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carp connect - Kautz Boilies

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<strong>carp</strong> <strong>connect</strong><br />

Der kleine Junge<br />

von Marcus <strong>Kautz</strong><br />

42


<strong>carp</strong> <strong>connect</strong><br />

43


<strong>carp</strong> <strong>connect</strong><br />

Erst gehen, dann<br />

laufen. Auch<br />

kleine Fische sind<br />

wertvoll!<br />

Auch ohne Fisch ist<br />

das Wasser immer<br />

faszinierend und<br />

geheimnisvoll.<br />

Als ich die letzten<br />

Wochen der Saison<br />

an einem nah gelegenen<br />

See im Winter<br />

meiner Leidenschaft<br />

nachging, erlebte ich<br />

etwas, was mich zu<br />

diesem Bericht veranlasste.<br />

Es war kalt.<br />

Die Außentemperatur<br />

lag zwischen zwei<br />

und acht Grad am Tag<br />

und in den Nächten<br />

ging das Thermometer immer noch unter Null.<br />

Ich hatte Zeit, was an meinem Gesundheitszustand<br />

lag und wollte ein Tageskarten-Gewässer<br />

in meiner nächsten Umgebung befischen.<br />

Ich entschloss mich daher für Tagesansitze mit<br />

einer Dauer von höchstens acht Stunden. Bei<br />

der ersten Sitzung kam gleich ein Profi-Stipper<br />

auf mich zu und sagte, dass ich hier gar<br />

nicht erst mit <strong>Boilies</strong> fischen sollte. Eine Maiskette<br />

würde mich schneller zum Erfolg bringen.<br />

Er hätte in seiner Vergangenheit schon so<br />

manchen Boiliefischer mit einem Misserfolg<br />

nach Hause gehen sehen. Und dann noch im<br />

Winter… Er grinste nur und ging weiter. Gut,<br />

nun hatte ich ja zwei Wochen Zeit, um mich<br />

mit diesem See auseinander zu setzen und<br />

ich wollte hier ein paar schöne Winterfische<br />

fangen, trotz dieser schlechten Neuigkeiten.<br />

Meine Strategie war es, ohne Futter, nur mit<br />

PVA-Bags zu fischen. Ich entschied mich für<br />

einen Boilie aus der Egoist-Winter-Range,<br />

Winter Spice Cinnamon. An meine Hairs<br />

machte ich jeweils zwei 16 mm Bottom Baits.<br />

Es dauerte erstaunlicherweise lediglich gut 16<br />

Stunden, bis ich meinen ersten Fisch überlisten<br />

konnte an diesem neuen Gewässer. Nachdem<br />

der Bann gebrochen war, ging es dann Schlag<br />

auf Schlag und ich konnte dort etliche Fische<br />

bis Mitte 20 Pfund fangen. Insgesamt zog<br />

ich nach gut 70 Stunden Fischen eine durchaus<br />

positive Bilanz: 20 Läufe, von denen ich<br />

jedoch nur die Hälfte an Land bekam. Dennoch<br />

war ich zufrieden und freute mich über<br />

meine Ausbeute.<br />

Obgleich ich mich freute, war meine Freude<br />

allerdings auch etwas gedrückt, da ich in<br />

dieser Zeit einige Menschen kennen lernte, die<br />

mich verwunderten und nachdenklich machten.<br />

Genau von diesen Menschen möchte ich<br />

jetzt berichten.<br />

Alles fing damit an, dass ich wieder einmal<br />

an diesem See angelte und mich ein Junge<br />

von vielleicht gerade mal 15 Jahren besuchte.<br />

Er kam mit geschwollener Brust auf mich zu<br />

und fing nach einer kurzen Vorstellung gleich<br />

an, mir von seinen beachtlichen Erfolgen bei<br />

der Karpfenfischerei zu berichten. Er erzählte<br />

mir von seiner letzten Saison, in der er fünf<br />

Fische von weit über 30 Pfund hatte fangen<br />

können. Anschließend ging er gleich dazu<br />

über, dass er dieses Jahr schon zweimal am<br />

Wasser gewesen wäre, aber nur „einen popeligen<br />

18-Pfünder“ hätte fangen können. Dieser<br />

Junge angelte an einem See, der von einer in<br />

meinem Ort wohnenden Anglergruppe komplett<br />

besetzt worden war. Die Jungs hatten<br />

in den letzten Jahren nichts Besseres zu tun<br />

gehabt, als alle großen Fische aus sämtlichen<br />

Seen und Naturschutzgebieten in unserer<br />

Umgebung zu klauen und in diesen nur drei<br />

Hektar großen See zu packen. Ich kenne diese<br />

Leute und verabscheue sie für ihr Verhalten.<br />

Doch leider bin ich da ziemlich machtlos (zum<br />

Glück angelt keiner von diesen Experten mehr<br />

an diesem See). Ich dachte jedenfalls, ich höre<br />

nicht richtig und sagte dem Jungen, dass er<br />

mir sehr leid tut und er sich doch ganz schnell<br />

an ein anderes Gewässer setzen sollte. Er wiederum<br />

wusste nicht recht, was er mir nun entgegensetzen<br />

sollte und guckte nun verschämt<br />

in die Landschaft. Der Junge angelte erst seit<br />

ein oder zwei Jahren auf Karpfen und war nun<br />

schon so „versaut“ durch die großen Fische,<br />

die er hatte fangen können, dass er komplett<br />

seine Wahrnehmung verloren hatte und den<br />

Wert eines einzelnen Fisches gar nicht mehr<br />

zu schätzen wusste. Er hatte ja auch sofort mit<br />

der Karpfenfischerei, mit Selbsthakmontagen<br />

und Boilie angefangen und nie die Erfahrung<br />

gemacht, diesen Fischen mal mit Mais,<br />

Teig oder Kartoffeln nachzustellen. Es zählt<br />

in meinen Augen noch heute zu ganz entscheidenden<br />

Punkten im Leben eines jeden<br />

Anglers, die Grundlagen gelernt zu haben.<br />

„Karpfen fängt man mit der Pose“ – ein Zitat<br />

aus einer Anglerzeitschrift aus dem Jahr 1988!<br />

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<strong>carp</strong> <strong>connect</strong><br />

Ich erklärte ihm, dass es nicht die Regel sei, so<br />

große Fische zu fangen. Wenn man einmal das<br />

Glück hätte, etwas Großes zu fangen, sollte<br />

man niemals die Bodenhaftung verlieren. Ich<br />

versuchte ihm deutlich zu machen, dass er sich<br />

sein Hobby für das ganze Leben aufheben und<br />

er sein Handeln überdenken sollte. Wenn ich<br />

mir vorstelle, was aus diesem Junge in drei, vier<br />

Jahren werden könnte, bekam ich Angst.<br />

Wir sprachen darüber, dass ich Angler<br />

kannte, die in ihrer 25-jährigen Laufbahn<br />

in Deutschland noch nicht einen Fisch über<br />

40 Pfund hätten fangen können. Sie angeln<br />

an Gewässern, die diese großen Fische zwar<br />

beherbergen, aber es ist eine ganz andere Herausforderung,<br />

dort auch nur einen Fisch über<br />

30 Pfund zu fangen. Auch diese Angler sind<br />

immer auf der Suche nach ihrem Personal<br />

Best, aber sie würden niemals einen 18-Pfünder<br />

gering schätzen, sondern sich im Grunde<br />

ihres Herzen immer noch freuen, wie ein kleiner<br />

Junge…<br />

Unser Gespräch drehte sich weiter um zwei<br />

andere Seen in dieser Umgebung, die beide<br />

höchstens eine Größe von sechs Hektar oder<br />

weniger hatten und auch einen beachtlichen<br />

Großfischbestand aufwiesen. An diesen Seen<br />

sammelten sich unglücklicherweise dieselben<br />

Charaktere von Jugendlichen und anderen<br />

„Big Fish Huntern“ wie hier. Sie schmückten<br />

sich natürlich mit vielen Fischen von über 40<br />

Pfund und waren dadurch völlig überzeugt<br />

von ihrem Handeln. Mit Pose und einer leichten<br />

Rute brachten sie allerdings nicht einmal<br />

eine Rotfeder an Land.<br />

Mein „Freund“ wurde im Laufe der Unterhaltung<br />

immer kleiner und druckste ein wenig<br />

herum. Er fragte mich ob, ich<br />

denn nicht an diesen Seen angelte,<br />

denn schließlich hätte ich ja eine<br />

Köderfirma und müsste dafür<br />

doch Erfolge bringen. Ich schaute<br />

den Jungen nur an und sagte ihm,<br />

dass der Erfolg oder Misserfolg<br />

meines Unternehmens sich sicher<br />

nicht mit irgendwelchen Aktionen<br />

an solchen Seen bestimmen<br />

lassen könnte. Weiter versuchte<br />

ich ihm zu erklären, dass es mir<br />

um den Stellenwert der Fänge<br />

ginge. Es wäre sicherlich möglich,<br />

an solchen Seen große<br />

Fische zu fangen, aber es hätte für<br />

mich persönlich nur wenig Wert.<br />

Meine Vorliebe ist es, an Gewässern<br />

zu fischen, an denen sich<br />

Großfischangler nicht unbedingt<br />

aufhalten würden. Wenn ich an<br />

solchen Seen, ohne irgendwelche<br />

Futteraktionen,<br />

nur mit 200 bis 500<br />

Gramm <strong>Boilies</strong> um<br />

meine Hakenköder<br />

in 12 bis 18 Stunden<br />

einen Fisch fange,<br />

öffnen sich mir<br />

ganz andere Welten.<br />

Dabei ist es ganz<br />

egal, wie groß der<br />

Fang eigentlich ist.<br />

Seine Augen wurden<br />

immer größer und er<br />

schaute mich fragend an. Ich fragte ihn, was er<br />

den meinen würde, warum ich an diesem See<br />

angelte, obgleich es hier doch gar keine Fische<br />

über 30 Pfund gibt. Er antwortete mir jedoch<br />

nicht, schaute mir nur noch mal in die Augen<br />

und verabschiedete sich von mir.<br />

Obwohl ich vermutlich sein ganzes Denken<br />

und Handeln ins Wanken gebracht hatte,<br />

kam der Junge noch einmal vorbei. Dieses<br />

Mal hatte er seine Angelsachen dabei! Dies<br />

erstaunte mich sehr, da es hier doch höchstens<br />

Fische bis 25 Pfund gab.<br />

Ich hoffe sehr für ihn, dass er trotz seiner<br />

Großfisch-Erfahrungen wieder dort angekommen<br />

ist, wo er hingehört: An einen ganz<br />

normalen See, mit vielen schönen Karpfen,<br />

bei denen das Gewicht nur sekundär ist! Und<br />

noch schöner wäre es, wenn er die <strong>Boilies</strong> zu<br />

Hause lassen würde und mit der Pose oder mit<br />

dem Schwimmbrot seinen Fischen nachstellen<br />

würde. Denn nur so wird er bis zum Ende<br />

seiner Tage viel Spaß an dieser Leidenschaft<br />

empfinden können...<br />

Marcus <strong>Kautz</strong><br />

Ein kleiner Fisch<br />

ist manchmal sogar<br />

schwieriger zu<br />

fangen als andere!<br />

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