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Kunden einbinden, begeistern, gewinnen und halten

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<strong>K<strong>und</strong>en</strong>management<br />

Einbinden, <strong>begeistern</strong>, <strong>gewinnen</strong> <strong>und</strong> <strong>halten</strong><br />

Der K<strong>und</strong>e wandelt sich. Er wird zum fordernden, kompetenten Verbraucher. Eine<br />

Herausforderung für den Service <strong>und</strong> die <strong>K<strong>und</strong>en</strong>orientierung von Unternehmen.<br />

Deutsche Automobilhändler verschenken im Verkauf zahlreiche Chancen. Das ist das Ergebnis einer<br />

groß angelegten Studie der „Gesellschaft zur Gestaltung von <strong>K<strong>und</strong>en</strong>beziehungen“, concertare. 1.100<br />

Mal besuchten ausgebildete Tester die Autohäuser von 34 Top-Marken. Zentrale Kriterien des Tests:<br />

Wie erleben <strong>K<strong>und</strong>en</strong> die generelle Performance der Händler beim Neuwagenkauf, wie unterschiedlich<br />

sind die Erlebnisse beim Verkäuferver<strong>halten</strong> oder in der Gesprächsführung <strong>und</strong> vor allem: Können die<br />

Verkaufsberater die <strong>K<strong>und</strong>en</strong> für das Produkt <strong>begeistern</strong><br />

Resultat: Einigen wenigen Anbietern gelingt es, fast in allen getesteten Bereichen Spitzenplätze zu<br />

belegen. Doch in der Summe werden die Potenziale für den Verkauf nicht ausgeschöpft. So<br />

versäumen es etwa die meisten Betriebe, den <strong>K<strong>und</strong>en</strong> mit dem Produkt in Kontakt zu bringen oder es<br />

fehlt die Verbindlichkeit gegenüber einem abschlussbereiten <strong>K<strong>und</strong>en</strong>.<br />

Der K<strong>und</strong>e. König, Partner oder Bittsteller<br />

Zahlreiche Unternehmen werben mit dem Slogan: „Bei uns ist der K<strong>und</strong>e König“. Dies soll ein<br />

Höchstmaß an <strong>K<strong>und</strong>en</strong>orientierung sicherstellen. Doch stellt sich hier die Frage: Wenn der K<strong>und</strong>e<br />

König ist, wer ist sein Untertan Das können nur die Mitarbeiter des Unternehmens sein, mit dem er<br />

es zu tun hat. Der Managementberater Rene E. hält nicht von der Gleichung, dass der K<strong>und</strong>e König<br />

ist. Er sieht ihn als Partner. In seinem Buch „Der K<strong>und</strong>e ist Schiedsrichter“ führt er dazu aus: „Jeder<br />

K<strong>und</strong>e will seinen eigenen Erfolg, <strong>und</strong> ein guter Verkäufer verhilft ihm dazu.“<br />

„In Japan ist der K<strong>und</strong>e ein Gott, der über ‚Leben <strong>und</strong> Tod eines Unternehmens’ entscheidet.“<br />

Diese These vertritt der japanische Unternehmensberater Minoru Tominaga. Auf den <strong>K<strong>und</strong>en</strong>, so<br />

seine Meinung, wollten viele Top-Manager in Konzernen oder auch der Mitarbeiter an der<br />

Supermarktkasse nicht hören. Meist bliebe es bei einem simplen „Nächster, bitte!“. Für Tominaga ist<br />

der K<strong>und</strong>e hierzulande ein Bittsteller. Es gelte das Motto: „Danke, dass Sie mich bedient haben.“ In<br />

Japan hingegen wisse jeder, dass der eigentliche Arbeitgeber der K<strong>und</strong>e ist. Und Tominaga hat noch<br />

zwei Beispiele auf Lager:<br />

- In Deutschland bringe der K<strong>und</strong>e sein Auto in die Werkstatt, in Japan hole es der Händler ab.<br />

- In Deutschland seien die besten Parkplätze für die Unternehmensleitung reserviert, in Japan<br />

gehören die vordersten Plätze den <strong>K<strong>und</strong>en</strong> <strong>und</strong> dem Mitarbeiter des Monats.<br />

Deutschlands k<strong>und</strong>enorientierteste Dienstleister<br />

Allen Kritiken <strong>und</strong> Unkenrufen zum Trotz: Es gibt in der deutschen Unternehmenslandschaft auch<br />

positive Beispiele in Sachen <strong>K<strong>und</strong>en</strong>fre<strong>und</strong>lichkeit. So kürte die Universität St. Gallen, die<br />

Unternehmensberatung Steria Mummert Consulting <strong>und</strong> das Handelsblatt die k<strong>und</strong>enorientiertesten<br />

Dienstleister Deutschlands 2006. Die teilnehmenden Unternehmen mussten nicht nur umfangreiche<br />

Fragebögen ausfüllen <strong>und</strong> etliche Details offen legen, sondern auch einen E-Mail-Response-Test<br />

bestehen.


Was <strong>K<strong>und</strong>en</strong>orientierung ausmacht, formuliert Peter Maas, Geschäftsführer des Instituts für<br />

Versicherungswirtschaft an der Uni St. Gallen: „Was würde der K<strong>und</strong>e wollen, wenn er wüsste, was er<br />

braucht Der K<strong>und</strong>e weiß es selbst oft nicht genau <strong>und</strong> will noch überrascht werden.“<br />

Für den Gesamtsieger der Studie, TNT Express, ist es wichtig, dass auch der Frachtfahrer vor Ort<br />

eine gute Visitenkarte des Unternehmens abgibt. Schließlich ist er es, der dem <strong>K<strong>und</strong>en</strong> begegnet.<br />

Diese Art von <strong>K<strong>und</strong>en</strong>orientierung ist laut Jutta Roller, Director Customer Service bei TNT Express,<br />

auch unternehmensintern wichtig. Sie führt aus: „Jeder Mitarbeiter muss auch seine Kollegen als<br />

seine <strong>K<strong>und</strong>en</strong> ansehen. Wir machen nichts mit Maschinen. Wer bei <strong>und</strong> anruft, wird von Menschen<br />

bedient, nicht von Sprachcomputern. Denn der Faktor Mensch ist entscheidend.“<br />

Erst der K<strong>und</strong>e – dann die Zahlen<br />

Auch für die Mitarbeiter des Top-Ferienhotels Traube-Tonbach im schwäbischen Baiersbronn gehört<br />

<strong>K<strong>und</strong>en</strong>orientierung zum obersten Prinzip. Dafür sorgt Chef Heiner Finkbeiner jeden Tag aufs Neue.<br />

Nicht umsonst wurde sein Haus bereits mehrfach von den einschlägigen Top-Hotelführern von Gault<br />

Millau bis Varta für seinen Service ausgezeichnet. Und das bei mehr als 300 Mitarbeitern. Wie das<br />

geht, erklärt Finkbeiner jüngst in einem Interview für das Handelsblatt.<br />

Devot soll bei ihm keiner sein, nur höflich <strong>und</strong> zuvorkommend. Finkbeiner selbst sieht sich als Vorbild<br />

in Sachen <strong>K<strong>und</strong>en</strong>orientierung lebt dies seinen Mitarbeitern auch täglich vor. Mindestens an vier<br />

Abenden in der Woche dreht er durch alle vier Restaurants die R<strong>und</strong>e, geht an jeden Tisch <strong>und</strong><br />

begrüßt seine Gäste. Dadurch versucht er herauszuhören, was ihnen gefällt <strong>und</strong> was nicht <strong>und</strong> vor<br />

allem, welche Wünsche noch offen sind. Im Interview sagt er dazu: „Ich mache meinen Mitarbeitern<br />

immer wieder die eine Hauptbotschaft klar. Und zwar, dass der K<strong>und</strong>e – also unser Gast – ihr<br />

Arbeitgeber ist. So begreifen sie, dass ihr Job abhängig ist von der Zufriedenheit der Gäste – <strong>und</strong><br />

nicht davon, ob ihre Leistung alleine ihrem Chef gefällt.“ Persönlich handelt er nach dem Motte: Erst<br />

der Gast, dann die Zahlen. Die würden dann ganz von alleine kommen.<br />

Wirkliches CRM zahlt sich mittel- bis langfristig aus<br />

Wer auf perfekten Service setzt, muss dafür auch investieren. Viele Unternehmen sahen das in der<br />

Vergangenheit aber anders. Kosteneffizienz stand auf dem Plan, mit Sparkursen sollten die Bilanzen<br />

aufpoliert werden. Kurzfristig ein Erfolg, birgt ein solcher Kurs mittel- bis langfristig Risiken. Vor allem<br />

die Qualität der Produkte <strong>und</strong> der Service leiden darunter. Eine Studie der Unternehmensberatung<br />

Steria Mummert Consulting bringt ans Licht, welche Auswüchse falsch verstandenes<br />

Kostenbewusstsein konkret haben kann.<br />

So hätten beispielsweise 80 Prozent der deutschen Dienstleister ihre angeschaffte Customer-<br />

Relation-Software gar nicht zur <strong>K<strong>und</strong>en</strong>bindung eingesetzt, sondern um Potenziale zur<br />

Kostensenkung zu ermitteln. Doch nachdem vielen Firmen die Stammk<strong>und</strong>schaft weg lief, dachten die<br />

Chefetagen in den letzten Jahren um. Noch 2003 wurden finanzielle Ziele von 92 Prozent der<br />

Entscheider ausdrücklich favorisiert. Ein Jahr später lag dieser Wert nur noch bei 55 Prozent. Oberste<br />

Priorität hatte jetzt die Zufriedenheit der <strong>K<strong>und</strong>en</strong>.<br />

Folgende Tabelle veranschaulicht dies:<br />

Wichtigste Kriterien der Vertriebssteuerung Anteil in %<br />

<strong>K<strong>und</strong>en</strong>ziele (<strong>K<strong>und</strong>en</strong>wert, <strong>K<strong>und</strong>en</strong>zufriedenheit) 57<br />

Finanzielle Ziele (Umsatz, Deckungsbeitrag) 55<br />

Prozessziele (Akquise, Bearbeitungszeiten...) 47<br />

Mitarbeiterziele (Personalentwicklung, Führungsziele) 42<br />

Quelle: Mummert Consulsting/FAZ-Institut, Managementkompass Vertriebssteuerung,2004


Vor allem die Branchen, in denen ein harter Verdrängungswettbewerb herrscht, scheinen zur Service-<br />

Offensive zu blasen. Laut Mummert sollen beispielsweise die deutschen Versicherungen bis zu<br />

diesem Jahr mehr als zehn Prozent ihres gesamten Budgets in die <strong>K<strong>und</strong>en</strong>pflege investieren. Die<br />

Telekommunikationsgesellschaften sogar 20 Prozent.<br />

Der K<strong>und</strong>e ist intelligenter geworden – <strong>und</strong> will begeistert werden<br />

„Der Verbraucher ist ein heteromorphes Wesen – ständig im Wandel begriffen. Dank immer neuer<br />

Technologien wird er nicht nur gläserner, sondern ist auch in der Lage, permanent seine Position am<br />

Markt zu verändern. Er ist schneller <strong>und</strong> intelligenter als je zuvor. Wir erleben eine dramatische<br />

Machtverschiebung zu Gunsten der Konsumenten. Unternehmen führen nicht mehr einen Kampf mit<br />

ihren Wettbewerbern, sondern einen Kampf um die Aufmerksamkeit der <strong>K<strong>und</strong>en</strong>“, meint der<br />

Konsumforscher Professor Markus Giesler. Fazit: Unternehmen sollten eine stärkere<br />

<strong>K<strong>und</strong>en</strong>orientierung nicht als platte Werbemaßnahme begreifen, sondern diese als zentralen<br />

Bestandteil in die eigene Unternehmensphilosophie <strong>einbinden</strong>.<br />

Matthias Horx, Trend- <strong>und</strong> Konsumforscher, unterstreicht in einem Interview mit der Fachzeitschrift<br />

„Absatzwirtschaft“: „Die Moralfrage wird sich für die Unternehmen sehr viel stärker stellen, die Frage<br />

des unmittelbaren Kontakts zu <strong>K<strong>und</strong>en</strong>, die Ehrlichkeit <strong>und</strong> Authentizität des Produkts. Es gibt einen<br />

Wechsel vom Konsumenten zum ‚Prosumenten’, einem Käufertyp, der seiner Umwelt sehr fordernd<br />

<strong>und</strong> hochkompetent gegenübersteht. Wenn er keinen Unterschied im Angebot erkennt, wird er<br />

gnadenlos nach Preis kaufen.“<br />

Mit „Geiz-ist-geil-Kampagnen“ würde zwar ein archaisches menschliches Beutever<strong>halten</strong> in Gang<br />

gesetzt, doch für die <strong>K<strong>und</strong>en</strong> werde der Service immer wichtiger. Anstatt Computer bei Aldi oder Lidl<br />

zu kaufen, stellten sie sich die Frage: Wie kann das Gerät funktionieren, wer kann es bedienen <strong>und</strong><br />

verstehen, wer reparieren Nicht von ungefähr befänden sich die Billigmärkte bereits heute in einem<br />

harten Verdrängungswettbewerb, weil sie die Servicefrage nicht lösen könnten.<br />

Wichtig ist auch der über den reinen Kaufakt hinausgehende emotionale Zusatznutzen. Ein Beispiel:<br />

Ein K<strong>und</strong>e behält einen Ort nicht in negativer Erinnerung, wenn er dort gemeinsam mit dem<br />

Mitarbeiter lachen musste. Dazu sollte der Mitarbeiter aber wissen, dass Lachen erlaubt ist.<br />

Zusammenfassung<br />

- Eine k<strong>und</strong>enorientierte Unternehmenskultur zeichnet sich beispielsweise aus durch: Produkt<strong>und</strong><br />

Preisgestaltung, Verkaufspraktiken, Qualitätsgr<strong>und</strong>sätzen, Garantie- <strong>und</strong><br />

Serviceleistungen, Reaktionen auf Reklamationen <strong>und</strong> Beschwerden, Einhaltung von<br />

Lieferterminen, Umgang mit Anrufern <strong>und</strong> Besuchern.<br />

- In Unternehmen sollte der kontinuierliche Verbesserungsprozess in Bezug auf<br />

<strong>K<strong>und</strong>en</strong>orientierung <strong>und</strong> Qualität der Produkte im Vordergr<strong>und</strong> stehen. Kurzfristige<br />

Ergebnisorientierung weicht dem prozessorientierten Denken, das mittel- bis langfristig wirkt.<br />

Veröffentlichung mit fre<strong>und</strong>licher Genehmigung von David Wolf, Wirtschaftsjournalist

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