Die Neue Hochschule Heft 2/2015
Zeitschrift des hlb Hochschullehrerbund e.V. Themenschwerpunkt: Kooperative Studienformen
Zeitschrift des hlb Hochschullehrerbund e.V.
Themenschwerpunkt: Kooperative Studienformen
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
58 KLEVE<br />
Das Erleben des Dekans<br />
Heiko Kleve<br />
Prof. Dr. Heiko Kleve<br />
Professor für soziologische<br />
und sozialpsychologische<br />
Grundlagen sowie Fachwissenschaft<br />
Sozialer Arbeit,<br />
Dekan<br />
Fachhochschule Potsdam<br />
Fachbereich Sozialwesen<br />
Friedrich-Ebert-Str. 4<br />
14467 Potsdam<br />
kleve@fh-potsdam.de<br />
http://sozialwesen.fh-potsdam.de/heikokleve.html<br />
<strong>Die</strong>ser Beitrag ist ein Zwischenresümee<br />
meiner ersten 20 Monate in der Ausübung<br />
des Amtes als Dekan. Da sich<br />
<strong>Hochschule</strong>n hinsichtlich der Aufgaben,<br />
Herausforderungen, Chancen und<br />
Risiken bezüglich der Fachbereichsoder<br />
Fakultätsleitungen wohl eher gleichen<br />
als unterscheiden und die Besonderheiten<br />
des Dekan/-in-Amtes mit den<br />
Strukturen deutscher <strong>Hochschule</strong>n<br />
zusammenhängen, sind die Reflexionen<br />
für andere Dekaninnen und Dekane<br />
grundsätzlich für alle Professorinnen<br />
und Professoren aufschlussreich.<br />
Postheroisches Fachbereichs -<br />
management<br />
Das Erleben von Dekaninnen und<br />
Dekane, also das Fühlen, Denken und<br />
Handeln der Personen, die sich in dieser<br />
Rolle befinden, ist ein Spiegel der Fachbereiche<br />
bzw. Fakultäten, ein Spiegel<br />
der Kollegenschaft mit ihren Konflikten,<br />
Problemen und verborgenen Themen<br />
– so lautet meine zentrale These.<br />
Mit den Worten der Psychoanalyse<br />
könnte auch formuliert werden: Dekaninnen<br />
und Dekane sind die Übertragungsflächen<br />
ihrer Kolleginnen und<br />
Kollegen und reagieren darauf freilich<br />
mit ihren Gegenübertragungen – einfacher<br />
gesagt: Dekaninnen und Dekane<br />
haben die Fachbereiche bzw. Fakultäten,<br />
die sie verdienen – und umgekehrt.<br />
Nach meinen bisherigen Erfahrungen<br />
komme ich zu dem Zwischenergebnis,<br />
dass Dekaninnen und Dekane im funktionalen<br />
Kern ihrer Rolle diejenigen<br />
Professorinnen und Professoren sind,<br />
die für ihre Kolleginnen und Kollegen<br />
vor allem Arbeitskräfte darstellen, die<br />
ihnen viel lästige Kommunikations-,<br />
Organisations- und Verwaltungsarbeit<br />
abnehmen – und das nicht nur innerhalb<br />
ihrer Organisationseinheit, sondern<br />
auch hinsichtlich der anderen<br />
Fachbereiche oder Fakultäten, der<br />
Hochschulleitung und der außerhochschulischen<br />
Umwelt.<br />
<strong>Die</strong> Arbeit von Dekaninnen und Dekanen<br />
ist (in Brandenburg und in zahlreichen<br />
anderen Bundesländern) eingebunden<br />
in flache Hierarchien, in Strukturen<br />
der fachbereichsinternen und der<br />
hochschulweiten akademischen Selbstverwaltungen<br />
– und das meines Erachtens<br />
zurecht. <strong>Hochschule</strong>n sollten im<br />
Sinne dieser klassisch universitären<br />
Managementkultur professoral geführt<br />
werden. Dennoch zeigen sich in diesen<br />
Strukturen – vielleicht insbesondere der<br />
Dekanin bzw. dem Dekan – Phänomene,<br />
die der Soziologe Stefan Kühl als<br />
„Tücken“ problematisiert und in einem<br />
Buch beschreibt, das den wunderbaren<br />
ironisch-provozierenden Titel trägt:<br />
„Wenn die Affen den Zoo regieren“. 1 In<br />
den flachen Hierarchien der Fachbereiche<br />
gibt es zwar Leitungspositionen,<br />
Dekan bzw. Dekanin. Aber das sind –<br />
ich sage wieder: zum Glück – Positionen,<br />
die zeitlich befristet mit dafür<br />
gewählten Personen besetzt sind. So ist<br />
der Dekan ein Primus inter Pares, ein<br />
Erster unter Gleichen, „ein Mitglied<br />
einer Gruppe, das dieselben Rechte<br />
innehat wie alle anderen auch, aber<br />
trotzdem eine erhöhte Ehrenstellung<br />
DNH 2 ❘ <strong>2015</strong>