Verwaltungsethik - Verwaltung.modern
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<strong><strong>Verwaltung</strong>sethik</strong><br />
Prof. Dr. Franz Thedieck, Hochschule der <strong>Verwaltung</strong>, Kehl<br />
Prof. Dr. Bernd Banke, Hochschule Reutlingen<br />
1 Einleitung und Begriffe<br />
1.1 Einleitung<br />
Eine Recherche des Begriffs “<strong><strong>Verwaltung</strong>sethik</strong> brachte am 3. Juni 2011 ein erstaunliches<br />
Ergebnis. Eine eher wissenschaftlich orientierte Suchmaschine aus Deutschland<br />
(metager.de) präsentiert als erste Fundstelle, die nach Eingabe des Begriffs “<strong><strong>Verwaltung</strong>sethik</strong>“<br />
gefunden wird, die Erklärung des Wortes „Remonstration“ im online-<br />
Lexikon Wikipedia. Versucht man, literarische oder auch nur Rechtsprechungsquellen<br />
zur “<strong><strong>Verwaltung</strong>sethik</strong>“ in den Datenbanken des wohl größten und einflussreichsten<br />
Verlags für juristische Fachliteratur, dem Beck Verlag, zu finden, so ergibt diese Suche<br />
keinen Treffer, der das Thema wirklich im Kern behandelt. Stattdessen erscheinen<br />
Fundstellen zu Themen wie „Ethikrichtlinien“, die aber in der Regel zu Aufsätzen und<br />
Entscheidungen führen, die die Privatwirtschaft betreffen. Noch überraschender ist eine<br />
Suche nach dem Wort <strong><strong>Verwaltung</strong>sethik</strong> auf den Internetseiten von Hochschulen, die<br />
Studiengänge im Bereich <strong>Verwaltung</strong>, <strong>Verwaltung</strong>swissenschaften oder Public Management<br />
anbieten. Hier erscheint häufig das Suchergebnis „KEINE Ergebnisse“ gefunden<br />
oder es wird auf eine Liste mit abstracts zu Veröffentlichungen verwiesen, die sich<br />
in erster Linie mit Korruptionsbekämpfung und nur in wenigen Fällen mit <strong><strong>Verwaltung</strong>sethik</strong><br />
beschäftigen.<br />
Eine abschließende Recherche mit Hilfe der wohl bekanntesten Suchmaschine des Internet,<br />
„google“ (hier in der Version „google.de“ benutzt), führt als erste Nennung wiederum<br />
zu Wikipedia und einem neueren Beitrag (Stand: 25. März 2011) zum Schlagwort<br />
“<strong><strong>Verwaltung</strong>sethik</strong>“. In diesem Artikel findet sich ein Ansatz, der die eher mageren<br />
Suchergebnisse mindestens im Ansatz zu erklären vermag:<br />
„Im deutschsprachigen Raum ist die <strong><strong>Verwaltung</strong>sethik</strong> bislang wenig verbreitet. Gründe<br />
hierfür liegen vor allem in der stark auf Legalität (und weniger auf Legitimität) ausgerichteten<br />
<strong>Verwaltung</strong>skultur. Insoweit wird ethisch-kritischen Reflexionen traditionell<br />
eher mit Zurückhaltung bzw. gar mit Misstrauen begegnet.“<br />
In der Folge dessen finden sich am Ende dieses Wikipedia Beitrages denn auch ausschließlich<br />
neuere Literaturhinweise. Der älteste dort angegebene Beitrag stammt aus<br />
dem Jahr 2000, der neueste aus dem Jahr 2011.<br />
Mit diesen Ergebnissen und der Aussage insbesondere des letztgenannten Wikipedia-<br />
Beitrags ist vielleicht das zentrale Spannungsfeld, unter Umständen gar das Dilemma<br />
des Untersuchungs- und Forschungsgegenstandes „<strong><strong>Verwaltung</strong>sethik</strong>“ im deutschsprachigen<br />
Raum beschrieben. Die starke Bindung der <strong>Verwaltung</strong> an Recht und Gesetz, die<br />
durch Art. 20 Abs. 3 GG Verfassungsrang erhalten hat, steht, übertragen auf die Kategorien<br />
der Ethik, für die Idee einer Institutionenethik. Die Vertreter dieser Theorie gehen<br />
von der Annahme aus, dass die Fragen ethischen Verhaltens in Institutionen vor<br />
allem durch die organisatorischen Rahmenbedingungen bestimmt und entschieden werden.<br />
Im Extrem führt dies zu der Aussage, dass jede Entscheidung, die innerhalb der<br />
Rahmenvorgaben gefällt wird, zugleich eine ethisch vertretbare Entscheidung ist. So<br />
schrieb etwa Christoph Lütge: „Die moralische Bewertung bezieht sich auf die Regeln,<br />
die einzelnen Handlungen unter Regeln laufen im Prinzip moralfrei ab.“<br />
Das könnte in der Tat für die in der öffentlichen <strong>Verwaltung</strong> handelnden bedeuten, dass<br />
sie einer eigenen ethisch-moralischen Verantwortung enthoben sind und ihrer Verpflichtung<br />
auf diesem Gebiet dadurch nachkommen, dass sie die legislativen Vorgaben<br />
© Thedieck / Banke 2011
Seite -2- des Manuskripts <strong><strong>Verwaltung</strong>sethik</strong> / Prof. Dr. Bernd Banke<br />
einhalten. Damit wäre die <strong><strong>Verwaltung</strong>sethik</strong> als Gegenstand der Forschung weitestgehend<br />
gegenstandlos. Ihr Inhalt würde durch die einzelnen Bereiche öffentlicher <strong>Verwaltung</strong>,<br />
sowie durch die korrekte Gesetzesauslegung und Anwendung ersetzt. Im Ergebnis<br />
werden solche Ansätze soweit ersichtlich überwiegend abgelehnt.<br />
Ein rein institutionenethischer Ansatz, der <strong>Verwaltung</strong>shandeln in seiner ethischen Bewertung<br />
nur an die Frage knüpft, ob das Gesetz eingehalten wurde, ist auch aus zwei<br />
weiteren Aspekten zumindest fraglich. Dies ist zum einen die in § 36 BeamtStG gesetzlich<br />
geregelte Remonstrationspflicht der Beamtinnen und Beamten (im Folgenden wird<br />
aus Gründen der sprachlichen Vereinfachung die Form: Beamter / Beamte stellvertretend<br />
für beide Geschlechter benutzt) in Deutschland. Dort wird ausdrücklich eine persönliche<br />
Verantwortung der Beamten für ihr Handeln festgelegt. Trotz der Formulierung,<br />
dass die Betroffenen nur für die „Rechtmäßigkeit“ und nicht die ethisch / moralische<br />
Korrektheit ihrer Entscheidungen einzustehen haben, zeichnet sich hier ein Unterschied<br />
zu den Prinzipien einer reinen Institutionenethik ab. Wie sind hier Fragen der<br />
unterschiedlichen Nutzung eines gesetzlichen Ermessensspielraums oder der Auslegung<br />
unbestimmter Rechtsbegriffe zu interpretieren Wie ist die absolute Grenze des § 36<br />
Abs. 2 Satz 4 BeamtStG zu verstehen, der besagt:<br />
„(2) Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dienstlicher Anordnungen haben Beamtinnen<br />
und Beamte unverzüglich auf dem Dienstweg geltend zu machen. Wird die Anordnung<br />
aufrechterhalten, haben sie sich, wenn die Bedenken fortbestehen, an die nächst höhere<br />
Vorgesetzte oder den nächst höheren Vorgesetzten zu wenden. Wird die Anordnung bestätigt,<br />
müssen die Beamtinnen und Beamten sie ausführen und sind von der eigenen<br />
Verantwortung befreit. Dies gilt nicht, wenn das aufgetragene Verhalten die Würde<br />
des Menschen verletzt oder …“ (Hervorhebung vom Autor)<br />
Wer hat die Auslegungs- und Bestimmungshoheit über die Auslegung und Reichweite<br />
der Würde des Menschen<br />
Die Auffassung des Papstes wird sich vermutlich von der eines Biologen und Gentechnologen<br />
unterscheiden. Welche Auffassung von der Menschenwürde ist in diesem Streit<br />
gesetzesgemäß und wo beginnt das Recht und die Pflicht der im öffentlichen Dienst<br />
tätigen, Anweisungen der Vorgesetzten nach dem Sinn des § 36 BeamtStG nicht zu befolgen<br />
Ein anderer Aspekt ergibt sich aus einem internationalen Vergleich, der sich in einemweiteren<br />
Absatz des wikipedia Artikels zum Begriff <strong><strong>Verwaltung</strong>sethik</strong> findet:<br />
„Einen Gegensatz hierzu bildet etwa der anglo-amerikanische Raum, in welchem "Public<br />
Service Ethics" ein wichtiges, seit langem diskutiertes Themenfeld ist. Dies wird oft<br />
im Zusammenhang damit gesehen, dass hier traditionell eher auf moralische Fragen als<br />
auf gesetztes Recht fokussiert wird.“<br />
Dass diese Aussage zutreffend ist, wird durch die große Zahl auch älterer englischsprachiger<br />
Publikationen zu diesem Thema bestätigt. Auch hier hilft das Internet und die<br />
Nachfrage bei einem der größten internationalen Online-Buchhändler. Zudem wird dort,<br />
im anglo-amerikanischen Raum, die Anwendung moralischer Standards häufig sogar<br />
durch Gesetze wie den Sarbanes Oxley vorgeschrieben.<br />
Diese beiden letztgenannten Aspekte, die Verantwortung des einzelnen nach § 36<br />
BeamtStG sowie die moralische Einbindung der Handelnden in der <strong>Verwaltung</strong>, weisen<br />
in Richtung einer Individualethik oder einer der Ethik der Governance, die weniger der<br />
Institution als vielmehr dem einzelnen handelnden Menschen die Pflicht auferlegt, sein<br />
Handeln und seine Entscheidungen ethisch-moralischen Grundsätzen zu unterwerfen.<br />
© Prof. Dr. Bernd Banke 2011
Seite -3- des Manuskripts <strong><strong>Verwaltung</strong>sethik</strong> / Prof. Dr. Bernd Banke<br />
Zu diesem Zweck soll im Folgenden zunächst eine kurze begrifflich Klärung des Untersuchungsgegenstandes<br />
vorgenommen werde.<br />
1.2 Begriffe<br />
Anders als etwa im angloamerikanischen Sprachraum, in dem die Begriffe „ethics“ und<br />
„moral“ bzw. „ethical“ und „moral“ häufig synonym verwendet werden, unterscheidet<br />
man im deutschen Sprachgebrauch die Bedeutungen der Begriffe „Ethik“ und „Moral“<br />
inhaltlich. Jedem dieser Begriffe wird ein eigener, spezifischer Gehalt zugewiesen.<br />
Unter der Moral im philosophischen Sinne wird im deutschen Sprachraum ein bestehendes<br />
Wertesystem verstanden. Das heißt, dass bestimmte Werte, wie zum Beispiel<br />
Treue, Loyalität, Glaube oder Nächstenliebe bereits als gut erkannt und akzeptiert werden.<br />
Ihre Geltung wird nicht mehr hinterfragt. Moralische Aussagen basieren auf diesem<br />
Wertesystem und werden von allen, die den Werten zustimmen, akzeptiert. Ein<br />
Beispiel für eine solche Moral ist etwas die Sittenlehre religiöser Institutionen. Der Begriff<br />
selbst ist aber wertfrei. Auch die Sitten und Gebräuche der Mafia repräsentieren<br />
danach eine bestimmte „Moral“.<br />
Unter Ethik versteht man demgegenüber die Reflexionstheorie der Moral. Das heißt,<br />
dass Ethik dazu dient, die in einer Moral festgelegten Werte und Aussagen zu hinterfragen<br />
und zu prüfen, ob sie wirklich geeignet sind, Menschen zu einem guten, erfüllten<br />
Leben zu führen. Die Ethik ist damit das Prüfinstrument, mit Hilfe dessen festgestellt<br />
werden soll, ob eine Moral wirklich einem guten Zweck dient und gute Ergebnisse liefert.<br />
Es kann sein, dass der von einer Moral angestrebte Zweck bei genauerer Betrachtung<br />
in Wirklichkeit nicht gut ist oder aber die aus dem Wert abgeleitete Verhaltensweise<br />
andere Werte nicht berücksichtigt oder sogar verletzt. Die Moral der Mafia etwa,<br />
würde einer ethischen Prüfung nicht standhalten.<br />
Eine der Hauptaufgaben der Ethik als wissenschaftlicher Disziplin ist es, dem Menschen<br />
Entscheidungshilfen für Situationen zu geben, in denen jede denkbare Handlungsalternative<br />
Vor- und oder Nachteile hat, die ohne weiteres nicht gegeneinander<br />
abgewogen werden können. Diese Situation wird als Dilemma bezeichnet.<br />
1.3 Ethisch – moralische Dilemmata der <strong>Verwaltung</strong><br />
Ein spezifisches Problem öffentlicher <strong>Verwaltung</strong>stätigkeit ist darin zu sehen, dass die<br />
<strong>Verwaltung</strong> nie Selbstzweck ist, sondern ausschließlich in andere Kontexte eingebunden<br />
arbeitet und deren Zielen dient. So erfüllen Sozialbehörden Aufgaben der sozialen<br />
Fürsorge des Staates, Finanzämter dienen der Beschaffung von finanziellen Mitteln,<br />
Polizeibehörden sorgen für Sicherheit und Ordnung. Zugleich sind alle Institutionen der<br />
<strong>Verwaltung</strong> dem Rechtssystem unterworfen und müssen zudem die Vorgaben der Politik<br />
befolgen. Schließlich steht die <strong>Verwaltung</strong> unter permanenter Beobachtung der Medien<br />
und der Öffentlichkeit. Damit sieht sich die <strong>Verwaltung</strong> einer Vielzahl von Zielen<br />
gegenüber, die nicht immer miteinander in Einklang gebracht werden können.<br />
Dilemmasituationen sind praktisch vorgezeichnet. Spannungsfelder zwischen den Institutionen,<br />
den gesetzlichen Vorschriften, und dem individuellen Gerechtigkeitsempfinden<br />
sind nicht ausgeschlossen und führen die betroffenen Amtswalter in eine<br />
Dilemmasituation.<br />
Solche Dilemmasituationen treten immer dann auf, wenn sich die moralisch / ethische<br />
Bewertung einer Situation von der Bewertung unterschiedet, die durch korrekte Anwendung<br />
der gesetzlichen Grundlagen vorgeschrieben wird. Die Situation des Amtswalters<br />
kann in Form einer Graphik mit vier Quadranten dargestellt werden, in der rechtli-<br />
© Prof. Dr. Bernd Banke 2011
Seite -4- des Manuskripts <strong><strong>Verwaltung</strong>sethik</strong> / Prof. Dr. Bernd Banke<br />
che und ethische Aspekte einer Handlung in einem Graphen dargestellt werden, auf<br />
dessen vertikaler Achse die ethische Bewertung einer Situation als positiver oder negativer<br />
Wert dargestellt wird. Auf der horizontalen Achse erscheint die Frage nach Legalität<br />
oder Illegalität einer Handlung ebenfalls als positiver oder negativer „Legalitätswert“.<br />
Ethisch<br />
korrekt<br />
4<br />
1<br />
Illegal<br />
Legal<br />
3<br />
2<br />
Ethisch<br />
inkorrekt<br />
Abbildung 1: Dilemmata-Situationen 1 (Eigene Darstellung)<br />
Aus dieser Graphik ergeben sich zwei Quadranten, die eine eindeutige Bewertung von<br />
Sachverhalten zulassen und damit keine Dilemmasituationen im Sinne der Ethik verursachen.<br />
Wie sich aus der nachfolgenden Graphik ergibt, sind dies die Quadranten 1 und<br />
3. Hier sind eindeutige Entscheidungen möglich. Sofern eine konkrete Entscheidung in<br />
einer bestimmten Situation sowohl den Buchstaben und dem Sinn des Gesetzes entspricht,<br />
andererseits aber auch eine ethisch / moralisch erstrebenswertes Ziel erreicht, ist<br />
diese Entscheidung in jeder Hinsicht korrekt und stellt kein Dilemma dar.<br />
Beispiel:<br />
Eine alleinerziehende Mutter mit geringem Einkommen erhält zusätzlich staatliche Mittel<br />
aus der Sozialhilfe, damit sie nicht ganztägig arbeiten muss, und ihr mehr Zeit zur<br />
Betreuung ihrer Kinder bleibt.<br />
Dasselbe gilt für den umgekehrten Fall, dass eine Entscheidung gegen den Wortlaut und<br />
Sinn der Gesetze verstößt und zugleich ein ethisch und moralisch missbilligtes Ergebnis<br />
erzielt.<br />
Beispiel:<br />
Einem Beamten des Bauamtes werden 15.000 Euro für den Fall zugesagt, dass er eine<br />
Baugenehmigung für ein Wochenendhaus im Naturschutzgebiet erteilt. Auch hier liegt<br />
keine Dilemmasituation vor, da die Genehmigung illegal und mit den ethischen Werten<br />
des Umweltschutzes nicht vereinbar wäre.<br />
© Prof. Dr. Bernd Banke 2011
Seite -5- des Manuskripts <strong><strong>Verwaltung</strong>sethik</strong> / Prof. Dr. Bernd Banke<br />
4<br />
Ethisch<br />
korrekt<br />
Eindeutiger Bereich<br />
legal und erwünscht<br />
1<br />
Illegal<br />
Legal<br />
3<br />
Eindeutiger Bereich<br />
illegal und unerwünscht<br />
Ethisch<br />
inkorrekt<br />
2<br />
Abbildung 2: Dilemmata-Situationen 2 (Eigene Darstellung)<br />
Schwierigkeiten bereiten aber die Quadranten 2 und 4, da hier Handlungen zwar<br />
ethisch-moralisch wünschenswerten sind, aber nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechen<br />
(siehe Beispiel 2.2). Oder die Ergebnisse sind legal, aber lassen ethischmoralische<br />
Fragen offen.<br />
4<br />
Dilemma Bereich<br />
illegal aber erwünscht<br />
Ethisch<br />
korrekt<br />
Eindeutiger Bereich<br />
legal und erwünscht<br />
1<br />
Illegal<br />
Legal<br />
Eindeutiger Bereich<br />
illegal und unerwünscht<br />
Dilemma Bereich<br />
legal aber unerwünscht<br />
3<br />
Ethisch<br />
2<br />
inkorrekt<br />
Abbildung 3: Dilemmata-Situationen 3 (Eigene Darstellung)<br />
Beispiel:<br />
Ein somalischer Wirtschaftsflüchtling ist illegal in die Bundesrepublik eingereist. Nach<br />
der Rechtslage muss er aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen und abge-<br />
© Prof. Dr. Bernd Banke 2011
Seite -6- des Manuskripts <strong><strong>Verwaltung</strong>sethik</strong> / Prof. Dr. Bernd Banke<br />
schoben werden. Der zuständige Beamte im Ausländeramt glaubt aber sicher, dass der<br />
Somalier in seinem Heimatland kaum Chancen auf ein menschwürdiges Leben besitzt<br />
und auch gesundheitlich gefährdet ist. Konkrete Beweise hierfür besitzt er nicht. Der<br />
Beamte ist in einem Zwiespalt zwischen der korrekten Rechtsanwendung und seinem<br />
Mitgefühl. Seines Erachtens befindet er sich in der Dilemmasituation des Quadranten 2.<br />
Die legale und vorschriftsmäßige Handlung verletzt sein menschliches Mitgefühl und<br />
seine ethisch-moralische Verantwortung.<br />
Eine strenge Anwendung der Institutionenethik würde die kritischen Quadranten 2 und<br />
4 nicht als Dilemmasituationen identifizieren. Das illegale Verhalten in Quadrant 4 wäre<br />
nach diesem theoretischen Ansatz auch ethisch zu verwerfen, da es der Rahmenordnung<br />
widerspricht. Im Quadranten 2 wäre das Verhalten durch die Rahmenordnung gebilligt<br />
und mithin auch ethisch gerechtfertigt, Dilemmasituationen sind ausgeschlossen.<br />
Diese Entscheidungen der Institutionenethik sind aber nur auf den ersten Blick schlüssig.<br />
Zuerst stellt sich die Frage nach den Wurzeln der Rahmenordnung. Wer erlässt diese<br />
und ist jede Rechtsquelle auch tatsächlich ethisch gerechtfertigt Nicht nur das Beispiel<br />
der Unrechtsgesetzgebung des Dritten Reiches lässt hier Fragen aufkommen. Auch<br />
vergleichsweise „harmlose“ Gesetze können moralisch zu missbilligen sein und die Idee<br />
der ethisch-moralischen Rahmenordnung in Frage stellen.<br />
2 <strong><strong>Verwaltung</strong>sethik</strong> in der Praxis<br />
2.1 Das 3-Phasen-Modell des <strong>Verwaltung</strong>smanagements<br />
„Grau, teurer Freund, ist alle Theorie und Grün des Lebens goldner Baum.“ lässt Goethe<br />
Mephisto sagen, als dieser “des trocknen Tons nun satt“ ist und wieder „recht den<br />
Teufel spielen“ will. Entscheidend wird also sein, wie die wissenschaftlichen Erkenntnisse<br />
in die Praxis umgesetzt werden.<br />
Ausgangspunkt unserer Überlegungen ist das 3-Phasen-Modell des Managements. Es<br />
teilt die Handlungsabläufe des <strong>Verwaltung</strong>shandelns nach dem Managementmodell in<br />
drei Phasen ein:<br />
Planung<br />
Kontrolle<br />
Durchführung<br />
Abbildung 4: Das 3-Phasen-Modell des Managements (Eigene Darstellung)<br />
Jeder dieser Phasen sind typische Aufgaben zugeordnet; der Planung z.B. Aufgabendefinition,<br />
Zielsetzung, Alternativplanung und Entscheidung; der Durchführung Organisation,<br />
Kommunikation, Koordination, Realisierung von geplanten Aktivitäten, Einrichtung<br />
eines Monitoringsystems; der Kontrolle Steuerung, Feed-Back, Soll-Ist-Vergleich<br />
(Evaluation). In jeder dieser Phasen sind ethische Werte zu berücksichtigen. Die Frage<br />
ist, welches diese Werte sind und wer sie festlegt.<br />
© Prof. Dr. Bernd Banke 2011
Seite -7- des Manuskripts <strong><strong>Verwaltung</strong>sethik</strong> / Prof. Dr. Bernd Banke<br />
Die Beantwortung der ersten Frage ist abhängig von den besonderen Gefährdungen,<br />
unter denen die jeweiligen Phasen ablaufen. Orientieren wir uns am Beispiel des Baus<br />
einer Rheinbrücke, so betrifft eine wichtige Planungsfrage die Entscheidung über die<br />
Auswahl des Architekturbüros und der Baufirma. Dabei treten, wie wir aus Erfahrung<br />
wissen, spezifische Gefahren auf:<br />
Fehler im Ausschreibungsverfahren<br />
unzulässige Einflussnahme Dritter bis zu<br />
Bestechungsversuchen.<br />
In dieser Lage können spezifische Werte helfen, die in ähnlichen Situationen Fehler<br />
vermieden haben: Sorgfalt, Unparteilichkeit und Unbestechlichkeit.<br />
Die angesprochenen Gefährdungen resultieren aus individuellen Verhaltensweisen der<br />
<strong>Verwaltung</strong>smitarbeiter. Sie können sich daneben auch aus der Organisationsstruktur<br />
oder -kultur ergeben. Ein Strukturmerkmal von Organisationen ist ihre Befehlshierarchie.<br />
Darauf nimmt die oben angesprochene Remonstrationsregel des § 36 Abs. 2 Satz 4<br />
BeamtenStG Bezug: ein höherer Vorgesetzter darf grundsätzlich den handelnden Beamten<br />
anweisen, trotz rechtlicher Bedenken die Massnahme auszuführen. Für die Organisationskultur<br />
sind u.a. Tradition und berufliche Prägungen massgeblich, die in der jeweiligen<br />
<strong>Verwaltung</strong>ssparte oder -behörde anzutreffen ist. So werden sich Eichbehörden<br />
in der Regel durch besondere Genauigkeit in der Tatbestandsaufnahme auszeichnen,<br />
während ein Bauplanungsamt mehr durch die kreativen und spielerischen Elemente der<br />
Architektur geprägt sein wird.<br />
2.2 Planungsphase<br />
Im Folgenden gehen wir etwas genauer auf die einzelnen Phasen ein. Zunächst bleiben<br />
wir bei der Planungsphase und dem Beispiel des Brückenbaus. Hier unterscheidet sich<br />
die Lage in der <strong>Verwaltung</strong> wenig von der Wirtschaft. Die <strong>Verwaltung</strong> plant in erheblichem<br />
Ausmass. Brückenbau ist eine Tätigkeit, bei der extrem umfangreich geplant wird.<br />
Die Südbrücke über den Rhein bei Strassburg wurde in fünf Jahren gebaut. Ihre Planungsphase<br />
war verglichen damit unglaublich lang: Eine Nachfrage bei den französischen<br />
Ingenieuren ergab, dass sie sechsmal so lang wie die Bauphase war. Das ist so<br />
erstaunlich wie verständlich: Es handelt sich um eine internationale Angelegenheit, die<br />
durch Staatsvertrag zwischen der deutschen und französischen Seite zu regeln ist. Souveränitätsrechte<br />
sind zu übertragen, Haftungsfragen zu klären und auch die jeweils geltenden<br />
baulichen Normen sind festzulegen. Daneben ist auch die Finanzierung zu klären<br />
und damit ist nur ein Bruchteil der anstehenden Planungsaufgaben genannt. Welche<br />
spezifischen Werte kommen im Planungsprozess zur Geltung<br />
In der internationalen Diskussion spielt der Begriff der „Nachhaltigen Entwicklung“<br />
eine dominante Rolle. Auf der UN-Konferenz von Rio de Janeiro wurde 1992 die<br />
Agenda 21 verabschiedet, die inzwischen als Lokale Agenda 21 auch für die kommunale<br />
Ebene übersetzt wurde. Als nachhaltig wird nach einer Definition der „Brundtland-<br />
Kommission“ eine Entwicklung verstanden, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt,<br />
ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen<br />
können. Ausgehend von der Konferenz der UN für Umwelt und Entwicklung in Rio<br />
de Janeiro 1992 wurde über verschiedene weitere Etappen verstärkt die Realisierung des Reformprogramms<br />
ins Auge gefasst: „Wir haben die Vision integrativer, prosperierender, kreativer<br />
und zukunftsfähiger Städte und Gemeinden, die allen Einwohnerinnen und Einwohnern ho-<br />
© Prof. Dr. Bernd Banke 2011
Seite -8- des Manuskripts <strong><strong>Verwaltung</strong>sethik</strong> / Prof. Dr. Bernd Banke<br />
he Lebensqualität bieten und ihnen die Möglichkeit verschaffen, aktiv an allen Aspekten urbanen<br />
Lebens mitzuwirken.“<br />
Diese anspruchsvollen Zielvorstellungen sind wohl leichter zu formulieren als in der<br />
<strong>Verwaltung</strong>spraxis wirksam durchzuführen; hierzu bedarf es nicht nur sorgfältiger Beschäftigung<br />
mit der Agenda 21 und wirklichkeitsnaher Übertragung, sondern daneben<br />
noch harter Entscheidungen um die Verteilung der knappen Ressourcen, an erster Stelle<br />
der Finanzen.<br />
Der in der lokalen Agenda 21 zum Ausdruck kommende Gedanke der gesellschaftlichen<br />
Verantwortung wird auch in der Wirtschaft verfolgt, und zwar unter dem Gesichtspunkt<br />
des Stakeholder-Ansatzes. Darunter wird ein Konzept verstanden, nach dem die Unternehmensführung<br />
nicht nur die Interessen der Anteilseigner (Shareholder), sondern aller<br />
Anspruchsgruppen, ohne deren Unterstützung das Unternehmen nicht überlebensfähig<br />
wäre (Stakeholder) zu berücksichtigen hat. Diese Gruppe ist folglich sehr heterogen und<br />
umfasst z.B. die Arbeitnehmer, Kunden und Lieferanten, den Staat und die Öffentlichkeit.<br />
Nach diesem Ansatz sind verschiedene Interessengruppen in der Unternehmung<br />
tätig, zwischen denen die Unternehmensleitung zu vermitteln hat. Die erzielten Kompromisse<br />
entscheiden über die Verteilung des wirtschaftlichen Ergebnisses.<br />
Der Stakeholderansatz lässt sich ohne grosse Schwierigkeiten auf das <strong>Verwaltung</strong>shandeln<br />
übertragen. Für das Beispiel des Rheinbrückenbaus können wir folgende Gruppen<br />
von Stakeholdern ermitteln:<br />
Die beiden Nationalstaaten, Deutschland und Frankreich<br />
Die untergeordneten Gebietskörperschaften, in Deutschland, das Land Baden-<br />
Württemberg, den Regierungsbezirk Freiburg, das Landratsamt Ortenaukreis<br />
und die Gemeinden Kehl und Altenheim; in Frankreich die Région Alsace, das<br />
Département Bas-Rhin und die Stadt Strasbourg<br />
Die den jeweiligen Gebietskörperschaften zugehörigen Vertretungskörperschaften<br />
Das den jeweiligen Gebietskörperschaften zuzurechnende Stimmvolk<br />
Die für den internationalen Brückenbau zuständigen Bauverwaltungen beim Regierungspräsidium<br />
Freiburg und dem Département Bas-Rhin<br />
Die Rheinschiffartskommission in Strasbourg<br />
Für die Brückenbenutzer die Automobilverbände und Radfahrervereinigungen<br />
diesseits und jenseits des Rheins<br />
Für die Benutzer der Wasserstrasse die Interessenvertretungen der Rheinschiffer<br />
Die Industrie- und Handelskammern in Freiburg und Strasbourg<br />
Das für die Bauplanung und die Bauausführung beauftragte Ingenieurbüro<br />
Die beim Brückenbau beschäftigten Industrie- und Handwerksbetriebe<br />
Die Wirtschaftsbetriebe in unmittelbarer Nähe der Brückenauffahrten.<br />
Die betroffenen Rheinfischer<br />
Bei einem so komplexen Vorhaben wird der Kreis der Stakeholder rasch recht gross. Es<br />
ist klar, wer über die Gültigkeit von Werten entscheidet: die Stakeholder. Die Wertentscheidungen<br />
müssen durch Vereinbarung getroffen werden. Der Vorteil des Stakeholderansatzes<br />
liegt auf der Hand. Wie auf einem offenen Markt kommen alle Interessierten<br />
zusammen, um ihre Ansichten auf den Tisch zu legen und gemeinsam zu diskutieren.<br />
Gleichberechtigter Zugang aller zur Diskussion, Transparenz der Argumente, Of-<br />
© Prof. Dr. Bernd Banke 2011
Seite -9- des Manuskripts <strong><strong>Verwaltung</strong>sethik</strong> / Prof. Dr. Bernd Banke<br />
fenheit des Meinungsaustauschs, Öffentlichkeit der Entscheidung sind typisch demokratische<br />
Werte, die einer sich als demokratisch verstehenden <strong>Verwaltung</strong> gut anstehen.<br />
Dass hierzu während der Planung eines Brückenbaus auch „praktische“ Werte hinzukommen<br />
müssen, versteht sich von selbst. Korruptionsvermeidung zählt auf jeden Fall<br />
hierzu.<br />
2.2 Durchführungsphase<br />
Spätestens in der Durchführungsphase müssen sich die Beteiligten darüber im Klaren<br />
sein, welche Werte gelten sollen. Ein Unternehmen gibt sich einen Wertekodex, der materielle<br />
Grundlage des Wertemanagements ist. Im Bereich der öffentlichen <strong>Verwaltung</strong><br />
wird häufig der Begriff des Leitbildes benutzt. Das Leitbild dient zur Orientierung, Motivation<br />
und Legitimation des <strong>Verwaltung</strong>shandelns.<br />
Betrachten wir ein konkretes Leitbild, zum Beispiel das der Stadt Offenburg, so fällt<br />
einerseits positiv das Bekenntnis zur lokalen Agenda 21 auf, andererseits aber auch die<br />
schwache Aussagekraft des Leitbildes.<br />
Beispiel: Leitbild der Stadt Offenburg (Auszug)<br />
Der Gemeinderat der Stadt Offenburg bekennt sich zur "Lokalen Agenda 21" ... Dieses<br />
Leitbild versteht sich als Orientierungshilfe für den Gemeinderat…Das Leitbild der<br />
Stadt Offenburg ist also Erfolgsfaktor und zugleich aber auch Prüfstein für ein bürgerorientiertes<br />
Stadtmanagement.<br />
Gemeinderat und <strong>Verwaltung</strong> nimmt es in die Pflicht, ihm gemäß zu entscheiden und zu<br />
handeln. Die Bürgerinnen und Bürger haben einen Kriterienkatalog erhalten, um die<br />
Qualität von Politik und <strong>Verwaltung</strong> in der Kommune zu beurteilen. Aber auch das<br />
Rathaus hat nun eine Messlatte bekommen, mit der es die Aktionen seiner Partner bei<br />
der Gestaltung des Lebensraumes Stadt bewerten kann. Das Leitbild Offenburgs ist eine<br />
Selbstverpflichtung der gesamten Stadt zur nachhaltigen Zukunftsgestaltung im<br />
Sinne der "Lokalen Agenda 21"…<br />
Gemeinsame Identität war schon immer die erfolgreichste Grundlage für gemeinsames<br />
Handeln.<br />
Als konkrete Themen des Leitbildes werden genannt:<br />
Arbeitsplatz der Region<br />
Offenburg ist attraktiv für Industrie, Handwerk, Handel und Dienstleistungen. Die Stadt<br />
ist mit ihrer vielfältigen Struktur ein wichtiger Arbeitsplatz der Region.<br />
Einladende und lebensfrohe Stadt<br />
Das offene Tor und der Wein sind Symbole einer einladenden und lebensfrohen Stadt.<br />
Soziale und tolerante Stadt.<br />
Offenburg ist eine Stadt der offenen Begegnung und des Dialogs.<br />
Wie auch immer man die Leitbilder in der öffentlichen <strong>Verwaltung</strong> beurteilen mag,<br />
daneben gibt es noch traditionellere Zusammenhänge, aus denen der <strong>Verwaltung</strong> eine<br />
Wertorientierung geliefert wird. Hierzu zählen vor allem: Verfassung und Recht (Legalität)<br />
sowie Traditionen, die auch in Behörden wirken, wie das Beispiel des ehemaligen<br />
OB Manfred Rommel im Stuttgarter Rathaus. Hinzu kommen die „Beamtentugenden“,<br />
© Prof. Dr. Bernd Banke 2011
Seite -10- des Manuskripts <strong><strong>Verwaltung</strong>sethik</strong> / Prof. Dr. Bernd Banke<br />
die auch im reformierten Dienstrecht weiter fortgeführt werden. Verfassungstreue, Unbestechlichkeit,<br />
Fleiß, Eifer, Pünktlichkeit, Sparsamkeit, Fachkenntnisse und Ordnung.<br />
Bis auf die Verfassungstreue, die an die frühere Treue zum Kaiser und König anknüpft,<br />
sind diese Werte seit Jahrhunderten unverändert. Es muss zu denken geben, dass diese<br />
Werte die Beamten nicht gehindert haben, an den Verbrechen des Dritten Reichs mitzuwirken.<br />
Die Umsetzung des Wertemanagements kann auf zweifache Weise erfolgen, als<br />
Compliance oder als Integrity System. Während ersteres stark mit repressiven Vorgaben<br />
in der Form von Ge- und Verboten arbeitet, versucht das Integrity System die Selbstverantwortung<br />
des Einzelnen mit Vorbildern und Anreizen zu stärken.<br />
2.3 Kontrollphase<br />
In der letzten Phase geht es um die Kontrolle des <strong>Verwaltung</strong>shandelns. Dieser Schritt<br />
führt zugleich wieder an den Anfang unseres Management-Dreiecks zurück; denn die<br />
Ergebnisse der Kontrolle sind die Ausgangsdaten für die neue Planung. Nicht zuletzt<br />
soll die Kontrolle darüber Aufschluss verschaffen, in welchem Masse Wertorientierungen<br />
wie Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung in die <strong>Verwaltung</strong>sabläufe Eingang<br />
gefunden haben. Dies kann z.B. im Wege eines Werte- oder Ethik-Audits geschehen.<br />
Ausgehend vom New Public Management hat sich der Gedanke der Evaluation in einigen<br />
Bereichen der öffentlichen <strong>Verwaltung</strong> durchgesetzt. Es handelt sich dabei um einen<br />
Ansatz, wonach sämtliche Behördenaktivitäten einer systematischen – meist externen<br />
– Kontrolle unterworfen werden. In Deutschland wurden systematische Evaluationen<br />
zuerst in der Entwicklungspolitik eingeführt; in den Hochschulen sind Lehrevaluationen<br />
inzwischen ebenfalls Standard. Evaluation kommt darüber hinaus auch im Bereich<br />
der Kommunalverwaltung vor: So unternimmt die Bertelsmann-Stiftung gemeinsam<br />
mit der Deutschen <strong>Verwaltung</strong>shochschule Speyer jährlich ein benchmarking, um<br />
die beste Kommunalverwaltung der Welt zu finden.<br />
Interessant ist, dass die <strong>Verwaltung</strong>sevaluation sich immer stärker auf Wertaspekte konzentriert.<br />
Dies geschieht über die Einbeziehung von Analysen, die die indirekten Wirkungen<br />
des <strong>Verwaltung</strong>shandelns betrachten. Hierzu gehören entwicklungspolitische<br />
Gesichtspunkte wie Nachhaltigkeit, Zusammenhang des jeweiligen Programms mit den<br />
nationalen Entwicklungsschwerpunkten und Kohärenz mit den Programmen anderer<br />
Geber. Weitere Evaluationsgesichtspunkte sind die Wirkungen des <strong>Verwaltung</strong>shandelns<br />
auf Armutsbekämpfung, Umwelt, Konflikte und Gender.<br />
Global Compact ist eine Initiative der UN zum werteorientierten Handeln in Wirtschaft<br />
und <strong>Verwaltung</strong>. Die Teilnehmer verpflichten sich auf die Einhaltung von 10 Prinzipien,<br />
von den Allgemeinen Menschenrechten bis zur Anti-Korruption. Allerdings fehlt<br />
bislang eine echte Kontrolle der Teilnehmer.<br />
Abschliessend ist festzustellen, dass es eine Reihe von geeigneten Ansätzen existiert,<br />
die geeignet sind, ethisches Handeln in die <strong>Verwaltung</strong>spraxis zu implementieren. Allerdings<br />
steht dieser Forschungsbereich im deutschsprachigen Raum noch in einem frühen<br />
Anfangsstadium.<br />
© Prof. Dr. Bernd Banke 2011