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alte Eichenbalken - Schreinerei Müller in Marienfels

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LAND UND LEUTE<br />

Mit offizieller<br />

Genehmigung<br />

LICHT<br />

vom Balken<br />

Flammenspiel h<strong>in</strong>ter Glas: e<strong>in</strong><br />

H<strong>in</strong>gucker fürs Wohnzimmer oder<br />

die Gartenparty.<br />

Der Schre<strong>in</strong>er Stefan <strong>Müller</strong> birgt aus<br />

Abbruch-Häusern und Scheunen <strong>alte</strong> <strong>Eichenbalken</strong><br />

und macht neue Möbel daraus.<br />

Vor kaum drei Jahren g<strong>in</strong>g Stefan<br />

<strong>Müller</strong> e<strong>in</strong> Licht auf. Den Schre<strong>in</strong>ermeister<br />

aus <strong>Marienfels</strong> im Taunus<br />

ärgerte, dass immer mehr Fachwerkhäuser<br />

und <strong>alte</strong> Scheunen <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Region<br />

verschwanden. Mal mussten sie weichen,<br />

weil e<strong>in</strong> Altenheim se<strong>in</strong>en Parkplatz<br />

vergrößern wollte, mal weil e<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>de<br />

e<strong>in</strong>e neue Straße bauen wollte und das<br />

Haus im Weg stand. Dabei verbargen sich<br />

<strong>in</strong> den Gemäuern aus dem 18. Jahrhundert<br />

wahre Schätze, nämlich <strong>alte</strong> <strong>Eichenbalken</strong>.<br />

Viel zu schade für den Müll.<br />

„Wer früher etwas auf sich hielt, baute<br />

mit Eichenholz“, sagt <strong>Müller</strong>. „Tanne war<br />

verpönt.“ Eichen g<strong>alte</strong>n als robust und<br />

als Baumaterial für die Ewigkeit. „Heute<br />

ist das Holz richtig wertvoll“, so der<br />

„Ich glaube fest daran, dass jeder<br />

e<strong>in</strong>zelne Balken exzellentes Material<br />

darstellt“, sagt Stefan <strong>Müller</strong>.<br />

Schre<strong>in</strong>er. Also knüpfte der 43-Jährige<br />

Kontakte zu Abrissfirmen und g<strong>in</strong>g fortan<br />

auf die Jagd nach <strong>alte</strong>n Balken und<br />

Brettern.<br />

Freilich ist <strong>Müller</strong>, fast zwei Meter groß,<br />

schwarze Haare, schwarzer Pulli, ke<strong>in</strong><br />

Guerilla-Schre<strong>in</strong>er. „Ich schleiche mich ja<br />

nicht mit der Säge <strong>in</strong> die Fachwerkhäuser.“<br />

Er geht geme<strong>in</strong>sam mit den Abriss-<br />

Aus solchen Scheunen (l<strong>in</strong>ks)<br />

rettet der Schre<strong>in</strong>er das <strong>alte</strong><br />

Eichenholz. Die Spuren gelebten<br />

Lebens s<strong>in</strong>d überdeutlich.<br />

unternehmen zum Tatort und sucht sich<br />

die besten Stücke aus. Pro Tour bis zu<br />

zwölf Balken, vier bis fünf Meter lang.<br />

Viele haben e<strong>in</strong>e graue Pat<strong>in</strong>a entwickelt.<br />

Die entsteht, wenn die Witterung an den<br />

Balken nagt. Nur wenn Wasser die Hölzer<br />

zu stark angegriffen hat, lässt er sie zurück.<br />

Alle paar Monate ist <strong>Müller</strong> unterwegs,<br />

lädt das Eichenholz auf se<strong>in</strong>en<br />

Transporter und schafft es <strong>in</strong> die Werkstatt.<br />

„Die Leute s<strong>in</strong>d froh, wenn sie das<br />

Holz nicht entsorgen müssen“, sagt er<br />

und gr<strong>in</strong>st. Wenn die wüssten, welch<br />

edles Material <strong>in</strong> den <strong>alte</strong>n Häusern<br />

schlummert.<br />

Beim Schre<strong>in</strong>er <strong>Müller</strong> hat das Eichenholz<br />

nicht nur Geschichte, sondern auch Zukunft.<br />

Er verarbeitet die massiven Balken<br />

zu edlen Leuchten, Tischen oder Rahmen<br />

für Spiegel. „Ich glaube fest daran, dass<br />

jeder e<strong>in</strong>zelne Balken e<strong>in</strong> exzellentes Material<br />

darstellt“, sagt <strong>Müller</strong>. Gerade<br />

dann, wenn noch Tapetenreste am Holz<br />

kleben, wenn die Balken angekokelt s<strong>in</strong>d,<br />

28 www.liebes-land.de 1/2011 1/2011 www.liebes-land.de 29<br />

Heft 1/2011<br />

2011<br />

Fotos: Aschaeh Khodabakhshi


In der Werkstatt geht<br />

es zur Sache: Mit e<strong>in</strong>er<br />

Stahlbürste re<strong>in</strong>igt der<br />

Schre<strong>in</strong>er das Eichenholz<br />

von Putz, Lehm und Dreck.<br />

Endlich Erleuchtung: Mehrere<br />

Stunden braucht der Schre<strong>in</strong>er, bis<br />

aus ollen Balken solche schmucken<br />

Leuchten entstehen.<br />

Mit e<strong>in</strong>em Kettenstemmer lässt<br />

sich das Holz ganz leicht schneiden.<br />

Für Klöppel und Stechbeitel ist die<br />

Eiche zu robust.<br />

weil es im Haus mal gebrannt hat, oder<br />

wenn Insekten daran geknabbert haben.<br />

Für <strong>Müller</strong> s<strong>in</strong>d es Spuren von gelebtem<br />

Leben. Der hüfthohe <strong>Eichenbalken</strong> etwa,<br />

den er zu e<strong>in</strong>er Leuchte umbaute, hat<br />

noch e<strong>in</strong>en Zapfen, se<strong>in</strong> Pendant e<strong>in</strong>en<br />

Schlitz. Per Holznagel verbanden die<br />

Tischler früher so die <strong>alte</strong>n Balken.<br />

In der Werkstatt geht es rustikal zur<br />

Sache. Mit Zangen, Beilen und Hämmern<br />

befreit <strong>Müller</strong> die Hölzer von Nägeln,<br />

Putzresten oder Lehm. Dann werden sie<br />

sandgestrahlt, damit die Struktur wieder<br />

hervortritt, und mit e<strong>in</strong>er Stahlbürste gere<strong>in</strong>igt.<br />

Mit e<strong>in</strong>em Kettenstemmer fräst er<br />

<strong>in</strong> kurzer Zeit kle<strong>in</strong>e Kammern <strong>in</strong>s Holz,<br />

um dar<strong>in</strong> Teelichter e<strong>in</strong>zusetzen. Die<br />

Holzbalken sorgen so für lichte Momente<br />

im Wohnzimmer oder auf der Terrasse.<br />

Später erh<strong>alte</strong>n die guten Stücke e<strong>in</strong>en<br />

Weg <strong>in</strong> die Werkstatt<br />

<strong>Schre<strong>in</strong>erei</strong> <strong>Müller</strong>, K<strong>alte</strong>nborner Mühle,<br />

56357 <strong>Marienfels</strong>, Tel. (06772) 96 00 12,<br />

www.schre<strong>in</strong>erei-heike-mueller.de<br />

Die Arbeit mit dem Eichenholz ist für den Schre<strong>in</strong>ermeister<br />

Stefan <strong>Müller</strong> eigentlich nur Liebhaberei,<br />

Achtung vor der Geschichte und Zubrot. Se<strong>in</strong> Geld<br />

verdient er vor allem mit konventionellem Möbelbau.<br />

Wer früher etwas auf sich hielt, baute<br />

mit robustem Eichenholz<br />

<strong>Müller</strong>s Mitarbeiter<br />

Sven Crecelius<br />

streicht die guten<br />

Stücke mit Bienenwachsöl.<br />

Dann h<strong>alte</strong>n<br />

sie es auch an der<br />

frischen Luft aus.<br />

Schutz aus Bienenwachsöl. So s<strong>in</strong>d sie<br />

gegen Feuchtigkeit resistenter, die Maserung<br />

tritt schöner hervor.<br />

Der Schre<strong>in</strong>ermeister <strong>in</strong>vestiert <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Arbeit<br />

dieser Art mehrere Stunden, manchmal<br />

auch e<strong>in</strong>en Tag. Deshalb kosten solche<br />

Leuchten rund 270 Euro. Nach oben<br />

s<strong>in</strong>d se<strong>in</strong>en Möbelstücken fast ke<strong>in</strong>e Grenzen<br />

gesetzt. Schnäppchenjäger werden bei<br />

ihm nicht glücklich, Eichrichtungsfans mit<br />

<strong>in</strong>dividuellem Geschmack schon. „Me<strong>in</strong>e<br />

Möbelstücke gibt es nur e<strong>in</strong>mal“, sagt<br />

<strong>Müller</strong>. Die antiken Eichenhölzer haben es<br />

ihm angetan. „Fachwerkhäuser haben unsere<br />

Vorfahren früher fast von Hand gebaut.<br />

Dabei floss jede Menge Schweiß,<br />

denn Masch<strong>in</strong>en, die uns heute das Holz<br />

millimetergenau schneiden, hatten sie<br />

nicht zur Verfügung. Und trotzdem stehen<br />

viele Gebäude immer noch.“<br />

30 www.liebes-land.de 1/2011<br />

Beistelltisch (oben), Spiegel (ganz l<strong>in</strong>ks),<br />

Lagerfeuer (l<strong>in</strong>ks): Jedes Stück ist e<strong>in</strong> Unikat.<br />

Ideen für neue Entwürfe gibt es genug.<br />

Manchmal sitzt <strong>Müller</strong> abends nach<br />

Dienstschluss <strong>in</strong> der Werkstatt und kritzelt<br />

sie <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Block. Heraus kommen<br />

Balken, <strong>in</strong> die er Brennkammern aus<br />

Beton gießt, Edelstahlblechwannen vom<br />

Schlosser e<strong>in</strong>setzt und mit Bio-Ethanol<br />

füllt. So entstehen behagliche Lagerfeuer.<br />

In andere Balken arbeitet der Schre<strong>in</strong>ermeister<br />

Bewegungsmelder e<strong>in</strong>, die den<br />

Hause<strong>in</strong>gang oder Treppenaufgang beleuchten.<br />

Fürs Wohnzimmer baut <strong>Müller</strong><br />

Tische mit vier massiven Eichenholzbe<strong>in</strong>en,<br />

e<strong>in</strong>er Glasplatte und e<strong>in</strong>er darunter<br />

liegenden Holzablage. Dazu legt er Zertifikate<br />

bei, die dokumentieren, wie alt das<br />

Eichenholz ist, aus welchem Haus es<br />

stammt und wer dar<strong>in</strong> gewohnt hat. Alle<br />

Balken s<strong>in</strong>d m<strong>in</strong>destens 200 Jahre alt.<br />

Stefan <strong>Müller</strong> ist sich sicher: „Sie werden<br />

uns alle noch überleben.“<br />

Philipp Schneider<br />

1/2011 www.liebes-land.de 31

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