Cologne Economic History Paper 01-2007 - Seminar für Wirtschafts ...
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anlassen Geld in Umlauf bringen“. Neben der Beschäftigungswirkung trugen sie nach merkantilistischer Logik<br />
zur Gewinnung der erwünschten Autarkie bei, hielten das Geld in der inneren Zirkulation und vermochten<br />
durch eine zusätzliche Ausfuhr die innere Zirkulation zu steigern. Die Rentabilität der Staatsbetriebe, die<br />
Erzielung eines Überschusses über die eingesetzten Mittel, eine Abführung an den Staatshaushalt spielte für<br />
die merkantilistische Gewerbeförderung allenfalls eine untergeordnete Rolle. Die Frage, ob durch die Staatstätigkeit<br />
möglicherweise Privaten die Chance der Entfaltung eigener Initiativen genommen wurden, stellte<br />
sich in dieser Prspektive überhaupt nicht.<br />
Allerdings wurde darauf hingewiesen, dass in der Provinz Eisen, Kupfer, Zinn, Blei und Steinkohlen „in so<br />
großer Güte und Menge“ gefunden werden können, wie nur benötigt würden:<br />
„durch Erzeugung dieser Metalle und Mineralien kommt vielmehr Geld in Zirkulation als durch Gold- und<br />
Silberbergbau, es werden Menschen dabei beschäftigt und der Industrie in anderen Fabriken und Manufakturen<br />
wird dadurch sehr befördert, wie solches England beweist als dessen Natur mit der Schlesischen, selbst<br />
nach dem Zeugnis der Engländer viel Ähnliches hat“.<br />
Die preußische Verwaltung nun hatte nun das enorme Entwicklungspotential der Provinz offenbar erkannt<br />
und der Hinweis auf England zeigt deutlich die erwünschte Richtung der Weiterentwicklung. Doch 1786 war<br />
dieser Weg noch nicht beschritten, was die detaillierteren Ausführungen des Berichtes zu Oberschlesien zeigen:<br />
„Im Oberschlesischen sind seit kurzem mehrere Steinkohlengruben aufgenommen worden, und die Einwohner<br />
dieser Provinz fangen an, diese nützliche Feuerung nach dem ihnen durch das Schlesische Ober Berg Amt gegebenen<br />
Unterricht, beim Kalkbrennen, Brauen, Brandweinbrennen, Bleichen und selbst zu Heizung der Zimmer<br />
einzuführen, um das dortige Holz zu anderen Bedürfnissen zu mehren.“<br />
Ob zur Nutzung der neuen Energiequelle tatsächlich eine Belehrung durch das Oberbergamt nötig war und<br />
worin diese bestanden haben sollte, sei dahingestellt. Doch fand die Steinkohle als Brennstoff unzweifelhaft<br />
zunehmend Verbreitung, wovon auch die privaten Kohlengruben profitierten. Daher gab es auch vom Tarnowitzer<br />
Bergbau erfreuliches zu berichten:<br />
„Es wird dieses Blei- und Silbererzbergwerk für Rechnung Eurer Majestät Bergwerks Meliorationskasse mit<br />
dem glücklichsten Fortgang betrieben. In einem Zeitraum nicht vollen drittehalb Jahren sind über 13.000<br />
Zentner Bleierze aus diesem gesagten Bergwerke durch angestellte 200 meist aus fremden Staaten herbeigezogene<br />
Bergleute gewonnen, Pferdekünste zu Bewältigung der sehr häufig und beharrlichen Gruben-Wasser erbauet,<br />
Gruben und Wasserleitungen angelegt, Waschwerke vorgerichtet, binnen 4 Monaten eine große<br />
Schmelzhütte nebst dazugehörigen Magazinen und Wohnungen erbauet und überhaupt solche Anstalten mit<br />
Sachkenntnis, Eifer und Beharrlichkeit getroffen werden, dass dieser wichtige Bergbau und Hüttenbetrieb<br />
schon von jetzt an die ansehnlichen Bedürfnisse des Landes liefern, beim auswärtigen Bleihandel konkurrieren,<br />
jährlich 3.000 Mark Silber produzieren und durch eine künftige Zirkulationssumme von 50.000 Talern die<br />
ganze verarmte Gegend um Tarnowitz in bessere Aufnahme bringen wird.“<br />
Die Arbeit in den Gruben dieses Bergwerks wurde durch die großen Wasserzuflüsse außerordentlich erschwert,<br />
die durch die drei Rosskünste, die insgesamt 84 Pferden in Gang hielten, kaum bewältigt werden<br />
konnten. Daher wurde eine englische „Feuermaschine“ angeschafft – die vielzitierte frühe Dampfmaschine,<br />
die im Sommer 1787 in Betrieb gehen sollte. Dem Bericht nach konnte diese in jeder Minute 60 Kubikfuß<br />
Wasser heben, und ihr Betrieb sollte mit jährlichen Kosten von 3.000 Talern gegenüber 14.000 Talern, die<br />
die Rorskünste verursachten, erheblich günstiger gewesen sein.<br />
Über die oberschlesische Eisenindustrie vermeldet der Bericht, dass bei Tarnowitz jährlich 533.000 Zentner<br />
Eisenerz gewonnen wurden. Aus anderen Orten der Fürstentümer Oppeln und Ratibor kamen 177.900 Zentner<br />
hinzu, so dass insgesamt 732.900 Zentner Eisenerz gefördert wurden. Das Erz wurde in 44 Hochöfen zu<br />
165.000 Zentnern Roheisen erschmolzen, das größtenteils in 168 Frischfeuern und Hammerwerken zu<br />
schmiedbarem Eisen weiterverarbeitet wurde. Dabei spielten die beiden staatlichen Hüttenwerke in Malapa-