Leben mit Migräne - Andreas Lammert
Leben mit Migräne - Andreas Lammert
Leben mit Migräne - Andreas Lammert
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E<br />
s trifft sie wieder unver<strong>mit</strong>telt,<br />
ausgerechnet an einem<br />
Wochenende, wo sie sich auf<br />
die Familie und die gemeinsamen<br />
Unternehmungen gefreut hatte. Die<br />
Explosion im Kopf betrifft am häufigsten<br />
Frauen, oftmals die geschäftigen<br />
Macherinnen. Ein Lichtblick bleibt:<br />
Eine deutliche Besserung des Leidens<br />
nach dem 50. <strong>Leben</strong>sjahr ist nicht<br />
ungewöhnlich [1].<br />
Die Ursachen sind weitestgehend<br />
ungeklärt. Theorien gibt es dafür umso<br />
mehr. Die nüchterne und wissenschaftliche<br />
Definition hingegen lautet:<br />
„Ein anfallartig auftretendes Leiden,<br />
charakterisiert durch wiederkehrende<br />
Kopfschmerzattacken, die von<br />
visuellen oder gastrointestinalen<br />
Störungen begleitet sein können, aber<br />
nicht müssen.“ [1] Schon in diesem<br />
einen Satz wird das Dilemma deutlich.<br />
Es kann sein, muss aber nicht.<br />
Kaum ein Leiden wirft so viele Fragen<br />
auf, wie die <strong>Migräne</strong>. Der allgemeine<br />
wissenschaftliche Konsens lautet,<br />
dass es sich um eine Nervenerkrankung,<br />
bei der es durch individuelle<br />
Umstände zu einer Störung der<br />
Durchblutung <strong>mit</strong> einer starken<br />
Gefäßerweiterung im Schädel kommt,<br />
handelt. Dafür wird das Absinken des<br />
Unabhängig, informativ und verständlich<br />
Serotoninspiegels als auslösende<br />
Ursache für diese Gefäßreaktion<br />
verantwortlich gemacht. Die Symptomatik<br />
allerdings ist so verschieden,<br />
wie die Patienten individuell. Auch<br />
die Bandbreite der auslösenden<br />
Ursachen ist breit gefächert.<br />
Die <strong>Migräne</strong> verläuft in<br />
Phasen und Frauen sind<br />
häufiger betroffen<br />
<strong>Migräne</strong> kommt vom lateinischen<br />
hemicrania und bedeutet „halbseitiger<br />
Kopf“(-schmerz). Die Internationale<br />
Kopfschmerzgesellschaft (IHS,<br />
international headache society)<br />
klassifiziert sieben Arten von <strong>Migräne</strong><br />
<strong>mit</strong> bis zu zehn Unterarten. Im<br />
Wesentlichen wird die <strong>Migräne</strong> ohne<br />
Aura von der <strong>Migräne</strong> <strong>mit</strong> Aura<br />
unterschieden. Weiterhin werden<br />
Schmerzattacken <strong>mit</strong> Augenbeteiligung,<br />
welche die sich nicht eindeutig<br />
zuordnen lassen und zwei Unterarten<br />
für Kinder beschrieben. [2]<br />
Es sind mindestens 10% der Bevölkerung<br />
von <strong>Migräne</strong> betroffen, wobei es<br />
Frauen drei- bis viermal häufiger trifft,<br />
als Männer. Häufig beginnt das Leiden<br />
zwischen dem 10. und 30. <strong>Leben</strong>sjahr<br />
und verläuft meistens in Phasen. Vor<br />
dem eigentlichen Schmerzereignis<br />
LEBEN & WOHLFÜHLEN<br />
<strong>Leben</strong> <strong>mit</strong> <strong>Migräne</strong><br />
Die Phasen der <strong>Migräne</strong><br />
Von <strong>Andreas</strong> G. <strong>Lammert</strong>, Heilpraktiker<br />
kann bereits Stunden oder Tage vorher<br />
eine kurze Phase <strong>mit</strong> seelischen<br />
Veränderungen auftreten. Diese<br />
können sich durch depressive<br />
Verstimmung oder erhöhte Reizbarkeit<br />
ankündigen. Auch eine verstärkte<br />
Ruhelosigkeit, ev. <strong>mit</strong> Herzstörungen<br />
sind möglich. Diese Begleitsymptome<br />
hören meist <strong>mit</strong> Beginn der Schmerzen<br />
auf, können aber auch während<br />
der Schmerzattacke fortbestehen.<br />
Danach tritt der Kopfschmerz oftmals<br />
<strong>mit</strong> Augenflimmern und Lichtempfindlichkeit<br />
auf. Die Betroffenen<br />
suchen Ruhe und Dunkelheit, können<br />
nichts und niemanden mehr ertragen.<br />
Sie ziehen sich zurück und hoffen,<br />
dass alles bald wieder vorbei ist.<br />
Häufig wird der Anfall noch <strong>mit</strong><br />
Übelkeit und Erbrechen begleitet. Bei<br />
Anderen treten Schwindel oder<br />
Benommenheit hinzu.<br />
Bei den meisten Betroffenen sind die<br />
Kopfschmerzen immer auf der<br />
gleichen Seite. Allerdings tritt sie bei<br />
einigen Patienten auch wechselseitig<br />
auf. Ein <strong>Migräne</strong>anfall kann täglich<br />
oder in Abständen von mehreren<br />
Monaten auftreten. Auch die Dauer ist<br />
sehr verschieden. Ein Anfall kann<br />
zwischen mehreren Stunden bis hin<br />
zu Tagen anhalten. Der Durchschnitt<br />
liegt etwa bei ein- bis zweimal pro<br />
Herzschlag 01/2012<br />
21
liegt etwa bei ein- bis zweimal pro<br />
Monat. Während bei dem einen die<br />
Augen <strong>mit</strong> betroffen sind, fühlt sich<br />
der Schmerz bei anderen eher<br />
stechend, bohrend oder reißend an.<br />
Mancher glaubt der Kopf wolle<br />
zerspringen oder der Puls ist extrem<br />
im Kopf zu spüren. Die Extre<strong>mit</strong>äten<br />
können kalt und bläulich-rot sein,<br />
während die Farbe des Kopfes zwischen<br />
tiefrot und blass erscheinen<br />
kann.<br />
Viele Auslöser und<br />
zahlreiche Ursachen machen<br />
die Therapie komplex<br />
Als bekannteste Auslöser gelten<br />
Genuss<strong>mit</strong>tel (Rotwein, Schokolade,<br />
Alkohol), bestimmte Nahrungs<strong>mit</strong>tel<br />
(Käse, Südfrüchte) und Umweltgifte.<br />
Es können aber auch viele weitere<br />
Faktoren einen Anfall auslösen.<br />
Hormonelle Ursachen lassen sich<br />
vermuten, weil durch höhere Östrogengaben<br />
(Antibabypille) Anfälle<br />
ausgelöst werden können. Die Anfälle<br />
kurz vor dem Monatsfluss gelten als<br />
die schlimmsten. Die <strong>Migräne</strong> kann<br />
aber auch erblich bedingt sein. Darauf<br />
weisen auffällige Häufungen in der<br />
Familienanamnese hin. [3]<br />
Die möglichen Ursachen müssen<br />
jedoch für jeden Patienten individuell<br />
herausgefunden werden. Dafür eignet<br />
sich ein Kopfschmerz-Tagebuch, in<br />
das die Betroffenen alle Ereignisse,<br />
Essgewohnheiten und Umstände<br />
möglichst detailliert eintragen.<br />
Häufigkeit, Dauer, Intensität der<br />
Anfälle sind ebenso wichtig, wie<br />
Begleiterscheinungen, andere<br />
Organstörungen und stressverursachende<br />
Faktoren.<br />
Auch Fehlstellungen in der Halswirbelsäule<br />
können eine <strong>Migräne</strong><br />
auslösen. Hier helfen chirotherapeutische<br />
Maßnahmen die verspannte<br />
Muskulatur zu entspannen und<br />
fehlstehende Wirbel wieder „einzurenken“.<br />
Bei den seelischen Faktoren<br />
treten psychische Instabilität,<br />
plötzliche Entspannung nach Stress,<br />
Lärm, Erwartungsangst hervor. In den<br />
Anfall freien Zeiten hilft eine unterstützende<br />
Psychotherapie. Manchen<br />
Patienten kann <strong>mit</strong> Biofeedback<br />
geholfen werden. Dabei lernen die<br />
Betroffenen ihre Gefäßspannung zu<br />
kontrollieren. Weiterhin helfen<br />
Entspannungstechniken den Stress<br />
abzubauen. Auch <strong>mit</strong> Meditation oder<br />
Yoga sind gute Ergebnisse zu erzielen.<br />
Manchmal nützt einfach Bewegung an<br />
frischer Luft oder auch die längs<br />
fälligen Veränderungen im <strong>Leben</strong><br />
anzugehen und Konflikte zu lösen, um<br />
22<br />
01/2012<br />
Herzschlag<br />
den „Kopf wieder frei zu bekommen“.<br />
[3]<br />
Wenn die persönlichen Umstände und<br />
Auslöser bekannt sind, kann eine<br />
entsprechende Behandlung erfolgen.<br />
Zunächst werden die auslösenden<br />
Faktoren minimiert. Das bedeutet, die<br />
auslösenden Nahrungs- und Genuss<strong>mit</strong>tel<br />
werden konsequent gemieden.<br />
Bei Umweltgiften ist dies allerdings<br />
nicht so einfach, doch sollte auch hier<br />
alles Mögliche unternommen werden,<br />
um sie zu vermeiden.<br />
Manchmal fehlt aber einfach nur ein<br />
kleiner Baustein, ein Detail, welches<br />
für die Therapie entscheidend sein<br />
kann. Um alles berücksichtigen zu<br />
können, ist daher eine sehr umfassende<br />
Anamnese nötig. Auch eine gewisse<br />
Unvoreingenommenheit seitens der<br />
Behandler hilft die eventuellen<br />
Fallstricke in der Therapie zu vermeiden.<br />
Das fachübergreifende Denken ist<br />
gerade bei der <strong>Migräne</strong> entscheidend.<br />
Monotherapien werden dem Problem<br />
meistens nicht gerecht.<br />
Traditionelle und moderne<br />
Therapien Hand in Hand<br />
Viele <strong>Migräne</strong>leidenden helfen sich<br />
<strong>mit</strong> kleinen Tricks einen Anfall im<br />
Vorfeld zu kupieren. Seitens der<br />
Schulmedizin erfolgt die Behandlung<br />
im akuten Anfall zunächst über<br />
Schmerz<strong>mit</strong>tel, gefäßerweiternde<br />
Mittel oder Antihistaminika. Leider<br />
besteht bei längerer und unkontrollierter<br />
Selbstmedikation die Gefahr der<br />
physischen Abhängigkeit <strong>mit</strong> einem<br />
erhöhten Risiko gefäßabhängiger<br />
Komplikationen. Die radikalste<br />
Lösung ist letztendlich die Durchtrennung<br />
des verantwortlichen Vagus-<br />
Nervens des vegetativen Nervensystems.<br />
Aber auch die Naturheilkunde kann<br />
<strong>mit</strong> erfolgreichen Therapien aufwarten.<br />
Die Akupunktur kann die<br />
Beschwerden lindern helfen. Aufgrund<br />
der individuellen Umstände<br />
erfolgt eine sehr sorgfältige Auswahl<br />
der zu nadelnden Akupunkturpunkte.<br />
Eine weitere Möglichkeit findet sich in<br />
der Homöopathie. Sie wird ebenfalls<br />
entsprechend individualisiert<br />
angewendet und kann daher den<br />
vielseitigen Faktoren beim <strong>Migräne</strong>anfall<br />
gerecht werden. Werden diese<br />
Anwendungen von erfahrenen<br />
Fachleuten durchgeführt, können sie<br />
den Betroffenen gute Hilfe leisten.<br />
Da es sich bei der <strong>Migräne</strong> um ein sehr<br />
vielschichtiges und von vielen<br />
Umständen abhängiges Krankheitsbild<br />
handelt, lassen sich die besten<br />
Behandlungsergebnisse durch sich<br />
ergänzende Kombinationen verschiedener<br />
Therapieformen erreichen. In<br />
den meisten Fällen kann den Betroffenen<br />
mindestens soweit geholfen<br />
werden, die Schmerzattacken<br />
abzuschwächen und die Abstände<br />
deutlich zu vergrößern. Und, wie am<br />
Anfang bereits gesagt:<br />
Eine deutliche Besserung des Leidens<br />
nach dem 50. <strong>Leben</strong>sjahr ist nicht<br />
ungewöhnlich!<br />
Quellenverzeichnis:<br />
[1] MSD Manual, (1993), 5. Auflage, Urban &<br />
Schwarzenberg<br />
[2] www.ihs-headache.org<br />
[3] Drs. Lockie, A. / Geddes, N. (1994),<br />
Frauenhandbuch der Homöopathie,<br />
Bechtermünz Verlag<br />
<strong>Lammert</strong>, A. (2011), Kopfschmerzen, <strong>Migräne</strong><br />
und andere Erkrankungen am Schädel,<br />
Patientenjournal „Gesundheit neu entdecken“,<br />
Ausgabe 4, www.hplammert.de<br />
von Moestel, J. W. (1998), Homöopathische<br />
<strong>Migräne</strong>behandlung, Berliner Heilpraktiker<br />
Nachrichten<br />
Autor:<br />
<strong>Andreas</strong> G. <strong>Lammert</strong><br />
Heilpraktiker<br />
Friedlandweg 11<br />
94086 Bad Griesbach<br />
www.hplammert.de<br />
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