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Logistische Konzepte und ihre Auswirkung auf das Flughafenumfeld

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<strong>Logistische</strong> <strong>Konzepte</strong> <strong>und</strong> <strong>ihre</strong> <strong>Auswirkung</strong> <strong>auf</strong> <strong>das</strong> <strong>Flughafenumfeld</strong><br />

Vortrag Hans-Bernd Schwab (Schwab-Orga GmbH, Rüsselsheim)<br />

<strong>auf</strong> dem 3. RMI-Symposium zur<br />

Entwicklung des Rhein-Main-Flughafens:<br />

Flughafen, Arbeitsmarkt <strong>und</strong> Regionalentwicklung<br />

am 7. März 2001 in der Stadthalle Rüsselsheim<br />

Meine sehr verehrten Damen <strong>und</strong> Herren,<br />

wir sind uns vermutlich alle darüber einig, daß Mobilität ein Wettbewerbsvorteil ist, der über die<br />

Zukunft des industriellen Standortes entscheidet. Wir reden in unseren Wirtschaftsbeziehungen von<br />

Globalisierung aber wir schaffen es nicht, die drei Wirtschaftszentren Rhein-Ruhr / Rhein-Main /<br />

Rhein-Neckar (MA – KA – S) logistisch zu koordinieren, damit sie ein Serviceangebot an den<br />

Flugverkehr werden.<br />

Der Flughafen FRA liegt zwischen den drei Wirtschaftsgebieten zentral <strong>und</strong> gilt gleichzeitig als<br />

wichtige Drehscheibe für Mitteleuropa. Ziel muß also sein, die wirtschaftliche Situation der Region<br />

<strong>und</strong> <strong>das</strong> Wachstum am Flughafen durch geeignete logistische Lösungen langfristig zu sichern, ohne<br />

die Belastung für die Anlieger zu erhöhen. Der Flughafen FRA als zentrale logistische Drehscheibe<br />

in Mitteleuropa, bietet diese Voraussetzungen.<br />

Ausgangslage: 458.000 Flugbewegungen in FRA; 2,5 Mio Flugbewegungen im oberen Luftraum.<br />

49 Mio Passagiere über FRA, von 94 Mio insgesamt in Deutschland <strong>und</strong> 1,6 Mio to Fracht in FRA.<br />

Lassen Sie mich zur Diskussion über den weiteren Ausbau von FRA zwei Szenarien aus<br />

logistischer Sicht betrachten:<br />

A. Zentralisierung von mehr Verkehr an einen Ort <strong>und</strong> den weiteren Ausbau des Flughafens <strong>und</strong><br />

B. Die Dislozierung (Verteilung in die Fläche)<br />

A. Flughafenausbau (alles an einen Ort setzen)<br />

Mehr Menschen als Fluggäste <strong>und</strong> Arbeitnehmer, aber Mangel an qualifiziertem Personal.<br />

Vorsichtig geschätzt wird bei einem Ausbau des Flughafen die Anzahl der Flugbewegungen von<br />

ca.. 460.000 <strong>auf</strong> 650.000 oder mehr zunehmen. Die Zahl der Passagiere würde dann, vorsichtig<br />

geschätzt, von 49 Mio <strong>auf</strong> ca. 65 Mio ansteigen.<br />

Der Mangel an qualifiziertem Personal macht sich schon heute eklatant bemerkbar.<br />

Das heutiges Einzugsgebiet für Arbeitskräfte reicht von Kirn bis Fulda, von Limburg bis<br />

Aschaffenburg <strong>und</strong> von Gießen bis Mannheim / Worms. Bei einem höheren Bedarf an Fachkräften<br />

müßten wir sie aus noch entlegeneren Gebieten gewinnen. Eine gewisse Reserve können eventuell<br />

ältere Arbeitnehmer bilden, wenn sich die Anforderungen der Arbeitgeber ändern sollten. Auf jeden<br />

Fall bedeutet die Erweiterung des Einzugsgebiets, daß mehr <strong>und</strong> bessere Infrastruktur für Straße<br />

<strong>und</strong> Schiene (ÖPNV) notwendig wird.<br />

In dem Zusammenhang erinnere ich Sie an die tägliche 25 km Staus r<strong>und</strong> um <strong>das</strong> „Kreuz“<br />

bei acht (8) BAB-Spuren (!!) von Norden – Osten – Süden – Westen zwischen morgens


0630 bis 0900 <strong>und</strong> nachmittags von 1600 bis 1900 <strong>auf</strong> der Straße kein Verkehrsfluß möglich<br />

ist. Wenn alle Verkehre <strong>auf</strong> einen Punkt zentralisieren, werden wir demnach erhebliche<br />

Probleme bekommen, was den Zul<strong>auf</strong> <strong>und</strong> den Abfluß von Personen <strong>und</strong> Gütern betrifft.<br />

Etwa 15 Mio Passagiere (siehe oben) würden zusätzlich dem Flughafen zul<strong>auf</strong>en <strong>und</strong> später<br />

wieder 15 Mio Gäste wieder abfließen, im Schnitt etwa 80.000 Fluggäste pro Tag <strong>und</strong> <strong>ihre</strong><br />

Begleitpersonen, mehr als der Flughafen Beschäftige hat. Diese Personen müßten außerhalb<br />

der Rush-hour an- <strong>und</strong> abfahren, in etwa den 7 St<strong>und</strong>en dazwischen, an denen der übrige<br />

Verkehr natürlich auch noch fährt.<br />

Die Zahl der täglichen An- <strong>und</strong> Abfahrten der 62.000 Arbeitnehmer möchte ich im Moment<br />

<strong>auf</strong> der Zahl belassen, denn durch <strong>das</strong> Wachstum werden sicher zusätzliche Arbeitsplätze<br />

geschaffen, aber durch Rationalisierung fallen wieder welche weg, so daß ich die Anzahl<br />

mittelfristig als statisch betrachte.<br />

Gegen den überdimensionierten Ausbau eines Flughafens spricht auch die Boeing Studie, die<br />

nun nicht als Luftfahrt – feindlich angesehen werden kann <strong>und</strong> sich eindeutig gegen Mega-Hubs<br />

wendet. Zitat:<br />

„ Wo die Passagiere die Wahl haben, entscheiden sie sich für Non-Stop Flüge <strong>und</strong> gegen<br />

den zeitraubenden Umweg über die großen Drehkreuze...“ . Die Studie stell klar heraus, daß<br />

weltweit ähnliche Probleme an anderen Flughäfen bestehen, wie sie FRA hat <strong>und</strong> direkt mit<br />

dem zunehmenden Flugverkehr zusammenhängen. Sie belegt, daß diese Probleme nur über<br />

die Dezentralisierung <strong>und</strong> nicht durch Zentralisierung gelöst werden können. Wir haben in<br />

nächster Umgebung die besten Beispiele für eine Lösung, nämlich in London, vier<br />

Flughäfen, die räumlich getrennt sind <strong>und</strong> dennoch in der Region eine Einheit bilden. Das<br />

gleiche gilt für Paris mit drei Flughäfen. Für FRA würde dies bedeuten, an mehreren<br />

Standorten im Umfeld des Flughafens tätig zu werden <strong>und</strong> Satelliten Plätze um FRA zu<br />

bilden., oder eine enge Partnerschaft mit den neun Flughäfen zu suchen <strong>und</strong> eine<br />

koordinierte Dienstleistung anzubieten.<br />

B. Dislozierung (Verteilung in die Fläche)<br />

1. Ich erinnere Sie an die Lage der Wirtschaftszentren <strong>und</strong> die zentrale Lage von FRA.<br />

2. Wir haben neun (9) Flughäfen in einem Korridor von 500 km Luftlinie, die überwiegend<br />

interkontinentale Anbindung haben (ohne die kleinen Flughäfen).<br />

Brüssel – Düsseldorf – Köln – Frankfurt – Luxemburg – Hahn – Stutgart – Zürich –<br />

Muhlhouse.<br />

3. Der Vorschlag von Hr. Dr. Bender (Vorsitzender der FAG) von 1997, Stichwort Flughafen-Pool<br />

<strong>und</strong> Verbindung der Wirtschaftszentrum (Rhein-Ruhr / MA-KA-S) mit Rhein-Main) war ja<br />

so verkehrt nicht. Und was damals richtig war muß nun nicht falsch sein. Leider haben einige<br />

der Standorte aus politischen Gründen abgelehnt. Wenn man bedenkt, mit welcher politischen<br />

Energie FRA ausgebaut werden soll, so schlage ich vor, diese Energie zu nutzen, um ein<br />

logistisches Konzept zu realisieren.<br />

4. Kapazitätsbetrachtungen<br />

Etwa 180 Fluglinien fliegen Frankfurt an <strong>und</strong> befördern neben den Passagieren mit <strong>ihre</strong>m<br />

Gepäck auch Handels- <strong>und</strong> Gebrauchsgüter. Etwa 60% von beiden ist Transit <strong>und</strong> Transfer. D.h.<br />

60% der Passagiere <strong>und</strong> der Ladung bleiben nicht im Rhein – Main Gebiet.<br />

Die gesamte Tonnage der beförderten Güter über FRA wird mit gut 60 Prozent über die sog.<br />

„bellyladung“ mit den Passagiermaschinen transportiert. Diesen Geschäftszweig wird man nicht<br />

umorganisieren können, weil er in enger Verbindung steht mit den Passagieren <strong>und</strong> den etwa 180<br />

Airlines, die FRA anfliegen.


Die Hessische Landesregierung hat unter den gegenwärtigen Bedingungen 20% Überkapazität in<br />

FRA öffentlich bestätigt:<br />

- Fünf (5) Prozent werden über die ICE-Bahn erreicht (FAG rechnet sogar mit 9%) Das<br />

neue AIRrail-System zwischen Stuttgart <strong>und</strong> FRA könnte ev noch weitere Kapazitäten<br />

schaffen.<br />

- Fünf (5) Prozent können an Köln abgegeben werden<br />

- Fünf (5) Prozent können über Starts <strong>und</strong> Ladungen an anderen Flughäfen, z.B. für reine<br />

Charterflüge, Privatflieger <strong>und</strong> kleine Zubringer erzielt werden. (vorsichtig geschätzt,<br />

dürfte aber eher bei 10% liegen).<br />

- Fünf (5) Prozent können durch <strong>das</strong> Auslagern von Fracht für die reinen Cargofrachter über<br />

den Flughafen Hahn abgewickelt <strong>und</strong> gewonnen werden. Dabei könnte die gesamte<br />

Abwicklung für Cargo in FRA bleiben, nur die Beladung der reinen Frachtmaschinen<br />

würde ausgelagert. Die gesamte Cargo - Abwicklung (Annahme, Verzollung,<br />

Verpackung, Auslieferung usw.) bliebe also in FRA, <strong>das</strong> ergibt sich aus der Arbeitsweise<br />

von Speditionen, Zoll <strong>und</strong> Airlines.<br />

Faustformel im Cargobereich: 2000 – 2500 km im Umkreis nicht fliegen, sondern Luftfracht<br />

Ersatzverkehr (LKW). Das möchte ich den Passagieren nicht zumuten, aber 250 bis 300 sind<br />

m.E zumutbar, zumal diese Distanzen größtenteils schon heute anfallen.<br />

5. Air France hat <strong>auf</strong> dem Flughafen Hahn für 20 Mio DM eine Umschlags- oder Lagerhalle<br />

gebaut, um PAR + FRA zu entlasten. Wenn Air France für FRA <strong>und</strong> Paris in der Lage ist über<br />

den Flughafen Hahn einen Teil der Ladung schon heute abzuwickeln <strong>und</strong> diesen Service<br />

weiter auszubauen will, um PAR <strong>und</strong> FRA bei den Slots zu entlasten, dann muß Frankfurt<br />

<strong>und</strong> Hessen auch in der Lage sein, die Flughäfen Hahn, Halle oder einen anderen logistisch<br />

günstig gelegenen Flughafen in einem Verb<strong>und</strong> zu nutzen. (Resultat aus der Boeing-Studie).<br />

6. Ich gehe gedanklich noch weiter, warum können wir nicht eine enge Partnerschaft mit den<br />

neun Flughäfen, oder mit einem attraktiven Teil von ihnen, suchen <strong>und</strong> eine koordinierte<br />

Dienstleistung anzubieten, welche die gesamte Region abdeckt ? (Warum muß der Reisende<br />

aus Japan in FRA landen, wenn er in die „Hochburg Japans“ nach Düsseldorf will ?).<br />

7. Schon heute gibt es Überlegungen zur Planung für eine fünfte Bahn. Die momentan<br />

diskutierte Landebahn Nr. 4 reicht also nicht aus. Damit ist zumindest schon abzusehen, daß<br />

es mit einer einmaligen Erweiterung nicht getan ist, sondern, daß noch weiterer Ausbau<br />

ansteht. Diesem Umstand hat die Uni Marburg Rechnung getragen <strong>und</strong> den Vorschlag<br />

gemacht, einen ganz neuen Flughafen in Mittel - Hessen zu bauen. (veröffentlicht in der DVZ,<br />

Deutsche Verkehrs Zeitung, Hamburg).<br />

8. Die mögliche Abwanderung von Lufthansa (LH) ev. nach München, würde sich etwa <strong>auf</strong> 60%<br />

der Flugbewegungen in FRA auswirken. Bei einem Wegfall von LH kommen andere Airlines<br />

<strong>und</strong> füllen <strong>das</strong> Loch <strong>auf</strong> (Stichwort Wirtschaftszentren <strong>und</strong> <strong>ihre</strong> Verbindung), <strong>das</strong> kann nicht<br />

im Sinn von LH sein, daß andere Airlines in ihr altes Geschäft einsteigen.<br />

9.<br />

C. Lösung<br />

Wenn wir die obigen Punkte zusammen betrachten, komme ich zu dem Schluß<br />

- Wir müssen die Wirtschaftszentren am Boden <strong>und</strong> in der Luft besser verbinden <strong>und</strong><br />

koordinieren, um eine umfassende, interkontinentale <strong>und</strong> internationale Verkehrs Dienstleistung<br />

für Deutschland anzubieten, ev. beschränkt <strong>auf</strong> West Deutschland.<br />

- FRA soll <strong>und</strong> kann weiterhin eine zentrale Rolle spielen, schon wg. der Lage <strong>und</strong> wg. des<br />

operativen Geschäfts, aber koordiniert mit anderen Verkehrskapazitäten.


- Wir müssen die Verkehre <strong>und</strong> Dienstleistungen koordinieren <strong>und</strong> ausbauen <strong>und</strong> den zu<br />

erwartenden Abbau der Arbeitsplätze durch zusätzliche <strong>und</strong> neue Dienstleistungen <strong>auf</strong>fangen.<br />

Langfristig muß <strong>das</strong> RM - Gebiet als Dienstleistungszentrum für Banken – Forschung -<br />

Entwicklung – Verkehr (Luft – Schiene – Wasser - Straße) ausgebaut werden.<br />

Lassen Sie mich mit einem Zitat von Herrn Rockefeller enden:<br />

„Wenn Du erfolgreich sein willst, dann mußt Du neue Wege einschlagen <strong>und</strong> nicht <strong>auf</strong> den<br />

ausgetretenen Pfaden des gemeinhin akzeptierten Erfolgs marschieren.“<br />

Dieses Dokument wurde bereitgestellt vom:<br />

RMI<br />

Rhein-Main-Institut Darmstadt<br />

Rostocker Str. 17 . 63303 Dreieich . Tel. 06103-388087 . Fax. 06103 936619<br />

Info@RM-Institut.de . http://www.rm-institut.de

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