test yamaha fz1 fazer abs gt

TEST
YAMAHA FZ1 FAZER ABS GT
34 Motorradfahrer 5/2007
mit Überraschungseffekten
Mutant
Yamaha zaubert aus dem Zubehör-
Programm der FZ1 Fazer ABS in Form der
»GT« ein neues Modell. Kultiviertere
Gasannahme und ABS gibt’s gleich dazu.
Die FZ1 Fazer
ABS GT paart
sportive Fahrdynamik
mit
hochwertigen
30-Liter-Koffern.
Die Zutaten für den Gen-
Mix der GT sind schnell
genannt:eine höhere Touring-Scheibe
(124,50 €), eine Unterbauverkleidung,
die aus der
Halbschalen-Fazer einen Fulldresser
macht (734,00 €), ein
Kofferanbausatz für 189,00 Euro
sowie die von der FJR bekannt
bewährten Hartschalenkoffer
mit in Fahrzeugfarbe lackierten
Deckeln zu 875,00 Euro. Ohne
die noch anfallenden Anbaukosten
kommt die derart aufgerüstete
FZ1 Fazer ABS auf einen
Preis von 12.611,50Euro. Als Sondermodell
FZ1 Fazer ABS GT bietet
Yamaha das Paket für 11.995
Euro deutlich günstiger an.
Nun kann man sich fragen, ob
Yamaha mit der FJR 1300 nicht
schon gut genug im Touren-
Segment aufgestellt ist, zumal
diese ja eh zu den sportlicheren
Vertretern ihrer Gattung zählt.
Und ob der »Hochleistungs-
High-Tech-Sportler mit Verkleidung«,
wie die FZ1 Fazer nach
Lesart des Herstellers heißt,
vielleicht ein wenig zu sehr
zweckentfremdet wird, wenn
das mit Koffern bewehrte Heck
auf 980 Millimeter Breite
wächst. Antwort nein: erstens,
weil Sportfahrer in einer leichten,
dynamischen Racer-Basis
eh für die bessere Wahl zum
Touren sehen. Zweitens eine GT
wieder zur Sportmaschine
zurückgerüstet werden kann.
Drittens, weil Yamaha die Mutation
der FZ1 Fazer ABS zum GT-
Lastesel gut gelöst hat. Denn einerseits
bringt die große Fazer
dank aufrechter Fahrer-Sitzposition
mit schön breitem, nicht
unnötig gekröpftem Lenker und
bequemer Rastenanordnung
für einen angenehmen Kniewinkel
gediegene Voraussetzungen
zum Kilometerfressen
mit. Andererseits sind ihre genetischen
Anlagen alles andere
als optimal für die Montage von
Gepäckbehältnissen, darauf
weisen dann auch das neue,
nach hinten versetze LED-Rücklicht
(das Originalteil ist außer
Funktion gesetzt) und die Zurückverlegung
der Blinker hin.
Sobald die GT vom Hauptständer
auf die Räder gleitet, wird
der positive Unterschied zum
»reinen« Sport-Tourer deutlich.
Die FZ1 Fazer ABS GT fühlt sich
schon beim Rangieren Klassen
leichter an. Im kompletten Touring-Ornat
wiegt sie vollgetankt
246 Kilo, wobei allein die
Koffer mit jeweils fünf Kilo zu
Buche schlagen. Das sind 20 Kilo
mehr, als die Basis-Version
Mit den
großflächigen
Verkleidungsseitenteilen
verliert
die 1000er-Fazer
ein wenig von
ihrer ursprünglichen
Macho-
Ausstrahlung.
wiegt, aber immer noch 46 Kilo
weniger, als etwa eine FJR 1300
auf die Waage bringt. Keine Frage,
dass die FZ1 Fazer im Touren-
Trimm in einer anderen Handling-Liga
spielt, beeindruckend
aber, wie souverän sie diesen
Job erledigt, wenn auch die Zuladung
auf bescheidene 164 Kilo
schrumpft.
Laut Betriebsanleitung soll die
FZ1 – wie das übrigens bei den
meisten anderen Herstellern
auch der Fall ist – mit Gepäckzubehör
nicht schneller als 130 gefahren
werden. Verständlich,
denn im Hinblick auf das insge-
Unter der Sitzbank sind gut zugänglich
die Batterie sowie das Werkzeugfach
untergebracht (links).
Der Vorspannring am Federbein ist
von außen zugänglich (unten).
Wichtig für den Touring-Einsatz:
Das ABS greift erst spät ein (links).
samt niedrige Gesamtgewicht
könnte sich das Gepäck – pro
Koffer sind zehn Kilogramm Zuladung
erlaubt – am Heck, zudem
hinter der Radachse angeordnet,
durchaus als Störfaktor
erweisen.
Unsere zur Nachahmung
nicht empfohlenen Praxistests
gingen natürlich weiter. Fehlt
der unmittelbare Vergleich zur
kofferlosen FZ, spürt der Fahrer
selbst bei sehr hohen Autobahngeschwindigkeiten
die
leeren Gepäckbehälter am Heck
praktisch nicht. Erst als beidseitig
Zehn-Kilo-Prüfgewichte ge-
laden waren, machte sich die
träge Masse am Heck – allerdings
in erster Linie bei niedrigen
Tempi in engen Wechselkurven
– bemerkbar. Außerdem
wurde logischerweise bei harten
Beschleunigungsmanövern
auf buckeligen Strecken die
Front schneller leicht. Shimmy
konnte indes nur beim Freihändig-Fahren
zwischen 70 und 60
sowie zwischen 40 und 30
km/h ausgemacht werden. So
schwach ausgeprägt, dass es
mit einer Hand am Lenker nicht
mal ansatzweise zu spüren ist.
Wesentlich mehr über die ho-
Technische Daten Yamaha FZ1 Fazer ABS GT
Motor: Leistung 150 PS (110,3 kW)
bei 11.000/min, max. Drehmoment
106 Nm bei 8000/min, flüssigkeitsgekühlterVierzyl.-Viertakt-Reihenmotor
mit Ölkühler, Hubraum 998
cm 3 , Bohrung x Hub 77,0 x 53,6 mm,
Verdichtung 11,5 : 1, fünf Ventile,
über zwei oben liegende Nockenwellen
und Tassenstößel betätigt,
Nasssumpf-Schmierung, Zünd-/
Einspritzelektronik, Saugrohr-ø 42
mm, E-Starter, geregelter Kat, Lima
560 W, Batterie 12V/12Ah
Kraftübertragung: Sechsgang-
Getriebe, mechanisch betätigte
Mehrscheiben-Nasskupplung, O-
Ring-Kette, Gesamtübersetzung:
10,2/8,3/7,1/6,1/5,4/4,9
Fahrwerk: Alu-Brückenrahmen,
angeschraubtes Alu-Heck, v. 43er-
USD-Gabel, Federbasis, Zug- und
Druckstufendämpfung einstellbar,
h. Alu-Zweiarmschwinge mit
hebelangelenktem Zentral-Federbein,
Federbasis und Zugstufendämpfung
einstellbar, Federweg
v./h. 130/130 mm
Räder: LM-Druckgussräder,
v. 3.50 x 17, h. 6.00 x 17, Serienreifen:
Michelin Pilot Road, v.
120/70-17, h. 190/50-17, v. zwei
Scheibenbremsen m. Vierkolben-
Festsätteln, ø 320 mm, h. Scheibenbremse
m. Einkolben-
Schwimmsattel, ø 245 mm
Gewicht: vollgetankt 246 kg,
zulässiges Gesamtgew. 410 kg,
Zuladung 164 kg
Tankinhalt: 18 l
Kosten: Preis 11.995 Euro plus Nk.,
Steuer 73,60 Euro pro Jahr
Garantie/Wartung: zwei Jahre ohne
km-Begrenzung/Inspektion bei
1000 km, dann alle 10.000 km
5/2007 Motorradfahrer 35

TEST
FZ1 FAZER ABS GT
Die Touring-Scheibe erhöht spürbar
den Windschutz (ganz oben).
Das kurze Originalheck erfordert
ein zweites Rücklicht (oben). Aus
dieser Perspektive wird die Baubreite
der Koffer deutlich (unten).
36 Motorradfahrer 5/2007
Messwerte Yamaha FZ1
he Grundstabilität der FZ 1 Fazer
sagt aber der Hochgeschwindigkeitstest
mit beladenen Koffern
aus: Auf ebener Autobahn
konnten wir ähnliche Tempi wie
mit den leeren Behältern fahren.
Erst in kurvigen, welligen Abschnitten
litt die Fahrstabilität
etwas, allerdings lagen die gefahrenen
Geschwindigkeiten
dabei immer noch weit über
dem, was der Hersteller für zulässig
erachtet. In Anbetracht
dessen, dass die
FZ1 Fazer konzeptionell
nur bedingt
für einen derartigen Einsatz
vorgesehen ist, ein hervorragendes
Ergebnis.
Ähnlich erstaunlich
wie die Fahrstabilität
fällt auch der
Windschutz aus. Obwohl
die Touring-Scheibe im
Prinzip nur eine verlängerte
Variante des Originalteils
darstellt, ist der Oberkörper
eines 1,85 Meter
großen Fahrers gut vor dem
Winddruck geschützt und die
»Beschallung« im Helmbereich
auf durchaus dauerhaft
erträglichem Niveau.
Beugt sich der Fahrer
nur ganz leicht nach vorn,
nimmt die Geräuschkulisse
sogar noch
deutlich ab.
Große Überraschung am Rande:Yamaha
hat offensichtlich –
offizielle Informationen liegen
beim deutschen Importeur
nicht vor – an der Motorsteuerung
nachgebessert. Fiel die
letztjährige Ausgabe der FZ1 Fazer
noch durch ihre rüde, knallharte
Gasannahme auf, die so
manche Linie versaut hat, besticht
die aktuelle Variante
durch saubere, weiche Gasannahme,
die selbst noch so verkorkste
Serpentinen zum Vergnügen
macht.
Zu den positiven Neuerungen
müssen wir auch das ABS
zählen, das am Vorderrad hohe
Verzögerungen zulässt und erst
sehr spät, etwas grob regelnd
eingreift.
Insgesamt bietet die neue Yamaha
FZ1 Fazer ABS GT also viel
mehr als nur ein aufgesatteltes
Zubehörpaket.
Text: Guido Saliger
Fotos: Christina Güldenring
Fazit
Edles Fahrwerk, starker Motor
mit nun kultivierter Gasannahme
und dazu ein Touring-
Paket, das den Charakter der
Maschine nicht verwässert –
was will man mehr. Denn ein
ABS ist jetzt auch an Bord.Wer
ein betont sportliches Motorrad
haben möchte, das auf der
Sommerurlaubsreise auch
noch gutfunktioniert,liegtmit
der FZ1 Fazer GT richtig.