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Einweihung „Ernst-Jung-Strasse“ - Winterthur-glossar.ch

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Departement Bau<br />

Vermessungsamt<br />

Feier zur Enthüllung neuer Strassennamen im Werk 1<br />

Sulzerareal Stadtmitte <strong>Winterthur</strong><br />

Samstag 18. Mai 2013<br />

<strong>Einweihung</strong> „Ernst-<strong>Jung</strong>-Strasse“<br />

Referat von Prof. Dr. med. Ernst G. <strong>Jung</strong>, Urenkel von Ernst <strong>Jung</strong><br />

Ein freudiger Anlass hat uns hier und jetzt zusammengeführt, uns, die Urenkelinnen<br />

und Urenkel des Ar<strong>ch</strong>itekten Ernst Georg Constantin <strong>Jung</strong>, der 1841 in Basel geboren<br />

wurde und fast genau vor 100 Jahren in <strong>Winterthur</strong> verstarb. Dazu kommt no<strong>ch</strong><br />

eine prä<strong>ch</strong>tige Zahl unserer Kinder und Enkeln. So fügen wir no<strong>ch</strong> 2 weitere Generationen<br />

Ur- hinzu. Wir alle freuen uns, dass na<strong>ch</strong> Ihm eine Strasse benannt wird und<br />

wir danken unserer Heimatstadt <strong>Winterthur</strong>, dass dies gerade hier ges<strong>ch</strong>ieht. Da<br />

nämli<strong>ch</strong>, wo er über viele Jahre, 1871 bis 1907, immer wieder gebaut hat, Gusswarenfabrik,<br />

Verwaltungsgebäude, Kesselhaus, Wohnbauten und anderes hier im Gelände<br />

des Sulzerareal, eben hier, wo wir jetzt versammelt sind, aber au<strong>ch</strong> der SLM,<br />

der “Loki“. Und stadtauswärts von hier erri<strong>ch</strong>tete er Arbeitersiedlungen mit dem Kindergarten<br />

dazu. Dies alles, einges<strong>ch</strong>lossen 13 Lot seiner Provenienz, bleibt erhalten,<br />

wenn au<strong>ch</strong> umgenutzt. Sol<strong>ch</strong>es ges<strong>ch</strong>ieht im Rahmen der Konversion der Fabrikgelände<br />

zur Neuverwendung im Rahmen unserer si<strong>ch</strong> enorm wandelnden Heimatstadt.<br />

Und nun wird dieser Berei<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> unsere Ernst-<strong>Jung</strong>-Strasse neu ers<strong>ch</strong>lossen<br />

- und als Erinnerung festges<strong>ch</strong>rieben.<br />

Wo kam er her, will i<strong>ch</strong> Ihnen erzählen:<br />

Geboren am 27.2.1841 als drittjüngstes von 13 Kindern aus 3 Ehen seines Vaters<br />

Karl Gustav <strong>Jung</strong>, Prof. der Medizin in Basel. In Basel ist er aufgewa<strong>ch</strong>sen und hat<br />

1860 seine Lehre als Maurermeister abges<strong>ch</strong>lossen. Dann folgte das Studium der<br />

Ar<strong>ch</strong>itektur an der Bauakademie Berlin bis 1866, der klassizistis<strong>ch</strong>en S<strong>ch</strong>ule von Alfred<br />

S<strong>ch</strong>inkel. Ans<strong>ch</strong>ließend ging er als Ar<strong>ch</strong>itekt na<strong>ch</strong> Mühlhausen ins Elsass, wo er<br />

1867 in das Büro des französis<strong>ch</strong>en Starar<strong>ch</strong>itekten Frédéric de Rutté eintrat. Der<br />

französis<strong>ch</strong>e Neo-Barock und die Neu-Renaissance wirkten auf ihn ein. Von dort aus<br />

erhielt er den Auftrag, die Villa Bühler in <strong>Winterthur</strong> als Bauleiter zu übernehmen. So<br />

kam er na<strong>ch</strong> <strong>Winterthur</strong>. In der winterli<strong>ch</strong>en Ruhezeit des Baues unternahm er eine<br />

sog. „Grosse Reise“ na<strong>ch</strong> Italien auf einer ar<strong>ch</strong>itektonis<strong>ch</strong> interessanten Route na<strong>ch</strong><br />

Rom und zurück. Viele Skizzenbü<strong>ch</strong>er zeugen no<strong>ch</strong> davon.<br />

Nun, <strong>Winterthur</strong> gefiel ihm und er blieb, eröffnete sein eigenes Ar<strong>ch</strong>itekturbüro am 1.<br />

Dezember 1869, wel<strong>ch</strong>es er 1887 dur<strong>ch</strong> die Partners<strong>ch</strong>aft mit Otto Bridler erweiterte<br />

und bis 1907 führte.<br />

Referat Ernst <strong>Jung</strong>.docx Geändert am: 13.05.2013


Ernst-<strong>Jung</strong>-Strasse Seite 2 / 3<br />

1870 heiratete er Fanny Biedermann (1846-1887), To<strong>ch</strong>ter des Theologen und Zür<strong>ch</strong>er<br />

Universitätsprofessors Alois Emanuel Biedermann (1819-1885). Sie hatten 4<br />

Kinder, deren erstes war Dr. jur. Ernst <strong>Jung</strong> mein Großvater. Die zweiten Ehe, 2<br />

Jahre na<strong>ch</strong> dem Tod von Fanny 1889 mit Anna Egg (1847-1926) eingegangen, blieb<br />

kinderlos.<br />

Und was bewirkte er, so will i<strong>ch</strong> weiterfahren:<br />

37 Jahre Ar<strong>ch</strong>itekt in <strong>Winterthur</strong>, das führende Ar<strong>ch</strong>itekturbüro in der Stadt und ein<br />

sehr umfangrei<strong>ch</strong>es, äußerst vielseitiges Bauen weisen ihn aus. Der Werkkatalog<br />

seines Biographen Dr. Moritz Flury-Rova umfasst 184 Werke (Neujahrsblatt der<br />

Stadtbibliothek <strong>Winterthur</strong> 2008, Bd. 339). Die allermeisten stehen no<strong>ch</strong>.<br />

Glänzend ausgebildet, von der Basis als Maurer und dur<strong>ch</strong> die Ausbildung in<br />

Deuts<strong>ch</strong>land und Frankrei<strong>ch</strong>, beherrs<strong>ch</strong>te er Klassik in Deuts<strong>ch</strong>land und Italien, sowie<br />

Barock und Renaissance aus Frankrei<strong>ch</strong> und verfügte dadur<strong>ch</strong> über alle Mögli<strong>ch</strong>keiten,<br />

diese Stilformen in ihren neuerweckten Prägungen modern zu gestalten.<br />

Er verhalf dem Backstein in Struktur und im Dekor zum Dur<strong>ch</strong>bru<strong>ch</strong>. Bestens gerüstet<br />

war er in der Lage, die vielfältigen Wüns<strong>ch</strong>e der Industrie- und Gartenstadt <strong>Winterthur</strong><br />

aufzunehmen und bestmögli<strong>ch</strong> umzusetzen. Das hat er mit großem Erfolg<br />

getan: Industriebauten und S<strong>ch</strong>löss<strong>ch</strong>en, Arbeitersiedlungen und Villen, Wohnhäuser<br />

und Zweckbauten. Einen eigenen, neuen Stil allerdings s<strong>ch</strong>affte er ni<strong>ch</strong>t, wenn au<strong>ch</strong><br />

die Betonung auf Einheitli<strong>ch</strong>keit von Außen und Innen, die Sorgfalt der Wohngestaltung<br />

und florale Elemente s<strong>ch</strong>on auf Jugendstil und funktionales Bauen hinweise<br />

könnten.<br />

Er war ein s<strong>ch</strong>öner Mann, groß gewa<strong>ch</strong>sen und gepflegt, eine lebhafte Frohnatur,<br />

und au<strong>ch</strong> etwas eitel. Sol<strong>ch</strong>es lebte er aus im Kunstverein, als Freimaurer, beim Militär<br />

und der Feuerwehr und man<strong>ch</strong> weiterer Gelegenheit.<br />

Ernst G.C. <strong>Jung</strong> prägte das Stadtbild von <strong>Winterthur</strong> na<strong>ch</strong>haltig; sowohl dur<strong>ch</strong> seine<br />

Ar<strong>ch</strong>itektur, als au<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> sein persönli<strong>ch</strong>es Engagement im Gesells<strong>ch</strong>aftsleben<br />

seiner Heimatstadt. So mö<strong>ch</strong>te man Ihn erinnert wissen. Jetzt und au<strong>ch</strong> in Zukunft.<br />

Einige Beispiele mögen dies unterstrei<strong>ch</strong>en:<br />

1867-69 Villa Bühler, sein Erstling Lindstr. 8 steht, jetzt Museum<br />

1887/8 Villa Ry<strong>ch</strong>enberg Ry<strong>ch</strong>enberg.str.96 steht, Musiks<strong>ch</strong>ule<br />

1894/5 Bahnhof-Erweiterung, Aufnahmegebäude steht no<strong>ch</strong><br />

1896 <strong>Jung</strong>heim, sein Eigen Römerstr. 36 Wohnhaus<br />

1903/4 Freimaurerloge Akazia S<strong>ch</strong>walmenacker 7 steht no<strong>ch</strong><br />

1905 Umbau alte Loge Ob. Graben 6 Hotel Loge


Ernst-<strong>Jung</strong>-Strasse Seite 3 / 3<br />

Und dazu gehört ni<strong>ch</strong>t zuletzt au<strong>ch</strong> dieses Fabrikareal hier, neu gegliedert dur<strong>ch</strong> die<br />

Konversion und ers<strong>ch</strong>lossen dur<strong>ch</strong> seine Strasse, die Ernst <strong>Jung</strong> Strasse, die wir<br />

heute einweihen.<br />

Hundert Jahre na<strong>ch</strong> seinem Ableben.<br />

Wir Na<strong>ch</strong>fahren freuen uns darüber und er wäre si<strong>ch</strong>er stolz!<br />

Prof. Dr. med. Ernst G. <strong>Jung</strong><br />

Maulbeerweg 20<br />

D-69120 Heidelberg<br />

ernst.g.jung@t-online.de

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