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Intersubjektive Partizipation: Bewegungen des ... - Thomas Brotzler

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Bezahlt von Kai von Klitzing (kai.vonklitzing@uniklinik-leipzig.de)<br />

STEIN BRÅTEN<br />

<strong>Intersubjektive</strong> <strong>Partizipation</strong>: <strong>Bewegungen</strong> <strong>des</strong> virtuellen<br />

Anderen bei Säuglingen und Erwachsenen<br />

Übersicht: Im Gegensatz zur Tradition Piagets, die für die kindliche Entwicklung<br />

einen egozentrischen Ausgangspunkt unterstellt, werden Beispiele dafür gezeigt,<br />

wie Neugeborene ihre Betreuer nachahmen und in einen Protodialog mit ihnen<br />

eintreten und wie Kleinkinder (11 Monate und älter) prosoziale Verhaltensweisen<br />

erkennen lassen. Dies wird unter dem Gesichtspunkt eines Mechanismus<br />

erklärt, in dem ein virtueller Anderer – wahrscheinlich mit Unterstützung von<br />

Spiegelneuronen – eine alterozentrische <strong>Partizipation</strong> an den <strong>Bewegungen</strong> <strong>des</strong><br />

anderen ermöglicht. Der Kreislauf <strong>des</strong> Nachspielens von Betreuung und Misshandlung<br />

wird mit dem Lernen durch Beteiligung <strong>des</strong> virtuellen Anderen erklärt –<br />

einer Fähigkeit, die bei Autismus und postpartaler Depression teilweise blockiert<br />

ist, normalerweise jedoch intersubjektive Fähigkeiten höherer Ordnung begünstigt.<br />

Schlüsselwörter: Einfühlung; alterozentrische <strong>Partizipation</strong>; primäre Intersubjektivität;<br />

Spiegelneuronen<br />

Einleitung: Über Neugeborene<br />

Katharina und ihre Mutter. Die elf Tage alte Katharina tritt mit ihrer fürsorglichen<br />

Mutter in ein Wechselspiel ein, das an einen Tanz erinnert. Es findet<br />

seinen Ausdruck in ihrem ganzen Körper und in einer beiderseits geteilten<br />

Gefühlsgemeinschaft (aufgezeichnet vom Autor 1990).<br />

Naseeria und ihr Vater. Naseeria, die zwölf Wochen zu früh geboren wurde,<br />

wird im Alter von sechs Wochen vom Vater in einer »Känguruposition«<br />

gehalten und tritt mit ihm in ein schönes Duett ein. Fast unhörbar wiederholt<br />

sie »aaa« zwischen den leisen, sanften »AAA«-Lauten <strong>des</strong> Vaters, sodass<br />

sich die Abfolge aaa … AAA … aaa … AAA … aaa … AAA … aaa« ergibt<br />

(aufgezeichnet von van Rees & de Leeuw 1987).<br />

Die meisten Eltern und Betreuer haben es schon erlebt: Bereits in den ersten<br />

Lebensmonaten hat es den Anschein, als würde das Baby sie in einem<br />

fein abgestimmten Wechselspiel ergänzen, indem beide Seiten auf Gesten<br />

und Gesichtsausdrücke eingehen und sie verfolgen. Schon in den ersten<br />

Wochen nach der Geburt können Mutter und Kind eine solche Koordination<br />

der Gesichtsausdrücke und <strong>Bewegungen</strong> herstellen und eine Art<br />

* Bei der Redaktion eingegangen am 11. 4. 2011.<br />

Psyche – Z Psychoanal 65, 2011, 832–861 www.psyche.de<br />

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INTERSUBJEKTIVE PARTIZIPATION 833<br />

Rundtanz der einander vervollständigenden, verwobenen Körperbewegungen<br />

aufführen.<br />

Die Eindrücke von Eltern und Betreuern, die einen gegenseitigen Kontakt<br />

mit dem Baby als »Gesprächspartner« erleben, lange bevor die Sprache<br />

ins Spiel kommt, wurden in jüngster Zeit auch durch Laboruntersuchungen<br />

bestätigt. Wenn Eltern oder Betreuer beispielsweise am Wickeltisch<br />

mit dem Baby in Kontakt treten – und wenn sie nicht gestresst sind oder<br />

unter Zeitdruck stehen –, erleben sie häufig ein Wechselspiel, das an einen<br />

Tanz oder einen Dialog erinnert. Betrachten wir beispielsweise einmal die<br />

Schnappschüsse von dem elf Tage alten Mädchen auf dem Wickeltisch mit<br />

der Mutter (Abb. 1). Man erkennt tanzartige <strong>Bewegungen</strong> in einem Wechselspiel,<br />

in dem das Neugeborene seinen ganzen Körper in eine wechselseitige<br />

Gefühlsbeziehung einbringt.<br />

Aber solche subjektiven Erlebnisse und phänomenologischen Beschreibungen<br />

vertragen sich nicht mit den traditionellen Theorien der kindlichen<br />

Entwicklung, die während großer Teile <strong>des</strong> vergangenen Jahrhunderts die<br />

Oberhand hatten. Ihre Grundlagen gehen auf die Arbeiten von Freud und<br />

Piaget vom Anfang <strong>des</strong> letzten Jahrhunderts zurück. Sigmund Freud<br />

(1911b) glaubte anfangs, Säuglinge seien von der Kommunikation mit<br />

anderen abgeschnitten; die gleiche Vorstellung vertraten Mahler, Pine &<br />

Bergman (1978 [1975]) noch im letzten Viertel <strong>des</strong> Jahrhunderts: Sie sprachen<br />

vom »normalen Autismus während der ersten Wochen«. 1 Freud<br />

hatte großen Einfluss auf Piaget (1983 [1926]), nach <strong>des</strong>sen Ansicht<br />

das Kind lernen muss, sich von seiner anfänglichen »Egozentrizität« zu<br />

»dezentrieren«. Nach dieser theoretischen Position ist wechselseitige<br />

Kommunikation im Säuglingsalter wie in Abb. 1 ausgeschlossen; dort<br />

erkennen wir, wie die zueinander passenden Gesichtsausdrücke und Körperbewegungen<br />

<strong>des</strong> elf Tage alten Mädchens und seiner Mutter auf gegenseitige<br />

Einstimmung schließen lassen. Bevor ich 1990 dieses Wechselspiel<br />

aufzeichnete, gab es bereits bahnbrechende Berichte über ein solches<br />

Wechselspiel in Form einer »Protokonversation«, die Mary Catherine<br />

Bateson (1975) und Colwyn Trevarthen (1974) an sechs bis acht Wochen<br />

alten Säuglingen beobachtet hatten. Danach fertigten van Rees & de<br />

Leeuw (1987) Videoaufnahmen der sechs Wochen alten Naseeria an, die<br />

bereits in der Lage war, in ein Duett mit ihrem Vater einzutreten.<br />

1 Die frühe Verbindung zwischen Mutter und Säugling wird in dieser Tradition mit einer biologischen<br />

Metapher als »Symbiose« bezeichnet, wobei die Mutter sich in einer »autistischen<br />

Umlaufbahn« um das Baby befindet (vgl. Mahler, Pine & Bergman 1978 [1975]).<br />

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834 STEIN BRÅTEN<br />

Abb. 1: Katharina (11 Tage alt) auf dem Wickeltisch in einem aufeinander abgestimmten,<br />

tanzartigen Wechselspiel mit ihrer Mutter (Bråten 2004a [1998], S. 29; 2002, S. 275)<br />

An dem in Abb. 1 wiedergegebenen Wechselspiel ist nichts Besonderes<br />

oder Ungewöhnliches. Die meisten Säuglinge sind sogar schon in der ersten<br />

Stunde nach der Geburt zu einer Art Kommunikation bereit und bemühen<br />

sich aktiv darum. Steht die Mutter für einen solchen engen Kontakt<br />

nicht zur Verfügung, können andere – Männer oder Frauen – an ihre<br />

Stelle treten; das Neugeborene sucht dann auch nach ihren Gesichtern.<br />

Ein weiterer Beleg für eine solche frühzeitige Kontaktbereitschaft ist die<br />

Tatsache, dass Neugeborene die Gesichtsausdrücke von Erwachsenen,<br />

mit denen sie in Kontakt kommen, nachahmen können (Kugiumutzakis<br />

1985, 1998; Meltzoff & Moore 1983). Wie kommt es dazu?<br />

Wir können annehmen, dass sich Katharina und ihre Mutter sowie Naseeria<br />

und ihr Vater im Kreislauf einer dyadischen Struktur befinden, in<br />

der sie einander unmittelbar spüren können. Die Muster <strong>des</strong> gegenseitigen<br />

Lächelns, Anschauens und Duetts sind nicht das Ergebnis der Versuche<br />

zweier monadischer Mitwirkender, einen Einklang herzustellen. Aber<br />

welche operationalen und organisatorischen Merkmale <strong>des</strong> sich ständig<br />

wandelnden Geistes sind vorstellbar, die ein solches dyadisches Zusammenwirken<br />

mit anderen schon von Geburt an und bei den meisten von<br />

uns während <strong>des</strong> ganzen Lebens ermöglichen?<br />

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INTERSUBJEKTIVE PARTIZIPATION 835<br />

Der Mechanismus <strong>des</strong> virtuellen Anderen wirkt schon bei Neugeborenen<br />

Ein Weg zu einer Antwort eröffnet sich, wenn man das Gehirn <strong>des</strong> Neugeborenen<br />

als selbstorganisieren<strong>des</strong> System betrachtet, das sich im unmittelbaren<br />

wechselseitigen Umgang mit anderen ständig neu erschafft und<br />

wandelt. Im Rahmen dieses Erklärungsansatzes wurde die Vorstellung<br />

von einem inneren, primären Gemeinschaftsprozess (und Raum zur Dialogbildung)<br />

formuliert, der als »virtueller Anderer« bezeichnet wurde; er<br />

lädt dazu ein und lässt zu, dass er von tatsächlichen Anderen ersetzt wird,<br />

und man geht davon aus, dass er eine Eigenschaft der Operationsschaltkreise<br />

ist, durch die der Geist sich neu erschafft und wandelt. Schon früher<br />

habe ich den Mechanismus <strong>des</strong> virtuellen Anderen auf der Grundlage meiner<br />

empirischen Untersuchungen und Computersimulationen der Kommunikation<br />

so beschrieben:<br />

»Im Geist <strong>des</strong> Säuglings gibt es schon bei der Geburt einen virtuellen Anderen,<br />

der zum Vollzug durch tatsächliche Andere in der gefühlten unmittelbaren<br />

Umgebung einlädt und ihn zulässt. Der normale, sich entwickelnde<br />

und lernende Geist erschafft sich also neu und wandelt sich als selbstorganisierende<br />

Dyade: einerseits im Selbst-Umgang mit dem virtuellen Anderen<br />

und andererseits im Umgang mit tatsächlichen Anderen, die den Raum<br />

der Gemeinschaft mit dem virtuellen Anderen ausfüllen und beeinflussen<br />

und damit in gegenwärtiger Unmittelbarkeit direkt gefühlt werden« (Bråten<br />

1993, S. 26). 2<br />

Der Begriff »virtuell« bezeichnet in diesem Zusammenhang den ursprünglichen,<br />

unspezifischen inneren Anderen, eine Ergänzung zum körperlichen<br />

Selbst und etwas anderes als tatsächliche Andere und ihre Repräsentationen.<br />

Dieser innere, virtuelle Andere kann nun in (Proto-)Dialoghandlungen<br />

durch einen bestimmten, vorhandenen, tatsächlichen Anderen ersetzt<br />

werden oder ihn ersetzen. Und dies, ohne dass sich die Handlungscharakteristik<br />

der sich selbst organisierenden Dyade verändert. Der Mechanismus<br />

<strong>des</strong> virtuellen Anderen beinhaltet demnach eine angeborene, unspezifisch-gemeinschaftliche<br />

Sichtweise, die die Perspektive <strong>des</strong> körperlichen<br />

Selbst um die Leistungsfähigkeit (virtus) der Sichtweise <strong>des</strong> tatsächlichen<br />

Anderen ergänzt; daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass er die Alterozeption<br />

und die alterozentrische Spiegelung ermöglicht, wobei er vermutlich<br />

vom System der Spiegelneuronen, auf das ich später zu sprechen<br />

kommen werde, unterstützt wird.<br />

2 Meine Definition für den Mechanismus <strong>des</strong> virtuellen Anderen wird auch von Grotstein<br />

(2003, S. 15) zitiert.<br />

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836 STEIN BRÅTEN<br />

Empfindung <strong>des</strong> tatsächlichen Anderen im Vorstellungsmodus<br />

der gefühlten Unmittelbarkeit<br />

Wenn man beispielsweise Naseeria einen solchen dyadischen Schaltkreis<br />

mit einem virtuellen Anderen zuschreiben kann, wird ihr Umgang mit<br />

dem Vater in gefühlter Unmittelbarkeit möglich, ohne dass es eines qualitativen<br />

Sprungs bedürfte (wenn er den Platz ihres virtuellen Anderen einnimmt).<br />

Die dyadischen Schaltkreise in beiden verwandeln sich in einen<br />

(Proto-)Dialog-Schaltkreis, der sie beide als tatsächliche Beteiligte einschließt,<br />

die sich gegenseitig in präsentationaler Unmittelbarkeit spüren.<br />

Das Gleiche gilt für Katharina und ihre Mutter. Wenn der tatsächliche<br />

Andere den gemeinschaftlichen Raum <strong>des</strong> virtuellen Anderen ausfüllt,<br />

wird der tatsächliche Andere im doppelten Sinn <strong>des</strong> Begriffs »fühlen« gefühlt.<br />

Erstens wird der tatsächliche Andere unmittelbar gespürt und in<br />

präsentationaler Unmittelbarkeit gefühlt, und zwar nicht durch re-präsentationale<br />

Mittelbarkeit, sondern weil der virtuelle Andere in dem Handlungskreislauf<br />

ersetzt wird. Und zweitens werden affektive Vitalitätsgefühle<br />

im Sinn von »Vitalitätsaffekten«, wie Stern (1999) sie nennt, in den<br />

Beteiligten geweckt und von ihnen geteilt. Sie unterscheiden sich von Gefühlen<br />

und ihrem Ausdruck, den man mit einzelnen Kategorien wie<br />

»Freude«, »Überraschung«, »Abscheu«, »Wut« usw. beschreiben kann.<br />

Den Modus der unmittelbaren Vitalitätsempfindung bezeichne ich auf<br />

Englisch als »the presentational mode of felt immediacy«, das heißt als<br />

›unmittelbare Einfühlung‹ 3. Wenn zwei Beteiligte sich wechselseitig unmittelbar<br />

einfühlen, füllt jeder den Raum <strong>des</strong> virtuellen Gefährten <strong>des</strong> anderen<br />

aus, und man kann sagen: Sie beteiligen sich an intersubjektiver Gemeinsamkeit.<br />

Nachahmung bei Neugeborenen<br />

Wie in experimentellen Studien dokumentiert wurde, ahmen Säuglinge<br />

schon in den ersten Wochen nach der Geburt verschiedene Gesten nach:<br />

das Herausstrecken der Zunge, <strong>Bewegungen</strong> der Augenbrauen, die Drehung<br />

<strong>des</strong> Kopfes, Fingerbewegungen, Gesten zum Ausdruck von Überraschung,<br />

Freude und Langeweile sowie stimmliche Äußerungen (Vokale).<br />

Vielleicht am eindringlichsten sind die Videoaufnahmen von Kugiumutzakis<br />

(1985, 1998) aus Heraklion (Kreta) von 1983: Sie zeigen, wie Neugeborene<br />

schon in der ersten Stunde nach der Geburt genau die Gesichts-<br />

3 Im Original deutsch [A.d.Ü.]<br />

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INTERSUBJEKTIVE PARTIZIPATION 837<br />

Abb. 2 (links): Ein neu geborenes Mädchen (20 Minuten alt) in Heraklion (Kreta) sieht, wie<br />

Kugiumutzakis (1985, 1998) den Mund weit öffnet, und ahmt ihn dann nach. (Rechts) Zuhörer<br />

öffnen unwillkürlich den Mund ein wenig, wenn sie damit rechnen, dass der Säugling<br />

eine Nachahmungsreaktion zeigt.<br />

bewegungen ihres Gegenübers beobachten, um dann mit Nachahmung zu<br />

reagieren und ganz ähnliche Gesichtsbewegungen auszuführen – unter anderem<br />

strecken sie die Zunge heraus und öffnen den Mund weit.<br />

Abb. 2 macht deutlich, wie der Mechanismus <strong>des</strong> virtuellen Anderen<br />

sowohl bei Neugeborenen als auch bei Erwachsenen wirksam werden<br />

kann. Beim Neugeborenen füllt Kugiumutzakis mit seinen Gesichtsbewegungen<br />

den Raum der intersubjektiven Gemeinsamkeit, und das Mädchen<br />

fühlt sich veranlasst, den Mund auf alterozeptive Weise zu öffnen (um<br />

einen Begriff von Trevarthen [1986] zu verwenden) und so die Nachahmung<br />

zu vervollständigen. Oder, wie Kugiumutzakis es formuliert:<br />

»Die Erkennung <strong>des</strong> Gegenübers als tatsächlicher Anderer im Gemeinsamkeitsraum<br />

<strong>des</strong> Babys (Bråten 1988a, 1988b, 1992, 1993, 1994) ruft das Vergnügen<br />

oder die Freude über das Zusammensein hervor. Das Gegenüber<br />

regt Blicke, Gehör und Geist <strong>des</strong> Babys an. […] Die Aufforderung durch<br />

den Erwachsenen wurde erkannt und angenommen, die intersubjektive Erwartung<br />

wurde bestätigt, der Raum <strong>des</strong> virtuellen Anderen [beim Neugeborenen]<br />

wurde durch ein freundliches, reales, ähnliches Wesen ausgefüllt.<br />

Das Spiel <strong>des</strong> potenziellen Teilens hat begonnen und muss vollständig abgeschlossen<br />

werden« (Kugiumutzakis 1998, S. 79).<br />

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838 STEIN BRÅTEN<br />

Alterozentrische <strong>Partizipation</strong><br />

Wenn ich Videoaufzeichnungen von Kugiumutzakis – beispielsweise<br />

einen Clip, in dem er einem 20 Minuten alten Mädchen seinen weit geöffneten<br />

Mund zeigt und das Baby sich daranmacht, ihn nachzuahmen<br />

(wie in Abb. 2) – bei einem Vortrag zeige, öffnen manche Zuhörer unwillkürlich<br />

den Mund und zeigen so ihre virtuelle <strong>Partizipation</strong> an dem, was<br />

das Neugeborene tun will. Im Publikum handelt es sich dabei nicht um<br />

imitieren<strong>des</strong> Nachspielen, sondern um ein Voraus- oder Mitspielen: Die<br />

Menschen im Publikum öffnen den Mund zur gleichen Zeit wie das kleine<br />

Mädchen oder ein wenig früher – als wollten sie der Kleinen helfen, die<br />

schwierige Leistung zu vollbringen. Sie sind sich genau bewusst, was das<br />

kleine Mädchen vorhat, und öffnen unwillkürlich den Mund, bevor es ihr<br />

gelingt. Wenn ich dann an das Rednerpult zurückkehre und darauf hinweise,<br />

was einige Zuhörer gerade getan haben, bricht Gelächter aus und<br />

ihnen wird bewusst, was ihre Mundbewegungen bedeuten. Ihr Mechanismus<br />

<strong>des</strong> virtuellen Anderen hat sie in die Lage versetzt, sich wie ein virtueller<br />

Miturheber der Vorbereitung <strong>des</strong> Neugeborenen auf die Nachahmung<br />

zu fühlen; dies hat dann dazu geführt, dass sie unwillkürlich den<br />

Mund öffneten, ohne dass es ihnen bewusst war.<br />

Dies macht die alterozentrische <strong>Partizipation</strong> deutlich – diesen Begriff<br />

verwende ich (Bråten 1998b, 2002, 2003a, 2003b, 2009) für die auf den anderen<br />

zentrierte Wahrnehmung und Spiegelung von <strong>Bewegungen</strong>. Die alterozentrische<br />

<strong>Partizipation</strong> ist die genaue Umkehr der Wahrnehmung anderer<br />

aus egozentrischer Sicht; sie umfasst die empathische Fähigkeit, sich<br />

mit dem Anderen in Form eines virtuellen Beteiligten zu identifizieren, was<br />

zum Mitspielen oder gemeinsamen Erleben veranlasst, als würde es sich im<br />

körperlichen Zentrum <strong>des</strong> Anderen abspielen. Ich definiere die alterozentrische<br />

<strong>Partizipation</strong> also als die virtuelle Beteiligung <strong>des</strong> Ego am Handeln<br />

<strong>des</strong> Anderen, als wäre das Ego ein virtueller Miturheber der Handlung<br />

oder als würde es virtuell vom Standpunkt <strong>des</strong> Anderen an die Hand genommen.<br />

Dies zeigt sich manchmal unwillkürlich ganz offen, etwa wenn<br />

man ein Bein hebt, während man einem Hochspringer zusieht, oder wenn<br />

man den Mund öffnet, während man einem anderen etwas zu essen in den<br />

Mund steckt (und es unterscheidet sich vom Einnehmen einer Sichtweise,<br />

die durch die begriffliche Repräsentationen anderer vermittelt wird). 4 Stern<br />

4 Eine solche virtuelle Beteiligung an den Handlungen eines Anderen fiel schon Adam<br />

Smith (2010 [1759]) auf: Er berichtet, wie sich die Zuschauer einer französischen Revuetänzerin<br />

entsprechend den Tanzbewegungen wiegten.<br />

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INTERSUBJEKTIVE PARTIZIPATION 839<br />

(2005, S. 247) hält das, was ich als »alterozentrische <strong>Partizipation</strong>« bezeichnet<br />

habe, für »die basale intersubjektive Fähigkeit, durch die Nachahmung,<br />

Empathie, emotionale Ansteckung und Identifizierung ermöglicht<br />

werden«. Und das, so könnte man hinzufügen, ist noch nicht alles:<br />

Wenn wir nicht nur zusehen, wie ein anderer etwas ausführt, sondern uns<br />

auch wünschen, dass der andere mit seiner Tätigkeit Erfolg hat, zeigen wir<br />

unsere virtuelle Teilnahme an den Bemühungen <strong>des</strong> anderen durch begleitende<br />

Muskelbewegungen, als wären wir der Miturheber der Tätigkeit <strong>des</strong><br />

anderen; Beispiele sind auch hier die Reaktion <strong>des</strong> Publikums, wenn das<br />

Neugeborene sich auf die Nachahmung vorbereitet (Abb. 2), oder die Betreuungsperson,<br />

die unwillkürlich den Mund öffnet, wenn der Patient das<br />

Gleiche tut, um die angebotene Nahrung aufzunehmen. Ein solcher Widerhall<br />

von <strong>Bewegungen</strong> ist Eibl-Eibesfeldt (1997), der den Begriff »Mit-<br />

<strong>Bewegungen</strong>« benutzt, und mir unabhängig voneinander bei Säuglingen<br />

aufgefallen, die ihre Betreuer füttern: Sie öffnen unwillkürlich den Mund,<br />

wenn der Empfänger das Gleiche tut, um das Essen anzunehmen – und genauso<br />

machen es oftmals auch Erwachsene, die ein Kind füttern.<br />

Sehr deutlich wird dies in Abb. 3. <strong>Thomas</strong>, ein Junge aus Norwegen, ist<br />

ein knappes Jahr alt. Als seine Schwester ihn fütterte, bat ich sie, den Löffel<br />

mit dem Essen vor ihn hinzulegen – ich wollte wissen, was er tun würde.<br />

Erwartungsgemäß griff er nach dem Löffel und hob ihn unbeholfen an ihren<br />

Mund. Als es aber um das süße Dessert ging, behielt er den Löffel für sich –<br />

einige andere Babys allerdings, die ich in ähnlichen Situationen filmte, erwiderten<br />

auch hier die Fütterung durch die Betreuungsperson und teilten<br />

auch das süße Dessert oder den Saft mit ihr. <strong>Thomas</strong> zeigt hier aber noch<br />

eine andere Leistung: Wenn er seiner Schwester den Löffel in den Mund<br />

steckt, öffnet er auch selbst den Mund, als würde er sich virtuell an ihrer<br />

Nahrungsaufnahme beteiligen. Das Gleiche tun wir oftmals auch als Erwachsene,<br />

wenn wir jemanden füttern – wir öffnen unwillkürlich den<br />

Mund, wenn dieser den Mund aufmacht, um die Nahrung zu sich zu nehmen.<br />

5 Eine solche teilnehmende Wahrnehmung der <strong>Bewegungen</strong> anderer ist<br />

5 Wie der Mechanismus <strong>des</strong> virtuellen Anderen *A funktioniert, wenn <strong>Thomas</strong> von seiner<br />

Schwester das Füttern mit dem Löffel lernt und teilnehmend wahrnimmt, wie seine<br />

Schwester das Essen zu sich nimmt, lässt sich jetzt auch mit symbolischer Logik ausdrücken.<br />

E.f sei die manuell ausgeführte Handlung <strong>des</strong> Fütterns und E.e die Bewegung <strong>des</strong><br />

Mun<strong>des</strong>, der die Nahrung aufnimmt. *A.*f und *A.*e kennzeichnen die alterozentrierte<br />

<strong>Partizipation</strong> <strong>des</strong> Fütternden und <strong>des</strong> Empfängers der Nahrung; an beidem ist *A, der<br />

Mechanismus <strong>des</strong> virtuellen Anderen, beteiligt. Dann kann man die alterozentrierte<br />

<strong>Partizipation</strong> der Betreuerin an der Nahrungsaufnahme durch <strong>Thomas</strong> und den Prozess,<br />

in dem <strong>Thomas</strong> durch seine alterozentrierte <strong>Partizipation</strong> an der Fütterungshandlung der<br />

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840 STEIN BRÅTEN<br />

Bestandteil der Alterozentrizität – <strong>des</strong> genauen Gegenteils von Egozentrizität<br />

– und wird durch den Mechanismus <strong>des</strong> virtuellen Anderen ermöglicht,<br />

der parallel zur Ausführung <strong>des</strong> Fütterns wirksam wird und sie ergänzt.<br />

In dem folgenden, von Anna Freud berichteten Beispiel stellt ein Mädchen<br />

seine Fähigkeit unter Beweis, die eigene körperzentrierte Position<br />

und die egoistischen Bedürfnisse hinter sich zu lassen:<br />

»Rose (19 Monate) sitzt bei Tisch und trinkt Kakao. Edith (17 Monate) kletterte<br />

hinauf und will ihr den Becher vom Mund wegzuziehen. Rose sieht sie<br />

erstaunt an, dreht dann den Becher um und hält ihn so, dass Edith davon<br />

trinken kann« (A. Freud & Burlingham 1987 [1973], S. 911).<br />

Roses Reaktion auf Ediths unbeholfenen Versuch, an den Kakao zu kommen,<br />

ist nicht nur wegen ihrer altruistischen Handlungsweise aufschlussreich<br />

– sie hilft Edith, Kakao zu trinken, und verzichtet selbst darauf –,<br />

sondern auch, weil sie den Becher angesichts der Körperhaltung von Edith<br />

herumdreht. Indem sie den Becher so stellt, dass Edith aus Ediths Position<br />

heraus – die ihrer eigenen entgegengesetzt ist – trinken kann, stellt sie die<br />

Fähigkeit unter Beweis, ihre eigene, körperzentrierte Sichtweise aufzugeben.<br />

Mit ihrer alterozentrischen <strong>Partizipation</strong> leistet sie für Edith eine Proto-<br />

Fürsorge; gelernt hat Rose diese Spiegelung – das Umdrehen <strong>des</strong> Bechers –<br />

wahrscheinlich dadurch, dass sie selbst von ihren Betreuerinnen gefüttert<br />

wurde.<br />

Mutmaßliche neurosoziale Grundlagen für den Mechanismus<br />

<strong>des</strong> virtuellen Anderen<br />

Die Entdeckung der Spiegelneuronen<br />

Ungefähr zur gleichen Zeit, als ich die Erwartung äußerte, dass man die<br />

neurophysiologischen Grundlagen solcher Leistungen in Form »neuronaler<br />

Betreuerin lernt, und auch die Tatsache, dass er die Nahrungsaufnahme durch sie erwidert<br />

und spiegelt, folgendermaßen formulieren: Betreuerin (E.f; *A.*e) und lernender<br />

Säugling (E.e; *A.*f) => erwidernder Säugling (E.f; *A.*e). Das heißt: Da die Betreuerin<br />

den Säugling füttert und gleichzeitig an seiner Nahrungsaufnahme Anteil nimmt, löst<br />

sie im Säugling sowohl die Nahrungsaufnahme als auch die virtuelle Beteiligung an der<br />

Fütterungshandlung aus, als wäre der Säugling ein virtueller Miturheber der Fütterung.<br />

Die dabei zurückbleibende, aus der Bewegung stammende Erinnerung veranlasst den<br />

Säugling – wenn er den Löffel selbst in die Hand nehmen darf –, die Betreuerin auf ganz<br />

ähnliche Weise zu füttern. Begleitet wird der Vorgang durch die virtuelle Beteiligung <strong>des</strong><br />

Säuglings am Akt der Nahrungsaufnahme durch die Betreuerin (vgl. Bråten 2002,<br />

S. 290f.; 2007b, S. 134f.).<br />

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INTERSUBJEKTIVE PARTIZIPATION 841<br />

Abb. 3: <strong>Thomas</strong> (11 3⁄4 Monate alt) erwidert die Fütterung durch die Schwester<br />

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842 STEIN BRÅTEN<br />

Systeme und vielleicht sogar Neuronen entdecken werde, die für alterozentrische<br />

Wahrnehmung sensibilisiert sind« (Bråten 1998b, 2000 [1997]),<br />

wurde über die Entdeckung eines Spiegelsystems im menschlichen Gehirn<br />

berichtet (Rizzolatti et al. 1999; Rizzolatti, Graighero & Fadiga 2002;<br />

Rizzolatti & Arbib 1998; Ferrari & Gallese 2007 [2004]; Fadiga 2000;<br />

Fogassi et al. 2005). Prämotorische Spiegelneuronen geben Impulse ab,<br />

wenn wir sehen, wie ein anderer eine Handlung ausführt, oder wenn wir<br />

selbst die gleiche Handlung ausführen (beispielsweise nach einem Stück<br />

Nahrung greifen). Entdeckt wurden die Spiegelneuronen ursprünglich von<br />

Giacomo Rizzolatti und seinen Mitarbeitern an Makaken: Dort werden<br />

die Zellen aktiv, wenn der Affe zusieht, wie der Versuchsleiter nach einem<br />

Stück Nahrung greift, oder wenn der Affe selbst das Stück in die Hand<br />

nimmt. Wie sich durch weitere Experimente herausstellte, gibt es ein solches<br />

System auch im Gehirn <strong>des</strong> Menschen, und zwar im so genannten<br />

Broca-Zentrum (das nicht nur dem Sprechen dient, sondern offenbar auch<br />

bei der Ausführung und Vorstellung von Handbewegungen sowie bei Aufgaben,<br />

in denen die Hand im Geist gedreht wird, aktiv wird). Mit dem<br />

Nachweis solcher Spiegelneuronensysteme, mit denen eine Übereinstimmung<br />

zwischen einer beobachteten Handlung und einer ähnlichen, innerlich<br />

erzeugten Handlung beim Beobachter hergestellt werden kann,<br />

greifen Rizzolatti & Arbib (1998) auf Libermans (1993) Theorie der motorischen<br />

Sprachwahrnehmung zurück, die eine enge Verbindung zwischen<br />

der Produktion und Wahrnehmung von Sprache postuliert. Dies steht im<br />

Einklang mit meiner Darstellung <strong>des</strong> Gesprächsmodells (Bråten 1974,<br />

2002), wonach der Zuhörer am Produktionsprozess <strong>des</strong> Sprechers teilnimmt;<br />

das wiederum setzt die Mitwirkung eines solchen Spiegelsystems<br />

voraus, welches die alterozentrische <strong>Partizipation</strong> <strong>des</strong> Zuhörers an den<br />

Prozessen beim Sprecher unterstützt, was sich darin zeigt, dass der Zuhörer<br />

Sätze vervollständigt (Beispiele in Bråten 2009, S. 251ff.).<br />

Schmerzneuronen<br />

Neben dem System der Spiegelneuronen 6 spricht auch ein weiterer neurobiologischer<br />

Befund für den Mechanismus <strong>des</strong> virtuellen Anderen: die<br />

Entdeckung der so genannten Schmerzneuronen, die im Cortex cingulatus<br />

unseres Gehirns aktiv sind. Dies erkennt man in Abb. 4 an den Reak-<br />

6 Vgl. Bråten & Gallese (2004) zu Folgerungen, die sich aus den Spiegelneuronensystemen<br />

für soziale Kognition und Intersubjektivität ergeben. Vgl. auch Stamenov & Gallese<br />

(2002) und Bråten (2007a).<br />

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INTERSUBJEKTIVE PARTIZIPATION 843<br />

Abb. 4: Ein Beispiel für gemeinsame Schmerzverarbeitung und die Spiegelungswirkung<br />

beim Griff nach der Hand. Die Zeichnung ist eine abgewandelte Version einer Abbildung,<br />

die ursprünglich in Bråten (2009, S. 258) erschien.<br />

tionen der Frau auf die Schmerzen <strong>des</strong> Mädchens. Wenn wir Schmerzen<br />

empfinden oder mit Empathie (Einfühlung) die Schmerzen eines anderen<br />

beobachten, werden die Schmerzneuronen im anterioren (vorderen) Teil<br />

<strong>des</strong> Cortex cingulatus aktiv (kleine Kreuze in der schematischen Zeichnung<br />

<strong>des</strong> Gehirns der Frau). Dies zeigte sich durch Untersuchung einzelner<br />

Neuronen an manchen Patienten, über die unter anderem Hutchinson<br />

et al. (1999) berichteten, und unterstützt wurde der Befund durch funktionelle<br />

MRI-Untersuchung an normalen, in der Entwicklung befindlichen<br />

Kindern durch Decety, Michalska & Akitsuki (2008). Neben der Aktivierung<br />

der Schmerzneuronen bei der Frau ruft wahrscheinlich auch die Bewegung<br />

<strong>des</strong> Mädchens, das nach seiner eigenen, schmerzenden Hand<br />

greift, einen Widerhall in den Rindenarealen der Frau hervor, die über das<br />

oben beschriebene System der Spiegelneuronen an ihrer motorischen<br />

Steuerung mitwirken. Die Aktivierung der Spiegelneuronen führt wahrscheinlich<br />

dazu, dass die Frau ihre eigenen Arm- und Handmuskeln spürt,<br />

während sie dem Mädchen zusieht, und das wiederum führt dazu, dass<br />

die Frau nach der Hand <strong>des</strong> Mädchens greift.<br />

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844 STEIN BRÅTEN<br />

Wenn sie dann mit ihrer eigenen Hand nach der schmerzenden Hand<br />

<strong>des</strong> Mädchens greift, verschiebt sich der Bezugsrahmen von der Beteiligung<br />

<strong>des</strong> virtuellen Anderen an der Greifbewegung <strong>des</strong> Mädchens zu der<br />

vom Ego ausgeführten eigenen Greifbewegung. Dies können wir unter<br />

dem Gesichtspunkt <strong>des</strong> Mechanismus <strong>des</strong> virtuellen Anderen *A folgendermaßen<br />

beschreiben:<br />

F.s sei das tatsächliche Schmerzgefühl <strong>des</strong> Mädchens und *A.*s das Gefühl,<br />

mit dem die Frau über ihren Mechanismus <strong>des</strong> virtuellen Anderen an den<br />

Schmerzen <strong>des</strong> Mädchens teilhat. E.g bezeichnet den tatsächlichen Griff nach<br />

der Hand und *A.*g den gespiegelten Griff nach der Hand, der bei der Frau<br />

durch die Wahrnehmung der tatsächlichen Greifbewegung <strong>des</strong> Mädchens ausgelöst<br />

wird. Die in der Zeichnung dargestellte Situation kann man dann folgendermaßen<br />

beschreiben:<br />

Mädchen (F.s & E.g) und Frau (*A.*s & *A.*g) verursachen bei der Frau<br />

(E.g)<br />

Wenn das Mädchen, das Schmerzen hat (F.s), nach seiner Hand greift (E.g),<br />

hat die Frau nicht nur Teil an den Schmerzen (*A.*s), sondern die Greifbewegung<br />

<strong>des</strong> Mädchens aktiviert bei der Frau über Spiegelneuronen den<br />

Greif-Widerhall (*A.*g); das wiederum veranlasst die Frau, die Hand auszustrecken<br />

(E.g) und nach der schmerzenden Hand <strong>des</strong> Mädchens zu greifen<br />

(vgl. Bråten 2002, S. 290f.; 2007b, S. 134f., sowie Fußnote 4).<br />

Der Kreislauf <strong>des</strong> Nachvollzugs von Fürsorge und Misshandlung<br />

Dezentrierung in der Stammesgeschichte<br />

Im Gegensatz zu Piagets Behauptung, die Egozentrizität werde im Laufe<br />

der Ontogenie dezentriert, machen die zuvor gezeigten Bilder von Säuglingen<br />

deutlich, dass eine solche Dezentrierung bereits in der Phylogenese<br />

stattgefunden haben muss. In Anspielung auf jene kritische Evolutionsphase,<br />

in der die Homininenmütter sich den aufrechten Gang zu eigen<br />

machten und ihre Säuglinge den Vorteil in Form von Schutz und Belehrung<br />

verloren, <strong>des</strong>sen sich die Primatensäuglinge erfreuten, solange sie<br />

sich an den Rücken klammern konnten, habe ich folgende Vermutung<br />

formuliert: Bevor die Babyschlingen (vielleicht von Müttern der Spezies<br />

Homo erectus) erfunden wurden, wären die Hominidenarten vom Aussterben<br />

bedroht gewesen, wenn ihre kleinen Nachkommen, die sie auf<br />

dem Erdboden absetzen mussten, nicht in der Lage gewesen wären, zuzuhören,<br />

allein zurechtzukommen und sich durch altero-(mutter-)zentrierte<br />

<strong>Partizipation</strong> von Angesicht zu Angesicht aus der Entfernung versorgen<br />

zu lassen (Bråten 2004b; vgl. dazu Falk 2004)<br />

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INTERSUBJEKTIVE PARTIZIPATION 845<br />

Im Gegensatz zu Schimpansenjungen, die auf dem Rücken der Mutter<br />

reiten und so ihre Wahrnehmung ohne jede Spiegelung und Umkehrung<br />

teilen können, war die Dezentrierung mit dem Erlernen der Fähigkeit, in<br />

Gegenüberposition zurechtzukommen und durch Blickkontakt zu lernen,<br />

wahrscheinlich für die Säuglinge der Homininen von entscheidender Bedeutung,<br />

und es führte zur Entstehung ihrer Fähigkeit zur altero-(mutter-)zentrierten<br />

<strong>Partizipation</strong>, die ausschließlich der menschlichen Spezies eigen ist. 7<br />

Ursachen prosozialen und sogar altruistischen Verhaltens bei Kleinkindern<br />

Diese grundlegende intersubjektive Fähigkeit macht, wie Stern erklärt,<br />

Nachahmung, Empathie und Identifikation möglich. Und das ist noch<br />

nicht alles: Auf dem Weg über empathische Identifikation dürfte sie auch<br />

dazu beitragen, bei Säuglingen prosoziale Verhaltensweisen und bei Kleinkindern<br />

sogar altruistisches Verhalten auszulösen (vgl. Beispiele in Bråten<br />

1996a, b; Whiting & Edwards 1988: Zahn-Waxler, Radke-Yarrow & King<br />

1979). Wie gesagt: Durch die angeborene Fähigkeit zur virtuellen, alterozentrischen<br />

<strong>Partizipation</strong> an Kummer oder gefühlten Bedürfnissen eines<br />

Gegenüber, die wie aus dem Zentrum <strong>des</strong> Patienten selbst heraus wahrgenommen<br />

werden, ergibt sich im Kind eine natürliche Neigung, Besorgnis<br />

zu empfinden und manchmal zu versuchen, dem Gegenüber – unter Umständen<br />

sogar zum eigenen Nachteil – zu helfen, wenn Situation und motorische<br />

Fähigkeiten es zulassen (Bråten 2000b).<br />

Zahn-Waxler, Radke-Yarrow & King (1979) berichteten beispielsweise über<br />

prosoziale Verhaltensweisen bei Kindern, die noch keine zwei Jahre alt waren:<br />

7 Deshalb fiel Dornes (2002, S. 313) mit seinen »offenen Fragen« zum virtuellen Anderen<br />

offenbar einem Missverständnis zum Opfer: Er reduzierte sie auf Fragen nach »angeborenen<br />

(interaktiven) Erwartungen« und behauptet, solche müssten auch im Tierreich<br />

gelten. Zunächst einmal lautet das Schlüsselwort hier nicht »Erwartungen«, sondern<br />

»<strong>Bewegungen</strong>«. Zweitens besteht ein entscheidender Unterschied zwischen uns und den<br />

Schimpansen, unseren engsten Verwandten unter den Primaten, im Fehlen eines längeren<br />

Blickkontakts bei den Schimpansen (worauf Bruner 1996, S. 163, unter Bezugnahme<br />

auf Savage-Rumbaugh et al. 1993 hinweist). Das Gleiche habe auch ich festgestellt, als ich<br />

zehn Jahre lang die Interaktionen zwischen Säuglingen und Erwachsenen bei Menschen<br />

und Schimpansen (in einem Zoo und Tierpark in Südnorwegen) verglich. Eine gewisse<br />

Form <strong>des</strong> kulturellen Lernens findet auch bei Schimpansen statt – sie lernen zum Beispiel,<br />

wie man einen Stock benutzt, um Honig aus einem Baumstamm zu ziehen –, aber<br />

dabei handelt es sich sicher nicht um jene einzigartige Form <strong>des</strong> Lernens von Angesicht<br />

zu Angesicht, das sich in den Interaktionen zwischen menschlichen Säuglingen und Erwachsenen<br />

zeigt. Entsprechend findet auch nicht die für den Blickkontakt nötige Spiegelungsumkehr<br />

statt (vgl. Bråten 2009, S. 120–125).<br />

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846 STEIN BRÅTEN<br />

Sie reagierten und versuchten zu helfen, wenn sie den Eindruck hatten, dass<br />

ein Geschwister oder Elternteil Schmerzen litt. In einer Episode reagierte die<br />

18 Monate alte Julia auf ein weinen<strong>des</strong> Baby, indem sie es am Kopf tätschelte,<br />

Kekse anbot und, wenn gar nichts half, die Mutter dazuholte. Wie Rheingold<br />

& Emery (1986, S. 76) deutlich machen, können Kinder schon in geringerem<br />

Alter und gegenüber vielfältigen Empfängern Fürsorge anbieten, auch<br />

gegenüber Puppen, die sie selbst mit Leben erfüllen. Ein anderes Beispiel<br />

stammt aus meinen eigenen Aufzeichnungen: Die knapp zwölf Monate alte<br />

Oda sitzt auf dem Schoß ihres Vaters und wird von der Mutter mit einem Löffel<br />

gefüttert. Hin und wieder darf sie den Löffel selbst in die Hand nehmen;<br />

dann füttert sie umgekehrt die Mutter und lässt sie sogar aus ihrer Saftflasche<br />

trinken. Was Oda noch vor dem ersten Geburtstag und Rose im zweiten Lebensjahr<br />

mit dem Teilen <strong>des</strong> Kakaos tut, mag Wissenschaftlern, die Verhalten<br />

unter dem Gesichtspunkt <strong>des</strong> kurz- oder langfristigen Nutzens für rationale<br />

Akteure betrachten, rätselhaft erscheinen.<br />

Grundlagen für den Kreislauf <strong>des</strong> Nachvollzugs<br />

Versorgungssituationen mögen nach einseitigen Tätigkeiten aussehen,<br />

man muss sie aber als Handlungen auf Gegenseitigkeit neu definieren: Der<br />

Säugling beteiligt sich an dem, was der Betreuer tut, und lernt gerade bei<br />

dieser Betreuung durch alterozentrische <strong>Partizipation</strong>. Dies steht im Einklang<br />

mit Studienergebnissen, wonach die Qualität der Versorgung mit<br />

darüber bestimmt, wie Kinder gegenüber anderen, die in Notlagen sind,<br />

reagieren: Stammen sie aus einem fürsorglichen Umfeld, werden sie anderen<br />

Kindern, die etwas brauchen oder Kummer haben, wahrscheinlich<br />

helfen und sie zu trösten versuchen (Berk 1989; Zahn-Waxler, Radke-Yarrow<br />

& King 1979). Ich habe dafür folgende Erklärung: Die Fürsorge, die<br />

der Säugling mit Hilfe der alterozentrischen <strong>Partizipation</strong> häufig erlebt,<br />

bietet die Grundlage für einen Kreislauf <strong>des</strong> Nachvollzugs einer gleichartigen<br />

Versorgung gegenüber anderen Kindern, die etwas brauchen oder<br />

Kummer haben. Wenn der Säugling in Form einer gegenseitigen, gefühlten<br />

Unmittelbarkeit häufig eine sensible Betreuung erlebt, wird damit die<br />

Grundlage für den gegenseitigen Nachvollzug einer ähnlichen Fürsorge<br />

gegenüber anderen, bedürftigen oder bekümmerten Kindern gelegt.<br />

Auch Misshandlung kann einen Kreislauf <strong>des</strong> Nachvollzugs in Gang setzen<br />

Bei den Erlebnissen mit Betreuern muss es sich natürlich nicht immer um<br />

die Erfahrung von Fürsorge, Trost und Halten (in Winnicotts Sinn) handeln.<br />

Von Eltern, Betreuern und anderen können auch verschiedene Formen<br />

der schweren Misshandlung kommen. Wenn sensible Betreuung<br />

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INTERSUBJEKTIVE PARTIZIPATION 847<br />

einen Kreislauf <strong>des</strong> Nachvollzugs in Gang setzt, sollte man damit rechnen,<br />

dass Misshandlungserlebnisse im Laufe der Persönlichkeitsentwicklung<br />

manchmal ebenfalls zu einem Kreislauf <strong>des</strong> Nachvollzugs führen.<br />

Ein Kind, das zum Opfer von Misshandlungen wird, ist nicht nur gezwungen,<br />

die Opferrolle zu durchleben, sondern es hat auch das Gefühl,<br />

an den Misshandlungstaten teilzunehmen, und es hat teil an den Vitalitätskonturen,<br />

in denen sich die Art der Misshandlung und die Gefühle, die dahinter<br />

stehen, widerspiegeln. Aufgrund einer solchen alterozentrischen<br />

<strong>Partizipation</strong> erlebt das Opfer unter Umständen nicht nur das Leiden,<br />

sondern auch die Mitwirkung an den Körperbewegungen und Gefühlen<br />

<strong>des</strong> Misshandlers. In dem Opfer bleibt damit eine nachdrückliche körperliche<br />

und emotionale Erinnerung zurück, und damit steigt die Wahrscheinlichkeit<br />

für einen Kreislauf der nachvollzogenen Misshandlung in<br />

Beziehungen unter Gleichaltrigen oder gegenüber jüngeren Kindern; dieser<br />

ergibt sich im weiteren Verlauf der Persönlichkeitsentwicklung aus den<br />

aus Bewegung erwachsenen Erinnerungen daran, dass man virtuell an den<br />

Misshandlungen durch den tatsächlichen Anderen teilgenommen hat,<br />

während das körperliche Ich <strong>des</strong> Opfers zu leiden hatte.<br />

Empirische Belege: Misshandelte Kleinkinder misshandeln häufiger<br />

als andere auch selbst, und viele Erwachsene, die Kinder misshandeln,<br />

wurden in ihrer Kindheit selbst misshandelt<br />

Bevor die Abwehrmechanismen einsetzen, ist das misshandelte Kind also<br />

nicht nur das Opfer der Misshandlung, sondern es nimmt als Mitvollzieher<br />

der Misshandlung an den verletzenden Taten teil, womit sich einer von<br />

mehreren Wegen zu einer größeren Wahrscheinlichkeit eröffnet, dass ein<br />

Kreislauf <strong>des</strong> Nachvollzugs der Misshandlung gegenüber anderen potentiellen<br />

Opfern in Gang kommt. 8<br />

Aus dem oben Gesagten folgt, dass Kinder, deren Versorgung oder<br />

elterliche Fürsorge durch Härte, Strafen, Missachtung oder Gewalt geprägt<br />

war, gegenüber gleichaltrigen oder jüngeren Kindern, die in Not<br />

sind, häufiger mit Angst, Wut oder sogar Angriffen reagieren als Kinder<br />

8 Es muss nicht zu einem Kreislauf <strong>des</strong> Nachvollzugs von Misshandlungen kommen; dem<br />

Opfer stehen auch andere Wege offen, z.B., sich von dem misshandelten Körper zu distanzieren<br />

oder das körperliche Ich vom virtuellen Anderen zu trennen, sodass beide unterschiedliche<br />

Wege gehen. Ebenso lässt sich der Kreislauf <strong>des</strong> Nachvollzugs von Misshandlungen<br />

verhindern, wenn die Fähigkeit <strong>des</strong> früheren Opfers zur alterozentrierten<br />

<strong>Partizipation</strong> im Verhältnis zu anderen Opfern nicht »abgeschaltet« wird und wenn das<br />

Streben nach Schmerzen nicht zur Motivation geworden ist.<br />

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848 STEIN BRÅTEN<br />

mit einem anderen Erfahrungshintergrund. In diese Richtung weisen auch<br />

empirische Studien. George & Main (1979) beobachteten, wie misshandelte<br />

Kleinkinder andere Kinder misshandelten, und machten damit einen<br />

Teufelskreis im Hinblick auf die frühen Auswirkungen der Fürsorgequalität<br />

deutlich. Man konnte beobachten, wie schwer misshandelte Kleinkinder<br />

in Tagesstätten mit Angst oder Aggression auf andere, bekümmerte<br />

Kinder reagierten, und im zweiten Lebensjahr vollzogen sie bereits das<br />

gewalttätige Verhalten ihrer Eltern nach. Bei manchen Kleinkindern, die<br />

misshandelt worden waren, konnte man nie einen offenkundigen Ausdruck<br />

der Besorgnis um andere bekümmerte Kinder beobachten. Manchmal<br />

quälten sie das andere Kind sogar, bis es zu weinen begann, um es<br />

dann lächelnd mechanisch zu tätscheln oder zu versuchen, das weinende<br />

Kind zu beruhigen (Harris 1992 [1989]; George & Main 1979).<br />

Die Tragödie kindlicher Misshandlungsopfer besteht also in einem doppelten<br />

Teufelskreis. Sie sind nicht nur in ihrem eigenen Leben der vollständigen<br />

emotionalen Qualität beraubt, sondern durch einen Kreislauf <strong>des</strong><br />

Nachvollzugs bewegungsbedingter Erinnerungen an die Misshandlung<br />

werden manche von ihnen im weiteren Verlauf ihrer Persönlichkeitsentwicklung<br />

wahrscheinlich auch dazu getrieben, andere gleichermaßen der<br />

Lebensqualität zu berauben. Dies gilt allerdings sicher nicht für alle Opfer;<br />

viele von ihnen schlagen auch andere Wege ein, etwa den der Dissoziation,<br />

das heißt, sie trennen das körperliche Ich vom virtuellen Anderen <strong>des</strong><br />

Opfers, und beide nehmen einen unterschiedlichen Verlauf. Wenn die aus<br />

der Bewegung erwachsenden Erinnerungen an die als Kind erlittene Misshandlung<br />

ans Licht gebracht werden, erkennen manche Misshandler auch<br />

im erwachsenen Alter, dass bei ihnen ein Fall <strong>des</strong> Nachvollzugskreislaufes<br />

vorliegt.<br />

Wie im Fall <strong>des</strong> Nachvollzugskreislaufes der Fürsorge, so ist auch hier<br />

keine begriffliche oder verbale »Erinnerung« erforderlich, damit Misshandlungserlebnisse<br />

in der gefühlten Unmittelbarkeit zum Nachvollzug<br />

führen. Männer und Frauen, die im Säuglingsalter oder in der frühen<br />

Kindheit zu Opfern von Inzest und Missbrauch wurden und bei denen im<br />

Erwachsenenalter eine Krise ausbricht, erkennen unter Umständen sogar<br />

als Erstes, dass sie Opfer waren. Aber während das Missbrauchserlebnis<br />

nicht in Form begrifflicher Erinnerungen repräsentiert wird, ist das Kind<br />

sicher auf sehr tiefgreifende Weise betroffen. Deshalb ist der zusammengesetzte<br />

Begriff »Erinnerung aus <strong>Bewegungen</strong> heraus« – Fogel (2004)<br />

spricht von teilnehmenden Erinnerungen – nützlich zur Bezeichnung der<br />

Gefühlserlebnisse und Erinnerungen daran, wie man sich mit den <strong>Bewegungen</strong><br />

<strong>des</strong> Anderen bewegt hat – Erinnerungen, die dem Säugling das<br />

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INTERSUBJEKTIVE PARTIZIPATION 849<br />

Gefühl vermitteln, an der Bewegung und den damit verbundenen Emotionen<br />

teilzuhaben. Diese »Erinnerung aus Bewegung heraus« (in dem sich<br />

die Doppelbedeutung der gefühlsmäßigen und körperlichen Bewegung<br />

widerspiegelt) ist etwas anderes als die begriffliche Erinnerung höherer<br />

Ordnung, und sie wird auf unbeschreibliche Weise von Missbrauchsbewegungen<br />

beeinflusst, die als mitbegangen gefühlt werden; damit steigt die<br />

Wahrscheinlichkeit, dass sich später in der Persönlichkeitsentwicklung ein<br />

Kreislauf <strong>des</strong> Nachvollzugs der zuvor gefühlten, mitvollzogenen <strong>Bewegungen</strong><br />

ausbildet. Diese Form <strong>des</strong> Lernens ist mit den klassischen Lerntheorien<br />

nicht zu erklären; sie sagen nur etwas darüber aus, wie man aus<br />

der Tatsache, dass man misshandelt wurde, lernt, zum Opfer zu werden<br />

und Opfer zu bleiben. 9<br />

Über mehrere Generationen einer Familie. – Manchmal erstrecken sich<br />

solche Teufelskreise <strong>des</strong> Nachvollzugs in einer Familie über mehrere Generationen<br />

(vgl. Cabassi 2007; Cabassi & Zini 2004, S. 103–112, 118ff.).<br />

Aber manchmal verwandelt sich ein Teufelskreis auch in eine kreative Spirale<br />

zwischen Ich und anderen, die über die tragischen Erlebnissen hinaus<br />

führt; manchmal lässt sich der Kreislauf auch durch Beratung oder Psychotherapie<br />

durchbrechen. 10<br />

9 In seinem Artikel über den virtuellen Anderen weist Dornes (2002) auf Zusammenhänge<br />

zwischen dem oben erwähnten Kreislauf <strong>des</strong> Nachvollzuges von Misshandlungen und<br />

den psychoanalytischen Vorstellungen von einer »Identifizierung mit dem Aggressor«<br />

oder einer »Identifikation mit dem Introjekt« hin; wie er aber betont, folgt aus dem hier<br />

gegebenen Bericht eine Art »Identifizierung auf einem sub-symbolischen, körpernahen<br />

Niveau ohne symbolische Repräsentanzen«: »[Bråtens] Theorie folgt der Intuition<br />

Freuds (1920g), dass der Wiederholungszwang letztlich ein biologisch fundiertes Phänomen<br />

ist, auch wenn er hier nicht im To<strong>des</strong>trieb, sondern eher in einer Art Resonanztheorie<br />

verankert wird« (Dornes 2002, S. 319; vgl. auch Dornes 2006, S. 100). Ja, der Unterschied<br />

liegt in der Verankerung im Lebensmechanismus <strong>des</strong> Widerhalls <strong>des</strong> virtuellen<br />

Anderen. Dies bedeutet virtuelle Beteiligung in einem enger gefassten Sinn, die Beteiligung<br />

an der gefühlten Unmittelbarkeit der <strong>Bewegungen</strong> <strong>des</strong> Misshandlers, als wäre man<br />

Miturheber; am Ende bleibt beim Opfer auch keine begriffliche, sondern eine körperliche<br />

Erinnerung, die den Kreislauf <strong>des</strong> Nachvollzugs in Gang setzen kann. Wie Dornes<br />

deutlich macht, wurde der Nachvollzug der Misshandlung oben mit den gleichen lebensspendenden<br />

Mechanismen erklärt, die bei Kindern auch in der Proto-Fürsorge und dem<br />

Nachvollzug der von ihnen erlebten Betreuung wirksam sind.<br />

10 Siehe auch den Fall Livio in Cabassi (2007): Dieser vollzieht gegenüber Gleichaltrigen<br />

die gewalttätigen Spielereien seines Vaters nach, bis der Teufelskreis durch erfolgreiche<br />

Beratung durchbrochen wird.<br />

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850 STEIN BRÅTEN<br />

Wenn die Fähigkeit <strong>des</strong> virtuellen Anderen blockiert ist:<br />

Autismus und postpartale Depression<br />

Autismus: ein Defekt <strong>des</strong> Spiegelsystems<br />

Wie zuvor erwähnt, wird ein heutiger Säugling durch die phylogenetische<br />

Anpassung <strong>des</strong> Spiegelneuronensystems auf dem Weg über die Dezentrierung<br />

in die Lage versetzt, die Wahrnehmungsspiegelung umzukehren:<br />

Er wechselt von der Sichtweise <strong>des</strong> alterozentrischen Beteiligten, der die<br />

Handlungsweise <strong>des</strong> Vorbilds wahrnimmt, als würde er sie von <strong>des</strong>sen Zentrum<br />

aus erleben, zu einem im eigenen Körper zentrierten Orientierungsrahmen,<br />

der für die Ausführung <strong>des</strong> nachahmenden Nachvollzugs notwendig<br />

ist (Bråten 1998b, 2002; Billard & Arbib 2002). Während normale<br />

Kinder kraft der alterozentrischen Wahrnehmung das Gleiche tun können<br />

wie ihr Gegenüber, haben autistische Kinder in solchen Situationen Probleme,<br />

obwohl sie die Aufforderung »Mach das gleiche wie ich« verstehen<br />

und ihr nachkommen. Hebt das Gegenüber beispielsweise die Arme, vergleicht<br />

der Autist, der nicht zur alterozentrischen Spiegelung in der Lage ist,<br />

unter Umständen die Handflächen <strong>des</strong> Gegenübers mit den eigenen Händen<br />

und hebt dann die Arme mit einwärts gekehrten Handflächen (Bråten<br />

1998b; Ohta 1987; Whiten & Brown 1998). In der zweiten Auflage ihres Buches<br />

Children with Autism beziehen sich Trevarthen et al. (1998, S. 59) auf<br />

meine Vermutung, wonach zum Autismus ein Versagen <strong>des</strong> Mechanismus<br />

der alterozentrischen Handlungsweise gehört, was sich in Fehlern bei der<br />

Kartierung von Körper zu Körper widerspiegelt. Nach ihrer Vermutung<br />

»ist Autismus ein Zustand, in dem das betroffene Individuum nicht über<br />

wirksame Motivrepräsentationen für den ›virtuellen Anderen‹ verfügt«<br />

(Trevarthen et al. 1998, S. 60).<br />

Ramachandran & Oberman (2006) erforschten die Zusammenhänge zwischen<br />

Autismus und dem Spiegelneuronensystem und prägten die Formulierung<br />

von den »zerbrochenen Spiegeln«. Dazu gibt es einen einfachen,<br />

aber aufschlussreichen Test: Wenn normale Kinder willkürlich ihre Muskeln<br />

bewegen – beispielsweise durch Öffnen und Schließen der Faust –<br />

und dann zusehen, wie ein anderer das gleiche tut, geben die Motoneuronen<br />

<strong>des</strong> prämotorischen Cortex in beiden Fällen Impulse ab; Unterschiede<br />

gibt es aber in der Frequenz der Gehirnwellen: Sie ist vor den Muskelbewegungen<br />

größer und sinkt sowohl während der Muskelbewegung selbst<br />

als auch beim Anblick eines anderen, der die Bewegung ausführt. Stellt<br />

man die gleichen Messungen bei Kindern mit Autismus an, beobachtet<br />

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INTERSUBJEKTIVE PARTIZIPATION 851<br />

man eine Abweichung: Bei ihnen sind die Mu-Wellen nicht unterdrückt,<br />

wenn sie einen anderen Menschen oder die Videoaufnahme eines Menschen<br />

sehen, der die Hand öffnet und schließt (Ramachandran & Oberman<br />

2006, S. 42). Mit anderen Worten: Hier ist an der Wahrnehmung <strong>des</strong>sen,<br />

was der andere mit seiner Hand tut, kein virtueller Anderer beteiligt.<br />

Würde eine alterozentrische <strong>Partizipation</strong> stattfinden, müsste man im<br />

Elektroenzephalogramm (EEG) eine Unterdrückung der Mu-Welle beobachten,<br />

wie sie sich bei Kontrollpersonen ohne Autismus einstellt. Dass<br />

ein System der zerbrochenen Spiegel ein Merkmal <strong>des</strong> autistischen Spektrums<br />

ist, kann man also – wie vorausgesagt (Bråten 1994; 1998b, 2002) –<br />

als gegeben betrachten. Im Zusammenhang mit dem beim Autismus auftretenden<br />

Identifikationsdefizit weist Hobson (2007) darauf hin, dass<br />

»es […] beim Erlebnis <strong>des</strong> Teilens in Episoden <strong>des</strong> Teilens sowohl einen auf<br />

den anderen zentralisierten Bestandteil als auch eine Ich-zentrierte Komponente<br />

gibt; die auf die andere Person zentrierte Komponente ergibt sich aufgrund<br />

der spezifisch menschlichen Neigung, die Einstellungen <strong>des</strong> Anderen<br />

aus Sicht <strong>des</strong> im Körper <strong>des</strong> Anderen verankerten Standpunkts wahrzunehmen<br />

und zu unterstellen. Dieses Bild ähnelt stark dem von Bråten (1998),<br />

der einen ›virtuellen Anderen‹ als Ergänzung zum körperlichen Ich postuliert<br />

[…] und die Ansicht vertritt, dass Personen mit Autismus nicht die<br />

›daraus entstehende sozio-emotionale Kultivierung der Perspektiven anderer‹<br />

besitzen, wie sie bei der inneren Teilnahme gefühlt werden« (Hobson<br />

2007, S. 270).<br />

Genau diese Fähigkeit zur alterozentrischen <strong>Partizipation</strong> am Anderen ist<br />

durch eine ausschließlich Ich-zentrierte Art blockiert, andere von außen<br />

zu beobachten, was jede Art von Empathie oder Einfühlung verhindert.<br />

Postpartale Depression<br />

Ich möchte mich jetzt Fällen zuwenden, in denen die Fähigkeit <strong>des</strong> virtuellen<br />

Anderen zur alterozentrischen <strong>Partizipation</strong> vorübergehend durch<br />

die Ich-Zentriertheit blockiert ist, die bei der postpartalen Depression ausgelöst<br />

wird. Lynne Murray (1991, S. 228f.) weist in einem Artikel über<br />

die Intersubjektivität von Säuglingen und Kindern postpartal depressiver<br />

Frauen darauf hin, dass eine frühzeitige Interaktion zwischen Mutter und<br />

Säugling durch die Depression erheblich beeinträchtigt sein kann: »Statt<br />

der Beschäftigung mit dem Säugling, durch die die Mutter in der Erfahrung<br />

<strong>des</strong> Säuglings den Platz <strong>des</strong> ›virtuellen Anderen‹ einnehmen und damit<br />

eine ergänzende Form der Reaktionsfähigkeit vermitteln kann, dominieren<br />

im Bewusstsein der depressiven Frau zuallererst ihre eigenen<br />

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852 STEIN BRÅTEN<br />

Besorgnisse und Bedürfnisse.« Das Postulat <strong>des</strong> virtuellen Anderen formuliert<br />

Murray so:<br />

»Bråten vertritt die Ansicht, dass die Voraussetzung für Intersubjektivität<br />

in der von ihrem Wesen her dyadischen Organisation <strong>des</strong> Einzelnen<br />

besteht. Nach seiner Vorstellung gibt es im zentralen Nervensystem <strong>des</strong><br />

Neugeborenen besondere Schaltkreise, die das sofortige Mit-Dasein eines<br />

ergänzenden Beteiligten verursachen, den er als ›virtuellen Anderen‹ bezeichnet<br />

und <strong>des</strong>sen Platz ein tatsächlicher Anderer einnehmen kann.<br />

Der virtuelle Andere ist nicht nur die operative Voraussetzung für Intersubjektivität,<br />

sondern eine ›gefühlte Perspektive‹, ein noch nicht realisiertes<br />

Anderssein, das durch den tatsächlichen Anderen, der im Kreislauf <strong>des</strong> Dialoges<br />

seinen Platz einnimmt, realisiert wird« (Murray 1991, S. 221).<br />

Murray stellt im Weiteren Verbindungen her zwischen Implikationen <strong>des</strong><br />

Mechanismus <strong>des</strong> virtuellen Anderen und Arbeiten von Winnicott und<br />

auch der Ansicht von Bion (2002 [1962]), wonach sich ein Säugling dann,<br />

wenn Mutter und Säugling aufeinander eingestimmt sind, so verhält, dass<br />

eine projizierte Identifikation ein normales Phänomen ist: das Erleben <strong>des</strong><br />

Säuglings wird auf den tatsächlichen Anderen »projiziert« oder so gefühlt,<br />

als wäre es in ihm zuhause (Murray 1991, S. 222). 11<br />

Das Muster <strong>des</strong> vollkommenen zeitlichen Ablaufs und der Abwechslung,<br />

die von Wissenschaftlern in der Beziehung zwischen Mutter und Säugling<br />

dokumentiert wurden, werden, wie Murray betont, als natürliche Gesetzmäßigkeiten<br />

einer allerdings asymmetrischen Dialogorganisation konzi-<br />

11 In seinem Buch Die Seele <strong>des</strong> Kin<strong>des</strong> widmet Martin Dornes (2006) dem virtuellen Anderen<br />

ein ganzes Kapitel, und er stellt auch einen Zusammenhang zwischen Folgerungen<br />

aus dem virtuellen Anderen und Bions Theorie her: »Nahe an Bråtens Theorie liegt Bions<br />

Idee, der Säugling habe eine angeborene Präkonzeption von der Brust, wenn man Brust<br />

als Metapher für Objekt oder Objektbeziehung versteht. Auch seine Idee von Präkonzeptionen,<br />

die auf Realisierungen treffen müssen, um Konzeption zu werden […], weist<br />

eine fast verblüffende Übereinstimmung mit Bråtens Gedanken auf, auch wenn die Terminologie<br />

eine andere ist« (S. 88). Wie in den Abbildungen 1, 2 und 3 deutlich wird, ist<br />

keine Brust und kein Objekt im Spiel, sondern es geht um das Gegenüber der Gesichter in<br />

Beziehungen zwischen Subjekten. Wenn Dornes (2002, S. 312; 2006, S. 89) infrage stellt,<br />

ob eine solche neue Terminologie notwendig ist, kann man auf den entscheidenden Unterschied<br />

hinweisen: auf der einen Seite Bions angeblich »angeborene Schemata vom Objekt<br />

(›Brust‹)«, auf der anderen die unentbehrliche Subjekt-Subjekt-Gemeinsamkeit im<br />

Blickkontakt, die durch den virtuellen Anderen <strong>des</strong> Säuglings möglich wird. Dies räumt<br />

auch Dornes (2006, S. 98) teilweise ein: Er vergleicht meine Betonung »einer körperlichen<br />

Simulation der Bewegung, in welcher der Säugling sich fühlt«, mit der von Merleau-Ponty<br />

betonten »Zwischenleiblichkeit«. Außerdem zeigt sich Bion nach Angaben von Lipgar &<br />

Pines (2003, S. 238) »nicht sehr beeindruckt von der Empathie«, den Mechanismus <strong>des</strong><br />

virtuellen Anderen hält er aber für eine entscheidende Voraussetzung der Einfühlung.<br />

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INTERSUBJEKTIVE PARTIZIPATION 853<br />

piert, die ihre eigenen, unter operationellen Gesichtspunkten definierten<br />

Schaltkreise vervollständigt. Durch Mütter mit postpartaler Depression<br />

wird dieses Wechselspiel jedoch gestört, weil sie zur Selbstzentriertheit neigen<br />

und den Säugling mehr oder weniger als Objekt behandeln.<br />

Therapeutische Anleitung für eine Mutter mit postpartaler Depression: ein Beispiel<br />

In einer Studie, in der depressive Mütter sich unter Anleitung viele Aufnahmen<br />

von sich selbst und ihren Neugeborenen ansahen, konnten Vik & Bråten<br />

(2009, S. 1–14) Fälle belegen, in denen einige Mütter unter Video-Anleitung<br />

durch Vik ihre Selbstzentriertheit hinter sich lassen konnten. In einem dieser<br />

Fälle handelte es sich um eine Flüchtlingsmutter, die anfangs kaum flüstern<br />

konnte, sich fast vollständig selbstzentriert in sich selbst zurückzog und ihr<br />

Neugeborenes fast wie ein Päckchen behandelte, das sie von einem Zimmer<br />

ins andere trug. Als der Therapeut sie im ersten Gespräch fragte, was ihr in<br />

der Beziehung zu ihrem Sohn am schwierigsten vorkam, konnte sie nur mit<br />

Mühe flüstern: »Er kennt mich nicht.« Dieses widerwillige Eingeständnis<br />

kennzeichnet einen seltsamen Augenblick, in Sterns Begriffen einen entscheidenden<br />

Gegenwartsmoment <strong>des</strong> »kairos«. Dann sah sie sich aber zusammen<br />

mit dem Therapeuten Videoaufnahmen von sich und ihrem Baby an, die zur<br />

Gemeinschaft aufforderten, während der Therapeut entsprechend der Methode<br />

von Marte Meo (2002) darauf achtete, negative Episoden der Missachtung<br />

und Distanziertheit nicht zu kommentieren, sondern nur Bemerkungen<br />

zu Episoden zu machen, die eine stärkere Teilnahme der Mutter versprachen.<br />

Daraufhin zeigte die Mutter nach und nach größeres Interesse an den Vorgängen<br />

auf dem Bildschirm. Plötzlich, während einer späteren Sitzung, kam dann<br />

in der Begegnung mit dem Therapeuten ein entscheidender Augenblick; er<br />

wurde daran deutlich, dass die Mutter aus ihrem selbstzentrierten Zustand<br />

ausbrach und die Worte <strong>des</strong> Therapeuten vervollständigte:<br />

»Therapeut: Und dann sagen Sie: ›Vielleicht hat er Hunger.‹<br />

Mutter: [nickt]<br />

Therapeut: Und Sie sind nicht ganz … es sieht nicht aus, als wären Sie<br />

ganz …<br />

Mutter: sicher.<br />

Therapeut: sicher« (Vik & Bråten 2009, S 294).<br />

Die Mutter geht hier über ihren selbstzentrierten Zustand hinaus und lässt alterozentrische<br />

<strong>Partizipation</strong> an den Worten <strong>des</strong> Therapeuten erkennen: Sie<br />

vervollständigt seine Äußerung, als wäre die Mutter eine Miturheberin oder<br />

als spräche sie aus der Sicht <strong>des</strong> Therapeuten (in dem Gesprächsauszug oben<br />

durch kursive Schrift gekennzeichnet). Gemeinsam erleben sie einen »Augenblick<br />

der Begegnung«, wie Stern (2005, 2007) es nennt; dieser ist definiert als<br />

gegenwärtiger Augenblick einer gegenseitigen, alterozentrischen <strong>Partizipation</strong>,<br />

in dem zwei Partner ein gemeinsames Krisenlösungserlebnis schaffen<br />

und erleben, das durch einen vorangegangenen Jetzt-Moment erzeugt wurde.<br />

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854 STEIN BRÅTEN<br />

Von nun an wird die Mutter in ihrem Gespräch mit dem Therapeuten mehr<br />

Lebhaftigkeit und eine stärkere Beteiligung erkennen lassen, was sich auch in<br />

ihrer gesteigerten Sensibilität und dem häufigeren Ausdruck von Zuwendung<br />

in Verhältnis zum Baby widerspiegelt. Damit hatte sich die Qualität <strong>des</strong> Wechselspiels<br />

zwischen Säugling und erwachsener Frau verbessert.<br />

Als die Mutter den Satz <strong>des</strong> Therapeuten vervollständigte, manifestierte<br />

sich darin ihre alterozentrische <strong>Partizipation</strong> an dem, was der Therapeut sagen<br />

wollte – ein Hinweis, dass ihre Fähigkeit zur sympathischen Identifikation im<br />

Wiedererwachen begriffen war, und das wiederum war von Bedeutung für ihr<br />

Wechselspiel mit dem Säugling.<br />

Schlussbemerkungen: Schichten der intersubjektiven Einstimmung<br />

und Vollzug in der Persönlichkeitsentwicklung<br />

In diesem Artikel habe ich die Ursprünge und Grundlagen der (prä-)verbalen<br />

Intersubjektivität im Licht neuer Befunde aus den letzten vier Jahrzehnten<br />

untersucht; dazu gehörten die Entdeckung der Spiegelneuronen<br />

sowie der Nachweis von Intersubjektivität und alterozentrischer <strong>Partizipation</strong><br />

bei Säuglingen. Als genaue Umkehrung der Wahrnehmung <strong>des</strong><br />

Anderen – <strong>des</strong> Vorbilds oder <strong>des</strong> Gegenübers – aus egozentrischer Sicht<br />

umfasst alterozentrische <strong>Partizipation</strong> die empathische Fähigkeit, sich mit<br />

dem Anderen nach Art eines virtuellen Beteiligten zu identifizieren, der<br />

gegenwärtige Augenblicke <strong>des</strong> gemeinsamen Vollzugs oder der geteilten<br />

Erfahrungen hervorruft, als befände er sich im körperlichen Zentrum <strong>des</strong><br />

Anderen (vgl. Bråten 1998b, 2007a; Stern 2005, 2007, 2010).<br />

In den letzten vier Jahrzehnten sind neue Befunde der Säuglingsforschung,<br />

mit denen die Fähigkeit zu intersubjektiver Einstimmung von Geburt<br />

an nachgewiesen wurde, an die Stelle früherer theoretischer Vorstellungen<br />

getreten, wonach Säuglinge nichtsozial und egozentrisch sind; wie<br />

wir heute wissen, sind Säuglinge zu zwischenmenschlicher Gemeinsamkeit<br />

in der Lage und lernen durch alterozentrische <strong>Partizipation</strong>, die durch<br />

den Mechanismus <strong>des</strong> virtuellen Anderen möglich wird. In der neuen Einleitung<br />

von Die Lebenserfahrung <strong>des</strong> Säuglings erklärt Daniel Stern, die<br />

Befunde aus jüngster Zeit<br />

»lassen vermuten, dass der Säugling wahrscheinlich von Beginn <strong>des</strong> Lebens<br />

an die Fähigkeit für die ›altero-zentrische <strong>Partizipation</strong>‹ (Bråten 1998) besitzt,<br />

die von Trevarthen (1979) lange Zeit als ›primäre Intersubjektivität‹<br />

bezeichnet wurde« (Stern 2010, S. XII).<br />

Heute können wir auf der Grundlage empirischer Befunde aus den letzten<br />

vier Jahrzehnten in der Entwicklung je<strong>des</strong> Menschen verschiedene Schich-<br />

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INTERSUBJEKTIVE PARTIZIPATION 855<br />

ten der intersubjektiven Einstimmung unterscheiden; diese erwachsen aus<br />

den Grundlagen der Säuglings-Intersubjektivität, die Trevarthen (1979) als<br />

Erster definieren konnte und die sowohl auf den nachahmenden Nachvollzug<br />

und das Lernen im Säuglingsalter als auch auf die Schritte von der<br />

verkörperten Simulation von Handlungen bis zur Simulation geistiger<br />

Vorgänge neues Licht werfen. Solche Schritte sind mit diesen Schichten<br />

der intersubjektiven Einstimmung verbunden, die bereits bei der Geburt<br />

wirksam sind und sich während <strong>des</strong> ganzen Lebens fortsetzen; sie unterstützen<br />

dann die Ebenen höherer Ordnung, darunter sowohl die sekundäre,<br />

die von Trevarthen & Hubley (1978) definiert wurde, als auch die<br />

tertiäre, von Bråten & Trevarthen (2000, 2007) definierte Schicht:<br />

1. Primäre intersubjektive Einstimmung in einem gegenseitigen Subjekt-Subjekt-Format<br />

der Protokonversation und zwischenmenschlichen<br />

Gemeinsamkeit zeigt sich in den ersten Tagen, Wochen und Monaten <strong>des</strong><br />

Lebens; sie weist auf die gegenseitige Spiegelung und alterozentrische <strong>Partizipation</strong><br />

hin, die in den Berichten am Anfang sowie in den Abbildungen 1<br />

und 2 deutlich gemacht wurden; wie wir feststellen können, setzt sie sich<br />

als dauerhafte operative Schicht (die allerdings beim Autismus gestört ist)<br />

während <strong>des</strong> ganzen Lebens fort und unterstützt auch die folgenden<br />

Schichten höherer Ordnung.<br />

2. Sekundäre intersubjektive Einstimmung in Dreiecksform (Subjekt-<br />

Subjekt-Objekt) umfasst gemeinsame Aufmerksamkeit und alterozentrische<br />

<strong>Partizipation</strong> in den objektorientierten <strong>Bewegungen</strong> der beiden Beteiligten,<br />

wie man sie in den Abb. 3 und 4 erkennt. Dies beginnt zwischen<br />

dem sechsten und neunten Lebensmonat mit der gemeinschaftlichen Nutzung<br />

von Objekten als gemeinsame emotionale Bezugspunkte und mit<br />

dem nachahmenden Lernen durch alterozentrische <strong>Partizipation</strong> an <strong>Bewegungen</strong><br />

zur Handhabung von Objekten; dies begünstigt einen Kreislauf<br />

<strong>des</strong> Nachvollzugs: Lernen durch Nachahmung bei der Manipulation von<br />

Gegenständen und beim Nachspielen der Handlungen <strong>des</strong> Betreuers.<br />

Noch früher, im Alter von 4 bis 12 Monaten, entfaltet sich das von Winnicott<br />

(1974 [1953]) nachgewiesene, neu geschaffene Wechselspiel mit den<br />

Eltern, wobei eine Puppe, ein Daumen, ein Stück Stoff oder ein anderes<br />

»Übergangsobjekt« Verwendung findet, das vom virtuellen Anderen <strong>des</strong><br />

Säuglings so betrachtet wird, als wäre es mit Leben erfüllt. 12<br />

12 Winnicott vergleicht dies mit der Art, wie Erwachsene eine Leinwand, Ballettschuhe<br />

oder andere Gegenstände als Hilfsmittel für ihren kreativen Ausdruck verwenden. Man<br />

kann auch eine Verbindung zu dem problemverarbeitenden Selbstdialog herstellen, den<br />

Piaget als »egozentrisches Sprechen« bezeichnete. Er rechnete damit, dass es im Schul-<br />

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856 STEIN BRÅTEN<br />

3. Tertiäres intersubjektives Verständnis im Gespräch und beim erzählenden<br />

Sprechen umfasst Prädikation und ein Gespür für das verbale oder<br />

erzählende Selbst und den Anderen in der symbolischen Kommunikation<br />

erster Ordnung (von etwa 18 bis 24 Monate). Das Verständnis zweiter<br />

Ordnung für geistige Vorgänge und Gefühle eines Anderen (Theorie oder<br />

Simulation <strong>des</strong> Mentalen von 3 bis 6 Jahre) ermöglicht das Einnehmen verschiedener<br />

Blickwinkel und die emotionale Aufnahme sogar bei fiktiven<br />

Anderen (Harris 1998), aber auch die Simulation <strong>des</strong> Mentalen eines Gesprächspartners,<br />

die ihren Ausdruck im Vervollständigen der Sätze <strong>des</strong><br />

Sprechers durch den Zuhörer findet (Bråten 1974, 2002, 2009, S. 273–294;<br />

vgl. die Beispiele in de Beauvoir 1983 [1981], wiedergegeben in Bråten<br />

2009, S. 251ff.).<br />

Wenn die Partner in einem Gespräch durch Vervollständigen von Sätzen<br />

zeigen, dass sie durch alterozentrische <strong>Partizipation</strong> am Sprechakt <strong>des</strong> Anderen<br />

gegenseitig die Vorgänge ergänzen, als wären sie Miturheber, schaffen<br />

sie bis zu einem gewissen Grade eine Parallele zu Prozessen niedrigerer<br />

Ordnung, die sich bereits in früheren Stadien der Persönlichkeitsentwicklung<br />

gezeigt haben, etwa wenn Säuglinge sich alterozentriert an den Handlungen<br />

der Betreuungsperson beteiligen, als hätte man sie vom Standpunkt<br />

<strong>des</strong> Betreuers aus an die Hand genommen und als wären sie<br />

Miturheber der Betreuung.<br />

Wichtig ist hier also, dass solche Leistungen höherer Ordnung durch<br />

Fähigkeiten und Kompetenzen unterstützt werden, die sich in Schichten<br />

niedrigerer Ordnung entfalten. Diese Schichten sind während <strong>des</strong> ganzen<br />

Lebens wirksam und hilfreich. Wie man an den Abbildungen und Beispielen<br />

erkennt, ist der Mechanismus <strong>des</strong> virtuellen Anderen auf allen diesen Ebenen<br />

der Intersubjektivität aktiv. Auf der primären Ebene (1) spielt sich die<br />

in Abb. 1 verdeutlichte gegenseitige Spiegelung ab, aber auch der Spiegel-<br />

Widerhall und die alterozentrische <strong>Partizipation</strong>, die durch Gesten und <strong>Bewegungen</strong><br />

<strong>des</strong> Anderen ausgelöst werden; dies erkennt man in Abb. 2: Das<br />

Neugeborene bereitet sich darauf vor, den Anderen nachzuahmen, und die<br />

Zuhörer öffnen unwillkürlich den Mund. Auf der objektorientierten zweiten<br />

Ebene (2) finden wir den Spiegel-Widerhall, der beim Fütternden –<br />

Erwachsenen oder Säugling – zum Öffnen <strong>des</strong> Mun<strong>des</strong> führt, wenn der Patient<br />

wie in Abb. 3 den Mund öffnet, um Nahrung zu sich zu nehmen. In<br />

alter verschwindet; wie Vygotskij (1969 [1934]) aber nachweisen konnte, setzt es sich<br />

auch später fort. Über viele solche Beispiele für Privatgespräche bei Kindern und Erwachsenen,<br />

an denen das körperliche Ich und der virtuelle Andere beteiligt sind, berichtet<br />

Bråten (2009, S. 216–223).<br />

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INTERSUBJEKTIVE PARTIZIPATION 857<br />

Abb. 4 erkennt man nicht nur die Aktivierung der Schmerzneuronen bei<br />

der Frau, sondern durch den Griff <strong>des</strong> Mädchens nach der schmerzenden<br />

Hand wird bei der Frau auch der Spiegel-Widerhall ausgelöst. Auf der tertiären<br />

Ebene (III) schließlich zeigt die depressive Mutter, die Sätze <strong>des</strong> Therapeuten<br />

vervollständigt, wie eine solche alterozentrische <strong>Partizipation</strong> ihre<br />

vorherige Selbstzentriertheit überwinden kann. In Sterns (2010) Begriffen<br />

ist dies ein Moment der Begegnung: ein »Moment der alterozentrischen<br />

<strong>Partizipation</strong>, in dem beide Partner ein gemeinsames Erleben schaffen und<br />

durchlaufen«, was das intersubjektive Feld zwischen ihnen erweitert.<br />

Kontakt: Prof. Dr. Stein Bråten, Holmenveien 68, 0376 Oslo, Norwegen.<br />

E-Mail: stein.braten@sosiologi.uio.no<br />

Aus dem Englischen von Sebastian Vogel, Kerpen<br />

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Summary<br />

Intersubjective participation: Virtual other movements in infants and adults. – In<br />

contrast to the egocentric point of departure for child development attributed by the<br />

Piagetian tradition, illustrations are given of newborns imitating and engaging in protodialogue<br />

with caregivers, and of prosocial behavior afforded by infants (11 months or<br />

older). An explanation is offered in terms of the virtual-other mechanism enabling<br />

altercentric participation in the other’s movements, and with the likely support of mirror<br />

neurons. Circular re-enactment of care and abuse is accounted for in terms of<br />

learning by virtual-other participation – a capacity that is partly blocked in autism and<br />

in postnatal depression, but which supports higher-order layers of intersubjective capacities<br />

in typical individuals.<br />

Keywords: »Einfühlung«; other-centred participation; primary intersubjectivity; mirror<br />

neurons<br />

Résumé<br />

Participation intersubjective: mouvements de l’autre virtuel chez les nourrissons et<br />

les adultes. – Contrairement à la tradition Piaget qui suppose un point de départ égocentrique<br />

pour le développement de l’enfant, ce texte donne <strong>des</strong> exemples montrant<br />

comment <strong>des</strong> nourrissons imitent ceux qui leur prodiguent <strong>des</strong> soins et entament un<br />

protodialogue avec ceux-ci et comment de jeunes enfants (11 mois et plus) présentent<br />

<strong>des</strong> formes de comportement protosociales. Ceci est expliqué selon un mécanisme,<br />

dans lequel l’autre virtuel – probablement avec le soutien de neurones miroir – permet<br />

une participation altérocentriste aux mouvements de l’autre. Le circuit de l’imitation<br />

du soin et de la maltraitance est expliqué par l’apprentissage grâce à la participation de<br />

l’autre virtuel – une capacité partiellement bloquée dans les cas d’autisme et de dépression<br />

post partale, mais favorisant <strong>des</strong> capacités intersubjectives supérieures chez les<br />

personnes normales.<br />

Mots clés: empathie; participation altérocentriste; intersubjectivité primaire; neurones<br />

miroir<br />

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