TCO-Analyse - Westfälische Wilhelms-Universität Münster
TCO-Analyse - Westfälische Wilhelms-Universität Münster
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PROF. DR. HEINZ LOTHAR GROB<br />
LEHRSTUHL FÜR WIRTSCHAFTSINFORMATIK UND CONTROLLING<br />
WESTFÄLISCHE WILHELMS-UNIVERSITÄT MÜNSTER<br />
____________________________________________________________________________<br />
<strong>TCO</strong>-<strong>Analyse</strong><br />
Auch an die Folgen denken<br />
1. Datensituation<br />
Die Unternehmung plant, ihr Informations- und Kommunikationssystem um neue Hard- und<br />
Softwareelemente auszuweiten. Um einen Einblick in die monetären Konsequenzen der IT-<br />
Investition zu bekommen, führt sie eine <strong>Analyse</strong> auf der Basis eines <strong>TCO</strong>-VOFIs durch. Zur<br />
Ermittlung der Daten für die Zahlungsfolge der IT-Investition wurden die folgenden Daten<br />
erhoben:<br />
Zeitpunkt 0 1 2 3<br />
Hardware 9.594<br />
Software 17.800<br />
Hardwareupgrades 1.819<br />
Wartungsvertrag 821<br />
Wartungs- und Supporttätigkeiten der<br />
DV-Abteilung<br />
1.868 1.868 1.868<br />
Wartungs- und Supporttätigkeiten der<br />
Fachabteilung<br />
8.000 8.000 8.000<br />
Abb. 1: Daten zur Generierung der Zahlungsfolge der IT-Investition [in €]<br />
Der Liquidationserlös nach drei Jahren ist mit 4.000 € anzusetzen.<br />
Für die Anschaffungskosten der Hard- und Software sowie des Hardwareupgrades sind lineare<br />
Abschreibungen zu verrechnen. Die Abschreibungsdauer der in t=0 angeschafften Hardund<br />
Software beträgt drei Jahre. Die Anschaffungskosten des Hardware-Upgrades sind auf die<br />
restlichen zwei Jahre der Nutzungsdauer zu verteilen.<br />
Die unternehmensindividuellen Daten bezüglich der Finanzierung und der steuerlichen Seite<br />
sind im Folgenden aufgeführt worden.
<strong>TCO</strong>-<strong>Analyse</strong> – Auch an die Folgen denken 2<br />
Eigenkapital 10.000 €<br />
Kredit mit Endtilgung<br />
Nominalwert 15.000 €<br />
Sollzinsfuß 9 %<br />
Laufzeit 3 Jahre<br />
Kontokorrentkredit<br />
Sollzinsfuß 10 %<br />
Opportunitätskostensatz 12 %<br />
Ertragsteuermultifaktor 50 %<br />
Abb. 2: Unternehmensindividuelle Daten<br />
Der Kredit mit Endtilgung wird in vollem Maße im Zeitpunkt Null ausgeschöpft. Der Kontokorrentkredit<br />
kann zu jedem Zeitpunkt in beliebiger Höhe in Anspruch genommen werden.<br />
2. Aufgabe<br />
Führen Sie bitte eine <strong>TCO</strong>-<strong>Analyse</strong> unter Verwendung eines <strong>TCO</strong>-VOFIs durch!<br />
Spalten Sie anschließend den <strong>TCO</strong>-Wert in seine pagatorischen und kalkulatorischen Komponenten<br />
auf!
<strong>TCO</strong>-<strong>Analyse</strong> – Auch an die Folgen denken 3<br />
3. Lösung<br />
Zur Ermittlung des <strong>TCO</strong>s sind zunächst die <strong>TCO</strong>-VOFIs der betrachteten IT-Investition und<br />
ihrer Opportunität – der Anlage des Eigenkapitals zum Opportunitätskostensatz – darzustellen.<br />
Zur Bestimmung der Zahlungsfolge der IT-Investition sind die in Abb. 1 dargestellten<br />
Daten zu übernehmen und im Hinblick auf die Aufspaltung des <strong>TCO</strong>s in aktivierungspflichtige<br />
Anschaffungskosten und nicht aktivierungspflichtige Folgekosten zu gliedern. Außerdem<br />
ist der Liquidationserlös in t=3 zu berücksichtigen. Es wird unterstellt, dass sämtliche Kosten<br />
in der gleichen Periode zu Auszahlungen sowie der Liquidationserlös in der gleichen Periode<br />
zu einer Einzahlung führt. Im Hinblick auf die Aufspaltung des <strong>TCO</strong>-Werts ist Abb. 3 – ebenso<br />
wie der nachfolgende <strong>TCO</strong>-VOFI – um eine Summenspalte zu ergänzen.<br />
Zeitpunkt 0 1 2 3 ∑<br />
Liquidationserlös 4.000 4.000<br />
Hardwarekosten 9.594 9.594<br />
Softwarekosten 17.800 17.800<br />
Kosten für Hardwareupgrades 1.819 1.819<br />
aktivierungspflichtige Anschaffungskosten<br />
27.394 1.819 29.213<br />
Kosten für den Wartungsvertrag 821 821<br />
Kosten für Wartungs- und Supporttätigkeiten<br />
der DV-Abteilung 1.868 1.868 1.868 5.604<br />
Kosten für Wartungs- und Supporttätigkeiten<br />
der Fachabteilung 8.000 8.000 8.000 24.000<br />
nicht aktivierungspflichtige Folgekosten 10.689 9.868 9.868 30.425<br />
Summe der Kosten (= Auszahlungen) 27.394 10.689 11.687 9.868 59.638<br />
Zahlungsfolge –27.394 –10.689 –11.687 –5.868 –55.638<br />
Abb. 3: Zahlungsfolge der IT-Investition [in €]<br />
Die in Abb. 3 ermittelte Zahlungsfolge wird in den VOFI übernommen.
<strong>TCO</strong>-<strong>Analyse</strong> – Auch an die Folgen denken 4<br />
Zeitpunkt 0 1 2 3 ∑<br />
Zahlungsfolge –27.394 –10.689 –11.687 –5.868 – 55.638<br />
Eigenkapital 10.000<br />
Kredit mit Endtilgung<br />
+ Aufnahme 15.000<br />
– Tilgung 15.000<br />
– Sollzinsen 1.350 1.350 1.350 4.050<br />
Kontokorrentkredit<br />
+ Aufnahme 2.394 1.574 2.606 13.917<br />
– Tilgung<br />
– Sollzinsen 239 397 657 1.294<br />
Steuerzahlungen<br />
– Auszahlungen<br />
+ Erstattung 10.705 10.828 8.958 30.491<br />
Finanzierungssaldo 0 0 0 0<br />
Bestandsgrößen<br />
Kredit mit Endtilgung 15.000 15.000 15.000<br />
Kontokorrentkredit 2.394 3.968 6.573 20.491<br />
Guthabenstand<br />
Bestandssaldo –17.394 –18.968 –21.573 –20.491<br />
Abb. 4: <strong>TCO</strong>-VOFI der IT-Investition<br />
Der Saldo der Finanzbestände („Bestandssaldo“) wird periodisch-sukzessiv berechnet. Anzumerken<br />
ist, dass kein Guthabenbestand aufgebaut wird, da im <strong>TCO</strong>-VOFI grundsätzlich nur<br />
Auszahlungen enthalten sind. Der Liquidationserlös stellt grundsätzlich lediglich einen Korrekturposten<br />
zu den Auszahlungen dar.<br />
Der Ablauf der Zielwertbestimmung weist folgende Phasen auf: In der ersten Phase wird der<br />
<strong>TCO</strong>-VOFI mit den Elementen der Zahlungsfolge sowie mit den Daten der Finanzierung in<br />
t=0 gefüllt. Die Kreditbestände in t=0 bilden die Basis zur Ermittlung der Sollzinsen in t=1.<br />
Sobald diese im <strong>TCO</strong>-VOFI ausgewiesen worden sind, ist in einer zweiten Phase die Steuererstattung<br />
zu ermitteln. Diese wird in der unten stehenden Nebenrechnung kalkuliert und anschließend<br />
in den <strong>TCO</strong>-VOFI übertragen. Dort wird im Rahmen der dritten Phase geprüft,<br />
durch welche Dispositionen ein Finanzierungssaldo von null erzielt werden kann. Im <strong>TCO</strong>-<br />
VOFI sind dies regelmäßig Ausweitungen des Kontokorrentkredits. Dieser Prozess wird Periode<br />
für Periode bis zum Zeitpunkt t=3 durchgeführt.<br />
Auf die in Abb. 5 dargestellten Nebenrechnungen zur Ermittlung der Steuererstattung ist nun<br />
kurz zu einzugehen. Zunächst sind die steuerlich relevanten Abschreibungen der in t=0 angeschafften<br />
Hard- und Software sowie der in t=2 durchgeführten Hardware-Upgrades zu berechnen.<br />
Die Abschreibungen sind in die Tabelle zur Ermittlung der Steuererstattung zu übertragen.<br />
Dort wird auch der Ertragsüberschuss ausgewiesen, der mit den nicht aktivierungspflichtigen<br />
Aufwendungen übereinstimmt (vgl. Abb. 1). Der Zinsaufwand war aus dem <strong>TCO</strong>-<br />
VOFI zu übernehmen. Da – abgesehen vom Liquidationsüberschuss – in der <strong>TCO</strong>-<strong>Analyse</strong>
<strong>TCO</strong>-<strong>Analyse</strong> – Auch an die Folgen denken 5<br />
ausschließlich Aufwendungen erfasst werden, ist die Steuerbemessungsgrundlage jeder Periode<br />
negativ. Durch ihre Multiplikation mit dem Ertragsteuermultifaktor (hier: 50 %) ergibt sich<br />
die in den <strong>TCO</strong>-VOFI zu übernehmende Steuererstattung.<br />
Abschreibungen der in t=0 angeschafften Hard- und Software<br />
Zeitpunkt 1 2 3<br />
Buchwert zu Beginn des Jahres 27.394 18.263 9.131<br />
– Abschreibungen 9.131 9.131 9.131<br />
Buchwert zum Ende des Jahres 18.263 9.131 0<br />
Abschreibungen des in t=2 durchgeführten Hardwareupgrades<br />
Zeitpunkt 2 3<br />
Buchwert zu Beginn des Jahres 1.819 909<br />
– Abschreibungen 910 909<br />
Buchwert zum Ende des Jahres 909 0<br />
Steuererstattung<br />
Zeitpunkt 1 2 3<br />
Ertragsüberschuss –10.689 –9.868 –5.868<br />
– Zinsaufwand 1.589 1.747 2.007<br />
– Abschreibungen 9.131 10.041 10.040<br />
Steuerbemessungsgrundlage –21.410 –21.656 –17.915<br />
Steuererstattung 10.705 10.828 8.958<br />
Abb. 5: Nebenrechnung zur Ermittlung der Steuererstattung<br />
Da unterstellt wurde, dass die IT-Investition auch mit eigenen liquiden Mitteln („Eigenkapital“)<br />
finanziert wird, ist zur Ermittlung des Bestandssaldos am Planungshorizont der <strong>TCO</strong>-<br />
VOFI der Opportunität zu erstellen. Dieser ist – ebenso wie der <strong>TCO</strong>-VOFI der IT-Investition<br />
– im Hinblick auf die <strong>TCO</strong>-<strong>Analyse</strong> um eine Summenspalte ergänzt worden.
<strong>TCO</strong>-<strong>Analyse</strong> – Auch an die Folgen denken 6<br />
Zeitpunkt 0 1 2 3 ∑<br />
Eigenkapital 10.000<br />
Standardanlage<br />
– Anlage 10.000 600 636 674<br />
+ Auflösung<br />
+ Habenzinsen 1.200 1.272 1.348 3.820<br />
Steuerzahlungen<br />
– Auszahlungen 600 636 674 1.910<br />
+ Erstattung<br />
Finanzierungssaldo 0 0 0 0<br />
Bestandsgrößen<br />
Guthabenstand 10.000 10.600 11.236 11.910<br />
Bestandssaldo 10.000 10.600 11.236 11.910<br />
Abb. 6: <strong>TCO</strong>-VOFI der Opportunität<br />
Die Nebenrechnung zur Ermittlung der Steuerzahlung wird in Abb. 7 dargestellt.<br />
Zeitpunkt 1 2 3<br />
Zinsertrag 1.200 1.272 1.348<br />
Steuerbemessungsgrundlage 1.200 1.272 1.348<br />
Steuerzahlung 600 636 674<br />
Abb. 7: Nebenrechnung zur Ermittlung der Steuerzahlung<br />
Der <strong>TCO</strong>-Wert der IT-Investition ergibt sich aus dem Kreditstand, der am Planungshorizont<br />
für die IT-Investition kalkuliert worden ist, und dem Guthabenstand der Opportunität:<br />
<strong>TCO</strong> = 20491 + 11910 = 32401 [€]<br />
Die Aufspaltung des <strong>TCO</strong>s in pagatorische und kalkulatorische Komponenten resultiert aus<br />
der Aggregation der <strong>TCO</strong>-relevanten Daten des VOFIs. Diese sind in den an die VOFIs angefügten<br />
Summenspalten ausgewiesen worden. Die relevanten Daten werden in eine Staffel zur<br />
Ermittlung des kalkulatorischen Totalgewinns integriert (vgl. Abb. 8). Der kalkulatorische<br />
Totalgewinn stimmt mit dem zusätzlichen Endwert der Investition ∆EW überein. ∆EW ist wie<br />
aus einem Vergleich der Bestandssalden am Planungshorizont am Ende der Nutzungsdauer zu<br />
ermitteln:<br />
∆EW = –20491 – 11910 = –32401 [€]<br />
Der <strong>TCO</strong> ist durch Multiplikation des kalkulatorischen Totalgewinns mit –1 zu ermitteln.<br />
Auf einige Besonderheiten der Staffelrechnung ist hier kurz einzugehen: Die zeitlich totalen<br />
Abschreibungen resultieren aus der Summe der aktivierungspflichtigen Anschaffungsauszahlungen<br />
in Höhe von 27394 + 1819 = 29213 [€]. Die laufenden Aufwendungen ergeben sich<br />
als Differenz zwischen den gesamten Auszahlungen von 59.638 (vgl. den <strong>TCO</strong>-VOFI in Abb.
<strong>TCO</strong>-<strong>Analyse</strong> – Auch an die Folgen denken 7<br />
5, Summe der Auszahlungen) und den Abschreibungen, also 59638 – 29213 = 30425 [€]. Die<br />
übrigen Beträge werden aus den angefügten Summenspalten (vgl. Abb. 5 und Abb. 7) unmittelbar<br />
entnommen.<br />
Erlöse 0<br />
+ außerordentliche Erträge 4.000<br />
– lfd. Aufwendungen 30.425<br />
– Abschreibungen 29.213<br />
= pagatorischer Gewinn<br />
(vor Zinsen und Ergänzungs- und Reinvestitionserträgen) –55.638<br />
– Zinsaufwand 5.344<br />
= pagatorischer Gewinn (vor Ertragsteuern) –60.982<br />
+ Ertragsteuererstattungen 30.491<br />
= pagatorischer Gewinn (nach Ertragsteuern) –30.491<br />
– Opportunitätszinsen 3.820<br />
+ Steuerkorrektur auf die Opportunitätszinsen 1.910<br />
= Kalkulatorischer Totalgewinn –32.401<br />
= <strong>TCO</strong> 32.401<br />
Abb. 8: Staffelrechnung zur Aufspaltung des <strong>TCO</strong>s [in €]<br />
Der <strong>TCO</strong> ist also nicht nur als die Summe des Kreditstands bei Durchführung der IT-<br />
Investition und des Guthabenstands der Opportunität definierbar, sondern äquivalent auch als<br />
Summe der folgenden Komponenten:<br />
<strong>TCO</strong> =<br />
laufende Aufwendungen + Abschreibungen – außerordentliche Erträge<br />
+ Zinsaufwand – Ertragsteuererstattungen + steuerverkürzte Opportunitätszinsen<br />
– Steuerkorrektur auf die Opportunitätszinsen