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für Ursula Korbinian Severin

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Inspiration<br />

Die Inspirationsquellen, aus denen der Künstler <strong>für</strong> die Verbildlichung dieser<br />

Themen schöpft, sind vielfältig und in der Ikonografie der Bilder nicht eindeutig<br />

zu trennen. Da ist einerseits das Interesse an den Quellen unserer Kultur, an<br />

der christlichen und an der antiken Mythologie. Die existentiellen Themen<br />

dieser Schriften vermischen sich mit dem unmittelbaren Erleben der Natur.<br />

Am Rande des Dorfes, in dem Tom Kristen mit seiner Familie lebt, besitzt er<br />

einen großen Garten. Es ist ein besonderer Garten mit verschiedenen Lebensräumen.<br />

Ein restaurierter Bauwagen steht am Rande einer Spielwiese, an die sich<br />

ein eingezäunter Gemüsegarten anschließt. Es folgen eine Obstbaumwiese und<br />

dann der naturbelassene Bereich mit Buschwerk, alten Weiden und einem Bach.<br />

Viele Zeichnungen entstehen vor Ort und werden unmittelbar inspiriert von<br />

den Strukturen der Natur, vom Wachsen der Pflanzen, von Licht und Schatten<br />

sowie von den Farben der Umgebung. Einen nicht unwesentlichen Einfluss auf<br />

die jüngeren Arbeiten haben auch die Kinder, die ihren Vater nicht nur an ihren<br />

fantastischen Geschichten und Vorstellungen teilhaben lassen, sondern ihn auch<br />

mit ihren Zeichnungen zu Neuem motivieren.<br />

Die Kinderzeichnung hat ein inspirierendes Potential, das bereits im 19.<br />

Jahrhundert thematisiert wurde. Im Zuge der Reformpädagogik und der Beschäftigung<br />

mit dem Kind entdeckte man das hohe Abstraktionsvermögen sowie<br />

die lebhafte Einbildungskraft von Kindern. Der englische Kunstkritiker John<br />

Ruskin schrieb 1857 in „The Elements of Drawing“: „Die technische Fähigkeit<br />

zum Malen hängt von etwas ab, das man als die Unschuld des Auges bezeichnen<br />

könnte: das heißt, von der Möglichkeit, diese planen Farbflecke auf eine kindliche<br />

Weise wahrzunehmen, ohne Bewusstsein ihrer Bedeutung.“ Die Suche nach<br />

der „Unschuld des Auges“ veranlasste einige der bedeutendsten Künstler des<br />

frühen 20. Jahrhunderts, wie Kandinsky, Klee, Picasso, Miró, Dubuffet oder die<br />

Mitglieder der Gruppe Cobra, Kinderzeichnungen zu sammeln. 1<br />

Im Werk von Tom Kristen ist der Einfluss seiner beiden Kinder deutlich zu sehen.<br />

Die „Unschuld des Auges“ hat er sich immer bewahrt, doch in den jüngeren<br />

Arbeiten erscheinen neue Motive, wie zum Beispiel das Piratenschiff oder die in<br />

einem expressiven Automatismus gestempelten bunten Punkte. Charakteristisch<br />

<strong>für</strong> diese Arbeiten ist der Wechsel zwischen bewusster Kontrolle und motorischer<br />

Aktivität, die von unmittelbarer Expressivität bestimmt wird. Neuartig ist auch<br />

das Übermalen von Kinderzeichnungen, wobei der Künstler auf die Kopffüßler,<br />

Strichmännchen und abstrakten Formen seiner Kinder reagiert. Künstler- und<br />

Kinderhand lassen sich in beiden Arten der Rezeption deutlich unterscheiden.<br />

1 | Dazu ausführlich: Helmut Friedel, Josef Helfenstein (Hrsg.): Mit dem Auge des Kindes. Kinderzeichnung<br />

und moderne Kunst, Stuttgart 1995 Dazu ausführlich: Helmut Friedel, Josef Helfenstein (Hrsg.): Mit dem<br />

Auge des Kindes. Kinderzeichnung und moderne Kunst, Stuttgart 1995

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