerrei. Wobei
sich meine Angelei hauptsächlich auf
das erste Teilstück des Kanals, welches
in Enschede liegt, beschränkte.
Dort durfte ich dann auch meinen
ersten Twente-Karpfen fangen.
Nur so nebenbei, der Egoist H.N.V
Spring-5-Fish-Boilie aus meiner Serie,
hat dort seine Geburtsstunde.
Später dann, es muss so im Jahr 97/
98 gewesen sein, fuhr ich auch selbst
im tiefsten Winter dorthin, um am
Warmwassereinlauf in Hengelo zu
fischen, welcher dem Twente-Kanal
seinen Ruhm bescherte.
Die glanzvolle Zeit habe ich dort leider
nicht mehr mitbekommen. Damals
leitete die Akzzo (ein Chemiekonzern)
ihr Kühlwasser direkt in den Kanal ein.
Was die Folge hatte, dass der Kanal
zum Beispiel bei einer Außentemperatur
von -10 Grad eine Wassertemperatur
von ca. + 20 Grad hatte.
Das wiederrum hatte die Folge, dass
sich die Fische dort stapelten. Mir
wurde von Freunden erzählt, dass
das Angeln dort mit zwei Ruten un-
Der Hafen in Hengelo!
möglich war. Es war möglich, übers
Wochenende 50 Fische zu fangen.
Heute wird das warme Wasser genutzt,
um Gewächshäuser im Winter
warm zu halten und so kommt der
Kanal nur noch auf 10-12 Grad in
dieser Zeit.
Schon damals emfand ich die Angelei
als außergewöhnlich hart. Nicht das
Fischen an sich, sondern die Umstände,
unter denen man sich dort
zurecht finden musste. Die vielen
Boote und das ständige Schleusen
machten es einem nicht leicht. Wieder
und wieder wurden die Ruten auf
die andere Kanalseite gebracht, um
sie dann nach ein bis zwei Stunden,
wenn kein Fisch gebissen hatte, schnell
wieder reinzuholen, da man sie vor
dem näher kommenden Schiff in Sicherheit
bringen musste.
Aber trotz dieser widrigen Umstände,
egal ob im Winter oder im Rest des
Jahres, machte es mir viel Spaß, dort
zu fischen, denn die Fische bissen eigentlich
immer gut und es gab einen
gerechten Lohn für diese Plagerei -
schöne Fische unter widrigsten Umständen!
Aber noch weitere Dinge machten
diesen Kanal so einzigartig für mich,
nämlich die Tatsache, dass sich fast
die ganzen europäischen Urgesteine
der damaligen Karpfenwelt hier ein
Stelldichein gegeben hatten.
Auch die Nächte hatten ihr eigenes
Flair, welches mich immer wieder
dorthin kommen ließ. Ich werde es
nie vergessen, als ich am Twente zum
ersten Mal alleine mein Glück versuchen
wollte. Meine Platzwahl viel auf
eine Stelle in Enschede, direkt an einer
Brücke ließ ich mich nieder. Auf
der anderen Seite des Kanals lag ein
Schiffsanleger der Firma Avia aus
Holz, von dem alle 10 Meter ein
Poller ins Wasser ging. Was für ein
Spot dachte ich mir, als ich ihn sah.
Leider hatte ich zu dem damaligen
Zeitpunkt noch kein Boot, was sich
aber kurz danach änderte.
Gut, ich baute auf und legte meine
Ruten, in dem ich sie auf die andere
Seite zu den Pollern warf. Diese blieben
aber nur kurz dort liegen, da sich
in der Ferne ein Schiff ankündigte!
Schnell dachte ich mir, Ruten raus
und dann wird das schon aber Pustekuchen.
Bei der Kontaktaufnahme
bekam ich meine Montagen gar nicht
mehr von der anderen Seite weg.
Was war passiert? Ich hatte meine
Ruten in ein Schlambett geworfen
und bekam sie nun nicht mehr raus.
Super alles weg und so ging das dann
immer lustig weiter, mit dem Höhepunkt,
dass ich um ca. 23.00 Uhr
einen Vollrun bekam. Als ich schnell
aus meinem Zelt kam, war da diese
Wand vor mir und meine zweite Rute
schoss auch ab. Super, ein Boot!
Der nächste Morgen, war dann gar
nicht mehr witzig, ich hatte nichts
mehr an Bleien und sonstigen Materialien
und das in Holland.
58 59
Text & Fotos: Markus Kautz
Mein erste Twente-Kanal-Fisch! Ich fing ihn auf “Egoist
H.N.V. Spring-5-Fish” ohne Flavour!
Carp Mirror
Keine Ahnung von irgendetwas, aber
ich wollte doch noch bleiben. Gut,
auf diesem Wege lernte ich dann den
Angelladen “Carp Team Europe” in
Almelo kennen und kam aus dem
Staunen nicht wieder raus!
Hengeloer Natur!
So hatte ich mir immer einen Angelladen
vorgestellt. Dieser Laden hatte
gedämmtes Licht, die Einrichtung
bestand aus edlem Holz und an den
Wänden hingen Bilder mit den
schönsten Fischen, die dezent mit
einem Spot in Szene gesetzt wurden.
Auch das Sortiment des Ladens
übertraf damals meine Vorstellung,
dann alles so dezent und auf zwei
Ebenen, Mensch war das edel.
Der zweite Fische auf den gleichen
Köder aus dem Enscheder Hafen!

Das war schon ein kleiner Trost, nach
dem ganzen Hin und Her. Mit neuem
Mut bin ich nach dem Besuch wieder
zurück zum Twente und weiter
ging der Kampf, der gut acht Jahre
lang ging. Immer wieder fuhr ich dort
hin, ob allein oder zu zweit, es war
immer ein Kampf, aber es hat Spaß
gemacht.
Zum letzten Mal war ich dann 2003
mit einem Bekannten, für gerade mal
sechs Stunden, dort. Wir wollten ursprünglich
in Enschede fischen, an
dem eben beschrieben Spot, aber
daraus wurde nichts. Ein paar Wochen
zuvor war dort ein Tankerunfall
und die ganze Strecke wurde über
ein Jahr gesperrt. Es wurde auch
nicht mehr geschleust, um eine Verbreitung
des Öles zu vermeiden.
Dieser Spiegler mit 27 Pfund bis
am 29 November 1997 ebenfalls
auf Egost H.N.V. Spring-5-Fish!
Wie gesagt, sechs Stunden dauerte
es, bis sich mein Freund mit den
Worten, “ich will hier weg”, an mich
wandt und wir wieder nach Hause
fuhren. Es ist halt nichts für Jedermann,
dort sein Glück zu suchen.
Ich für meinen Teil, möchte das erlebte
nicht in meinem Angelleben missen,
denn nirgendwo musste ich
mehr an meine Grenzen gehen, als
dort.
Aber wie das Leben so spielt, kam
ich diesen Sommer irgendwie wieder
60
auf den Gedanken an den Twente-
Kanal zu fahren, um dort mein Glück
zu suchen. Allerdings mit einer anderen
Taktik, als in der Vergangen-
Schleuse Delden!
heit, was schon mit der Jahreszeit
anfing. In der Vergangenheit hatte
ich dort vom Herbst bis ins Frühjahr
gefischt.
Nun wollte ich nur noch unterhalb
von Hengelo fischen, immer nur eine
Nacht an einem Spot. Tagsüber wollte
ich komplett auf das Angeln verzichten
und mir den Kanal anschauen.
Die gegenüberliegende Kanalseite
ignorierte ich komplett, um mich auf
das Fischen auf meiner Seite zu konzentrieren.
Auch das Boot ließ ich
daheim und bewaffnet mich mit meinem
Fischfeeder Köderboot.
Mit dem Futerboot wollte ich lediglich
die Kanten suchen, um anschließend
diese anzuwerfen, was ja
auch eigentlich kein Problem darstellen
sollte. Da ich dachte, dass
immer noch ein guter Fischbestand
vorhanden ist, war ich mir sicher, dass
ich mit Werfen und dem Angeln auf
meiner Seite, erfolgreich sein würde.
So ignorierte ich völlig meine Erfahrungen
aus der Vergangenheit, leider
auch, dass sich damals schon die
Fangerfolge von Jahr zu Jahr verschlechterten.
Aber gut, ich wollte es unbedingt wissen.
Meine erste Nacht verbrachte
ich auf der Strecke in Delden. Nach
dem ich mir unter Schwierigkeiten
meine Papiere besorgte hatte und
mich dann endlich nach langem Hin
und Her für eine Stelle entschieden
hatte, ging es ziemlich schnell.
Es war schon 20.30 Uhr, als ich die
Ruten aufbaute und aus Faulheit die
Ruten “Pi mal Daumen” an die eigene
Kante legte, ohne eine Fahrt
mit dem Futterboot zu machen.
Sehen Sie dazu auch die Zeichnungen.
Die meisten Kanäle haben die
selbe Struktur und sind von daher
leicht zu lesen. Gut, ich legte die
erste Rute an die Spundwand, bei
X = Angelplätze!
einer Wassertiefe von ca. einem
Meter. Die zweite Rute kam an die
untere Kante auf gut vier Meter, die
sich dann in die Fahrrinne erstreckte.
Schnell fütterte ich pro Rute zwei
Hände Egoist H.N.V.Spring-5-Fish-
Boilies hinterher und alles war gut.
Es war ein schöner Abend und aus
irgendeinem Grund kamen nur noch
entladene Boote vorbei, die es dazu
auch nicht eilig hatten. Die Boote fuhren
so bis 23.00 Uhr und ich konnte,
ohne die Ruten neu zu legen, mich
auf die Lauer legen.
Zwei Tage verbrachte
ich noch
im Hengeloer Hafen!
Einen der größten Fehler den man
meines Erachtens machen kann wenn
man nur eine Nacht angeln möchte
ist, dass man nach jedem Boot das
vorbei kommt, immer wieder zwei,
drei Hände voll Boilies oder Partikel
nachfüttert. So kommt es schnell zu
einem riesigen Futterplatz und das
Angeln wird zum Glücksspiel, da ja
überall Boilies liegen.
Ich halt mich daher meist daran, nur
mit einem Stringer von vier bis fünf
Boilies zu fischen, so kommt es nicht
zu einer Überfütterung der Stelle. Man
will ja die Fische nicht füttern, sondern
fangen.
Doch zurück zum Wasser! Gegen
5.00 Uhr morgens schrie der Bissanzeiger
mit einem Dauerton, der
mich mehr als wach machte. Es war
die tiefe Rute, die ablief.
Schnell stand ich an der Rute, setzte
einen Anschlag und drillte. Ganz
verwirrt stand ich da, was ist hier
denn los, dachte ich mir, irgendwo
auf Strecke, an keinem markanten
Punkt und ich bekomme einen Biss
nach gut sechs Stunden auf der
unteren Kante?
Früher habe ich meistens nur direkt
an den Spundwänden, also an der
oberen Kante und nur ab und zu im
tieferen Wasser gefischt. Obwohl mir
33 Pfund - der einzigste Fisch in diesem Urlaub!
viele sagten, dass man selbst in der
Fahrrinne gut Fisch fangen konnte.
Mir fehlte aber damals der Mut dort
zu fischen, denn es lief an der oberen
Kante ja gut.
Die Zeiten ändern sich halt, so dachte
ich mir, als ich den Fisch ausdrillte
und der gab alles, was in ihm steckte.
Nach einer guten viertel Stunde be-
Schiffsverkehr an der Schleuse in Delden!
Carp Mirror
kam ich ihn an die Oberfläche und
es war ein Spiegler, der sich dann
wenig später in meinem Kescher wiederfand.
Auch das noch, der Kanal beherbergt
eigentlich zu 80% Schuppenkarpfen
und eine Handvoll wunderschöner
Spiegler. Ich traute meinen Augen
kaum, als ich ihn genauer ansah,
was für ein Fisch.
Die Wage wurde ausgepackt und der
Fisch behutsam gewogen - 33 Pfund.
Wahnsinn, der erste Karpfen nach
so langer Zeit und gleich mein neuer
Twente “Personal Best”.
Nach einer kurzen Fotosession setzte
61

ich ihn wieder zurück in den Kanal,
warf meine Rute neu aus und legte
mich abermals hin.
So gegen 11.00 Uhr packte ich meine
sieben Sachen, saß anschließend
überglücklich in meinen Auto und
macht mich auf die Suche, nach einem
neuen Platz.
Leider hatte mich dieses Erlebnis mit
dem Fisch so verwirrt, dass ich die
nächsten zwei Tage zwar tagsüber
mir den Kanal anschaute, um neue
Stellen zu suchen, aber abends fuhr
ich immer wieder zu der Stelle zurück,
an der ich den Fisch gefangen
hatte.
Ich bekam aber nur noch einen Lauf,
verlor aber leider den Fisch. Nach drei
Tagen fuhr ich völlig glücklich wieder
nach Hause. Doch kaum dort angekommen,
ließ mich der Kanal nicht
mehr los. So verbrachte ich kurz Zeit
darauf, weitere sechs Nächte am
Twente.
Warmwasser Schuppenkarpfen!
Ich fische jede Nacht einen anderen
Spot, um mir ein Bild zu machen.
Dabei fischte ich den Hauptkanal und
das Stück nach Almelo, in welchem
nicht so ein starker Großschiffsverkehr
stattfand und man auch die
andere Kanalseite befischen konnte,
natürlich mit abgesenkten Schnüren.
Karpfen konnte ich in diesen Tagen
leider nicht mehr fangen und die Brassen
machten mich jede Nacht irre.
Alleine war ich nicht, denn während
der ganzen Zeit am Twente saßen
alle paar Meter Karpfenangler und
Stipper. Im Gespräch mit ihnen erfuhr
ich, dass alle nicht wirklich viele
62
Fische fingen und die meisten von
ihnen schwärmten von der Vergangenheit!
Die Zeiten ändern sich! Es war viel
passiert in den letzten Jahren, was
die Unglücke an diesem Kanal betraf.
Über das Unglück in Enschede
hatte ich ja schon berichtet, aber
das war nicht alles. Ein Unglück in
einer Reifenfabrik war wohl das
schlimmste, was dem Twente passiert
war und viele Schiffsunglücke
kamen hinzu und alles zusammen
hinterließen halt den heutigen Stand
der Dinge.
Bei einem Besuch in Almelo ging ich
in den Angelladen “VOS”, ehemals
“Carp Team Europe” und unterhielt
mich länger mit den Besitzern. Sie
kannten mein Leid des Blankens an
diesem Kanal nur zu gut!
Sie erzählten mir, dass die Hauptursache
für den starken Rückgang
des Fischbestandes dort eigentlich
nicht die Unfälle waren, sondern viel
mehr die Tatsache, dass die zuständige
Behörde, schon seit nun mehr
10 Jahre keine Fische mehr besetzte.
Aber sie versicherten mir auch, dass
Nebel an einem Herbstmorgen, eigentlich ein Fischgarant!
sie schon seit Jahren bei dieser Behörde
Druck machten, um das Ganze
wieder mit Leben zu bereichern.
Heute sitze ich zu Hause und denke
noch immer über den Twente nach.
War er früher ein starkes Gewässer,
so ist er das heute sicherlich nicht
mehr. Aber man kann dort immer
noch gut fischen und die Fische,
wenn man sie findet, sind auch erheblich
größer als noch vor Jahren.
Ich glaube immer noch, dort irgendwann
mal wieder richtige Stern-Stunden
erleben zu dürfen und das auch
im Sommer!
Weiter geht’s!
Markus Kautz
www.kautz-boilies.de
Ein Wendebecken, hier befischte ich das normale
Kanalstück kurz bevor das Wendebecken kam!