Vorsorge - bei Pensionskassenvergleich.ch
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InterviewGeld<br />
17. JUNI 2012<br />
Alt-Bundesrat Pascal Cou<strong>ch</strong>epin<br />
sorgte 2003 für S<strong>ch</strong>lagzeilen. Er<br />
spra<strong>ch</strong> darüber, das Rentenalter<br />
bis 2025 auf 67 zu erhöhen. In der<br />
Öffentli<strong>ch</strong>keit löste das Entrüstung<br />
aus. Nun erhält die Idee<br />
neuen Aufwind. So spre<strong>ch</strong>en die<br />
Versi<strong>ch</strong>erer von einer Flexibilisierung<br />
des Rentenalters. Für einige<br />
Berufsgruppen würde damit<br />
Rentenalter 70 gelten.<br />
Herr Cou<strong>ch</strong>epin, wie lebt es<br />
si<strong>ch</strong> in Rente<br />
Sehr gut (la<strong>ch</strong>t). Wo<strong>bei</strong>, eigentli<strong>ch</strong><br />
habe i<strong>ch</strong> es mir ruhiger vorgestellt.<br />
I<strong>ch</strong> bin no<strong>ch</strong> immer sehr engagiert<br />
und habe entspre<strong>ch</strong>end<br />
viele Termine wahrzunehmen.<br />
Viel zu tun gibt es au<strong>ch</strong> in der<br />
berufli<strong>ch</strong>en <strong>Vorsorge</strong>. So setzten<br />
die volatilen Kapitalmärkte,<br />
tiefe Zinsen und die alternde<br />
Bevölkerung der 2. Säule stark<br />
zu. Droht ein Kollaps<br />
Nein, das 3-Säulen-System hat<br />
si<strong>ch</strong> sehr bewährt. Besonders die<br />
2. Säule ist ein hervorragendes,<br />
soziales Werk, das si<strong>ch</strong> bewiesen<br />
hat. Die S<strong>ch</strong>weiz befindet si<strong>ch</strong> im<br />
Verglei<strong>ch</strong> zu anderen Ländern<br />
wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong> gesehen no<strong>ch</strong> immer<br />
in einer komfortablen Lage.<br />
Es bleibt genügend Zeit, um Reformen<br />
anzudenken. Und die<br />
brau<strong>ch</strong>t es jetzt, damit die Renten<br />
au<strong>ch</strong> in Zukunft gesi<strong>ch</strong>ert sind.<br />
Die S<strong>ch</strong>weizer Regierung<br />
erweckt aber den Eindruck,<br />
der Rentenkrise tatenlos<br />
zuzusehen. Warum foutieren<br />
si<strong>ch</strong> die Politiker darum<br />
Es geht um sehr viel Geld und<br />
viele vers<strong>ch</strong>iedene Interessen. Die<br />
Pensionskassen verwalten über<br />
600 Milliarden Franken. Das ist<br />
mehr als das gesamte S<strong>ch</strong>weizer<br />
Bruttoinlandprodukt. Zudem lebt<br />
das Pensionskassenges<strong>ch</strong>äft von<br />
vielen Unbekannten. Wel<strong>ch</strong>e Auswirkungen<br />
ein Ents<strong>ch</strong>eid hat, sieht<br />
man vielfa<strong>ch</strong> erst Jahre dana<strong>ch</strong>.<br />
Hat Innenminister Alain Berset<br />
die Not der Zeit erkannt<br />
I<strong>ch</strong> denke s<strong>ch</strong>on. Er wirkt auf mi<strong>ch</strong><br />
intelligent und kompetent. Gewiss<br />
haben grosse Reformen in der<br />
berufli<strong>ch</strong>en <strong>Vorsorge</strong> eine hohe<br />
Wahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong>keit zu s<strong>ch</strong>eitern.<br />
Aber viellei<strong>ch</strong>t verfügt Herr Berset<br />
über einen andere Blickwinkel<br />
und findet gar ein Wundermittel.<br />
Was jedo<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t geht, ist die<br />
Entnahme von Geldern aus der<br />
berufli<strong>ch</strong>en <strong>Vorsorge</strong>, um die<br />
1. Säule zu finanzieren. Das wäre<br />
Raub.<br />
Konkrete Vors<strong>ch</strong>läge will Berset<br />
erst im Herbst präsentieren,<br />
wenn die Auswertung der<br />
Resultate zur Anhörung zum<br />
kürzli<strong>ch</strong> ers<strong>ch</strong>ienenen Beri<strong>ch</strong>t<br />
über die Zukunft der 2. Säule<br />
vorliegt. Ist es dann zu spät<br />
Nein, man sollte ihm jetzt Zeit<br />
lassen, si<strong>ch</strong> in die Dossiers einzuar<strong>bei</strong>ten.<br />
Gute Reformen brau<strong>ch</strong>en<br />
Monate. Allein der Beri<strong>ch</strong>t über<br />
die 2. Säule hat mehrere Jahre gedauert.<br />
Einige Versi<strong>ch</strong>erer und Parlamentarier<br />
fordern erneut, den<br />
Umwandlungssatz zu senken.<br />
Befürworten Sie das<br />
Es gibt kaum eine andere Mögli<strong>ch</strong>keit.<br />
Die Mens<strong>ch</strong>en werden<br />
immer älter. Ergo muss au<strong>ch</strong> das<br />
angesparte Alterskapital respektive<br />
die daraus bezahlten Renten<br />
länger rei<strong>ch</strong>en. Es kann do<strong>ch</strong><br />
ni<strong>ch</strong>t angehen, dass diese Lücken<br />
vermehrt dur<strong>ch</strong> die Erwerbstätigen<br />
und ihre Beiträge subventioniert<br />
werden. Diese Umverteilung<br />
ist in der 2. Säule längerfristig<br />
ni<strong>ch</strong>t vorgesehen.<br />
Bei der letzten Abstimmung<br />
wurde die Senkung des Satzes<br />
auf 6,4 Prozent klar abgelehnt.<br />
Wäre es heute anders<br />
Es bräu<strong>ch</strong>te erneut viel Erklärungsaufwand.<br />
Die Alternative ist<br />
aber einfa<strong>ch</strong>: Wird der Umwandlungssatz<br />
ni<strong>ch</strong>t gesenkt, tragen<br />
die Erwerbstätigen das Defizit.<br />
Zudem würden die Kassen ihre<br />
«Es ist sinnvoll,<br />
das Mindestalter<br />
auf 61 Jahre<br />
zu erhöhen»<br />
Leistungen im Überobligatorium<br />
no<strong>ch</strong> stärker reduzieren.<br />
Au<strong>ch</strong> die Mindestverzinsung<br />
der Altersguthaben soll abges<strong>ch</strong>afft<br />
werden. Wird hier mit<br />
der Angst gespielt<br />
Das ist s<strong>ch</strong>wierig zu sagen. Die<br />
Pensionskassen haben in den letzten<br />
20 Jahren viele Erfahrungen<br />
sammeln können. Sie haben mittlerweile<br />
viele Ho<strong>ch</strong>s und Tiefs erlebt.<br />
Hier<strong>bei</strong> hat si<strong>ch</strong> wohl gezeigt,<br />
dass eine Mindestanforderung zu<br />
jedem Zeitpunkt, egal wie si<strong>ch</strong> die<br />
Kapitalmärkte entwickeln, ni<strong>ch</strong>t<br />
sinnvoll ist. Grundsätzli<strong>ch</strong> befürworte<br />
i<strong>ch</strong> die Abs<strong>ch</strong>affung des<br />
Mindestzinssatzes.<br />
Einige Versi<strong>ch</strong>erer könnten<br />
dies mit einer absolut minimalen<br />
Verzinsung ausreizen.<br />
Das denke i<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t. Der Wettbewerb<br />
würde einen sol<strong>ch</strong>en Missstand<br />
wieder aushebeln. Dies zeigt<br />
si<strong>ch</strong> deutli<strong>ch</strong> <strong>bei</strong> der Legal Quote<br />
(Anm. Redaktion: Übers<strong>ch</strong>ussverteilung)<br />
der Privatversi<strong>ch</strong>erer. So<br />
zahlen die meisten mehr als<br />
90 Prozent der Erträge ihren Versi<strong>ch</strong>erten<br />
zurück. Die Privatversi<strong>ch</strong>erer<br />
wissen, dass, wenn sie das<br />
System zu sehr strapazieren, dies<br />
auf sie zurückfällt und sie dadur<strong>ch</strong><br />
Kunden verlieren können.<br />
Während der Bevölkerung die<br />
jährli<strong>ch</strong>en Renten gekürzt<br />
werden, erhalten Bundesräte<br />
unverändert, bis an ihr Lebensende,<br />
ein Ruhegehalt von<br />
220 000 Franken pro Jahr. Ist<br />
das kein Widerspru<strong>ch</strong><br />
Das Ruhegehalt ist ein Teil des<br />
Einkommens. Bundesräte haben<br />
in ihrem früheren Beruf oftmals<br />
sehr gut verdient und gehen mit<br />
ihrer Wahl zum Bundesrat ein gewisses<br />
Risiko ein. Das Ruhegehalt<br />
ist ein Teil des Spiels.<br />
Auf Staatskosten …<br />
Man sollte das System für Bundesräte,<br />
die <strong>bei</strong>spielsweise mit<br />
Mitte vierzig ni<strong>ch</strong>t mehr gewählt<br />
werden, überdenken. Spri<strong>ch</strong>, die<br />
sollten keinen Anspru<strong>ch</strong> auf eine<br />
lebenslängli<strong>ch</strong>e Renten haben.<br />
2003 haben Sie von einer<br />
s<strong>ch</strong>rittweisen Erhöhung des<br />
Rentenalters auf 67 gespro<strong>ch</strong>en.<br />
Das löste damals grossen<br />
Widerstand aus. Wären die<br />
S<strong>ch</strong>weizer nun bereit dafür<br />
I<strong>ch</strong> bin na<strong>ch</strong> wie vor der Meinung,<br />
dass man das damals hätte diskutieren<br />
und einen Kompromiss finden<br />
müssen. Heute sind wir ni<strong>ch</strong>t<br />
mehr weit davon entfernt, das<br />
Rentenalter zu erhöhen. Die Diskussionen<br />
wurden damals aber<br />
seitens der Gewerks<strong>ch</strong>aften vermieden.<br />
Die Illusion, Gewerks<strong>ch</strong>aften<br />
würden langfristig denken,<br />
habe i<strong>ch</strong> längst verloren.<br />
Privatversi<strong>ch</strong>erer spre<strong>ch</strong>en <strong>bei</strong><br />
gewissen Berufsgruppen gar<br />
von einem Rentenalter 70.<br />
Dank der verbesserten Gesundheit<br />
ar<strong>bei</strong>ten bereits heute immer<br />
mehr Personen au<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong><br />
der Pensionierung weiter. So<br />
sind gut 30 Prozent der AHV-<br />
Renten-Bezüger berufstätig.<br />
Was ges<strong>ch</strong>ieht mit denjenigen,<br />
die <strong>bei</strong> einer Erhöhung des<br />
Rentenalters mit 60 oder älter<br />
keine Anstellung mehr finden<br />
Es ist unbestritten, dass es für<br />
Personen, die mit über 55 Jahren<br />
ihren Job verlieren, deutli<strong>ch</strong><br />
s<strong>ch</strong>wieriger ist, eine neue<br />
Anstellung zu finden. Die Zahlen<br />
zeigen aber, dass die Ar<strong>bei</strong>tslosigkeit<br />
<strong>bei</strong> den Jungen deutli<strong>ch</strong><br />
höher ist als <strong>bei</strong> den über 55 Jährigen.<br />
In Ihrer Amtszeit haben Sie die<br />
Hürde zur Frühpensionierung<br />
von 55 auf 58 Jahren erhöht.<br />
Sollte das Mindestalter<br />
angesi<strong>ch</strong>ts der Lage no<strong>ch</strong><br />
weiter angehoben werden<br />
I<strong>ch</strong> mö<strong>ch</strong>te dem Bundesrat keine<br />
Rats<strong>ch</strong>läge erteilen. I<strong>ch</strong> würde es<br />
aber als sinnvoll era<strong>ch</strong>ten, wenn<br />
das Mindestalter nun über die<br />
nä<strong>ch</strong>sten fünf Jahre auf 61 Jahre<br />
erhöht wird. Dazu müsste man<br />
nur die Verordnung ändern, und<br />
es nimmt Druck vom System.<br />
Derzeit müssen immer mehr<br />
Erwerbstätige die Renten der<br />
Pensionierten finanzieren.<br />
Experten s<strong>ch</strong>ätzen, dass gut<br />
600 Millionen Franken jährli<strong>ch</strong><br />
umverteilt werden. Werden die<br />
Jungen um ihre Rente beklaut<br />
Am Anfang war eine gewisse Umverteilung<br />
gewollt, damit si<strong>ch</strong> das<br />
System etablieren konnte und<br />
Rentner, die aufgrund der Umstellung<br />
weniger Beitragsjahre<br />
leisten konnten, ni<strong>ch</strong>t bena<strong>ch</strong>teiligt<br />
werden. Erst 2025 werden<br />
Renten ausbezahlt, deren Höhe<br />
auf einer vollen Beitragsdauer<br />
basiert. Aber, die Einführung des<br />
Obligatoriums ist nun do<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>on<br />
mehr als 25 Jahre her. Man sollte<br />
die Umverteilung deshalb ni<strong>ch</strong>t<br />
mehr allzu stark ausreizen.<br />
Werden die Umverteilungslö<strong>ch</strong>er<br />
gestopft werden können<br />
I<strong>ch</strong> denke s<strong>ch</strong>on. Mir s<strong>ch</strong>eint, als<br />
sei in der Diskussion um die berufli<strong>ch</strong>e<br />
<strong>Vorsorge</strong> Dynamik aufgekommen.<br />
Die Öffentli<strong>ch</strong>keit<br />
hat begriffen, dass es so ni<strong>ch</strong>t<br />
mehr weitergehen kann und dass<br />
ein Umdenken stattfinden muss.<br />
Das widerspiegelt si<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> im<br />
Beri<strong>ch</strong>t zur 2. Säule.<br />
Beri<strong>ch</strong>t über die Zukunft der 2. Säule:<br />
Der Beri<strong>ch</strong>t wurde Ende Jahr vom<br />
Eidgenössis<strong>ch</strong>en Departement des<br />
Innern publiziert. Es werden<br />
vers<strong>ch</strong>iedene Probleme in der<br />
berufli<strong>ch</strong>en <strong>Vorsorge</strong> analysiert und<br />
Reformvors<strong>ch</strong>läge diskutiert. Umstritten<br />
ist vor allem der Umwandlungssatz,<br />
der Mindestzinssatz von<br />
heute 1,5 Prozent sowie die Vers<strong>ch</strong>ärfung<br />
der Übers<strong>ch</strong>ussverteilung<br />
(Legal Quote) der Privatversi<strong>ch</strong>erer