Medien und Jugend: 3. Auf dem Weg zur medialen ... - gfmks
Medien und Jugend: 3. Auf dem Weg zur medialen ... - gfmks
Medien und Jugend: 3. Auf dem Weg zur medialen ... - gfmks
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Medien</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugend</strong> – Teil 3 (von 3)<br />
<strong>Auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Weg</strong> <strong>zur</strong> <strong>medialen</strong> «Juvenokratie»?<br />
Immer weniger von <strong>dem</strong>, was die Jungen mit den <strong>Medien</strong><br />
machen, ist Ausdruck einer von den älteren Generationen<br />
geschaffenen Kultur. Was sie dank den neuen technischen<br />
Möglichkeiten <strong>und</strong> der Vernetzung unter Ihresgleichen<br />
an Neuem entwickeln, deutet untrüglich auf<br />
einen Wandel hin, der sich mehr <strong>und</strong> mehr <strong>dem</strong> Einfluss<br />
der Alten entzieht.<br />
Ein junger Geist in neuen <strong>Medien</strong><br />
Erstmals in der Geschichte der Zivilisation sind die Jungen<br />
in wichtigen Bereichen nicht von älteren Lehrmeistern<br />
abhängig. Im Gegenteil: Sie sind es, die den Älteren die<br />
Handhabung von Computern, Handys, Tablets <strong>und</strong> ähnlichen<br />
Gerätschaften beibringen, ihnen den <strong>Weg</strong> in ein globales<br />
Kommunikationsnetz ebnen <strong>und</strong> ihnen den Zugriff<br />
auf den grössten Datenbestand der Geschichte ermöglichen.<br />
Sie entwickeln neue Formen des Radio-, Fernseh<strong>und</strong><br />
Filmemachens, lenken den Journalismus durch die<br />
hochflexible Vernetzung von Informationsquellen in neue<br />
Bahnen <strong>und</strong> schaffen dank Digitaltechnik neue Kunstformen.<br />
Ihre Presse trägt hierzulande phantasievolle Namen<br />
wie «Easy» oder «4-Teens». Ihr Radio ist nicht nur DRS3<br />
oder Virus, sondern auch «Radio Chico» oder «Radio<br />
3fach». Ihr Fernsehen heisst «Funky Selection» oder<br />
«Mash TV».<br />
Unter den vielen <strong>Medien</strong> für junge Menschen gibt es solche,<br />
die nichts mit den immer zahlreicheren Formen jugendlicher<br />
Spielerei gemein haben, sondern eine ernstzunehmende<br />
gesellschaftliche Rolle spielen. So etwa<br />
«Tink.ch», eine wenige Jahre alte Organisation, die sich<br />
als Sprungbrett für Journalistinnen <strong>und</strong> Journalisten bezeichnet.<br />
Oder die Vernetzungsplattform «Jungejournalisten.ch»,<br />
vor kurzem lanciert vom Berner Journalisten<br />
Konrad Weber, mit der Unterstützung der Organisation<br />
«Junge <strong>Medien</strong> Schweiz», aktives Mitglied der «Europäischen<br />
<strong>Jugend</strong>presse EYP». Bei «Tink.ch» realisieren Dutzende<br />
Mitarbeitende aus allen Teilen der Schweiz sowohl<br />
eine wöchentliche Online-Ausgabe, als auch ein vierteljährlich<br />
erscheinendes Printmedium. Wenn sich unter den<br />
etwa vierzig unterstützenden Partnern sogar die Stiftung<br />
«Seniorweb.ch» befindet, kann dies nicht über den Rückstand<br />
der Älteren bei der Internetnutzung hinwegtäuschen.<br />
Gemäss einer neueren Studie der Uni Zürich im<br />
<strong>Auf</strong>trag der Pro Senectute wagen sich erst r<strong>und</strong> 40 Prozent<br />
der über 65-Jährigen ins Web. Nach Michael Doh, Altersforscher<br />
an der Uni Heidelberg, werden die Abstände<br />
zwischen den internetfernen Personengruppen <strong>zur</strong> Gesamtbevölkerung<br />
zwar geringer, aber eine «ausgeprägte<br />
digitale Spaltung» bleibt sichtbar. Dr. Heidrun Mollenkopf,<br />
eine international anerkannte Altersexpertin, glaubt, die<br />
Kluft zwischen Jung <strong>und</strong> Alt werde «durch die Zugehörigkeit<br />
zu bestimmten Technikgenerationen <strong>und</strong> die ungleichen<br />
Chancen für den Erwerb technischer Kompetenz»<br />
sogar noch verstärkt.<br />
Politiker <strong>und</strong> Journalisten, seid auf der Hut!<br />
Die von den Jungen stark beeinflussten Umwälzungen in<br />
der <strong>Medien</strong>landschaft wirken sich auf die Politik unseres<br />
Landes aus. Je mehr die Jungen mittels neuer <strong>Medien</strong><br />
unter sich kommunizieren, umso mehr entwickeln sie eine<br />
eigene Wahrnehmung dessen, was für Gegenwart <strong>und</strong> Zukunft<br />
unserer Gesellschaft wichtig ist, <strong>und</strong> umso mehr verselbständigen<br />
sich ihre politische Haltung <strong>und</strong> ihr Einfluss<br />
auf weitreichende politische Entscheide. Ob FDP, SVP, SP,<br />
Grüne oder andere Gruppierungen, keine kann sich der<br />
tiefgreifenden Veränderung entziehen, welche ihre bestens<br />
vernetzte Jungmannschaft auslöst. Diese sanften<br />
Rebellen bringen es zustande, dass die traditionellen<br />
Wächter der politischen Festungen ihre einst so sichere<br />
Orientierung verlieren <strong>und</strong> krampfhaft nach neuen Strategien<br />
suchen.<br />
Was sich in der Politik abspielt, blüht auch der Zunft der<br />
Journalistinnen <strong>und</strong> Journalisten. In ihrem Bericht «Qualifikationsanforderungen<br />
an Online-Journalisten» an das<br />
BAKOM schrieb die Zürcher Hochschule Winterthur ZHW<br />
schon im Jahre 2004, aufgr<strong>und</strong> der funktionalen Flexibilisierung<br />
würden sich neue Arbeits- <strong>und</strong> Beschäftigungsformen<br />
ergeben, <strong>und</strong> diese würden diverse neue Schlüsselqualifikationen<br />
erfordern. Weiter hiess es im Bericht,<br />
die Ausbildungssituation innerhalb des Onliner Journalismus<br />
in der Schweiz sei noch defizitär. Seit Erscheinen dieses<br />
Berichts dürften sich die Voraussetzungen zwar ver-<br />
Gesellschaft für <strong>Medien</strong>kritik Schweiz<br />
Sulgeneckstrasse 27 3007 Bern
2<br />
bessert haben, aber Faktum bleibt, dass die junge Journalistengeneration<br />
ihren älteren Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen bei der<br />
Neugestaltung der <strong>Medien</strong>landschaft wahrscheinlich noch<br />
für längere Zeit vorauseilen wird.<br />
«Das Schreiben <strong>und</strong> das Lesen…<br />
… ist nie mein Fach gewesen!» sang einst der Zigeunerbaron<br />
ganz unbeschwert. Die Jungen von heute sollen sich hüten, es<br />
ihm gleich zu tun! Über kurz oder lang würden sie merken,<br />
welch katastrophalen Schaden das Fehlen uralter Gr<strong>und</strong>kompetenzen<br />
an ihrer Entwicklung anrichtet. Ob es den Jungen<br />
passt oder nicht, am Erlernen des Lesens <strong>und</strong> des Schreibens<br />
kommen sie nicht vorbei, wenn sie im Leben Erfolg<br />
haben <strong>und</strong> einen sinnvollen Beitrag <strong>zur</strong> Entwicklung der Gesellschaft<br />
leisten wollen. Für die Nutzung digitaler <strong>Medien</strong><br />
seien Schreiben <strong>und</strong> Lesen unverzichtbar, ermahnt die Jungen<br />
auch die Schweizerische Fachstelle für Informationstechnologien<br />
im Bildungswesen (SFIB). Dennoch meinen viele<br />
von ihnen, es gebe Wichtigeres, als sich mit Dingen abzumühen,<br />
die ihr Computer rascher <strong>und</strong> besser zustande bringt als<br />
sie, <strong>und</strong> verlassen sich etwa – oft mit fragwürdigem Ergebnis!<br />
– auf die Korrekturprogramme von Word, um ihre <strong>Auf</strong>sätze<br />
von orthografischem <strong>und</strong> grammatikalischem Unrat zu<br />
säubern. Sich mit neuen Konzepten <strong>und</strong> Begriffen vertraut zu<br />
machen, um danach die neuen <strong>Medien</strong> selber zu beherrschen,<br />
ist gemäss SFIB nicht nur die <strong>Auf</strong>gabe der Jungen, sondern –<br />
sofern es um das Lehren <strong>und</strong> Lernen im schulischen Kontext<br />
geht – in erster Linie die Pflicht der Lehrpersonen. Computer<br />
mit Internetanschluss im Schulzimmer seien noch keine Garantie<br />
für den Lernerfolg. Was nottue, sei ein didaktisch f<strong>und</strong>iertes<br />
Programm. Wenn also viele der Jungen als Erwachsene<br />
weder eine vernünftige Bewerbung schreiben können,<br />
noch den Sinn eines etwas komplexen Textes in der eigenen<br />
Sprache verstehen, ist es nicht nur ihnen anzulasten.<br />
Die Revolution in der Schulstube<br />
Ob Microsoft, Apple, Google oder Facebook, sie alle haben<br />
ihren Ursprung in den Köpfen phantasievoller <strong>und</strong> intelligenter<br />
junger Menschen. Weil die digitale Revolution nach jugendlichen<br />
Denk- <strong>und</strong> Handlungsmustern stattfindet, sind die<br />
neuen <strong>Medien</strong> in erster Linie mit den jüngeren Generationen<br />
kompatibel. Letztere sind aber nicht nur privilegierte Nutzniessende,<br />
sondern auch die grösste Opferkategorie einer<br />
technischen Entwicklung, deren Sturmgewalt die Strukturen<br />
solider Lehr- <strong>und</strong> Lernkonzepte zum Einsturz gebracht hat.<br />
Heute fragt man nicht mehr traditionellen Beurteilungskriterien,<br />
ob ein Kind schulreif sei, sondern, ab welchem Alter es<br />
sich erstmals vor den Computer setzen soll. Einst begann der<br />
Nachwuchs mit sechs oder sieben Jahren erste mühsame<br />
Lese- <strong>und</strong> Schreibübungen, heute versteht er schon zwei bis<br />
drei Jahre früher, besser mit digitalen <strong>Medien</strong> umzugehen als<br />
seine Grosseltern. Viele Experten sind der Ansicht, dass sich<br />
das Kind dann erstmals mit <strong>dem</strong> Computer befassen soll, wenn<br />
es selber dafür Interesse zeigt, <strong>und</strong> dies sei bereits im Alter<br />
von drei, vier Jahren der Fall. Da in den meisten Haushalten<br />
ein Internetanschluss vorhanden ist, erfolgt auch der erste<br />
Sprung ins Netz sehr früh.<br />
Laut Martin Senkbeil, Psychologe an der Uni Kiel <strong>und</strong> Mitarbeiter<br />
einer einschlägigen OECD-Studie, gibt es keinen Gr<strong>und</strong>,<br />
in der Gr<strong>und</strong>schule auf die neuen <strong>Medien</strong> zu verzichten. Sogar<br />
Handys, von vielen Lehrkräften kategorisch verboten, lassen<br />
sich didaktisch einsetzen. Beim deutschen Projekt «taschenfunk»<br />
benutzen die Lernenden ihr meist multimedial ausgerüstetes<br />
Mobiltelefon, um Gedichte zu verfassen, Fotoreihen zu<br />
erstellen, Kurzgeschichten zu tippen <strong>und</strong> Videos zu drehen.<br />
Was das Internet in den Schulen betrifft, hiess es schon in<br />
einer im Jahre 1997 von Christoph S. Abplanalp an der Uni St.<br />
Gallen vorgelegten Diplomarbeit, die damals noch eher passive<br />
Haltung der Lehrkräfte müsse in ein «offensives, pro-aktives<br />
Suchen nach neuen pädagogischen Nutzungsformen»<br />
weiterführen. Vor allem sei an die Potentiale des Lernens mit<br />
Hypermedia <strong>und</strong> an die neuen Möglichkeiten der Vernetzung<br />
zu denken. Worte, denen man auch heute, trotz da <strong>und</strong> dort<br />
gedämpftem Optimismus bezüglich pädagogischer Wirksamkeit<br />
des Internets, zustimmen kann.<br />
Ohne Tiefgang in die Zukunft surfen<br />
Einst erwarb der Mensch einen grossen Teil seines Wissens<br />
als gemächlich reisender Globetrotter durch Beobachten, Erfahren<br />
<strong>und</strong> eigenes intellektuelles Ergründen der Zusammenhänge.<br />
Heute wird die Welt nicht mehr «erfahren», sondern<br />
von den <strong>Medien</strong> direkt ins Haus gebracht oder im Internet «ersurft».<br />
Das Beobachten erfolgt immer mehr anstatt unter<br />
einem persönlichen, unter einem fremden Blickwinkel. Bevor<br />
eigenes Denken einsetzen kann, hat das Hirn eine Unmenge<br />
ungeordneter Eindrücke verschiedenster Herkunft zu bewältigen.<br />
Unter solchen Umständen ist für einen jungen Menschen<br />
Tiefgang bei der Suche nach Sinn <strong>und</strong> Zweck seines<br />
Daseins kaum möglich, noch kann sein Wissen am Ende ein<br />
aus eigener intellektueller Kraft erworbenes Gut sein.
3<br />
Je mehr <strong>und</strong> spontaner sie via Handy <strong>und</strong> Internet kommunizieren,<br />
befreit vom mentalen Reifungsprozess etwa einer<br />
Brieffre<strong>und</strong>schaft oder der Lektüre eines guten Buches, desto<br />
stärker verstricken sich die Jungen in eine immer komplexere<br />
Gegenwart. Die Unmittelbarkeit ihrer Beziehungen zu Mitmenschen,<br />
Fakten <strong>und</strong> Ereignissen lässt ihren Sinn für den<br />
Wert des Vergangenen verkümmern <strong>und</strong> trübt ihren Blick<br />
selbst in die nähere Zukunft. Bei vielen von ihnen mutiert Perspektivlosigkeit<br />
oder gar eigentliche Lebensangst nach <strong>und</strong><br />
nach zu einer, vom Markt geförderten, fatalistischen Lebensphilosophie.<br />
«Life is now!» heisst die Devise, mit der sie etwa<br />
von einem Unternehmen der Telekommunikation umworben<br />
werden. Angesichts dieser Verhältnisse mögen sich die Alten<br />
fragen, ob das, was sie an Welt- <strong>und</strong> Weitsicht erworben<br />
haben <strong>und</strong> an die Jungen weiterzugeben suchen, tatsächlich<br />
das sei, was das Leben lebenswert <strong>und</strong> die Zukunft erstrebenswert<br />
macht? Könnte es nicht sein, dass die Jungen, gerade<br />
dank der Möglichkeit einer fast unbeschränkten, selbstgewählten<br />
virtuellen Teilnahme an den Realitäten dieser Welt<br />
<strong>und</strong> ihrer unbeschwerten Art der sozialen Vernetzung, den<br />
Alten eine Lektion in wahrer Lebenskunst erteilen?<br />
E-Learning – viel Lärm um wenig Neues<br />
Der B<strong>und</strong>esrat bekräftigte in seiner Antwort auf eine Interpellation<br />
der Nationalrätin Viola Amherd vom Juni 2009 die<br />
Wichtigkeit des E-Learning. Dank seiner diesbezüglichen Strategie<br />
sei E-Learning «ein fester Bestandteil der Lehre an öffentlichen<br />
<strong>und</strong> privaten Schulen». Der B<strong>und</strong> beteilige sich am<br />
Bildungsserver educa.ch, der als offizielle Plattform für die<br />
Bildungsinstitutionen Zugang zu allen relevanten Informationen<br />
des Bildungswesens bietet. Die Stiftung «Switch», die das<br />
Schweizer Wissenschaftsnetz der Hochschulen unterhält,<br />
verfüge über reiche Erfahrung in Dienstleistungen auf <strong>dem</strong><br />
Gebiet des E-Learning <strong>und</strong> unterstütze die Infrastruktur der E-<br />
Learning-Community der Hochschulen. Das B<strong>und</strong>esprogramm<br />
«Swiss Virtual Campus» (SVC) habe in Zusammenarbeit mit<br />
«Switch» die Plattform «Eduhub» aufgebaut, die erfolgreich<br />
den Wissens- <strong>und</strong> Erfahrungsaustausch der Hochschulen im<br />
Bereich des E-Learning fördert.<br />
Intelligente Computerprogramme als Lernhilfe, Fernkurse in<br />
Form des Online-Learning, elektronisch vernetzte Unterstützung<br />
beim Lösen von <strong>Auf</strong>gaben, all dies ist ohne Zweifel sehr<br />
nützlich. Vor allem das Internet ermöglicht es einem, sich zielführend<br />
mit den verschiedensten Wissensgebieten zu befassen.<br />
Das Online-Lexikon Wikipedia ist mit seinen mehreren<br />
Millionen Beiträgen in über zweih<strong>und</strong>ert Sprachen eine wahre<br />
Schatztruhe für Wissbegierige. Zu<strong>dem</strong> sind unzählige Dokumente<br />
aus zuverlässiger Quelle in Sek<strong>und</strong>enschnelle abrufbar<br />
<strong>und</strong> für Studierende aller Fachrichtungen von grösstem<br />
Wert. Eine der wichtigsten <strong>Auf</strong>gaben der Pädagogen ist es,<br />
den Jungen zu zeigen, wie sie das riesige Angebot am besten<br />
nutzen, ohne sich im Netz zu verfangen, es missbräuchlich zu<br />
verwenden oder selber Opfer von Missbräuchen zu werden.<br />
Mit welchen technischen Mitteln man sich Wissen <strong>und</strong> Können<br />
auch beibringt, ändert sich nichts am Prinzip des Lernens<br />
selber. Der hirnphysiologische Prozess des Lernens lässt sich<br />
zwar durch geeignete Lehrmittel günstig beeinflussen, aber<br />
der Erfolg hängt nicht primär vom Lehrmittel ab. Ohne die Motivation<br />
<strong>und</strong> den festen Willen des Lernenden nützt auch die<br />
modernste multimediale Schulstube nichts! Gerade bei den<br />
Jungen führt systematisches, geduldiges Lernen sicherer zu<br />
nachhaltigem Erfolg als etwa das hektische In-Sich-Hinein-<br />
Stopfen unzähliger Wissensbrocken aus multi<strong>medialen</strong> Quellen.<br />
«Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr!»<br />
stimmt zwar so nicht ganz, hat aber viel Wahres an sich: Was<br />
man sich in jungen Jahren mit Leichtigkeit beibringt, verlangt<br />
von einem im fortgeschrittenen Alter einen unvergleichlich<br />
grösseren <strong>Auf</strong>wand.<br />
<strong>Medien</strong>pädagogik durch die <strong>Medien</strong>?<br />
Wer meint, die <strong>Medien</strong> sollen erzieherisch oder gar ideologisch<br />
auf die Gesellschaft einwirken, <strong>dem</strong> begegnet man in<br />
einer wahren Demokratie zu Recht mit Argwohn. Es ist daher<br />
verständlich, wenn sich die SRG SSR idée suisse im Zuge der<br />
Ausgestaltung ihres Leistungsauftrags heftig gegen diesbezügliche<br />
Anliegen sträubte. Wenn sie dennoch verpflichtet<br />
wurde, <strong>zur</strong> Bildung des Publikums beizutragen, dann ist das<br />
keineswegs tragisch. Letztlich ist alles eine Frage der Interpretation:<br />
Was immer die SRG produziert, hat einen Einfluss<br />
auf die Bildung der <strong>Medien</strong>nutzenden, denn gerade die in der<br />
gestalterischen Nutzung der neuen <strong>Medien</strong> bestens bewanderte<br />
jüngere Generation spürt sehr wohl, wann <strong>und</strong> wo es<br />
bei den «traditionellen» <strong>Medien</strong> <strong>und</strong> insbesondere beim nationalen<br />
Public service, sowohl inhaltlich als auch formal,<br />
etwas Sinnvolles zu lernen oder aber berechtigterweise zu<br />
kritisieren oder gar zu meiden gibt. Eigentlich ist der bildende<br />
Effekt immer programminhärent. So der so: Wenn es um die<br />
sinnvolle Nutzung der <strong>Medien</strong> als Instrument von Information,<br />
Dokumentation <strong>und</strong> Meinungsbildung geht, dann ist für die<br />
SRG eine gezielte Wahrnehmung des Bildungsauftrags durch-
4<br />
aus möglich, ohne auf die Ebene einer «medienpädagogischen<br />
Bildungsanstalt» abzugleiten, wie sie einst befürchtete.<br />
Walter Fankhauser im September 2011<br />
Walter Fankhauser war Redaktor einer Nachrichtenagentur<br />
<strong>und</strong> Leiter Marketing <strong>und</strong> Media-Dienst von Schweizer Radio<br />
International; er lebt in Morbio Inferiore.<br />
Bern, 5. Oktober 2011<br />
Gesellschaft für <strong>Medien</strong>kritik Schweiz (<strong>gfmks</strong>)<br />
Dieser Text ist mit Quellenangabe <strong>zur</strong> Publikation frei.