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Allgemeines | Mein Biel-Abenteuer | Meine Packliste | Kurz vor dem Start<br />
Pasta-Frühstück bei KM 56,1 | Das letzte Viertel | Zieleinlauf<br />
„Walk & Run“ über 100 Kilometer<br />
Laufbericht vom 100 Kilometer Lauf in Biel 2010<br />
„Irgendwann musst du nach Biel“ lautet der bekannte Buchtitel von Werner<br />
Sonntag. Und irgendwann warst du dann in Biel und du wirst wieder nach Biel<br />
kommen! Am 11. Juni 2010 in der Nacht von Freitag auf Samstag war es für mich<br />
wieder soweit …<br />
Allgemeines zu den Bieler Lauftagen<br />
Der 100-km-Lauf in Biel ist der größte Ultralauf in Europa mit internationalem<br />
Starterfeld und hat nun bereits <strong>zum</strong> 52. Mal stattgefunden. Es versteht sich von<br />
selbst, dass es sich um eine perfekt organisierte Laufveranstaltung handelt,<br />
besonders hervorzuheben ist die gute Logistik. Eine meines Erachtens sehr<br />
hilfreiche Beschreibung <strong>zum</strong> Ablauf und zur Organisation der Bieler Lauftage ist<br />
auf der Webseite www.99km.ch zu finden.<br />
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Neben dem 100-km-Lauf, zu dem man sich <strong>als</strong> Einzel, 5er-Staffel oder Partnerlauf<br />
anmelden kann, wird ein Nachtmarathon und Halbmarathon mit zusätzlicher<br />
Nordic-Walking-Wertung angeboten. Für die Kinder gibt es den Kids-Run von 300<br />
bis 2000 Metern, eigentlich ist für die ganze Familie etwas dabei.<br />
Die Strecke des 100-km-Laufs ist ein großer Rundkurs mit Start und Ziel in Biel.<br />
Der Start ist freitags abends um 22:00 Uhr am Eisstadion. Es gibt die Möglichkeit,<br />
den Lauf an den Verpflegungspunkten Oberramsern TS1 (bei 38,5 km bis 6:15<br />
Uhr), Kirchberg TS2 (bei 56,1 km bis 10:45) und Bibern TS3 (bei 76,6 km bis<br />
15:15 Uhr) frühzeitig mit Wertung und Urkunde zu beenden. An jedem dieser drei<br />
Punkte werden Zwischenzeiten erfasst und es wird ein kostenloser Rücktransport<br />
mit Shuttlebussen bereitgestellt.<br />
Insgesamt gibt es auf der Strecke 18 Verpflegungsstellen und zusätzlich Start-<br />
und Zielverpflegung:<br />
0 km – Biel Eishalle<br />
3,5 km – Biel Stadt<br />
10,0 km – Jens<br />
15,0 km – Kapellen<br />
17,5 km – Aarberg<br />
26,5 km – Ammerzwill<br />
31,0 km – Scheunenberg<br />
38,5 km – Oberramsern<br />
45,0 km – Buechhof<br />
48,0 km – Jegenstorf<br />
56,1 km – Kirchberg<br />
62,5 km – Utzenstorf<br />
67,0 km – Gerlafingen<br />
73,5 km – Ichertswil<br />
76,6 km – Bibern<br />
81,0 km – Arch<br />
86,5 km – Büren<br />
94,0 km – Pieterlen<br />
96,5 km – Im Wald<br />
100,0 km – Ziel<br />
Das Verpflegungssortiment reicht von Isodrinks, Coca Cola, Wasser, Tee, Bouillon<br />
bis hin zu Brot, Bananen, Orangen, Power-Riegel und Gels.<br />
Der Zielschuss ist nach 21 Stunden, <strong>als</strong>o samstags um 19:00 Uhr. Bei der 100<br />
Kilometer Distanz ist für jeden Läufer maximal eine Fahrradbegleitung<br />
zugelassen. Das Laufabenteuer kann somit auch von Familienmitgliedern,<br />
Lebenspartnern, Freunden oder Trainern hautnah miterlebt werden.<br />
Streckenplan (<strong>als</strong> <strong>PDF</strong> <strong>zum</strong> <strong>Download</strong>, Quelle: http://www.100km.ch/)<br />
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Mein Biel-Abenteuer<br />
Mein Biel-Abenteuer begann dieses Jahr mal wieder mit einer verspäteten<br />
Bahnanreise. „Alle Züge auf unbestimmte Zeit verspätet“, stand auf den<br />
Anzeigetafeln des Karlsruher Bahnhofs. Da ich 2008 bei der Anreise nach Biel eine<br />
ähnliche Situation erlebt hatte, plante ich dieses Jahr einen etwas größeren<br />
Zeitpuffer für die Anreise ein, nämlich mit Ankunft in Biel drei Stunden vor dem<br />
Start um 22:00 Uhr. „Das fängt ja gut an“, ging mir durch den Kopf, aber da fuhr<br />
auch schon der ICE Richtung Basel am Gleis ein. Im Zug ertönte dann die<br />
Durchsage, dass die Strecke nach Baden-Baden wegen eines Brückenschadens<br />
gesperrt sei und alle Züge auf unbestimmte Zeit im Bahnhof verweilen müssten.<br />
Die unbestimmte Zeit belief sich auf 40 Minuten, bis die Strecke wieder<br />
freigegeben und die Fahrt fortgesetzt wurde. Durch eine Unterhaltung mit<br />
anderen jungen Zuggästen, die mich auf mein spassamlaufen-T-Shirt<br />
angesprochen hatten, wurde die Wartezeit mit Gesprächen über mein<br />
Lieblingsthema „Laufen“ angenehm überbrückt.<br />
In Basel SSB (Schweitzer Bundesbahn) konnte ich dann die Direktverbindung<br />
nach Biel/Bienne eine Stunde später <strong>als</strong> ursprünglich geplant erreichen. Auf dem<br />
Weg dorthin überraschte mich eine deutsch-französische Durchsage: „Nächster<br />
Halt Laufen“. Ich blickte auf die Leuchtanzeige über der Tür und stellte fest, dass<br />
ich richtig gehört hatte.<br />
4 Bahnstationen vor Biel In Biel angekommen Startnummernausgabe<br />
Das war mir in den letzten beiden Jahren gar nicht aufgefallen, dass es hier auf<br />
dem Weg nach Biel auch eine Stadt namens Laufen gibt. Bisher kannte ich nur<br />
Laufen bei Salzburg und Lauffen am Neckar in der Nähe von Heilbronn.<br />
Am Bieler Bahnhof ging es dann mit der Busline 1 <strong>zum</strong> Eisstadion. Wer für den<br />
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Lauf vorangemeldet ist, erhält sein Busticket im Vorfeld per Post mit der<br />
Meldebestätigung und den Startinformationen. Nach ca. 15 Minuten Fahrzeit war<br />
ich bei der Eishalle angekommen, wo sich die Laufmesse und die Ausgabe der<br />
Startnummern befinden. Es besteht auch die Möglichkeit, sich bis zwei Stunden<br />
vor dem Start nach<strong>zum</strong>elden.<br />
Die Menschenschlange bei der Startnummernausgabe für den 100-km-Lauf war<br />
zu meiner Freude kurz und ich erhielt sofort die Startnummer mit Aufdruck<br />
meines Vornamens und einem Zeitmess-Chip, der auf der Rückseite der<br />
Startnummer festgetackert war. Dieses Zeitmessverfahren, ein Transponder von<br />
Datasport, kannte ich noch nicht. Die hilfsbereite Frau an der Ausgabe erklärte<br />
mir, dass bei diesem System die Messmatten den Chip bis 2,80 Meter in der Höhe<br />
erfassen können, weshalb er auch unter der Startnummer getragen werden kann.<br />
Bei ähnlichen Sytemen mit Zeitmessmatten muss der Chip (meistens<br />
Championchip oder Chronotrack-Transponder) direkt am Laufschuh befestigt<br />
werden, um beim Überqueren der Matte die Zeit zu erfassen.<br />
Das Einkaufen auf der Laufmesse habe ich dieses Jahr ausnahmsweise ausfallen<br />
lassen, weil mein Schrank von Laufklamotten bereits überquillt. Mit der<br />
Startnummer ausgerüstet, die übrigens während des Laufs an zwei<br />
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Kontrollpunkten abgestempelt wird, folgte ich den Wegweisern zur Curlinghalle,<br />
wo sich die Umkleiden befanden.<br />
Eishalle/Laufmesse Umkleide/Curlinghalle In Nähe des Startbereichs<br />
Auf dem Weg dorthin traf ich einen alten Laufbekannten (Joe von<br />
marathon4you.de), der gerade auf dem Weg <strong>zum</strong> Bierzelt war. Joe war mit mir<br />
sonntags zuvor den Menden Marathon gelaufen. Und jetzt war er schon wieder<br />
mit dabei …<br />
Das Umziehen an sich ging sehr fix, ich hatte alles im Vorfeld gut vorbereitet. Für<br />
den 100-km-Lauf in Biel habe ich mir extra meine individuelle Packliste erstellt:<br />
Meine Packliste für den 100-km-Lauf in Biel<br />
Vor dem Lauf:<br />
− Die Anreise mindestens zwei bis drei Stunden vor dem Start einplanen, falls<br />
irgendetwas dazwischen kommt. Ich empfehle eine An- und Abreise mit der Bahn,<br />
damit insbesondere die Rückreise stressfreier wird.<br />
− Ein kleines Abendessen mitnehmen. Ich bevorzuge Butterbrot mit Käse, mindestens 1<br />
Liter Wasser und 1 Dose Energy-Drink.<br />
− Falls man auf der Laufmesse einkaufen möchte, Kreditkarte oder Bargeld mitnehmen.<br />
Es gibt sehr viele schicke Textilien mit Biel-Aufdruck.<br />
− Buch oder Zeitung mitnehmen um Wartezeiten zu überbrücken.<br />
− Taschen können während des Laufs in der Curlinghalle/Umkleide gelagert werden. Für<br />
Wertsachen gibt es eine separate Abgabestelle.<br />
Mein Tipp: Kleiderbeutel für Verpflegungspunkt Kirchberg bei 56,1 km aufgeben:<br />
- Einwegbehälter mit Pasta (ca. 200g) und Plastikgabel<br />
- Energy-Drink<br />
- Malzbier<br />
- Wasser<br />
- Ersatz-Pflaster (wasserfest)<br />
- Ersatz-Laufsocken<br />
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Für den Lauf:<br />
− 1 Paar Laufschuhe (sehr gut eingelaufene und ruhig ein bis zwei Nummern größer)<br />
− 1 Paar Laufsocken<br />
− 1 lange Funktions-Laufhose, damit die Muskeln durchgehend möglichst warm bleiben<br />
− 1 Funktions-Laufshirt<br />
− Sportuhr mit Licht-Taste, damit man im Dunkeln die Zeit ablesen kann<br />
− 1 Laufgurt mit Trinkflasche, Handyhalterung (das Handy <strong>zum</strong> SMS schreiben und Fotos<br />
machen), Befestigungsmöglichkeit für 2 Schokoriegel oder Gels, kleines Fach für Geld<br />
− 1 Laufkappe, um sich vor Auskühlung am Kopf zu schützen<br />
− 1 warme Laufjacke, wenn möglich mit 2 großen Seitentaschen<br />
Darin enthalten:<br />
− Kleine LED-Stirn- oder Taschenlampe<br />
− Streckenplan (in Biel benötigt man eigentlich keinen Plan, wegen der guten<br />
Beschilderung)<br />
− Ersatz-Haargummi (nur für Läufer mit langen Haaren und Zopf)<br />
− Ersatz-Pflaster (wasserfest)<br />
− MP3-Player mit einer Ersatz-Batterie<br />
− Sonnenbrille<br />
− Regenfolie<br />
− Zug-Ticket und Zettel mit Zugverbindungen für die möglichen Rückfahrten<br />
− Dünne Handschuhe und Mütze (je nach Temperatur und Wetterprognose)<br />
Nach dem Lauf:<br />
− 1 Paar offene Sandalen<br />
− Wechselkleidung<br />
− 1 warme Jacke<br />
− Handtuch, Duschgel, Zahnbürste, Deo<br />
− Kleines Erste-Hilfe-Set<br />
− Eventuell Kopfschmerztabletten<br />
− Kleine Mahlzeit (Butterbrot und Malzbier)<br />
Ich muss ehrlich zugeben, dass ich verhältnismäßig viel Krempel beim Ultralauf<br />
mit mir rumschleppe. Der Vorteil ist jedoch, dass ich für fast jede Situation<br />
gerüstet bin. Besonders wichtig ist mir, auf Wetterveränderungen, wie <strong>zum</strong><br />
Beispiel Regen oder Kälte sofort reagieren zu können. Bei meiner ersten<br />
Teilnahme in Biel 2008 war mir in den Morgenstunden extrem kalt geworden, so<br />
dass ich nachträglich mit einer starken Erkältung zu kämpfen hatte. Dieser Fehler<br />
sollte mir nicht nochmal passieren …<br />
In der Umkleide war es irre warm, <strong>zum</strong>indest liefen mir Schweißperlen von der<br />
Stirn <strong>als</strong> ich mich in meine lange Laufhose reinpferchte. Um mich herum wurde<br />
kurz-kurz angeschnallt, quasi wie im Hochsommer. Eigentlich waren ja Gewitter<br />
und Schauer für die Nacht vorhergesagt. „Ich bleib’ bei meinem Winterdress!“,<br />
dachte ich mir und ging mit meinem Verpflegungspack Richtung Ausgang zur<br />
Kleiderbeutelabgabe für den Verpflegungspunkt in Kirchberg. Ratzfatz war mein<br />
Beutel im Transportfahrzeug verschwunden und ich freute mich schon auf die<br />
nächste vollwertige Mahlzeit „Pasta-Frühstück bei Kilometer 56,1“.<br />
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Kurz vor dem Start<br />
In der Nähe des Startbereichs wimmelte es von Laufbekannten, einige <strong>zum</strong> ersten<br />
Mal dabei und andere <strong>als</strong> Wiederholungstäter oder Dauerstammkunden bei den<br />
Bieler Lauftagen. Sehr gefreut hat mich das Wiedertreffen von Wolfgang,<br />
Mitorganisator des Waldbreitbach Staffel-Marathons und Reporter von<br />
marathon4you.de. Im März beim Bienwald Marathon in Kandel waren wir einige<br />
Kilometer zusammengelaufen. Dam<strong>als</strong> hatte er mir von seinen Plänen für seine<br />
Biel-Premiere erzählt und nun war es soweit, kurz vor 22:00 Uhr standen wir<br />
zusammen mit mehr <strong>als</strong> 1200 Läufern im Startblock für den 100-km-Lauf.<br />
Wolfgang und Markus Das bin ich :-) Startbereich<br />
Das Starterfeld beim 100-km-Lauf in Biel ist unglaublich durchmischt. Alle<br />
Alterskassen sind vertreten, von 18 bis (für mich beeindruckenden) 80 Jahren.<br />
Darunter ambitionierte Ultraläufer, Freizeitsportler, Wanderer/Walker, u.a. Militär-<br />
Patrouillen-Marsch, Nordic-Walker … und alle mit dem gleichen Ziel „100<br />
Kilometer zu Fuß zurückzulegen“ – jeder mit seinen eigenen individuellen<br />
Möglichkeiten und ganz persönlichen Zeitvorstellungen. Für die einen ist Biel der<br />
ultimative Höhepunkt in ihrem Läuferleben, für andere ein bedeutender<br />
Meilenstein mit Aussicht auf mehr und für manche, so unglaublich es klingt, reine<br />
Routine.<br />
Meine bevorzugte Fortbewegungsmethode bei Ultraläufen mit Distanzen größer<br />
<strong>als</strong> 50 Kilometern ist „Walk & Run“, <strong>als</strong>o Gehen und Laufen im Wechsel – das<br />
spart viele Kräfte. Ganz kurz <strong>zum</strong> Begriff „Laufen“: Je nach Region werden<br />
unterschiedliche Wörter fürs Laufen verwendet, wie „Rennen“ (z.B. in Wien),<br />
„Springen“ (in Biel) oder „Jogging“ (wie z.B. in der aktuellen Bahn mobil<br />
Zeitschrift, Ausgabe 07/2010).<br />
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Das großzügige Zeitlimit von 21 Stunden lässt eigentlich jede Laufbewegung zu,<br />
die einem das weit entfernte Ziel ein kleines Stückchen näher bringt, von Laufen<br />
über schnelles Gehen bis hin <strong>zum</strong> langsamen Gehen oder Schleichen. Wichtig<br />
dabei ist nur, dass man auf der Laufstrecke bleibt und dem Ziel entgegen läuft.<br />
Die Strecke in Biel ist ausgesprochen gut beschildert, so dass ein Verlaufen nicht<br />
möglich ist. Viele Wegschilder, Pfeilmarkierungen am Boden und Absperrband<br />
weisen den Läufern den richtigen Weg. An dunklen Stellen sind die Schilder sogar<br />
beleuchtet.<br />
Gute Stimmung in Biel Nordic-Walker Wegweiser<br />
Kurz vor dem Startschuss um 22:00 Uhr verschickte ich wie immer noch eine<br />
SMS-Nachricht an meine Frau, mit der ich vereinbart hatte, mich alle 20<br />
Kilometer bei ihr zu melden.<br />
Meine Grundidee zur Fortbewegung war, wie in den letzten Jahren, gleich<br />
geblieben: „Walk & Run“, und das direkt von Anfang an. Obwohl ich die 100<br />
Kilometer Distanz nicht <strong>zum</strong> ersten Mal lief, hatte ich immer noch sehr viel<br />
Respekt vor der Distanz (wahrscheinlich zu Recht!). Also ging, bzw. walkte ich die<br />
ersten Kilometer mit großer Schrittweite. Einfach nach Gefühl zwischen „Walk &<br />
Run“ wechselnd und jede Steigung konsequent hochgehend.<br />
Auf den ersten Kilometern traf ich Christian, den ich beim Windhagen Marathon<br />
im Mai kennen gelernt hatte. Chrsitian hatte sich noch kurzfristig in Biel<br />
nachgemeldet. Wir liefen und walkten einige Kilometer zusammen, vertieft in ein<br />
unterhaltsames Gespräch.<br />
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5 Kilometer-Schild VP in Jens bei 10 km Beleuchtetes Schild<br />
Die ersten fünf Kilometer vergingen wie im Flug. Bis hierhin war die Strecke auch<br />
noch sehr belebt von Zuschauern und Anwohnern. Danach wurde es zunehmend<br />
ruhiger.<br />
Bei Kilometer 10 im Ort Jens traf ich Wolfgang wieder, der zusammen mit Markus<br />
lief, ebenfalls ein Reporter von marathon4you.de. Der kleinen Laufgruppe konnte<br />
ich mich leider nicht anschließen, weil meine Laufgeschwindigkeit durch das „Walk<br />
& Run“ viel zu ungleichmäßig war. Also umkreiste ich die beiden, mal lief ich<br />
davor und mal dahinter, gelegentlich sogar auf gleicher Höhe.<br />
Irgendwie war mir warm, mit so einer schwülen und düsteren Nacht hatte ich<br />
nicht gerechnet. Seit dem Start hatte ich meine Laufjacke immer noch<br />
umgebunden. Am Himmel war wegen der Wolkendecke kein Stern zu sehen. Auf<br />
den vielen Feldwegen war es im Vergleich zu den Vorjahren verhältnismäßig<br />
dunkel. In Aarberg bei Kilometer 17 wurde es dann aber wie gewohnt richtig hell.<br />
Auf der ausgeleuchteten Brücke ist eine der großen Fotostellen. Kurz dahinter ist<br />
der Zieleinlauf für den Halbmarathon.<br />
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Kurz vor Aarberg<br />
In Aarberg bei 17 km,<br />
Fotopunkt auf der Brücke<br />
Kurz vor dem Ziel für den<br />
Halbmarathon<br />
In Aarberg In Aarberg 20 Kilometer-Schild<br />
Nach Aarberg geht es für die Ultraläufer weiter durch die Dunkelheit. Fast wäre<br />
ich am 20 Kilometer-Schild vorbeigelaufen ohne die versprochene SMS an meine<br />
Frau zu senden. Ich wechselte wieder <strong>zum</strong> Walking und verfasste die<br />
Textnachricht: „Hallo Schatz, bin bei KM 20. Es ist ziemlich schwül. Mir geht’s<br />
prima. Hoffe, ihr feiert schön. Gruß an alle. Peer“ [gesendet 12. Juni 2010, 0:17<br />
Uhr]<br />
Bis hier hin war der Lauf ziemlich unspektakulär, mal abgesehen davon, dass mir<br />
total warm war. Die Läufer, die mit kurz-kurz gestartet waren, hatten dieses<br />
Problem wahrscheinlich zu diesem Zeitpunkt nicht. Ich hoffte darauf, dass es sich<br />
spätestens in den Morgenstunden etwas abkühlen würde.<br />
VP Ammerzwill bei 26,5 km Nur noch 74 km! Bei Kilometer 28<br />
Kurz hinter Ammerzwill beim Verpflegungspunkt Kilometer 26 machte ich die<br />
Bekanntschaft mit Roland, der ebenfalls sonntags zuvor in Menden gelaufen war<br />
und einige Wochen vorher die 230 km lange Tortour de Ruhr <strong>als</strong> Zweiter gefinisht<br />
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hatte. Zur Erklärung: Die Tortour de Ruhr ist ein 230 km Nonstop-Ultralauf<br />
entlang der Ruhr, von der Quelle in Winterberg bis in die Mündung des Rheins in<br />
Duisburg. Gespannt ließ ich seine Schilderungen auf mich wirken. Leider musste<br />
ich das Gespräch immer wieder abreißen lassen, weil meine Walking-Einheiten<br />
das Tempo zwischenzeitlich verlangsamten.<br />
VP Oberramsern bei 38,5 km Verpflegung 40 Kilometer-Schild<br />
Bei Kilometer 38,1 in Oberramsern machte ich meinen ersten Körpercheck: Beine<br />
und Füße waren OK, allerdings war mir etwas unwohl im Magen. „Da hat wohl<br />
jemand Hunger!“, dachte ich mir. Mit Geduld, voller Konzentration und Musik im<br />
Ohr lief ich weiter bis <strong>zum</strong> Zwischenziel in Kirchberg. Die SMS bei Kilometer 40 an<br />
meine Frau hatte ich nicht vergessen: „KM 40. Es ist endlich etwas kühler. Es<br />
läuft sich gut. Kuss, Peer“ [gesendet 12. Juni 2010, 2:42 Uhr]<br />
Pasta-Frühstück bei Kilometer 56,1<br />
Das Ankommen in Kirchberg bei Kilometer 56,1 war wie ein kleiner Zieleinlauf.<br />
Endlich hinsetzen, Schuhe ausziehen und lecker Pasta essen.<br />
50 Kilometer-Schild Kurz vor Kirchberg VP Kirchberg bei 56,1 km<br />
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Massage-Bereich Kirchberg Sitzbänke in Kirchberg 60 Kilometer-Schild<br />
Mein Kleiderbeutel mit der Verpflegung war schnell organisiert – vorbei an der<br />
Massage in den hinteren Bereich der Halle, wo mir eine Frau meinen Beutel<br />
unaufgefordert in die Hand drückte – prima Service!<br />
Mir war immer noch etwas unwohl im Magen, aber egal: „Immer rein mit den<br />
Nudeln – hat letztes Jahr schließlich auch gut getan!“ Die geplante Pasta-Ration<br />
von 200 Gramm habe ich beim besten Willen nicht in mich reinschaufeln können,<br />
aber 100 Gramm waren besser <strong>als</strong> nichts!<br />
Nach ca. 12 Minuten Pause setze ich meinen Lauf vorsichtig fort. Das<br />
Weiterlaufen mit eingeschalteter Stirnlampe über den „Ho Chi Minh-Pfad“ fiel mir<br />
wesentlich leichter <strong>als</strong> in den Jahren zuvor. Der Pfad verläuft durch Waldgebiet<br />
mit Wurzelwerk und Steinen auf dem Boden, bei hohem Erschöpfungsgrad <strong>als</strong>o<br />
dementsprechend fies. Ich versuchte wach zu werden, die Morgendämmerung<br />
stand kurz bevor … und mein Magen beruhigte sich wieder.<br />
„KM 60. Läuft OK. Und es wird schon wieder hell. Kuss Peer“ [gesendet 12. Juni<br />
2010, 5:18 Uhr], schrieb ich meiner Frau.<br />
Der „Ho Chi Minh-Pfad“<br />
Die Brücke hinter<br />
VP Gerlafingen<br />
Kurz hinter VP Utzenstorf<br />
bei 62,5 km<br />
VP Gerlafingen bei 67,0 km<br />
Ein Blick aufs Wasser Ich auf der Brücke<br />
Bei Kilometer 65 war ich endlich wieder halbwegs wach, es lief sich wieder gut,<br />
aber ein bisschen kühl war mir schon! Jetzt kam endlich meine Jacke <strong>zum</strong><br />
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Einsatz. Prinzipiell hätte ich diese zusammen mit meinem Verpflegungspack bis<br />
Kirchberg aufgeben können, aber hinterher ist man immer schlauer … Gut<br />
eingepackt ging es bis Kilometer 73 weiter. Da fing es an zu regnen, aber <strong>zum</strong><br />
Glück war es nur ein kurzer Schauer.<br />
Bei Kilometer 69 „Gib Gas, mir hei Hunger“ 70 Kilometer-Schild<br />
VP Ichertswil bei 73,5 km 75 Kilometer-Schild Markus und Wolfgang<br />
Am Verpflegungspunkt kurz hinter Lüterkofen kramte ich meine Regenfolie raus.<br />
Ich knotete mir die Jacke wieder um den Bauch stülpte die Regenfolie über. In<br />
Kombination wäre es definitiv zu warm gewesen.<br />
Bei Kilometer 76 traf ich wieder bekannte Gesichter, genauer gesagt Wolfgang<br />
und Markus, die immer noch sehr zügig unterwegs waren. Ich machte ein Foto<br />
von den beiden und lief voraus nach Bibern bei Kilometer 76,6, wo sich der letzte<br />
große Verpflegungspunkt mit Ausstiegsmöglichkeit und Wertung befand. Ich<br />
genehmigte mir einen Becher Cola extra, weil Richtung Arch eine lange Steigung<br />
bevorstand, die ich natürlich hochwalkte.<br />
Ich mit Regenfolie<br />
kurz vor Bibern<br />
VP Bibern bei 76,6 km<br />
Die lange Steigung<br />
in Richtung Arch<br />
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Das letzte Viertel<br />
Das letzte Viertel der Strecke war angebrochen. In den letzten beiden Jahren<br />
wurde es bei mir spätestens ab diesem Punkt sehr hart und für die letzten 24<br />
Kilometer benötigte ich beide Male fast 3,5 Stunden, weil ich überwiegend nur<br />
noch gehen konnte. Dieses Jahr war es anders. Meine Füße fühlten sich gut an,<br />
keinerlei Verletzungen, nur eine kleine Druckstellen an der linken Ferse – welch’<br />
Segen!<br />
Der höchste Punkt der Steigung war relativ schnell erreicht, danach ging es einige<br />
Kilometer bergab, bis <strong>zum</strong> 80 Kilometer-Schild in Arch.<br />
„Bin schon bei KM 80. Läuft prima. Ich fühle mich wach. Feucht kühles Wetter,<br />
sehr angenehm. Frühstückt schön. Peer“ [gesendet 12. Juni 2010, 7:32 Uhr]<br />
80 Kilometer-Schild Jörg vom 100 MC (81 km) Bei Kilometer 83<br />
Auf dem letzten Stück der langen Berg-Ab-Passage lief ich auf Jörg vom 100<br />
Marathon Club auf, ein passionierter Läufer, den ich seit mehreren Jahren immer<br />
wieder mal bei verschiedenen Laufveranstaltungen treffe. Das letzte Mal hatte ich<br />
Jörg im Februar bei den Bertlicher Straßenläufen getroffen. Wir liefen mehrere<br />
Kilometer zusammen und tauschten unsere weiteren Laufpläne für das Jahr aus.<br />
Jörg veranstaltet im Juli den 1. Bergkamener Panorama-Marathon und wird im<br />
September <strong>zum</strong> zweiten Mal beim Deutschlandlauf starten, ein Etappenlauf über<br />
1200 Kilometern in 17 Tagen, <strong>als</strong>o im Durchschnitt 70 Kilometer pro Tag. Roland<br />
(mein Laufbegleiter von Kilometer 26) startet dort übrigens auch. Das zeigt mal<br />
wieder wie klein die Laufwelt doch ist … und auch, dass bei 100 Kilometern der<br />
Tellerrand noch lange nicht erreicht ist. Das ist das Schöne am Langstreckenlauf:<br />
Nach oben sind keine Grenzen gesetzt. Jeder Läufer kann selbst rausfinden, wo<br />
seine eigene (aktuelle) Grenze liegt.<br />
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Bei Kilometer 85 verabschiedete ich mich von Jörg und lief voraus. Meine<br />
Wechselabstände zwischen „Walk & Run“ wurden kürzer. Wenn es irgendwo<br />
zwickte oder zwackte, veränderte ich die Fortbewegungsmethode. Bei zu viel<br />
Gehen (Walk) laufe ich mir immer die Zehennägel blau, nonstop Laufen (Run)<br />
wiederum beansprucht auf Dauer meine Knie.<br />
.<br />
Bei Kilometer 85 85 Kilometer-Schild Im Ort Büren bei 86,5 km<br />
Kurz hinter Büren<br />
Berg-Ab-Passage kurz<br />
vor Pieterlen<br />
Wolkenspiegelung auf<br />
dem Wasser<br />
90 Kilometer-Schild<br />
VP Pieterlen bei 94,0 km 95 Kilometer-Schild<br />
Die letzten 15 Kilometer der Bieler Lauftage kann ich nur folgendermaßen<br />
beschreiben: „Mit viel Geduld <strong>zum</strong> nächsten Kilometer-Schild weiterlaufen“. Ab<br />
Kilometer 95 wechselt der Schilderabstand wieder von fünf auf einen Kilometer.<br />
Das Ziel rückt plötzlich sehr viel schneller näher <strong>als</strong> erwartet. Das Lauftempo<br />
unter den Läufern war sehr unterschiedlich. Markus, den ich bei Kilometer 76<br />
überholt hatte, bretterte an mir vorbei. Dabei war meine „Reise“geschwindigkeit<br />
immer noch sehr akzeptabel, mit knapp 7 Minuten pro Kilometer. Ein Blick auf die<br />
Uhr sagte mir, dass es eine neue persönliche Bestzeit wird.<br />
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Foto bei Kilometer 99 Das Ziel 100 Kilometer später<br />
Beim Kilometer-Schild 99 machte ich noch eine letzte Fotopause – so viel Zeit<br />
musste sein.<br />
Zieleinlauf<br />
Der letzte Kilometer war angebrochen, mit jedem Schritt kam das Ziel nun<br />
spürbar näher. Die letzten 100 Meter läuft man über einen blauen Teppich. Jeder<br />
Läufer auf der Zielgeraden wird namentlich ausgerufen. Nach einer so langen<br />
Distanz und durchlaufenen Nacht ist dies ein unglaublich wohltuendes Gefühl. Da<br />
darf ruhig auch mal eine kleine Freudensträhne über die Wange kullern. Der<br />
Zieleinlauf beim 100 Kilometer Lauf in Biel ist für mich immer noch ein<br />
emotionaler und sportlicher Höhepunkt in meinem Läuferleben. Hoffentlich bleibt<br />
das noch eine Weile so.<br />
Direkt hinter der Ziellinie bekommt man seine verdiente Medaille umgehängt. Ein<br />
Helfer entfernt den Zeitmesschip von der Startnummer und drückt einem noch<br />
den letzten Ziel-Stempel (Z) auf die Startnummer.<br />
Dieses Jahr habe ich mich besonders darüber gefreut, dass meine Füße heil<br />
geblieben sind – nur eine klitze kleine Blase an der linken Innenferse. Die letzten<br />
25 Kilometer liefen dieses Jahr wirklich super, deshalb auch die neue persönliche<br />
Bestzeit von 11h:45min. Zum Vergleich zu den beiden Vorjahren: 2009,<br />
13h:11min und 2008, 12h:47min.<br />
Zum Abholen der Sofort-Urkunde und des schicken Finisher T-Shirts (diesmal in<br />
Blau) konnte ich dieses Jahr sogar zur Eissporthalle „gehen“, „nicht humpeln“ wie<br />
die Jahre zuvor :-) Irgendwie hatte ich es dieses Mal geschafft, nach Gefühl<br />
zwischen „Walk & Run“ sinnvoll zu wechseln, so dass mein Bewegungsapparat<br />
keine Verletzungen oder Schäden erlitten hatte. Dieses Gefühl möchte ich gerne<br />
in Zukunft weiter ausbauen. Die letzte SMS vor meiner Bahn-Heimreise an meine<br />
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Frau: „Bin im Ziel mit 11:45, habe auf dem letzten Viertel noch Jörg vom 100mc<br />
getroffen. Ich freu mich über meine neue Bestzeit. Bis später, Peer“ [gesendet<br />
12. Juni 2010, 9:50 Uhr]<br />
Um 19:00 Uhr war ich schon wieder nach 614 Kilometern Zugfahrt zurück in<br />
Mettmann, fast pünktlich zu meinem 10-jährigen ABI-Jubiläums-Treffen. Mein<br />
bester Freund Matthias holte mich mit dem Auto vom S-Bahnhof in Mettmann ab,<br />
um sofort zu unserer alten Schule durchzustarten, wo ein Großteil des<br />
Abiturjahrgangs inklusive meiner Frau von unserem ehemaligen Stufenleiter<br />
durch das Schulgebäude geführt wurde. Der Abend verlief angenehm relaxed. In<br />
einer Kneipe gab es ein reichhaltiges Buffet, wo ich wieder Kohlenhydrate<br />
auftanken konnte. Über einen Beamer wurden alte Fotos von unserer Schulzeit<br />
gezeigt – sehr nette Erinnerungen …<br />
Total erschlagen, aber glücklich und zufrieden bin ich an diesem Abend in mein<br />
Bett gefallen.<br />
Bis <strong>zum</strong> nächsten Jahr in Biel!<br />
Peer<br />
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