Ausführlicher Bericht als PDF herunterladen... - CCS Aargau
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Region <strong>Aargau</strong><br />
www.ccs-aargau.ch<br />
Februar-Stamm – Ankern, aber richtig.<br />
Weil unser Captain Guido Schuler für ein paar Tage den<br />
winterlichen Verhältnissen entflohen ist, führt Vice-Captain Peter<br />
Strauss durch den Abend. Das Thema hat trotz Sportferien über 50<br />
Interessierte in den Saal des Hotel Ochsen in Lenzburg gelockt.<br />
Bevor er das Wort dem Referenten Hans Litscher, ehemaliger<br />
Captain unserer Nachbar-RG Basel, übergibt, dankt er dem<br />
Redaktor und Gestalter des Jahrbuchs 2010. Seit seiner Zeit <strong>als</strong><br />
Captain nimmt Erik Bruinsma die grosse Arbeit auf sich, uns Jahr<br />
für Jahr ein attraktives, farbiges Jahrbuch vorzulegen. Danke!<br />
Hans Litscher benützt zunächst die<br />
Gelegenheit, uns auf Cruising@America<br />
– auf der <strong>CCS</strong>-Homepage kann das<br />
Projekt unter diesem Titel verfolgt<br />
werden – aufmerksam zu machen. Im<br />
letzten September ist die Cruising Swiss<br />
V von Arzal aus Richtung Karibik<br />
gestartet. Sie besucht Jamaika, Kuba,<br />
weitere Inseln, dann Yucatan. Nach<br />
einem Schlag durch den Golf von<br />
Mexiko wird sie in St.Petersburg auf<br />
einen LKW verladen und nordwärts zu<br />
den Grossen Seen transportiert. Von<br />
dort geht's bis in den St. Lorenz-Golf und<br />
über New York der Ostküste der USA<br />
entlang wieder gegen Süden. Für einige Törns hat es noch freie Plätze.<br />
Dann kommt Hans Litscher zur Sache. Er fordert uns auf, das nachfolgende Video<br />
kritisch anzuschauen. Ja, da steckt einiges an Diskussionsstoff drin: 3-4x Wassertiefe<br />
reicht allenfalls bei einem leichten Lüftchen; unter allen anderen Bedingungen ist<br />
dies fahrlässig. Angenommen, eine Yacht von 12 m Länge zieht bei 15 kn Wind mit<br />
130 kg am Anker. Bei vierfacher Windgeschwindigkeit sind es aber nicht viermal<br />
mehr, sondern bereits 2200 kg, und bei Sturm rein rechnerisch 8700 kg! Es sind<br />
gewaltige und oft unterschätzte Kräfte, die da am Werk sind. Sie lassen sich nur<br />
bändigen mit einem für den Untergrund<br />
geeigneten Anker, dessen Schaft flach auf dem<br />
Grund liegt, langer, schwerer Kette und einem<br />
Trossenvorlauf, der die Schwingungen dämpft.<br />
Je mehr Gewicht, desto besser. Ein Reitgewicht<br />
oder das Verkatten, bei dem der Zweitanker<br />
den Hauptanker am Boden hält, helfen<br />
zusätzlich. Sobald nämlich der Schaft<br />
angehoben wird, nimmt die Haltekraft nicht<br />
etwa linear, sondern exponentiell zum Winkel<br />
ab. Wer unter normalen Umständen sicher<br />
liegen will, steckt deshalb mindestens 6x die Wassertiefe inklusive Freibord. In<br />
Gezeitengewässern muss noch die maximale Tidenhöhe eingerechnet werden. Je
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länger aber die Kette, desto grösser der Schwojkreis. Also genügend Abstand zu den<br />
Nachbarn halten – Schiffe schwojen nicht im gleichen Rhythmus!<br />
Zu reden gibt auch die Crew im Video, die sich mit blossen<br />
Händen und barfuss ans Ankermanöver macht – willkommene<br />
Kundschaft für Notfallärzte. Das kopflose Herumrennen und das<br />
Geschrei nach einem verpatzten Manöver nimmt Hans Litscher<br />
zum Anlass, einige Worte über die Seemannschaft zu verlieren:<br />
Jeder Mann und jede Frau hat ihre Aufgabe, die Befehle werden<br />
in Ruhe erteilt und die Kleidung ist "anständig". Feste Schuhe und<br />
Handschuhe sind ein Muss.<br />
Sobald das Schiff ruhig liegt, soll<br />
eine Teufelskralle, die in ein<br />
Kettenglied eingehängt und an<br />
einer Klampe im Bug befestigt<br />
wird, die Ankerwinde entlasten. Ein längeres Tau,<br />
zwischen Kette und Schiff eingebaut, dämpft bei<br />
Seegang die Bewegung des Schiffes und lässt den<br />
Ankerschaft ruhiger liegen. Wer seinen Anker<br />
ohnehin an einer Trosse fährt, kann sich diese Arbeit sparen, verliert aber den<br />
entscheidenden Gewichtsvorteil einer Kette. Allgemein gilt: Wenn ich dem Ankergrund<br />
nicht traue, bleibe ich nicht über Nacht; in jedem Fall überlege ich mir einen<br />
"Fluchtweg".<br />
Und in einem Hafen? Heck oder Bug voran? Beides findet Befürworter. Für Hans<br />
Litscher ist klar: "Der Bug ist für Kollisionen gemacht; mit dem Heck eine Pier rammen,<br />
hat oft einen Ruderschaden zur Folge." Über das Ankern werden ganze Bücher<br />
geschrieben, und darüber diskutieren kann man stundenlang. Hans Litscher pickt<br />
noch das Ankern mit Landleinen und die verschiedenen Ankertypen und ihre<br />
Anwendung heraus. Daraus folgt, dass mindestens zwei verschiedene Anker startklar<br />
sein sollen. Testgewinner sind die neuen Ankertypen mit scharfer Flunke Spade S80,<br />
Kobra 2 und Bügelanker in dieser Reihenfolge. Weit verbreitet ist aber nach wie vor<br />
der CQR oder Pflugscharanker 1 .<br />
Nach den vielen guten Tipps steht<br />
dem Ankern in wunderschönen,<br />
einsamen Buchten nichts mehr im<br />
Weg. Oder doch? Hans Litscher<br />
rechnet vor, dass der Schwojkreis<br />
einer Yacht mit 40 m Kette<br />
theoretisch in einer Nacht eine<br />
Fläche von 5'000 m2 umpflügt;<br />
Seegras, Korallen, Bodenfische,<br />
Laich – alles wird überfahren. Er<br />
wirbt für Verständnis, wenn<br />
empfindliche Stellen gesperrt oder<br />
mit Bojenfeldern bestückt werden<br />
und ruft zu verantwortungs- und<br />
massvollem Ankern auf. Das macht nachdenklich, aber gerade für Segler, die die<br />
Natur lieben, sollte der Schutz der Tier- und Pflanzenwelt ganz oben stehen.<br />
Annemarie Schaffner<br />
1 Wird vom Referenten nicht bevorzugt