29.03.2015 Aufrufe

BABYLON • Reisemagazin für Abenteurer und Weltenbummler • Ausgabe 1/2015

Das Reisemagazin BABYLON erscheint viermal jährlich jeweils zum kalendarischen Jahreszeitbeginn im Verlag ePressGermany • Berlin & Eisenach. Themenschwerpunkte sind: Weltkulturerbe und Weltnaturerbe, Kulturhauptstädte in Europa, Amerika und Arabien, National Landmarks, National- und Naturparks, Historische Ereignisse und Jubiläen, Internationale Sportereignisse, Internationale Tourismusprojekte, Exotische Destinationen und Newcomer, Tourismus in Kriegs- und Krisengebieten, Weltraumtourismus, Reisesicherheit und Reiserecht, aktuelle Informationen von Fremdenverkehrsämtern und Unternehmen. Das Reisemagazin wird ausschließlich digital produziert und veröffentlicht, und zwar in einem für Tablets und Smartphones optimierten PDF-Format. Alle Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Inhaber des Verlags, Herausgeber und Chefredakteur der Zeitschrift ist Klaus-Peter Kaschke, Lic. rer. publ.

Das Reisemagazin BABYLON erscheint viermal jährlich jeweils zum kalendarischen Jahreszeitbeginn im Verlag ePressGermany • Berlin & Eisenach. Themenschwerpunkte sind: Weltkulturerbe und Weltnaturerbe, Kulturhauptstädte in Europa, Amerika und Arabien, National Landmarks, National- und Naturparks, Historische Ereignisse und Jubiläen, Internationale Sportereignisse, Internationale Tourismusprojekte, Exotische Destinationen und Newcomer, Tourismus in Kriegs- und Krisengebieten, Weltraumtourismus, Reisesicherheit und Reiserecht, aktuelle Informationen von Fremdenverkehrsämtern und Unternehmen. Das Reisemagazin wird ausschließlich digital produziert und veröffentlicht, und zwar in einem für Tablets und Smartphones optimierten PDF-Format. Alle Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Inhaber des Verlags, Herausgeber und Chefredakteur der Zeitschrift ist Klaus-Peter Kaschke, Lic. rer. publ.

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Herzlich willkommen.<br />

Nicht ganz willkürlich habe ich diese<br />

eigenwillige <strong>und</strong> mittlerweile wohl<br />

auch reichlich ungewohnte Schrift <strong>für</strong><br />

mein heutiges Editorial gewählt, soll<br />

sie doch meine Verb<strong>und</strong>enheit mit den<br />

Reiseschriftstellern des 19, <strong>und</strong> frühen<br />

20. Jahrh<strong>und</strong>erts verdeutlichen,<br />

die bewaffnet mit einer sperrigen<br />

Schreibmaschine unterwegs waren, um<br />

ihre Erinnerungen vor Ort festzuhalten<br />

- <strong>und</strong> das in einer gleichermassen<br />

spannenden wie faszinierenden Welt<br />

voller Geheimnisse <strong>und</strong> weisser Flekken<br />

auf der Landkarte. Selbst Reisen<br />

in heute allseits beliebte Tourismusgebiete<br />

wie Nordafrika oder das Osmanische<br />

Reich standen nur einigen wenigen offen. Ihre<br />

spannenden, heute mitunter bizarr erscheinenden Reportagen<br />

wurden von den Daheimgebliebenen mit grossen Augen<br />

verschlungen ...wobei der Wahrheitsgehalt mitunter<br />

nur eine marginale Rolle spielte wie in den Erzählungen<br />

eines gewissen Karl May. An seinem literarischen<br />

Stil möchten wir uns gern orientieren; an seiner überaus<br />

üppigen Phantasie etwas weniger.<br />

Das <strong>BABYLON</strong>-Magazin wird zunächst alle drei Monate<br />

erscheinen <strong>und</strong> <strong>für</strong> Sie als Leser ein breites Spektrum an<br />

Reisegeschichten <strong>und</strong> -informationen bereithalten, wobei<br />

ein Hauptaugenmerk auf umfangreiche Berichterstattung<br />

<strong>und</strong> eine üppige Illustrierung gelegt werden soll,<br />

um so eine Brücke zwischen der traditionellen Reiseliteratur<br />

<strong>und</strong> den Sehgewohnheiten des 21. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

zu schlagen. Und nun viel Spassß <strong>und</strong> Start frei <strong>für</strong> die<br />

erste <strong>Ausgabe</strong>. Mögen ihr<br />

noch viele weitere<br />

folgen. Ihr


Die Themen in dieser <strong>Ausgabe</strong><br />

Marrakesch<br />

Der Djema el Fnaa, der<br />

zentrale Marktplatz der<br />

marokkanischen Metropole,<br />

gilt als einer der größten<br />

Touristenmagnete des<br />

afrikanischen Kontinents<br />

Seite 9<br />

Färöer Inseln<br />

Nicht einmal 50.000 Menschen<br />

leben auf den Färöer<br />

Inseln im Nordatlantik.<br />

Unter Skandinavien-<br />

Insidern gelten sie als letzter<br />

großer Geheimtipp –<br />

<strong>und</strong> das in jeder Hinsicht.<br />

Seite 28<br />

Siehe auch<br />

Seite 42<br />

Jekaterinburg<br />

Zu Sowjetunion-Zeiten <strong>für</strong><br />

Ausländer komplett gesperrt,<br />

steht die Großstadt an der<br />

Grenzlinie zwischen Europa<br />

<strong>und</strong> Asien Besuchern jetzt<br />

wieder offen.<br />

Santo Domingo<br />

Die Hauptstadt der Dominikanischen<br />

Republik lädt mit<br />

einer Vielzahl an historischen<br />

Gebäuden zu spannenden<br />

Exkursionen auf den Spuren<br />

von Christoph Kolumbus ein.<br />

Mostar<br />

Die Stari Most über die Neretva<br />

wurde nach ihrer Zerstörung<br />

zwar wieder aufgebaut,<br />

der Nationalitätenkonflikt<br />

schwelt unterschwellig<br />

aber immer noch weiter.<br />

Seite 50<br />

Seite 76<br />

Seite 95


<strong>BABYLON</strong> HEFT 1<br />

FRÜHJAHR <strong>2015</strong><br />

Editorial zur Frühjahrsausgabe 2<br />

Wir über uns<br />

Warum noch ein neues Tourismusmagazin? 7<br />

Marrakesch<br />

Die Perle des Maghreb: Der Spagat zwischen 9<br />

kulturhistorisch wertvollen Baudenkmälern<br />

<strong>und</strong> billigem Touristennepp.<br />

Tajine: Die faszinierende Welt der marokka- 24<br />

nischen Küche<br />

Tajine mit Rindfleisch á la „Riad Tizguy“ 26<br />

Färöer Inseln<br />

Rauhe Schönheit in der Abgeschiedenheit 28<br />

des Nordatlantik – eine vorbehaltlose Liebes<br />

erklärung an die stolzen Färinger<br />

Nationalstolz auf Postwertzeichen: Die Brief- 42<br />

marken der „Postverk Føroya“<br />

Jekaterinburg<br />

Der lange Schatten der letzten Zarenfamilie: 50<br />

Eine Stippvisite im Mekka der russischen<br />

Monarchisten<br />

Flughafen Kolzowo: Sprungbrett nach Asien 69<br />

Santo Domingo<br />

Historische Authentizität <strong>und</strong> morbider Charme 76<br />

Nicht nur die 1521 errichtete Basilica Santa<br />

María la Menor de la Virgen de la Anunciación<br />

als älteste erbischöfliche Kathedrale auf dem<br />

amerikanischen Kontinent erinnert an die<br />

wechselvolle Geschichte der Karibikmetropole<br />

Mostar Einschußlöcher, Friedhöfe <strong>und</strong> Landminen: 95<br />

Noch immer sind die Spuren des blutigen<br />

Bürgerkrieges allgegenwärtig.


Teutoburger Wald:<br />

„Ich Germanicus – Feldherr, Priester 46<br />

Superstar“. Ausstellung zum 2000. Jubiläum<br />

der Germanicus-Schlacht im „Museum <strong>und</strong><br />

Park Kalkriese.<br />

New York:<br />

Zwei ambitionierte Projekte öffnen in diesen 72<br />

Tagen in der Millionenmetropole ihre Pforten:<br />

Vom „One World Observatory“ eröffnet sich ein<br />

atemberaubender Ausblick auf „Big Apple“,<br />

das „Whitney Museum of American Art“ zieht<br />

in sein neues Domizil im Meatpacking District“<br />

Airline News:<br />

Drei neue „Germania“-Flüge in den Iran 112<br />

„WOW air“: Für 169 Euro via Reykjavík über 113<br />

den großen Teich<br />

„Air Astana“: Preiswerte Liegemöglichkeiten 115<br />

in der „Economy Sleeper Class“<br />

„Icelandair“: „Aurora Borealis“-Lichteffekte 117<br />

„Azal Air“: Direkt von Berlin nach Baku 118<br />

Ostseeradeln:<br />

Mit dem ADFC bis nach Sankt Petersburg 119<br />

So<strong>und</strong> of Music:<br />

Ausgewählte Musikempfehlungen zu den Reise- 120<br />

themen dieser <strong>Ausgabe</strong>:<br />

Marrakesch:<br />

Jekaterinburg:<br />

Färöer Inseln:<br />

Page & Plant<br />

Nautilus Pompilius<br />

Eivør Pálsdóttir<br />

Týr<br />

Lena Anderssen<br />

Porzellanwelten Leuchtenburg:<br />

Scherben bringen Glück: Vom „Skywalk der 122<br />

Wünsche“ auf der Leuchtenburg bei Kahla<br />

können Besucher ein beschriftetes Porzellanstück<br />

in die Tiefe werfen<br />

Impressum 127


Wir über uns:<br />

Das BABY<br />

BYLO<br />

N-Konzept<br />

Am Anfang stand die ganz gr<strong>und</strong>sätzliche<br />

Frage: Braucht die Welt angesichts<br />

einer Vielzahl an Tourismuszeitschriften,<br />

Fachmagazinen <strong>und</strong><br />

ähnlichen Publikationen <strong>für</strong> Urlaubsreisende,<br />

Globetrotter, Business-Traveller<br />

oder Partytouristen, angesichts<br />

einer Unmenge an Blogs, Websites<br />

<strong>und</strong> Facebook-Veröffentlichungen<br />

wirklich noch eine weitere Tourismuszeitschrift?<br />

Die Antwort ist so einfach<br />

wie naheliegend: Gr<strong>und</strong>sätzlich nicht.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich brauchen wir Frieden,<br />

Völkerverständigung <strong>und</strong> Respekt voreinander,<br />

unseren verschiedenen Kulturen<br />

<strong>und</strong> der mannigfaltigen Geschichte,<br />

die uns alle mehr oder weniger<br />

verbindet…<strong>und</strong> <strong>für</strong> viele einen<br />

maßgeblichen Gr<strong>und</strong> da<strong>für</strong> darstellt,<br />

immer wieder auf Reisen zu gehen,<br />

mitunter in die abgelegensten Gegenden<br />

der Welt, um neue Erfahrungen<br />

zu sammeln <strong>und</strong> mit Menschen in<br />

Kontakt zu kommen, die wir niemals<br />

in der U-Bahn oder im Supermarkt<br />

treffen würden. Und genau deswegen,<br />

weil es so viele verschiedene Arten des<br />

Reisens gibt, weil wir alle andere Interessen<br />

haben <strong>und</strong> eben nicht alle<br />

den gleichen Lustgewinn verspüren,<br />

wenn wir uns zwei Wochen lang ohne<br />

jegliche Betätigung auf dem Teutonengrill<br />

in Mallorca im eigenen Saft rollen,<br />

lautet die Antwort auf unsere Frage<br />

natürlich auch: Ja! Als <strong>Reisemagazin</strong><br />

<strong>für</strong> <strong>Abenteurer</strong> <strong>und</strong> <strong>Weltenbummler</strong><br />

wendet sich <strong>BABYLON</strong> insbesondere<br />

an jene Leser, die gern einmal<br />

ausgetretene Pfade verlassen <strong>und</strong><br />

offen sind <strong>für</strong> neue Ziele – die wir in<br />

Europa genauso finden wie in Asien,<br />

Afrika, in der Südsee oder in Nordamerika.<br />

Was nicht bedeuten soll, daß wir<br />

nur Destinationen wie Afghanistan<br />

oder Somalia unter die Lupe nehmen<br />

– ganz im Gegenteil, wie auch die erste<br />

<strong>Ausgabe</strong> mit dem Titelthema „Marrakesch“<br />

beweist, das ja nun sicherlich<br />

kein „Terra incognita“ im eigentlichen<br />

Sinne darstellt. Das umfangreiche<br />

Themenspektrum soll hier<br />

nicht noch einmal lang <strong>und</strong> breit erläutert<br />

werden, das finden Sie, liebe<br />

Leser, übersichtlich aufgegliedert in<br />

unserer Eigenanzeige auf der vorletzten<br />

Seite. Last but not least: Obwohl<br />

wir alle erfahrene Reisende <strong>und</strong> langjährige<br />

Journalisten sind, lernen wir<br />

natürlich nie aus. Deswegen sind wir<br />

fest davon überzeugt, daß jedes Heft<br />

ein bißchen besser als das vorhergehende<br />

wird. Halten Sie uns die Treue!


Nur in den Wintermonaten läßt sich von Marrakesch aus das<br />

schneebedeckte Atlasgebirge erkennen – im Sommer ist es<br />

selbst nach einem Platzregen zu staubig. Die komplette Altstadt<br />

wird von einer imposanten Mauer geschützt, die Eindringlinge<br />

abschrecken sollte (oben). Alles andere als geruhsam<br />

geht es im Souq der Millionenstadt zu (unten).


WELTKUL<br />

ULTUR<br />

TURERBE<br />

Eine Zeitreise in die Märchen aus 1001 Nacht<br />

…mit viel Licht <strong>und</strong> ebenso viel Schatten<br />

Spagat zwischen kulturhistorisch<br />

wertvollen Baudenkmälern <strong>und</strong><br />

billigem Touristen-Nepp<br />

Es muss schon ein unglaublich morbides <strong>und</strong> blutrünstiges Spektakel<br />

gewesen sein, das die mittelalterlichen Wüstenherrscher ihren treuen<br />

Untertanen in regelmäßigem Abstand auf dem weitläufigen „Djemaa<br />

el Fna“ in unmittelbarer Nähe der imposanten Koutoubia-Moschee im<br />

Herzen der marokkanischen Königsstadt Marrakesch kredenzten. Um<br />

die Stärke <strong>und</strong> Unbesiegbarkeit ihrer martialischen Truppen unter Beweis<br />

zu stellen <strong>und</strong> ihre erfolgreichen Beutezüge zu feiern, ließen die<br />

Almohaden-Sultane einer großen Zahl von Gefangenen die Köpfe abschlagen<br />

<strong>und</strong> auf langen Stangen aufspießen, bis sie irgendwann von<br />

den hungrigen, überall auf dem Marktplatz <strong>und</strong> den Dächern des angrenzenden<br />

Souq herumlungernden Raubvögeln zerfleddert wurden.<br />

So zumindest besagen es die zahllosen, traditionell mit jeder Menge<br />

orientalischer Fantasie angereicherten <strong>und</strong> ausgeschmückten Überlieferungen<br />

über den „Platz der Geköpften“, wie der „Djemaa el Fna“<br />

gern bezeichnet wird – auch wenn die eigentliche Übersetzung eher<br />

„Versammlung der Toten“ bedeuten würde.<br />

Obwohl sie bis heute nichts von ihrer maghrebinischen<br />

Exotik eingebüßt hat, geht es in der marokkanischen<br />

Berberstadt Marrakesch, die wegen<br />

ihrer Brückenfunktion zwischen dem Atlas-Gebirge<br />

<strong>und</strong> der Sahara weithin als „Tor nach<br />

Schwarzafrika“ gilt <strong>und</strong> früher eine wichtige<br />

Rolle beim Sklavenhandel spielte, mittlerweile<br />

deutlich gesitteter zu – wenngleich<br />

ein ausgiebiger Spaziergang<br />

durch den verwinkelten Souq durchaus<br />

zu klaustrophobischen Anfällen führen<br />

kann. Kilometerweit ziehen sich die<br />

11


düsteren Gänge durch den zu allen Tages<strong>und</strong><br />

Nachtzeiten belebten Basar mit seinen<br />

unzähligen Souvenirständen, Gewürzläden,<br />

Schmuck- <strong>und</strong> Bekleidungsgeschäften oder<br />

kleinen Imbissbuden. Auch zahlreiche Handwerker<br />

gehen im Souq ihrem Beruf nach,<br />

um aus dünnem Blech die beliebten marokkanischen<br />

Lampen zu fertigen oder alte Autoreifen<br />

in grobschlächtige Gebrauchsgegenstände<br />

zu verwandeln. Mittendrin hämmern<br />

Schmiede auf ihren Ambossen herum<br />

<strong>und</strong> erzeugen einen ohrenbetäubenden<br />

Lärm, der nur noch vom Knattern der Motorroller<br />

übertönt wird, die sich in schier endloser<br />

Prozession durch die engen Gänge<br />

quetschen – ohne Rücksicht auf<br />

Verluste. Vor allem in den<br />

Abendst<strong>und</strong>en gibt es fast kein<br />

Durchkommen mehr. In langen<br />

Schlangen schieben sich Heerscharen<br />

von Touristen an den<br />

Auslagen entlang, um immer<br />

mehr die Orientierung zu verlieren<br />

– ein wahres Eldorado <strong>für</strong><br />

Taschendiebe, die sich in dem<br />

beängstigenden Labyrinth bestens<br />

auskennen <strong>und</strong> innerhalb<br />

von Sek<strong>und</strong>en <strong>für</strong> immer im Nirwana<br />

verschw<strong>und</strong>en sind.<br />

Eine seltsame Metamorphose<br />

durchläuft auch der „Djemaa el<br />

Fna“, der wegen seiner Einzigartigkeit<br />

im Jahr 2001 in die UNESCO-Liste<br />

des „Mündlichen <strong>und</strong> immateriellen Welterbes“<br />

aufgenommen wurde. Schon in den frühen<br />

Morgenst<strong>und</strong>en tummeln sich neben unzähligen<br />

Einheimischen <strong>und</strong> einer ständig zunehmenden<br />

Anzahl an Touristen aus Europa,<br />

Nordamerika <strong>und</strong> Fernost auch unzählige<br />

Händler <strong>und</strong> Gaukler auf dem „Djemaa<br />

el Fna“, die farbenfroh <strong>und</strong> lautstark um Aufmerksamkeit<br />

buhlen. Um die Musiker,<br />

Schlangenbeschwörer, Vorleser <strong>und</strong> Wahrsager<br />

bilden sich schnell große Zuschaueransammlungen<br />

– doch wer das bunte Treiben<br />

fotografieren möchte, sollte immer ausreichend<br />

Kleingeld in der Tasche haben. Sobald<br />

ein Tourist die Kamera auf die Darsteller<br />

richtet, wird die Hand aufgehalten. Wer<br />

nicht bezahlt oder einen zu geringen Obolus<br />

entrichtet, kann schnell erfahren, daß es<br />

mit der scheinbar überbordenden Gastfre<strong>und</strong>schaft<br />

der „Künstler“ mitunter nicht<br />

weit her ist.<br />

Auch die pittoresken, mit ihren schellenbehangenen<br />

Spitzhüten weithin erkennbaren<br />

Wasserverkäufer, die auf dem „Djemaa<br />

el Fna“ inmitten des Trubels herumwuseln,<br />

wachen mit Adleraugen darüber, daß niemand<br />

sie ohne Gegenleistung in Form klingender<br />

Münze ablichtet, weil es ihre einzige<br />

wirkliche Einnahmequelle darstellt. Daß sie<br />

aus ihren schmuddeligen Gefäßen wirklich<br />

Trinkwasser an ahnungslose Passanten ver-


Impressionen vom berühmtesten Platz Marrakeschs, dem Djemaa el Fna, auf dem vom frühen<br />

Morgen bis in die späten Nachtst<strong>und</strong>en Sänger, Gaukler, Wasserträger, Droschkenkutscher,<br />

Schlangenbeschwörer <strong>und</strong> Delikatessenhändler um die Gunst <strong>und</strong> finanziellen Zuwendungen<br />

der Touristen buhlen. Die romantische Abendstimmung täuscht allerdings etwas über das<br />

mehr als rührige Treiben auf dem Marktplatz hinweg. Auf das legendäre Café „Argana“ (unten<br />

rechts) wurde im Jahr 2011 ein Bombenanschlag verübt, der zahlreichen Menschen das Leben<br />

kostete, darunter auch ausländischen Touristen.


zehn oder h<strong>und</strong>ert Kamele ob ihres scheinbar<br />

auffälligen Liebreizes auch noch freuen<br />

mag, spätestens bei der fünften diesbezüglichen<br />

Offerte reicht es dann aber auch der<br />

geduldigsten Seele.<br />

In den Abendst<strong>und</strong>en, unmittelbar nach<br />

Sonnenuntergang, verwandelt sich der „Platz<br />

der Gehenkten“ in eine riesige Freiluftgaststätte.<br />

Innerhalb von Minuten werden die<br />

Markstände abgebaut <strong>und</strong> durch Garküchen<br />

ersetzt, die nicht nur traditionelle marokkanische<br />

Tajine anbieten, sondern auch moderne<br />

europäische Gerichte auf ihrer Speisekarte<br />

haben. Das etwas schmuddelige Ambiente mit<br />

kaufen, dürfte eher ins Reich der Legenden<br />

gehören. Vom „Djemaa el Fna“ sind sie aber<br />

ebenso wenig wegzudenken wie die marokkanischen<br />

Tourismuspolizisten, die wenigstens<br />

<strong>für</strong> ein Fünkchen Ordnung <strong>und</strong> Sicherheit<br />

sorgen <strong>und</strong> einen wichtigen Beitrag leisten,<br />

daß Taschendiebstähle, Handgreiflichkeiten<br />

<strong>und</strong> sexuelle Übergriffe nicht überhand<br />

nehmen. Und so sehr sich manche blonde<br />

Dame beim ersten Tauschangebot gegen<br />

ungemütlichen Bierzelt-Bänken <strong>und</strong> kaltem<br />

Neonlicht ist allerdings nicht jedermanns Geschmack.<br />

Da<strong>für</strong> bieten die umliegenden Restaurant<br />

wie das legendäre „Café Argana“ mit<br />

ihren Terrassen bis weit nach Mitternacht einen<br />

hervorragenden Ausblick auf den „Djemaa<br />

el Fna“. Allerdings war das „Argana“<br />

im April 2011 Ziel eines Terroranschlags, der<br />

zunächst der Al-Qaida zugeschrieben wurde,<br />

bis heute aber als unaufgeklärt gilt. Unter den<br />

17 Menschen, die bei der Explosion einer ferngezündeten<br />

Bombe ihr Leben verloren, befanden<br />

sich 14 Touristen. Das gern beschwo-


ene <strong>und</strong> durch die Präsenz der Tourismuspolizei<br />

verstärkte Gefühl der Sicherheit ist<br />

demnach ausgesprochen trügerisch. Allerdings<br />

ist es seither in Marokko im Vergleich<br />

zu anderen arabischen Staaten vergleichsweise<br />

ruhig geblieben, da es keine revolutionären<br />

Umstürze wie in Tunesien, Libyen<br />

oder Ägypten gab – König Mohammed VI.<br />

regiert mit starker Hand <strong>und</strong> läßt wenig Widerspruch<br />

zu.<br />

Wahres Eldorado <strong>für</strong><br />

Architekturliebhaber<br />

Neben den – nicht zuletzt wegen preiswerter<br />

Flüge aus Mittel- <strong>und</strong> Nordeuropa – zunehmend<br />

in Marrakesch einfallenden Party-Touristen<br />

kommen vor allem Kenner der<br />

nordafrikanischen Architektur in der Altstadt<br />

von Marrakesch auf ihre Kosten. Zu den<br />

markantesten Sehenswürdigkeiten der „Perle<br />

des Südens“, wie die alte Oasenstadt gern<br />

bezeichnet wird, zählt die vom Almohaden-<br />

Herrscher Abd al-Mu’min errichtete <strong>und</strong> im<br />

Jahr 1158 eingeweihte Koutoubia-Moschee,<br />

die mit ihrem 77 Meter hohen Minarett alle<br />

anderen historischen Gebäude der Stadt weit<br />

überragt. Das bis zu 30 Kilometer weit sichtbare<br />

Wahrzeichen Marrakeschs wurde unmittelbar<br />

nach der Eroberung der damals<br />

noch dünn besiedelten Wüstenstadt auf dem<br />

F<strong>und</strong>ament eines früheren almoravidischen<br />

Palastes errichtet <strong>und</strong> liegt idyllisch zwischen<br />

Palmengärten <strong>und</strong> Orangenhainen. Als eine<br />

der ältesten Moscheen Marokkos war sie seit<br />

jeher ein Vorbild <strong>für</strong> viele islamische Sakralbauten<br />

in Nordafrika, so daß sich in ganz<br />

Marokko ähnlich gestaltete Minarette finden<br />

lassen. Der Zutritt ist <strong>für</strong> Nicht-Muslime allerdings<br />

ausnahmslos verboten – dies gilt<br />

übrigens <strong>für</strong> alle Moscheen in Marokko.<br />

Die Medina von Marrakesch, die bereits<br />

1985 in ihrer Gesamtheit zum UNESCO-<br />

Weltkulturerbe erhoben wurde, säumt eine<br />

imposante, zwölf Kilometer lange Stadtmauer,<br />

die von über 200 Türmen geziert wird.<br />

Durch 32 Tore fließt der Verkehr – eher be-


Das Minarett der 77 Meter hohen<br />

Koutoubia-Moschee gilt als Wahrzeichen<br />

Marrakeschs <strong>und</strong> ist bis zu<br />

30 Kilometer weit sichtbar.<br />

schaulich wie am kleinen Bab Ghemat<br />

im Norden des Souqs oder mit<br />

voller Wucht wie am Bab Nkob,<br />

durch das die Hauptschlagader der<br />

Stadt – die Avenue Mohammed V. –<br />

in die Medina strömt. Als schönstes<br />

Tor gilt das Bab Agnaou aus dem<br />

Jahr 1185 bis 1190, das den westlichen<br />

Zugang zur Kasbah bildet.<br />

Das Bab Ghemat im Norden der Altstadt ist eines<br />

der 32 Tore der imposanten, zwölf Kilometer langen<br />

Stadtmauer mit ihren mehr als 200 Türmen,<br />

die das UNESCO-Weltkulturerbe umschließt.<br />

Kulturhistorisch interessierte Marrakesch-Besucher<br />

sollten sich einen<br />

Besuch der alten Almohaden-Kasbah,<br />

die Ende des 12. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

durch Sultan Jussuf Jakub el Mansour<br />

errichtet wurde, der Saaditengräber<br />

aus dem 16. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

sowie des Palais el Badi nicht entgehen<br />

lassen. Auch das Palais de la<br />

Bahia, in dem zu Beginn des 20.<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts die Großwesire des<br />

Sultans residierten, bietet sich <strong>für</strong>


eine Besichtigung an. Ebenfalls zum<br />

Weltkulturerbe zählen die Agdal<strong>und</strong><br />

die Menara-Gärten. Demgegenüber<br />

hat der „Djemaa el Fnaa“<br />

wenig an architektonischen Besonderheiten<br />

zu bieten – sein Bekanntheitsgrad<br />

resultiert vor allem aus<br />

dem orientalischen Flair der Schlangenbeschwörer<br />

<strong>und</strong> Wasserträger.<br />

Der nächtliche Trubel auf dem zentralen<br />

Marktplatz läßt diesen ursprünglichen<br />

Eindruck allerdings<br />

schnell verblassen…<br />

Wer Marrakesch bereisen möchte,<br />

sollte die Hochsommermonate<br />

unbedingt meiden – trotz der Höhenlage<br />

von etwa 450 Meter <strong>und</strong><br />

dem kühlenden Einfluss der naheliegenden<br />

Bergketten wird es bis zu<br />

37° Celsius heiß, darüber hinaus ist<br />

es ausgesprochen staubig. Wegen<br />

des permanent in der Luft schwebenden<br />

Feinstaubs ist das nahegelegene<br />

Atlasgebirge nicht zu sehen, nur<br />

im Winter, wenn in Marrakesch<br />

feuchte <strong>und</strong> kühle Klimabedingunge<br />

herrschen, thronen die schneebedeckten<br />

Berggipfel über dem Horizont<br />

<strong>und</strong> verzieren das Antlitz der<br />

maghrebinischen Perle mit alpinem<br />

Flair.<br />

Etwas abseits des Djemaa el Fna läßt der geschäftige<br />

Touristenrummel deutlich nach. In den kleinen<br />

Altstadtstraßen finden sich komfortable Riads,<br />

in denen der Reisende Ruhe, Entspannung,<br />

<strong>und</strong> eine kühle Dusche findet.<br />

Standesgemäße<br />

Übernachtung im<br />

tradtionellen Riad<br />

Hotels aller Kategorien können<br />

problem- <strong>und</strong> risikolos über gängige<br />

Internetportale gebucht werden<br />

– <strong>für</strong> eine wirklich standesgemäße<br />

Übernachtung sollte sich der Besucher<br />

allerdings unbedingt <strong>für</strong> ein<br />

„Riad“ in unmittelbarer Nähe des<br />

„Djemaa el Fna“ entscheiden. Diese<br />

kleinen privaten Paläste, die von<br />

außen völlig unscheinbar wirken,<br />

bieten mit ihren ruhigen, nach oben<br />

offenen Innenhöfen einen angeneh-<br />

Typisch <strong>für</strong> die traditionellen Riads wie das gemütliche<br />

„Tizgui“ sind die nach oben offenen Innenhöfe<br />

– wahre Oasen der Ruhe <strong>und</strong> Beschaulichkeit,<br />

an die sich die traditionell eingerichteten<br />

Gästezimmer anschließen.


Von oben links im Uhrzeigersinn: Die Innenstadt von Marrakesch ist offiziell <strong>für</strong><br />

Kraftfahrzeuge gesperrt. Kutsche an der Koutoubia. Alltagsleben abseits der<br />

Touristenpfade. Beliebte Souvenirs. Straßenschild an der Avenue Mohammed V.


men Kontrapunkt zum quirligen Leben<br />

in den Straßen der Medina.<br />

Gepflegte Doppelzimmer in historischen<br />

Riads wie dem „Tizgui“ sind –<br />

zumindest außerhalb der Hauptsaison<br />

– bereits ab 40 Euro pro Nacht<br />

zu bekommen, <strong>und</strong> das inklusive<br />

Frühstück. Auf Nachfrage bieten viele<br />

Riads auch einen Kochkurs zur Zubereitung<br />

des Nationalgerichts „Tajine“<br />

– das in einem Keramik-<br />

Schmorgefäß gegart wird – <strong>und</strong> diverser<br />

Vorspeisen an, der zumeist<br />

von der Dame des Hauses geleitet<br />

wird. Für die frischen Zutaten <strong>für</strong><br />

sechs bis acht Personen sowie die<br />

Unterweisung durch eine erfahrene<br />

einheimische Köchin werden etwa<br />

50 Euro fällig (siehe Seite 26).<br />

Ein weiterer idealer Ausgangspunkt,<br />

um die Exotik dieser zauberhaften,<br />

<strong>für</strong> ihre Düfte <strong>und</strong> Klänge<br />

weltweit bekannten Stadt zu erk<strong>und</strong>en,<br />

ist das „Riad Sable Chaud“ im<br />

Bab-Doukkala-Viertel in unmittelbarer<br />

Nachbarschaft des „Majorelle-<br />

Garten <strong>und</strong> dem „Djemaa el Fna“.<br />

Das „Riad Sable Chaud“ in der Medina<br />

ist ein gehobenes Bed & Breakfast<br />

im Stile eines Boutique-Hotels<br />

<strong>und</strong> verfügt neben einem w<strong>und</strong>erschönen<br />

Innenhof auch über einen<br />

exklusiven Spa-Bereich. Gäste können<br />

bei der Unterkunft zwischen fünf<br />

verschiedenen Themen-Zimmern –<br />

<strong>und</strong> zwar Beduine, Berber, Touareg,<br />

Afrika <strong>und</strong> Oase – wählen. Auf An-


frage besteht die Möglichkeit, das<br />

„Riad Sable Chaud“ auch exklusiv,<br />

beispielsweise <strong>für</strong> eine unvergeßliche<br />

Hochzeitsreise oder eine Reise-<br />

Gruppe, zu mieten. Eine weitere Besonderheit<br />

des „Riad Sable Chaud“<br />

ist, daß sich der Gast jeden Morgen<br />

sein eigenes frisches Brot bakken<br />

lassen kann, befindet sich doch<br />

gleich in der Nähe des Riad der historische<br />

Stadt-Holzofen, wo bis<br />

heute vor den Augen der wartenden<br />

K<strong>und</strong>en gebacken wird.<br />

Preislich scheint es weder nach unten<br />

noch nach oben Grenzen zu geben.<br />

So kann das Doppelzimmer im<br />

luxuriösen, allerdings etwas außerhalb<br />

liegenden Vier-Sterne-Hotel<br />

„Kasbah Chwiter“ mitunter <strong>für</strong> 19<br />

Euro inklusive Frühstück gebucht<br />

werden, auf der anderen Seite<br />

schlagen Fünf-Sterne-Häuser wie<br />

das „Ksar Char Bagh“ oder „La<br />

Sultana Marrakech“ mit über 400<br />

respektive fast 600 Euro pro Nacht<br />

<strong>und</strong> Doppelzimmer recht üppig zu<br />

Buche. Die teuersten Riads liegen<br />

Das „Riad Sable Chaud“ in der Medina verfügt über<br />

fünf verschiedene Themenzimmer sowie einen Spa-<br />

Bereich.<br />

etwa in der Mitte bei 200<br />

Euro. Als preiswertes Fünf-<br />

Sterne-Hotel gilt das „Riad<br />

Mogador Agdal Hotel“ <strong>für</strong><br />

etwa 75 Euro.<br />

Im Wachsen begriffen ist<br />

auch der ländliche Tourismus<br />

im Umfeld von Marrakesch.<br />

Bestes Beispiel<br />

da<strong>für</strong> ist das „Dar Souihla<br />

Les Dars d’Orient Hotel“<br />

etwas außerhalb des Vororts<br />

Menara. In einem ehemaligen<br />

Gestüt eingerichtet,<br />

wurden die ruhig gelegenen<br />

Hotelzimmer mit<br />

geschmackvollem, an der<br />

marokkanischen Tradition<br />

orientiertem Mobiliar ausgestaltet.<br />

Das Vier-Sterne-Hotel verfügt über einen<br />

Außen-Pool <strong>und</strong> bietet sich in den Sommermonaten<br />

<strong>für</strong> erholungssuchende Familien mit<br />

Kindern an. In den Wintermonaten ist es allerdings<br />

wenig zu empfehlen, nicht zuletzt durch<br />

die Entfernung zur Innenstadt – insbesondere,<br />

wenn kein Mietwagen zur Verfügung steht, zu-<br />

Nach Berber-Sitte gestaltete Sitzecke im<br />

„Dar Souihla Les Dars d’Orient Hotel“


mal die mehr als einstündige Fahrt im<br />

übervollen Linienbus möglichst nicht<br />

nach Sonnenuntergang unternommen<br />

werden sollte.<br />

Marrakesch – die „afrikanischste“ der<br />

vier marokkanischen Königsstädte – ist<br />

hervorragend über den internationalen<br />

Flughafen Menara zu erreichen,<br />

der sich nur vier Kilometer vom Stadtzentrum<br />

entfernt befindet <strong>und</strong> neben<br />

renommierten Carriern wie Lufthansa<br />

oder Royal Air Maroc auch von zahlreichen<br />

Low-Cost-Carriern angeflogen<br />

wird. Flüge sind bei rechtzeitiger Buchung<br />

schon <strong>für</strong> etwa 110 Euro zu bekommen,<br />

beispielsweise mit EasyJet;<br />

die Zeiten, in denen Billigflieger One-<br />

Way-Flüge <strong>für</strong> zehn Euro – <strong>und</strong> mitunter<br />

sogar weniger – anbieten konnten,<br />

scheinen allerdings der Vergangenheit<br />

anzugehören. Vom Flughafen Menara<br />

aus verkehren Linienbusse <strong>für</strong> wenige<br />

Dirham bis zur Koutoubia, die<br />

meisten Hotels bieten auch einen Shuttle-Service<br />

an.


Gern bereitet die Dame des Hauses<br />

wie hier im Riad „Tizgui“ mit<br />

ihren Gästen das gleichermaßen<br />

ges<strong>und</strong>e wie schmackhafte<br />

marokkanische Nationalgericht<br />

im irdenen Schmortopf<br />

zu. Die „Tajine“<br />

sollte bei keinem Aufenthalt<br />

in Marrakesch<br />

fehlen.<br />

Der Begriff<br />

„Tajine“<br />

steht dabei sowohl<br />

<strong>für</strong> das Kochgerät<br />

als auch <strong>für</strong> die<br />

darin zubereitete Speise.<br />

Tajine: Die faszinierende Welt<br />

der marokkanischen Küche<br />

Der traditionelle Tajine-Gartopf wird von den Berbern seit Jahrh<strong>und</strong>erten verwendet<br />

<strong>und</strong> ist <strong>für</strong> die fettarme <strong>und</strong> aromaschonende Zubereitung der in ihm<br />

gekochten Speisen mittlerweile weit über die Grenzen Nordafrikas hinaus bekannt.<br />

In Marokko gibt es zwei Arten von Tajine-Schmorgefäßen, <strong>und</strong> zwar die<br />

einfachen, unglasierten <strong>und</strong> aus Lehm oder Ton gebrannten Kasserollen mit<br />

einer rauhen Oberfläche – wie sie zumeist von den Einheimischen verwendet<br />

werden – <strong>und</strong> solche mit einer glatten Glasur, die zumindest früher jedoch<br />

relativ hohen Bleibestandteile aufweisen konnten <strong>und</strong> vor allem in Restaurants<br />

zu finden sind.<br />

Die Deckel der Tajine-Töpfe sind halbr<strong>und</strong> <strong>und</strong> verfügen am oberen Ende über<br />

ein kleines offenes Schälchen, in das kaltes Wasser eingefüllt wird. Dadurch<br />

kondensiert der beim Schmoren aufsteigende Dampf <strong>und</strong> fließt am Rand in<br />

das Kochgefäß zurück; darüber hinaus kühlt das Wasser den Griff, so daß der<br />

Deckel ohne Topflappen abgenommen werden kann. Durch die massive Bau-


weise der Tajine-Gefäße wird die Wärme gut verteilt, so daß die Speisen bei<br />

entsprechender Flüssigkeitszugabe – sofern überhaupt erforderlich – nicht<br />

anbrennen können. Charakteristisch ist eine lange <strong>und</strong> daher schonende<br />

Zubereitungszeit bei vergleichsweise geringer Wäremezufuhr.<br />

Das Essen schmort mit den Gewürzen im eigenen Saft, wodurch ein überaus<br />

intensives Geschmackserlebnis erzielt wird. Um die Kochzeit zu verringern,<br />

werden heutzutage einige der Zutaten mitunter im Schnellkochtopf vorbereitet,<br />

bevor sie in der Tajine zusammengefügt <strong>und</strong> geschmort werden. Als „Tajine“<br />

wird in Nordafrika nicht nur das traditionelle Dampfkochgefäß, sondern<br />

auch das darin zubereitete Gericht bezeichnet. Nach der Zubereitung werden<br />

die herzhaften Eintopfgerichte mit dem kompletten Gefäß serviert, jeder Gast<br />

bedient sich dann selbst.<br />

Traditionelle Tajine-Schmortöpfe sind sowohl <strong>für</strong> offenes Feuer <strong>und</strong> den<br />

Holzkohlegrill als auch <strong>für</strong> Elektro- <strong>und</strong> Gasherde geeignet, wobei bei letzteren<br />

auf eine gleichmäßige Wärmeverteilung geachtet werden muß. Auch die<br />

Verwendung auf modernen Ceran-Feldern ist möglich, nicht jedoch die Nutzung<br />

von Induktionsplatten.<br />

Für vier Personen wird ein Tajine-Topf von etwa 30 bis 35 Zentimeter Durchmesser<br />

empfohlen. Über das Internet sind unglasierte Schmortöpfe dieser<br />

Größe ab etwa 25 Euro einschließlich Versand erhältlich, glasierte Kasserollen<br />

bereits ab etwa 45 Euro; die Preise variieren stark <strong>und</strong> können bis weit<br />

über 150 Euro reichen. Empfehlenswert ist auch der Erwerb eines passenden<br />

Tajine-Stövchens.


Tajine mit Rindfleisch<br />

á la „Riad Tizguy“<br />

Empfehlung von <strong>BABYLON</strong>-Autorin <strong>und</strong> Hobbyköchin Barbara<br />

Pieper aus Berlin-Gatow, basierend auf dem bereits erwähnten<br />

Kochkurs im „Riad Tizgui“ in Marrakesch (<strong>für</strong> vier Personen):<br />

2 bis 3 Eßlöffel Kurkuma ½ Ingwerwurzel, Salz, Pfeffer, Safran<br />

(Gelbwurz), ½ Kürbis, Knoblauch, Petersilie<br />

Marokkanisches Argan- oder ½ Kürbis, 2 Kartoffeln, 4 Zwiebeln<br />

ersatzweise Sonnenblumenöl 4 kleine Zucchini, 4 Möhren<br />

500 Gramm Rindfleisch 200 Gramm Brechbohnen<br />

Zunächst die Zwiebeln in kleine Würfel<br />

schneiden, mit Salz, Pfeffer, Ingwer, Kurkuma<br />

<strong>und</strong> Knoblauch vermischen <strong>und</strong> im<br />

Arganöl (erhältlich in arabischen Lebensmittelgeschäften)<br />

anbraten. Nebenher die<br />

Möhren schälen <strong>und</strong> in Viertelstreifen<br />

schneiden. Brechbohnen waschen <strong>und</strong><br />

halbieren. Kürbis <strong>und</strong> Minizucchinis<br />

schälen <strong>und</strong> ebenfalls halbieren. Zwei<br />

Kartoffeln schälen <strong>und</strong> in Scheiben<br />

schneiden.<br />

Das Rindfleisch mit Petersilie, Salz <strong>und</strong><br />

Pfeffer würzen <strong>und</strong> nach circa zehn Minuten<br />

zu den Zwiebeln geben. Das Ganze<br />

mit etwas Safran würzen. Nach etwa<br />

20 bis 25 Minuten Öl zugeben <strong>und</strong> eventuell<br />

mit etwas Brühe auffüllen. Köcheln<br />

lassen bis das Fleisch weitgehend gar ist<br />

(dauert bis zu zwei St<strong>und</strong>en). Um Zeit zu<br />

sparen, können die Zutaten <strong>für</strong> 30 Minuten im Schnellkochtopf gegart werden.<br />

Das Fleisch zusammen mit den Bohnen <strong>und</strong> den Möhren in die Tajine geben<br />

<strong>und</strong> mit darübergestülptem Deckel auf den Herd oder das Holzkohlenfeuer<br />

stellen. Etwa 20 Minuten später kommen der Kürbis, die Kartoffeln, die<br />

Zucchinistücke <strong>und</strong> die Tomaten hinzu. Alles zusammen köcheln lassen, bis<br />

sämtliche Zutaten gar sind. Im normalen Alltag legt die marokkanische Hausfrau<br />

gern etwas Alufolie – ähnlich wie einen Bratschlauch – über die Zutaten,<br />

ren, dadurch kocht die Tajine schneller durch. Im Schmortopf servieren, dazu<br />

wird Reis oder Fladenbrot gereicht.


Die Altstadt Tinganes in<br />

Tórshavn<br />

Kirkjubøur auf der<br />

Insel Streymoy<br />

Walfänger-Fischerdorf<br />

Nólsoy


NORDLAND<br />

LANDFAHRT<br />

AHRT<br />

Føroyar: Rauhe Schönheit in<br />

der Abgeschiedenheit des<br />

Nordatlantik<br />

Eine Liebeserklärung an die kleinen Färöer<br />

Inseln mit ihren traditionsbewussten<br />

Wikinger-Nachfahren <strong>und</strong> der stolzesten<br />

Fußball-Nationalmannschaft der Welt<br />

Ganz Fußball-Europa hatte sich krumm <strong>und</strong> scheckig gelacht, als<br />

die bis dato völlig unbekannte Nationalmannschaft der kleinen <strong>und</strong><br />

aufgr<strong>und</strong> ihrer abgeschiedenen Lage nicht minder unbekannten Färöer<br />

Inseln im Herbst 1990 in ihrem allerersten offiziellen Europameisterschafts-Qualifikationsspiel<br />

auf die favorisierten Österreicher<br />

traf – <strong>und</strong> die Mannen um B<strong>und</strong>esliga- <strong>und</strong> Primera-División-Stammspieler<br />

wie Toni Polster, Andreas Herzog <strong>und</strong> Peter Pacult vor gerade<br />

einmal 1265 Zuschauern mit 1:0 ins Tal der Tränen schickte.<br />

Da das Stadion in der färöischen<br />

Hauptstadt Tórshavn internationalen<br />

Ansprüchen nicht genügte, mußte<br />

das „Heimspiel“ noch dazu im<br />

schwedischen Landskrona ausgetragen<br />

werden – <strong>und</strong> die auf der gesamten<br />

nordatlantischen Inselgruppe<br />

mit knisternder Spannung erwartete<br />

Live-Übertragung des Färöischen<br />

Radios funktionierte auch<br />

nicht, weil die Leitung pünktlich zu<br />

Spielbeginn zusammengebrochen<br />

war. 10:0 würden sie gewinnen,<br />

hatten die Österreicher – immerhin<br />

Teilnehmer der Fußball-WM im gleichen<br />

Jahr in Italien – vor dem Spiel<br />

getönt. Daß es nicht so kam, da<strong>für</strong><br />

konnten sich die färöischen Amateure<br />

vor allem bei ihrem Torschützen<br />

Torkil Nielsen (gleichzeitig einer der<br />

besten Schachspieler des Landes) <strong>und</strong><br />

Torwart-Legende Jens Martin Knudsen<br />

von NSÍ Runavík bedanken. Der<br />

dreifache Meister im Turnen, Handball-Nationaltorhüter<br />

<strong>und</strong> Berufskraftfahrer<br />

einer Fischfabrik hatte<br />

mannhaft alle Schußversuche der<br />

Österreicher pariert <strong>und</strong> sie regelrecht<br />

zur Verzweiflung getrieben.<br />

Fast 20.000 Menschen feierten die<br />

Mannschaft nach ihrer Rückkehr in<br />

Tórshavn, <strong>und</strong> bis heute werden<br />

Nielsen <strong>und</strong> Knudsen von den etwa<br />

48.000 Einwohnern von Føroyar –


wie die Inselgruppe in färöischer<br />

Sprache heißt – wie stolze Helden<br />

aus einer Wikingersage verehrt.<br />

Auch wenn damals alle weiteren<br />

Qualifikationsspiele verloren gingen<br />

(bis auf ein 1:1 in Nordirland) <strong>und</strong><br />

auch später kaum noch einmal an<br />

das „W<strong>und</strong>er von Landskrona“ angeknüpft<br />

werden konnte, so hatte<br />

die von Páll Guðlaugsson trainierte<br />

Nationalmannschaft der Färöer Inseln<br />

doch nachhaltig da<strong>für</strong> gesorgt,<br />

daß zumindest Fußballfans in ganz<br />

Europa auf das kleine Land im<br />

Nordmeer aufmerksam wurden.<br />

Selbst die deutsche Fußballnationalmannschaft<br />

mußte sich ziemlich<br />

strecken, um die Färöer bei der<br />

Qualifikation zur Fußball-EM 2004<br />

zu bezwingen. In Hannover wurde<br />

mit Mühe ein 2:1-Sieg erkämpft, im<br />

schmucken Tórsvøllur-Stadion von<br />

Tórshavn gelang schließlich ein 2:0-<br />

Auswärtserfolg, nachdem es 89 Minuten<br />

lang 0:0 gestanden hatte. Da<br />

allerdings hatte sich der färöische<br />

Fußball schon deutlich weiterentwikkelt<br />

– denn mit Jens Martin Knudsen<br />

(IF Leiftur/Island <strong>und</strong> Airdrie United/<br />

Schottland) oder Todi Jónsson<br />

(mehrfacher dänischer Meister mit<br />

dem FC Kopenhagen) spielten etliche<br />

Nationalspieler als Profis im<br />

Ausland, <strong>und</strong> das nicht einmal<br />

schlecht. Und von Jahr zu Jahr werden<br />

es mehr.<br />

So kühl <strong>und</strong> distanziert die harten<br />

Nordmänner der Schafinseln, wie<br />

die Färöer übersetzt heißen, auch<br />

auf den ersten Blick erscheinen mögen,<br />

beim Fußball kommt ihr Blut<br />

in Wallung. Wenn die beiden Tórs-<br />

Hoch her geht es beim Lokalderby<br />

zwischen den beiden<br />

Tórshavner Mannschaften von<br />

HB <strong>und</strong> B36 im gemütlichen<br />

Tórsvøllur-Stadion der Hauptstadt.


Tórshavn<br />

Die kleinste<br />

Hauptstadt<br />

der Welt<br />

Die gemütliche, Tinganes genannte Altstadt der kleinen<br />

Hafenmetropole beherbergt auch den Regierungssitz<br />

der Färöer Inseln.<br />

27


Tórshavn


Der Begriff Hektik scheint auf den Färöer Inseln ein<br />

Fremdwort zu sein, entsprechend geruhsam präsentiert<br />

sich der Hafen von Tórshavn den wenigen Besuchern.<br />

Von hier aus verkehren die Fähren zu den anderen Inseln<br />

des nordatlantischen Kleinstaates. Auch das moderne<br />

Hochsee-Passagierschiff „Nörönna“ sticht von<br />

Tórshavn aus in See nach Hanstholm in Dänemark .


Die Pagan-Metal-Band „Týr“ gastiert als musikalischer Botschafter<br />

der Färöer Inseln mit ihrer am traditionellen Kettengesang<br />

angelehnten Rockmusik in ganz Europa <strong>und</strong> Nordamerika,<br />

hier bei einem gefeierten Auftritt in der thüringischen<br />

Kurstadt Bad Salzungen.<br />

havner Lokalrivalen B36 <strong>und</strong> HB<br />

aufeinandertreffen, ist das Stadion<br />

voll <strong>und</strong> die Emotionen kochen hoch<br />

– sowohl auf dem gepflegten Rasen<br />

als auch auf den Tribünen. Während<br />

sich die Spieler gegenseitig gepflegt<br />

die Gräten weghauen, tobt sich das<br />

Publikum auf den Rängen aus <strong>und</strong><br />

legt sich lautstark mit dem Schiedsrichter<br />

an, die Spielerfrauen an vorderster<br />

Front. Hart wird um jeden<br />

Ball gekämpft, nur im Notfall zurückgezogen<br />

– bis zum Pausenpfiff, dann<br />

darf der Nachwuchs ran <strong>und</strong> nach<br />

Herzenslust bolzen, es gibt Kaffee,<br />

Kuchen oder ein kühles Føroya Bjór,<br />

die landestypische Hopfenkaltschale<br />

aus der Brauerei in Klaksvík. Ebenso<br />

schnell, wie die Stimmung explodiert,<br />

schwillt sie wieder ab.<br />

Denn die Bewohner der Färöer<br />

sind eigentlich alles andere als heißblütige<br />

Choleriker – in der Ruhe liegt<br />

die Kraft. Und in der unberührten<br />

Natur, die sie über alles lieben,<br />

ebenso wie ihre uralte, tatsächlich<br />

noch auf die Wikinger zurückgehende<br />

Kultur, ihre Mythen <strong>und</strong> Legenden<br />

<strong>und</strong> nicht zuletzt ihre einzigartige,<br />

nur auf Føroyar gesprochene<br />

altnordische Sprache, eng mit dem<br />

Isländischen verwandt. Für deren<br />

weltweite Verbreitung sorgte nicht<br />

zuletzt die Viking-Metal-Band „Týr“<br />

um Heri Joensen aus Runavík, die<br />

vor allem in den USA vor ausverkauften<br />

Hallen spielt <strong>und</strong> alte färöische<br />

Weisen mit Heavy Metal verbindet,<br />

um die uralten Sagen wieder<br />

zum Leben zu erwecken. Wäh-


end „Týr“ auch in Deutschland auf<br />

eine ganz passable Zahl an treuen<br />

Fans verweisen kann, beschränkt<br />

sich der Bekanntheitsgrad anderer<br />

färöischer Musiker wie Eivør Pálsdóttir,<br />

Lena Anderssen, Høgni Lisberg,<br />

Kristian Blak, Kári Sverrisson, Teitur<br />

Lassen, Teenie-Star Brandur Ennie<br />

oder von Bands wie „Yggdrasil“,<br />

„Ennek“, „Clickhaze“ beziehungsweise<br />

„Tveyh<strong>und</strong>rað“ eher auf den<br />

färöisch- <strong>und</strong> dänischsprachigen<br />

Raum…wobei selbst diese Aufzählung<br />

nur die Spitze des färöischen<br />

Musikeisberges darstellt. Die heimischen<br />

Musiker treten in schöner Regelmäßigkeit<br />

mit ihrer am traditionellen<br />

färöischen Kettengesang orientierten<br />

Songs <strong>und</strong> Kompositionen im<br />

schmucken „Norðurlandahúsið“ auf,<br />

dem „Haus des Nordens“ in der<br />

Hauptstadt Tórshavn. Das geräumige,<br />

vom Nordischen Rat großzügig<br />

mitfinanzierte Kultur- <strong>und</strong> Kongreßzentrum<br />

mit seiner eigenwilligen Architektur<br />

<strong>und</strong> dem in die Landschaft<br />

integrierten Grasdach wurde von<br />

Färingern bei einer Abstimmung zu<br />

einem der sieben färöischen W<strong>und</strong>er<br />

erkoren.<br />

Lohnende<br />

Ausflugsziele:<br />

Kirkjubøur, Risin og<br />

Kellingin oder<br />

Slættaratindur<br />

Zwar erweist sich Tórshavn – angeblich<br />

die kleinste Hauptstadt der<br />

Welt – als moderne Kommune mit<br />

einem gut ausgestatteten Hafen,<br />

Schiffswerft, Universität, einem kleinen<br />

Parlamentsgebäude, etlichen<br />

urigen Kneipen <strong>und</strong> einer sehenswerten<br />

Altstadt, doch außerhalb der<br />

12.000-Einwohner-Ansiedlung geht<br />

es bis heute sehr gemütlich zu. Auf<br />

der Hauptinsel Streymoy befindet<br />

sich nicht nur die kleine Metropole<br />

mit ihrer pittoresken Altstadt, sondern<br />

auch der wildromantische frühere<br />

Bischofssitz Kirkjubøur, von<br />

dem heute noch die Ruine der Magnuskathedrale<br />

aus dem 13. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

sowie der Kirkjubøurgarður,<br />

ein aus der Wikingerzeit stammender<br />

Bauernhof, kündet. 17 der 18<br />

Inseln der Färöer sind bewohnt,<br />

manchmal nur von einer Familie.<br />

Während auf den beiden Hauptinseln<br />

Streymoy <strong>und</strong> Eysturoy über<br />

32.000 Menschen wohnen, leben<br />

auf der Tórshavn vorgelagerten Insel<br />

Koltur gerade einmal zwei Leute,<br />

weitere sechs Inseln haben jeweils<br />

weniger als 100 Bewohner. Eine einzige,<br />

Lítla Dímun, ist gänzlich unbewohnt.<br />

Von der etwas anmaßenden Bezeichnung<br />

„Nabel der Welt“ <strong>für</strong> ihre<br />

Inselgruppe einmal abgesehen, sind<br />

die Färöer eher bescheidene, bodenständige<br />

Menschen, denen Superlative<br />

fremd zu sein scheinen –<br />

wenn auch ohne Gr<strong>und</strong>. Zwar steht<br />

außer Frage, daß die höchste Erhebung<br />

der Inseln, der Slættaratindur,<br />

mit seinen 882 Metern Höhe dem<br />

Mount Everest nicht annähernd das<br />

Wasser reichen kann, doch mit dem<br />

Kap Enniberg können die Färöer<br />

Inseln auf das höchste senkrecht aus<br />

dem Meer ragende Kliff der Welt verweisen<br />

– 754 Meter sind es von der<br />

Felskante bis zur Wasseroberfläche,<br />

knapp zwölf Sek<strong>und</strong>en dauert der<br />

freie Fall, rein rechnerisch…eine<br />

kleine Ewigkeit. Fast 1300 Kilometer<br />

lang ist die Küstenlinie der Färöer,<br />

ein Großteil davon ist rauhe, brachiale<br />

Steilküste, deren Höhe einem<br />

erst so richtig bewusst wird, wenn<br />

man mit einem Kabeljau-Kutter unter<br />

den Felswänden entlangschippert<br />

oder sich zwischen den einzelnstehende<br />

Basaltsäulen an der Küste wie<br />

dem Naturdenkmal „Risin og Kellingin“<br />

(„Riese <strong>und</strong> Weib“) durch-


Kirkjubøur


Risin og<br />

Kellingin<br />

schlängelt. Der Mensch verschmilzt<br />

mit der Natur, mit der urtümlichen<br />

Felslandschaft <strong>und</strong> dem eiskalten<br />

Nordmeer, das so vielen Seefahrern<br />

den nassen Tod gebracht hat. Immer<br />

wieder sind Boote, aber auch<br />

Ozeandampfer im Orkan an den<br />

Steilküsten zerschellt – meist fanden<br />

die Anwohner dann noch ein paar<br />

Bretter, selten mehr.<br />

Manche der rustikalen Häuser auf<br />

den Färöer Inseln sind komplett aus<br />

Strandgut errichtet, das Unwetter<br />

von Holzfrachtern gerissen hatten<br />

<strong>und</strong> dann an der Küste angeschwemmt<br />

wurde – bestes Bauholz<br />

auf einer fast baumleeren Inselgruppe.<br />

Die Bewohner der Färöer Inseln<br />

waren schon immer ein Volk, das<br />

eng mit dem Meer verb<strong>und</strong>en ist;<br />

kein W<strong>und</strong>er, gibt es doch keinen<br />

Punkt, der weiter als fünf Kilometer<br />

von der Küste entfernt liegt. Als Fischer<br />

trotzten sie Wind, Wetter <strong>und</strong><br />

Wellengang, um Kabeljau zu fangen<br />

<strong>und</strong> Wale zu harpunieren. Davon<br />

zeugt beispielsweise das weiße<br />

Ortseinganstor am Hafen der Insel<br />

Nólsoy, das aus einer Walrippe gefertigt<br />

wurde. Angesichts ihrer Verb<strong>und</strong>enheit<br />

mit der Wikingertradition<br />

– allesamt große Jäger <strong>und</strong><br />

Krieger – hält sich ihr Verständnis<br />

<strong>für</strong> das internationale Walfangverbot<br />

in Grenzen, zumal die Jagd auf die<br />

riesigen Meeressäuger den nordamerikanischen<br />

Inuit erlaubt worden<br />

ist.<br />

Was die Europäische Union dazu<br />

sagt, interessiert die Färinger herzlich<br />

wenig: Mit dem Mutterland Dänemark<br />

über ein Assoziationsabkommen<br />

verb<strong>und</strong>en, ansonsten<br />

aber weitgehend autonom mit eige-


Eine Kappe aus Wolken ziert die Insel Hestur, die wie die meisten<br />

Eilande der Faröer Inseln nur von wenigen Menschen bewohnt wird.<br />

nem Regierungschef (den man auch<br />

mal mit Plastiktüte beim Bierholen<br />

im Supermarkt treffen kann), eigenem<br />

Parlament, Nationalhymne,<br />

Fahne <strong>und</strong> Banknoten, hatte das<br />

färöische Løgting – eines der ältesten<br />

Parlamente der Welt – sich <strong>für</strong><br />

einen Austritt der Inselgruppe aus<br />

der Europäischen Union entschieden,<br />

als die Dänen EU-Mitglied wurden.<br />

Grönland übrigens auch. Trotz<br />

internationaler Proteste von Tierschützern<br />

wurde an 17 Strandabschnitten<br />

unter anderem in Sandur,<br />

Fuglafjørður <strong>und</strong> Hvalvík munter<br />

weiter blutige Jagd auf Grindwale<br />

gemacht, so denn welche gesichtet<br />

wurden <strong>und</strong> sich die Tiere vom Meer<br />

aus an das Ufer treiben ließen, wo<br />

sie dann allesamt abgeschlachtet<br />

wurden. Erst vor einigen Jahren<br />

schob die färöische Regierung dem<br />

archaischen „Grindadráp“ einen<br />

Riegel vor – aber nur, weil im Walfleisch<br />

außerordentlich hohe Quecksilber-<br />

<strong>und</strong> PCB-Konzentrationen<br />

gef<strong>und</strong>en worden waren, die beim<br />

Menschen durch den Verzehr Auswirkungen<br />

auf das Nervensystem<br />

haben könnten.<br />

Vom „National Geographic Traveller“<br />

als touristisch wertvollste Insel<br />

der Welt ausgezeichnet, erweisen<br />

sich die Färöer als wirklich interessantes<br />

<strong>und</strong> abwechslungsreiches<br />

Reiseziel – das unendlich viel zu bieten<br />

hat, trotz seiner geringen Größe.<br />

Sei es die uralte Wikinger-Geschichte,<br />

die in den Menschen weiterlebt,<br />

die unberührten Landschaften<br />

oder die einzigartige Fauna <strong>und</strong><br />

Flora mit bunten Papageientauchern,<br />

quirligen Robben oder der


Nólsoy<br />

An die jahrh<strong>und</strong>ertealte Geschichte als Walfängergemeinde erinnert das Tor<br />

am Hafen von Nólsoy, das aus einer einzigen Walrippe gefertigt wurde.


größten Sturmschwalbenkolonie der<br />

Welt weit über dem Meeresspiegel<br />

auf Nólsoy. Vom Hafen aus steht den<br />

Ornithologen, die von weither zum<br />

Beobachten der scheuen Vögel anreisen,<br />

ein gut zweistündiger Fußmarsch<br />

bevor, um das Hochplateau<br />

in 370 Metern zu erreichen – immer<br />

knapp am Abgr<strong>und</strong> entlang.<br />

Dann heißt es warten, bis tief in die<br />

Nacht. Es wird kühl, meistens zieht<br />

Nebel auf, es ist extrem still – <strong>und</strong><br />

tief unter plätschern die riesigen<br />

Wellen an die Felsen.<br />

Im fahlen Licht der Mittsommernächte<br />

ziehen die Wolkenberge über<br />

die kleine Insel, bilden seltsame Figuren<br />

<strong>und</strong> Erscheinungen – riesige<br />

Gestalten, die sich permanent verändern<br />

<strong>und</strong> in Verbindung mit den<br />

eigenwilligen Geräuschen des auf<strong>und</strong><br />

abwallenden Sturmes die heidnische<br />

Geschichte wieder aufleben<br />

lassen. Thor, der Beschützer von<br />

Midgard, erscheint mit seinem magischen<br />

Mjölnír in der Hand, um mit<br />

dem rotbärtigen Wikingerhäuptling<br />

Tróndur í Gøtu zu verschmelzen <strong>und</strong><br />

dann wieder <strong>für</strong> einen kurzen Augenblick<br />

den Blick aufs offene Meer<br />

freizugeben…nur ein paar Kilometer<br />

weg von der Zivilisation mit ihren<br />

Handys <strong>und</strong> Computern <strong>und</strong><br />

doch so weit entfernt wie der Mond,<br />

der das Geschehen mit seinem fahlen<br />

Licht illuminiert. In solchen seltenen<br />

Momenten, umgeben von<br />

Milliarden <strong>und</strong> Abermilliarden Litern<br />

eiskalten Nordpolar-Meerwassers,<br />

wird einem erst so richtig bewusst,<br />

welch unermeßlichen Schatz diese<br />

kleinen Inseln mit ihren ständigen<br />

Wetterwechseln, den peitschenden<br />

Regenfällen <strong>und</strong> der unberechenbaren<br />

See in sich bergen, warum die<br />

Menschen ihre weltabgeschiedene<br />

Heimat so unendlich lieben…<strong>und</strong><br />

soooo stolz sind auf ihre Nationalmannschaft<br />

mit all den Helden von<br />

nebenan wie Torkil Nielsen <strong>und</strong> Jens<br />

Martin Knudsen!<br />

Anreise mit „Atlantic<br />

Airways“ oder der<br />

„Smyril Line“<br />

Die Anreise auf die Färöer Inseln<br />

ist aufgr<strong>und</strong> deren Lage im Nordatlantik<br />

nicht ganz preiswert, wenngleich<br />

doch relativ unkompliziert.<br />

Der erst im vergangenen Jahr mit<br />

einem modernen Abfertigungsgebäude<br />

ausgestattete Flughafen in<br />

Vagár unweit der Gemeinde Sørvágur<br />

wird täglich von der dänischen<br />

Hauptstadt Kopenhagen aus durch<br />

die einzig noch existierende Fluggesellschaft<br />

der Färöer Inseln, die<br />

„Atlantic Airways“, bedient. Frühere<br />

Flugverbindungen durch die dänische<br />

„Mærsk Air“ sowie die färingische<br />

„FaroeJet“ mußten aus Rentabilitätsgründen<br />

eingestellt werden.<br />

Durch das Monopol ist die „Atlantic<br />

Airways“ allerdings sonderlich preiswert.<br />

Die Anreise per RoRo-Fähre ist<br />

zweimal wöchentlich vom dänischen<br />

Hafen Hanstholm als auch vom isländischen<br />

Seyðisfjörður möglich,<br />

letzteres allerdings nur in den Sommermonaten.<br />

In den Wintermonaten<br />

verkehrt die Fähre zwischen den<br />

Färöer Inseln <strong>und</strong> Island ausschließlich<br />

als Frachtfähre, nimmt also keine<br />

Passagiere mit. Die in Lübeck gebaute<br />

<strong>und</strong> 2003 in Dienst gestellte<br />

„Nörönna“ der Schiffahrtsgesellschaft<br />

„Smyril Line“ ist als Auto- <strong>und</strong><br />

Personenfähre konzipiert.


FÄRÖER INSELN<br />

(FØROYAR)<br />

Fläche:<br />

1395,74 km²<br />

Einwohner: 48.345<br />

Hauptstadt:<br />

Tórshavn<br />

Amtssprache:<br />

Färöisch <strong>und</strong> Dänisch<br />

Kfz-Kennzeichen:<br />

FO<br />

Internet-TLD:<br />

.fo<br />

Unabhängigkeit: 1948<br />

Färöische Fußball-Nationalmannschaft:<br />

FIFA-Rangliste:<br />

105<br />

Erstes offizielles Spiel:<br />

1:0 gegen Österreich<br />

Höchster Sieg:<br />

6:0 gegen Grönland<br />

Höchste Niederlage:<br />

0:10 gegen Island<br />

Rekordnationalspieler:<br />

Óli Johannesen<br />

(TB Tvøroyri/83)<br />

Rekordtorschütze:<br />

Rógvi Jacobsen<br />

(ÍF Fuglafjørðu/10)


Beliebtes Spezialsammelgebiet<br />

<strong>für</strong> Philatelisten<br />

aus aller Welt<br />

Unter Briefmarkensammlern gleichermaßen beliebt wie begehrt sind die Postwertzeichen des<br />

1975 gegründeten Unternehmens „Postverk Føroya<br />

øroya“, “, die häufig die Geschichte der Inselgrup-<br />

pe thematisieren oder alte Vikingerlegenden illustrieren. Eine Vielzahl von Briefmarken zeigt<br />

darüber hinaus Motive aus Fauna <strong>und</strong> Flora, architektonisch oder historisch interessante Ge-<br />

bäude sowie Szenen aus Schiffahrt <strong>und</strong> Fischerei sowie der nordischen Mythologie. Auch Werke<br />

der bildenden Kunst finden sich häufig auf den Postwertzeichen wieder. . Mittlerweile legendär<br />

sind die färöischen Weihnachtsmarken sowie Blöcke mit zusätzlichen Aufklebern im Briefmarken-<br />

format mit Advents- - <strong>und</strong> Neujahrswünschen (folgende Seite).<br />

Um die nicht selten beschwerliche<br />

Zustellung der Post auf die entlegenen<br />

Inseln zu gewährleisten, hatte<br />

die dänische Verwaltung Mitte des<br />

19. Jahrh<strong>und</strong>erts in den einzelnen<br />

Kommunen einen sogenannten<br />

Posthalter ernannt, der die Aufstellung<br />

einer Schiffsmannschaft zu befehligen<br />

hatte, die dann die Post,<br />

aber auch Personen <strong>und</strong> Pakete von<br />

Insel zu Insel transportierte. Alle ges<strong>und</strong>en<br />

Männer zwischen 15 <strong>und</strong> 50<br />

Jahren waren per Gesetz verpflichtet,<br />

sich an der Postbeförderung zu<br />

beteiligen; jede Verweigerung hätte<br />

eine Strafe nach sich gezogen. 1974<br />

beschloß das Parlament, eine nationale<br />

färöische Post aufzubauen, die<br />

ab 1975 ihre eigenen Briefmarken<br />

editierte.<br />

Der Nennwert der Marken wird in<br />

Färöischen Kronen angegeben, die<br />

jedoch identisch mit der dänischen<br />

Währung ist. Zu den namhaftesten<br />

Briefmarkengestaltern der Färöer Inseln<br />

zählen unter anderem der Maler,<br />

Grafiker <strong>und</strong> Kunstbuchautor<br />

Bárður Jákupsson, Edward Fuglø,<br />

Anker Eli Petersen oder der Photograph,<br />

Buchautor <strong>und</strong> Marathonläufer<br />

Absalon Hansen.


Blockausgaben wie hier zum Ersten Weltkrieg, dem Bootsbau<br />

oder zum Fischfang gehören bei Postverk Føroya eher<br />

zur Regel als zur Ausnahme. Zur Zeit ist der Block über den<br />

englischen Reiseberichterstatter George Clayton Atkinson<br />

an den Postschaltern erhältlich (unten)


Hochkarätiges Ausstellungs-Event zum<br />

2000. Jubiläum der Germanicus-Schlacht<br />

im „Museum <strong>und</strong> Park Kalkriese“<br />

Obwohl er sich den rauhbeinigen germanischen Völkern weit überlegen fühlte,<br />

mußte der römische Senator <strong>und</strong> Historiker Publius Cornelius Tacitus in seinem<br />

legendären Geschichtswerk „Germania“ als auch in den wesentlich umfangreicheren<br />

„Annalen“ unumw<strong>und</strong>en einräumen, daß die Truppen des Varus in der mit<br />

großer List <strong>und</strong> Tücke geführten „Schlacht im Teutoburger Wald“ dem Heer von<br />

Armin dem Cherusker hilflos unterlegen waren – eine Schande, die Tacitus mit<br />

Spott, Häme <strong>und</strong> harscher Kritik kommentierte. Geschickt die topographischen Bedingungen<br />

der dicht bewaldeten <strong>und</strong> von tiefen, unzugänglichen Tälern durchzogenen<br />

Landschaft <strong>für</strong> sich nutzend, hatten die Brukterer, Cherusker, Marser <strong>und</strong><br />

Kämpfer anderer germanischer Stämme die Streitmacht des Publius Quinctilius Varus<br />

in eine Falle gelockt.


Die römischen Kohorten bei der Nachstellung der Varusschlacht<br />

vermitteln einen Eindruck von der ausgefeilten<br />

Waffentechnik der damaligen Zeit – doch die schweren<br />

Rüstungen gerieten den Söldnern beim Angriff der<br />

Germanen eher zum Nachteil.<br />

Fotos: Heinz Hoppe | Varusschlacht im Osnabrücker Land GmbH


Dadurch ihre waffentechnische<br />

Unterlegenheit ausgleichend, konnten<br />

die Germanen in einer frühen<br />

asymmetrischen Attacke nahezu die<br />

gesamte – zwar gut gerüstete, aber<br />

dennoch weitgehend unbewegliche<br />

– römische Streitmacht besiegen.<br />

Drei komplette römische Legionen<br />

sowie einheimische Hilfskämpfer –<br />

die sogenannten Auxiliartruppen –<br />

wurden nahezu ausgelöscht; bis zu<br />

20.000 Legionäre <strong>und</strong> Kombattanten,<br />

also etwa ein Achtel der gesamten<br />

römischen Streitmacht, verloren<br />

bei der „Clades Variana“ ihr Leben.<br />

»Quintilius Varus, gib die Legionen<br />

zurück!«, soll Kaiser Augustus ausgerufen<br />

haben, als er die Nachricht<br />

von der Niederlage seines Statthalters<br />

in Germanien erhielt…dieser<br />

Wunsch blieb ihm aber verwehrt.<br />

Im Jahr 15 nach Christus wurde<br />

schließlich der Feldherr Nero Claudius<br />

Germanicus in Marsch gesetzt,<br />

um die Niederlage in der „Varusschlacht“<br />

vergessen zu machen.<br />

Doch auch der Adoptivsohn von<br />

Kaiser Tiberius scheitere bei seinem<br />

Rachefeldzug am zähen Widerstand<br />

der Germanen.<br />

Dem ersten Sieg der germanischen<br />

Krieger unter „Hermann dem Cherusker“<br />

hatte das Museum <strong>und</strong> Park<br />

Kalkriese vor sechs Jahren zum<br />

2000. Jahrestag der Schlacht eine<br />

international viel beachtete Ausstellung<br />

gewidmet. Nun erfahren Besucher<br />

zwischen dem 20. Juni <strong>und</strong><br />

dem 1. November dieses Jahres,<br />

warum auch Germanicus scheiterte,<br />

obwohl ein Drittel der römischen<br />

Streitkräfte unter seinem Befehl<br />

stand.<br />

Wer zudem erleben will, wie der<br />

Alltag von Römern <strong>und</strong> Germanen<br />

vor 2000 Jahren aussah, sollte etwas<br />

Zeit mitbringen, denn auch<br />

dazu bieten Museum <strong>und</strong> Park Kalkriese<br />

Gelegenheit. Das archäologische<br />

Museum im Bramscher Stadtteil<br />

Kalkriese, wo Historiker den<br />

Schauplatz der Varusschlacht anhand<br />

zahlreicher F<strong>und</strong>stücke vermuten,<br />

verfügt über eine weitläufige<br />

Freiluftanlage, in der unter anderem<br />

auch die Ausgrabung historischer<br />

Artefakte gezeigt wird.<br />

kalkriese-varusschlacht.de<br />

Literaturtip:<br />

Die „Germania“ von Tacitus ist<br />

als antiquarische <strong>Ausgabe</strong> bereits<br />

<strong>für</strong> weniger als fünf Euro<br />

erhältlich.


4720


BUSINESS TRAVELLER<br />

Stippvisite im Mekka der<br />

russischen Monarchisten<br />

Nur etwa 20 Kilometer östlich des Urals liegend <strong>und</strong> damit die erste<br />

Großstadt der Russischen Föderation auf dem asiatischen Teil des<br />

Vielvölkerstaates, hat die Stadt Jekaterinburg trotz ihrer Größe von<br />

mehr als 1,3 Millionen Einwohnern außerhalb Rußlands bis heute<br />

kaum einen nennenswerten Bekanntheitsgrad erlangen können. Und<br />

das, obwohl sie in der jüngeren Geschichte der Sowjetunion gleich<br />

in mehrfacher Hinsicht eine nicht unbedeutende Rolle spielte. Allerdings<br />

war sie bis 1991 komplett <strong>für</strong> Ausländer gesperrt. Seit einigen<br />

Jahren öffnet sich die quirlige Stadt an der Ostflanke des Urals –<br />

eine der Hochburgen der russischen Monarchisten – sowohl internationalen<br />

Investoren als auch Reisenden aus aller Welt.


Vom Dach des 198 Meter hohen „Wyssozki-Turms“ –<br />

dem nördlichsten Wolkenkratzer der Welt – bietet sich<br />

ein atemberaubender Ausblick auf Jekaterinburg (Seite<br />

52). Die Kathedrale auf dem Blut wurde über jenem Keller<br />

errichtet, in dem die Zarenfamilie erschossen wurde.<br />

Im Winter schmücken Eisfiguren mit religiösen Motiven<br />

die Außenanlage des orthodoxen Gotteshauses.


Wenn nach den größten Städten<br />

Rußlands gefragt wird, kommt die<br />

Antwort <strong>für</strong> Platz eins <strong>und</strong> zwei meist<br />

wie aus der Pistole geschossen. Moskau,<br />

Sankt Petersburg. Und dann?<br />

Platz drei nimmt Nowosibirsk ein,<br />

auf Platz vier folgt schon Jekaterinburg<br />

<strong>und</strong> damit eine bis heute im<br />

westlichen Ausland weitgehend unbekannte<br />

Millionenstadt, die nicht<br />

zuletzt deshalb „Terra incognita“ geblieben<br />

ist, weil sie zu Sowjetzeiten<br />

<strong>für</strong> Ausländer, aber auch <strong>für</strong> einen<br />

Großteil der Staatsbürger der UdSSR<br />

gesperrt <strong>und</strong> daher völlig unzugänglich<br />

war. Die Sperrung der 1723 von<br />

Wassili Tatischtschew <strong>und</strong> dem<br />

deutschstämmigen Offizier Georg<br />

Wilhelm Henning (russisch: Gennin)<br />

gegründeten, nach Zargemahlin Katharina<br />

I. benannten <strong>und</strong> von 1924<br />

bis 1991 zu Ehren des gleichnamigen<br />

Bolschewiken-Revolutionäres in<br />

Swerdlowsk umgewidmeten Stadt<br />

hatte zwei gewichtige Gründe: Zum<br />

einen stellt Jekaterinburg bis heute<br />

eine der größten Rüstungsschmieden<br />

des Landes dar, nicht zuletzt weil<br />

erhebliche Stückzahlen der weltkriegsentscheidenden<br />

T-34-Panzer<br />

<strong>und</strong> dessen Nachfolger hier gefertigt<br />

wurden. Eine große Rolle spielt<br />

darüber hinaus die Metallverhüttung<br />

<strong>und</strong> -verarbeitung.<br />

Der zweite Gr<strong>und</strong> ist unmittelbar<br />

mit der Geschichte der damals noch<br />

jungen Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken<br />

verknüpft. An der<br />

Stelle, an der seit 2003 die stattliche<br />

Kathedrale auf dem Blut über<br />

der Innenstadt thront, war in der<br />

Nacht vom 16. zum 17. Juli 1918<br />

durch die Bolschewiki die letzte Zarenfamilie<br />

ermordet <strong>und</strong> damit das<br />

Haus Romanow ausgelöscht worden.<br />

Nach seiner Abdankung im<br />

März 1917 – <strong>und</strong> damit noch ein<br />

gutes halbes Jahr vor der Oktoberrevolution<br />

– inhaftierte die nach der<br />

Februarrevolution ausgerufene provisorische<br />

Regierung sowohl Zar<br />

Nikolaus II. als auch einige der engeren<br />

Familienmitglieder, um sie im<br />

Alexanderpalast in der Kleinstadt<br />

Zarskoje Selo unter Hausarrest zu<br />

stellen…nicht zuletzt, um sie vor aufgebrachten<br />

Revolutionären zu beschützen,<br />

die mehrfach Anschläge<br />

angekündigt hatten. Im August<br />

1917 nach Tobolsk in Sibirien deportiert,<br />

sollte der Zar im Jahr 1918<br />

von den gerade erst an die Macht<br />

gekommenen Kommunisten um<br />

Wladimir Iljitsch Lenin ursprünglich<br />

vor Gericht gestellt werden, um ihn<br />

in der neuen Hauptstadt Moskau in<br />

einem Schauprozeß <strong>für</strong> vermeintliche<br />

Verbrechen am russischen Volk<br />

zu verurteilen. Aufgr<strong>und</strong> des angegriffenen<br />

Ges<strong>und</strong>heitszustands des<br />

schwächlichen Thronfolgers Alexej,<br />

der an einer ausgeprägten Bluterkrankheit<br />

litt, mußte der mit der<br />

Überführung beauftrage Volkskommissar<br />

mit Zar<br />

Nikolaus II.,<br />

seiner Ehefrau<br />

Alexan-<br />

Foto: Archiv der Stadtverwaltung Jekaterinburg.


Foto: Wikipedia<br />

dra Fjodorowna sowie Tochter Maria<br />

in Jekaterinburg Station machen,<br />

wo sie bereits von einer wütenden<br />

Menge am Bahnhof erwartet wurden,<br />

bevor sie im sogenannten Ipatjew-Haus<br />

– dem enteigneten <strong>und</strong><br />

militärisch abgesicherten Anwesen<br />

eines Ingenieurs, das vom tschekistischen<br />

Sicherheitsdienst als „Haus<br />

zur besonderen Verwendung“ bezeichnet<br />

wurde – einquartiert werden<br />

konnten. Erst einige Wochen<br />

später wurde der Rest der Familie<br />

mit der verbliebenen Dienerschaft in<br />

die ursprünglich ausgesprochen attraktive,<br />

von den Sicherheitskräften<br />

jedoch massiv veränderte Villa in<br />

Jekaterinburg überstellt, um dort in<br />

der festen Überzeugung auszuharren,<br />

in Bälde nach Moskau deportiert<br />

zu werden.<br />

Hinrichtung im Keller<br />

des Ipatjew-Hauses<br />

Dazu allerdings sollte es nicht<br />

mehr kommen: Da Lenin <strong>und</strong> seinem<br />

Mitstreiter Swerdlow die Durchführung<br />

eines Prozesses gegen den<br />

Zaren als zu riskant erschien, weil<br />

sie an einem Schuldspruch zweifelten,<br />

beschloß der Rat der Volkskommissare<br />

im Hochsommer 1918 die<br />

Exekution der gesamten Familie. Zudem<br />

hatten die Weißgardisten, die<br />

den Bolschewiki 1918 noch erheblichen<br />

Widerstand leisteten <strong>und</strong> zumindest<br />

zum Teil monarchistisch gesinnt<br />

waren, die Stadt Jekaterinburg<br />

weitgehend eingekesselt; ihnen im<br />

Fall einer Niederlage den Zaren <strong>und</strong><br />

seine Familie als triumphales Beutegut<br />

zu überlassen, hätte <strong>für</strong> die<br />

damals noch ausgesprochen instabile<br />

Lenin’sche Regierung einen herben<br />

Gesichtsverlust bedeutet.<br />

In diesem Kellerraum des Ipatjew-Hauses wurde<br />

1918 der letzte russische Zar mit seiner Familie<br />

durch ein Erschießungskommando hingerichtet.<br />

Das Gebäude wurde in den 70er Jahren auf Weisung<br />

Moskaus dem Erdboden gleichgemacht.<br />

Von der Tscheka in der Nacht aus<br />

dem Schlaf gerissen <strong>und</strong> unter einem<br />

Vorwand in einen eigens da<strong>für</strong><br />

hergerichteten Kellerraum des Ipatjew-Hauses<br />

verbracht, wo sich die<br />

Zarenfamilie <strong>für</strong> ein vermeintliches<br />

Foto in zwei Reihen aufstellen sollte.<br />

Unmittelbar nachdem der verantwortliche<br />

Kommandeur Jakow Michailowitsch<br />

Jurowski den Anwesenden<br />

das Todesurteil verlesen hatte,<br />

betrat ein aus vier Bolschewiken <strong>und</strong><br />

sieben ungarischen Kriegsgefangenen<br />

bestehendes Erschießungskommando<br />

den kleinen Raum. Nach Augenzeugenberichten<br />

soll Jurowski eigenhändig<br />

Nikolaus II. hingerichtet<br />

haben, während das Feuer auf die<br />

anderen Delinquenten eröffnet wurde.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der Tatsache, daß die<br />

Zarenkinder einen Teil ihres wertvollen<br />

Schmuckes in die Mieder <strong>und</strong>


Im notdürftig militärisch gesicherten Haus des Ingenieurs Ipatjew hatten die<br />

Bolschewiken die Zaren-Familie interniert. Um den Kontakt zur Außenwelt weitgehend<br />

einzuschränken, wurden sogar die Fenster weiß angestrichen. Das Gebäude<br />

wurde 1977 von Boris Jelzin, dem damaligen Sekretär des Gebietssowjets<br />

der KPdSU, abgerissen. Foto Seite 57: Die Kathedrale auf dem Blut.<br />

Unterwäsche eingenäht hatten <strong>und</strong><br />

ihn so auch während der Hinrichtung<br />

am Körper trugen, prallten etliche<br />

Schüsse ab. Alexej <strong>und</strong> seine<br />

drei Schwestern sollen den Kugelhagel<br />

um etwa 20 Minuten überlebt<br />

haben, bevor sie schließlich durch<br />

Bajonettstöße getötet wurden.<br />

Noch am gleichen Tag wurden die<br />

sterblichen Überreste der Zarenfamilie,<br />

ihres Leibarztes sowie der Diener<br />

entkleidet <strong>und</strong> in einem Bergwerksschacht<br />

bei Jekaterinburg verscharrt.<br />

Doch damit nicht genug:<br />

Um buchstäblich Gras über die leidige<br />

Angelegenheit wachsen zu lassen,<br />

wurden die Leichen am Folgetag<br />

erneut geborgen, der Zar <strong>und</strong><br />

seine Gemahlin verbrannt <strong>und</strong> die<br />

anderen Körper mit Schwefelsäure<br />

übergossen, bevor sie in einer mehrfach<br />

abgedeckten Grube ihre vorerst<br />

letzte Ruhestätte fanden.<br />

Obwohl die Erschießung des Zaren<br />

– nicht jedoch seiner Familie –<br />

in einer offiziellen Todesanzeige der<br />

Bolschewiken bestätigt wurde, kursierten<br />

im Nachgang zahlreiche Gerüchte<br />

über den Verbleib der Romanows,<br />

die erst nach der Einnahme<br />

Jekaterinburgs <strong>und</strong> der Einsetzung<br />

einer offiziellen Untersuchungskommission<br />

der Weißgardisten abflauten.<br />

Zu Zeiten der Sowjetunion wurde<br />

dann absolutes Stillschweigen<br />

über die Ereignisse verordnet.<br />

Foto: Wikipedia.


Bis 1977 stand das als Museum<br />

genutzte Ipatjew-Haus noch, bis es<br />

auf Weisung aus Moskau abgerissen.<br />

Federführend vor Ort war ein<br />

KPdSU-Funktionär, der später noch<br />

Geschichte schreiben sollte…Gebietssowjet-Sekretär<br />

Boris Jelzin, der<br />

wohl bedeutendste, wenn auch alles<br />

andere als vorbehaltlos geliebte<br />

Sohn der Stadt Swerdlowsk respektive<br />

Jekaterinburg.<br />

Erst nach dem Zusammenbruch<br />

der Sowjetunion war eine Würdigung<br />

der Ereignisse des Sommers<br />

1918 <strong>und</strong> der ermordeten Zarenfamilie<br />

wieder möglich. Bereits Ende<br />

der siebziger Jahren hatten ein Geologe<br />

<strong>und</strong> ein Filmemacher anhand<br />

alter Fotografien das Grab der Romanows<br />

entdeckt, sogar einige der<br />

Gebeine <strong>für</strong> Untersuchungen entnommen,<br />

ihr Wissen aber <strong>für</strong> sich<br />

behalten, weil die eine Einebnung<br />

des Geländes durch den KGB be<strong>für</strong>chteten.<br />

Erst 1991 wurde die Zarenfamilie<br />

schließlich exhumiert <strong>und</strong><br />

nach Jekaterinburg überführt.<br />

An der Stelle, an der ursprünglich<br />

das Ipatjew-Haus stand, errichtete<br />

die Russisch-Orthodoxe Kirche die<br />

monumentale, in sakralem Weiß erstrahlende<br />

Kathedrale auf dem Blut,<br />

in der heute die Gebeine der in den<br />

90er Jahren heiliggesprochenen Zarenfamilie<br />

aufbewahrt <strong>und</strong> vor allem<br />

von monarchistischen Russen –<br />

von denen es gar nicht so wenige<br />

gibt – als Reliquien verehrt. Der<br />

Hauptaltar der fast 2800 Quadratmeter<br />

großen Kathedrale befindet<br />

sich direkt über dem ehemaligen<br />

Keller des Ipatjew-Hauses, vom dem<br />

allerdings keine Relikte mehr existieren.<br />

In den Wintermonaten zieren<br />

Skulpturen aus Eis mit religiösen<br />

Darstellungen die Außenanlage der<br />

Kathedrale auf dem Blut, die sich<br />

mittlerweile zum größten Touristenmagnet<br />

in Jekaterinburg entwickelt<br />

hat. Beim Betreten der ausgesprochen<br />

traditionell eingerichteten Heilig-Blut-Kathedrale,<br />

bei deren Errichtung<br />

auf moderne Gestaltungselemente<br />

weitgehend verzichtet wurde,<br />

ist auf angemessene Kleidung zu<br />

achten, weibliche Besucher jeden<br />

Alters müssen der russischen Tradition<br />

folgend unbedingt ein Kopftuch<br />

tragen. Die opulente Ikonostase der<br />

Kathedrale auf dem Blut ist neu <strong>und</strong><br />

besteht zu einem beträchtlichen Teil<br />

aus Geschenken anderer Russisch-<br />

Orthodoxer Kirchen. Gegenüber


Der Fluß Isset trennt die Jekaterinburger Altstadt vom modernen<br />

Geschäftsviertel, das in den letzten Jahren entstanden ist.<br />

Bei der Fertigstellung des Gebäudes der Stadtverwaltung (unten)<br />

im stalinistischen Zuckerbäckerstil wurden deutsche<br />

Kriegsgefangene eingesetzt.<br />

Fotos: Stadtverwaltung Jekaterinburg.


Fotos: Stadtverwaltung Jekaterinburg.<br />

Blick über den Fluß Isset zur Kathedrale auf dem Blut (oben). Das<br />

filigran verzierte Haus des Kaufmanns Sewastjanow wurde mit<br />

großer Liebe zum Detail restauriert <strong>und</strong> erstrahlt nun wieder in<br />

alter Schönheit (unten).


dem Hauptaltar befindet sich eine<br />

Wand mit den Portraits der Zarenfamilie<br />

<strong>und</strong> biographischen Angaben,<br />

die die Romanows in einem<br />

ausgesprochen positiven Licht darstellen<br />

<strong>und</strong> keinerlei Kritik zulassen<br />

– was allerdings an einer Wallfahrtsstätte<br />

zur Huldigung der russischen<br />

Monarchie auch kaum anders zu erwarten<br />

sein dürfte. Inbrünstig werden<br />

Zar Nikolaus II. <strong>und</strong> seine Familienangehörigen<br />

von den Führerinnen<br />

der Kirche als Heilige verklärt,<br />

die frei von Fehl <strong>und</strong> Tadel kein Wässerchen<br />

trüben konnten; auf die<br />

nicht unbedeutende Rolle, die der<br />

russische Alleinherrscher beim Ausbruch<br />

des Ersten Weltkriegs einnahm<br />

<strong>und</strong> h<strong>und</strong>erttausenden von Söhnen<br />

des Volkes das Leben kostete, wird<br />

mit keiner Silbe eingegangen, auch<br />

auf Nachfrage nicht.<br />

Zwar bekreuzigt sich die Dolmetscherin<br />

wiederholt auf demonstrative<br />

Weise beim Betreten <strong>und</strong> Verlassen<br />

der Kathedrale, um dann aber<br />

ebenso deutlich klarzustellen, daß<br />

ihr die Heiligsprechung der Monarchenfamilie<br />

ziemlich gegen den<br />

Strich gehe – in der Schule habe sie<br />

die russische Historie ganz anders<br />

gelernt <strong>und</strong> eigentlich sehe sie keinen<br />

Gr<strong>und</strong>, daran zu zweifeln. Die<br />

gleichermaßen bedrückende wie<br />

verworrene Geschichte, die sich vor<br />

dem interessierten Betrachter in der<br />

opulent ausgestatteten Kathedrale<br />

ausbreitet, dokumentiert nicht zuletzt<br />

die tiefen Gräben, die sich durch die<br />

lange Jahre allein auf atheistische<br />

Werte fokussierte Gesellschaft ziehen.<br />

Angesichts der Beliebtheit der<br />

Monarchie in Rußland, die sich nicht<br />

zuletzt in der starken Zustimmung<br />

zur straffen Regierung von Präsident<br />

Wladimir Putin <strong>und</strong> der immer wieder<br />

geäußerten Meinung, die Russen<br />

würden eine starke Hand benötigen,<br />

wenn das Land halbwegs<br />

funktionieren soll, festmachen läßt,<br />

bildet die Kathedrale auf dem Blut<br />

den Dreh- <strong>und</strong> Angelpunkt des Tourismus<br />

in Jekaterinburg. Weitere sehenswerte<br />

Russisch-Orthodoxe Gotteshäuser<br />

wie die Swjato-Wosnjesenski-Kathedrale<br />

gehen daneben<br />

weitgehend unter, anders die Heilige<br />

Dreifaltigkeits-Kathedrale, die<br />

wiederum vor allem <strong>für</strong> Russen eine<br />

wichtige Erinnerungskultstätte darstellt,<br />

hatte hier doch in seinen<br />

Jugendjahren der später als enger<br />

Vertrauter des Zarenhofes geltende<br />

W<strong>und</strong>erheiler <strong>und</strong> Wanderprediger<br />

Grigori Jefimowitsch Rasputin als<br />

Mönch gewirkt.<br />

Zahlreiche Relikte aus<br />

der Epoche vor dem<br />

Zusammenbruch<br />

der UdSSR<br />

Die im stalinistischen „Zuckerbäkkerstil“<br />

errichtete Oper <strong>und</strong> das Rathaus<br />

stellen darüber hinaus herausragende<br />

Beispiele des in der gesamten<br />

Sowjetunion weitverbreiteten<br />

„Sozialistischen Klassizismus“ <strong>und</strong><br />

des in den 30er Jahren daraus abgeleiteten<br />

„Konstruktivismus“ dar. Bis<br />

in die 50er Jahre bestanden in<br />

Jekaterinburg zwei große Gefangenenlager<br />

<strong>für</strong> inhaftierte Wehrmachtssoldaten,<br />

die vorrangig im<br />

Bauwesen eingesetzt wurden. Sowohl<br />

das Zentralstadion als auch<br />

zahlreiche Regierungsgebäude in<br />

der Innenstadt wie die imposante<br />

Stadtverwaltung mit ihrem dem<br />

Kreml nachempf<strong>und</strong>enen Turm waren<br />

damals von deutschen Kriegsgefangenen<br />

errichtet worden.<br />

Mit dem „Dom Kontor“ oder dem<br />

„Prombank“-Gebäude in der Stra-


ße des 8. März lassen sich zudem<br />

markante Beispiele der Bauhaus-<br />

Architektur im Stadtbild entdecken.<br />

In der eigentlichen Altstadt wurden<br />

zahlreiche im traditionellen russischen<br />

Stil erbaute Wohnhäuser aus<br />

dem 18. <strong>und</strong> 19. Jahrh<strong>und</strong>ert wie<br />

das filigran verzierte Sewastjanow-<br />

Haus am Platz der Arbeit, das ehemalige<br />

„Amerikanische Hotel“ oder<br />

das Backsteingebäude des Mädchengymnasiums<br />

– beide in der<br />

Karl-Liebknecht-Straße – aufwendig<br />

saniert. Für eine postsowjetische Industrie-<br />

<strong>und</strong> Bergbaumetropole erweist<br />

sich Jekaterinburg ohnehin als<br />

überaus gepflegte, saubere <strong>und</strong> gut<br />

strukturierte Stadt, die eine überraschende<br />

Vielfalt an architektonisch<br />

interessanten Profanbauten <strong>und</strong> sakralen<br />

Bauwerken aufweist, von denen<br />

viele vor dem Zerfall der Sowjetunion<br />

allerdings zweckentfremdet<br />

genutzt <strong>und</strong> zuweilen genau deswegen<br />

vor dem allgegenwärtigen<br />

Verfall geschützt wurden.<br />

Unweit des historischen <strong>und</strong> gut<br />

erhaltenen Stadtkerns am Fluß Isset<br />

entsteht das neue, moderne Geschäftszentrum<br />

Jekaterinburgs, wohin<br />

auch die Teile der Stadtverwaltung<br />

ausgelagert wurden. Inmitten<br />

der gläsernen Hochhäuser findet<br />

sich – wenngleich relativ versteckt<br />

<strong>und</strong> bescheiden – das etwa zehn<br />

Meter hohe Denkmal zur Erinnerung<br />

an Boris Jelzin. Wenn auch nicht direkt<br />

in Jekaterinburg, sondern im<br />

kleinen Dorf Budka geboren, genießt<br />

Jelzin als Sohn der Stadt <strong>und</strong><br />

Retter der Sowjetunion beim Armee-<br />

In den eiskalten Wintermonaten mit Tageshöchsttemperaturen von minus<br />

20 Grad erstarrt nicht nur der Isset unter einem dicken Eispanzer. Auch das<br />

öffentliche Leben findet weitgehend hinter verschlossenen Türen statt. Das<br />

große Chaos bricht allerdings nicht aus, selbst der öffentliche Personennahverkehr<br />

funktioniert reibungslos.


putsch vom August 1991 hohe Wertschätzung,<br />

auf der anderen Seite<br />

wird ihm unterschwellig sein Vergehen<br />

beim Abriß des Ipatjew-Hauses<br />

<strong>und</strong> – ebenso wie Generalsekretär<br />

Michail Gorbatschow, der bis heute<br />

bei seinen Landsleuten einen schweren<br />

Stand hat – die tatkräftige Mitwirkung<br />

am Zerfall der glorreichen<br />

UdSSR angekreidet.<br />

Auch an das Abdriften der Russischen<br />

Föderation auf Drittwelt-Niveau<br />

zu Regierungszeiten von Boris<br />

Jelzin, insbesondere in Bezug auf die<br />

militärische Stärke des Landes, die<br />

unzureichende weltwirtschaftliche<br />

Schlagkraft <strong>und</strong> die ausufernde Kriminalität<br />

auf allen Ebenen der Gesellschaft,<br />

möchte heute in Jekaterinburg<br />

niemand mehr erinnert werden,<br />

nicht zuletzt, weil die Stadt in<br />

den letzten 15 Jahren einen stürmischen<br />

Aufschwung genommen hat.<br />

Eine der maßgeblichen Ursachen<br />

da<strong>für</strong> ist die beachtliche Aufrüstung<br />

der russischen Streitkräfte unter den<br />

Regierungen von Wladimir Putin <strong>und</strong><br />

Dimitri Medwedjew, die <strong>für</strong> gut gefüllte<br />

Auftragsbücher der in <strong>und</strong> um<br />

Jekaterinburg angesiedelten Rüstungsbetriebe<br />

geführt hat…<strong>und</strong> zu<br />

einer offiziellen Arbeitslosenquote<br />

von sage <strong>und</strong> schreibe 0,47 Prozent.<br />

Da der Umschwung in der früheren<br />

Sowjetunion wesentlich schleichender<br />

stattgef<strong>und</strong>en hat <strong>und</strong> nicht<br />

mit einem drastischen Schnitt mit der<br />

eigenen Vergangenheit einhergegangen<br />

ist, wie in der ehemaligen<br />

DDR, finden sich in Jekaterinburg<br />

heute noch zahlreiche Relikte aus<br />

der kommunistischen Periode. Vor<br />

dem Militärhauptquartier in der Leninallee<br />

grüßt Weltkriegsmarschall,<br />

Generalstabschef <strong>und</strong> Verteidigungsminister<br />

Georgi Schukow –<br />

der 1945 die bedingungslose Kapitulation<br />

der nationalsozialistischen<br />

Rumpfregierung in Empfang genommen<br />

hatte – als Sieger der<br />

Schlacht um Berlin hoch zu Roß die<br />

Vorübergehenden, am Oborony-<br />

Platz wird an die Heldentaten der<br />

Soldaten aus dem Ural bei der Verteidigung<br />

der UdSSR erinnert <strong>und</strong><br />

am Platz der Komsomolzen an die<br />

sozialistische Jugendorganisation.<br />

Selbstverständlich darf auch ein<br />

stattliches Lenindenkmal nicht fehlen;<br />

das 1933 unweit davon errichtete<br />

Stalin-Monument aus Granit fiel<br />

jedoch den Säuberungen nach seinem<br />

Tod zum Opfer.<br />

Überragt wird die Silhouette der<br />

„Hauptstadt des Ural“ seit einigen<br />

Jahren vom 198 Meter hohen<br />

„Wyssozki“-Turm, einem modernen<br />

Geschäftsgebäude, das als „nördlichster<br />

Wolkenkratzer der Welt“<br />

gefeiert wird. In den oberen Stockwerken<br />

des Turms befindet sich ein<br />

gepflegtes Restaurant, in dem sich<br />

auch gern die Schickeria von Jekaterinburg<br />

<strong>und</strong> manchmal die Halbwelt<br />

trifft, um nach guter russischer<br />

Sitte die Puppen tanzen zu lassen.<br />

Sowohl vom Restaurant als auch<br />

vom Dach des nach dem populären<br />

sowjetischen Dichter <strong>und</strong> Liedermacher<br />

Wladimir Wyssozki benannten<br />

Hochhauses bietet sich eine exzellente<br />

Panoramasicht auf das gesamte<br />

Stadtgebiet, den Fluß Isset,<br />

die großen Parkanlagen <strong>und</strong> natürlich<br />

auf das stolze Wahrzeichen Jekaterinburgs,<br />

die Kathedrale auf<br />

dem Blut.<br />

Um ihren Bekanntheitsgrad zu steigern,<br />

hatte sich Jekaterinburg neben<br />

Dubai, Izmir (Türkei) <strong>und</strong> São<br />

Paulo (Brasilien) als Ausrichter der<br />

Weltausstellung im Jahr 2020 beworben,<br />

war aber gnadenlos an der<br />

Hauptstadt der Vereinigten Arabischen<br />

Emirate gescheitert. Da<strong>für</strong><br />

wird zumindest das knapp 45.000


Zuschauer fassende Zentralstadion<br />

von Jekaterinburg, in dem der Fußballverein<br />

„Ural“ seine Heimspiele<br />

austrägt, im Sommer 2018 im Fokus<br />

des internationalen Interesses<br />

stehen, finden hier doch einige Vorr<strong>und</strong>enspiele<br />

der Fußball-Weltmeisterschaft<br />

in Rußland statt.<br />

Schwelle zwischen<br />

Europa <strong>und</strong> Asien<br />

Ein beliebtes Ausflugsziel von<br />

Jekaterinburg aus ist die Grenze<br />

zwischen Europa <strong>und</strong> Asien, die über<br />

eine gut ausgebaute Hauptstraße in<br />

etwa einer halben St<strong>und</strong>e zu erreichen<br />

ist. Gleich neben der Straße<br />

weist ein 2004 errichtetes Denkmal<br />

aus Stahl auf die ominöse Grenzlinie<br />

zwischen den beiden Kontinenten<br />

hin. Wer möchte, kann sich also<br />

mit einem Bein auf den europäischen<br />

Teil stellen <strong>und</strong> mit dem anderen<br />

auf den asiatischen…kaum<br />

ein Tourist, der sich diese Chance<br />

entgehen läßt. Am Denkmal wurden<br />

zwei Felsen aufgestellt, die vom portugiesischen<br />

Cabo da Roca – dem<br />

westlichsten Punkt Europas – <strong>und</strong><br />

dem Kap Deschnew als östlichstem<br />

Punkt Asiens stammen <strong>und</strong> die enge<br />

Verbindung der beiden Erdteile symbolisieren<br />

sollen. Viele Hochzeitspaare<br />

kommen an das Denkmal,<br />

um im angrenzenden Wald ein buntes<br />

Bändchen an einen Baum zu<br />

knüpfen, was Glück bringen soll.<br />

Begrüßt werden die Besucher mit<br />

Brot, Salz <strong>und</strong> reichlich Wodka von<br />

der singenden „Königin der Kupferberge“<br />

<strong>und</strong> erhalten später ein Zertifikat,<br />

das das Überschreiten der<br />

Grenze bestätigt. Im Winter werden<br />

H<strong>und</strong>eschlittenfahrten angeboten.


Angesichts der Entfernung von<br />

Deutschland <strong>und</strong> der Dominanz<br />

Moskaus <strong>und</strong> Sankt Petersburgs als<br />

die Destinationen <strong>für</strong> Städtereisen in<br />

Rußland dürfte Jekaterinburg bei<br />

allen Initiativen, aus dem Schatten<br />

der beiden Schwergewichte herauszutreten,<br />

auch zukünftig hauptsächlich<br />

ein Ziel <strong>für</strong> Geschäftsreisende<br />

sowie <strong>für</strong> Fahrgäste der Transsibirischen<br />

Eisenbahn bleiben, die auf<br />

ihrem 8998 Kilometer langen Weg<br />

von Moskau nach Wladiwostok am<br />

Kilometer 1769 in Jekaterinburg<br />

eintrifft. Einmal wöchentlich gibt es<br />

sogar einen durchgehenden Kurswagen<br />

der Russischen Staatsbahn<br />

von Berlin nach Jekaterinburg.<br />

Wesentlich einfacher ist Jekaterinburg<br />

über den modernen internationalen<br />

Flughafen Kolzowo (etwa<br />

vier Millionen Passagiere pro Jahr,<br />

Tendenz steigend) zu erreichen, der<br />

Hauptsitz <strong>und</strong> Ausbildungszentrum<br />

der hier ansässigen Fluggesellschaft<br />

„Ural Airlines“ ist (siehe nächste Seite).<br />

Eine direkte Flugverbindung besteht<br />

von München. Erschwerend <strong>für</strong><br />

Individualreisen sind die restriktiven<br />

Visaregelungen der Russischen Föderation,<br />

die <strong>für</strong> die Erteilung eines<br />

kostenpflichtigen Einreisevisums die<br />

Einladung eines Gastgebers oder<br />

Reiseunternehmens sowie die Einreichung<br />

zahlreicher Dokumente wie<br />

Arbeitsplatz- oder Einkommensbescheinigung<br />

verlangt.<br />

russische-botschaft.de<br />

Der Zeitraum <strong>für</strong> Reisen nach Jekaterinburg<br />

<strong>und</strong> in den Ural bleibt<br />

wegen des trockenen Kontinentalklimas<br />

weitgehend auf die Monate Mai<br />

bis September beschränkt. Im kurzen<br />

Hochsommer kann es jedoch in<br />

der Westsibirischen Tiefebene ausgesprochen<br />

heiß werden. Der Winter<br />

dauert etwa sechs Monate, dann<br />

herrschen nicht selten Temperaturen<br />

von minus 25° Celsius, die<br />

nachts auf deutlich unter 40 Grad<br />

absinken können.


Drehkreuz<br />

zwischen Europa<br />

<strong>und</strong> Asien: Flughafen<br />

Jekaterinburg-Kolzowo<br />

Nicht zuletzt durch die Zunahme des Flugverkehrs vom europäischen Teil Rußlands<br />

nach Asien konnte sich der Flughafen Kolzowo als wichtiges Drehkreuz<br />

<strong>und</strong> Premium-Airport etablieren. Seit seiner Gründung vor 22 Jahren hat die<br />

„Ural Airlines“ als sechstgrößte russische Linienfluggesellschaft – hinter dem<br />

Branchenprimus Aeroflot sowie Transaero, UtAir, S7 <strong>und</strong> Rossiya – in Jekaterinburg<br />

ihren Sitz.<br />

Das historische Empfangsgebäude des Flughafens<br />

Kolzowo wurde ebenfalls im typisch<br />

sowjetischen Baustil errichtet.<br />

Dank der modernen Flotte, die<br />

ausschließlich aus Maschinen der<br />

A320-Familie besteht, genießt die<br />

am 28. Dezember 1993 aus der<br />

„Swerdlovsk Air“ ausgegründete<br />

„Ural Airlines“ innerhalb des Landes<br />

hohes Ansehen, worauf auf die starke<br />

Steigerung der Passagierzahlen<br />

auf mehr als 3,5 Millionen schließen<br />

lässt. Derzeit umfasst die Flotte<br />

mehr als 30 Maschinen, weitere<br />

sechs sind bereits geordert, um die<br />

Zahl der Flugziele in Europa <strong>und</strong><br />

Asien weiter zu erhöhen. Von München<br />

<strong>und</strong> saisonal auch Österreich<br />

aus direkt zu erreichen, bietet sich<br />

vom Flughafen Kolzowo aus die Gelegenheit,<br />

acht der ehemaligen So-


wjetrepubliken sowie Ziele in China<br />

<strong>und</strong> der Mongolei mit nur einem<br />

Zwischenstop zu erreichen. Über ostasiatische<br />

Partner wie Hainan Airlines,<br />

Air China <strong>und</strong> China Southern<br />

werden auch nahezu alle chinesischen<br />

Metropolen angeboten. Die<br />

28 Inlandsflugziele reichen von<br />

Norilsk <strong>und</strong> Jakutsk im Norden,<br />

Petropawlowsk-Kamtschatky <strong>und</strong><br />

Wladiwostok im Osten bis hin zu<br />

Moskau (sieben Flüge pro Tag) <strong>und</strong><br />

Sankt Petersburg im Westen. Codeshare-Partner<br />

in Mitteleuropa ist die<br />

Czech Airlines.<br />

Preiswerte Flüge bietet Ural Airlines<br />

insbesondere auf der Route von<br />

München nach Moskau-Domodjedowo<br />

an. One-Way-Tickets sind<br />

über die Website uralairlines.ru bereits<br />

ab 40 Euro erhältlich. Die Lufthansa<br />

hat ihre Direktflüge von<br />

Frankfurt nach Jekaterinburg aus<br />

Kostengründen eingestellt.<br />

Als eine der wenigen russischen<br />

Airlines verfügt Ural Airlines am Unternehmensstandort<br />

am Flughafen<br />

Kolzowo über ein modernes Ausbildungszentrum<br />

mit einem Airbus-Simulator,<br />

auf dem die Piloten regelmäßig<br />

bei der Bewältigung diverser<br />

Gefahrensituationen geschult werden.<br />

Zudem stellt „Ural Airlines“ den<br />

2012 in Betrieb genommenen Simulator<br />

anderen Fluggesellschaften <strong>für</strong><br />

deren Ausbildung zur Verfügung.<br />

Auch ein Trainingszentrum <strong>für</strong> die<br />

Kabinencrews wurde eingerichtet.<br />

uralairlines.ru


Leuchttürme moderner Architektur<br />

in „Big Apple“<br />

Hoch über Manhatten öffnet das „One World<br />

Observatory“ seine Pforten, im Meatpacking District<br />

wird das neunstöckige Gebäude des „Whitney Museum<br />

of American Art“ seiner Bestimmung übergeben.<br />

„One World Observatory“, das sehnlichst erwartete Ausflugsziel<br />

<strong>und</strong> „Kronjuwel“ des 541 Meter hohen „One World Trade Centers“,<br />

wird nach seiner Fertigstellung im späten Frühjahr dieses Jahres<br />

eröffnet. Unterhalb der Spitze des architektonischen W<strong>und</strong>erwerks<br />

gelegen, <strong>und</strong> zwar vom 100. bis zum 102. Stockwerk, bietet die<br />

dreistöckige Aussichtsplattform einen unvergleichlichen Panorama-<br />

Ausblick auf New York City, Lower Manhatten <strong>und</strong> die die Millionenmetropole<br />

umgebenden Gewässer. Insgesamt fünf Aufzüge, die sogenannten<br />

„Sky Pods“, bringen die Besucher in weniger als 60 Sek<strong>und</strong>en<br />

an die Spitze des Wolkenkratzers, der wie seine Vorgänger<br />

die Skyline der Stadt dominiert <strong>und</strong> von seinen Erbauern als „Leuchtfeuer<br />

der Hoffnung sowie als monumentales Symbol der Erneuerung<br />

<strong>und</strong> Wiedergeburt“ gepriesen wird.<br />

Foto: NYC & Company | nycgo.com


Das mit innovativen Technologien<br />

ausgestattete „One World Observatory“<br />

wird sich über insgesamt 11000<br />

Quadratmeter erstrecken <strong>und</strong> unter<br />

anderem mehrere Restaurants beherbergen,<br />

aber auch über die Architektur<br />

des Gebäudes <strong>und</strong> die am<br />

Bau beteiligten Arbeiter aus aller<br />

Welt informieren. Der „City Pulse“<br />

in der 100. Etage soll als „Interaktiver<br />

Botschafter“ fungieren, der die<br />

Sehenswürdigkeiten der Stadt erklärt<br />

<strong>und</strong> auf Fragen der Besucher eingeht.<br />

In der untersten Etage des<br />

„One World Observatory“ befindet<br />

sich auch das „Sky Portal“, ein etwa<br />

fünf Meter großer Glasboden, durch<br />

den sich ein einzigartiger Blick auf<br />

die Straßen unter den Füßen des<br />

Betrachters werfen läßt – allerdings<br />

in Echtzeit <strong>und</strong> HD auf die Scheibe<br />

projiziert.<br />

Eintrittskarten <strong>für</strong> das „One World<br />

Observatory“ können bereits jetzt<br />

online gebucht werden. Ganz billig<br />

ist das Vergnügen allerdings nicht:<br />

Der Eintrittspreis beträgt <strong>für</strong> Erwachsene<br />

ab 13 Jahre 32 Dollar, Kinder<br />

im Alter zwischen sechs <strong>und</strong> zwölf<br />

Jahren bezahlen 26 Dollar, Senioren<br />

im Alter über 65 immerhin noch<br />

30 Dollar. Für Kinder unter sechs<br />

Jahren ist der Eintritt frei.<br />

oneworldobservatory.com<br />

Foto: NYC & Company | nycgo.com


Fotos: NYC & Company | nycgo.com<br />

Auch das neue Gebäude des<br />

„Whitney Museum of American Art“<br />

im Meatpacking District – eines der<br />

ambitioniertesten Kulturprojekte in<br />

New York in diesem Jahrzehnt – öffnet<br />

seine Pforten am 1. Mai. Das<br />

von Stararchitekt Renzo Piano entworfene<br />

Gebäude befindet sich an<br />

der Gansevoort Street zwischen High<br />

Line <strong>und</strong> Hudson River <strong>und</strong> beherbergt<br />

einen Großteil der umfangreichen<br />

Whitney-Sammlung an moderner<br />

<strong>und</strong> zeitgenössischer amerikanischer<br />

Kunst des 20. <strong>und</strong> 21. Jahrh<strong>und</strong>erts.<br />

Das neunstöckige Gebäude<br />

ermöglicht eine enorme Erweiterung<br />

der bislang eingeschränkten<br />

Ausstellungs- <strong>und</strong> Arbeitsmöglichkeiten,<br />

bietet es doch mit einer Fläche<br />

von 20.500 Quadratmetern<br />

eine etwa doppelt so große Platzkapazität<br />

wie sein Vorgänger. Das<br />

Gebäude verfügt neben einem Ausbildungszentrum<br />

auch über ein<br />

Mehrzweck-Theater, eine Galerie <strong>für</strong><br />

Film- <strong>und</strong> Video-Performances, ein<br />

Restaurierungslabor sowie eine umfangreiche<br />

Bibliothek.<br />

Für die eigentliche Ausstellung stehen 4600<br />

Quadratmeter zur Verfügung, darunter die größte<br />

stützenfreie Museumsgalerie in New York mit<br />

etwa 1200 Quadratmetern. Das 1931 von Gertrude<br />

Vanderbilt Whitney gegründete Museum<br />

verzeichnet in seiner Sammlung etwa 20.000<br />

Kunstwerke von über 2800 Künstlern, darunter<br />

neben Gemälden, Zeichnungen <strong>und</strong> Drucken<br />

auch Skulpturen, Fotografien, Installationen <strong>und</strong><br />

Videokunst. Ausgestellt werden unter anderem<br />

Arbeiten von Edward Hopper, Andy Warhol, Roy<br />

Lichtenstein, Keith Haring, Joan Mitchell <strong>und</strong> Robert<br />

Rauschenberg. whitney.org


WELTKULTURERBE<br />

Bei einer Entdeckungsreise auf den<br />

Spuren von Christoph Kolumbus erweist<br />

sich die pulsierende Millionenstadt<br />

als architektonische Schatzkammer<br />

Nur sechs Jahre nach der Entdeckung Amerikas durch Christoph<br />

Kolumbus’ jüngeren Bruder Bartolomeo gegründet, gilt Santo Domingo<br />

de Guzmán, die Hauptstadt der Dominikanischen Republik,<br />

als eine der geschichtsträchtigsten, vor allem aber neben Havanna<br />

authentischsten Karibik-Metropolen. An der Mündung des Rio Ozama<br />

errichtet, strahlen die bulligen Trutzburgen aus dem frühen 16. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

bis heute eine einzigartige Faszination aus <strong>und</strong> vermitteln<br />

einen Eindruck von jener legendenumwobenen Epoche, als der<br />

genuesisch-spanische Seefahrer erstmals in der „Neuen Welt“ seinen<br />

Anker warf – <strong>und</strong> damit die bis weit ins 20. Jahrh<strong>und</strong>ert andauernde<br />

Versklavung <strong>und</strong> Ausrottung zahlloser indigener Völker zwischen<br />

Alaska <strong>und</strong> Feuerland in Gang setzte.<br />

Während sich am Tag zahllose, mit<br />

klimatisierten Reisebussen aus ihren<br />

gepflegten Urlaubsressorts an der<br />

Küste herangekarrte Touristengruppen<br />

aus Europa <strong>und</strong> den USA durch<br />

die engen Straßen der Altstadt von<br />

Santo Domingo kämpfen, um einen<br />

Blick auf die 500 Jahre alten Sehenswürdigkeiten<br />

aus der Zeit der<br />

Kolumbus-Brüder zu werfen, schwillt<br />

das pulsierende karibische Treiben<br />

in den Abendst<strong>und</strong>en merklich ab.<br />

Nach Sonnenuntergang schlendern<br />

nur noch wenige Menschen über die<br />

Plaza de la Hispanidad, die vom<br />

stattlichen Alcázar de Cólon, dem<br />

früheren Palast des spanischen Vizekönigs,<br />

gesäumt wird – da<strong>für</strong> stöbern<br />

wahre Heerscharen von streunenden<br />

H<strong>und</strong>en auf der immerwährenden<br />

Suche nach etwas Nahrung<br />

durch die angrenzenden Grünanlagen.<br />

Der Anfang des 16. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

von Diego Kolumbus, dem ältesten<br />

Sohn des Seefahrers, erbaute<br />

Palast diente der spanischen Kro-


ne ein paar Jahrzehnte lang als Residenz<br />

<strong>und</strong> rottete dann vor sich hin;<br />

erst Mitte des vergangenen Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

liebevoll restauriert, beherbergt<br />

er heute eines der besten Museen<br />

des Landes.<br />

Nach Sonnenuntergang versammeln<br />

sich die Bewohner der angrenzenden<br />

Viertel an den seewärts zeigenden<br />

Kanonen, um ein bißchen<br />

Baseball zu spielen, zu flirten oder<br />

einfach nur zeitungslesend die letzten<br />

Strahlen zu genießen, bevor sich<br />

die abendliche Kühle über die quirlige<br />

Karibik-Millionenstadt senkt.<br />

Da<strong>für</strong> pulsiert in den kleinen Kneipen<br />

das pralle dominikanische Alltagsleben.<br />

Ausgelassen <strong>und</strong> unbeobachtet<br />

von ausländischen Handy-<br />

Kameras <strong>und</strong> verrückt grinsenden<br />

Selfie-Profilneurotikern schwingen<br />

die jungen Tänzer zu schwülstigen<br />

Merengue- <strong>und</strong> Bachata-Klängen<br />

ihre Hüften <strong>und</strong> lassen lautstark bis<br />

in die frühen Morgenst<strong>und</strong>en die<br />

Flaschen kreisen. Nur im morgendlichen<br />

Dämmerlicht, unmittelbar vor<br />

dem Sonnenaufgang, scheint die<br />

riesige Stadt in einen kurzen Sek<strong>und</strong>enschlaf<br />

zu verfallen, der fast beängstigend<br />

wirkt, bevor die unerschütterliche<br />

Lebensfreude der Einwohner<br />

von Santo Domingo dieser<br />

scheinbaren Stagnation ein Ende<br />

bereitet.<br />

Weltkulturerbe<br />

der UNESCO seit mehr<br />

als zwei Jahrzehnten<br />

Von der UNESCO schon vor über<br />

20 Jahren zum Weltkulturerbe erhoben,<br />

vermittelt die koloniale Altstadt<br />

von Santo Domingo de Guzmán –<br />

wie die Metropole der República<br />

Dominicana mit ihren schätzungsweise<br />

drei Millionen Einwohnern offiziell<br />

heißt – mit ihren wehrhaften<br />

Mauern <strong>und</strong> Festungsanlagen einen<br />

beredten Eindruck davon, mit welcher<br />

Vehemenz die spanischen Eroberer<br />

den neuen Kolonien ihren<br />

Stempel aufdrückten. Bereits 1502,<br />

also nur weitere sechs Jahre nach<br />

der Gründung von Santo Domingo,<br />

wurde das massive Fortaleza Ozama<br />

errichtet, das heute als älteste<br />

noch existierende Verteidigungsanlage<br />

der Spanier in Amerika gilt<br />

<strong>und</strong> ausgesprochen gut erhalten ist.<br />

Vom Torre del Homenaje, dem imposanten<br />

Turm der Festung, bietet<br />

sich ein hervorragender Ausblick<br />

über den namensgebenden Rio<br />

Ozama, der in Santo Domingo in<br />

das karibische Meer mündet, sowie<br />

große Teile der Altstadt.<br />

Nur ein paar Minuten entfernt befindet<br />

sich mit der zwischen 1521<br />

<strong>und</strong> 1540 errichteten Basilica Santa<br />

María la Menor de la Virgen de la<br />

Anunciación die älteste erzbischöfliche<br />

Kathedrale der Neuen Welt.<br />

Daß sie <strong>für</strong> ein katholisches Gotteshaus<br />

vergleichsweise spartanisch<br />

ausgestattet ist, liegt nicht zuletzt


Die 1521 errichtete Basilica Santa María la Menor de la Virgen de la Anunciación<br />

in Santo Domingo ist die älteste erzbischöfliche Kathedrale auf dem amerikanischen<br />

Kontinent (auch Seite 82). Die Fotos auf den vorherigen Seiten zeigen<br />

verrostete Kanonen im Fortaleza Ozama (Seite 80) <strong>und</strong> die Silhouette des Kolumbus-Denkmals<br />

(Seite 79). Gelegentlich musiziert vor der Kathedrale ein Ensemble<br />

des Militärs. Fernab der Touristenströme findet das Leben in Santo Domingo<br />

auch heute noch mehr oder weniger auf der Straße statt (Seite 77).<br />

daran, daß Santo Domingo immer<br />

wieder von Piraten <strong>und</strong> Freibeutern<br />

besetzt <strong>und</strong> ausgeplündert wurde.<br />

Auch der berühmt-berüchtigte Francis<br />

Drake stattete der Stadt im Jahr<br />

1586 einen zweifelhaften Besuch ab<br />

<strong>und</strong> gab sie erst wieder frei, als die<br />

Einwohner ihr Hab <strong>und</strong> Gut abgeliefert<br />

hatten. Bis zum 500. Jahrestag<br />

der Entdeckung Amerikas im<br />

Jahr 1992 beherbergte die Basilika<br />

auch die Gebeine von Christoph<br />

Kolumbus. Dann wurden sie in den<br />

modernen Faro a Colón – den sogenannten<br />

„Kolumbus-Leuchtturm“<br />

– in Santo Domingo Este überführt,<br />

der an die Christianisierung Amerikas<br />

erinnern soll. Vor dem Eingang<br />

des überdimensionalen Betonbauwerks<br />

steht das „Papamobil“, mit<br />

dem Papst Johannes Paul II. die Dominikanische<br />

Republik bereiste. Gegenüber<br />

der Kathedrale Santa María<br />

la Menor überragt das Kolumbus-


Daß die Basilica Santa María la Menor de la Virgen de la Anunciación vergleichsweise<br />

spartanisch wirkt, liegt daran, daß sie in der Vergangenheit immer wieder<br />

von Seeräubern überfallen <strong>und</strong> geplündert wurde. In den Mittagsst<strong>und</strong>en warten<br />

Souvenirverkäufer im Schatten der tropischen Laubbäume vor der Kathedrale<br />

auf ausländische K<strong>und</strong>en, während die meisten Bewohner Santo Domingos<br />

um diese Zeit ihre Siesta genießen.


Denkmal die tropischen Bäume am<br />

Parque de Cólon, in deren erholsamen<br />

Schatten die wartenden Fremdenführer<br />

in den glühendheißen Mittagsst<strong>und</strong>en<br />

ihre Siesta genießen<br />

<strong>und</strong> nicht ohne Mitleid die durch die<br />

drückende Hitze marschierenden<br />

Touristen beobachten.<br />

Ungeachtet der iberischen Tradition<br />

der Mittagsruhe kennt die wichtigste<br />

Fußgängerzone <strong>und</strong> Einkaufsmeile<br />

der Stadt, die direkt am Parque<br />

de Colón beginnende Calle El Conde,<br />

mit ihren unzähligen Souvenir<strong>und</strong><br />

Textilläden, Cafés <strong>und</strong> Restaurants<br />

keinen Stillstand. Bis tief in die<br />

Nacht bieten Händler ihre Waren<br />

oder zwielichtige Gesellen ihre Mädchen<br />

an. In einigen der Tabakwarenläden<br />

drehen die fingerfertigen „Torquedors“<br />

vor den Augen der K<strong>und</strong>schaft<br />

auf traditionelle Weise ihre<br />

würzigen Zigarren, die seit jeher zu<br />

den beliebtesten Mitbringseln aus<br />

der Dominikanischen Republik zählen<br />

<strong>und</strong> sich weltweit wachsender<br />

Beliebtheit erfreuen – nicht zuletzt als<br />

adäquater Ersatz <strong>für</strong> die in den Vereinigten<br />

Staaten bislang nur unter<br />

der Hand erhältlichen Havanna-<br />

Glimmstengel.<br />

Wie nah Licht <strong>und</strong> Schatten in Santo<br />

Domingo beieinander liegen,<br />

zeigt sich bei einem kurzen Spaziergang<br />

über eine der Brücken über<br />

den Rio Ozama. Auf dem Weg zum<br />

Faro a Colón schweift der Blick über<br />

eines der vielen Elendsviertel, die<br />

sich wie ein Krebsgeschwür durch<br />

ganz Santo Domingo Este ziehen.


Ein Abstecher in die rauhe Welt<br />

der Wellblechhütten ist alles andere<br />

als ratsam, in den Slums regiert das<br />

Gesetz der Straße, vor allem nachts<br />

trauen sich selbst dominikanische<br />

Polizisten nur mit kugelsicheren Westen<br />

in das Labyrinth. Wie blutig <strong>und</strong><br />

gnadenlos es in den verwinkelten<br />

Gassen zugeht, davon weiß „Redimido“,<br />

der bekannteste Hip-Hop<strong>und</strong><br />

Reggaeton-Musiker der Dominikanischen<br />

Republik, mehr als nur<br />

ein Lied zu singen. Schon als achtjähriger<br />

Junge in den Sumpf des<br />

Drogenhandels geraten, mußte er<br />

miterleben, wie drei seiner Brüder<br />

dem brutalen Bandenkrieg zum Opfer<br />

fielen – <strong>und</strong> sich wenig später<br />

auch noch seine Mutter das Leben<br />

nahm. Zum Christentum bekehrt,<br />

fing „Redimido“ schließlich an, eigene<br />

Texte zu vertonen <strong>und</strong> dem<br />

Elend eine musikalische Stimme zu<br />

verleihen.<br />

Eingangsportal zum Fortaleza Ozama (oben).<br />

Das von Kolumbus’ Bruder Bartololmeo errichtete<br />

Alcázar de Cólon an der Plaza de la<br />

Hispanidad (Seite 87 oben) diente einstmals<br />

als Palast des spanischen Vizekönigs <strong>und</strong> drohte<br />

im späten 20. Jahrh<strong>und</strong>ert komplett zu verrotten,<br />

bevor die dominikanische Regierung<br />

es sanieren ließ. Es beherbergt heute eines der<br />

besten Museen Mittelamerikas. Junge Straßenmusiker<br />

hoffen auf eine kleine finanzielle Zuwendung<br />

der Touristen (Seite 86 unten).<br />

Selbst von Armut geplagt, blicken<br />

viele Dominikaner auf der anderen<br />

Seite überaus arrogant <strong>und</strong> rassistisch<br />

auf die Armutsflüchtlinge aus<br />

dem Nachbarland Haïti herab, die<br />

vor allem in der Hauptstadt eine beachtliche<br />

Minderheit bilden <strong>und</strong> von<br />

den Einheimischen mitunter wie Zukkerrohrsklaven<br />

behandelt werden.<br />

Gern <strong>und</strong> mit zornigem Selbstbewußtsein<br />

betrachtet sich der durchschnittliche<br />

Einwohner der Dominikanischen<br />

Republik ungeachtet seiner<br />

wahren Hautfarbe als Abkömmling<br />

der Spanier, also als Weißer,<br />

während die Haïtianer als vermeintliche<br />

Schwarzen froh sein können,<br />

überhaupt geduldet zu werden.<br />

Auch wenn Santo Domingo direkt<br />

am Karibischen Meer liegt, gibt es<br />

in der Stadt kaum nennenswerte<br />

Strände – ein Großteil des Ufers ist<br />

felsig, die wenigen Sandstrände<br />

werden von den Nobelhotels beansprucht.<br />

Da<strong>für</strong> lohnt sich ein Ausflug<br />

zum Badeort Boca Chica, etwa<br />

30 Kilometer von Santo Domingo<br />

entfernt <strong>und</strong> preiswert mit dem Linienbus<br />

zu erreichen. Ursprünglich<br />

diente Boca Chica mit seinem feinen<br />

Sandstrand wohlhabenden einheimischen<br />

Zuckerrohrfarmern sowie<br />

dem früheren Diktator Raffael


Wilde tropische Blütenpracht im Fortaleza<br />

Ozama (oben). Das mittlerweile ausrangierte<br />

Papamobil nutze Papst Johannes Paul II. bei<br />

seinem umjubelten Besuch in der Dominikanischen<br />

Republik (unten). Es steht heute vor<br />

dem Haupteingang zum Faro a Cólon, einem<br />

1992 anläßlich des 500. Jahrestags der Entdeckung<br />

Amerikas durch Christoph Kolumbus<br />

errichteten kreuzförmigen Monumentalbau<br />

außerhalb des Stadtzentrums von Santo Domingo.<br />

In dem pompösen Denkmal im Inneren<br />

(Seite 89) sollen die Gebeine des Seefahrers<br />

liegen.


Trujillo – der die Hauptstadt von<br />

1936 bis 1961 selbstherrlich in „Ciudad<br />

Trujillo“ umbenennen ließ, bevor<br />

er von verzweifelten Verschwörern<br />

durch einen Maschinengewehr-<br />

Kugelhagel ins Jenseits befördert<br />

wurde – als noble Sommerresidenz,<br />

die nur über eine Privatstraße zu<br />

erreichen war. Nach Fidel Castros<br />

Revolution auf Kuba hatte Trujillo<br />

dem abgesetzten Diktatoren-Fre<strong>und</strong><br />

Fulgencio Batista in seinem Hotel in<br />

Boca Chica Asyl gewährt.<br />

Die Dominikanische Republik ist<br />

von Deutschland aus relativ gut <strong>und</strong><br />

preiswert zu erreichen, zumal seit<br />

etlichen Jahren neben den Touristenairports<br />

in Punta Cana <strong>und</strong> Puerto<br />

Plata auch der „Aeropuerto Internacional<br />

de Las Américas“ in Santo<br />

Domingo regelmäßig angeflogen<br />

wird. Darüber hinaus verfügt die<br />

Dominikanische Republik über ein<br />

gut ausgebautes Linienbusnetz, so<br />

daß Individualreisende aus den<br />

Touristenzentren im Norden <strong>und</strong><br />

Westen des Landes bequem <strong>für</strong> ein<br />

paar Euro in die Hauptstadt reisen<br />

können. Von Santo Domingo aus<br />

lassen sich Ausflüge in die tropischen<br />

Nationalparks des Landes wie den<br />

Parque Nacional Jaragua (Foto unten)<br />

mit seinen riesigen Flamingo-<br />

Kolonien organisieren. Auch nach<br />

Haïti verkehren Linienbusse – ein<br />

Abstecher in das vom Erdbeben gezeichnete<br />

Land sollte bei aller Entdeckerfreude<br />

derzeit allerdings nicht<br />

einmal ansatzweise in Erwägung gezogen<br />

werden, die Sicherheitslage<br />

insbesondere in der Hauptstadt Portau-Prince<br />

ist seit Jahrzehnten absolut<br />

katastrophal!


TERRA INCOGNITA<br />

Aufkeimende Hoffnung<br />

zwischen blutigen Spuren<br />

eines unbewältigten<br />

Bürgerkrieges<br />

Denkmalschützern <strong>und</strong> Kulturhistorikern auf der ganzen Welt dürfte am<br />

9. November 1993 vor Entsetzen die Kinnlade heruntergeklappt sein, als<br />

sie die Fernsehbilder aus dem damals vollkommen unzugänglichen Bürgerkriegsgebiet<br />

Bosnien-Herzegowina betrachteten. Um den wichtigsten<br />

<strong>und</strong> symbolträchtigsten Zugang vom kroatischen zum bosniakischen Teil<br />

der 75.000-Einwohner-Provinzhauptstadt Mostar zu unterbrechen, hatten<br />

kroatische Truppen die 1556 bis 1566 durch den osmanischen Baumeister<br />

Mimar Hajrudin im Auftrag von Sultan Süleyman I. errichtete<br />

Stari Most mit Granaten beschossen <strong>und</strong> schließlich zum Einsturz gebracht.<br />

1892


Mittlerweile wurde die imposante<br />

Bogenbrücke mit Unterstützung von<br />

UNESCO <strong>und</strong> Weltbank neu aufgebaut<br />

<strong>und</strong> vor elf Jahren mit einer feierlichen<br />

Zeremonie ihrer Bestimmung<br />

übergeben. Seither pilgern<br />

wieder tausende Touristen pro Tag<br />

über das historische Bauwerk, um<br />

von einem Teil der Altstadt in den<br />

anderen zu gelangen oder den Brükkenspringern<br />

zuzuschauen, die sich<br />

todesmutig von der Stari Most in die<br />

Tiefe stürzen, um ins eiskalte Wasser<br />

der wildromantischen Neretva<br />

abzutauchen <strong>und</strong> auf diese Weise<br />

ihren Mut <strong>und</strong> ihre Männlichkeit zu<br />

beweisen – gegen einen angemessenen<br />

Obolus der Zuschauer, versteht<br />

sich.<br />

Um die zwölf Meter hohe Brücke<br />

ranken sich unzählige Legenden.<br />

Weil Hajrudin angedroht worden<br />

war, daß ihm bei einem Einsturz der<br />

unter anderem aus Schafwolle, Eiern<br />

<strong>und</strong> Honig errichteten Stari Most<br />

der Kopf abgeschlagen würde, hatte<br />

er erst ein kleines Modell – die<br />

Kriva Cuprija – errichten lassen, die<br />

heute noch begangen werden kann<br />

<strong>und</strong> den Neretva-Zufluß Radobolja<br />

überspannt. Als seine Handwerker<br />

das stützende Gerüst entfernten, hatte<br />

sich der Architekt ins sichere Hinterland<br />

begeben <strong>und</strong> war nach<br />

Überbringung der Nachricht, daß<br />

sich seine Konstruktion als stabil erwiesen<br />

hatte, sofort in Richtung Türkei<br />

losgeritten, die er aber nie erreichte.<br />

Während der beschwerlichen<br />

Reise an einer Gelbsucht erkrankt,<br />

starb der Baumeister, ohne<br />

sein fertiggestelltes Meisterwerk jemals<br />

gesehen zu haben.


2005 in die Welterbeliste aufgenommen,<br />

gilt die Stari Most heute<br />

offiziell als Symbol <strong>für</strong> die friedliche<br />

Koexistenz der Völker von Bosnien-<br />

Herzegowina. Dank der bereits abgeschlossenen<br />

beziehungsweise in<br />

abgespeckter Form nach wie vor andauernden<br />

militärischen Präsenz der<br />

SFOR- <strong>und</strong> später EUFOR-Truppen,<br />

die seit dem Ende des vierjährigen<br />

Bosnienkrieges im Vielvölker-Balkanstaat<br />

präsent sind, scheint sich<br />

langsam aber sicher so etwas wie<br />

eine vorsichtige Annäherung der<br />

unterschiedlichen Nationalitäten zu<br />

entwickeln – was bleibt, ist der immer<br />

wieder aufschwelende Religionskonflikt,<br />

der momentan allerdings<br />

nur auf schwacher Flamme zu<br />

köcheln scheint. Nicht zuletzt, weil<br />

muslimische Bosniaken, katholische<br />

Kroaten <strong>und</strong> die wenigen verbliebenen<br />

orthodoxen Serben gleichermaßen<br />

vom wachsenden, aber noch<br />

deutlich entwicklungsfähigen Fremdenverkehr<br />

profitieren, wobei ein<br />

Großteil der Besucher als Tagestouristen<br />

von der kroatischen Adriaküste<br />

anreist <strong>und</strong> nicht in Mostar<br />

übernachtet, so daß viele Hotels,<br />

Pensionen <strong>und</strong> Restaurants am Rande<br />

des Existenzminimums oder weit<br />

darunter vegetieren.<br />

Allerdings: Normalität wird in Mostar<br />

ebenso wenig wie in ganz Bosnien-Herzegowina<br />

einziehen, so lange<br />

bewaffnete Soldaten zwischen<br />

den Touristen patrouillieren, die gemütlich<br />

durch die Altstadt pilgern<br />

oder im gemütlichen Restaurant<br />

„Kriva Cuprija“ am Flüßchen Radobolja<br />

ein kühles „Sarajevsko Pivo“<br />

zischen. Zumal die W<strong>und</strong>en, die der


lutige <strong>und</strong> durch unübersichtliche<br />

Frontverläufe geprägte Bürgerkrieg<br />

in der früheren jugoslawischen Teilrepublik,<br />

die 1991 ihre Unabhängigkeit<br />

erklärte, hinterlassen hat, bis<br />

heute noch deutlich zu sehen sind.<br />

Sowohl im kroatischen Teil auf dem<br />

westlichen Neretva-Ufer als auch in<br />

der bosniakischen Altstadt finden<br />

sich unzählige Ruinen, die durch<br />

schweren Beschuß zerstört wurden<br />

<strong>und</strong> das Stadtbild prägen – durchzogen<br />

von meterhohen Bäumen <strong>und</strong><br />

Sträuchern, die in den Schuttbergen<br />

prächtig gedeihen.<br />

„Smrt Faschismu“,<br />

Einschußlöcher <strong>und</strong><br />

Landminen<br />

R<strong>und</strong> um die Fenster bewohnter<br />

Häuser reihen sich unverputzte Einschußlöcher,<br />

die darauf hinweisen,<br />

daß von hier aus ein Heckenschütze<br />

auf frühere Nachbarn angelegt<br />

hatte, während an anderen Hausfassaden<br />

der kyrillische Schriftzug<br />

„Smrt Faschismu“ (Tod dem Faschismus)<br />

prangt. Durch die Belagerung<br />

<strong>und</strong> Einkesselung der Innenstadt<br />

konnten viele der im Bosnienkrieg<br />

gefallenen Männer, Frauen <strong>und</strong> Kinder<br />

nicht beerdigt werden, weil es<br />

einfach keinen Zugang zu den Friedhöfen<br />

mehr gab. Als einziger Ausweg<br />

blieb der Bevölkerung, die kleinen<br />

Parks in der Altstadt umzupflügen<br />

<strong>und</strong> enge, überfüllte Gräber<br />

anzulegen. Liebevoll gepflegt, werden<br />

sie auch dann noch auf einen<br />

sinnlosen Bürgerkrieg hinweisen,<br />

wenn der Rest der Stadt irgendwann<br />

einmal in ferner Zukunft wieder völlig<br />

aufgebaut ist…vorausgesetzt, es<br />

bleibt friedlich.<br />

Die Kämpfe haben einen extrem<br />

hohen Blutzoll gekostet: 250.000<br />

Todesopfer, davon 40 Prozent Zivilisten,<br />

sind zu beklagen; 2,2 Millio-


nen Menschen wurden durch die<br />

ethnischen Säuberungen aus ihren<br />

Heimatorten vertrieben, 50.000 vor<br />

allem bosniakische Frauen systematisch<br />

vergewaltigt – genaue Zahlen<br />

gibt es nicht, weil viele der Betroffenen<br />

aus Scham schweigen. Die Hälfte<br />

der Gebäude des Landes fiel dem<br />

Beschuß zum Opfer, darunter viele<br />

Kirchen, Moscheen <strong>und</strong> Kulturdenkmäler.<br />

Ganz Bosnien-Herzegowina<br />

ist ein großes Minenfeld, überall<br />

warnen Schilder davor, die befestigten<br />

Straßen zu verlassen. Jedes Jahr<br />

sterben immer noch zwischen zehn<br />

<strong>und</strong> zwanzig Menschen durch Landminen<br />

– wie sie jemals beseitigt werden<br />

sollen, weiß auch zwei Jahrzehnte<br />

nach dem Friedensschluß<br />

von Daytona niemand. Denn die<br />

ethnischen Spannungen, die den<br />

Zerfall Jugoslawiens in die sechs<br />

heute unabhängigen Teilrepubliken<br />

Kroatien, Slowenien, Serbien, Mazedonien,<br />

Montenegro <strong>und</strong> eben<br />

Bosnien-Herzegowina beschleunigt<br />

hatten, schwelen weiter <strong>und</strong> werden<br />

von ausländischen Interessengruppen<br />

befeuert.<br />

Nachdem die frühere autonome<br />

Region Kosovë ihre Unabhängigkeit<br />

von Serbien erklärt hat <strong>und</strong> international<br />

anerkannt wurde, überlegt in<br />

schöner Regelmäßigkeit auch die<br />

Regierung der bosnischen Teilrepublik<br />

Srpska, die 49 Prozent des Territoriums<br />

einnimmt, über eine Abspaltung<br />

nach. Ruhe wird so bald in<br />

Bosnien-Herzegowina nicht einkeh-<br />

Sämtliche Parks in der Innenstadt<br />

mußten während des Bürgerkrieges in<br />

Friedhöfe verwandelt werden, um die<br />

Gefallenen der Häuserkämpfe begraben<br />

zu können (links). Die Spuren des<br />

Krieges sind bis heute deutlich sichtbar<br />

(rechts). Die Fotos auf den vorigen<br />

Seiten zeigen sie Stari Most, wie<br />

sie sich heute den Besuchern zeigt.


en – schon allein, weil auch die<br />

wirtschaftliche Lage alles andere als<br />

zukunftsweisend ist. Geschätzt 40<br />

Prozent der Einwohner sind arbeitslos,<br />

die wirtschaftliche Entwicklung<br />

nimmt sich auf dem Papier zwar<br />

positiv aus, stagniert aber auf niedrigem<br />

Niveau. Positiv wirkt sich <strong>für</strong><br />

die Wirtschaft aus, daß Bosnien-<br />

Herzegowina seine Währung in den<br />

90er Jahren auf die D-Mark umgestellt<br />

hat. Nach der Euro-Umstellung<br />

ist es dabei geblieben, auch heute<br />

noch wird in Bosnien mit der „Marka“<br />

bezahlt.<br />

Doch von Depression ist in Mostar<br />

nicht viel zu verspüren: Abend <strong>für</strong><br />

Abend flanieren die Einwohner <strong>und</strong><br />

wenigen Touristen, die über Nacht<br />

in der im 15. Jahrh<strong>und</strong>ert gegründeten<br />

Stadt bleiben, durch die romantisch<br />

beleuchteten Altstadtstraßen<br />

<strong>und</strong> über die schmucke Stari<br />

Most, über die ein kühler Hauch<br />

aus den tiefen Gebirgsschluchten<br />

hinweg zieht, von denen<br />

Mostar umgeben ist.<br />

Motto…<strong>und</strong> manchmal bringen die<br />

st<strong>und</strong>enlangen nächtlichen Spaziergänge<br />

der jungen Leute auch die<br />

eine oder andere pfiffige Idee zutage,<br />

deren Umsetzung weltweit <strong>für</strong><br />

Aufmerksamkeit sorgt wie die Enthüllung<br />

einer Bruce-Lee-Statue<br />

durch die Mostarer Jugendgruppe<br />

„Städtische Bewegung“. Die Wahl<br />

war auf den verstorbenen Kung-Fu-<br />

Helden aus dem fernen Hongkong<br />

gefallen, weil er eine jener wenigen<br />

Figuren sei, mit denen sich alle Völker<br />

Bosnien-Herzegowinas gleichermaßen<br />

identifizieren können. Und<br />

wenn Bruce Lee nun sicher auch<br />

nicht der Inbegriff von Frieden <strong>und</strong><br />

Pazifismus ist: Wenn das Bekenntnis<br />

der bosnischen Jugend zum fernöstlichen<br />

Handkanten-Virtuosen dazu<br />

beiträgt, auch zukünftig kriegerische<br />

Handlungen zu verhindern, dann ist<br />

sicher allen geholfen. Zumindest bislang<br />

scheint es funktioniert zu haben,<br />

die Waffen schweigen.<br />

Sehen <strong>und</strong> gesehen<br />

werden,<br />

lautet das


Stari Most


Nur im Touristenviertel sind die Spuren<br />

des Krieges weitgehend beseitigt<br />

(oben), während das Land nach wie vor<br />

von Armut <strong>und</strong> Arbeitslosigkeit geprägt<br />

ist (unten). Die Stari Most verbindet<br />

den bosniakischen Teil Mostars,<br />

ber sie trennt die beiden so unterschiedlichen<br />

Bevölkerungsgruppen<br />

auch voneinander – nach wie vor hegen<br />

sie ein gehöriges Maß an Mißtrauen<br />

gegeneinander. Die Originalsteine<br />

liegen noch am Ufer der Neretva (Seite<br />

105).


Bosnien <strong>und</strong> Herzegowina<br />

(Bosna i Hercegovina)<br />

Hauptstadt: Sarajevo<br />

Fläche:<br />

51.129 km²<br />

Einwohner: 3.791.000 (48% Bosniaken,<br />

37% Serben, 14% Kroaten)<br />

Unabhängigkeit: 15. Oktober 1991<br />

Amtsprachen: Bosnisch, serbisch <strong>und</strong> kroatisch<br />

Währung: 1 Konvertible Mark = 100<br />

Fenninga<br />

Kfz-Kennzeichen: BiH<br />

Internet:<br />

ba<br />

Größte Städte: Sarajevo, Banja Luka, Tuzla,<br />

Zenica, Mostar<br />

Nachbarstaaten: Serbien, Kroatien, Montenegro<br />

Amtierender Fußball-<br />

Meister:<br />

Zrijnski Mostar<br />

Pokalsieger: FK Sarajevo<br />

Mostar<br />

Fläche:<br />

1175 km²<br />

Einwohner: 111.200<br />

Visafreie Einreise nach<br />

Bosnien-Herzegowina mit<br />

Reisepaß der Europäischen<br />

Union, beispielsweise über<br />

den bosnisch-kroatischen<br />

Grenzübergang Gradiška.


Innenhof einer kleinen Moschee im<br />

muslimischen Teil von Mostar (oben)<br />

Restaurant an der Kriva Cuprija, dem<br />

Modell der Stari Most.


Blick von der Stari Most auf den<br />

muslimischen Stadtteil von Mostar.<br />

Die Neretva bildete im Bürgerkrieg<br />

den hart umkämpften Frontverlauf.


„Germania“ nimmt drei neue<br />

Direktverbindungen in den Iran auf<br />

Oneway-Tickets nach Teheran <strong>und</strong> in die<br />

Pilgerstadt Stadt Mashhad bereits ab 99 Euro<br />

Neue Verbindung von Hauptstadt zu Hauptstadt: Die Fluggesellschaft „Germania“<br />

fliegt ab sofort zweimal wöchentlich immer mittwochs <strong>und</strong> sonntags von Berlin nonstop<br />

nach Teheran. Der Erstflug startete Ende Februar vom Flughafen Schönefeld<br />

zum Imam-Khomeini-Airport unweit der iranischen Hauptstadt.<br />

»Mit der Aufnahme der neuen Flugverbindung nach Teheran stärken wir nicht nur unseren<br />

Heimatflughafen, sondern leisten auch ein weiteres Bekenntnis zum Standort Berlin«, so Karsten<br />

Balke, Chief Executive Officer von „Germania“. Ergänzt wird das Angebot durch einen<br />

Germania-Direktflug von Düsseldorf nach Teheran. Die Strecke von Düsseldorf zum Imam-<br />

Khomeini-Airport wird künftig zweimal wöchentlich – <strong>und</strong> zwar montags <strong>und</strong> donnerstags –<br />

bedient. Teheran ist ein idealer Ausgangspunkt zur Besichtigung der zahlreichen iranischen<br />

UNESCO-Welterbestätten wie dem antiken Persepolis, durch die das touristisch überaus kontrastreiche<br />

<strong>und</strong> wirtschaftlich aufstrebende zentralasiatische Land immer stärker in den Fokus<br />

von Studien- <strong>und</strong> Individualreisenden sowie von Geschäftsreisenden rückt. Ebenfalls seit Ende<br />

Februar fliegt „Germania“ auch von Hamburg in die heilige Stadt Mashhad im nordöstlichen<br />

B<strong>und</strong>esstaat Razavi-Chorasan, <strong>und</strong> zwar einmal pro Woche.<br />

Flüge <strong>für</strong> alle drei Strecken sind oneway bereits ab 99 Euro inklusive Steuern <strong>und</strong> Gebühren<br />

über flygermania.de buchbar. Das Foto zeigt die Maschine des Hamburger Erstfluges.<br />

Fotos: Flughafen Hamburg


„Azal“: Ab Mai nonstop<br />

von Baku nach Berlin<br />

Der aserbaidschanische National-Carrier<br />

verbindet die beiden Hauptstädte<br />

reisenden, die auf Entdeckungstour<br />

entlang der alten Seidenstraße gehen<br />

<strong>und</strong> sich vom Mix aus Tradition<br />

<strong>und</strong> Moderne in Baku begeistern<br />

lassen. Auch Teile der faszinierenden<br />

Bergwelt werden touristisch erschlossen.<br />

Am Shahdag, dem zweithöchsten<br />

Berg des Landes, ist in den<br />

letzten Jahren ein Skiresort entstanden,<br />

das sich in den kommenden<br />

Jahren als Alternative zu herkömmlichen<br />

Skigebieten etablieren soll.<br />

Foto: Wikipedia<br />

Aserbaidschan wächst noch näher<br />

mit Europa zusammen: Die aserbai-<br />

dschanische Airline „Azal“ verbindet<br />

Baku ab 2. Mai zweimal wö-<br />

chentlich nonstop mit Berlin <strong>und</strong> bie-<br />

tet damit erstmals Direktflüge nach<br />

Deutschland an. Jeweils mittwochs<br />

<strong>und</strong> samstags bedient die Airline die<br />

Strecke von Hauptstadt zu Haupt-<br />

stadt mit einem Airbus A 319.<br />

Nicht nur Geschäftsreisende zieht<br />

es verstärkt ans Kaspische Meer: Die<br />

Südkaukasusrepublik wird auch als<br />

Urlaubsziel von immer mehr Touristen<br />

entdeckt, vor allem von Studien-<br />

Die Flugverbindungen starten<br />

pünktlich zu den Europaspielen in<br />

Baku. Vom 12. bis 28. Juni <strong>2015</strong><br />

rückt die aserbaidschanische Hauptstadt<br />

als Austragungsort der ersten<br />

Edition der Multisport-Veranstaltung<br />

ins Rampenlicht. Über 6.000 Athleten<br />

aus 49 Nationen werden Wettkämpfe<br />

in 20 olympischen wie auch<br />

nicht-olympischen Disziplinen austragen.<br />

In elf Sportarten geht es dabei<br />

auch um die Qualifikation <strong>für</strong><br />

die Olympischen Spiele 2016 in Rio<br />

de Janeiro, darunter Ringen, Boxen<br />

oder Schwimmen.<br />

azerbaijan.travel


Mit „WOW air“ <strong>für</strong> 169 Euro über<br />

den großen Teich<br />

Erstmals Flüge ab Berlin nach Boston <strong>und</strong> Washington D.C.


Vom 4. Juni an fliegt Islands Low Cost-Airline WOW air erstmals von Berlin-Schönefeld<br />

über das Drehkreuz Reykjavík nach Boston <strong>und</strong> Washington D.C. Die Flüge<br />

sind bereits jetzt auf der online buchbar. Mit den beiden neuen Reisezielen nimmt<br />

WOW air erstmals Verbindungen von Deutschland in die USA auf. Berlin <strong>und</strong><br />

Boston verbindet WOW air zwischen 4. Juni bis Ende August fünf Mal pro Woche<br />

mit einem bequemen Umstieg auf Island; von September bis März 2016 vier Mal<br />

wöchentlich. Nach Washington D.C. via der isländischen Hauptstadt fliegt die<br />

Airline ab dem 4. Juni vier Mal pro Woche ab Berlin-Schönefeld.<br />

Flughafen Keflavík<br />

Fotos: WOW Air<br />

Auf der ersten Etappe der Reise von Berlin<br />

zum Drehkreuz Reykjavík setzt WOW air<br />

den Flugzeugtyp Airbus A320 ein. Die Flüge<br />

von der Inselhauptstadt in die Vereinigten<br />

Staaten werden mit dem Flugzeugtyp<br />

Airbus A321 Extended Range betrieben, die<br />

von Islands einzigem Low-Cost-Carrier speziell<br />

<strong>für</strong> die neu ins Programm genommenen<br />

Atlantiküberquerung angeschafft <strong>und</strong><br />

Mitte März ausgeliefert wurden.<br />

»Wir sind sehr stolz darauf, unsere Flotte<br />

um zwei brandneue Airbus A321-Jets zu<br />

erweitern«, sagt WOW air CEO <strong>und</strong> Gründer<br />

Skúli Mogensen. »Mit dem niedrigen<br />

Kraftstoffverbrauch <strong>und</strong> der modernen<br />

Kabinenausstattung mit 200 Sitzplätzen<br />

können wir unseren Passagieren eine sehr<br />

komfortable Reise zu einem unschlagbaren<br />

Preis bieten.« Die neuen Jets vom Typ Airbus<br />

A321 sind mit Winglets ausgestattet.<br />

Diese speziellen Flügelelemente verringern<br />

den Luftwiderstand der Tragflächen <strong>und</strong><br />

senken den Treibstoffverbrauch auf 2,2 Liter<br />

pro Person auf 100 Kilometer.<br />

»Unsere neuen Flüge ab Deutschland in<br />

die Vereinigten Staaten sind ein wichtiger<br />

Meilenstein <strong>für</strong> uns«, kommentiert Skúli<br />

Mogensen, Gründer <strong>und</strong> CEO von WOW<br />

air. »Wir freuen uns, den Flughafen Keflavík<br />

<strong>für</strong> WOW air mehr <strong>und</strong> mehr zu einem internationalen<br />

Drehkreuz auszubauen <strong>und</strong><br />

Reisenden nun auch transatlantische Flüge<br />

zu einem günstigen Preis anbieten zu können.«<br />

Derzeit bietet WOW air Verbindungen ab<br />

Berlin-Schönefeld, Stuttgart, Düsseldorf <strong>und</strong><br />

Salzburg sowie 14 weiteren Destinationen<br />

in Europa zur isländischen Hauptstadt Reykjavík.<br />

Ab Berlin startet der isländische Low<br />

Cost-Carrier ganzjährig drei bis vier Mal pro<br />

Woche <strong>und</strong> in den Sommermonaten von<br />

Juni bis August sechs Mal wöchentlich nach<br />

Reykjavík. wow-air.de


„Economy Sleeper Class“<br />

bei „Air Astana“<br />

Preiswerte Liegemöglichkeiten auf<br />

Strecken von Europa nach Kasachstan<br />

<strong>und</strong> Ausbau des Stop-Over-Programms<br />

Air Astana, die mehrfach ausgezeichnete Fluglinie Kasachstans, hat<br />

die neue Beförderungsklasse Economy Sleeper Class auf Flügen von<br />

Frankfurt, Paris <strong>und</strong> London zum Astana International Airport mit<br />

der Boeing 757 eingeführt. Die Economy Sleeper Class ermöglicht<br />

es Passagieren, sich auf drei Economy-Class-Sitzen nebeneinander<br />

in Liegeposition zu entspannen <strong>und</strong> zu schlafen. Die von den Business-<br />

<strong>und</strong> Economy-Class-Kabinen abgetrennte Economy-Class-<br />

Sleeper-Kabine verfügt über bis zu zwölf Plätze pro Flug. Den Passagieren<br />

wird dazu ein Economy-Sleeper-Class-Kit mit spezieller Matratze<br />

sowie Kissen <strong>und</strong> Decke aus der Business-Class bereitgestellt,<br />

darüber hinaus genießen sie weitere Annehmlichkeiten wie Priority-Check-In<br />

<strong>und</strong> -Boarding, zusätzliches Freigepäck oder Zugang<br />

zur Business-Class-Lounge im Airport.


»Als Teil der stetigen Weiterentwicklung<br />

von Produkt <strong>und</strong> Service freut<br />

sich „Air Astana“ darüber, die neue<br />

Economy Sleeper Class einzuführen,<br />

die viele Annehmlichkeiten der Business<br />

Class bietet, jedoch preislich<br />

dem Tarifgefüge der Economy Class<br />

entspricht«, so Richard Ledger, Vice<br />

President Worldwide Sales bei „Air<br />

Astana“. »Ich bin zuversichtlich, daß<br />

unsere anspruchsvollen Passagiere,<br />

die zwischen europäischen Destinationen<br />

<strong>und</strong> Astana fliegen, dieses<br />

neue Reiseerlebnis sowie unseren<br />

mit vier Sternen ausgezeichneten<br />

Service genießen werden.«<br />

Zwischenzeitlich hat „Air Astana“<br />

begonnen, das Stopover-Programm<br />

seiner Tochtergesellschaft „Air Astana<br />

Holidays“ deutlich auszubauen.<br />

Statt zuvor acht enthält das Programm<br />

nunmehr 19 Hotels in der<br />

hochmodernen Hauptstadt Astana<br />

sowie in der Millionenmetropole Almaty<br />

(ehemals Alma Ata). Das erweiterte<br />

Programm bietet Passagieren<br />

einen zusätzlichen Anreiz zu einem<br />

Kurzaufenthalt in den beiden<br />

Städten, bevor sie mit „Air Astana“<br />

zu anderen Destinationen weiterfliegen,<br />

<strong>und</strong> schließt Hotelaufenthalte<br />

in den beiden Städten, Transfers<br />

vom <strong>und</strong> zum Flughafen im Privatwagen<br />

sowie optional eine halbtägige<br />

geführte City-Tour ein. Das Programm<br />

ist jeden Tag verfügbar <strong>und</strong><br />

kann von allen „Air Astana“-Passagieren,<br />

die in Astana oder Almaty<br />

ankommen, in Anspruch genommen<br />

werden. Die Package-Preise<br />

beginnen bei 100 US-Dollar pro<br />

Person in der Drei-Sterne-Hotelkategorie.<br />

Wintersportlern hält die<br />

Stadt Almaty ein eintägiges kostenloses<br />

Ski-Paket bereit, das in die<br />

stadtnahe Olympia-Region Shymbulak<br />

führt, die Miete <strong>für</strong> Skiausrüstung<br />

<strong>und</strong> einen Paß <strong>für</strong> die Skilifte einschließt.<br />

airastana.com


„Icelandair“: Nordlichter das ganze<br />

Jahr erleben<br />

Transatlantik-Flüge mit stylischem<br />

Aurora-Borealis-Flugzeug<br />

Das einzigartige Naturschauspiel der tanzenden Nordlich-<br />

ter konnte bisher nur an klaren <strong>und</strong> kalten Nächten im<br />

hohen Norden beobachtet werden. Mit „Icelandair“, der<br />

nationalen Airline Islands, können Reisende ab sofort den<br />

magischen Reigen der Nordlichter nun auch dann bestau-<br />

nen, wenn die äußeren Bedingungen es eigentlich nicht<br />

zulassen.<br />

Mit ihrem offiziellen Erstflug am 4. Februar wurde eine<br />

ganz besondere Maschine Teil der „Icelandair“-Flotte: Die<br />

auf Transatlantikflügen eingesetzte „Hekla Aurora“ verzaubert<br />

künftig den Himmel mit ihrer einzigartigen Nordlichter-Sonderlackierung.<br />

Doch nicht nur ihr Äußeres ist sommers<br />

wie winters Zeuge dieses einmaligen Lichtertanzes:<br />

Dank ausgeklügelter Beleuchtung<br />

huschen auch im Inneren Nordlichter<br />

durch die Boeing 757-200.<br />

Ein LED-System läßt statt der üblichen<br />

Beleuchtung auf einzigartige<br />

<strong>und</strong> zugleich realistische Weise<br />

bunte Lichter durch das Flugzeug<br />

tanzen. Der Inititationsflug der<br />

„Hekla Aurora“ führte am Wahrzeichen<br />

Reykjavik vorbei, der im<br />

Rahmen des „Winter Light Festivals“<br />

ebenfalls kunstvoll illuminierten<br />

Hallgrimskirkja. Mit an Bord<br />

war Birta Lif Kristindottir, eine bekannte<br />

isländische Meteorologin<br />

<strong>und</strong> frühere „Icelandair“-Pilotin, die<br />

den Passagieren die Hintergründe<br />

zum berühmten Naturphänomen erläuterte.<br />

Ab sofort wird die Nordlicht-Maschine<br />

auf sämtlichen Transatlantikstrecken<br />

zwischen Europa<br />

<strong>und</strong> Nordamerika eingesetzt.<br />

Mit der Wahl des Nordlicht-Themas<br />

betont „Icelandair“ nach eigenen<br />

Angaben die starke Verbindung<br />

zum Heimatflughafen. Die Kampagne<br />

ist Teil der erweiterten Stopover-<br />

Angebotes von „Icelandair“: Auf<br />

sämtlichen USA- <strong>und</strong> Kanadaflügen<br />

können Reisende einen bis zu siebentägigen<br />

Stopover-Aufenthalt in<br />

Island einlegen, ohne dass sich der<br />

Flugpreis erhöht.<br />

icelandair.de<br />

.de<br />

Fotos: Icelandair


Bis nach Sankt Petersburg: Ostsee-Radeln<br />

mit ADFC Hamburg <strong>und</strong> „Die Landpartie“<br />

1700 Kilometer Radvergnügen<br />

entlang der europäischen Ostsee<br />

erwartet wieder die Teilnehmer<br />

der geführten Reise „Von Hamburg<br />

nach St. Petersburg“, die<br />

bereits im vierten Jahr vom ADFC<br />

Hamburg <strong>und</strong> der „Landpartie<br />

Radeln <strong>und</strong> Reisen“ angeboten<br />

wird. Die mit der Goldenen Palme<br />

ausgezeichnete Tour, die im<br />

Juli startet, verbindet die reiche<br />

Kultur <strong>und</strong> die schönsten Ostsee-<br />

Strände von sechs Ländern Europas<br />

auf einzigartige Weise.<br />

Weiter als das Auge reicht: Europas Ostseeküste<br />

(oben links). Unberührte Natur zwischen Danzig <strong>und</strong><br />

Riga (rechts). Ankunft einer Gruppe in Sankt Petersburg<br />

(unten).<br />

Deutschland, Estland, Lettland, Litauen,<br />

Polen <strong>und</strong> Rußland verfügen<br />

alle über einzigartige Naturräume,<br />

eine reiche Kultur <strong>und</strong> die schönsten<br />

Ostsee-Strände. Das war Gr<strong>und</strong><br />

genug <strong>für</strong> den ADFC Hamburg <strong>und</strong><br />

den Oldenburger Veranstalter „Die<br />

Landpartie Radeln <strong>und</strong> Reisen“, diese<br />

sechs Länder in einer Radtour<br />

zusammenzuführen. »Unsere Reiseidee<br />

ist seit dem Start 2011 zu einem<br />

Bestseller geworden«, freut sich<br />

„Landpartie“-Geschäftsführer Thorsten<br />

Haase.<br />

Die Radreise Hamburg – Sankt<br />

Petersburg ist in drei Etappen eingeteilt,<br />

die über drei Jahre hinweg<br />

bereist werden können: Der erste Teil<br />

der Reiseroute führt von Hamburg<br />

nach Danzig. Im zweiten Teil radeln<br />

die Teilnehmer von Danzig nach<br />

Riga, im dritten bieten sich von Riga<br />

nach St. Petersburg weitere außergewöhnliche<br />

Erlebnisse. Damit es<br />

allen Radlern möglich ist, die ganze<br />

Strecke zu radeln, erhalten alle Teilnehmer<br />

ein Vorreservierungsrecht<br />

<strong>für</strong> die nächste Etappe. Die einzelnen<br />

Streckenabschnitte sind zwischen<br />

37 <strong>und</strong> 75 Kilometer lang.<br />

Übernachtet wird in Komforthotels.<br />

dielandpartie.de/radreisen-adfc<br />

Fotos: Landpartie Radeln <strong>und</strong> Reisen


Passend zu den Themen dieser Frühjahrsausgabe möchte das<br />

<strong>Reisemagazin</strong> <strong>BABYLON</strong> einige markante Musikproduktionen<br />

aus den betreffenden Ländern vorstellen. Bei allen Alben handelt<br />

es sich nicht um aktuelle Neuerscheinungen, sondern um<br />

Veröffentlichungen aus den Jahren 1994 bis 2011.<br />

Marrakesch: Fast schien es nach der Auflösung der legendären<br />

Rockband „Led Zeppelin“ unmöglich, die Musiker wieder zusammen<br />

auf die Bühne zu bringen. Dies gelang MTV mit dem „No<br />

Quarter“-Projekt, bei dem Sänger Jimmy Page <strong>und</strong> Gitarrist Roger<br />

Plant eine Reihe von Songs aufnahmen, die deutlich maghrebinische<br />

Einflüsse erkennen lassen. Unter tatkräftiger Mitwirkung<br />

nordafrikanischer Gnawa-Musiker, die Songs wie „Wah<br />

Wah“ oder „Yallah“ mit ihren traditionellen Instrumenten bereichern,<br />

entstand dabei ein atemberaubendes Akustik-Album, das<br />

sowohl in England <strong>und</strong> Wales als auch in Marokko eingespielt<br />

wurde. Bis heute unvergessen sind die Live-Aufnahmen von „City<br />

Don’t Cry“, bereits erwähntem „Wah Wah“ oder „Yallah“ auf dem<br />

nächtlichen Djemaa el Fna in Marrakesch. Das Album „No Quarter“<br />

von Jimmy Page <strong>und</strong> Robert Plant erschien 1994 bei Atlantic<br />

Records <strong>und</strong> zählt bis heute zu den wegweisendsten Einspielungen im Spannungsfeld<br />

von Rock- <strong>und</strong> Weltmusik, die DVD wurde erst im Jahr 2004<br />

nachgeschoben.<br />

Jekaterinburg: Zu den Rockmusik-Urgesteinen der Sowjetunion dürfen zweifelsohne die vier<br />

Herren von „Nautilus Pompilius“ zählen. Die wohl bekanntesten Vertreter des „Swerdlowsker<br />

Rocks“ genossen wegen ihrer gleichermaßen melancholischen wie kraftvollen<br />

Songs, die mitunter an eine rockige Variante von Gilbert Bécaud<br />

erinnern <strong>und</strong> dann wieder aus der Feder von Nina Hagen stammen<br />

könnten, bereits lange vor dem Zusammenbruch der UdSSR unerschütterlichen<br />

Kultstatus im gesamten Land. Mit ihren „Glasnost-Hymnen“<br />

konnten sich „Nautilus Pompilius“ den überdurchschnittlich hohen Bekanntheitsgrad<br />

auch noch ein paar Jahre darüber hinaus bewahren,<br />

bis letztendlich das Lesen zwischen den Zeilen, das die Popmusik der<br />

Ostblockstaaten über Jahrzehnte hinweg geprägt hatte, angesichts der<br />

über Rußland hinwegschwappenden westlichen Einflüsse kaum noch<br />

gefragt war. Nach 15 Jahren <strong>und</strong> 13 Alben löste sich die Band um<br />

Wjatscheslaw Butussow im Jahr 1997 auf, Nachfolgeprojekt ist das Quartett<br />

„Ju-Piter“. Das letzte Album von „Nautilus Pompilius“ mit dem Titel<br />

„Jablokitai“ erschien ebenfalls 1997.<br />

91


Färöer Inseln: Eigentlich ist es erstaunlich,<br />

welche Bandbreite an Musik<br />

die kleinen Färöer Inseln in den<br />

letzten Jahren hervorgebracht haben.<br />

Auch wenn die filigrane Liedermacherin<br />

Eivør Pálsdóttir gern als<br />

färöische Björk bezeichnet wird, hat<br />

die Sängerin <strong>und</strong> Gitarristin einen<br />

ganz eigenen Stil entwickelt, der sich<br />

am historischen Kettengesang der<br />

Färinger orientiert, aber auch moderne<br />

Pop- <strong>und</strong> Jazzeinsprengsel erkennen<br />

lässt. Anders als bei ihrer isländischen<br />

Kollegin strahlen die in<br />

färöischer Sprache gesungenen Lieder<br />

von Eivør Pálsdóttir – die auch<br />

als Sängerin in der Band „Clickhaze“<br />

mitwirkte – eine unglaubliche Ruhe<br />

<strong>und</strong> Gelassenheit aus, die mitunter<br />

fast zum Stillstand zu kommen<br />

scheint.<br />

1998 in Kopenhagen gegründete<br />

Band um Sänger Heri Joensen das<br />

Album „Valkyria“ (2013 bei „Metalblade“).<br />

Ausschließlich in englischer Sprache<br />

singt hingegen die Pop-Songwriterin<br />

Lena Anderssen, nicht zuletzt, weil<br />

sie in Kanada aufgewachsen <strong>und</strong><br />

erst im Alter von 17 Jahren auf die<br />

Färöer Inseln zurückgekehrt ist. Ihre<br />

jüngste, im Jahr 2011 erschienene<br />

CD „Letters from the Faroes“ wurde<br />

damals zum „Album des Jahres“<br />

gewählt. Bekannt wurde Lena Anderssen<br />

nicht zuletzt dadurch, daß<br />

sie zahlreiche Songs zu amerikanischen<br />

Erfolgsfernsehserien wie „90<br />

210“ oder „Scrubs“ beisteuerte.<br />

Alle hier genannten Alben sind über<br />

den Versandhandel erhältlich.<br />

Deutlich robuster <strong>und</strong> handgreiflicher<br />

geht es bei der färöischen<br />

Pagan- <strong>und</strong> Viking-Metal-Band „Týr“<br />

zu, die mittlerweile sechs Alben auf<br />

den Markt gebracht hat <strong>und</strong> deren<br />

Songs ebenfalls vom Kettengesang<br />

inspiriert sind. Vor allem auf den früheren<br />

Werke wie „Eric the Red“ <strong>und</strong><br />

„Ragnarok“ finden sich neben englischen<br />

Stücken auch etliche Songs<br />

in ihrer Heimatsprache, aber auch<br />

in Isländisch <strong>und</strong> Gøtudanskt. Als<br />

letztes Album veröffentlichte die


Auf dem „Skywalk der Wünsche“ können die<br />

Besucher der „Porzellanwelten Leuchtenburg“<br />

über dem Saaletal schweben<br />

Scherben bringen Glück<br />

Am internationalen Tag des Glücks eröffneten mit „Prolog“ <strong>und</strong> „Archiv<br />

der Wünsche“ die letzten zwei von insgesamt sieben Porzellanwelten<br />

auf der mittelalterlichen Leuchtenburg bei Kahla <strong>und</strong> mit ihnen<br />

gleich drei neue Besuchermagnete: die größte Vase der Welt mit<br />

einer Höhe von acht Metern, das kleinste, nur wenige Millimeter große<br />

Porzellangefäß sowie als besonderer Höhepunkt der „Skywalk der Wünsche“.<br />

»Wir präsentieren auf unserer Leuchtenburg in sieben Erlebnisräumen<br />

die Geschichte des Porzellans auf innovative Weise. Zugleich<br />

zeigen wir mit unseren neuen spektakulären Attraktionen, zu welchen<br />

Höhenflügen der Werkstoff Porzellan fähig ist <strong>und</strong> wie modern, vielfältig<br />

<strong>und</strong> faszinierend das Material ist«, erläutert Stiftungsvorstand <strong>und</strong><br />

Ideengeber Sven-Erik Hitzer.<br />

Foto: Porzellanwelten Leuchtenburg


Der 20 Meter über die mittelalterlichen<br />

Burgmauern hinausragende<br />

„Skywalk der Wünsche“<br />

aus Glas <strong>und</strong> Stahl ist ein neuer<br />

spektakulärer Aussichtspunkt<br />

in Thüringen. Über der<br />

Landschaft schwebend, können<br />

Besucher nach der Devise<br />

„Scherben bringen Glück“ ein<br />

Stück Porzellan in die Tiefe werfen,<br />

auf das sie vorher ihre Wünsche<br />

geschrieben haben. Die<br />

spektakuläre Installation ist Teil<br />

der neueröffneten Porzellanwelt<br />

„Archiv der Wünsche“.<br />

Eine bislang einmalige Verbindung<br />

von Kunst, Technik <strong>und</strong><br />

Statik präsentiert die Leuchtenburg<br />

mit der größten Vase der<br />

Welt. Die acht Meter hohe, säulenförmige<br />

Vase besteht aus 360<br />

Waben, die in der nahegelegenen<br />

Porzellanmanufaktur Reichenbach<br />

hergestellt wurden.<br />

Diese wurden vom mehrfach<br />

Lucas Cranach d.Ä.: Katharina von<br />

Bora, 1526. Unten: Wartburg.<br />

Foto: Porzellanwelten Leuchtenburg<br />

preisgekrönten, aus dem russischen<br />

Nordkaukasus stammenden Künstler<br />

Alim Pasht-Han mit kobaltblauen Motiven<br />

bemalt <strong>und</strong> teilweise mit Gold dekoriert.<br />

»Porzellan ist zart, zerbrechlich<br />

<strong>und</strong> irgendwie zickig«, so Pasht-Han.<br />

»Mich hat es fasziniert, aus diesem besonderen<br />

Stoff etwas Großes <strong>und</strong> bislang<br />

Einmaliges zu schaffen, das die<br />

Stärke dieses über Jahrtausende verwendeten<br />

Werkstoffs zum Ausdruck<br />

bringt«. Technik <strong>und</strong> Porzellan verbinden<br />

sich auch beim kleinsten Porzellan<br />

der Welt. Die nur wenige Millimeter<br />

große Maßanfertigung entstand in<br />

Kooperation mit dem Karlsruher Institut<br />

<strong>für</strong> Technologie (KIT). »Hier gab es<br />

eine zweifache Herausforderung: Wo<br />

liegt im Mikrobereich die Grenze <strong>für</strong> die<br />

Herstellung von Porzellan, <strong>und</strong> was ist<br />

mit moderner Technik trotzdem möglich«,<br />

so Sven-Erik Hitzer.


Foto: Porzellanwelten Leuchtenburg<br />

Alchemistenlabor


Foto: Porzellanwelten Leuchtenburg<br />

Am Brennofen (oben) entscheidet sich, ob ein kostbares Exponat<br />

entsteht…oder Ausschuß. Im schummrigen Alchemistenlabor kann<br />

sich jeder selbst an der richtigen Porzellanmischung probieren.


Mit der vollständigen Eröffnung<br />

der sieben „Porzellanwelten<br />

Leuchtenburg“ können Erlebnis-<br />

<strong>und</strong> Kulturbegeisterte aller<br />

Altersklassen eine spannende<br />

Zeitreise durch die faszinierende<br />

Welt des „weißen Goldes“<br />

erleben.<br />

Die von renommierten Ausstellungsgestaltern<br />

wie Libeskind-Schüler<br />

Michel J. Brown<br />

erschaffenen Erlebnisräume laden<br />

zum Staunen, Begreifen<br />

<strong>und</strong> Mitmachen ein – vom Herkunftsland<br />

des Porzellans („Das<br />

Fremde“), über die Entdeckung<br />

seiner Rezeptur in Europa („Das<br />

Rätsel“), dem weißen Gold als<br />

Status <strong>und</strong> Machtsymbol an den<br />

europäischen Höfen („Das Kostbare“)<br />

bis hin zum Einzug des<br />

Porzellans in das Alltagsleben<br />

(„Das Alltägliche“).<br />

Den Schwerpunkt der Porzellanwelten<br />

bildet die über 250-<br />

jährige Geschichte des Thüringer<br />

Porzellans: Was mit Georg<br />

Heinrich Macheleid, dem Gründer<br />

der „Aeltesten Volkstedter<br />

Porzellanmanufaktur“ begann,<br />

wandelte sich vom exklusiven<br />

Einzelstück zum bezahlbaren<br />

Produkt <strong>für</strong> alle. Ende des 19.<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts waren Thüringer<br />

Hersteller führend auf dem<br />

Markt; ihre Produkte wie Tischporzellan<br />

oder Isolatoren wurden<br />

in alle Welt geliefert. Bis<br />

1902 entstanden über 300 Porzellanmanufakturen.<br />

Am 11. <strong>und</strong> 12. April feiert der<br />

Freistaat seine Porzellantradition<br />

mit dem zweiten „Tag des<br />

Thüringer Porzellans“.<br />

leuchtenburg.de<br />

Foto: Porzellanwelten Leuchtenburg<br />

Prominenter Besuch: Hollywood-Star Kevin Costner (rechts) schenkte<br />

den „Porzellanwelten Leuchtenburg“ im vergangenen Jahr eine wertvolle<br />

Ming-Vase.


Kultur.<strong>•</strong>Tourismus. Geschichte.<br />

Akribisch recherchierte Reportagen aus<br />

Deutschland, Europa <strong>und</strong> Übersee.<br />

Kompakt <strong>und</strong> anspruchsvoll,<br />

auf hohem journalistischen Niveau.<br />

Vier <strong>Ausgabe</strong>n pro Jahr,<br />

illustriert mit authentischen Fotos.<br />

Das deutschsprachige<br />

Informationsmagazin <strong>für</strong> anspruchsvolle<br />

<strong>und</strong> gebildete Individualreisende.<br />

Themenschwerpunkte:<br />

Weltkulturerbe <strong>und</strong> Weltnaturerbe<br />

Kulturhauptstädte in Europa, Amerika <strong>und</strong> Arabien<br />

National Landmarks <strong>•</strong> National- <strong>und</strong> Naturparks<br />

Historische Ereignisse <strong>und</strong> Jubiläen<br />

Internationale Sportereignisse<br />

Grenzüberschreitende Tourismusprojekte<br />

Exotische Destinationen <strong>und</strong> Newcomer<br />

Tourismus in Kriegs- <strong>und</strong> Krisengebieten<br />

Weltraumtourismus<br />

Reisesicherheit <strong>und</strong> Reiserecht<br />

Aktuelle Informationen von<br />

Fremdenverkehrsämtern <strong>und</strong> Unternehmen<br />

<strong>BABYLON</strong><br />

erscheint zunächst viermal jährlich<br />

jeweils zum Beginn der kalendarischen<br />

Jahreszeiten. Alle<br />

namentlich gekennzeichneten<br />

Beiträge stellen die Meinung des<br />

Autors dar, die nicht mit der der<br />

Redaktion übereinstimmen muß.<br />

Fotocredits <strong>und</strong> Urheberrechtsangaben<br />

befinden sich – sofern<br />

erforderlich – auf der jeweiligen<br />

Magazinseite. Sämtliche Texte<br />

werden aus Gründen der sprachlichen<br />

Logik in der traditionellen<br />

deutschen Rechtschreibung von<br />

vor 1996 verfaßt. Die abgebildeten<br />

Anzeigen in dieser <strong>Ausgabe</strong><br />

Nummer 1<strong>•</strong><strong>2015</strong> dienen ausschließlich<br />

gestalterischen Zwekken<br />

<strong>und</strong> verkörpern keine aktuellen<br />

Angebote. Die nächste <strong>Ausgabe</strong><br />

erscheint am 21. Juni <strong>2015</strong>.<br />

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