02.02.2015 Aufrufe

Gleichgeschlechtliche Pflegeeltern - DG - art

Gleichgeschlechtliche Pflegeeltern - DG - art

Gleichgeschlechtliche Pflegeeltern - DG - art

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Institut für Soziologie: Sozialisationstheorie und Mikrosoziologie<br />

<strong>Gleichgeschlechtliche</strong><br />

<strong>Pflegeeltern</strong><br />

Sozialisatorische Chancen und Risiken einer<br />

besonderen Triade – Statistische Untersuchung<br />

Lehrforschungsprojekt FSU Jena<br />

Bericht von: Dorothée Giernoth, Katja Krappe, Liliana Rost<br />

2008<br />

w w w . l e h r f o r s c h u n g s p r o j e k t - F S U . i n f o . M s


INHALTSVERZEICHNIS<br />

INHALTSVERZEICHNIS ................................................................................................................... 2<br />

1. EINLEITUNG ........................................................................................................................... 3<br />

2. FORSCHUNGSVORGEHEN ....................................................................................................... 3<br />

2.1. Vorbereitung ................................................................................................................................................. 4<br />

2.2. Durchführung, Probleme & Fehler ............................................................................................................... 5<br />

2.3. Reaktionen & Einzelne Kurzberichte ............................................................................................................ 6<br />

2.3.1. BERLIN .......................................................................................................................................... 7<br />

2.3.2. BREMEN ........................................................................................................................................ 7<br />

2.3.3. SACHSEN-ANHALT ........................................................................................................................... 8<br />

2.3.4. NORDRHEIN-WESTFALEN ................................................................................................................. 8<br />

2.3.5. BAYERN ......................................................................................................................................... 9<br />

2.3.6. NIEDERSACHSEN ............................................................................................................................. 9<br />

2.3.7. ZUSAMMENFASSUNG....................................................................................................................... 9<br />

2.4. Verbesserungsvorschläge/Adäquate Vorgehensweise .............................................................................. 10<br />

3. ERHOBENE DATEN ............................................................................................................... 10<br />

3.1. Die Bundesländer im Überblick .................................................................................................................. 11<br />

3.2. Unsere Daten in Bezug auf Veröffentlichte Statistiken .............................................................................. 13<br />

3.3. Ost-West-Vergleich: Erkennbare Tendenzen ............................................................................................. 14<br />

3.4. Stadt-Land-Vergleich: Erkennbare Tendenzen ........................................................................................... 16<br />

4. ZUSAMMENFASSUNG UND AUSSICHT .................................................................................. 17<br />

5. LITERATUR ........................................................................................................................... 18


1. EINLEITUNG<br />

Im Rahmen des zweisemestrigen Lehrforschungsprojektes „<strong>Gleichgeschlechtliche</strong><br />

<strong>Pflegeeltern</strong> - Sozialisatorische Chancen und Risiken einer besonderen Triade“ wurde die<br />

gleichgeschlechtliche Pflegefamilie sowohl qualitativ als auch quantitativ untersucht. Durch<br />

schriftliche und telefonische Befragung deutscher Jugendämter bzw. zuständiger Stellen und<br />

Träger wurde versucht, Daten für einen gesamtdeutschen Überblick zu erhalten. Die<br />

zuständigen Sachbearbeiter wurden nach der Anzahl gleichgeschlechtlicher <strong>Pflegeeltern</strong> in<br />

ihrem Zuständigkeitsbereich sowie nach ihren Erfahrungen bei der Vermittlung von<br />

Pflegekindern an gleichgeschlechtliche Paare befragt. Die gewonnenen Informationen<br />

wurden in Form von Memos (Dossiers) festgehalten.<br />

In den folgenden Kapiteln werden neben den tatsächlich erhobenen Daten und ihrer<br />

Signifikanz und Valididät auch Probleme bei der Erhebung und entsprechende<br />

Verbesserungsvorschläge dargestellt. Die von uns gewonnenen Daten werden mit den 2006<br />

erhobenen Daten zur allgemeinen Lage im Pflegekinderwesen in Beziehung gesetzt. Des<br />

Weiteren werden die Zahlen auf eventuelle Unterschiede in der Häufigkeitsverteilung<br />

zwischen Ost und West sowie Stadt und Land untersucht.<br />

2. FORSCHUNGSVORGEHEN<br />

Im folgenden Kapitel werden die verschiedenen Phasen der Erhebung näher erläutert.<br />

Angefangen mit der Darstellung der Vorbereitungs- und Durchführungsphase soll im<br />

Anschluss ein kurzer Abriss über aufgetretene Probleme und Verbesserungsvorschläge<br />

gegeben werden.<br />

Der Erhebungszeitraum umfasste Mitte April 2007 bis Januar 2008, wobei von Mitte April<br />

bis circa Anfang Mai vornehmlich die Vorbereitungen für die Erhebung getroffen wurden<br />

und anschließend die tatsächliche Erhebung stattfand.<br />

3


2.1. VORBEREITUNG<br />

In der Vorbereitungsphase der Erhebung wurden zunächst Erkundungen bezüglich<br />

möglicher, bereits vorliegender Daten angestellt. Die Nachforschungen ergaben, dass es zu<br />

diesem Zeitpunkt kein Datenmaterial bezüglich unseres Forschungsthemas gab.<br />

Anschließend wurde für die schriftliche Anfrage ein Schreiben aufgesetzt, das individuell<br />

angepasst von den einzelnen Gruppenmitgliedern verwendet wurde:<br />

Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

im Rahmen eines Lehrforschungsprojektes an der Friedrich-Schiller-Universität Jena forscht<br />

eine Gruppe von Dozenten und Studenten zum Thema "<strong>Gleichgeschlechtliche</strong> <strong>Pflegeeltern</strong>.<br />

Sozialisatorische Chancen und Risiken einer besonderen Triade".<br />

Gegenstand des Lehrforschungsprojektes ist eine Sonderform des Familialen, die sich vor<br />

allem durch zwei zentrale Merkmale von leiblich begründeten Familien unterscheidet. Zum<br />

einen durch eine befristete und vertraglich begründete Beziehungsgrundlage und zum<br />

anderen durch ein Konzept von Sozialisation, das im Widerspruch steht zur Notwendigkeit<br />

kernfamilialer triadischer Interaktionsstrukturen für Sozialisationsprozesse: Die<br />

gleichgeschlechtliche <strong>Pflegeeltern</strong>familie. Diese Form einer familialen Lebenspraxis, in der die<br />

Verschiedengeschlechtlichkeit von Mann und Frau nicht mehr für den Prozess der triadischen<br />

Interaktion konstitutiv ist, fordert dazu heraus, theoretische Annahmen aus dem Bereich der<br />

soziologischen Sozialisationsforschung einer kritischen Betrachtung zu unterziehen.<br />

Im Zentrum des Projektes steht daher zum einen die Aufgabe, die soziologische<br />

Theoriekonstruktion, die die ödipale Triade zur Zentralstruktur für Sozialisation erklärt, einer<br />

kritischen Betrachtung zu unterziehen. Zum anderen stellt sich die Lehrforschung auch der<br />

Aufgabe, eine soziologische Perspektive für das Forschungskonzept Resilienz und Risiko und<br />

für salutogenetische Überlegungen zu entwickeln.<br />

Auf Grundlage dieser Zielsetzung soll eine bundesweite statistische Erhebung über die<br />

quantitative Verteilung von gleichgeschlechtlichen <strong>Pflegeeltern</strong> durchgeführt werden, wie<br />

auch eine qualitative Untersuchung stattfinden.<br />

4


In diesem Rahmen schreiben wir Jugendämter im gesamten Bundesgebiet an, um die genaue<br />

Anzahl an gleichgeschlechtlichen <strong>Pflegeeltern</strong> zu erfassen.<br />

Ich hoffe, die Beschreibung schafft einen groben Überblick über unser Vorhaben, und dass Sie<br />

uns vielleicht weiterhelfen können.<br />

Vielen Dank im Voraus.<br />

Viele Grüße,<br />

[Name, Adresse, Telefonnummer]<br />

Webseite des Projekts: http://www.lehrforschungsprojekt-fsu.info.ms/<br />

Beschreibung des LFPs: http://www.soziologie.uni-jena.de/soziolog/vv/ss07/vorss07.htm#15<br />

Der nächste Schritt bestand darin, eine Übersicht der zuständigen Instanzen aufzustellen.<br />

So wurden zunächst die Landesjugendämter und Statistikämter vor den einzelnen<br />

Jugendämter bzw. zuständigen Trägerstellen kontaktiert. Darüber hinaus schien es<br />

angebracht, die PFAD (Bundesverband der Pflege- und Adoptivfamilien e.V.) Landesverbände<br />

jeweils vor den Pflegekinderstellen zu kontaktieren.<br />

2.2. DURCHFÜHRUNG, PROBLEME & FEHLER<br />

In der Durchführungsphase wurden zunächst die einzelnen Landesjugendämter befragt<br />

sowie Anfragen an einzelne Statistikämter und PFAD Landesverbände geschickt. Danach<br />

wurden die schriftlichen Anfragen an die Jugendämter bzw. zuständigen Stellen gesendet.<br />

Reagierten verantwortliche Stellen nicht auf die schriftliche Kontaktierung, wurden die<br />

Daten telefonisch eingeholt.<br />

Erschwert wurde die Untersuchung von unterschiedlichen Einflussfaktoren. So teilten die<br />

einzelnen Landesjugendämter mit, dass sie selbst sowie die Jugendämter nicht dazu<br />

angehalten sind, Statistiken über die Pflegeverhältnisse zu führen, so dass es keine lokalen<br />

Stellen gibt, bei der einzelne Zahlen aufgeführt werden. Jedoch wurde uns mitgeteilt, dass<br />

bei den zuständigen statistischen Landesämtern eventuell Daten vorliegen könnten.<br />

5


Nach Anfrage bei den PFAD Landesverbänden ergab sich, dass nur den einzelnen<br />

Jugendämtern bzw. den zuständigen Sachbearbeitern genaue Zahlen über etwaige<br />

Pflegeverhältnisse vorliegen und somit für nähere Informationen ebendiese kontaktiert<br />

werden müssten.<br />

Innerhalb einzelner Jugendämter war es meist nötig, mehrere Sachbearbeiter zu<br />

befragen. Die genauen Einzelheiten und die Anzahl der Fälle waren anderen Kollegen häufig<br />

aufgrund der Vielzahl eigener Fälle unbekannt. Teilweise wurde unser Anliegen in<br />

Teambesprechungen diskutiert und nach Rückfrage Auskunft gegeben.<br />

Eine Erfahrung, die wir im Laufe der Erhebung machten, war Folgende: Viele<br />

Jugendämter konnten und wollten uns keine Auskunft geben, da es keine Zustimmung zu<br />

unserer Erhebung von Seiten des deutschen Städtetags und der einzelnen Landkreistage<br />

bzw. des deutschen Landkreistages als Dachverband gab. Somit wurden die Jugendämter<br />

angehalten, sich nicht an unserer Umfrage zu beteiligen. Eine spätere Anfrage auf<br />

Zustimmung vom deutschen Landkreis- und Städtetag wurde aufgrund unseres<br />

Versäumnisses abgelehnt. Viele Jugendämter, die nach der Ablehnung angerufen wurden,<br />

waren nicht mehr bereit an unserer Umfrage teilzunehmen.<br />

Der Vorteil telefonisch geführter Anfragen besteht darin, die Reaktionen der Befragten<br />

direkt zu erleben und sofort etwaige Nachfragen stellen zu können und spontane Antworten<br />

zu erhalten. Somit ergibt sich ein authentischeres Bild der Grundhaltung des Befragten. Die<br />

durch Email beantworteten Anfragen waren meist sehr knapp gehalten und erlaubten<br />

keinen Einblick in die persönliche Einstellung der Sachbearbeiter. Ebenso erwies sich die<br />

telefonische Befragung als die Bessere, da im Gespräch Bedenken der<br />

Jugendamtsmitarbeiter z.B. hinsichtlich des Datenschutzes unmittelbar ausgeräumt werden<br />

konnten sowie zusätzliche Fragen gestellt und unsere Studie erläutert werden konnte.<br />

2.3. REAKTIONEN & EINZELNE KURZBERICHTE<br />

Die Reaktionen der einzelnen Jugendamtsmitarbeiter wies eine enorme Varianz auf. Es<br />

gab viele Ämter, die unserer Anfrage sehr offen gegenüberstanden und Auskunft über<br />

6


Erfahrungen, Voraussetzungen für die Auswahl von <strong>Pflegeeltern</strong> und Einstellungen zum<br />

Thema gaben. An dieser Stelle soll ein kurzer Einblick in die verschiedenen Reaktionen aus<br />

den unterschiedlichsten Regionen Deutschlands gegeben werden.<br />

2.3.1. BERLIN<br />

Einige der Jugendämter in Berlin haben den Bereich Pflegekinderdienst an Träger der<br />

freien Jugendhilfe übertragen. Die Recherche stellte sich in soweit problematisch dar, als<br />

dass in Berlin die freien Träger keine Zahlen für die einzelnen Stadtteile nennen wollten, weil<br />

sie befürchten, die Anonymität der <strong>Pflegeeltern</strong> würde dadurch gefährdet. In sieben von 12<br />

Bezirken betreuen momentan 27 gleichgeschlechtliche Paare (davon ca. 2/3 weiblich)<br />

Pflegekinder. Die Erfahrungen sind bisher nach Angaben der Sachbearbeiter durchweg<br />

positiv: So wurde berichtet, dass Kinder aus gleichgeschlechtlichen Pflegefamilien<br />

ausgeglichener seien als aus verschiedengeschlechtlichen Familien. Grundsätzlich ist zu<br />

sagen, dass alle bisher befragten Jugendämter in Berlin gleichgeschlechtlichen<br />

Bewerberpaaren gegenüber aufgeschlossen sind und sie heterosexuellen Bewerberpaaren<br />

bei der Prüfung als auch bei der Vermittlung gleichstellen. Allerdings ist es den zuständigen<br />

Mitarbeitern wichtig, dass diese Bewerberpaare nicht so sehr auf ihrer<br />

Gleichgeschlechtlichkeit beharren bzw. sich nicht ständig darauf berufen.<br />

2.3.2. BREMEN<br />

In Bremen ist zum Zeitpunkt unserer Befragung nur ein gleichgeschlechtliches<br />

<strong>Pflegeeltern</strong>paar mit der Pflege eines Kindes betraut, wobei sich die zuständigen Behörden<br />

gern mehr Bewerbungen wünschen. Zuvor in Bremen lebende Paare unterliegen nach<br />

Umzug einem anderen Zuständigkeitsbereich. Die Gleichgeschlechtlichkeit des<br />

Bewerberpaares spielt nur insofern eine Rolle, als dass die leiblichen Eltern damit<br />

einverstanden sein müssen.<br />

7


2.3.3. SACHSEN-ANHALT<br />

Vom Landesjugendamt Sachsen-Anhalt in Halle wurde uns mitgeteilt, dass<br />

Jugendamtsmitarbeiter bei der Vermittlung von Pflegekindern an gleichgeschlechtliche<br />

<strong>Pflegeeltern</strong> darauf achten sollten, dass im Umfeld dieser <strong>Pflegeeltern</strong> auch eine<br />

Bezugsperson des anderen Geschlechts vorhanden ist. Ebenso wurde erklärt, dass aus<br />

datenschutzrechtlichen Gründen von Seiten der amtlichen Stellen keine Daten<br />

herausgegeben werden sollten. Dies wurde auch in verschiedenen Jugendämtern im<br />

gesamten Bundesgebiet als Grund angegeben, nicht an der Umfrage teilzunehmen.<br />

2.3.4. NORDRHEIN-WESTFALEN<br />

Eines der Landesjugendämter Nordrhein-Westfalens teilte uns mit, dass viele<br />

Sachbearbeiter noch immer Vorbehalte gegenüber gleichgeschlechtlichen Paaren und<br />

Zweifel an ihrer Erziehungskompetenz hätten, gleichwohl die zuständigen Stellen gesetzlich<br />

dazu angehalten seien, auch ebendiesen Personenkreis als Ressource für Pflegekinder<br />

anzusehen. Über den Landschaftsverband Westfalen-Lippe (ein von zwei<br />

Landesjugendämtern in Nordrhein-Westfalen) wurde auch der Kontakt mit dem Verbund<br />

Sozialtherapeutischer Einrichtungen e.V. (VSE e.V.) hergestellt. Der VSE vermittelt seit vielen<br />

Jahren Kinder erfolgreich an gleichgeschlechtliche Paare, die denselben Ansprüchen wie alle<br />

anderen Bewerber genügen müssen. Der Verbund verwies in diesem Zusammenhang aber<br />

auch auf nicht geglückte Unterbringungen hin.<br />

Ein Problem, welches in einigen Jugendämtern in Nordrhein-Westfalen angesprochen<br />

wurde, besteht in der großen Dunkelziffer der Fälle, in denen <strong>Pflegeeltern</strong> als<br />

alleinerziehende Personen angemeldet sind, jedoch in einer gleichgeschlechtlichen<br />

Beziehung leben und die Pflege eines Kindes übernehmen. Nach Angaben der Jugendämter<br />

geschehe dies besonders aus der Angst heraus, als gleichgeschlechtliches Paar abgelehnt zu<br />

werden.<br />

8


2.3.5. BAYERN<br />

Die meisten Jugendämter bzw. Mitarbeiter der Pflegekinderdienste in Bayern waren sehr<br />

interessiert an unserem Projekt als auch an den Ergebnissen. Es entstand der Eindruck, dass<br />

eine hohe Akzeptanz für die von uns beleuchtete Form der Pflegefamilie herrscht. Die<br />

meisten Jugendämter wünschen sich Bewerbungen von gleichgeschlechtlichen Paaren für<br />

ein Pflegekind und würden ihnen nach Überprüfung, die im Wesentlichen die gleiche<br />

Prozedur wie bei verschiedengeschlechtlichen Paaren darstelle, gern ein Pflegekind<br />

vermitteln. Lediglich in drei Jugendämtern wurde offiziell die Vermittlung von Kindern an<br />

gleichgeschlechtliche Paare abgelehnt, weil die Ansicht vertreten wird, ein Kind sei bei einem<br />

heterosexuellen Paar in jedem Fall besser aufgehoben. Die meisten Jugendämter in Bayern<br />

teilten mit, dass sich noch nie ein gleichgeschlechtliches Paar für ein Pflegekind bei ihnen<br />

beworben habe, bzw. sie gegenwärtig kein Kind bei einem homosexuellen Paar in Pflege<br />

haben. Als Grund für die geringe Zahl an Bewerbern wurde die überwiegend konservativkatholische<br />

Einstellung der Menschen besonders im ländlich geprägten Raum genannt.<br />

2.3.6. NIEDERSACHSEN<br />

Allgemein fielen in eher ländlichen Gegenden die Reaktionen sehr unterschiedlich aus.<br />

So wurde z. B. in vielen Landkreisen Niedersachsens bekundet, dass keine Pflegekinder an<br />

gleichgeschlechtliche Paare vermittelt würden während in anderen, ebenfalls ländlichen<br />

Gegenden hingegen betont wurde, dass gleichgeschlechtliche Paare bei der Vermittlung von<br />

Pflegekindern genauso behandelt bzw. geprüft würden wie heterosexuelle Bewerberpaare<br />

und alleinerziehende Personen. In den meisten Fällen gäbe es in eher ländlich geprägten<br />

Gebieten jedoch fast nie Bewerberpaare.<br />

2.3.7. ZUSAMMENFASSUNG<br />

Viele Jugendämter, die sich bereit erklärten an unserer Befragung teilzunehmen, waren<br />

sehr an den Ergebnissen unseres Projektes interessiert. Unter den Interessierten waren auch<br />

Sachbearbeiter vieler Jugendämter, die große Zweifel und Vorbehalte gegenüber<br />

gleichgeschlechtlichen Paaren und deren Erziehungskompetenz haben.<br />

9


Vielerorts wurden keine näheren Angaben darüber gemacht, nach welchen Kriterien<br />

man gleichgeschlechtliche Bewerber annehmen oder ablehnen würde, so dass kein<br />

repräsentatives Bild wiedergegeben werden kann.<br />

Die Einstellungen der Sachbearbeiter gegenüber gleichgeschlechtlichen Bewerbern<br />

lassen sich in drei Gruppen zusammenfassen:<br />

(1) Sachbearbeiter, die keine Kinder vermitteln würden, da sie Zweifel an der<br />

Erziehungskompetenz homosexueller Paare haben.<br />

(2) Jugendämter, die zwar Kinder vermitteln würden, jedoch keine Kleinkinder.<br />

(3) Jugendämter, die Kinder vermitteln würden bzw. schon vermittelt haben, wenn die<br />

gleichgeschlechtlichen <strong>Pflegeeltern</strong> ins Profil passen und sie die geeignete Umgebung<br />

für das Pflegekind bieten können.<br />

2.4. VERBESSERUNGSVORSCHLÄGE/ADÄQUATE VORGEHENSWEISE<br />

Aufgrund der von uns gemachten Erfahrungen ist bei Umfragen bei deutschen Ämtern zu<br />

Folgendem zu raten:<br />

In der Vorbereitungsphase sollte ein gemeinschaftliches Schreiben aufgesetzt werden,<br />

welches von allen Beteiligten ohne Abänderung bei der Befragung genutzt wird. Dieses sollte<br />

zunächst als Grundlage für Zustimmungsanfragen an den deutschen Städte- und<br />

Landkreistag verwendet werden, da die Jugendämter angehalten sind, sich an den<br />

Bestimmungen und Empfehlungen der Landkreistage bzw. des Städtetages zu orientieren.<br />

3. ERHOBENE DATEN<br />

Eggen (2003) geht man davon aus, dass rund 5-6% der deutschen Bevölkerung<br />

homosexuell sind, schätzungsweise mehr Männer als Frauen. Weiteren Schätzungen zufolge<br />

lag der Anteil gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften 2003 mit etwa 0.2% in<br />

10


Deutschland im unteren Drittel im internationalen Vergleich, zum Beispiel hat Neuseeland<br />

einen Anteil von 0.6% oder die USA circa 1%. Dementsprechend gibt es ungefähr 147.000<br />

gleichgeschlechtliche P<strong>art</strong>nerschaften im Bundesgebiet. 1 Diese Zahlen liegen marginal unter<br />

den Schätzkonzeptwerten des Mikrozensus von 2006: „Nach diesem Schätzkonzept gab es<br />

im Jahr 2005 in Deutschland 173.000 gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften“. 2 Es wird<br />

darauf hingewiesen, dass es sich bei ebendiesen Zahlen um Schätzungen handelt, da<br />

unterschiedlichste Einflussfaktoren eine zu hohe Ungenauigkeit der Befragung nach sich<br />

ziehen. Auch die Zahlen von Eggen (2003) sind lediglich Schätzungen, sollen aber im Rahmen<br />

unserer Studie als Richtwerte für unsere Berechnungen und Annahmen dienen.<br />

3.1. DIE BUNDESLÄNDER IM ÜBERBLICK<br />

Im folgenden Abschnitt haben wir aufgrund des den Jugendämtern zugesicherten<br />

Datenschutzes die Auflistung der erhobenen Daten nicht nach einzelnen Städten oder<br />

Landkreisen, sondern lediglich nach Bundesländern sortiert.<br />

Die folgenden Darstellungen fassen die Ergebnisse in Tabellen- (Tabelle 1) sowie in<br />

Diagrammform (Diagramm 1) zusammen. Die Betrachtung der Daten im Zusammenhang des<br />

Ost-West-Vergleiches und des Stadt-Land-Vergleiches erfolgt in den Punkten 3.3. und 3.4.,<br />

weswegen die Daten an dieser Stelle zunächst nicht weiter diskutiert werden.<br />

Bundesland<br />

<strong>Gleichgeschlechtliche</strong> <strong>Pflegeeltern</strong> insgesamt<br />

Saarland 0<br />

Sachsen-Anhalt 0<br />

Bremen 1<br />

Rheinland-Pfalz 1<br />

Mecklenburg-Vorpommern 1<br />

Thüringen 1<br />

Hessen 3<br />

Brandenburg 3<br />

1 Vgl.: Papi und Papa – Pflegekinder bei gleichgeschlechtlichen <strong>Pflegeeltern</strong>. Begleittext zur DVD von Thilo<br />

Geissler (2004).<br />

2 Leben in Deutschland. Haushalte, Familien und Gesundheit - Ergebnisse des Mikrozensus 2006, S. 34.<br />

11


Sachsen 3<br />

Schleswig-Holstein 4<br />

Bayern 6<br />

Baden-Württemberg 7<br />

Niedersachsen 7<br />

Hamburg 9<br />

Berlin 29<br />

Nordrhein-Westfalen 29<br />

Insgesamt 104<br />

Tabelle 1: Anzahl gleichgeschlechtlicher <strong>Pflegeeltern</strong> nach Bundesland insgesamt<br />

Diagramm 1: Anzahl der gleichgeschlechtlichen <strong>Pflegeeltern</strong> in der Bundesrepublik Deutschland<br />

12


3.2. UNSERE DATEN IN BEZUG AUF VERÖFFENTLICHTE STATISTIKEN<br />

Am 31.12.2005 lebten 42.246 3 Pflegekindern in Vollzeitpflege in einer nichtverwandten<br />

Pflegefamilie. Die Anzahl der <strong>Pflegeeltern</strong> ist allerdings geringer, da oft mehrere Kinder in<br />

einer Familie untergebracht werden. Die Anzahl der Pflegefamilien wird statistisch nur selten<br />

und dazu nur bundeslandabhängig erhoben. So wurde zum Beispiel in Sachsen-Anhalt in den<br />

Ausführungen zum Jahresbericht 2005 darauf hingewiesen, dass die von den Jugendämtern<br />

selbst erhobenen Daten zur Anzahl vorhandener <strong>Pflegeeltern</strong> mit den tatsächlichen Zahlen<br />

der existierenden Unterlagen nicht übereinstimmen. Ebenso wurde die sehr lückenhafte<br />

Dokumentation und Chronologisierung der Daten und Akten in diesem Bundesland<br />

kritisiert. 4 Geht man davon aus, dass dies in vielen Jugendämtern ein Problem sein könnte,<br />

ergibt sich die Vermutung, dass die ausgegebenen Statistiken bezüglich der <strong>Pflegeeltern</strong><br />

wenig verlässlich sind. Hauptsächlich wird im Zusammenhang mit erzieherischen Hilfen<br />

außerhalb des Elternhauses und der Unterbringung von Kindern nur von der Anzahl der<br />

untergebrachten Kinder gesprochen und es werden nur darauf bezogene Statistiken<br />

aufgestellt und veröffentlicht.<br />

Aufgrund der fehlenden Zahlen können lediglich Vermutungen hinsichtlich der Anzahl<br />

betreuter Kinder in einer Pflegefamilie angestellt werden. Ausgehend von der Annahme, in<br />

einer Pflegefamilie würden durchschnittlich 2 Pflegekinder betreut, entspräche dies einer<br />

geschätzten Zahl von 21.123 aktiven Pflegefamilien. Wenn man von den Bewerberpaaren<br />

auf der W<strong>art</strong>eliste bzw. alleinerziehenden Bewerber absieht, wären das rund wiederum<br />

42.246 Personen. Binden wir die von uns erhobenen Zahlen bezüglich gleichgeschlechtlicher<br />

Paare, die in Deutschland als <strong>Pflegeeltern</strong> fungieren, mit in die Gesamtstatistik aller<br />

<strong>Pflegeeltern</strong> in Deutschland ein, würde das bedeuten, dass rund 0,5% aller <strong>Pflegeeltern</strong><br />

gleichgeschlechtliche Paare sind.<br />

Wie bereits erwähnt, geht man davon aus, dass ca. 5% der Bevölkerung homosexuell<br />

sind. Das entspricht bei einer Einwohnerzahl von ca. 82 Millionen einer Zahl von ca.<br />

3 Statistisches Jahrbuch 2007, S. 218.<br />

4 Vgl.: Ausführungen des Präsidenten des Landesrechnungshofes Sachsen-Anhalt auf der<br />

Landespressekonferenz am 1. Juni 2007 anlässlich der Vorstellung des Jahresberichtes 2006 des<br />

Landesrechnungshofes Sachsen-Anhalt zur Haushalts- und Wirtschaftsführung im Haushaltsjahr 2005. (2007)<br />

13


4.100.000. Davon sind 104 Paare, also 208 Personen als aktive <strong>Pflegeeltern</strong> tätig. Damit<br />

stehen die aktiven gleichgeschlechtlichen <strong>Pflegeeltern</strong> gegenüber den aktiven<br />

heterosexuellen oder auch alleinerziehenden <strong>Pflegeeltern</strong> in einem schlechteren Verhältnis<br />

zu ihrem jeweiligen Bevölkerungsanteil (Tabelle 2).<br />

Heterosexuelle<br />

Homosexuelle<br />

Anzahl 77.900.000 4.100.000<br />

<strong>Pflegeeltern</strong>/ Einzelpersonen 42.246 208<br />

Verhältnis 0,054% 0.005%<br />

Tabelle 2: Verhältnis zwischen gleichgeschlechtlichen und heterosexuellen <strong>Pflegeeltern</strong> zum jeweiligen Bevölkerungsanteil<br />

Ein wichtiger Faktor bei der Betrachtung der Zahlen ist die Höhe der Dunkelziffer<br />

bezüglich gleichgeschlechtlicher Paare, die ursprünglich als Einzelpersonen bzw. als<br />

Alleinerziehende Pflegekinder aufgenommen haben, aber trotzdem als<br />

gleichgeschlechtliches Paar die Pflege ausführen. Nochmals ist an dieser Stelle darauf<br />

hinzuweisen, dass uns keine Daten zur tatsächlichen Anzahl aller <strong>Pflegeeltern</strong> vorlagen,<br />

sondern wir nur von angenommenen Zahlen ausgehen können und auch die Zahlen von<br />

Eggen (2003) sowie derer des Statistischen Bundesamtes bezüglich gleichgeschlechtlicher<br />

Lebensgemeinschaften als Schätzungen zu betrachten sind.<br />

3.3. OST-WEST-VERGLEICH: ERKENNBARE TENDENZEN<br />

Aufgrund der fehlenden Zahlen ist ein Ost-West-Vergleich schwierig, denn es liegen<br />

keine Daten über die Verteilung von gleichgeschlechtlich orientierten Männern und Frauen<br />

in Ost- und Westdeutschland vor. Sicherlich kann man von der Annahme ausgehen, dass es<br />

in Westdeutschland wesentlich mehr Homosexuelle gibt, was sich bereits durch den<br />

wesentlich höheren Bevölkerungsanteil in den Altbundesländern erklären lässt. Diese<br />

Annahme kann jedoch aufgrund fehlender Zahlen nicht statistisch untermauert werden.<br />

Gingen wir von einer etwa gleichen Verteilung bezogen auf die Einwohnerzahlen der neuen<br />

und alten Bundesländer aus und legen wir die 5%-Annahme bezüglich der Anzahl<br />

Homosexueller in der Bevölkerung zugrunde, so ergibt sich folgendes Bild (Diagramm 2):<br />

14


Ohne Berlin hat Ostdeutschland 10.786.000 und Westdeutschland 68.257.000<br />

Einwohner. Bei gleicher Verteilung gäbe es somit 539.300 Schwule und Lesben in den neuen<br />

Bundesländern und 3.412.850 Homosexuelle in den alten Bundesländern. Bei einer<br />

Einwohnerzahl von 3.395.000 würden in Berlin dann schätzungsweise 169.750 Schwule und<br />

Lesben leben.<br />

4000<br />

Homosexuelle<br />

3500<br />

3000<br />

2500<br />

2000<br />

1500<br />

Homosexuelle<br />

1000<br />

500<br />

0<br />

Alte Bundesländer Neue Bundesländer Berlin<br />

Diagramm 2: Verhältnis zwischen Schwulen und Lesben zur Gesamtbevölkerung getrennt nach alten und neuen Bundesländern,<br />

sowie Berlin in Tausend<br />

Bezogen auf die von uns angenommene Anzahl Homosexueller in ehemals Ost- und<br />

Westdeutschland sowie Berlin würde sich aus den von uns erhobenen Daten folgendes Bild<br />

ergeben (Tabelle 4):<br />

Alte<br />

Neue<br />

Berlin<br />

Bundesländer Bundesländer<br />

Anzahl Schwuler/Lesben 3 412 850 539 300 169 750<br />

Anzahl<br />

gleichgeschlechtlicher<br />

67 8 29<br />

<strong>Pflegeeltern</strong><br />

Verhältnis 0.002% 0.0015% 0.0147%<br />

Tabelle 3: Anzahl der gleichgeschlechtlichen <strong>Pflegeeltern</strong> im Bezug auf Bevölkerungsanteil in Ost und West<br />

15


Somit wäre die Verteilung der gleichgeschlechtlichen <strong>Pflegeeltern</strong> in Ost und West<br />

annähernd gleich. Die höhere Zahl in Berlin lässt sich vielleicht mit den Annahmen des<br />

nächsten Abschnittes erklären.<br />

3.4. STADT-LAND-VERGLEICH: ERKENNBARE TENDENZEN<br />

Ob sich die Zahlen, wie in Abschnitt 3.3. mit den dazugehörigen Vermutungen tatsächlich<br />

so ergeben, ist fraglich. Nehmen wir die Schätzungen von Eggen (2003) mit in die<br />

Betrachtung, dass die meisten gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften in größeren<br />

sowie in Universitätsstädten leben, genauer: jede zweite gleichgeschlechtliche<br />

Lebensgemeinschaft in einer Stadt mit mehr als 200.000 Einwohnern ansässig ist, jede dritte<br />

in einer Stadt mit über 500.000 Einwohnern 5 , würde sich das Bild korrespondierend zur<br />

Anzahl der Großstädte und der jeweiligen Einwohnerzahl ändern. Im Rahmen unseres<br />

Projektes würde dies aber zu weit führen. In der Unterteilung in städtische und ländliche<br />

Gebiete haben wir folgende Kriterien angewandt: Kreisfreie Städte über 100.000 Einwohner<br />

werden als Stadt angesehen sowie Landkreise mit Städten über 60.000 Einwohner und<br />

relativ naher Lage zu weiteren größeren Städten. Alles andere wird als ländliche Gegend<br />

eingestuft. Unsere Daten haben nach diesen Einteilungsmerkmalen gezeigt, dass die meisten<br />

gleichgeschlechtlichen <strong>Pflegeeltern</strong> in größeren Städten leben, und somit das städtische<br />

Milieu bevorzugen (Tabelle 4): Lediglich rund 17% von ihnen leben in ländlichen Gebieten.<br />

Anzahl gleichgeschlechtlicher<br />

<strong>Pflegeeltern</strong><br />

Verhältnis zur Gesamtanzahl<br />

gleichgeschlechtlicher<br />

<strong>Pflegeeltern</strong><br />

Stadt: Gesamtdeutschland Land: Gesamtdeutschland<br />

86 18<br />

82,69% 17,31%<br />

Tabelle 4: Anzahl der gleichgeschlechtlichen <strong>Pflegeeltern</strong> in Bezug auf Stadt- und Landverteilung<br />

5 Vgl.: Eggen, Bernd: <strong>Gleichgeschlechtliche</strong> Lebensgemeinschaften, Gegenw<strong>art</strong> und künftige Entwicklung. In:<br />

Praxis der Rechtspsychologie 13 (1) März 2003, S. 25 ff.<br />

16


In unseren Telefongesprächen mit den Jugendamtsmitarbeitern gewannen wir den Eindruck,<br />

dass in größeren Städten und Ballungsgebieten die Einstellung gegenüber Homosexuellen<br />

weit offener ist, als in Kleinstädten und ländlich geprägten Regionen.<br />

4. ZUSAMMENFASSUNG UND AUSSICHT<br />

Aufgrund der geringen Anzahl an gleichgeschlechtlichen <strong>Pflegeeltern</strong> lassen sich<br />

Tendenzen im Ost-West- bzw. im Stadt-Land-Vergleich lediglich erahnen. Die teils noch sehr<br />

stark bestehende Ablehnung gegenüber gleichgeschlechtlichen Paaren in den zuständigen<br />

Stellen, die vor allem in kleineren Städten und ländlichen Gegenden zum Ausdruck gebracht<br />

wurde, erschwert es diesen Bewerbern, sich als <strong>Pflegeeltern</strong> zu profilieren.<br />

Es ist zu hoffen, dass die fehlende Offenheit gegenüber gleichgeschlechtlichen Paaren,<br />

die teils ablehnende Haltung ihnen gegenüber sowie die starken Zweifel an ihrer<br />

sozialisatorischen Kompetenz abnimmt und dadurch die offene Auseinandersetzung mit<br />

dem Thema der gleichgeschlechtliche Pflegefamilie möglich wird. Die vielen, uns von den<br />

Sachbearbeitern der Jugendämtern im Laufe der Erhebung mitgeteilten aufgeschlossenen<br />

Einstellungen gegenüber homosexuellen <strong>Pflegeeltern</strong> und positiven Erfahrungen mit ihnen<br />

lassen erahnen, dass das Thema in den nächsten Jahren kein Tabuthema mehr bleiben wird<br />

und es absehbar ist, dass gleichgeschlechtliche <strong>Pflegeeltern</strong> als ebenso wertvolle Ressourcen<br />

für Pflegekinder angesehen werden wie heterosexuelle <strong>Pflegeeltern</strong>paare. Es ist zu hoffen,<br />

dass eine pauschale Ablehnung dieses <strong>Pflegeeltern</strong>modells durch eine differenzierte,<br />

einzelfallbezogene Abwägung der Vor- und Nachteile abgelöst wird.<br />

Auch wenn eine solche statistische Erhebung erste Hinweise auf die momentane<br />

Situation geben kann, so ist doch zu betonen, dass Einstellungen, Vorbehalte,<br />

Klischeedenken und Ängste sowohl von Seiten der Jugendämter als auch von Seiten der<br />

Bewerberpaare, die wir in unserer Erhebung dokumentieren konnten, keinesfalls aus einer<br />

Statistik allein hervorgehen können, sondern dem Nachfragen bei den jeweiligen Stellen<br />

bedürfen. Ebenso ist bei den vorliegenden Zahlen zu beachten, dass viele Daten aus den<br />

bereits erläuterten Gründen fehlen, außerdem für den Ost-West-Vergleich sowie für den<br />

17


Stadt-Land-Vergleich keine tatsächlichen Zahlen bezüglich der Anzahl der <strong>Pflegeeltern</strong> sowie<br />

der Anzahl Homosexueller in den jeweiligen Gebieten vorliegen, so dass auf Basis von reinen<br />

Vermutungen weitere Hypothesen aufgestellt wurden.<br />

Unabhängig von statistischen Erhebungen ist es wohl ratsamer, Untersuchungen auf<br />

Basis von Interview- sowie Genogrammanalysen durchzuführen, wie es größtenteils im<br />

Lehrforschungsprojekt geschehen ist.<br />

Ebenso muss auch in Betracht gezogen werden, dass Erhebungen, die Anfragen an<br />

Ämter enthalten, deshalb problematisch sind, weil die Dokumentation der Fälle<br />

unzureichend ist und darunter Validität und Reliabilität der erhobenen Daten leiden.<br />

5. LITERATUR<br />

Internet:<br />

• Papi und Papa – Pflegekinder bei gleichgeschlechtlichen <strong>Pflegeeltern</strong>. Begleittext zur<br />

DVD von Thilo Geissler. (Stand: 16.04.2004 / Zugriff: 20.01.2008). Thilo Geissler:<br />

http://www.thilogeisler.de/1%20Videos/1V%20Pappi/Fach<strong>art</strong>pp.html<br />

• Mitteilungen des Statistischen Bundesamtes. (Stand: 01.01.2008 / Zugriff: 22.01.2008).<br />

Zeitschrift für das gesamte Familienrecht. http://www.famrz.de/statistik.htm<br />

• Statistisches Jahrbuch 2007. Für die Bundesrepublik Deutschland. (Stand: September<br />

2007 / Zugriff: 22.01.2008). Statistisches Bundesamt, Wiesbaden. https://wwwec.destatis.de/csp/shop/sfg/bpm.html.cms.cBroker.clscmspath=struktur,vollanzeige.cs<br />

p&ID=1021066<br />

• Leben in Deutschland. Haushalte, Familien und Gesundheit - Ergebnisse des<br />

Mikrozensus 2005. (Stand: 31.08.2007 / Zugriff: 04.05.2008). Statistisches Bundesamt,<br />

Wiesbaden.<br />

http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Presse/pk/200<br />

6/Mikrozensus/Pressebroschuere,property=file.pdf<br />

18


• Gebiet und Bevölkerung – Fläche und Bevölkerung (Stand: 20.11.2007 / Zugriff:<br />

22.01.2007). Statistische Ämter des Bundes und der Länder. http://www.statistikportal.de/Statistik-Portal/de_jb01_jahrtab1.asp<br />

• Ausführungen des Präsidenten des Landesrechnungshofes Sachsen-Anhalt auf der<br />

Landespressekonferenz am 1. Juni 2007 anlässlich der Vorstellung des Jahresberichtes<br />

2006 des Landesrechnungshofes Sachsen-Anhalt zur Haushalts- und Wirtschaftsführung<br />

im Haushaltsjahr 2005. (Stand: 01.07.2007 / Zugriff: 22.01.2008). Landesrechnungshof<br />

Sachsen-Anhalt. http://www.lrh.sachsen-anhalt.de/berichte/statement06-2.pdf<br />

Print:<br />

• Eggen, Bernd: <strong>Gleichgeschlechtliche</strong> Lebensgemeinschaften, Gegenw<strong>art</strong> und künftige<br />

Entwicklung. In: Praxis der Rechtspsychologie 13 (1) März 2003.<br />

19

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!