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<strong>Contergan</strong><br />

„Teufelszeug“ o<strong>de</strong>r Wun<strong>de</strong>rheilmittel?<br />

Seminararbeit<br />

zum Thema<br />

Der Zufall in <strong>de</strong>r Naturwissenschaft-<br />

Wer nicht sucht, <strong>de</strong>r fin<strong>de</strong>t.<br />

Elina Warkentin<br />

Gymnasium Achern, Klasse 12g<br />

Schuljahr 07/08


Inhaltsverzeichnis<br />

1. Einleitung<br />

2. Vergangenheit<br />

2.1. Historie<br />

2.2. Prozess um Grünenthal<br />

a) Anklage<br />

b) Verl<strong>auf</strong> und Urteil<br />

c) Stellungsnahme Grünenthals<br />

3. Chemische Grundlagen<br />

3.1. Chirale Verbindungen<br />

3.2. Wirkstoff Thalidomid<br />

a) Aufbau<br />

b) Wirkung<br />

c) Folgen<br />

4. <strong>Contergan</strong> – Das Wun<strong>de</strong>rmittel<br />

4.1. Wie<strong>de</strong>rent<strong>de</strong>ckung <strong>de</strong>s Thalidomid<br />

4.2. Neue Therapieansätze<br />

a) Behandlung von Lepra<br />

b) Behandlung von Multiplen Myelomen<br />

c) Hoffnungsträger für AIDS Kranke?<br />

4.3. Anwendung und Gesetzeslage<br />

5. Gegenwart und Zukunft<br />

5.1. Nächste Opfergeneration<br />

5.2. Die Opfer – Das Leben danach<br />

a) Brennpunkte und Ziele<br />

b) Fallbeispiel - Die stolze Schwerstarbeiterin<br />

5.3. Das <strong>neue</strong> Arzneimittelgesetz<br />

6. Schluss<br />

7. Anhang<br />

7.1. Quellen<br />

7.2. Bil<strong>de</strong>rnachweiße<br />

7.3. Materialien<br />

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1. Einleitung<br />

Medikamente. Was <strong>de</strong>nken sie, wenn sie dieses Wort hören? Wer<strong>de</strong>n sie von negativen<br />

Gedankenblitzen durchschossen? Eher nicht! Vielmehr wer<strong>de</strong>n sie wohl an Heilung und<br />

Hoffnung <strong>de</strong>nken und das Wort mit einem dankbaren Lächeln abtun.<br />

Betrachtet man unsere heutige Gesellschaft, so ent<strong>de</strong>ckt man viele Menschen, welche sich<br />

ganz <strong>de</strong>n „Wun<strong>de</strong>rmitteln“ <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen Medizin hingeben. Sie vertrauen <strong>auf</strong> das<br />

ausgeschriebene Rezept <strong>de</strong>s Arztes und freuen sich dar<strong>auf</strong> die Packung in <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n zu<br />

halten – immer in <strong>de</strong>r Hoffnung <strong>auf</strong> Hilfe und Genesung. Wenige wer<strong>de</strong>n sich <strong>auf</strong> <strong>de</strong>n<br />

Beipackzettel konzentrieren und wenn sich doch jemand an die mühsame Aufgabe macht<br />

sich durch die Kolonnen von winzigen Schriftzeichen und Fachwörter zu lesen, so wird das<br />

soeben <strong>auf</strong>genommen schnell wie<strong>de</strong>r vergessen. Warum sollte man sich auch abschrecken<br />

lassen, schließlich wur<strong>de</strong> einem von Kin<strong>de</strong>sbeinen <strong>auf</strong> beigebracht, dass einem geholfen<br />

wird.<br />

Diese Haltung vieler ist sicher nicht unbegrün<strong>de</strong>t, immerhin konnten wir uns erst durch<br />

diverse pharmazeutische Neuent<strong>de</strong>ckungen zu <strong>de</strong>r Gesellschaft entwickeln, die wir heute<br />

sind. Wo wären wir ohne Antibiotika, Impfstoffe und künstlich hergestellten Hormonen?<br />

Krankheiten wie die Pest, o<strong>de</strong>r die Cholera haben wir weitgehend ausgerottet, und können<br />

wir etwas nicht aus <strong>de</strong>r Welt tilgen so sind wir in <strong>de</strong>r Lage uns eine gewisse Resistenz zu<br />

verschaffen. Vielen chronisch Kranken wird das Leben erst durch Medikamente ermöglicht.<br />

Wäre das Leben, das wir führen ohne Ärzte, Pharmazeuten, Wissenschaftler und ihre<br />

entwickelten Stoffe möglich? Sicher nicht, somit vertrauen wir weiterhin je<strong>de</strong>m Mittel und<br />

egal wie naiv wir dabei han<strong>de</strong>ln, wichtig ist es uns doch nur, dass es uns und unseren<br />

Liebsten gut geht.<br />

Doch niemand ist unfehlbar, kein Mensch, keine Entwicklung und auch kein Medikament.<br />

Doch wenn Nebenwirkungen <strong>auf</strong>treten, die sich in keinem Masse mit <strong>de</strong>n versprochenen<br />

„guten“ Wirkungen <strong>auf</strong>heben lassen und davon sogar unschuldige Kin<strong>de</strong>r betroffen wer<strong>de</strong>n.<br />

Kann man dann noch sagen „Ja, ich vertraue.“? Was passiert, wenn ein Mittel, das eine<br />

ganze Generation schädigte, ein halbes Jahrhun<strong>de</strong>rt später wie<strong>de</strong>r <strong>auf</strong>taucht, diesmal als<br />

„Wun<strong>de</strong>rmittel“, das seine dunkle Vergangenheit mehr als wettmachen soll. Sollen wir uns<br />

dann wie<strong>de</strong>r die Frage <strong>de</strong>s Vertrauens stellen, o<strong>de</strong>r doch lieber <strong>auf</strong> <strong>neue</strong> Wun<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />

Medizin hoffen?<br />

<strong>Contergan</strong> – Das ist <strong>de</strong>r Stoff <strong>de</strong>r dies alles durchl<strong>auf</strong>en hat. Der Stoff <strong>de</strong>r viel Schatten<br />

brachte, nun aber wie<strong>de</strong>r <strong>auf</strong>leuchtet und sich seinen positiven Platz zu erobern versucht.<br />

- 3 -


2. Vergangenheit<br />

2.1. Historie<br />

<strong>Contergan</strong> wur<strong>de</strong> am 1. Oktober 1957 von <strong>de</strong>r Firma Grünenthal in <strong>de</strong>n Han<strong>de</strong>l gebracht.<br />

Der Wirkstoff war ein Jahr zuvor unter Mithilfe von Dr. Heinrich Mückter entwickelt und nach<br />

zahlreichen Versuchen als toxikologisch sicher eingestuft wor<strong>de</strong>n. Es wur<strong>de</strong> rezeptfrei<br />

verk<strong>auf</strong>t und war auch wegen seines geringen Preises (Beispiel: „<strong>Contergan</strong> Forte“ - 3.50<br />

DM für 30 Tabletten) für fast alle leicht zugänglich. Das Beruhigungs- und Schlafmittel<br />

entwickelte sich schnell zum Kassenschlager, so wur<strong>de</strong>n allein in <strong>de</strong>n Jahren 1960 und 1961<br />

wur<strong>de</strong>n 20 Millionen Pillen pro Monat verk<strong>auf</strong>t. Zum Star unter <strong>de</strong>n Schlafmitteln wur<strong>de</strong> es<br />

vor allem bei Schwangeren und jungen Müttern, da es auch gegen die morgendliche<br />

Übelkeit, wie sie häufig in <strong>de</strong>n ersten Schwangerschaftsmonaten <strong>auf</strong>tritt, half. Schnell wur<strong>de</strong><br />

es von verschie<strong>de</strong>nen Seiten als DAS „sanfte und beruhigen<strong>de</strong> Mittel für Schwangere“<br />

geworben. Ungefähr zum selben Zeitpunkt kam es zu gehäuften Geburten von<br />

missgebil<strong>de</strong>ten Kin<strong>de</strong>rn und auch bei Fehlgeburten ließ sich ein Anstieg erkennen. Keiner<br />

wusste bis dahin, dass die schwerwiegen<strong>de</strong>n Folgen von gera<strong>de</strong> diesem Mittel verursacht<br />

wur<strong>de</strong>n. Wissenschaftler und Ärzte suchten nach Erklärungen, wobei sie verschie<strong>de</strong>nste<br />

Thesen <strong>auf</strong>stellten. Viele von ihnen glaubten, dass die Häufung an Fehlbildungen mit<br />

radioaktiven Nie<strong>de</strong>rschlägen, welche durch damalige oberirdische Versuche mit<br />

Atombomben verursacht wur<strong>de</strong>n, zusammenhing. Erst <strong>de</strong>m Kin<strong>de</strong>rarzt Widukind Lenz<br />

gelang es einen Zusammenhang mit <strong>Contergan</strong> herzustellen, nach<strong>de</strong>m ihm <strong>auf</strong>gefallen war,<br />

dass die starken Häufungen nur in Län<strong>de</strong>rn <strong>auf</strong>traten, in <strong>de</strong>nen <strong>Contergan</strong> frei vertrieben<br />

wur<strong>de</strong>. Die Kontakt<strong>auf</strong>nahmen die er infolge<strong>de</strong>ssen mit Mückter und <strong>de</strong>r Firma Grünenthal<br />

unternahm, wur<strong>de</strong>n entwe<strong>de</strong>r ignoriert o<strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>r Begründung, <strong>Contergan</strong> sei vom<br />

Entwicklungslabor mehrfach als sicher eingestuft wor<strong>de</strong>n, abgewiesen. Dabei waren bereits<br />

En<strong>de</strong> 1959 Berichte über die nervenschädigen<strong>de</strong> Wirkung von Thalidomid (Hauptwirkstoff<br />

von <strong>Contergan</strong>) veröffentlicht wor<strong>de</strong>n, wur<strong>de</strong>n aber von Grünenthal nicht berücksichtigt. Zu<br />

diesem Zeitpunkt gab es noch kein Arzneimittelgesetz, welches die Veröffentlichung von<br />

Arzneien regelte, womit die Berichte keine weitere Beachtung fan<strong>de</strong>n. Erst als Lenz<br />

zusammen mit <strong>de</strong>m Anwalt Karl-Hermann Schulte-Hillen, selbst Vater eines <strong>Contergan</strong><br />

geschädigten Kin<strong>de</strong>s, einen Bericht an die nordrhein-westfälische Gesundheitsbehör<strong>de</strong> in<br />

Düsseldorf schickte, wur<strong>de</strong>n Vertreter von Grünenthal zum Gespräch gela<strong>de</strong>n. Diese drohten<br />

allerdings, dass im Falle einer Rücknahme von <strong>Contergan</strong> vom Markt, alle wirtschaftlichen<br />

Verluste <strong>auf</strong> <strong>de</strong>n Schultern <strong>de</strong>s Staates lasten wür<strong>de</strong>n, was zu einer Handlungsunfähigkeit<br />

<strong>de</strong>r Behör<strong>de</strong>n führte. Dennoch führten diese Ereignisse dazu, dass <strong>de</strong>r Fall immer weiter ins<br />

Licht <strong>de</strong>r Medien geriet. Am 25. November wur<strong>de</strong> eine anonyme Information an die<br />

Redaktion, <strong>de</strong>r „Welt am Sonntag“, weitergegeben. Die am folgen<strong>de</strong>n Tag erscheinen<strong>de</strong><br />

Meldung, Grünenthal nehme <strong>Contergan</strong> vom Markt wur<strong>de</strong> von diesem zwar heftig<br />

- 4 -


<strong>de</strong>mentiert, allerdings war <strong>de</strong>r Druck zu diesem Zeitpunkt so groß gewor<strong>de</strong>n, dass dies am<br />

26. November tatsächlich geschah. <strong>Contergan</strong> wur<strong>de</strong> endgültig vom Markt genommen – 10<br />

Tage nach<strong>de</strong>m Lenz seinen ausführlichen Bericht an Grünenthal gegeben hatte.<br />

Infolge dieser Ereignisse sollten viele Nachforschungen stattfin<strong>de</strong>n, in <strong>de</strong>nen geklärt wer<strong>de</strong>n<br />

sollte wie es zu einer solchen Katastrophe hatte kommen können.<br />

2.2. Prozess um Grünenthal<br />

Die erste Klage gegen Grünenthal wur<strong>de</strong> bereits En<strong>de</strong> 1961 von <strong>de</strong>r Staatsanwaltschaft<br />

Aachen, welche <strong>de</strong>n Fall übernommen hatte, ausgesprochen. Obwohl in <strong>de</strong>n nächsten<br />

Jahren immer mehr Fälle von <strong>Contergan</strong>geschädigten bekannt wur<strong>de</strong>n, wur<strong>de</strong>n die Vorwürfe<br />

von <strong>de</strong>n Mitarbeitern <strong>de</strong>r Firma weiter vehement bestritten. Es dauerte rund ein halbes<br />

Jahrzehnt bis am 18. Januar 1968 das Hauptverfahren vor <strong>de</strong>r Strafkammer <strong>de</strong>s<br />

Landgerichts Aachen begann. Der Fall hatte inzwischen als „<strong>Contergan</strong>- Skandal“ Furore<br />

gemacht. Es sollten mehr als zwei Jahre vergehen bis ein Urteil verkün<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n konnte,<br />

am 18. Dezember 1970 wur<strong>de</strong> die Akte geschlossen.<br />

a) Anklage<br />

Angeklagt wur<strong>de</strong>n vor allem <strong>de</strong>r Firmeneigentümer Hermann Wirtz, und <strong>de</strong>r für die<br />

Entwicklung <strong>de</strong>s Mittels zuständiger Diplom- Chemiker Dr. med. Heinrich Mückter, aber<br />

auch die Leiter vieler Abteilungen mussten mit einem Prozess rechnen. Vorgeworfen wur<strong>de</strong><br />

ihnen unsauberes Arbeiten bei <strong>de</strong>n Arzneimitteltests und die Ignoranz gegenüber <strong>de</strong>n<br />

Warnungen von Ärzten und Wissenschaftlern, welche die Nebenwirkungen von Thalidomid<br />

erkannt hatten und versuchten Grünenthal davon zu überzeugen, dass das Mittel vom Markt<br />

genommen wer<strong>de</strong>n musste. Statt<strong>de</strong>ssen soll die Geschäftsleitung versucht haben<br />

Wissenschaftler und Zeitungsredakteure zu erpressen um eine zu Veröffentlichung von<br />

<strong>Contergan</strong>kritischen Berichten zu unterbin<strong>de</strong>n. Die endgültige Anklage berief sich <strong>auf</strong><br />

vorsätzliche bzw. fahrlässige Körperverletzung.<br />

b) Verl<strong>auf</strong> und Urteil<br />

Der Prozessverl<strong>auf</strong> schien von Anfang an <strong>auf</strong> <strong>de</strong>r Seite <strong>de</strong>r Angeklagten zu liegen, welche<br />

von 20 Rechtsanwälten vertreten wur<strong>de</strong>n. Diesen gegenüber stan<strong>de</strong>n drei Rechtsanwälte,<br />

die rund 300 Nebenkläger, vor allem Eltern von <strong>Contergan</strong>geschädigten Kin<strong>de</strong>rn, wur<strong>de</strong>n<br />

von sieben Anwälten vertreten, unter welchen sich auch Karl-Hermann Schulte-Hillen.<br />

Anfangs stark in <strong>de</strong>n Medien vertreten stellte sich das Verfahren schon bald als zäh und<br />

langwierig heraus womit auch das Interesse in <strong>de</strong>r Öffentlichkeit nachließ. Verkompliziert<br />

wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Prozess vor allem von juristisch-medizinischer Seite, da es zu dieser Zeit kaum<br />

eine Gesetzgebung gab, welche <strong>de</strong>n Verk<strong>auf</strong> von Medikamenten regelte. Desweiteren war<br />

- 5 -


je<strong>de</strong>s Produktionslabor selbst für die Kontrollen ihrer Produkte zuständig. Solange<br />

Grünenthal also <strong>de</strong>r Meinung waren ihre Testergebnisse hätten <strong>Contergan</strong> als „ungefährlich“<br />

bestätigt, ließ sich ihnen keine direkte Schuld zuweißen. Somit ist es nicht verwun<strong>de</strong>rlich,<br />

dass sich kaum eine objektive Darstellung <strong>de</strong>s Prozessverl<strong>auf</strong>es <strong>auf</strong>fin<strong>de</strong>n lässt, viel öfter<br />

sind die Berichte gespickt von gegenseitiger Schuldzuweisung gegenüber <strong>de</strong>m erwünschten<br />

Bild 1: Menschen<strong>auf</strong>l<strong>auf</strong> zu Beginn <strong>de</strong>s Prozesses<br />

- 6 -<br />

Urteil. Dennoch lässt sich mit<br />

Sicherheit sagen, dass <strong>de</strong>r Prozess<br />

für alle zu einer anstrengen<strong>de</strong>n Phase<br />

wur<strong>de</strong>. Von <strong>de</strong>n ursprünglich neun<br />

Hauptangeklagten blieben nur noch<br />

fünf übrig, nach<strong>de</strong>m die an<strong>de</strong>ren aus<br />

gesundheitlichen Grün<strong>de</strong>n für<br />

verhandlungsunfähig erklärt wur<strong>de</strong>n.<br />

Ob sie damit nur ihrem Urteil<br />

entgehen wollten, o<strong>de</strong>r ob sie <strong>de</strong>r<br />

psychischen und emotionalen<br />

Belastung wirklich nicht gewachsen<br />

waren, bleibt dabei im Unklaren. Je<strong>de</strong>nfalls tauchte schon bald die Frage in wiefern man die<br />

Kläger selbst mit <strong>de</strong>m Prozess belastet könnte, da ihnen an Verhandlungstag ihr Schicksal<br />

als Opfer vor Augen geführt wur<strong>de</strong>. Dies war einer <strong>de</strong>r Grün<strong>de</strong> warum zu einem schnellen<br />

Urteil gedrängt wur<strong>de</strong>. Gleichzeitig drohte <strong>de</strong>r Prozess zu verjähren, was nach <strong>de</strong>m<br />

damaligen Bun<strong>de</strong>sgesetzt einen Prozessneubeginn von Nöten gehabt hätte. Da die<br />

Wahrscheinlichkeit eine Einigung zu erzielen, beinahe ausgeschlossen zu sein schien,<br />

erklärte sich die Firma Grünenthal im Januar 1970 dazu bereit einen Scha<strong>de</strong>nsersatz in <strong>de</strong>r<br />

Höhe von 100 Millionen Mark an die Familien <strong>de</strong>r Opfer zu zahlen. Der Vertrag <strong>de</strong>r<br />

<strong>auf</strong>grund<strong>de</strong>ssen am 10. April 1970 zwischen <strong>de</strong>m Werk und einem Prozessvertreter <strong>de</strong>r<br />

Ankläger unterschrieben wur<strong>de</strong>, legte aber auch von Seiten Grünenthals fest, dass dies<br />

keine Schuldanerkennung sei, und Grünenthal sich weiterhin nicht für die Vorfälle schuldig<br />

bekennen wür<strong>de</strong>. In <strong>de</strong>rselben Zeit wur<strong>de</strong> auch eine Stiftung von <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sregierung<br />

gegrün<strong>de</strong>t, welche ihrerseits selber Zahlungen, in welche auch die Gel<strong>de</strong>r Grünenthals<br />

einflossen, vornehmen wollte. Dadurch könnte garantiert wer<strong>de</strong>n, dass allen behin<strong>de</strong>rten<br />

Kin<strong>de</strong>r geholfen wer<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>. Dieser positive Aspekt führte allerdings auch dazu, dass die<br />

Verteidigung immer stärker dar<strong>auf</strong> drängte, dass <strong>de</strong>r Prozess abgeschlossen wer<strong>de</strong>n sollte.<br />

In einer mehrstündigen Debatte wur<strong>de</strong> am 7. Dezember 1970, von <strong>de</strong>r Staatsanwaltschaft<br />

festgestellt, dass die wesentlichsten Prozessziele und somit auch die bestmöglichste Lösung<br />

für die Opfer gefun<strong>de</strong>n wor<strong>de</strong>n waren. Grünenthal hätte sich zu einer Gesamtzahlung von<br />

100 Millionen DM, inklusive 10 Millionen DM Zinsen, für die behin<strong>de</strong>rten Kin<strong>de</strong>r, sowie


weiteren vier Millionen DM für die Opfer, die durch <strong>Contergan</strong> einen Nervenscha<strong>de</strong>n erlitten<br />

hatten. Gleichzeitig hatte <strong>de</strong>r Prozess auch gute Öffentlichkeitsarbeit geleistet, was die<br />

Aufklärung über Medikamentengebrauch anbetraf. Dem Gesundheitsministerium waren<br />

darüber hinaus die Lücken <strong>de</strong>s Kontrollsystems bekannt gewor<strong>de</strong>n, wodurch ähnliche<br />

Katastrophen in Zukunft verhin<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n könnten, in<strong>de</strong>m <strong>neue</strong> Arzneimittelgesetze über<br />

die Herausgabe <strong>neue</strong>r Medikamente ermöglich wer<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>n. Der Staatsanwaltschaft war<br />

klar, dass weitere Ziele unrealistisch und nur schwer zu erreichen waren, wür<strong>de</strong> man<br />

weiterhin eine Verurteilung <strong>de</strong>r Angeklagten anstreben, so hätte dies zur Folge, dass eine<br />

Revision eingereicht wer<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>. Diese wür<strong>de</strong> nur weitere Prozesskosten mit sich bringen<br />

und <strong>de</strong>n Opfern in keiner Weise in ihrer Situation helfen. Somit wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Prozess am 18.<br />

Dezember 1970, ohne Urteil durch Gerichtsbeschluss been<strong>de</strong>t.<br />

c) Stellungsnahme Grünenthals<br />

Obwohl Grünenthal sich im Prozess dazu bereit erklärt hatte einen Scha<strong>de</strong>nsersatz zu<br />

zahlen, weigert sich das Unternehmen bis heute sich als schuldig zu bekennen. Die<br />

Beteiligten sehen sich weiterhin als unschuldig und vertreten die Meinung, dass die Tragödie<br />

nicht zu verhin<strong>de</strong>rn gewesen war. Eine öffentliche Stellungsnahme hat nur selten<br />

stattgefun<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r Skandal wur<strong>de</strong> somit in <strong>de</strong>n eigenen Reihen totgeschwiegen. In <strong>de</strong>n<br />

weiteren Jahren schien die Mitarbeiter nicht sehr viel an das Vergangene zu erinnern. So<br />

wird heute wird <strong>auf</strong> <strong>de</strong>r Firmenhomepage 1<br />

- 7 -<br />

für „intelligente, anwen<strong>de</strong>rfreundliche<br />

Darreichungsformen“ von „Medikamente(n) mit hohem therapeutischen Wert, die dazu<br />

beitragen, dass die Patienten selbst bestimmt leben können.“ geworben. Die Entwicklung<br />

von weiteren <strong>neue</strong>n Wirkstoffen hat sich zu einem wichtigen Teil <strong>de</strong>s Unternehmens<br />

entwickelt und scheint hoch im Kurs zu stehen, was Gewinnzahlen von 813 Millionen Euro<br />

im Jahr 2006 <strong>de</strong>utlich beweisen. Selbstsicher wird <strong>de</strong>r dunkle Fleck in <strong>de</strong>r Vergangenheit<br />

überspielt. In einem extra zum Thema „<strong>Contergan</strong>“ eingerichteten Bereich wird eine<br />

Stellungsnahme versprochen, <strong>de</strong>nnoch fin<strong>de</strong>t sich nicht viel mehr, als eine standardisierte<br />

Aussage <strong>de</strong>s heutigen Geschäftsführers Sebastian Wirtz, in welcher allein Bedauern, nicht<br />

aber eine Schuldbekennung o<strong>de</strong>r eine Erklärung, <strong>de</strong>utlich wird. "Die <strong>Contergan</strong>-Tragödie ist<br />

und bleibt Teil unserer Firmengeschichte. Grünenthal und die Familie Wirtz bedauern die<br />

Folgen <strong>de</strong>r <strong>Contergan</strong>-Tragödie sehr." Bedauern und Abfindungen sind alles, genau wie vor<br />

50 Jahren. Das Negative wird an <strong>de</strong>n Rand gedrängt, genauso wie die Möglichkeit sich<br />

schuldig zu bekennen, o<strong>de</strong>r wenigstens <strong>de</strong>n Fehler bei sich selber zu suchen, statt<strong>de</strong>ssen<br />

wird diese Variante schier unterschlagen. Eine wirkliche Stellungsnahme ist auch in <strong>de</strong>n<br />

nächsten Jahren nicht zu erwarten. Auch in diesem Punkt wird das Unternehmen die<br />

Firmentradition fortführen.<br />

1) http://www.grunenthal.<strong>de</strong>


3. Chemische Grundlagen<br />

3.1. Chirale Verbindungen<br />

Bei Thalidomid han<strong>de</strong>lt es sich um eine so genannte chirale Verbindung. Chirale Moleküle<br />

stellen eine Son<strong>de</strong>rform <strong>de</strong>r isometrischen Verbindungen <strong>auf</strong>. Das chirale Molekül existiert<br />

dabei in zwei unterschiedlichen Formen, wobei die eine Form das genaue Spiegelbild <strong>de</strong>r<br />

an<strong>de</strong>ren Form darstellt, ähnlich wie es bei unseren Hän<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Fall ist. Diese Moleküle<br />

besitzen dieselbe Summenformel und dieselben Atomverbindungen. Bei<strong>de</strong> Moleküle ähneln<br />

sich somit <strong>auf</strong> <strong>de</strong>n ersten Blick, lassen sich aber allein durch Drehung nicht <strong>de</strong>ckungsgleich<br />

<strong>auf</strong>einan<strong>de</strong>r legen. Die einzelnen Molekülpaare bezeichnet man als Enantiomere, eine<br />

Mischung aus bei<strong>de</strong>n wird Racemat, o<strong>de</strong>r racematisches Gemisch genannt.<br />

Enantiomere besitzen in sämtlichen Stereozentren eine gegensätzliche Konfiguration, was<br />

Bild 2: Schematische Darstellung eines<br />

Enantiomers<br />

be<strong>de</strong>utet dass im einfachsten Fall die Bindungspartner<br />

in genau <strong>de</strong>r umgekehrten Reihenfolge um ihr zentrales<br />

Atom angeordnet sind. Betrachtet man Bild 2 so<br />

han<strong>de</strong>lt es sich bei (A) um das zentrale Atom, wobei es<br />

sich zum Beispiel um Kohlenstoff han<strong>de</strong>ln kann. (R1)<br />

bis (R4) stellen unterschiedliche Molekülreste, zum<br />

Beispiel Hydroxylgruppen, dar.<br />

Enantiomere wer<strong>de</strong>n nach <strong>de</strong>r R/S – Sequenzregel benannt, um die genaue Drehrichtung<br />

unterschei<strong>de</strong>n zu können. Dazu muss man zu erst die Priorität <strong>de</strong>r einzelnen Substituenten<br />

(Bindungspartner, in diesem Beispiel (R1) –(R4)) bestimmen. Die Bestimmung <strong>de</strong>r Prioritäten<br />

• Elemente mit höherer Ordnungszahl haben eine höhere<br />

Priorität<br />

• Freie Elektronenpaare haben dabei eine geringere Priorität<br />

als Wasserstoff<br />

• Bei gleicher Ordnungszahl hat <strong>de</strong>r Substituent mit <strong>de</strong>r<br />

höheren Masse die höhere Priorität<br />

• Die höchste Priorität wird mit <strong>de</strong>r Ziffer (1) bezeichnet<br />

• Niedrigere Prioritäten wer<strong>de</strong>n mit einer jeweils höheren<br />

Ziffer bezeichnet<br />

Material 1: Auszug aus <strong>de</strong>r CIP-Konvention<br />

- 8 -<br />

erfolgt nach <strong>de</strong>r „Cahn-Ingold-Prelog-<br />

Konvention“. Ein kleiner Auszug zeigt<br />

wie die Prioritäten bestimmt wer<strong>de</strong>n.<br />

Sind die Prioritäten bestimmt<br />

untersucht man nun in welcher<br />

Reihenfolge, angefangen bei <strong>de</strong>r<br />

höchsten Priorität, die einzelnen<br />

Substituenten <strong>auf</strong>treten. Muss man<br />

diese im Uhrzeigersinn abzählen, so han<strong>de</strong>lt es sich um eine (R)-Konfiguration. Geht man<br />

gegen <strong>de</strong>n Uhrzeigersinn erhält man eine (S)-Konfiguration. Nehmen wir an, dass in<br />

unserem Beispiel die Prioritäten wie folgt verteilt sind: R1>R2>R2>R4 . So ergibt sich, dass es<br />

sich bei Enantiomer 1 um ein R-Enantiomer han<strong>de</strong>lt. Enantiomer 2 wäre <strong>de</strong>mentsprechend<br />

das zugehörige S-Enantiomer.<br />

Enantiomere besitzen dieselben physikalischen Eigenschaften, dass be<strong>de</strong>utet dass bei<strong>de</strong><br />

Formen <strong>de</strong>nselben Schmelz- und Sie<strong>de</strong>punkt und dieselbe Dichte besitzen. Somit sind sie<br />

rein von außen, zum Beispiel als Feststoff, betrachtet nicht voneinan<strong>de</strong>r zu unterschei<strong>de</strong>n.


Auch die chemischen Eigenschaften unterschei<strong>de</strong>n sich bis <strong>auf</strong> das Reaktionsvermögen<br />

nicht. Allerdings ist genau dieser Unterschied im Reaktionsvermögen, was <strong>de</strong>n Unterschied<br />

in <strong>de</strong>r Art wie ein Stoff wirkt so verschie<strong>de</strong>n macht. Oft han<strong>de</strong>lt es sich nur um harmlose und<br />

auch belustigen<strong>de</strong> Unterschie<strong>de</strong>. So riecht <strong>de</strong>r Duftstoff <strong>de</strong>r Orange in seiner (R)-Form nach<br />

Orange, in seiner gespiegelten (S)-Form nimmt <strong>de</strong>r Mensch dagegen <strong>de</strong>n Duft von Zitronen<br />

wahr, und das allein dadurch dass das Molekül gespiegelt wur<strong>de</strong>. Obwohl die chemische<br />

Struktur komplett gleich ist reagiert unser Körper völlig unterschiedlich <strong>auf</strong> die Aufnahme.<br />

An<strong>de</strong>rs sieht dies bei Medikamenten aus, bei <strong>de</strong>r Herstellung entstehen oft Racemate. In<br />

diesem Gemisch hat oft nur ein Enantiomer die gewünschte Wirkung, sein Spiegelbild<br />

dagegen zeigt keine Wirkung, o<strong>de</strong>r hat sogar verheeren<strong>de</strong> Nebenwirkungen. Diese<br />

chemischen Tatsachen, führten schließlich auch bei <strong>Contergan</strong> zum Unglücksfall.<br />

3.2. Wirkstoff Thalidomid<br />

Der wichtigste Bestandteil von <strong>de</strong>m Schlafmittel <strong>Contergan</strong> ist das Thalidomid, welches<br />

sowohl für die sedative, als auch für die toxische Wirkung von <strong>Contergan</strong> verantwortlich ist.<br />

Diese zweifache Wirkung liegt <strong>de</strong>r chiralen Struktur <strong>de</strong>s Thalidomids zugrun<strong>de</strong>.<br />

Ent<strong>de</strong>ckt wur<strong>de</strong> die Substanz von Heinrich Mückter, einem Mitarbeiter von Grünenthal.<br />

Dieser war <strong>auf</strong> <strong>de</strong>r Suche, nach einer <strong>neue</strong>n Metho<strong>de</strong> zur Herstellung von Antibiotika, aber<br />

die von ihm mit „Thalidomid“ benannte Substanz zeigte zunächst keine antibiotische<br />

Wirkung. Dennoch wur<strong>de</strong> nach einer Anwendungsmöglichkeit für das patentierte Molekül<br />

gesucht, und weil sich in Tierversuche eine unerwartete sedative Wirkung zeigte, wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />

Stoff als „nicht tödliches Schlafmittel mit enormem Marktpotential betrachtet“ 2) . Es wur<strong>de</strong><br />

Epilepsie Patienten verabreicht, um damit Anfälle vorzubeugen. Diese Patienten berichteten<br />

ihrerseits von einer sehr beruhigen<strong>de</strong>n und angenehmen Wirkung. Schließlich kam<br />

Thalidomid in Form von <strong>Contergan</strong> <strong>auf</strong> <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Markt. Dieses Medikament galt als<br />

Innovation, da es sich um das erste erstes bromfreies Schlaf- und Beruhigungsmedikament<br />

war. Somit wur<strong>de</strong>n für damalige Schlaffmittel typische Nebenwirkungen wie<br />

Verwirrtheitszustän<strong>de</strong>, Delirien und Stottern verhin<strong>de</strong>rt. Außer<strong>de</strong>m lag die tödliche Dosis so<br />

hoch, das ein Selbstmord mit <strong>de</strong>m Medikament völlig ausgeschlossen blieb. Keiner jedoch<br />

erkannte die an<strong>de</strong>re Seite <strong>de</strong>r Medaille.<br />

2) William Silverman, MD: The Schizophrenic Career of a "Monster Drug". In: Pediatrics. 110, Nr. 2, 2002-04-22, S. 404-406<br />

a) Aufbau<br />

Bei Thalidomid han<strong>de</strong>lt es sich um eine pulverförmige Festsubstanz, welche sich nur sehr<br />

schwer in Wasser <strong>auf</strong>lösen lässt. Es han<strong>de</strong>lt sich um einen Stoff mit <strong>de</strong>r Summenformel<br />

C13H10N2O4 welcher aus <strong>de</strong>r Gruppe <strong>de</strong>r Phthalimidoglutarimi<strong>de</strong> kommt. Der Name<br />

Thalidomid ist nur eine von Ent<strong>de</strong>cker vorgegebenen Freibezeichnung und ist nicht die<br />

- 9 -


genaue chemische Bezeichnung, diese lautet 2-(2,6-Dioxo-3-piperidyl)isoindol-1,3-dion. Das<br />

Thalidomid Molekül existiert in zwei unterschiedlichen Formen, wobei sie sich spiegelbildlich<br />

zueinan<strong>de</strong>r verhalten, es han<strong>de</strong>lt sich also um eine chirale Verbindung. Diese Eigenschaft<br />

wird <strong>auf</strong> Bild 3 noch mal ver<strong>de</strong>utlicht. Bei<strong>de</strong><br />

Enantiomere können sich innerhalb <strong>de</strong>s<br />

menschlichen Organismus ineinan<strong>de</strong>r<br />

umwan<strong>de</strong>ln, somit kann ein Enantiomer nicht<br />

ohne das an<strong>de</strong>re existieren. Somit han<strong>de</strong>lt es<br />

sich bei einem Thalidomid Racemat immer um<br />

ein Gemisch aus R- und S- Thalidomid.<br />

b) Wirkung<br />

Die bei<strong>de</strong>n Enantiomere von Thalidomid besitzen eine unterschiedliche Wirkung <strong>auf</strong> <strong>de</strong>n<br />

menschlichen Organismus. Dabei weißt das R-Thalidomid die beruhigen<strong>de</strong> und<br />

schlaffför<strong>de</strong>rn<strong>de</strong> Wirkung <strong>auf</strong>, wohingegen das S-Thalidomid für Nervenschä<strong>de</strong>n und<br />

Missbildungen bei neugeborenen Kin<strong>de</strong>rn verantwortlich ist.<br />

Diese schädigen<strong>de</strong> Wirkung kommt zustan<strong>de</strong>, da <strong>de</strong>r Stoff Thalidomid die Plazentaschranke<br />

durchdringen kann und somit in <strong>de</strong>n Blutkreisl<strong>auf</strong> <strong>de</strong>s Neugeborenen gelangt. Bei <strong>de</strong>r<br />

Plazentaschranke han<strong>de</strong>lt um eine Funktion <strong>de</strong>r Plazenta. Diese ist Gewebe, das in die<br />

Schleimhaut <strong>de</strong>r Gebärmutter einwächst und <strong>de</strong>r Versorgung <strong>de</strong>s Fötus mit Nährstoffen und<br />

Sauerstoff dient. Die Verbindung zwischen Embryo und Plazenta erfolgt über die<br />

Nabelschnur. Die Funktion <strong>de</strong>r Plazentaschranke selbst kommt durch eine passive<br />

Filtermembran zustan<strong>de</strong>. Durch die Membran wird das kindliche blut von <strong>de</strong>m Blut <strong>de</strong>r Mutter<br />

getrennt und somit eine Durchmischung bei<strong>de</strong>r verhin<strong>de</strong>rt. Gelöste Stoffe allerdings<br />

gelangen durch Diffusion (Selbstständige Vermischung von gelösten Stoffen <strong>auf</strong>grund von<br />

Teilchenbewegungen zum Ausgleich von Konzentrationen) durch die Membran und<br />

gelangen so von einem Organismus in <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren. Bei diesen gelösten Stoffen han<strong>de</strong>lt es<br />

sich um Nährstoffe o<strong>de</strong>r Sauerstoff, welche für <strong>de</strong>n Embryo von großer Be<strong>de</strong>utung sind.<br />

Gleichzeitig haltet sie auch die meisten giftigen Wirkstoffe von <strong>de</strong>m Blutkreisl<strong>auf</strong> <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s<br />

fern. Allerdings gibt es auch Giftstoffe welche diese Plazentaschranke durchdringen können<br />

und das Kind so schon vor <strong>de</strong>r Geburt schädigen. Bekannte und die häufigsten Beispiele für<br />

diese Art von Giftstoffen sind Alkohol und Nikotin. So konnte auch Thalidomid, <strong>auf</strong>grund<br />

seiner chemischen Struktur in <strong>de</strong>n Kreisl<strong>auf</strong> <strong>de</strong>s ungeborenen Kin<strong>de</strong>s gelangen. Im<br />

menschlichen Körper blockiert Thalidomid <strong>de</strong>n Wachstumsfaktor VEGF (Vascular<br />

Endothelial Growth Factor), wodurch es zu einer fehlen<strong>de</strong>n Blutgefäßbildung führt. Durch die<br />

Hemmung <strong>de</strong>s Wachstums <strong>de</strong>r Blutgefässe während <strong>de</strong>r Schwangerschaft wird die gesamte<br />

Entwicklung <strong>de</strong>s Embryos gestört. Es kommt zum Ausbleiben bestimmter<br />

- 10 -<br />

Bild 3: Strukturformel <strong>de</strong>r Enantiomere


Entwicklungsprozesse. Thalidomid verän<strong>de</strong>rt jedoch nicht das Erbgut, wodurch es zu keiner<br />

Vererbung <strong>de</strong>r Missbildungen kommen kann.<br />

c) Folgen<br />

Die toxische Wirkung von Thalidomid führt bei Erwachsenen in manchen Fällen zu<br />

Nervenschä<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>ren Symptome sich oft ein taubes Gefühl in <strong>de</strong>n Fingern und ein<br />

Bild 4-6: Durch <strong>Contergan</strong> verursache Schä<strong>de</strong>n<br />

Bild 7: Fehlbildungszeitplan bei Thalidomi<strong>de</strong>inwirkung<br />

vermin<strong>de</strong>rtes Tastvermögen beschränken. Die<br />

Wirkung bei ungeborenen Kin<strong>de</strong>rn ist jedoch<br />

weitaus verheeren<strong>de</strong>r. Die Schwere <strong>de</strong>r späteren<br />

Missbildung hängt jedoch nicht von <strong>de</strong>r Menge<br />

<strong>de</strong>r eingenommenen Tabletten ab, son<strong>de</strong>rn nur<br />

von <strong>de</strong>m Zeitpunkt in<strong>de</strong>m man das Medikament<br />

einnimmt. Der Zeitraum, in<strong>de</strong>m das größte Risiko<br />

für schwerwiegen<strong>de</strong> Missbildungen besteht,<br />

erstreckt sich von <strong>de</strong>r vierten bis zur sechsten<br />

Schwangerschaftswoche. Die Art <strong>de</strong>r Missbildung hängt vom Einnahmezeitpunkt ab,<br />

allerdings gibt es zahlreiche Zeiträume in welchen es zu mehreren Art von Fehlbildungen<br />

kommen kann (siehe Bild 7). Bei <strong>de</strong>n <strong>auf</strong>treten<strong>de</strong>n Schä<strong>de</strong>n han<strong>de</strong>lt es sich um<br />

Fehlbildungen <strong>de</strong>r Gliedmaßen, speziell <strong>de</strong>m Fehlen von Röhrenknochen, o<strong>de</strong>r sogar <strong>de</strong>m<br />

totalem Fehlen von Gliedmaßen und Organen <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r. Viele <strong>de</strong>r so geschädigten Kin<strong>de</strong>r<br />

wer<strong>de</strong>n bereits tot geboren, o<strong>de</strong>r sind <strong>auf</strong>grund schwerer Organschä<strong>de</strong>n nicht lebensfähig<br />

uns sterben innerhalb weniger Tage nach <strong>de</strong>r Geburt. Überlebt das das Opfer jedoch, so<br />

führen die Missbildungen in vielen Fällen zu starken Einschränkungen im Alltag und bleiben<br />

somit ihr Leben lang <strong>auf</strong> Hilfe angewiesen.<br />

- 11 -


4. <strong>Contergan</strong> – Das Wun<strong>de</strong>rmittel<br />

Betrachtet man die Folgen, unter <strong>de</strong>nen ein Kind, <strong>de</strong>ssen Mutter <strong>Contergan</strong> während <strong>de</strong>r<br />

Schwangerschaft eingenommen hat lei<strong>de</strong>n muss, so kann man sich nur schwer vorstellen,<br />

dass man diesem Stoff etwas Positives abgewinnen kann. Bleiben einem doch immer die<br />

Bil<strong>de</strong>r vor Augen, <strong>auf</strong> <strong>de</strong>nen man kleine Babys ohne Arme und Beine erkennen kann, die gar<br />

nichts für ihr schweres Schicksal können.<br />

Dennoch darf man nicht vergessen, dass es noch Millionen von an<strong>de</strong>ren Menschen gibt, die<br />

unter an<strong>de</strong>ren und im En<strong>de</strong>ffekt schweren Krankheiten, wie zum Beispiel Krebs, zu lei<strong>de</strong>n<br />

haben, an <strong>de</strong>nen sie am En<strong>de</strong> zugrun<strong>de</strong> gehen. Für viele dieser Krankheiten hat die Medizin<br />

bis heute kein Heilmittel gefun<strong>de</strong>n, sodass für die Erkrankten oft keine Hoffnung besteht und<br />

sie gezwungen sind mit <strong>de</strong>m Gewissen zu leben, dass sie sterben wer<strong>de</strong>n müssen. Jetzt soll<br />

diesen Menschen gera<strong>de</strong> durch <strong>de</strong>n Stoff geholfen wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r viele an<strong>de</strong>re Leben zerstört<br />

hat und selber eher als Krankheitserzeuger, und nicht als Heilmittel bekannt ist. Gewonnen<br />

wur<strong>de</strong> diese Erkenntnis durch einen Zufall, welcher selber zwar aus einer tragischen<br />

Situation heraus entstand, aber das Schicksal vieler Menschen zum positiven hin verbessern<br />

könnte, wenn auch mit <strong>de</strong>r Tücke, dass an<strong>de</strong>re Leben dadurch gefähr<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>n,<br />

sodass es auch immer eine Opferseite gibt.<br />

4.1. Wie<strong>de</strong>rent<strong>de</strong>ckung <strong>de</strong>s Thalidomid<br />

3 Jahre nach <strong>de</strong>m Verk<strong>auf</strong>stopp sollte es zu <strong>de</strong>m Zufall kommen, <strong>de</strong>r Thalidomid aus seiner<br />

Versenkung heraus in <strong>neue</strong>s Licht rücken sollte. Dieser zweite Zufall in <strong>de</strong>r Geschichte von<br />

Thalidomid, neben <strong>de</strong>r unbeabsichtigten Ent<strong>de</strong>ckung, <strong>de</strong>r sedativen Wirkung von Thalidomid<br />

im Entwicklungslabor von Grünenthal, hatte seinen Platzt diesmal weit entfernt von<br />

Deutschland, nämlich in einer Leprastation in Israel. Im November 1964 sah <strong>de</strong>r dort<br />

zuständige Arzt, keine Möglichkeit mehr <strong>de</strong>n Leprapatienten gegen die Schmerzen zu helfen,<br />

welche sich bereits ins Unerträgliche gesteigert hatten. Da er ihnen aber <strong>auf</strong>grund<br />

mangeln<strong>de</strong>r Geld- als auch Arzneimittel nicht mal gegen die Krankheit helfen konnte, so<br />

wollte er ihnen <strong>de</strong>nnoch eine schmerzfreie Zeit bis zu ihrem Tod ermöglichen. Durch seinen<br />

Wunsch zu helfen angetrieben durchsuchte er Lagerbestän<strong>de</strong> nach einem geeigneten Mittel,<br />

mit welchem er die Schmerzen lin<strong>de</strong>rn konnte. Jedoch fand er nichts außer <strong>de</strong>n bereits<br />

verabreichten und wirkungslosen Mitteln. Nach<strong>de</strong>m er aus Verzweiflung auch alte und zur<br />

Vernichtung bestimmte Kisten durchsucht hatte, fielen ihm einige Packungen <strong>Contergan</strong> in<br />

die Hän<strong>de</strong>. Er wusste zwar um die verheeren<strong>de</strong>n Wirkungen <strong>auf</strong> ungeborene Kin<strong>de</strong>r, wusste<br />

jedoch auch, dass seine Patienten nicht mehr lange zu Leben hätten und so auch nie Kin<strong>de</strong>r<br />

haben wür<strong>de</strong>n. Seine Patienten schliefen in dieser Nacht ruhig und schmerzfrei, doch das<br />

- 12 -


eigentliche Wun<strong>de</strong>r ent<strong>de</strong>ckte man erst am nächsten Morgen – Die Entzündungen <strong>auf</strong> <strong>de</strong>r<br />

Haut <strong>de</strong>r Patienten waren weit zurückgegangen, die Symptome waren also geheilt wor<strong>de</strong>n.<br />

Und obwohl dieser israelische Arzt selten in <strong>de</strong>r Medizin erwähnt wird, hat er ohne es zu<br />

wissen einen wichtigen Grundstein in <strong>de</strong>r Forschung gelegt, welche sich damit beschäftigt<br />

ein Heilmittel für Krankheiten wie Krebs, o<strong>de</strong>r Aids zu fin<strong>de</strong>n.<br />

4.2. Neue Therapieansätze<br />

Thalidomid hemmt die Neubildung von Blutgefässen. Führt dies bei Föten zu vermin<strong>de</strong>rtem<br />

Wachstum einzelner Organe o<strong>de</strong>r Körperteile, so ist das Wachstum <strong>de</strong>r Blutgefässe bei<br />

Erwachsenen abgeschlossen und wenn vorhan<strong>de</strong>n, krankhafter Natur, wie zum Beispiel bei<br />

<strong>de</strong>m Wachstum von Tumoren. Außer<strong>de</strong>m weißt Thalidomid entzündungshemmen<strong>de</strong><br />

Eigenschaften <strong>auf</strong>. Aufgrund <strong>de</strong>ssen könnte es <strong>de</strong>r <strong>neue</strong> Hoffnungsträger in <strong>de</strong>r Behandlung<br />

von Krankheiten sein, für die es sonst keine Heilungschancen gibt.<br />

a) Behandlung von Lepra<br />

Thalidomid kann bei Leprapatienten zwar nicht die Infektion an sich beseitigen, wirkt aber<br />

<strong>de</strong>r Immunreaktion <strong>de</strong>s Körpers entgegen. Diese so genannte Leprareaktion führt bei<br />

Erkrankten zu entzün<strong>de</strong>ten Begleiterscheinungen welche sich durch schmerzhafte Knötchen,<br />

Ö<strong>de</strong>me und Hautausschläge an Armen, Beinen und im Gesicht, äußern. Diese<br />

Immunreaktion kann in vielen Fällen durch Thalidomid ganz unterdrückt wer<strong>de</strong>n, wodurch die<br />

Infizierten Symptomfrei leben können.<br />

b) Behandlung von Multiplen Myelomen<br />

Obwohl Thalidomid auch Krebs nicht heilen kann, so kann es doch die Blutzufuhr zum<br />

Tumor unterbin<strong>de</strong>n, in<strong>de</strong>m es das Wachstum <strong>de</strong>r versorgen<strong>de</strong>n Blutgefässe stoppt und <strong>de</strong>n<br />

Tumor am weiteren Wachstum hin<strong>de</strong>rt. Eine anschließen<strong>de</strong> Chemotherapie, o<strong>de</strong>r operative<br />

Entfernung zeigt dadurch <strong>de</strong>utlich mehr Erfolg, als bei einem Tumor, <strong>de</strong>r nicht mit Thalidomid<br />

vorbehan<strong>de</strong>lt wur<strong>de</strong>. Beson<strong>de</strong>re Erfolge in <strong>de</strong>r Krebstherapie zeigt Thalidomid bei <strong>de</strong>r<br />

Behandlung von Multiplen Myelomen. Bei dieser beson<strong>de</strong>rs bösartigen Form <strong>de</strong>s<br />

Knochenmarkkrebses wer<strong>de</strong>n zu viele Plasmazellen produziert, die an unterschiedlichen<br />

Stellen <strong>de</strong>s Skeletts wuchern und die normale Blutbildung verhin<strong>de</strong>rn. Thalidomid wird hier<br />

beson<strong>de</strong>rs nach einer erfolgreichen Chemotherapie zur Vorbeugung verabreicht, um das<br />

Wie<strong>de</strong>r<strong>auf</strong>treten <strong>de</strong>s Krebses zu verhin<strong>de</strong>rn.<br />

c) Hoffnungsträger für AIDS Kranke?<br />

Die größte Hoffnung stellt Thalidomid jedoch für AIDS Kranke, beziehungsweiße HIV<br />

Infizierte dar. Einerseits wirkt Thalidomid auch in diesem Fall typischen<br />

- 13 -


Begleiterscheinungen, welche im Verl<strong>auf</strong> <strong>de</strong>r Krankheit <strong>auf</strong>treten, entgegen. So wird die<br />

Bildung von Geschwüren innerhalb <strong>de</strong>s Rachenraums, welche ein typisches Symptom für<br />

fortgeschrittenes AIDS Lei<strong>de</strong>n darstellen, unterbun<strong>de</strong>n. Der zweite Punkt ist, dass die<br />

Patienten durch Thalidomid an Gewicht zunehmen. Dadurch wird <strong>de</strong>r bei AIDS Kranken<br />

häufig starken Gewichtsabnahme entgegengewirkt. Dadurch könnte sich das Leben von<br />

AIDS Kranken um Jahre verlängern und erleichtern lassen. Den wahren Hoffnungsschimmer<br />

stellt Thalidomid allerdings in <strong>de</strong>r Hinsicht dar, dass sich im Experiment mit AIDS Kranken<br />

gezeigt hat, dass sich durch die Einnahme von Thalidomid die Zahl <strong>de</strong>r CD-4-T-Zellen im<br />

Blutbild erhöhen lässt. Dies könnte dazu beitragen, dass man das gestörte Immunsystem bei<br />

HIV Infizierten normalisiert und somit eine ordnungsgemäße Reaktion <strong>de</strong>s Körpers <strong>auf</strong><br />

Krankheitserreger ermöglicht. Wür<strong>de</strong> man diese Wirkung von Thalidomid perfektionieren, so<br />

wäre zwar ein Sieg über das HI Virus nicht möglich, <strong>de</strong>nnoch könnte man einen Ausbruch<br />

von AIDS verhin<strong>de</strong>rn, o<strong>de</strong>r die Krankheit bei bereits Erkrankten besiegen.<br />

4.3. Anwendung und Gesetzeslage<br />

Trotz <strong>de</strong>r offensichtlichen Vorteile bei <strong>de</strong>r Anwendung von Thalidomid bei bestimmten<br />

Erkrankungen, ist ein Einsatz in <strong>de</strong>r Realität nicht sehr einfach umzusetzen. Da man sich <strong>de</strong>r<br />

Folgen für ungeborene Kin<strong>de</strong>r bewusst ist, weigern sich viele <strong>de</strong>n Einsatz von Thalidomid in<br />

<strong>de</strong>n erwähnten Gebieten zu akzeptieren, o<strong>de</strong>r fürchten sich vor einer weiteren Tragödie im<br />

Ausmaße <strong>de</strong>s <strong>Contergan</strong>skandals. Dennoch konnte sich Thalidomid <strong>auf</strong>grund seiner Vorteile<br />

<strong>auf</strong> <strong>de</strong>m Markt durchsetzen. So wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n USA bereits 1998 thalidomidhaltige<br />

Medikamente zur Behandlung von schweren Lepraerkrankungen zugelassen. Seither gelten<br />

diese Medikamente <strong>auf</strong> <strong>de</strong>m gesamten amerikanischen Kontinent, unter an<strong>de</strong>rem auch in<br />

Brasilien, als wirksamstes Mittel gegen die Seuche, und wer<strong>de</strong>n als rezeptpflichtiges<br />

Medikament unter strengen Sicherheits<strong>auf</strong>lagen ausgegeben. Auch zur Behandlung von<br />

AIDS ist die USA Vorreiter und führt schon seit einigen Jahren Versuche an freiwilligen<br />

Personen durch. Während<strong>de</strong>ssen wur<strong>de</strong> sich in Europa um eine Zulassung zur Behandlung<br />

von Multiplen Myelomen bemüht, da diese Krebsart in <strong>de</strong>n meisten Fällen bei älteren<br />

Menschen <strong>auf</strong>tritt, und somit eine Schädigung von Nachkommen so gut wie ausgeschlossen<br />

wer<strong>de</strong>n kann. Bereits 2001 als „Arzneimittel für seltene Lei<strong>de</strong>n“ ins Handlungsregister<br />

eingetragen, wur<strong>de</strong> eine Medikamentation in Fällen, in <strong>de</strong>nen keine an<strong>de</strong>re Behandlung<br />

anschlägt, im April 2008 von <strong>de</strong>r EU Kommission zugelassen. Allerdings befin<strong>de</strong>t sich die<br />

Anwendung in <strong>de</strong>r Experimentierphase, sodass viele Patienten das teure Medikament selber<br />

zahlen müssen. Vertrieben wer<strong>de</strong>n thalidomidhaltige Medikamente nicht mehr von<br />

Grünenthal, welche allerdings noch bis En<strong>de</strong> 2003 Restbestän<strong>de</strong> zu Forschungszwecken<br />

verschenkte, son<strong>de</strong>rn von Celgene, einem in <strong>de</strong>n USA beheimateten Konzern. Breits in<br />

vielen Län<strong>de</strong>rn zugelassen, hat Thalidomid in <strong>de</strong>r Zukunft also ein hohes Marktpotential.<br />

- 14 -


5. Gegenwart und Zukunft<br />

Obwohl man nicht bestreiten kann, welche großen Vorteile Thalidomid für die Zukunft<br />

erbringen kann, so kann man doch nicht die Nachteile, die sich in <strong>de</strong>r Vergangenheit, lei<strong>de</strong>r<br />

aber auch in <strong>de</strong>r Gegenwart, gezeigt haben vergessen. Den damaligen Opfern kann lei<strong>de</strong>r<br />

durch die ent<strong>de</strong>ckten Vorteile nicht mehr geholfen wer<strong>de</strong>n. Gleichzeitig ist eine 100%tige<br />

Kontrolle auch in <strong>de</strong>r heutigen Zeit nicht machbar, was sich <strong>auf</strong> tragische Weise gezeigt hat.<br />

5.1. Nächste Opfergeneration<br />

Mit Thalidomid versetzte Medikamente gegen Lepra sollten in Brasilien eigentlich zu einer<br />

Verbesserung <strong>de</strong>r Gesundheitslage führen. Dennoch traten an manchen Orten, vor allem<br />

weit abgelegenen Dörfern in <strong>de</strong>n ersten Jahren, nach<strong>de</strong>m Thalidomid wie<strong>de</strong>r zugelassen<br />

wor<strong>de</strong>n war, erneut gehäuft Fälle von Missbildungen <strong>auf</strong>, welche stark an <strong>de</strong>n<br />

<strong>Contergan</strong>skandal in Deutschland erinnerten. Grund waren auch dieses Mal mangeln<strong>de</strong><br />

Kontrollen, allerdings nicht bei <strong>de</strong>r Herstellung, son<strong>de</strong>rn bei <strong>de</strong>n zuständigen<br />

Herausgabestellen für die Medikamente. Aufgrund dieses Leckes, waren größere Mengen<br />

Bild 8<br />

<strong>de</strong>s Medikaments <strong>auf</strong> illegalem Weg verk<strong>auf</strong>t wor<strong>de</strong>n. Eine<br />

Begründung dafür wäre sicher <strong>de</strong>r Preis, <strong>de</strong>n sich viele arme Bürger<br />

gar nicht leisten konnten, und somit gezwungen waren das<br />

Medikament über Zwischenhändler zu erwerben. Sicher kann man<br />

<strong>de</strong>n guten Willen hinter dieser Tat erkennen, <strong>de</strong>nnoch führte diese<br />

Verk<strong>auf</strong>sart zu mangeln<strong>de</strong>r Aufklärung und zu einem<br />

schwerwiegen<strong>de</strong>n Missverständnis. Aus bekannten Grün<strong>de</strong>n durfte<br />

Thalidomid nicht an Schwangere abgegeben wer<strong>de</strong>n, die<br />

Verpackung <strong>de</strong>s Medikaments war <strong>de</strong>mentsprechend gekennzeichnet. Das Symbol zeigte<br />

das durchgestrichene Bild einer schwangeren Frau (siehe Bild 8). Den eigentlichen<br />

Warnhinweis konnten, <strong>auf</strong>grund <strong>de</strong>r hohen Analphabetenrate, nur wenige lesen und<br />

verstan<strong>de</strong>n das Symbol falsch – nämlich als Abtreibungspille. So wur<strong>de</strong> das Mittel vor allem<br />

von einer großen Zahl Schwangerer eingenommen. Auch <strong>de</strong>r Wunsch mehr Geld zu<br />

verdienen, führte dazu dass das Mittel von manchen illegalen Händlern unter an<strong>de</strong>rem<br />

Verwendungszweck verk<strong>auf</strong>t wur<strong>de</strong>, wodurch sie die Zahl <strong>de</strong>r Opfer noch mal steigerte.<br />

5.2. Die Opfer – Das Leben danach<br />

Die Zahl <strong>de</strong>r <strong>neue</strong>n Opfer zeigt <strong>auf</strong> traurige Weise, dass es immer auch eine Opferseite<br />

geben wird, egal wie gut die Absicht ist, die hinter einer bestimmten Tat stecken mag. Die<br />

Kin<strong>de</strong>r in Brasilien wer<strong>de</strong>n mit ihrem Schicksal leben müssen, sowohl heute, als auch in <strong>de</strong>r<br />

Zukunft. Genau wie es die Menschen aus <strong>de</strong>r ersten Opfergeneration getan haben. Trotz <strong>de</strong>r<br />

- 15 -


Schwierigkeiten <strong>de</strong>nen sie sich stellen mussten und müssen. Denn obwohl staatliche<br />

Stiftungen zur finanziellen Unterstützung gegrün<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>n, gibt es immer wie<strong>de</strong>r<br />

Brennpunkte, auch im sozialen Umgang mit <strong>de</strong>r Gesellschaft.<br />

a) Brennpunkte und Ziele<br />

Laut <strong>de</strong>m „Bun<strong>de</strong>sverband <strong>Contergan</strong>geschädigter e. V.“ 3) hat die bisherige Hilfe von<br />

staatlicher und organisatorischer Seite vielen <strong>Contergan</strong>geschädigten ein angenehmes<br />

Leben ermöglicht, <strong>de</strong>nnoch gibt es immer noch Ziele <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Verband sich für alle<br />

<strong>Contergan</strong>geschädigten wünschen wür<strong>de</strong>. Diese Brennpunkte liegen vor allem in <strong>de</strong>r<br />

langfristigen Unterstützung <strong>de</strong>r Opfer, <strong>de</strong>nn vielen kann mit einer einmaligen<br />

Hilfsmassnahme nicht geholfen wer<strong>de</strong>n, weil sich aus <strong>de</strong>n Schädigungen immer wie<strong>de</strong>r <strong>neue</strong><br />

Probleme ergeben, welche eine an<strong>de</strong>re Unterstützung benötigen. So treten mit <strong>de</strong>r Zeit<br />

durch die oft unnatürliche Körperhaltung, an<strong>de</strong>re körperliche Beschwer<strong>de</strong>n <strong>auf</strong>, zum Beispiel<br />

Verkrümmungen Wirbelsäule. Dennoch gibt es für diese Art von Problem nicht genügen<br />

Ärzte, die sich damit auskennen und so ist es oft nicht möglich die Folgeschä<strong>de</strong>n rechtzeitig<br />

zu erkennen, o<strong>de</strong>r behan<strong>de</strong>ln<strong>de</strong> Maßnahmen zu ergreifen. Deswegen wünscht sich <strong>de</strong>r BVs<br />

mehr „regionale Behandlungszentren“ zur „Eindämmung <strong>de</strong>r Belastungen durch<br />

entsprechen<strong>de</strong> Maßnahmen“. Dafür wären <strong>de</strong>nnoch hohe Geldsummen nötig, die sich viele<br />

vor allem im Alter nicht leisten können und dadurch <strong>auf</strong> finanzielle Unterstützung angewiesen<br />

sind. Dennoch muss auch <strong>de</strong>r Staat Sparmassnahmen ergreifen, wodurch immer mehr<br />

Menschen als weniger pflegebedürftig eingestuft wer<strong>de</strong>n, als sie es durch <strong>de</strong>n Alltag<br />

bestimmt eigentlich sind. Um dieses Problem zu lösen ist eine „uneingeschränkte<br />

Finanzierung behin<strong>de</strong>rungsbedingter Aufwendungen“ und eine „finanzielle Sicherheit im<br />

Alter“ nötig, um ein angemessenes und menschenwürdiges Leben zu führen. Aber die<br />

finanzielle Unterstützung ist nicht alles was dafür nötig sind, <strong>de</strong>nn viele <strong>de</strong>r Opfer wünschen<br />

sich, dass sie sich in die Gesellschaft integrieren können, dazu gehört neben einem<br />

Arbeitsplatz, <strong>de</strong>r oft nicht durch zuständige Ämter vermittelt wer<strong>de</strong>n kann,<br />

behin<strong>de</strong>rtengerechten Wohnungen und Fahrzeugen auch eine „eine tolerante, vorurteilsfreie<br />

Gesellschaft“, <strong>de</strong>n nur so ist eine „soziale Integration“ und ein „selbstbestimmtes Leben“<br />

möglich. Ist durch diese Maßnahmen vielen ein „normales“ Leben möglich, darf man auch<br />

nicht vergessen, dass es auch Geschädigte gibt die <strong>auf</strong>grund <strong>de</strong>r Schwere ihrer Behin<strong>de</strong>rung<br />

nicht in <strong>de</strong>r Lage sind für sich selbst zu sorgen und so <strong>auf</strong> ständige Hilfe angewiesen sind.<br />

Für diese Menschen ist es sehr wichtig, dass „gepflegt sein“ nicht nur be<strong>de</strong>utet, dass man<br />

„sauber“ und „satt“ ist, son<strong>de</strong>rn sie auch als Persönlichkeit mit eigenen Wünschen und<br />

Bedürfnissen gesehen wer<strong>de</strong>n. Durch diese Ziele wäre es für viele möglich, sich noch besser<br />

in die Gesellschaft zu integrieren, als sie es jetzt schon, trotz aller Schwierigkeiten, haben.<br />

3) http://www.contergan.<strong>de</strong> / alles Kursiv gedruckte <strong>auf</strong> dieser Seite sind Zitate <strong>de</strong>s BVs<br />

- 16 -


) Fallbeispiel - Die stolze Schwerstarbeiterin<br />

Fragt man die Schüler <strong>de</strong>s „Städtischen Gymnasium Selm“ nach ihrer Mathelehrerin Bärbel<br />

D. bekommt man oft folgen<strong>de</strong> Antwort zu hören: „Mathe bei Frau Drohmann ist ganz normal"<br />

aber auch die Antwort „Die macht ganz viel mit <strong>de</strong>n Füßen (...)“ ist eine völlig normale<br />

Antwort. Bärbel D. gehört nämlich zu <strong>de</strong>n <strong>Contergan</strong> Kin<strong>de</strong>r, die es geschafft haben sich ein<br />

normales Leben <strong>auf</strong>zubauen. Sie arbeitet am Gymnasium als Mathe- und<br />

Geographielehrerin und wird dabei von ihren Schülern hoch geschätzt. Auch ihre drei Kin<strong>de</strong>r<br />

und ihr Mann sind sehr stolz <strong>auf</strong> ihre „Schwerstarbeiterin“. Doch obwohl Bärbel D. ein<br />

ausgewogenes Leben zu führen scheint, war es nicht einfach dies auch zu erreichen. „Ich<br />

Bild 9: Mathe Alltag<br />

- 17 -<br />

will wohl immer perfekt sein", sagt sie von<br />

sich selbst, und dieses Motto hat sie ihr<br />

ganzes Leben lang begleitet. Als Kind<br />

besuchte sie eine Kin<strong>de</strong>rgartengruppe für<br />

behin<strong>de</strong>rte Kin<strong>de</strong>r, ihre Mutter war<br />

Haushaltshilfe, keiner in <strong>de</strong>r Familie hatte<br />

studiert, doch Bärbel D. wollte mehr. Mehr<br />

als man ihr zugetraut hätte. Früh ging sie<br />

<strong>de</strong>swegen von Daheim weg, studierte nach<br />

<strong>de</strong>m Staatsexamen noch Psychologie. Mit<br />

dieser Grundlage wollte sie<br />

Gesprächstherapeutin wer<strong>de</strong>n, traf hier <strong>auf</strong><br />

Zweifler in <strong>de</strong>r Gesellschaft, die ihr die<br />

Ausbildung nicht zutrauten. Zweimal<br />

musste sie sogar beweißen, dass sie<br />

schreiben konnte, bevor sie eine Stelle<br />

bekam. Auf diese Weise schlug sie sich<br />

durch, immer unterstützt von ihrem<br />

Ehemann, welcher auch immer <strong>auf</strong> Kritiker stieß, die sich bei ihm beschwerten, wie er es <strong>de</strong>n<br />

zulassen konnte dass seine behin<strong>de</strong>rte Frau arbeitete, während er <strong>de</strong>r gesun<strong>de</strong> nur als<br />

Hausmann tätig war. Doch für das Paar war dies die beste Lösung, <strong>de</strong>nn die schwere<br />

Hausarbeit stellt für Bärbel D. eine noch schwere Belastung dar, und außer<strong>de</strong>m braucht sie<br />

die Bestätigung, dass sie etwas für die Familie tut. So arbeitet sie sich weiter vor bis sie<br />

schließlich die ersehnte Unterstützung erhielt, die es ihr möglich machte als Lehrerin am<br />

Gymnasium zu arbeiten. Am Lehrerzimmer und ihrem Fachraum wur<strong>de</strong>n spezielle<br />

Öffnungsvorrichtungen angebaut, ihre Tafel ist elektrisch verstellbar. Um zur Arbeit<br />

zugelangen bekam sie ein speziell umgebautes Auto, welches sie sich sonst nie leisten<br />

konnte. Und <strong>de</strong>r Direktor Ulrich W. ist stolz dar<strong>auf</strong> wie gut sich Bärbel D. integrieren konnte.


Doch <strong>de</strong>n größten Stolz über ihren Erfolg hat immer noch Bärbel D. „Nur Geometrie mache<br />

ich nicht so gern (...)wegen <strong>de</strong>s Zeichnens.“, sagt sie über sich selbst. Doch dieses<br />

scheinbar freie Leben<br />

for<strong>de</strong>rt auch seinen Tribut.<br />

Auch Bärbel D. lei<strong>de</strong>t an<br />

Folgeerscheinungen.<br />

Aufgrund ihrer kurzen Arme<br />

war sie gezwungen sich<br />

häufiger zu bücken. An<br />

ihrem Rücken mussten<br />

<strong>de</strong>swegen zwei<br />

Bandscheiben entfernt<br />

wer<strong>de</strong>n, und durch die<br />

häufigen Hüftoperationen<br />

hat sie häufig Schmerzen in<br />

<strong>de</strong>n Narben. Die<br />

Schwangerschaften musste sie im Rollstuhl verbringen, litt zeitweiße an Depressionen und<br />

Diabetes. Doch obwohl sie um je<strong>de</strong>n freien Tag kämpfen musste und immer noch Kämpft, ist<br />

sie glücklich darüber, dass ihr Leben selbst in <strong>de</strong>r Hand hat, trotz ihrem Schicksal für dass<br />

sie nichts konnte.<br />

5.3. Das <strong>neue</strong> Arzneimittelgesetz<br />

Bild 10: Bärbel D. mit ihrer stolzen Familie<br />

Als einziges Mitglied <strong>de</strong>r damaligen EWG (Europäische Wirtschaftsgemeinschaft) verfügte<br />

Deutschland über kein wirksames Arzneimittelkontrollgesetzt. So war je<strong>de</strong>r Hersteller selber<br />

für die Kontrollen <strong>neue</strong>r Medikamente verantwortlich. Dies erst machte <strong>de</strong>n<br />

<strong>Contergan</strong>skandal möglich öffnete aber auch die Tore für ein <strong>neue</strong>s Arzneimittelgesetz. 1976<br />

wur<strong>de</strong> das heutige Gesetz beschlossen, seit<strong>de</strong>m wacht das „Bun<strong>de</strong>sinstitut für Arzneimittel<br />

und Medizinprodukte“ (BfArM) bun<strong>de</strong>sweit über je<strong>de</strong>s neu <strong>auf</strong> <strong>de</strong>n Markt gebrachtes<br />

Medikament. Diesem Gesetz zufolge müssen Hersteller in pharmazeutischen und klinischen<br />

Versuchen beweisen, dass ihr Medikament ungefährlich ist. Außer<strong>de</strong>m erhält je<strong>de</strong>s<br />

Medikament eine Zulassungsnummer und bleibt 5 Jahre rezeptpflichtig um die Ausbreitung<br />

von Spätnebenwirkungen zu verhin<strong>de</strong>rn. Diese Phase gilt als „erweiterte Testphase“ in <strong>de</strong>r<br />

bun<strong>de</strong>sweit Daten über das Medikament gesammelt und über Netzwerke ausgetauscht<br />

wer<strong>de</strong>n. In dieser Phase kann das Medikament je<strong>de</strong>rzeit vom Markt genommen wer<strong>de</strong>n, falls<br />

sich unerwartete Nebenwirkungen zeigen. Erst nach dieser Phase erhält das Medikament<br />

seine endgültige Zulassung. Durch diese Metho<strong>de</strong> kann also ein weiterer Arzneimittelskandal<br />

in Größe <strong>de</strong>s <strong>Contergan</strong>skandals in Deutschland ausgeschlossen wer<strong>de</strong>n.<br />

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6. Schluss<br />

Der Fall <strong>Contergan</strong> hat gezeigt, dass in <strong>de</strong>r Wissenschaft ein Faktor oft <strong>de</strong>r Auslöser vieler<br />

Kontroversen ist, die sich in ihren Ergebnissen <strong>auf</strong> unterschiedliche Art und Weise<br />

wi<strong>de</strong>rspiegeln können. Und oft spielt auch <strong>de</strong>r Zufall eine Rolle.<br />

Thalidomid wur<strong>de</strong> durch Zufall ent<strong>de</strong>ckt, und zeigte erstmal nur seine negativen Seiten. Viele<br />

Familien wur<strong>de</strong>n durch ihn <strong>auf</strong> eine schwere Probe gestellt, und auch aus Grünenthals Sicht<br />

gab es wirtschaftliche Verluste. Dennoch kann man davon nicht nur negative Bilanzen<br />

ziehen, schließlich eröffnete <strong>de</strong>r Skandal auch <strong>neue</strong> Wege, und war eine Lehre alle. So<br />

wur<strong>de</strong>n <strong>auf</strong>grund <strong>de</strong>s Skandals <strong>neue</strong> Maßnahmen getroffen, die verhin<strong>de</strong>rn sollen, dass ein<br />

ähnlicher Fall noch mal passiert.<br />

Auch die positive Seite von Thalidomid hat man einem Zufall zu verdanken. Dennoch lassen<br />

sich hier wie<strong>de</strong>r nicht nur positive Schlüsse ziehen. Zwar hat man nun die Chance hun<strong>de</strong>rten<br />

von Menschen zu helfen, und die Hoffnung dar<strong>auf</strong> bisher unheilbare Krankheiten zu<br />

besiegen, doch wie<strong>de</strong>r mussten an<strong>de</strong>re auch die negativen Seiten kennen lernen. Die zweite<br />

Generation <strong>de</strong>r <strong>Contergan</strong>-/Thalidomidopfer wächst gera<strong>de</strong> heran.<br />

Man sieht also, dass man aus je<strong>de</strong>r Ausgangssituation, egal ob positiv o<strong>de</strong>r negativ, sowohl<br />

gute, als auch schlechte Bilanzen ziehen kann.<br />

Kann man in <strong>de</strong>r Naturwissenschaft dann noch von „böse“ o<strong>de</strong>r „gut“ sprechen?<br />

O<strong>de</strong>r sind bei<strong>de</strong> Seiten miteinan<strong>de</strong>r verflochten wie ein Racemat?<br />

O<strong>de</strong>r bestimmt doch nur <strong>de</strong>r Zufall?<br />

Diese Seminararbeit entstand im Rahmen <strong>de</strong>s Seminarkurses „Der Zufall in <strong>de</strong>r Naturwissenschaft - Wer nicht sucht, <strong>de</strong>r<br />

fin<strong>de</strong>t.“ Im Schuljahr 2007/2008<br />

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7. Anhang<br />

8.1. Quellen<br />

http://www.k-faktor.com/contergan<br />

http://www.wdr.<strong>de</strong>/themen/homepages/contergan.jhtml<br />

http://www.alsdorf-online.<strong>de</strong>/<strong>de</strong>/geschichte/contergan/in<strong>de</strong>x.html<br />

http://www.wdr.<strong>de</strong>/tv/quarks/sendungsbeitraege/2003/0520/005_raetsel.jsp<br />

http://<strong>de</strong>.wikipedia.org/wiki/Chiral<br />

http://<strong>de</strong>.wikipedia.org/wiki/Enantiomere<br />

http://<strong>de</strong>.wikipedia.org/wiki/Cahn-Ingold-Prelog-Konvention<br />

http://www.chemgapedia.<strong>de</strong>/vsengine/vlu/vsc/<strong>de</strong>/ch/12/oc/vlu_organik/stereochemie/chiralitaet.vlu.html<br />

http://www.onmeda.<strong>de</strong>/schwangerschaft_geburt/schwangerschaft/schaedigung_<strong>de</strong>s_kinds/contergan.html?p=3<br />

http://www.krebs-kompass.<strong>de</strong>/Krebsnews/article.php?article_file=1051822080.txt&printview=1<br />

http://www.zeit.<strong>de</strong>/1997/42/<strong>Contergan</strong>s_Comeback<br />

http://www.contergan.<strong>de</strong>/brennpunkte.htm<br />

8.2. Bildnachweiße<br />

© dpa<br />

Bild 1: http://www.wdr.<strong>de</strong>/themen/gesundheit/pharmazie/contergan/chronik.jhtml?pbild=5<br />

Bild 2: http://<strong>de</strong>.wikipedia.org/wiki/Bild:Enantiomer_%28Allgemein_mit_Beispiel%29.png 1)<br />

(c)WDR 1)<br />

Bild 3: http://www.wdr.<strong>de</strong>/themen/gesundheit/pharmazie/contergan/_img/fotos_thalidomid/thalidomid_formel_400q.jpg<br />

Bild 4-6: http://www.mensch-home.com/momedi-k3s5.htm<br />

c)WDR 1)<br />

Bild 7: http://www.wdr.<strong>de</strong>/themen/gesundheit/pharmazie/contergan/zeittafel.jhtml?html=1<br />

© WDR/Wache<br />

Bild 8: http://www.wdr.<strong>de</strong>/themen/gesundheit/pharmazie/contergan/_img/pictogramm_400q.jpg<br />

© WDR/taxacher<br />

Bild 9: http://www.wdr.<strong>de</strong>/themen/gesundheit/pharmazie/contergan/_img/mathe2_400h.jpg<br />

© WDR/taxacher<br />

Bild 10: http://www.wdr.<strong>de</strong>/themen/gesundheit/pharmazie/contergan/_img/kin<strong>de</strong>r1_400q.jpg<br />

8.3. Materialien<br />

Material 1: http://<strong>de</strong>.wikipedia.org/wiki/Cahn-Ingold-Prelog-Konvention (Auszug)<br />

1) verän<strong>de</strong>rt<br />

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