Unser Bischof macht sich auf den Weg - pfarre-zeillern.at
Unser Bischof macht sich auf den Weg - pfarre-zeillern.at
Unser Bischof macht sich auf den Weg - pfarre-zeillern.at
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Pfarrbl<strong>at</strong>t - Seite 3<br />
Erntedank<br />
Ein Mann kam zu einem Rabbi und beklagte<br />
<strong>sich</strong>: "Rabbi, mein Leben ist unerträglich. Wir<br />
wohnen zu sechst in einem einzigen Raum. Was<br />
soll ich nur machen?" Der Rabbi antwortete:<br />
"Nimm deinen Ziegenbock mit ins Zimmer!" "Den<br />
Ziegenbock?", wunderte <strong>sich</strong> der Mann. "Tu, was<br />
ich dir gesagt habe", entgegnete der Rabbi, "und<br />
komm nach einer Woche wieder.“<br />
Nach einer Woche war der Mann total am Ende:<br />
"Wir halten es nicht mehr aus, der Bock stinkt so<br />
fürchterlich!" Der Rabbi gab ihm <strong>den</strong> R<strong>at</strong>: "Geh<br />
nach Hause und stelle <strong>den</strong> Bock wieder in <strong>den</strong><br />
Stall. Dann komm nach einer Woche wieder." Die<br />
Woche verging. Als der Mann zurückkam,<br />
strahlte er über das ganze Ge<strong>sich</strong>t: "Das Leben<br />
ist herrlich, Rabbi. Wir genießen jede Minute.<br />
Kein Ziegenbock - nur wir sechs.“<br />
Nehmen wir nicht vieles, was uns an Gutem<br />
zufällt, als selbstverständlich hin? Fällt es uns<br />
nicht manchmal schwer, danke zu sagen?<br />
Wenn wir DANK sagen für die Früchte der Erde,<br />
dann muss uns zugleich bewusst sein, dass<br />
daran nichts selbstverständlich ist.<br />
Man <strong>den</strong>ke nur an die Hungerk<strong>at</strong>astrophe derzeit<br />
in Afrika, wo täglich Menschen sterben, weil sie<br />
für keine Ernte Dank sagen können, während wir<br />
zeitgleich in unserer Überflussgesellschaft<br />
massenhaft Lebensmittel vernichten.<br />
Es ist daher immer auch eine Frage der<br />
Perspektive, wie die Geschichte mit dem Rabbi<br />
zeigt.<br />
Beim Erntedankfest sollte uns auch die Frage<br />
beschäftigen, wie sehr der Mensch in Gottes<br />
Schöpfung eingreift, wie wir mit <strong>den</strong> Ressourcen<br />
unserer Erde – gerade wenn wir an zukünftige<br />
Gener<strong>at</strong>ionen <strong>den</strong>ken – umgehen.<br />
Wir dürfen daher Erntdankfest nicht zu einer<br />
folkloristischen Festlichkeit verkommen lassen,<br />
wo lediglich der Selbstzweck gefeiert wird.<br />
Das Erntedankfest muss vielmehr als das<br />
gesehen wer<strong>den</strong>, für was es eigentlich steht: Für<br />
das Dankbarsein für <strong>den</strong> Überfluss, der uns<br />
geschenkt ist; für das Einsehen, dass wir mehr<br />
haben als andere und das Wollen, diesen<br />
Überfluss auch mit anderen zu teilen.<br />
Vom Schriftsteller Thomas Mann stammt das<br />
Zit<strong>at</strong>: „Denken und danken sind verwandte<br />
Wörter.“ Wer zu <strong>den</strong>ken beginnt, der kommt wohl<br />
auch von selbst zum Danken.<br />
Man kann Brot ohne Liebe geben,<br />
aber wenn man Liebe gibt, so wird<br />
man auch immer Brot geben.<br />
Ernte-Gedanken<br />
(Unbekannter Verfasser)<br />
Wenn ich danke<br />
für meine reiche Ernte<br />
- dann möchte ich auch daran <strong>den</strong>ken,<br />
dass jede Sekunde <strong>auf</strong> unserer Erde<br />
ein kleines Kind an Hunger zugrunde geht.<br />
Wenn ich danke<br />
für meinen Arbeitspl<strong>at</strong>z<br />
- dann möchte ich auch an die <strong>den</strong>ken,<br />
die vor dem Arbeitsamt Schlange stehen.<br />
Leo Tolstoi<br />
Wenn ich danke<br />
für meine glückliche Familie<br />
- dann möchte ich auch an die Ehen <strong>den</strong>ken,<br />
in <strong>den</strong>en <strong>sich</strong> Verzweiflung breit <strong>macht</strong>,<br />
an Familien, <strong>den</strong>en die Last zu schwer wird.<br />
Wenn ich danke<br />
für meine Gesundheit<br />
- dann möchte ich auch an die <strong>den</strong>ken,<br />
die mit der Diagnose „unheilbar“<br />
<strong>auf</strong> ihren Tod warten.<br />
Wenn ich danke<br />
für meinen Erfolg und meine Kraft<br />
- dann möchte ich auch an die <strong>den</strong>ken,<br />
die keine Chance haben,<br />
die die Verzweiflung zu Alkohol und Drogen<br />
treibt,<br />
weil vielleicht gerade ich kein offenes Ohr<br />
für sie h<strong>at</strong>te.<br />
Wenn ich danke<br />
für mein ruhiges Gewissen<br />
- dann möchte ich auch an die <strong>den</strong>ken,<br />
die ich aus Selbstgefälligkeit gar nicht mehr<br />
sehe.<br />
Weil Danken von Denken kommt!