14.02.2015 Aufrufe

Sebastian Stumpf - Galerie Thomas Fischer

Sebastian Stumpf - Galerie Thomas Fischer

Sebastian Stumpf - Galerie Thomas Fischer

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Sebastian</strong> <strong>Stumpf</strong> – Unvorhergesehen<br />

14. September – 9. November 2013<br />

Eröffnung Freitag 13. September 2013, 18–21 Uhr<br />

In seiner Einzelausstellung „Unvorhergesehen“ zeigt <strong>Sebastian</strong> <strong>Stumpf</strong> neue Arbeiten<br />

seiner Interventionen im urbanen Raum und deren Aufzeichnung durch Video und Fotografie:<br />

die Videoprojektionen „Brücken“ (2011) und „Pfützen“ (2013) sowie zwei Fotografien<br />

von städtischen Werbedisplays. Er ergänzt sie durch einen Raum mit dokumentarischen<br />

Projektionen seiner ortsbezogenen Arbeiten, die seit 2004 in verschiedenen Museen,<br />

<strong>Galerie</strong>n und Sammlungen entstehen.<br />

Im ersten Raum ist die neue Projektion „Pfützen“ raumgreifend installiert. Der Künstler<br />

hat sich an zehn Orten im Stadtraum zu verschiedenen Tageszeiten und Wetterbedingungen<br />

in Pfützen gelegt, die glatte, spiegelnde Flächen auf Plätzen, Gehwegen und<br />

Straßen bilden. Er verharrt dabei in einer statischen Position, mit nach unten gerichtetem<br />

Gesicht, aufgestellten Füßen und angelegten Armen. Sein Körper zeigt eine gespannte<br />

Haltung und bildet gleichsam eine eigene Achse wie auch einen ruhenden Pol im<br />

Videobild. Aus unterschiedlichen Perspektiven mit statischer Einstellung, nur gelegentlich<br />

von zufällig vorbeilaufenden Passanten und Verkehr belebt, öffnet die Kamera<br />

den Blick auf die ruhende Figur. Diese scheint in die leichten Vertiefungen der zufällig<br />

entstandenen Wasserflächen eingelassen.<br />

Das nahezu lebensgroß projizierte Videobild stellt ein unmittelbares Verhältnis zur<br />

menschlichen Proportion her. Zusammen mit einem plastischen Sound städtischer Alltagsgeräusche<br />

unterstreicht die Projektion die Körperhaftigkeit der performativen Handlung,<br />

die explizit für die Kamera entsteht. Mit der Wiederholung lässt diese bewusst<br />

ausgeübte Aktion auf regenbewegten oder die Umgebung reflektierenden Oberflächen an<br />

eine Typologie denken, die den Stadtkörper an seinen markanten Fehlstellen markiert.<br />

In der Videoinstallation weist der Künstler als Akteur auf der Bildebene nicht nur auf<br />

diese ungestalteten und offenen Bildflächen hin, sondern taucht in diese ein und entschwindet<br />

dem schweifenden Blick auf die Stadt.<br />

Im zweiten Raum werden zehn Dokumentationen seiner Arbeiten aus der Serie „Weiße Räume<br />

verlassen“ als eine Reihe kleinformatiger Installationsansichten präsentiert. Davor<br />

sind auf schmalen Stelen kleine Projektoren platziert. Sie projizieren das jeweilige<br />

Originalvideo in die fotografische Ansicht und rekonstruieren somit den Moment des<br />

Ausstellungserlebnisses. Dabei zeigen sie nicht nur in einer reduzierten Form seinen<br />

sichtbaren Ausstieg aus den institutionellen Ausstellungsräumen, sondern im Videobild<br />

das Verschwinden des Körpers aus dem Bild.<br />

Der Durchblick auf den nächsten Raum lässt zunächst nur einen Ausschnitt der als großformatige<br />

Plakatwand tapezierten Fotografie „Display (Haie)“ erkennen. Eine in Rückenansicht<br />

zu sehende Figur taucht in das Bild ein, indem sie scheinbar in das geöffnete<br />

Maul eines Hais springt. Als Plakat wird es medial verdoppelt, da wiederum ein Werbedisplay<br />

in Canary Wharf, London dargestellt ist.<br />

Im Raum selbst erschließt sich der Blick auf eine kleinere Farbfotografie, die <strong>Sebastian</strong><br />

<strong>Stumpf</strong> als Silhouette inmitten der rahmenden Struktur eines leeren Werbedisplays<br />

zeigt. Die in Brüssel aufgenommene, frühmorgendliche Szene lässt Struktur und Akteur<br />

wie auf einem Scherenschnitt flächig erscheinen. Die Scheinwerfer der zu beleuchtenden<br />

Werbewand in „Display (Dämmerung)“ sind erloschen. Eine Abwesenheit des Bildes<br />

und sein Ersatz durch den agierenden Künstlerkörper stellen im übertragenen Sinne die<br />

Schnittstellen der Bildproduktion und der Aktion heraus. Das Display ist somit in diesen<br />

Arbeiten als formale und thematische Ebene präsent. Es verweist auf die Frage nach<br />

der Bildmacht, ihrer Präsentation und Manipulierbarkeit.


In den langen Flur am Ende der Ausstellung ist die Videoinstallation „Brücken“ eingepasst.<br />

Die Arbeit zeigt im Loop neun Sequenzen in unterschiedlichen Städten wie Tokio,<br />

Berlin, Genf und London, in denen <strong>Sebastian</strong> <strong>Stumpf</strong> eine Brücke überquert und diese in<br />

einem unerwarteten Moment scheinbar mühelos überwindet, um in den Fluss zu springen.<br />

Da die Figur im Videobild nicht wieder auftaucht, werden der Eindruck von performativem<br />

Akt und dem Agieren für die statische Kamera zu einer dialektischen Figur: Das<br />

Eintauchen in Fluss und Bild ist gleichermaßen als Ausstieg aus dem Bild wie auch als<br />

Öffnung des Bildes zu verstehen, die aufgrund der vom Akteur markierten offenen Stellen<br />

im urbanen Umfeld entsteht.<br />

So lassen sich innerhalb der Raumfolge der <strong>Galerie</strong> die beiden rahmenden Projektionen<br />

als Auseinandersetzung mit einer Ästhetik des Verschwindens (Virilio) lesen. Die<br />

Spannung zwischen An- und Abwesenheit, Bild und Akt, Entmaterialisierung und Plastizität<br />

wird durch die körperbezogene Projektion unterstützt, welche die Vertikalität der<br />

„Brücken“ und die Horizontalität von „Pfützen“ deutlicher hervortreten lässt.<br />

Die Interventionen <strong>Sebastian</strong> <strong>Stumpf</strong>s sind jedoch nicht nur von Relevanz für die Wahrnehmung<br />

und die Frage nach Bildern, ihre Funktion, ihr Erscheinen und Verschwinden.<br />

Sie sind vielmehr als Eingriffe in den öffentlichen, posturbanen und verflüssigten<br />

Raum unserer Zeit auch als unerwartete Geste zum sozialen Gefüge zu sehen. Diesem fragilen<br />

und störbaren System begegnen <strong>Stumpf</strong>s unerwartete und reduzierte Handlungen mit<br />

einem Moment der Irritation, mit verzögerter Pointe und einer Schärfung der eigenen<br />

Wahrnehmung.<br />

Lilian Haberer<br />

<strong>Sebastian</strong> <strong>Stumpf</strong> (*1980) lebt in Leipzig und Berlin.<br />

Er studierte an der HGB Leipzig bei Timm Rautert. Einzelausstellungen fanden u.a. im<br />

Museum Folkwang, Essen, Museum für Photographie Braunschweig, Kunsthalle Schweinfurt<br />

und Landesgalerie Linz statt. Seine Arbeiten wurden auf der 6. Berlin Biennale gezeigt,<br />

so wie in zahlreichen Gruppenausstellungen u.a. im Frankfurter Kunstverein,<br />

Z33, Hasselt, Belgien, Tokyo Wonder Site/Institute of Contemporary Art, Tokyo, und<br />

Onomatopee, Eindhoven.<br />

Für den Neubau der Kulturstiftung des Bundes (Halle) realisierte <strong>Sebastian</strong> <strong>Stumpf</strong> eine<br />

ortsbezogene Videoprojektion, die dort permanent installiert ist.<br />

<strong>Galerie</strong> <strong>Thomas</strong> <strong>Fischer</strong><br />

Potsdamer Str. 77-87, Haus H<br />

10785 Berlin +49 30 74 78 03 85<br />

mail@galeriethomasfischer.de

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!