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Unzureichende Arbeitsverhältnisse - Jusos Münster

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Unterbezirksparteitag am 21.05.2011 in <strong>Münster</strong><br />

Antragsteller: AfA <strong>Münster</strong><br />

Antrag: <strong>Unzureichende</strong> <strong>Arbeitsverhältnisse</strong> – hier: die sogenannten 400 € Jobs<br />

B 4<br />

<strong>Unzureichende</strong> <strong>Arbeitsverhältnisse</strong> – hier: die sogenannten 400 € Jobs<br />

Die SPD-Bundestagsfraktion wird aufgefordert, dahingehend initiativ zu werden, dass<br />

a) die Arbeitsstunden in geringfügigen <strong>Arbeitsverhältnisse</strong>n auf 44 Stunden im<br />

Monat beschränkt werden.<br />

b) für alle <strong>Arbeitsverhältnisse</strong> ab dem ersten € die Möglichkeit eines<br />

Begründung<br />

sozialversicherungspflichtigen <strong>Arbeitsverhältnisse</strong>s geschaffen werden.<br />

Durch gesellschaftliche Änderungen werden immer mehr Arbeitnehmer in<br />

Deutschland in "unzureichenden <strong>Arbeitsverhältnisse</strong>n" angestellt. Unzureichend heißt<br />

in diesem Zusammenhang, dass das Arbeitsverhältnis nicht ausreicht, um den eigenen<br />

Unterhalt zu gewährleisten, geschweige denn, den Unterhalt von mehreren Personen,<br />

z.B. einer Familie. Zu den unzureichenden <strong>Arbeitsverhältnisse</strong>n zählen neben den<br />

sogenannten 400 € Jobs auch nicht existenzsichernde Leiharbeit, Solo-<br />

Selbstständigkeit, Praktikantentätigkeiten, 1-Euro -Jobs und ALG-II-Aufstocker.<br />

In all diesen <strong>Arbeitsverhältnisse</strong>n müssen Kommunen Unterstützungsleistungen<br />

erbringen, um einen annähernd angemessen Lebensunterhalt zu gewährleisten.<br />

Bei den sogenannten 400 €-Jobs werden von Arbeitgebern allein deutlich geringere<br />

Leistungen in die Sozialkassen bezahlt, als in sozialversicherungspflichtigen<br />

<strong>Arbeitsverhältnisse</strong>n von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gemeinsam. Die Beiträge<br />

werden ausschließlich vom Arbeitgeber geleistet, es stehen für den Arbeitnehmer<br />

keine Ansprüche aus den Sozialversicherungen gegenüber. Durch eine Aufstockung der<br />

Beiträge durch den Arbeitnehmer können Anwartschaften in der Rentenversicherung<br />

erworben werden. Diese Möglichkeit wird von Arbeitnehmern nur zu einem ganz<br />

geringen Teil in Anspruch genommen. Dies führt dazu, dass überwiegend Frauen - 71%<br />

der geringfügig beschäftigten Arbeitnehmer sind Frauen - für die<br />

Rentenversicherungszeiten nicht oder nur unzureichend Beiträge einzahlen. Der<br />

Rentenanspruch wird dadurch deutlich geringer.<br />

Antrag B4 Seite 1


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Rein rechtlich gesehen handelt es sich bei geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen<br />

um Teilzeitarbeitsverhältnisse, welche allen anderen <strong>Arbeitsverhältnisse</strong>n<br />

gleichgestellt sind. So haben auch die sogenannten 400 € Arbeitskräfte einen<br />

gesetzlich geregelten Kündigungsschutz, Anspruch auf mindestens 24 Urlaubstage im<br />

Jahr, Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, sowie auf Sonderzahlungen wie<br />

Weihnachts- und Urlaubsgeld. Ebenso besteht ein Anspruch auf Tarif- und<br />

Mindestlöhne.<br />

Seit 2003 Gesetzesänderungen eingeführt wurden, steigt der Anteil der geringfügig<br />

Beschäftigten kontinuierlich an, zurzeit bestehen schon fast 7,5 Mio. entsprechende<br />

<strong>Arbeitsverhältnisse</strong>. Selbst bei den Arbeitsämtern bestehen seit einigen Jahren<br />

spezielle Vermittlungsstellen nur für 400 € Jobs. Dies zeigt, dass sich diese<br />

<strong>Arbeitsverhältnisse</strong> in Deutschland immer mehr etablieren und<br />

sozialversicherungspflichtige <strong>Arbeitsverhältnisse</strong> vom Markt verdrängen.<br />

Da die Arbeitnehmer in geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen bei Ehepartner<br />

oder Eltern mit krankenversichert sind, wird erst im Verlauf langer Jahre deutlich, dass<br />

eine Lücke in der Renten- und in der Pflegeversicherung besteht.<br />

Viele kleinere und mittlere Unternehmen möchten aus Kostengründen die Mitarbeiter<br />

sozialversicherungspflichtig anstellen. Wenn sich an die gesetzlichen Regelungen<br />

gehalten wird, sind sozialversicherungspflichtig angestellte Mitarbeiter für Betriebe<br />

preiswerter. Wenn Arbeitnehmerrechte von Konzernen unterlaufen werden, kommt es<br />

zur Ausnutzung von Mitarbeitern bis hin zu Stundenlöhnen unter 5,00 €, daher sollte<br />

eine obere Grenze von 44 Arbeitsstunden im Monat eingehalten werden.<br />

MitarbeiterInnen vermuten, dass sie Nachteile erhalten, wenn eigene<br />

Sozialversicherungsbeiträge gezahlt werden müssen. Sie übersehen häufig dabei, dass<br />

sie viel mehr Stunden als vereinbart arbeiten und der Stundenlohn dadurch stark<br />

gesenkt wird. Weiterhin kennen sie Ihre Arbeitnehmerrechte nicht ausreichend, was<br />

dazu führt, dass diese nicht in Anspruch genommen werden. Dies stellt sich für Firmen<br />

als Vorteil dar, ist jedoch tatsächlich eine gesetzeswidrige Handlungsweise.<br />

Fazit<br />

1. Arbeitgeber, die sich an gesetzliche Vorgaben halten, haben finanzielle Nachteile.<br />

2. Arbeitnehmer, vorwiegend Frauen, werden ausgenutzt und gesetzeswidrig<br />

behandelt. Arbeitnehmerrechte werden außer Kraft gesetzt.<br />

Antrag B4 Seite 2


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3. <strong>Unzureichende</strong> <strong>Arbeitsverhältnisse</strong> werden zunehmend gesellschaftlich anerkannt<br />

und für "normal" erachtet.<br />

4. Eine Altersarmut wie in den siebziger Jahren ist vor allem bei Frauen<br />

vorprogrammiert.<br />

5. Da eine ausreichende Rente im Alter nicht gewährleistet ist, werden viele<br />

Menschen auf die Grundsicherung angewiesen sein, die von der Allgemeinheit<br />

getragen wird.<br />

6. Durch nichtgemeldete Mehrarbeitsstunden wird Schwarzarbeit gefördert.<br />

7. Durch Mehrarbeitsstunden wird der Stundenlohn in den Niedriglohnsektor<br />

gedrückt (bis zu 3,50 €).<br />

8. Sozialversicherungspflichtige <strong>Arbeitsverhältnisse</strong> lohnen sich für Frauen<br />

vordergründig häufig nicht, da ja eine Krankenversicherung über den Ehemann<br />

gewährleistet ist.<br />

9. Wer einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit nachgeht und gleichzeitig einer<br />

geringfügigen Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber bezahlt nur für die<br />

sozialversicherungspflichtige Tätigkeit Steuern und Abgaben. Bei Überstunden im<br />

eigenen Betrieb fallen Steuern und Abgaben an. Dies führt zu einer Ungleichheit.<br />

Soweit vorhanden gilt für 400 Euro Kräfte der geltende Tarifvertrag, ansonsten der<br />

gesetzliche Mindestlohn.<br />

Daher sollten in Zukunft alle <strong>Arbeitsverhältnisse</strong> vom ersten € an<br />

sozialversicherungspflichtig gestellt werden, um eine gerechte Entlohnung für alle und<br />

eine weitgehend ausreichende Altersversorgung zu erreichen. Weiterhin wird der<br />

Missbrauch von Arbeitskräften und <strong>Arbeitsverhältnisse</strong>n eingeschränkt, Schwarzarbeit<br />

minimiert und Arbeitnehmerrechte und -pflichten werden eingehalten.<br />

Antrag B4 Seite 3

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