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Luxemburger

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Mehrsprachigkeit in<br />

Luxemburg<br />

Fernand Fehlen<br />

Saarbrücken, 21. September 2011


Geschichtlicher und<br />

sprachgeschichtlicher Abriss


Nationenbildung<br />

• Nationalstaat (État-nation) historisch neues<br />

Phänomen, charakterisiert durch:<br />

– Integration der Bevölkerung: soziokulturelle und<br />

politische Einrichtungen: Gerichtswesen,<br />

Schulsystem; Wahlrecht; Öffentlichkeit<br />

– Äußere Symbole: Flaggen, Hymnen, Wappentiere,<br />

Nationalfeiertage …<br />

– Nationalsprachen<br />

– nationale Geschichte nationale Mythen<br />

• Gründungsdatum 963<br />

• Topos der Fremdherrschaft<br />

• tausendjährige Sprache<br />

• Eric Hobsbawm (1991): Nationen und Nationalismus. Mythos und Realität seit 1780.<br />

• Benedict Anderson (1988): Die Erfindung der Nation.


Gilbert Trausch: “De l’État à la nation”<br />

• Ausbau des Luxemburgischen zur<br />

Sprache eng mit dem<br />

Nationsbildungsprozess verwoben<br />

• Ausbauprozess der Sprache noch nicht<br />

abgeschlossen<br />

“De l’État à la nation” … et à la langue<br />

TRAUSCH, Gilbert: Histoire du Luxembourg. Paris: Hatier, 1992.


• 1815: Wiener Kongress<br />

– Schaffung des Großherzogtums<br />

– „Privatbesitz“ des niederländischen Königs<br />

– „18. Provinz“ der Niederlande<br />

– einer von 39 Staaten des Deutschen Bundes<br />

– Hauptstadt: Bundesfestung<br />

• 1830: Revolution der Südprovinzen<br />

• 1839: Abtrennung der wallonischen Region<br />

• 1867: Schleifung der Festung und Neutralität<br />

• 1890: eigene, von den Niederlanden<br />

unabhängige Dynastie (Nassau-Weilburg)


1839: Teilung des<br />

Großherzogtums<br />

„Der abgetretene Teil des<br />

Großherzogtums enthält wenig mehr<br />

wie den wallonischen Teil der<br />

Bevölkerung. (…) Seine Einwohner,<br />

durch Nationalität und Sinnesweise von<br />

den übrigen völlig gesondert (…)<br />

würden niemals wahre Deutsche<br />

geworden sein.“ zitiert nach Stengers (1989: 27)


Die Teilungen<br />

des<br />

Herzogtums<br />

Luxemburgs<br />

und die<br />

Sprachgrenze


Sprachensituation in<br />

Luxemburg<br />

• Arme ländliche Gesellschaft<br />

• Analphabetismus verbreitet (besonders<br />

auf dem Land)<br />

• Bourgeoisie spricht französisch und<br />

hochdeutsch<br />

• Konfliktsituation Stadtnotabeln vs.<br />

(preußische) Festungsgarnison


1841-1848 „Staatsgründung“<br />

• Ständeverfassung<br />

– <strong>Luxemburger</strong> Staatsbürgerschaft<br />

– Staatliche Institutionen<br />

– Schulgesetz<br />

– Fahne<br />

CALMES, Albert: La création d'un Etat. Luxembourg: Saint-Paul, 1954.


Motive für Frankophilie und<br />

Frankoponie<br />

• F: Weltsprache, höfische Sprache,<br />

Kultursprache, Modesprache, Sprache des<br />

Fortschritts<br />

• Herrschende Klasse:<br />

– Notabeln = Notare, Rechtsgelehrte, Beamte,<br />

Richter, Steuereintreiber<br />

• städtisches Kleinbürgertum<br />

– Abneigung gegen preußische Besatzung<br />

• Handwerker, Bauern<br />

– F + B : Arbeitsmarkt; Lehrjahre


1850er<br />

• Noch kein Nationalbewusstsein<br />

• Luxemburg als Stamm des deutschen<br />

Volkes<br />

• Sonderbewusstsein:<br />

Mir welle bleiwe, wat mir sin (Lentz 1859)<br />

• Letzebuerger Däitsch -> ons Daïtsch<br />

(Dicks 1855)


De Feierwon<br />

Michel Lentz 1859<br />

De Feierwon dén as bereet,<br />

E päift durch d'Loft a fort e geet,<br />

Am Dauschen iwer d'Stroos vun Eisen,<br />

An hie geet stolz den Noper weisen,<br />

Dat mir nun och de Wee hu fond,<br />

Zum éiweg grousse Völkerbond,<br />

Kommt hier aus Frankräich, Belgie, Preisen,<br />

Mir wellen iech ons Hémecht weisen,<br />

Frot dir no alle Säiten hin,<br />

Mir welle bleiwe wat mir sin.<br />

Frot dir no alle Säiten hin,<br />

Mir welle bleiwe wat mir sin.<br />

Michel Engels (1851-1901)<br />

Allegorie Feierwon


1939 -> nationale Identität<br />

• „100 Jahre“-Feier<br />

– Inszenierung der Nation und deren Geschichte<br />

durch Umzüge<br />

• Staatsbürgerschaftsrecht:<br />

– Luxemburgisch als Voraussetzung (allerding nur<br />

informell)<br />

– Doppelte Jus solis wird abgeschafft<br />

– Luxemburgisch in Reden bei offiziellen<br />

Anlässen … und später auf BBC-London


Besetzung<br />

Luxemburgs<br />

10. Mai 1940<br />

Kampf gegen<br />

die<br />

“Verwelschung”


Luxemburgisch:<br />

Sprache oder Dialekt<br />

• Max Weinreich 1944:<br />

A shprakh iz a dialekt mit an armey un a flot.<br />

• Auguste Brun 1946:<br />

Une langue est un dialecte qui a réussi,<br />

un patois est un dialecte qui s’est dégradé<br />

• Kloss 1952:<br />

Luxemburgisch - Ausbausprache<br />

Kloss, Heinz (1952): Die Entwicklung neuer germanischer<br />

Kultursprachen von 1800 bis 1950. München.


Sprachengesetz


Sprachensituation heute


Wirtschafticher und<br />

gesellschaftspolitischer Hintergrund<br />

• Globalisierung<br />

• Wirtschaftlicher Boom<br />

• Nachfrage nach Arbeitskräften <br />

– Rückgriff auf Immigration und Grenzpendler<br />

• Luxemburgischkenntnisse (und Beherrschung der<br />

spezifisch luxemburgischen Mehrsprachigkeit)<br />

• Mangelware<br />

• Wert dieser Kompetenz steigt<br />

• Relativierung: Geltungsbereich dieser “nationalen<br />

sprachlichen Kompetenz” beschränkt


Jüngste Entwicklungen:<br />

• Zunahme der Französischsprecher<br />

• Gleichzeitig: abnehmende Bedeutung des<br />

Französischen als Prestigesprache<br />

• Symbolische und reale Aufwertung des<br />

Luxemburgischen<br />

• Sprecherzahl (heute ca. 400.000)<br />

• Luxemburgisch als Fremdsprache <br />

• Buchproduktion; Lernmaterial; Rechtschreibprogramme <br />

• Aber auch: Sprachpatriotismus und Sprachpurismus <br />

Debatte um „Leitkultur“<br />

Abschottung einer “Kerngesellschaft” vor “Überfremdung”


• Baleine2008a : Enquête par<br />

questionnaire réalisée par téléphone<br />

auprès d'un échantillon de 2795<br />

personnes représentatives de la<br />

population résidente âgée de 18 à 70<br />

ans en avril et mai 2008.<br />

• Baleine2008b : Enquête par<br />

questionnaire réalisée par téléphone<br />

auprès d'un échantillon de 2525<br />

personnes représentatives de la<br />

population résidente âgée de plus de 15<br />

ans entre octobre 2007 et février 2008.<br />

• Baleine2004 : Enquête par questionnaire<br />

réalisée dans le cadre du projet de<br />

recherche FNR/02/05/06 par téléphone<br />

auprès d'un échantillon de 1708<br />

personnes représentatives de la<br />

population résidente âgée de 18 à 70<br />

ans en novembre et décembre 2004.


100%<br />

75%<br />

50%<br />

Baleine1997<br />

4.beste<br />

3.beste<br />

2. beste<br />

beste<br />

Gesprochene Sprache<br />

Vergleich 1997 – 2008<br />

<strong>Luxemburger</strong><br />

25%<br />

0%<br />

Französisch<br />

Deutsch<br />

Luxemburg.<br />

Englisch<br />

Portugiesisch<br />

Italienisch<br />

• Lux. unverändert<br />

• Fr. als 2. Sprache <br />

• Deutsch insgesamt <br />

100%<br />

75%<br />

Baleine 2008<br />

5.beste<br />

4.beste<br />

3.beste<br />

• Portugiesisch <br />

• Italienisch <br />

50%<br />

2. beste<br />

beste<br />

25%<br />

0%<br />

Französisch<br />

Deutsch<br />

Luxemburg.<br />

Englisch<br />

Portugiesisch<br />

Italienisch


nur <strong>Luxemburger</strong>:<br />

Zweitbest<br />

gesprochene<br />

Sprache =<br />

Französisch


100%<br />

75%<br />

Baleine1997<br />

4.beste<br />

3.beste<br />

2. beste<br />

beste<br />

Gesprochene Sprache<br />

Vergleich 1997 – 2008<br />

Ausländer<br />

50%<br />

25%<br />

• Mehrsprachigkeit <br />

0%<br />

Französisch<br />

Deutsch<br />

Luxemburg.<br />

Englisch<br />

Portugiesisch<br />

Italienisch<br />

• Franz. als 1. Spr<br />

und insgesamt <br />

Baleine 2008<br />

• Lux (vor Deutsch)<br />

100%<br />

75%<br />

50%<br />

5.beste<br />

4.beste<br />

3.beste<br />

2. beste<br />

beste<br />

• Englisch (5. 3.)<br />

25%<br />

0%<br />

Französisch<br />

Deutsch<br />

Luxemburg.<br />

Englisch<br />

Portugiesisch<br />

Italienisch


100%<br />

75%<br />

50%<br />

4ème langue<br />

3ème langue<br />

2ème langue<br />

1ère langue<br />

Sait parler Luxembourgeois<br />

Baleine 1997<br />

Luxemburgischkentnisse der<br />

Immigranten<br />

nach Einwanderungsjahr<br />

Vergleich 1997 – 2008<br />

25%<br />

0%<br />

après 1990<br />

1980-1990<br />

1970-1980<br />

1960-1970<br />

avant 1960<br />

Sait parler Luxembourgeois<br />

Baleine 2008<br />

100%<br />

75%<br />

50%<br />

5ème langue<br />

4ème langue<br />

3ème langue<br />

2ème langue<br />

1ère langue<br />

25%<br />

0%<br />

après<br />

2000<br />

1990-<br />

2000<br />

1980-<br />

1990<br />

1970-<br />

1980<br />

1960-<br />

1970<br />

avant<br />

1960


Luxemburgisch in der<br />

Öffentlichkeit<br />

Hauptsprache beim Einkaufen und in Gaststätten (in %)<br />

Nur <strong>Luxemburger</strong><br />

Luxembourgeois comme langue principale des<br />

achats<br />

100<br />

Intervalle de confiance 95%<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

77<br />

44<br />

0<br />

1997 2004 2008


Luxemburgisch in der<br />

Öffentlichkeit<br />

Hauptsprache beim Einkaufen und in Gaststätten (in %)<br />

Nur <strong>Luxemburger</strong><br />

Luxembourgeois comme langue principale des<br />

achats<br />

100<br />

Intervalle de confiance 95%<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

77<br />

44<br />

53<br />

0<br />

1997 2004 2008


Gesamte<br />

Wohnbevölkerung:<br />

Luxemburgisch<br />

als erste<br />

Einkaufssprache


Stellenanzeigen<br />

source: “Les langues dans les offres d’emploi du <strong>Luxemburger</strong> Wort 1984-2009”<br />

http://infolux.uni.lu/2010/11

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