Greenhome, Ausgabe Juli- August 2012 - Architekt Dirk Scharmer
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Sonne, Lehm und<br />
STROHBALLEN<br />
<strong>Architekt</strong> <strong>Dirk</strong> <strong>Scharmer</strong> hat ganz klare Vorstellungen von<br />
seinen Häusern. Sie müssen umweltschonend im Aufbau<br />
und im Alltag sein. Stroh spielt dabei eine wichtige Rolle.<br />
BILDER: DIRK SCHARMER<br />
Holz, Lehm, Stroh – das sind drei<br />
Baumaterialien, mit denen <strong>Dirk</strong><br />
<strong>Scharmer</strong> besonders gerne arbeitet.<br />
„Der Clou liegt für mich in der<br />
Kombination“, sagt der im niedersächsischen Südergellersen<br />
beheimatete <strong>Architekt</strong>. Die Dinge, findet<br />
<strong>Scharmer</strong>, bekommen mehr Sinn, wenn man sie zusammen<br />
betrachtet: „Wenn man Stroh mit Lehm verputzt,<br />
wird daraus ein neues Material. Und wenn man<br />
eine Holzkonstruktion mit Stroh ausfacht, wird daraus<br />
ein völlig anderes Haus.“<br />
ein haus namens Libelle<br />
Das Bauen mit viel Holz, Lehm und Stroh war auch ein<br />
wichtiges Ziel beim Libelle genannten Haus, das <strong>Dirk</strong><br />
<strong>Scharmer</strong> für das Ökodorf Siebenlinden in Sachsen-<br />
Anhalt plante. Die Bewohner der Siedlung in der Gemeinde<br />
Beetzendorf wünschten sich ein Wohn- und<br />
Gemeinschaftshaus das ihrem Anspruch an ökologisches<br />
Bauen gerecht werden sollte. Und so nahm das<br />
Haus namens Libelle Schritt für Schritt Gestalt an. „Anfangs<br />
waren die beiden Projektiniatorinnen, ein Lehmbauer<br />
und ich beseelt von der Idee einer sehr<br />
organischen <strong>Architekt</strong>ur“, erinnert sich <strong>Dirk</strong> <strong>Scharmer</strong>.<br />
Zwei ovale Baukörper mit einem Mittelbau aus einem<br />
Treppenhaus waren geplant, dazu ein sehr großer Solarspeicher<br />
– von oben betrachtet hätte das Gebäude<br />
so die Form einer Libelle gehabt, daher auch der Pro-<br />
jektname. Doch mit der Zeit verschob sich der Schwerpunkt<br />
immer mehr weg von dem Ziel ausgefallener <strong>Architekt</strong>ur<br />
in Richtung Energie- und Kosteneffizienz.<br />
„Dem fielen die Rundungen und die Aufgliederung des<br />
Vorentwurfs zum Opfer. Stattdessen entstand ein Baukörper<br />
der rationelle Fertigung und eine energiesparende<br />
Kompaktheit mit hoher aktiver und passiver<br />
Solarnutzung vereinte“, sagt <strong>Dirk</strong> <strong>Scharmer</strong>. Das Aus<br />
für die ausgefallenen Rundungen war für den <strong>Architekt</strong>en<br />
aber keine Katastrophe. „Jedes Bauvorhaben<br />
trägt immer beides in sich. Ein bisschen Träumerei und<br />
ein bisschen Enttäuschung über Kompromisse“, findet<br />
er. Auch einschränkende Bauvorgaben empfindet<br />
<strong>Scharmer</strong> nicht als schlimm, tragen sie doch im Kern<br />
Richtiges und Bewährtes in sich. „Die Hauptfeinde sind<br />
das Geld, das Wetter, Schwerkraft“, lacht der <strong>Architekt</strong>.<br />
mit mut zum ökologischen Bauen<br />
Schwierig werden unkonventionelle Lösungen, wenn<br />
den Bauherren der Mut fehlt. „Ich hatte hier viel<br />
Glück“, freut sich <strong>Dirk</strong> <strong>Scharmer</strong>. Denn die Wohnungsgenossenschaft<br />
Sieben Linden trug mit ihrem<br />
ökologischen Anspruch ausgefallene Lösungen mit, ja<br />
forderte sie sogar. „Das Ökodorf hat sich selbst eine Art<br />
kleine Bauordnung auferlegt, mit der es eine möglichst<br />
zukunftsweisende, ökologische Entwicklung sicherstellt“,<br />
erklärt <strong>Scharmer</strong>, der bereits während seines<br />
Studiums mit der Siedlung zusammenarbeitete.<br />
dirk scharmer<br />
Ökologisches Bauen war <strong>Dirk</strong><br />
<strong>Scharmer</strong> schon immer ein großes<br />
Anliegen. Seinen Anfang<br />
nahm alles während <strong>Scharmer</strong>s<br />
Lehre zum Zimmermann.<br />
Damals richtete sein Meister<br />
den eigenen Betrieb in Richtung<br />
nachhaltiges Bauen und<br />
Tradition aus. Nicht historisierend<br />
sollte es sein, sondern<br />
das Wesen der Materialien und<br />
Konstruktionen mit den regional<br />
typischen Bauweisen verbinden.<br />
<strong>Scharmer</strong> erinnert sich<br />
gerne an das selbstständige<br />
und eigenverantwortliche arbeiten,<br />
auch wenn dabei mehr<br />
Fehler passierten. Weil zum<br />
Betrieb auch ein Sägewerk und<br />
eine Bautischlerei gehörten,<br />
lernte <strong>Dirk</strong> <strong>Scharmer</strong> das Material<br />
Holz in all seinen Facetten<br />
kennen. „Das, was ich in der<br />
Lehre begonnen hatte, wollte<br />
ich gerne weiterführen, aber<br />
auch verändert und in neuem<br />
Kontext. Ich wollte Gebäude<br />
planen und bauen, die ein<br />
Stück näher an der Natur und<br />
an Tradition dran sind“, erinnert<br />
sich <strong>Scharmer</strong>. Und so<br />
folgten Studium und viele einzigartige<br />
Projekte.<br />
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JULI + AUGUST <strong>2012</strong>