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Der Kampf gegen Schmutz und Schimmel - Klosterarchiv Einsiedeln

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5 · 2 0 1 0<br />

SALVE<br />

Zeitschrift der benediktinischen<br />

Gemeinschaften <strong>Einsiedeln</strong> <strong>und</strong> Fahr


SA LVE<br />

Zeitschrift der benediktinischen<br />

Gemeinschaften <strong>Einsiedeln</strong> <strong>und</strong> Fahr<br />

2. Jahrgang<br />

Ausgabe 5 · Otkober/November 10<br />

Erscheint 6-mal jährlich<br />

Impressum<br />

Herausgeber/Verlag<br />

Kloster <strong>Einsiedeln</strong><br />

8840 <strong>Einsiedeln</strong><br />

Redaktion<br />

Kloster, 8840 <strong>Einsiedeln</strong><br />

Telefon 055 418 62 92<br />

Fax 055 418 61 12<br />

zeitschrift@kloster-einsiedeln.ch<br />

www.kloster-einsiedeln.ch<br />

Pater Urban Federer OSB<br />

Verantwortlicher Redaktor<br />

Erich Liebi, Redaktor, Stellvertreter<br />

Redaktionelle Mitarbeiter<br />

Susann Bosshard-Kälin<br />

Priorin Irene Gassmann OSB<br />

Pater Alois Kurmann OSB<br />

Peter Lüthi<br />

Pater Joachim Salzgeber OSB<br />

Bruder Gerold Zenoni OSB<br />

Weitere Autoren dieser Ausgabe<br />

Theres von Aarburg<br />

Pater Benedict Arpagaus OSB<br />

Roland Burgener<br />

Frater Thomas Fässler<br />

Lisa Heinzer<br />

Verena Huber-Halter<br />

Pater Hieronymus Krapf OSB<br />

Stephan Maier<br />

Nicole Nussbaumer<br />

Daniel Oberholzer<br />

Schwester Michaela Portmann OSB<br />

Mirjam Sidler<br />

Aaron Steiner<br />

Paul Vettiger<br />

Heinz Wandeler<br />

Schwester Hedwig (Silja) Walter OSB<br />

Schwester Marianne Waltert OSB<br />

Copyright<br />

Das Werk ist urheberrechtlich<br />

geschützt.<br />

ISSN 1662-9868<br />

Leitgedanke 3<br />

Gemeinschaft 4–21<br />

Wallfahrt 22–27<br />

Stiftsschule 28–43<br />

Kloster Fahr 44–59<br />

Kaleidoskop 60–88<br />

Fotos/Illustrationen<br />

Pater Benedict Arpagaus OSB: 40, 41, 42<br />

Herbert Eisenring: 56, 57<br />

Beat Frei: 76, 77, 78, 79<br />

Liliane Géraud: 3, 10, 11, 12, 14, 17, 44, 45, 46, 49,<br />

51, 52, 54, 59, 67<br />

Harry Bruno Greis: 75<br />

Schwester Claudia Jablonka: 68, 69<br />

Franz Kälin jun.: 43<br />

Franz Kälin sen.: 7, 63<br />

<strong>Klosterarchiv</strong>: 1, 5, 6, 8<br />

Andreas Lienert: 36, 37<br />

Linda Lochmann: 19<br />

Stephan Maier: 15<br />

Nicole Nussbaumer: 32, 33<br />

Daniel Oberholzer: 38, 39<br />

Mirjam Sidler: 4, 7<br />

Johannes van der Weijden: 34, 35<br />

Bruder Gerold Zenoni OSB: 23, 65, 71, 73<br />

Titelbild (Andreas Kränzle): Zu Beginn des Reorganisationsprojekts<br />

wurden im Archiv zahlreiche Schäden festgehalten.<br />

Abonnentenverwaltung<br />

Abos, Adressänderungen, usw.: ea Druck + Verlag AG<br />

Telefon 055 418 82 82 / Fax 055 418 82 85 / info@eadruck.ch<br />

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Schweiz: CHF 39.– inkl. MwSt / Studentenpreis: CHF 20.–<br />

Ausland: Abopreise auf Anfrage<br />

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ea Druck + Verlag AG, Zürichstrasse 57, 8840 <strong>Einsiedeln</strong><br />

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2


G E M E I N S C H A F T<br />

Reorganisation des <strong>Klosterarchiv</strong>s <strong>Einsiedeln</strong><br />

<strong>Der</strong> <strong>Kampf</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Schmutz</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Schimmel</strong><br />

Die prekäre Situation für viele Archivalien machte vor fünf Jahren das Reorganisa tionsprojekt<br />

notwendig. Inzwischen wurden die beschädigten Pläne, Bücher <strong>und</strong> Urk<strong>und</strong>en<br />

gesichtet <strong>und</strong> es wurden erste Hilfsmassnahmen ergriffen. Die Konservierung<br />

der historischen Pergament- <strong>und</strong> Papierbestände ist eine Aufgabe, die alle Sammlungen<br />

des Klosters umfasst <strong>und</strong> im Zuge der Reorganisation konzipiert <strong>und</strong> durchgeführt<br />

wird.<br />

M<strong>und</strong>schutz <strong>und</strong> Handschuhe gehören eigentlich<br />

nicht zu den Accessoires, die Archivaren<br />

gemeinhin zugeordnet werden. Eher<br />

schon denkt man an eine Hornbrille oder vielleicht<br />

ein Vergrösserungsglas. M<strong>und</strong>schutz<br />

<strong>und</strong> Handschuhe können jedoch im Archiv<br />

durchaus zum Einsatz kommen, wenn beschädigte<br />

Archivalien im Spiel sind. Gerade<br />

<strong>Schimmel</strong>schäden bergen für Archivmitarbei-<br />

ter <strong>und</strong> -benutzer erhebliche ges<strong>und</strong>heitliche<br />

Risiken, denn die <strong>Schimmel</strong>sporen können Infektionen<br />

<strong>und</strong> Entzündungen verursachen.<br />

<strong>Schimmel</strong> <strong>und</strong> Tintenfrass<br />

Die beiden Archivmitarbeiterinnen Monika Rhyner (links) <strong>und</strong><br />

Melanie Wyrsch bei der Arbeit mit einer Urk<strong>und</strong>e mit <strong>Schimmel</strong>schäden<br />

<strong>und</strong> Nagerspuren.<br />

Zusammen mit dem Tintenfrass, Säure- <strong>und</strong><br />

Einbandschäden gehören <strong>Schimmel</strong>schäden<br />

zu den häufigsten Problemen im Einsiedler<br />

<strong>Klosterarchiv</strong>. Sie entstehen, wenn<br />

die nahezu überall natürlich<br />

vorkommenden Mikroorganismen<br />

günstige<br />

kli matische Bedingungen<br />

vorfinden. Dann nämlich<br />

benutzen die Mikropilze,<br />

Sporen <strong>und</strong> Bakterien die<br />

Urk<strong>und</strong>en, Bücher <strong>und</strong><br />

Aktenstücke als Nährboden.<br />

Dadurch verursachen<br />

sie Schäden in Form<br />

von Verfärbungen <strong>und</strong><br />

Stabilitätsverlust des Papiers,<br />

die zur vollständigen<br />

Zerstörung der Archivalien<br />

führen können.<br />

Zerstörerisch wirkt auch<br />

der Tintenfrass. Dabei<br />

frisst die Tinte wortwörtlich<br />

Löcher ins Papier. Die<br />

so genannten Eisengallustinten<br />

wurden seit Be-<br />

4


G E M E I N S C H A F T<br />

Bei diesem Buch sind die <strong>Schimmel</strong>schäden<br />

unübersehbar.<br />

ginn des Mittelalters bis ins 19. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

verwendet. Sie enthalten Metallsalze, welche<br />

das Papier bräunlich verfärben, wenn<br />

sie abgebaut werden. Hohe Luftfeuchtigkeit<br />

<strong>und</strong> häufige Schwankungen der Umgebungsfeuchtigkeit<br />

beschleunigen die Zerstörung<br />

der von Tintenfrass betroffenen Archivalien.<br />

Das gleiche gilt für diejenigen mit<br />

<strong>Schimmel</strong>schäden.<br />

Säure- <strong>und</strong> Einbandschäden<br />

Weniger abhängig von ihrer Umgebung<br />

sind Archivalien mit Säure- oder Einbandschäden.<br />

Erstere tauchen vor allem bei Papieren<br />

ab 1850 auf. Als der Papierverbrauch<br />

stieg, mischte man den bisher rein textilen<br />

Bestandteilen von Papier ligninhaltige Holzfasern<br />

bei. Lignin beschleunigt aber die Alterung<br />

<strong>und</strong> den Zerfall der Papiere. Durch<br />

spezielle Entsäuerungsverfahren kann der<br />

Prozess aufgehalten werden. Bei den teils<br />

massiven Schäden an den Einbänden oder<br />

Rändern von Büchern <strong>und</strong> Akten liegt die<br />

Ursache nicht bei chemischen Prozessen,<br />

sondern bei den Bearbeitern <strong>und</strong> Benutzern,<br />

die nicht sorgfältig genug mit den<br />

Dokumenten umgehen. Aber auch eine unsachgemässe<br />

Aufbewahrung der Archivalien<br />

verursacht Schäden.<br />

Die Bestandserhaltung<br />

Alle diese Schadensfälle tauchen jedoch<br />

nicht nur im Archiv auf, sondern betreffen<br />

auch die anderen Sammlungen des Klosters<br />

<strong>Einsiedeln</strong>. Dazu gehören die Stifts- <strong>und</strong><br />

Musikbibliothek <strong>und</strong> die Graphische Sammlung.<br />

<strong>Der</strong>en Bearbeiter sehen sich alle mit<br />

ähnlichen Problemen konfrontiert. Bisher<br />

wurde jedoch noch kein einheitliches <strong>und</strong><br />

langfristig angelegtes Vorgehen beschlossen.<br />

Die bestandserhaltenden Massnahmen<br />

ergaben sich aus der laufenden Benutzung.<br />

Da das Kloster jedoch nur über begrenzte<br />

Ressourcen, aber dafür über umso umfangreichere<br />

<strong>und</strong> heterogene Bestände verfügt,<br />

soll die Bestandserhaltung künftig für alle<br />

Sammlungen gemeinsam koordiniert werden.<br />

Aus diesem Gr<strong>und</strong> wird im Herbst<br />

2010 erstmals eine Bestandserhaltungskommission<br />

tagen. Daran beteiligt sind Pater<br />

Odo Lang (Stiftsbibliothek), Pater Lukas<br />

Helg (Musikbibliothek), Pater Gabriel<br />

Kleeb (Graphische Sammlung), Beat Frei<br />

(Restaurator), Pater Alois Kurmann <strong>und</strong><br />

Andreas Kränzle (beide Archiv). Die Kommission<br />

wird von Walter Bersorger (Archiv)<br />

einberufen <strong>und</strong> organisiert. «Eine ihrer ersten<br />

Aufgaben wird die Schaffung eines<br />

Problembewusstseins im Kloster <strong>und</strong> in der<br />

Öffentlichkeit sein», erklärt Bersorger. Danach<br />

müssen die konkreten Arbeitsschritte<br />

geplant werden.<br />

An dieser Urk<strong>und</strong>e aus dem Jahr 1480 wollte<br />

sich wohl eine Maus satt fressen.<br />

5


G E M E I N S C H A F T<br />

Neue Aufgaben dank Neubau<br />

Zu diesen Arbeitsschritten gehören auch die<br />

Verpackung <strong>und</strong> Lagerung der Dokumente.<br />

Für das <strong>Klosterarchiv</strong> sind diese Schritte bereits<br />

gemacht. Schon zu Beginn des Reorganisationsprojekts<br />

vor fünf Jahren mussten<br />

die meisten Archivalien ins Staatsarchiv<br />

Schwyz ausgelagert werden. Zu diesem<br />

Zweck wurden sie neu verpackt. Das Problem<br />

der Lagerung wird mit dem Neubau<br />

des Archivs bereits gelöst werden. Wie oben<br />

erwähnt, ist das Klima der wichtigste Faktor<br />

bei der Lagerung von Dokumenten. Zu hohe<br />

Luftfeuchtigkeit erweckt die <strong>Schimmel</strong>sporen<br />

aus dem Schlaf <strong>und</strong> beschleunigt den<br />

Tintenfrass. Deshalb wurde beim Neubau<br />

besonders darauf geachtet, ein angemessenes<br />

Archivklima gewährleisten zu können.<br />

Erst in einem letzten Schritt geht es für<br />

die neue Bestandserhaltungskommission<br />

dann um die Konservierung <strong>und</strong> Restaurierung<br />

von Schadensfällen (vgl. Kasten).<br />

Hausinterner Buchbinder<br />

<strong>und</strong> Restaurator<br />

Ist der Schaden erst einmal geschehen <strong>und</strong><br />

sind die bestandserhaltenden Massnahmen<br />

beschlossen, landen die Dokumente bei Beat<br />

Frei in der Werkstatt. Frei ist seit 1994 der<br />

hausinterne Buchbinder <strong>und</strong> Restaurator des<br />

Klosters <strong>Einsiedeln</strong>. Als das Reorganisations-<br />

Ein Blick in eines der Zimmer des alten Archivs<br />

vor der Reorganisation.<br />

Bei der Bestandserhaltung unterscheidet<br />

man zwischen Konservierung <strong>und</strong> Restaurierung.<br />

Konservierungsmassnahmen<br />

sind direkte oder indirekte Eingriffe in<br />

die materielle Substanz der Archivalien<br />

bzw. deren Umgebung. Sie sollen den<br />

Ablauf von Verfallsprozessen verzögern<br />

<strong>und</strong> gleichzeitig Struktur, Substanz, Aussehen<br />

<strong>und</strong> Informationsgehalt möglichst<br />

unverändert erhalten.<br />

Die Restaurierung hin<strong>gegen</strong> ist immer<br />

ein direkter Eingriff. Sie respektiert den<br />

erhaltenen Originalbestand <strong>und</strong> beabsichtigt<br />

die vollständige oder teilweise<br />

Wiederherstellung eines ursprünglichen<br />

oder auch späteren Zustandes. Die Restaurierungsmassnahme<br />

soll einem Werk<br />

die ihm angemessene Wirkung wiedergeben,<br />

die noch vorhandene Substanz<br />

wieder zur Geltung bringen <strong>und</strong> seine<br />

Aussage nach Form <strong>und</strong> Inhalt wieder<br />

anschaulich <strong>und</strong> ablesbar machen. Stileinheit<br />

<strong>und</strong> -reinheit sind dabei kein Restaurierungsziel.<br />

projekt begann, änderte sich auch seine Arbeit<br />

massgeblich. «Plötzlich stand Pater Basil<br />

mit den Leuten aus dem Archiv bei mir in der<br />

Werkstatt <strong>und</strong> es musste ein Plan für die<br />

Bestandserhaltung her», erzählt Frei. Bis zu<br />

der heutigen Lösung mit der Bestandserhaltungskommission<br />

dauerte es einige Jahre.<br />

Vorher waren auch noch externe Restauratoren<br />

an dem Projekt beteiligt, doch die Zusammenarbeit<br />

erwies sich als schwierig. Frei erinnert<br />

sich an die Situation: «Es ging vorwärts,<br />

aber irgendwie kam man trotzdem nicht vom<br />

Fleck.» Seit Beginn des Reorganisationsprojekts<br />

hat sich Freis Arbeit von der Stiftsbibliothek<br />

ins Archiv verlagert. Dieses lag seit vielen<br />

Jahren in einer Art Dornröschenschlaf.<br />

Innerhalb von sechzehn Jahren wurden gemäss<br />

Frei nur zehn Archivstücke restauriert.<br />

Aber auch innerhalb des Reorganisationsprojekts<br />

konnte Frei sich bisher eher selten an<br />

wertvollen Codices betätigen. Im Moment<br />

6


G E M E I N S C H A F T<br />

Beat Frei bei der Arbeit in seiner Werkstatt.<br />

stellt er nämlich vor allem massgefertigte<br />

Schachteln für gefährdete Archivalien her. So<br />

hat er zum Beispiel für die Aufbewahrung<br />

der Urk<strong>und</strong>ensiegel ein eigenes Konzept entwickelt,<br />

das die Siegel vor Schäden schützt.<br />

Auch stellt er Schachteln her, in die sehr kleine<br />

Büchlein passen, damit sie im Regal zwischen<br />

ihren grösseren Kameraden keinen<br />

Schaden nehmen.<br />

Umzug der Musikbibliothek<br />

Solche Miniaturschachteln muss Frei in<br />

nächster Zeit wohl auch für die Musikbibliothek<br />

herstellen. Diese ist nach dem Archiv<br />

das nächste grössere Projekt der Bestandserhalter,<br />

da sie ebenfalls in den Neubau einzieht.<br />

Bei dieser Gelegenheit werden die<br />

Musikalien gleich umverpackt. Frei ist auch<br />

bei der Planung von Verpackung <strong>und</strong> dem<br />

Umzug der Musikbibliothek beteiligt. Zusammen<br />

mit Walter Bersorger traf er sich<br />

vor kurzem mit Pater Lukas Helg in dessen<br />

Reich. Auch hier warten noch viele vor allem<br />

von Tintenfrass beschädigte Dokumente auf<br />

erste Hilfe. Details konnten an diesem Morgen<br />

noch nicht besprochen werden, sicher<br />

ist aber, dass mit der Musikbibliothek noch<br />

einmal ein spannender Bestand auf die Bearbeiter<br />

wartet, an dem sie sich in jeder Hinsicht<br />

austoben können – wenn nötig auch<br />

mit Handschuhen <strong>und</strong> Masken.<br />

Mirjam Sidler<br />

Ps: Mehr über Pater Lukas Helgs Arbeit in<br />

der Musikbibliothek lesen Sie auf S. 10ff.<br />

Walter Bersorger (links), Pater Lukas Helg <strong>und</strong> Beat Frei bei der Besprechung des weiteren<br />

Vorgehens in der Musikbibliothek.<br />

7


G E M E I N S C H A F T<br />

Wissen Sie, wo das ist Helfen Sie mit <strong>und</strong> kommentieren sie auf www.klosterarchiv.ch<br />

(KAE, Glasplatte 05754).<br />

Das <strong>Klosterarchiv</strong> bittet um Ihre Mithilfe bei der Identifizierung<br />

Im Zuge der Reorganisation wurden über 6000 Glasplatten digitalisiert. Glas diente<br />

seit der Mitte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts bis ins 20. Jahrh<strong>und</strong>ert als Trägermaterial für Fotonegative.<br />

Bei den Glasplatten fehlen zumeist Hinweise darauf, was auf den Bildern<br />

abgebildet ist. Deshalb wird dieses Jahr in jeder Ausgabe dieser Zeitschrift ein nicht<br />

identifiziertes Bild gezeigt. Wer sich beim <strong>Klosterarchiv</strong> als User registriert, kann die<br />

Bilder kommentieren <strong>und</strong> so für die Erschliessung wichtige Hinweise geben. Sie finden<br />

die Bilder auf der Website des <strong>Klosterarchiv</strong>s unter:<br />

http://www.klosterarchiv.ch/e-archiv_fotoarchiv.php<br />

Wenn Sie erkennen, was auf dem Bild abgebildet ist, können Sie einen Kommentar<br />

dazu schreiben oder sich per E-Mail bei uns melden: foto@klosterarchiv.ch<br />

Website des <strong>Klosterarchiv</strong>s<br />

Die Website ist Drehscheibe <strong>und</strong> Kontaktstelle des <strong>Klosterarchiv</strong>s <strong>und</strong> des Reorganisationsprojekts.<br />

Für die Nutzerinnen <strong>und</strong> Nutzer stehen heute vielfältige <strong>und</strong> zum Teil<br />

sehr detaillierte Informationen zur Verfügung. Im E-Archiv sind zum Beispiel über<br />

17'283 Seiten der Summarien online zugänglich. Darin sind die Archivalien inhaltlich<br />

zusammengefasst <strong>und</strong> über die Signatur lässt sich das Original beim Archivar (archivar@klosterarchiv.ch)<br />

zur Benutzung im Lesesaal des Staatsarchivs Schwyz bestellen.<br />

8


G E M E I N S C H A F T<br />

Digitaler Katalog der Musikbibliothek<br />

Entdeckungsreise durch<br />

1220 Archivschachteln<br />

Zwei bedeutende Ereignisse stehen der Musikbibliothek des Klosters <strong>Einsiedeln</strong> in<br />

nächster Zeit bevor: Voraussichtlich im Jahr 2013 wird sie in die neuen Archivräume<br />

im Statthaltereihof verlegt, womit das Ziel der Bestandessicherung erreicht sein<br />

wird. In einem Jahr bereits dürfte die Katalogisierung abgeschlossen sein. Damit<br />

werden die Schätze dieser in der Schweiz bedeutendsten Musikbibliothek erschlossen<br />

<strong>und</strong> auch einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die digitale<br />

Katalogisierung bringt es mit sich, dass wohl zum ersten Mal bekannt wird, was<br />

die 1220 Archivschachteln alles enthalten. Es gehören auch Überraschungen dazu.<br />

Die meisten Einsiedler Mönche sind Früh aufsteher,<br />

Tagwache ist in der Regel um 5 Uhr,<br />

um 5.15 läutet es bereits zum ersten Morgengebet,<br />

der Matutin. Aber Pater Lukas<br />

Helg, Kapellmeister <strong>und</strong> Musikbibliothekar,<br />

im Jahr 1965 ins Kloster eingetreten, hat seinen<br />

eigenen Rhythmus gef<strong>und</strong>en, etwa<br />

nach dem Motto: «Mit den Hühnern ins<br />

Bett, mit den Hühnern wieder raus.» Deshalb<br />

ist er an den meisten Wochentagen<br />

<strong>Der</strong> Musikbibliothekar Pater Lukas Helg an der Arbeit: Wo befinden<br />

sich die Informationen für den Katalog<br />

schon <strong>gegen</strong> 4.30 Uhr auf dem Weg zur Arbeit<br />

– von seiner Mönchszelle in der Klausur<br />

an seinen Arbeitsplatz in der Musikbibliothek,<br />

hinten im Parterre des langen Gymnasium-Ganges.<br />

Keine Fliessbandarbeit<br />

Dort wartet eine schier unmenschliche Menge<br />

Arbeit auf ihn, <strong>und</strong> auf den ersten Blick<br />

erscheint sie ausserdem ziemlich eintönig:<br />

Computer einschalten, das<br />

– geniale – Literaturverwaltungsprogramm<br />

«Citavi»<br />

starten, in den Archivraum<br />

gehen, die nächste Schachtel,<br />

Nr. 576 ist an der Reihe,<br />

aus dem Regal holen, sie<br />

an den Schreibtisch tragen,<br />

die erste Mappe <strong>und</strong> dieser<br />

– Stück für Stück – die einzelnen<br />

Dokumente entnehmen,<br />

diese durchsehen<br />

<strong>und</strong> alle katalog-relevanten<br />

Informationen (siehe<br />

Kasten S. 13) suchen <strong>und</strong><br />

ins System eintippen. Dann<br />

alles wieder zurück ins Regal.<br />

Das klingt verdächtig<br />

10


G E M E I N S C H A F T<br />

Archivschachteln vollerÜberraschungen: Pater<br />

Lukas wird der erste sein, der alle Schätze<br />

der heutigen Musikbibliothek kennt.<br />

nach Fliessbandarbeit. Pater Lukas weiss das<br />

natürlich, <strong>und</strong> weil er auch sich kennt, hat er<br />

sich ein Motto des alten Plinius zueigen gemacht:<br />

«Nulla dies sine linea», sinngemäss<br />

etwa: «An jedem Tag mindestens einen Titel<br />

erfassen.» Anfang Jahr hatte er die Arbeit in<br />

Angriff genommen, am Tag meines Bibliothekbesuchs<br />

war er bei Schachtel Nr. 576 angelangt.<br />

Bis zur Nr. 1147 ist es noch weit (die<br />

Schachteln 1148 bis 1220 wurden zu einem<br />

früheren Zeitpunkt erfasst).<br />

talog seiner Vorgänger nicht immer über alle<br />

Zweifel erhaben war, konnte Pater Lukas<br />

bereits als Novize feststellen, nachdem er<br />

1965 von Pater Kanisius Zünd zum Aufkleben<br />

der Signaturen in die Musikbibliothek,<br />

damals noch im sogenannten Fraterstock<br />

untergebracht, bestellt worden war. Dass<br />

der Etikettenkleber von einst Pater Kanisius’<br />

Nachfolger als Musikbibliothekar werden<br />

sollte, hätte sich der Novize von damals<br />

nicht träumen lassen. Als aber Pater Kanisius<br />

1976 erst 73jährig starb, war es so weit: Pater<br />

Lukas, erst ein Jahr zuvor von seinem<br />

Studium in Salzburg ins Kloster zurückgekehrt,<br />

wurde zum neuen Musikbibliothekar<br />

bestimmt. Weil er als Signaturenkleber für<br />

dieses Amt prädestiniert sei, hiess es damals.<br />

Aber es ist durchaus möglich, dass ihn die<br />

Archivschachteln schon damals ins Herz geschlossen<br />

hatten...<br />

Item. <strong>Der</strong> Zettelkatalog erwies sich bald<br />

einmal als unvollständig <strong>und</strong> unzuverlässig.<br />

Es fehlten zum Beispiel oft die Datierungen,<br />

Sünden von früher: <strong>Der</strong> Stempel auf dem<br />

kostbaren Stich wäre heute <strong>und</strong>enkbar.<br />

«Manchmal halte ich eine Schachtel<br />

zum ersten Mal in den Händen»<br />

Dass Pater Lukas bei dieser Sachlage nicht<br />

nur den Mut nicht verliert, sondern von einer<br />

«spannenden Arbeit» spricht, hat einen<br />

besonderen Gr<strong>und</strong>: Wenn der bald 66jährige<br />

Musikbibliothekar zur Arbeit geht, bricht<br />

er zu einer regelrechten Entdeckungsreise<br />

auf – Tag für Tag.<br />

Das liegt daran, dass das Katalogisieren<br />

– von Hand auf Karteikärtchen – in der Vergangenheit<br />

oft ziemlich «summarisch» vorgenommen<br />

worden war. Dass der Zettelka-<br />

11


G E M E I N S C H A F T<br />

Angaben dazu, wann <strong>und</strong> von wem, von<br />

welchem Kopisten eine Handschrift stammte,<br />

ob es sich beim notierten Titel um eine<br />

Handschrift oder um einen Druck handelt.<br />

«Das sind historisch sehr spannende Informationen»,<br />

sagt Pater Lukas, <strong>und</strong> es ist ihm<br />

anzusehen, wie sehr er sich darüber freut,<br />

dass diese Daten – Citavi sei Dank! – nun verfügbar<br />

sind.<br />

Aber auch sonst sei der alte Zettelkatalog<br />

lückenhaft. Oft habe man bei Sammelbänden<br />

nur gerade den ersten Titel erfasst,<br />

alle weiteren Werke des Bandes verschwanden<br />

anonym in den Archivschachteln, <strong>und</strong><br />

niemand wusste wirklich, was die Bibliothek<br />

alles enthielt.<br />

Auch Pater Lukas nach 34 Jahren als Bibliothekar<br />

nicht. «Manchmal halte ich eine<br />

Schachtel zum ersten Mal in den Händen»,<br />

sagt er. Das ist jetzt seine Chance – dank einstiger<br />

Nachlässigkeiten von anderen kann er<br />

jetzt seiner Entdeckerfreude frönen. Und benediktinisch<br />

bescheidenen Stolz darüber<br />

empfinden, dass er der erste sein wird, der<br />

wirklich weiss, was alles in den Schachteln<br />

der Musikbiliothek steckt. Auch allerhand<br />

Kurioses!<br />

«5000 Rubel geboten ...»<br />

Zum Beispiel das Dokument mit der Signatur<br />

139,72, eine «alte Notenschrift aus dem<br />

10. Jahrh<strong>und</strong>ert, für deren Entzifferung<br />

«5000 Rubel geboten sind». Es ist nicht bekannt,<br />

ob die schätzungsweise um 1900 ausgesetzte<br />

Belohnung beansprucht wurde,<br />

das heisst, ob die geheimnisvolle Notenschrift<br />

je entziffert worden ist. Aber bei diesem<br />

Dokument könnte es sich um eine Rarität<br />

handeln, jedenfalls dann, wenn man<br />

«Google» als Massstab nimmt: Die allwissende<br />

Suchmaschine kennt die «alte Notenschrift<br />

aus dem 10. Jahrh<strong>und</strong>ert» nicht, weder<br />

als Text- noch als Bilddokument. Aber<br />

eines ist dem Kuriosum aus der Musikbibliothek<br />

sicher: Im Citavi-Katalog ist das Feld<br />

«für Führungen geeignet» angekreuzt.<br />

Diese besondere Auszeichnung steht allerdings<br />

auch ganz anderen Dokumenten<br />

zu, etwa der Notenhandschrift zu Carl Philipp<br />

Emanuel Bachs Oratorium «Die Israeli-<br />

«Notenschrift aus dem 10. Jahrh<strong>und</strong>ert»: Können Sie sie entziffern<br />

12


G E M E I N S C H A F T<br />

So wird katalogisiert<br />

In der Bibliotheks-Software «Citavi» werden<br />

die Bestände der Einsiedler Musikbibliothek<br />

wie folgt erfasst:<br />

Komponist, Titel <strong>und</strong> Untertitel des<br />

Werks (inkl. Besetzung).<br />

Jahr (Druck oder Jahreszahl auf Manuskript).<br />

Verlagsort, Verlag, Schlagwort, Kopist,<br />

Signatur.<br />

Vier Freifelder, eines etwa für die Nummer<br />

der Druckplatte, was für Drucke<br />

sehr wichtig ist, ein anderes für den erwähnten<br />

Hinweis: «Für Führungen geeignet».<br />

Nach Fertigstellung des Katalogs wird er<br />

auf dem Internet-Portal des Klosters öffentlich<br />

zugänglich sein. Bereits online<br />

verfügbar ist die Datenbank RISM<br />

(www. rism-ch.org).<br />

ten in der Wüste», entstanden 1768/69. Für<br />

gelegentliche Besucher der Musikbibliothek<br />

von Interesse ist allerdings weniger das<br />

Notenwerk selber, sondern dessen Illustration:<br />

Eine w<strong>und</strong>erschöne Zeichnung in Sepia<br />

zeigt Mose, der in der Wüste aus dem Felsen<br />

Wasser schlägt. Dass beim Einsiedler<br />

Musikbibliothekar auch ein «Vaterunser»<br />

als Kuriosum vermerkt ist, hat nichts mit<br />

fehlendem Respekt des Mönchs vor dem<br />

Herrengebet, sondern damit zu tun, dass<br />

Notenkopisten manchmal ganz gerne ihre<br />

Spässe trieben. <strong>Der</strong> deutsche Komponist<br />

<strong>und</strong> Pianist Friedrich Heinrich Himmel<br />

(1765–1814) komponierte ein «Vaterunser»,<br />

was den Einsiedler Kopisten dazu verlockte,<br />

den Eintrag etwas zu modifizieren: «Vater<br />

unser, der du bist vom Himmel...».<br />

<strong>Der</strong> Fleiss der Einsiedler Notenkopisten,<br />

meist Fratres, also angehende Priestermönche,<br />

diente zu Zeiten, als es noch keine Kopiergeräte<br />

gab, gelegentlich auch recht<br />

eigennützigen, wohl kaum gesetzeskonformen<br />

Zielen: Pater Lukas weiss zu berichten,<br />

dass man vom Zürcher Musikhaus Hug «ganze<br />

Wagenladungen von Musiknoten» nach<br />

<strong>Einsiedeln</strong> holte, um sie von den Fratres kopieren<br />

zu lassen. Anschliessend fuhr man<br />

mit der «Zur Ansicht»-Sendung in die Limmatstadt<br />

zurück.<br />

Ein Kuriosum der besonderen Art entdeckte<br />

Pater Lukas im März dieses Jahres unter<br />

der Signatur 141,41. Weil es als Musterbeispiel<br />

dafür gilt, wie unzulänglich der alte<br />

Zettelkatalog <strong>und</strong> wie «bitter notwendig»<br />

der neue digitale ist, machte Pater Lukas<br />

den F<strong>und</strong> mit einem Augenzwinkern bei<br />

Leuten bekannt, die seine Vorliebe für ein<br />

Restaurant namens «Post» kennen <strong>und</strong> teilen.<br />

Auf der Karteikarte steht bloss der vieldeutige<br />

Hinweis: «Einige Gesänge auf die<br />

Post.» <strong>Der</strong> Bibliothekar vermutete bereits,<br />

eine Hymne an seinen Lieblingskoch in der<br />

«Post» entdeckt zu haben. Doch Recherchen<br />

am Dokument machten diese Hoffnung<br />

rasch zunichte: Die Komposition hat nichts<br />

mit der «Post» zu tun, weder mit der dienstlichen<br />

noch mit der kulinarischen. <strong>Der</strong> richtige<br />

Titel lautet: «Einige Gesänge aus der Posse<br />

‹Die Wiener in Berlin›».<br />

Unter dem Titel «Gefreutes aus der Musikbibliothek»<br />

notierte Pater Lukas Ende Juli<br />

ein Vorkommnis, das ebenfalls zeigt, wie<br />

nützlich es ist, dass der Gesamtbestand von<br />

A–Z durchgesehen wird. Seit längerem wurde<br />

eine Handschrift aus dem 18. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

mit der Signatur 480,10 vermisst, die<br />

Arie «Diana amante» des Komponisten Pietro<br />

Alessandro Guglielmi (1726–1804). Gef<strong>und</strong>en<br />

wurde sie am Dienstag, 27. Juli 2010,<br />

<strong>gegen</strong> elf Uhr Vormittags in Schachtel 531<br />

zwischen den Mappen 531,4 <strong>und</strong> 531,5. «Vivant<br />

sequentes!», lautete der Kommentar<br />

des glücklichen Finders.<br />

Die bedeutendste Musikbibliothek<br />

der Schweiz<br />

Sobald sämtliche Dokumente in der Bibliothekssoftware<br />

«Citavi» erfasst sind, soll dieser<br />

digitale Katalog auf dem Internet-Portal<br />

des Klosters veröffentlicht werden. Damit<br />

wird der Gesamtbestand der Einsiedler Mu-<br />

13


G E M E I N S C H A F T<br />

«Diligam te Domine» von Alberich Zwyssig: Aus diesem Notenmaterial entstand die Schweizer<br />

Nationalhymne «Trittst im Morgenrot daher...».<br />

sikbiliothek erschlossen sein. Für die zum Teil<br />

sehr kostbaren Handschriften, unter ihnen<br />

das berühmte Mozart-Autograph (von Mozart<br />

eigenhändig geschrieben), gibt es einen<br />

Katalog auf CD-Rom, die älteren Drucke (bis<br />

etwa 1800) sind in einem mehrbändigen gedruckten<br />

Quellenlexikon erfasst <strong>und</strong> ein Teil<br />

der jüngeren Quellen können online in der<br />

Datenbank des «Répertoire Internationale<br />

des Sources Musicales» RISM nachgeschlagen<br />

werden. Hier zeigt sich eindrücklich, dass die<br />

Einsiedler Musikbibliothek auch quantitativ<br />

die bedeutendste in der Schweiz ist: RISM<br />

führt unter dem Bibliothekssiegel «CH-E,<br />

Kloster <strong>Einsiedeln</strong>, Musikbibliothek» nicht<br />

weniger als 21’832 Quellen auf. Die nächst<br />

kleinere Bibliothek, jene des Chorherrenstiftes<br />

Beromünster, kommt auf 5032 Quellen,<br />

die Musikabteilung der Zentralbibliothek<br />

Zürich an fünfter Stelle hat bei RISM 2703<br />

Quellen verzeichnet.<br />

Im weltweiten Vergleich kann sich <strong>Einsiedeln</strong><br />

punkto Handschriften ebenfalls sehen<br />

lassen: Die Musikbibliothek liegt mit<br />

4125 Handschriften weltweit an siebter<br />

Stelle. Den grössten Handschriftenbestand<br />

(14'678 Quellen) hütet übrigens die berühmte<br />

Santini-Bibliothek in Münster (Westfalen).<br />

Dass die Einsiedler Musikbibliothek so<br />

reichhaltig ist, hat sie ihrem Gründer Pater<br />

Gall Morel (1803–1872) zu verdanken, der<br />

Musikalien beschaffte, wo immer er ihrer<br />

habhaft werden konnte. Dies war zu seiner<br />

Zeit insbesondere in aufgehobenen Klöstern<br />

der Fall, etwa im Kloster Weingarten,<br />

1803 aufgehoben, mit seinem «sehr bedeutenden<br />

Musikleben».<br />

Für die qualitative Bedeutung der Einsiedler<br />

Musikbibliothek sei stellvertretend<br />

für viele andere Juwelen das Autograph<br />

des Wettinger Mönches Alberich Zwyssig<br />

(1808–1854) erwähnt. Die Motette trägt den<br />

unscheinbaren Titel «Diligam te Domine»,<br />

enthält aber auf ein paar wenigen Notenzeilen<br />

fast wörtlich genau den Tonsatz, dem Leonhard<br />

Widmer später den Text ‹Trittst im<br />

Morgenrot daher› unterlegte <strong>und</strong> der in dieser<br />

Form zu unserer Nationalhymne geworden<br />

ist. Alberich Zwyssig war Zisterzienser-<br />

Mönch, zunächst in Wettingen, dann, nach<br />

der Aufhebung seines Klosters, in Wurmsbach<br />

<strong>und</strong> in Mehrerau.<br />

Feierabend für heute, Schachtel 576 ist<br />

erledigt. Aber noch ist die Entdeckungsreise<br />

lang, bis sie bei Nummer 1147 angelangt<br />

<strong>und</strong> das Werk vollendet ist. So, wie ich Pater<br />

Lukas kenne, wird er das Ereignis würdig zu<br />

feiern wissen. Und alle, die die Einsiedler<br />

Musikbibliothek schätzen <strong>und</strong> nutzen – Verleger,<br />

Musiker, Wissenschaftler oder auch<br />

Fre<strong>und</strong>e anlässlich einer Führung –, werden<br />

es ihm danken.<br />

Erich Liebi<br />

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