Rezensionen - Stefan Muntwyler
Rezensionen - Stefan Muntwyler
Rezensionen - Stefan Muntwyler
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Farbpigmente – Farbstoffe – Farbgeschichten<br />
Carin Maria Schirmacher<br />
in: kunst und kirche – 01 / 2012<br />
Pfirsichkern-, Traubenkern- und Kirschkernschwarz auf Flammruss – was sich wie<br />
ein Zauberspruch anhört, beschreibt in Wort und Farbe den schwarznuancierten<br />
Umschlag des Buches „Farbpigmente Farbstoffe Farbgeschichten“. Hier ist ein<br />
magisches Buch über Farben entstanden.<br />
2006/2007 widmete sich das Gewerbemuseum Winterthur in der grossen<br />
Ausstellung „Farbe materiell – virtuell“ dem vielschichtigen Phänomen Farbe.<br />
Wichtiger Publikumsmagnet war das „Farblabor“, das unter anderem 224 Pigmente<br />
und Farbstoffe in ihrer vollen Leuchtkraft systematisch und künstlerisch präsentierte.<br />
Das „Farblabor“ war das Ergebnis der engen Zusammenarbeit mit Georg Kremer von<br />
der Firma Kremer Pigmente und mit dem Maler und Farbforscher <strong>Stefan</strong> <strong>Muntwyler</strong>.<br />
Damals entstand die Idee, die materiell-sinnliche Seite der Farbe über die zeitlich<br />
und örtlich begrenzte Präsentation hinaus allgemein zugänglich zu machen. Zwei<br />
Fachexperten und Persönlichkeiten prägten das Projekt von Beginn an und<br />
unterstützten es mit Enthusiasmus und Wissen: der Künstler und Farbforscher<br />
<strong>Stefan</strong> <strong>Muntwyler</strong> und Hanspeter Schneider vom Team hp Schneider für Gestaltung<br />
und Druck.<br />
Die Stärke des Buches ist nicht nur das Visuelle, sondern besonders auch das<br />
Inhaltliche. Neben einer informativen Einführung über die sprachlichen Wurzeln des<br />
Wortes Farbe werden unterschiedliche Bedeutungsspektren erörtert, die einem einen<br />
umfangreichen Überblick verschaffen.<br />
Kernstück der Publikation ist das Kompendium mit seiner Darstellung von 317<br />
natürlichen und synthetischen Pigmenten und Farbstoffen. Die Abbildungen zeigen<br />
die in minuziöser Handarbeit hergestellten Farbmuster, sowie den dazugehörigen<br />
Grundstoffen – Mineralien, Erden, natürliche Substanzen oder chemische Formeln.<br />
Die Einteilung der Farbmittel wird nach Herkunft und Entstehung vorgenommen.<br />
Diese Einteilung hat viele Vorteile gegenüber anderen möglichen Einteilungen wie<br />
die Alphabetische oder nach Farbton, da Pigmente gleicher Herkunft eine enge<br />
chemische Verwandtschaft zeigen und somit ähnliche Eigenschaften aufweisen.<br />
Nichtsdestotrotz gibt es am Ende des Buches ein alphabetisches Verzeichnis für<br />
eine erleichterte Suche nach einem bestimmten Farbmittel. Detaillierte<br />
Beschreibungen der Bindemittel und ihrer Eigenschaften finden sich im Glossar.<br />
War das Buch in seiner 1. Auflage noch mit einem 14-Farben-Druck hergestellt, so<br />
ist nun mit der 2. Auflage eine weitere Farbe, ein dunkler Blauton (Pantone Blue<br />
072), mit hinzu gekommen. Die Schwierigkeit liegt in der nuancierten Wiedergabe<br />
der originalen Farbmuster und Pigmente. Die arbeitsintensive Farbabstimmung und<br />
das aufwändige Druckverfahren haben sich gelohnt. Der nunmehr 15-Farben Druck<br />
lässt einen schauen und staunen: die vier klassischen Skalafarben Cyan, Magenta,<br />
Yellow und Schwarz, die fünf zusätzlichen Buntfarben Rot, Grün, zwei dunkle<br />
Blautöne und Violett, sowie sechs Leuchtfarben schaffen vibrierende, intensive<br />
Farben, die das Buch zu einem visuellen Erlebnis machen.<br />
Farben beflügeln die Fantasie und die Kunst. Anhand von 11 Farbporträts wird
deutlich, welche wechselvollen und spannungsreichen Geschichten Farben<br />
beschreiben können: von den ersten Farben der Menschheit bis zu den neuesten<br />
Entwicklungen der organischen Chemie. So wird zum Beispiel anhand des<br />
Siegeszuges der Kolonialware Indigo gezeigt, wie ein Textilfarbstoff<br />
Weltwirtschaftsgeschichte schreiben kann.<br />
Des weiteren wird in 8 Pigmentanalysen von Kunstwerken aus verschiedenen<br />
Epochen von Giotto bis Polke gezeigt, welche Pigmente jeweils zur Anwendung<br />
kamen und wie sich Neuerungen in der Farbherstellung auf die Malerei auswirkten.<br />
Besonders bei Polkes Bild „Goldklumpen“ (1982) kommt die Tiefe des Bildes durch<br />
das Wissen um die verwendeten Pigmente erst richtig zum Tragen.<br />
Bemerkenswert sind die ganzseitigen Farbdrucke. Sie springen einem, wie das<br />
Ferrari-Rot, mit enormer Brillanz entgegen oder man wird in das Buch<br />
hineingesogen, wie das bei der unendlichen Tiefe des Manganblaus geschieht. In<br />
einer der 11 Farbgeschichte erzählt der Künstler <strong>Stefan</strong> <strong>Muntwyler</strong> über das<br />
Manganblau und seiner Suche nach dem apulischen Blau in einer wunderschönen<br />
und persönlichen Art und Weise, die die Sinnlichkeit des Buches widerspiegelt:<br />
„Unersättlich bin ich geworden in meiner Farbküche. Seit langer Zeit male ich keine<br />
Bilder mehr im klassischen Sinn. Ich male Farben. Malen ist zu kulinarischem<br />
Genuss geworden.“<br />
In diesem Sinne erzählt das Buch von den vielfältigsten Farben: Ägyptisch Grün<br />
neben Bleizinngelb, Venezianischrot über Lausitzer Ocker, Cyprische Blaugrüne<br />
Erde neben Russischgrün, Smalte neben Chinesisch Purpur, Indische Dattel,<br />
Ultramarinblau, Neapelgelb, Rauschrot u.v.m…!<br />
<strong>Stefan</strong> <strong>Muntwyler</strong> / Hanspeter Schneider / Georg Kremer<br />
FARBPIGMENTE – FARBSTOFFE – FARBGESCHICHTEN<br />
Einleitung von Hugo Anthamatten<br />
alataverlag Winterthur 2011<br />
256 Seiten - mit 200 farbigen teils ganzseitigen Abbildungen<br />
ISBN 9783033029682
Das farbige schwarze Buch<br />
Tatiana Wagenbach Stephan, Buchherstellerin, Zürich – www.diebuchherstellung.ch<br />
in: Schweizer Monatshefte – Dezember 2010<br />
Ein Buch in Schwarz. Nein nicht Schwarz, sondern Pfirsichkernschwarz und<br />
Traubenkernschwarz und Kirschkernschwarz und Flammruss. So schaut einen das<br />
Buch an. Ein schwarzes Buch über Farben. Eigentlich suspekt. Doch schon habe ich<br />
es in der Hand, schlage es auf und lese: Bologneser Kreide, Carrara Marmor,<br />
Rügener Kreide, Champagner Kreide. Irritiert und fasziniert lege ich das Buch auf<br />
den Tisch und beginne zu schauen und zu lesen. Nach zwei Stunden bemerke ich<br />
dieZeit und bin verloren.<br />
Farbpigmente – Farbstoffe – Farbgeschichten<br />
Ein Buch, das mir etwas über Vermeers «Mädchen mit dem Perlenohrring» erzählt<br />
und über die Stuckatur der Klosterkirche Einsiedeln. Aber auch über Bleiweiss und<br />
Indigo, Karminrot und Ultramarin. Über Farbpigmente und Mineralfarben, über<br />
Farbpigmente und Pflanzenfarben.<br />
Der Maler und Farbforscher <strong>Stefan</strong> <strong>Muntwyler</strong> und das «wandelnde Lexikon» für<br />
Farbpigmente Georg Kremer entwickelten mit weiteren Autoren dies wunderschöne,<br />
sinnliche Buch über die Farbwelt. Sie müssen sich bei diesem Buch nicht grün<br />
ärgern. Auch bringt Sie nichts zur Weissglut. Der graue Alltag wird bunt. Sie lesen<br />
wie das Wort «Farbe» sprachetymologisch mit dem Wort Forelle verwandt ist. Dass<br />
es im Englischen die schönen Wörter colour und paint und dye gibt; im Deutschen<br />
nur ein Wort: Farbe. Dann lehrt Sie das Buch endlich einmal die genauen<br />
Unterschiede zwischen Farbmittel und Bindemittel, Füllstoffe und Malstoffe. Und was<br />
das Musterbuch der Glarner Tüechli mit der «Madonna der Demut» von Benedetto di<br />
Bindo zu tun hat.<br />
Und es lehrt uns immer wieder das genaue Schauen und Staunen: Russischgrün<br />
finden Sie neben Cyprischer Blaugrüner Erde, Ultramarinblau extra dunkel neben<br />
Ultramarinblau dunkel und Ultramarinblau hell. 317 einzelne Farben strahlen uns an.<br />
Als Farbmuster, als Steine, als gemahlenes und gebrochenes Material und<br />
Steinmehl. Sie bewundern die Farben, die Sie schon immer sehen wollten: Indische<br />
Dattel und Neapelgelb, Spinellschwarz und Schüttgelb.<br />
Aber dieses Buch ist auch ein Kompendium des Wissens: Was sind natürliche und<br />
was sind synthetische Mineralfarben Was sind natürliche Tier- und Pflanzenfarben<br />
und was synthetische organische Farben Alles ist klar bezeichnet, systematisch<br />
angeordnet, gross und detailliert bebildert.<br />
Und für wen ist nun dieses Buch, ausser für einen selber<br />
Für Geographen, die erfahren dass aus Brasilien Sodalith kommt, dass es im<br />
Departement Vaucluse den letzten Ockerproduzenten gibt und dass das Steinmehl<br />
Alba Albula am Abulapass gefunden wird. Für Kunsthistoriker: Welche Farben<br />
wurden ca. 1665/1666 von Vermeer beim «Das Mädchen mit dem Perlenohrring»<br />
verwendet, und mit welchen Farben malte Claude Monet 1869 seine «Badende in La
Grenoullière» Für Historiker: Der Siegeszug der Kolonialware Indigo.<br />
Für Chemiker: Die chemische Formel von Diketopyrrolopyrrol DPP und das Ferrari-<br />
Rot. Für Geniesser: Das Karminrot für Lippenstifte und Campari. Für<br />
Sprachanalytikerinnen: Die melodischen Farbbezeichnungen Saftgrün, Beinschwarz,<br />
Miloriblau oder Neapelgelb. Farben zum Träumen. Für Köche: Was wird aus<br />
Walnussschalen gewonnen Für Nichtköche: Nach welcher Rezeptur wird<br />
Schüttgelb Schützenberger hergestellt Und natürlich ist dies Buch etwas für alle<br />
Büchermenschen: Ein wunderbar ordentlich gedrucktes Buch. In 15 Farben.<br />
Hanspeter Schneider hat eine klare, lesbare und funktionierende Typografie<br />
gestaltet. Sauber präzise gebunden. Ein Buch mit Register und Glossar! Eine<br />
Wohltat für das Auge und ein Fest für die Sinne. Apropos Fest: kaufen.