27.01.2015 Aufrufe

Rede - CommonsBlog

Rede - CommonsBlog

Rede - CommonsBlog

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Was sind Gemeingüter<br />

GLS Treuhand Mitgliederversammlung, Bochum, den 12.06.09<br />

Silke Helfrich<br />

Stellen Sie sich vor...<br />

Der russische Schachweltmeister Alexander Aljechin hätte seine berühmte Eröffnung, die Aljechin­<br />

Verteidigung patentiert! Und jeder Schachspieler, der diese Verteidigung heute spielt, müsste dann<br />

Lizenzgebühren an Aljechins Erben zahlen. Es ist davon auszugehen, dass das den Ruhm Aljechins in der<br />

Schach­Community erheblich geschmälert hätte. Es gibt Dinge, die macht man einfach nicht.<br />

Oder stellen Sie sich vor, jemand käme auf die Idee, das Sammeln von Beeren und Pilzen „neu zu ordnen“.<br />

Schließlich sind das Gemeinressourcen, die in supermarktverwöhnter Zeit unzureichend genutzt werden.<br />

Man verbietet daher das Selberpflücken – zur Optimierung der Ernte und zum Auffüllen klammer Kassen.<br />

Die jeweilige regionale Behörde stellt qualifizierte, professionelle Pilzsammler ein und beansprucht die<br />

Vermarktung der Produkte für sich. Übrigens keine abstrakte Vorstellung. Es gibt österreichische<br />

Universitäten, die das ernsthaft diskutieren.<br />

Oder: Stellen Sie sich vor, nicht Tim Berners­Lee hätte das WWW erfunden, sondern Bill Gates<br />

Berners­Lee schrieb 1989 die Seitenbeschreibungssprache HTML und das entsprechende Protokoll HTTP. Er<br />

arbeitete damals am CERN, dem Europäischen Kernforschungsinstitut. Berners­Lee ließ seine Ideen und<br />

technischen Umsetzungen nicht patentieren. Er sorgte dafür, dass das World Wide Web Consortium<br />

(W3C) nur patentfreie Standards verabschiedete. Dieses Vorgehen zeugt von einer bestimmten Moral im<br />

Umgang mit den Dingen. Nennen wir es: Moral des Fair­Teilens.<br />

Berners­Lee sagt, er habe keine Lust, den Rest seines Lebens damit zu verbringen, zu kontrollieren ob<br />

jemand sein Patent verletzt. Er hat auf Kontrolle verzichtet. Gemeingüter hängen wesentlich von<br />

Selbstorganisation und vom Kontrollverzicht Einzelner ab.<br />

Hätte Bill Gates das WWW erfunden, besäße er vermutlich jetzt das ganze Geld der Erde und der Rest der<br />

Menschheit Windows­Gutscheine, Online­Banking würde solange dauern wie die De­Installation von<br />

Windows Vista und die Viren lebten im Schlaraffenland.<br />

Bill Gates sagt:<br />

„Es gibt nichts, was wir nicht sagen würden um zu versuchen, die Menschen davon zu überzeugen,<br />

dass unser Weg der Weg ist, der gegangen werden muss.“<br />

Das zeugt von einer anderen Moral im Umgang mit den Dingen.<br />

Und schließlich: Was wäre, wenn Sprache kein Commons wäre Wenn die Nutzung der Sprache den<br />

Launen der Spracheigentümer entspräche Dann dürfte man in jeder Sprache eine Grundanzahl von Wörtern<br />

gebührenfrei nutzen. Sagen wir: 80 gemeinfreie Wörter. Die einzigen zusätzlichen gemeinfreien Wörter<br />

wären “Feuer” und “Hilfe”. Das würde in den Verfassungen so festgeschrieben. Kraftausdrücke oder<br />

doppeldeutige Begriffe hätten vielleicht die Kirchen aufgekauft. Auch wer flucht oder laut über Sex<br />

nachdenkt, muss fortan tiefer in die Tasche greifen.<br />

Dieses Sprachbeispiel gefällt mir, denn es lehrt uns Einiges über die Natur der Gemeingüter:<br />

1. Das Wichtigste, weil Mutmachende: Es gibt (noch) viele Dinge, da ist es eine Selbstverständlichkeit,<br />

dass sie als Gemeingut funktionieren.<br />

2. Es gibt eine Menge Bedingungen dafür, dass etwas als Gemeingut funktioniert.<br />

Zunächst einmal: Wir können uns den Gemeingütern gegenüber nicht passiv verhalten. Wir müssen aktiv<br />

etwas tun. Wir selbst, nicht die anderen. So, wie wir Sprache selbst lernen müssen. Wer das von klein auf<br />

tut, hat es leichter, doch auch er muss sie pflegen. Gemeingüter müssen gepflegt werden. Wer eine Sprache<br />

im Erwachsenenalter lernt weiss, wie müßig das sein kann.


Wenn wir verstanden werden wollen, müssen wir Regeln respektieren. Grammatikalische, phonetische, aber<br />

auch soziale. Wir können nicht einfach sprechen wie wir wollen und wir können nicht einfach sagen was wir<br />

wollen. Wir müssen achtsam sein – die Umgebung, die Interessen der anderen berücksichtigen.<br />

Wir müssen eine bestimmte Anzahl von Nutzerinnen und Nutzern haben – also eine hinreichend große<br />

Gemeinschaft, die die Sprache gebraucht und sie pflegt. Stirbt die Gemeinschaft, stirbt das Gemeingut,<br />

die Sprache. Und umgekehrt. Stirbt die Sprache stirbt ein Teil des kulturellen Gedächtnisses, ein Teil der<br />

Seele der Gemeinschaft.<br />

Sterben die Wälder, sterben ganze Gesellschaften, wie eindrucksvoll die Geschichte der Osterinsel zeigt. Das<br />

heißt: Gemeingüter sind immer an konkrete Nutzungsgemeinschaften gebunden. Das findet seinen<br />

unvergleichlichen Ausdruck im alten deutschen Wort All­mende (und im englischen Begriff der Commons)<br />

Was wir am Beispiel der Sprachen auch erkennen – ist das große Problem der meisten Gemeingüter. Es geht<br />

den Sprachen wie vielen Gemeingütern: sie schwinden, sie erodieren. Sie sterben aus. Es gibt derzeit über<br />

5000 Volksgruppen und Kulturen und über 6000 lebende Sprachen. Ein Drittel davon sind Kleinsprachen mit<br />

weniger als 1000 aktiven Sprechern. Circa 90 % werden voraussichtlich bis Ende des Jahrhunderts auf dieser<br />

Erde nicht mehr zu hören sein. Mit ihnen die Geschichten, Traditionen und das Wissen, das sie bergen. Unser<br />

Umgang mit dem Schatz der Biodiversität ist nicht besser. Wissenschaftler sagen voraus, dass bis 2048 alle<br />

kommerziell genutzten Fischbestände kollabieren. Wenn wir so weiter machen. Heute sind es etwa ein<br />

Drittel. Mit den Arten sterben auch die Kulturen, das Wissen um ihre Nutzung und Pflege.<br />

Ressourcen, für die wir in ähnlicher Weise wie für unsere Sprache Verantwortung tragen, die wir<br />

gebrauchen, aber nicht verbrauchen sollten, gibt es überall. Lokal, regional und global. Wir haben sie<br />

entweder ererbt oder kollektiv geschaffen. Niemand hat sie individuell hergestellt. Deshalb stehen sie auch<br />

niemandem individuell zu.<br />

Was also sind Gemeingüter<br />

Es ist wie beim Geruch. Wie soll man den Geruch in einer wissenschaftlichen Definition erfassen<br />

(Olfaktionsforscher sagten mir, dass das tatsächlich nicht geht.) Man muss assoziieren und vergleichen. Man<br />

muss riechen, um zu verstehen, was der Geruch ist. In ähnlicher Weise kann man die Idee der Gemeingüter<br />

nur erlebend erfassen oder bestenfalls in unserem kollektiven kulturellen Gedächtnis erinnern: als<br />

besondere Form des sozialen Miteinanders.<br />

Erhellend sind die Gedanken des us­amerikanischen Historikers Peter Linebaugh, die Idee der Gemeingüter,<br />

im Englischen commons, sei besser ausgedrückt in einem Verb: „to common/ commoning:<br />

Damit meint man kein spezifisches Besitzverhältnis, sondern vielmehr eine Lebensform, in der Autonomie<br />

und die Fähigkeit die eigenen Grundbedürfnisse zu befriedigen in direkter Reichweite der Commoners<br />

liegen. Es geht nicht unbedingt um etwas, was uns von oben (als gesetztes Recht) gewährt werden muss.<br />

Gemeingüter sind schon da und von uns zu gestalten.<br />

Es geht also um eine bestimmte Kultur der Gemeingüter. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Eine Kultur,<br />

in der wir verstehen und leben, dass Teilhabe an gemeinverfügbaren Ressourcen ein Geburtsrecht, aber auch<br />

eine große Verantwortung ist.<br />

In den Begriffen, Allmende, aber auch im englischen „commons“, ist ein weiteres wichtiges Merkmal der<br />

Gemeingüter bereits enthalten und zwar: Gemeingüter sind zwar unabdingbar, aber sie sind kein Ding. Sie<br />

sind keine „Objekte“, die man permanent „rationalen Objektivierungsmaßstäben“ unterwerfen kann. Sie sind<br />

nicht einfach die Ressourcen ­ das Stück Wald oder Wiese, die Wissensbestände oder Noten, die ADN oder<br />

das Wasser an sich. Vielmehr sind diese Dinge immer in Beziehung zu uns zu denken: Wir machen etwas<br />

zum Gemeingut, oder zur Ware über die Art, wie wir<br />

Zugang<br />

Nutzung<br />

Entnahme<br />

Veräußerungsrechte und


Kontrolle<br />

regeln. Der Punkt ist: Wir entscheiden!<br />

Gemeingüter sind auch kein bestimmtes Eigentumsregime, sondern sie umreißen bestimmte<br />

Zielvorstellungen, die wir mit jedem Eigentumsregime verbinden. Nehmen wir das Beispiel Wasser. Es geht<br />

nicht einfach um den Zustand des Wassers; nicht nur um die Frage, von wem Wasser verwaltet wird (ob<br />

von Staat, bestimmten Gruppen oder privat), sondern es geht um konkrete Regeln und Normen für Zugangund<br />

Nutzungsrechte am Wasser. Im Mittelpunkt steht also die Art, wie wir entscheiden, wer was zu<br />

welchem Zweck mit dem Wasser tun darf und was nicht, so dass am Ende klar bleibt.<br />

1. Es gibt auch morgen noch Wasser.<br />

2. Das Wasser muss für alle reichen.<br />

Das hat biblische Tradition.<br />

Kurz: Gemeingüter sind überall. Sie beschreiben nach welchen Regeln + Prinzipien sich bestimmte<br />

Gemeinschaften auf gemeinverfügbar zu haltende Ressourcen aus Natur, Kultur und sozialer Sphäre<br />

beziehen. Sie sind das Netz, das uns trägt und das wir miteinander knüpfen.<br />

Dabei sind natürliche Gemeingüter wichtig für's Überleben. Kulturelle und soziale Gemeingüter wichtig<br />

für's Mensch­Sein. Das eine ist für eine lebenswerte Zukunft so relevant wie das andere. Das eine ist auch<br />

untrennbar mit dem anderen verbunden. Denken sie nur an Saatgut. Sie können die Saatgutvielfalt nicht<br />

konservieren, ohne die kulturelle Vielfalt zu pflegen. Sie können nicht einfach den genetischen Code – eine<br />

unendlich kopierbare immaterielle Ressource dechiffrieren und aufheben und der Meinung sein, damit rette<br />

man die Diversität.<br />

Das Verhältnis zwischen der Sphäre der Gemeingüter und der der (Real­)Wirtschaft ist sehr leicht zu<br />

verstehen. Es ist das Verhältnis zwischen Riese und Zwerg. Das eine ist groß. Das andere klein. Aber die<br />

Wirtschaft hat gegenwärtig die Tendenz, sich wie ein Giftzwerg zu verhalten und sich gnadenlos aufzublähen<br />

– zu Lasten der Gemeingüter.<br />

Dabei ist klar, so wie kein Mensch ohne Gemeingüter leben kann, kann auch kein Unternehmen ohne<br />

Gemeingüter Geld verdienen. Die Wirtschaft entnimmt der Sphäre der Gemeingüter ihre Rohstoffe – unter<br />

und auf der Erde. Sie nutzt ihre Transport­ und Kommunikationsräume – den Äther zum Funken, den<br />

Luftraum zum Fliegen, die Ozeane, um sie zu befahren. Sie profitiert von über Jahrhunderte entstandenem<br />

Wissen und kulturellen Praktiken und was tut sie Was geht aus den warenproduzierenden Prozessen zurück<br />

in die Sphäre der Gemeingüter Meistens Müll. Abbaubare und nicht­abbaubare Abfälle in der Biosphäre,<br />

Werbemüll, Reizüberflutung und Lärm verdrängen soziale und kulturelle Entfaltungsräume.<br />

Einhegung der Gemeingüter<br />

Garrett Hardin 1968 → Methapher der Tragik der Allmende → Übernutzung als Gesetzmässigkeit<br />

→ „Lösung“: Einhegung; Dabei ist diese Einhegung schon fast ein Jahrtausend alt.<br />

Robin Hood (hist. Pipe Rolls, 1225: Verwaltungsakte des Erzbistums York) ist wahrscheinlich der erste<br />

Commoner, der Eingang in die Literaturgeschichte gefunden hat. Gemeingüter sind ursprünglich<br />

gewissermaßen das Gegenteil vom Bann, also von der Regierungsgewalt eines Königs im Mittelalter. Der<br />

Königsbann hatte Anfang des 13. Jhd. die „commoners“ aus ihren Wäldern vertrieben, in die Robin Hood, so<br />

die Legende, sich zurückzog. Dieser Prozess der zunehmend autoritären Kontrolle von Zugang und<br />

Nutzung einst gemeinsam genutzter Ressourcen existiert also mindestens seit dem 13. Jhd.<br />

Er heißt in der Fachliteratur: Enclosure of the Commons und fand seinen Höhepunkt in der Auflösung der<br />

Allmenderechte in Mittelengland zwischen 1760 und 1832. Es war immer ein gewaltsamer Prozess. Und so<br />

ist es bis heute geblieben. Nur die Formen der Gewalt wandeln sich.<br />

Die „enclosure of the commons“ war aber auch, und das ist wichtig weil ermutigend, kein linearer Prozess.


Es hat immer Bewegungen der Rückgewinnung und Erweiterung der Gemeingüter gegeben. Auch das ist bis<br />

heute so geblieben. Egal wo: ob die wachsende Zahl interkultureller Gärten, die unzähligen und unsagbar<br />

produktiven Initiativen der Wissensallmende, ob das Engagement in Bürgerstiftungen, für gentechnikfreie<br />

Regionen, für eine Saatguttreuhand, für den naturnahen Umbau der Wälder und für dezentrale Versorgung<br />

mit erneuerbaren Energien in Bürgerhand.<br />

Überall gibt es Menschen, die sich engagieren. Niemand weiss, wie viele es sind. Aber es ist die größte<br />

Bewegung, „die die Welt je gesehen hat“, sagt der Publizist und Umweltexperte Paul Hawken. „Und statt<br />

nach Kontrolle strebt sie nach Verbindung“.<br />

Doch zurück zum Thema: Die Eingrenzung der Gemeingüter ist mehr als Privatisierung, denn die<br />

Methoden ihrer Durchsetzung sind vielgestaltig. Früher war „enclosure“ technisch gesehen ganz einfach:<br />

Man brauchte einen Zaun, einen Hammer und die Macht, den Zaun zu setzen. Heute werden dafür<br />

raffiniertere Technologien genutzt: von Genmanipulation bei Pflanzen, Tier und Mensch bis zum<br />

Kopierschutz. Wo die Technik selbst Zugang verweigert, braucht man kein Gesetz mehr.<br />

Wenn man den Prozess der Einhegung der Gemeingüter verstehen will, muss man nur schauen, welche<br />

Ressource in welchem Wirtschaftssystem am produktivsten ist. Dann erschließt sich, wo dieser<br />

„Einhegungsprozess“ gerade am intensivsten stattfindet. Ob Land, sonstige natürliche Ressourcen, Ideen oder<br />

Wissen – die Instrumente der „Einhegung“ werden entsprechend ausgeweitet und angepasst.<br />

In dem Maße, wie eine Ressource entziffert wird – etwa die DNA – oder wie sie als ökonomisch verwertbar<br />

erkannt wird, gerät sie zum Gegenstand der Einzäunung. Wem beispielsweise gehören die Bodenschätze des<br />

Mondes Noch sind sie „gemeinsames Erbe der Menschheit“ (UN­Mondvertrag 1977). Sobald sie<br />

abbaubar sind und zur Erde transportiert werden können, wird sich das ändern.<br />

Man muss sich stets klarmachen: Die Einhegung der Gemeingüter ist kein Prozess, der vom Himmel fällt,<br />

sondern immer Ergebnis von ökonomischen, politischen und juristischen Entscheidungen. Die großen<br />

politischen Konflikte unserer Zeit drehen sich fast alle um diese (Fehl­) Entscheidungen. Sie drehen sich um<br />

die Verfügungsrechte heutiger und künftiger Generationen an den Gemeinressourcen.<br />

Und es gibt noch ein Problem: Die Einhegung der Allmende geschieht oft schleichend und unbemerkt. Wir<br />

nehmen sie hin. Wir bemerken den Verlust zu spät. Und wir haben uns daran gewöhnt, die Verantwortung<br />

für Gemeingüter weg zu delegieren: Je nach Glauben – an Staat oder Markt. Auch deswegen verschwinden<br />

Gemeingüter: erst aus dem Bewusstsein, dann aus der Realität. Sie wiederzugewinnen kann so müssig sein,<br />

wie eine Fremdsprache zu erlernen.<br />

Prinzipien statt Preis<br />

Gemeingüter, soviel ist klar, sind nicht monetarisierbar. Der (immaterielle und materielle) Wert der<br />

Gemeingüter ist nicht messbar. Er ist unermesslich. Anders gesagt: Gemeingüter sind nicht durch Geld<br />

ersetzbar. Sie haben keinen Preis. Wir brauchen andere, vielfältigere Anreizsysteme und<br />

Kooperationsformen, um Gemeingüter zu schützen. Die Lösungen sind zahlreich. Heute ist kein Raum, ds<br />

detailliert zu besprechen. Was ich hier noch tun möchte ist, einige Kerngedanken und Gestaltungsprinzipien<br />

für Gemeingüter formulieren.<br />

Alle Eigentumsformen – gleich wer der konkrete Eigentümer ist – müssen den Gemeingütern verpflichtet<br />

sein. (Sozialverträglichkeit, ökologische Verträglichkeit, internationale Verträglichkeit und generationelle<br />

Verantwortung) Exklusive Verfügung über Gemeingüter ist nicht möglich. Das ernst zu nehmen, würde<br />

beispielsweise verhindern, dass sich dieser Herr (Walt Disney) fleißig der kulturellen Allmende bedient,<br />

gemeinfreie Werke nutzt, umformt, erweitert und damit (zu Recht) erfolgreich wird, aber – exakt soviel<br />

(Folien) – nämlich nichts an die Allmende zurück gibt.<br />

Mehr noch, in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat die Walt Disney Corporation aktiv verhindert,


dass die Allgemeinheit mit Walt Disneys Arbeit das tut, was Walt Disney mit dem Werk der Allgemeinheit<br />

und der Brüder Grimm getan hat. (Remix) Immer dann, wenn der Urheberrechtsschutz für den ersten Walt<br />

Disney Film auszulaufen drohte, setzten hektische Lobbyaktivitäten in Washington ein, um das Copyright<br />

auszuweiten. Die letzte Ausweitung, der Sony Bono Copyright Extentension Act, wird deswegen von<br />

Kritikern auch Micky­Mouse Copyright Extension Act genannt.<br />

Disney hat der Allmende mehr entnommen, als er je an sie zurück gegeben hat. Das Prinzip muss umgekehrt<br />

lauten: Wer der Allmende nimmt, muss die Allmende füllen. Das ernst zu nehmen, würde den ganzen<br />

Kultur­ und Medienbetrieb auf den Kopf stellen, die gesamte Rohstoffindustrie gleich mit. Warum soll das<br />

Erdöl eigentlich ausschließlich dem gehören, der es fördert<br />

Nicht stören und nicht zerstören, so ein weiteres hilfreiches Prinzip aus dem Jedermannsrecht.<br />

Zudem: Usus Ja­ Abusus nein. Gemeingüter sind zu gebrauchen, aber nicht zu verbrauchen.<br />

Ein letztes: Unsere heutige Gesellschaft funktioniert nach dem Prinzip: Ein Dollar – Ein Anteil. Eine<br />

Gesellschaft, die den Gemeingütern Rechnung trägt, funktioniert nach dem Prinzip: Eine Person – Ein<br />

Anteil. Um von A nach B zu kommen, brauchen wir viele Momente, Projekte und Initiativen, in denen es<br />

auch mal heißt: ein Dollar – eine Person – kein Anteil. Investieren für das Gemeinwohl! Das ist das, was sie<br />

tun und das zeichnet Sie in besonderer Weise als commoners aus.<br />

Sie sehen, Gemeingüter sind eine alltagspraktische Sorge. Sie sind überall. Wir können viel tun, um sie zu<br />

schützen, zu verteidigen und auszubauen. Dafür müssen wir uns aber zunächst ihrer erinnern und wir müssen<br />

ihnen einen Namen geben, sie benennen.<br />

Ich danke Ihnen und den Mitarbeitern der GLS­Treuhand dafür, das hier tun zu dürfen.<br />

www.commonsblog.de Dokument freigegeben unter Creative Commons Lizenz: BY, SA.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!