Abschlussbericht IFL korr - Internationale Freiwilligendienste
Abschlussbericht IFL korr - Internationale Freiwilligendienste
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<strong>Abschlussbericht</strong><br />
der trägerspezifischen Zusatzevaluation<br />
der <strong>Internationale</strong>n <strong>Freiwilligendienste</strong> für<br />
unterschiedliche Lebensphasen (<strong>IFL</strong>)<br />
im Rahmen der „Generationsübergreifenden <strong>Freiwilligendienste</strong>“<br />
(GüF)<br />
vorgelegt vom<br />
Zentrum für zivilgesellschaftliche Entwicklung (zze)<br />
Monika Götsch<br />
Freiburg, 20.12.2007
Inhalt<br />
1 Einleitung....................................................................................................................................... 2<br />
1.1 Die Evaluation..................................................................................................................................... 2<br />
1.1.1 Die Methode .................................................................................................................................... 2<br />
1.1.2 Das Evaluationsdesign .................................................................................................................... 4<br />
1.1.3 Erfahrungen mit der Evaluation ....................................................................................................... 9<br />
1.1.4 Begriffsklärungen............................................................................................................................. 9<br />
2 Die Bedeutung der <strong>IFL</strong>................................................................................................................ 10<br />
2.1 Die Identitätsfrage der Träger.......................................................................................................... 10<br />
2.1.1 Trägeridentität versus <strong>IFL</strong>-Identität................................................................................................ 10<br />
2.1.2 Spezifika und Stellenwert der <strong>IFL</strong> .................................................................................................. 11<br />
2.2 Die Nutzenfrage der Freiwilligen..................................................................................................... 12<br />
2.2.1 Eine prägende Erfahrung im Leben der Freiwilligen...................................................................... 12<br />
2.2.2 <strong>IFL</strong> als Lerndienst .......................................................................................................................... 12<br />
2.2.3 Die Bedeutung für unterschiedliche Altersgruppen........................................................................ 13<br />
2.2.4 Die Bedeutung für weibliche und männliche Freiwillige................................................................. 14<br />
2.2.5 Die Bedeutung für Incoming und Outgoing Freiwillige................................................................... 16<br />
2.3 Die Programmfrage der Einsatzstellen / Partnerorganisationen.................................................. 16<br />
2.3.1 Einsatzstellen und Partnerorganisationen kennen <strong>IFL</strong> nur bedingt................................................ 16<br />
2.4 Die Bedeutung für die Zivilgesellschaft ......................................................................................... 17<br />
2.4.1 <strong>IFL</strong>-Freiwillige als Akteur/innen der Zivilgesellschaft ..................................................................... 17<br />
2.5 Fazit ................................................................................................................................................... 19<br />
3 Die konkrete <strong>IFL</strong>-Praxis.............................................................................................................. 20<br />
3.1 Vor dem <strong>IFL</strong>....................................................................................................................................... 20<br />
3.1.1 Potenzielle <strong>IFL</strong> Freiwillige .............................................................................................................. 20<br />
3.1.2 Die Vorbereitung der angehenden Freiwilligen.............................................................................. 21<br />
3.2 Während des <strong>IFL</strong>............................................................................................................................... 22<br />
3.2.1 Das Engagement in der Einsatzstelle............................................................................................ 22<br />
3.2.2 Begleitung vor Ort.......................................................................................................................... 23<br />
3.2.3 Begleitseminare............................................................................................................................. 24<br />
3.2.4 Die zeitliche Länge des <strong>IFL</strong>............................................................................................................ 25<br />
3.2.5 Die Rahmenbedingungen .............................................................................................................. 25<br />
3.3 Nach dem <strong>IFL</strong>.................................................................................................................................... 26<br />
3.3.1 Die Rückkehrer/innenarbeit ........................................................................................................... 26<br />
3.4 Fazit ................................................................................................................................................... 27<br />
4 Die Kooperationen in der Praxis der <strong>IFL</strong> .................................................................................. 29<br />
4.1 Die Kooperation im Trägerverbund ................................................................................................ 29<br />
4.1.1 Kooperation oder Konkurrenz?...................................................................................................... 29<br />
4.1.2 Arbeitsgruppen, Arbeitsausschuss und Vollversammlung ............................................................. 30<br />
4.1.3 Gemeinsame Aktionen .................................................................................................................. 30<br />
4.1.4 Kooperationen vor Ort ................................................................................................................... 31<br />
4.1.5 <strong>IFL</strong>-Qualitätsstandards versus Mindeststandards.......................................................................... 31<br />
4.1.6 Die Rolle der Koordinierungsstelle................................................................................................. 33<br />
4.2 Kooperationen außerhalb des Trägerverbunds............................................................................. 34<br />
4.2.1 Kooperationen zwischen Trägern, Einsatzstellen und ausländischen Partnerorganisationen ....... 34<br />
4.3 Fazit ................................................................................................................................................... 35<br />
5 Resümee: Die <strong>IFL</strong> als Projekt der „Generationsübergreifenden <strong>Freiwilligendienste</strong>“ ........ 36<br />
1
1 Einleitung<br />
Das Projekt „<strong>Internationale</strong> <strong>Freiwilligendienste</strong> für unterschiedliche Lebensphasen“ (<strong>IFL</strong>), als<br />
eines der beiden internationalen Projekte der „Generationsübergreifenden <strong>Freiwilligendienste</strong>“<br />
hat sich zum Ziel gesetzt, im Projektzeitraum (2005-2008) einen interkulturellen und intergenerativen<br />
Dienst zu schaffen und zu erproben. Hierfür sollten, was im internationalen<br />
Bereich bisher kaum üblich war, Freiwillige mit Berufs- und Lebenserfahrung, während oder<br />
nach der Berufs- und Familienphase gewonnen werden. Durch die Beteiligung verschiedener<br />
Altersgruppen sollten in entsprechend initiierten Begegnungen intergenerative Lernerfahrungen<br />
auch hinsichtlich des Erwerbs interkultureller Kompetenzen ermöglicht werden. Zudem<br />
wurde angestrebt, nicht nur deutsche Freiwillige als so genannte Outgoings ins Ausland zu<br />
entsenden, sondern auch ausländische Freiwillige, oder Incomings, in Deutschland aufzunehmen.<br />
Das zielte auf einen stärkeren und gleichwertigeren interkulturellen Austausch hin,<br />
der durch persönliche Kontakte und das Engagement in den Einsatzstellen einen nachhaltigen<br />
Effekt auf die Zivilgesellschaften und deren Auseinandersetzung mit interkuturellen -<br />
intergenerativen Perspektiven der Einsatz- und Heimatländer der Freiwilligen haben sollte.<br />
Um das Projekt relativ vielfältig und breit zu erproben haben sich elf entsendende deutsche<br />
Träger, fünf weitere deutsche Träger, sowie ein Teilprojekt in Lateinamerika zu einem <strong>IFL</strong>-<br />
Verbund zusammengeschlossen. Diese Kooperation wird außer in verschiedenen Gremien<br />
von einer Koordinierungsstelle begleitet, die auch als Außenvertretung der <strong>IFL</strong> fungiert.<br />
Die über 50 Projekte des vom Bundesministerium für Familie, Senior/innen, Frauen und Jugend<br />
geförderten Modellprogramms „Generationsübergreifende <strong>Freiwilligendienste</strong>“ werden<br />
durch das Zentrum für zivilgesellschaftliche Entwicklung (zze) wissenschaftlich begleitet.<br />
Einigen Projekten, so auch den <strong>IFL</strong> wurden eine vertiefte, insbesondere auf qualitativen Methoden<br />
aufbauende Zusatzevaluation ebenfalls durch das zze ermöglicht.<br />
Nach einer Einführung in Evaluationsdesign- und methoden, werden im Folgenden die Ergebnisse<br />
der Zusatzevaluation der <strong>IFL</strong> dargestellt. Hierbei liegt der Schwerpunkt einerseits<br />
auf der Bedeutung der <strong>IFL</strong> für die unterschiedlichen Akteur/innen, wie auch die Zivilgesellschaft.<br />
Andererseits wird auf die Praxis der <strong>IFL</strong> eingegangen, das meint die konkrete Ausgestaltung<br />
des <strong>Freiwilligendienste</strong>s sowie die Kooperation im Verbund. Jeder Teil schließt mit<br />
einem Fazit, das die Ergebnisse hinsichtlich möglicher Nachbesserungen sowie mit Blick auf<br />
die im Projektantrag formulierten Ziele erörtert. Das Schlussresümee beschäftigt sich mit der<br />
Frage, welche Veränderungen die <strong>IFL</strong> anstoßen und welche Effekte die <strong>IFL</strong> damit für die<br />
„Generationsübergreifenden <strong>Freiwilligendienste</strong>“ erzielen können.<br />
1.1 Die Evaluation<br />
1.1.1 Die Methode<br />
Die Methodik und der Aufbau der Evaluation orientierte sich insbesondere an dem von UN<br />
Volunteers herausgegebenen Handbuch für die Evaluation von <strong>Freiwilligendienste</strong>n in der<br />
Entwicklungszusammenarbeit. 1 Die hier vorgeschlagene Vorgehensweise schien am ehesten<br />
der Vielschichtigkeit der <strong>IFL</strong> in Hinblick auf deren Idee, Organisation und (auch interkulturellen)<br />
Thematiken gerecht zu werden. Die Evaluation war entsprechend nicht summativ<br />
sondern responsiv 2 angelegt. Folglich zielte sie darauf ab, möglichst alle Beteiligtengruppen,<br />
d.h. Freiwillige, Träger, Einsatzstellen, Partnerorganisationen und Nutzer/innen aktiv reflektierend<br />
in den Erhebungs- und Auswertungsprozess der ausschließlich qualitativen Daten<br />
einzubeziehen. Nach einer Sichtung aller Materialien, wie Protokolle etc, wurden hierfür vier<br />
1 Vgl. UN Volunteers / Centre for International Development and Training (Hg.): A Participatory Methodology for<br />
Assessing the Impact of Volunteering for Development. Handbook for Volunteers and Programme Officers. 2006<br />
2 Vgl. Wolfgang Beywl: Evaluationsmodelle und qualitative Methoden. In: Uwe Flick (Hg.): Qualitative Evaluationsforschung.<br />
Konzepte, Methoden, Umsetzungen. Hamburg 2006. S. 92-116<br />
2
Workshops angeboten, deren Fokus auf drei verschiedene Ebenen der <strong>IFL</strong> gerichtet war und<br />
die im Sinne eines bottom-up-Prozesses aufeinander aufbauen sollten. Anders als im Handbuch<br />
der UNV wurden jedoch nicht zwischen Einsatzebene, Programmebene und nationaler<br />
Ebene unterschieden, sondern dem Aufbau der <strong>IFL</strong> entsprechend zwischen Praxis- Programm-<br />
und Kooperationsebene. Die Praxisebene betrifft die konkrete Ausgestaltung des<br />
<strong>Freiwilligendienste</strong>s. Hierfür wurde ein Workshop mit unterschiedlichen Freiwilligen vorbereitet.<br />
Für die Programmebene, mit dem Fokus auf konzeptionelle Aspekte, wurden ein Praxis-<br />
Programm-, sowie ein Programm-Workshop mit Freiwilligen, Einsatzstellen, Trägern, Koordinierungsstelle<br />
und Nutzer/innen geplant. Für den Workshop auf Kooperationsebene, der sich<br />
mit den unterschiedlichen Formen der Zusammenarbeit befassen sollte, war zunächst beabsichtigt,<br />
ebenso alle Beteiligten einzubeziehen. Methodisch waren die Workshops so angelegt,<br />
dass eine Bewertung der <strong>IFL</strong> wie auch die Diskussion relevanter Themen der Beteiligten<br />
möglich würde. Zudem sollten Ergebnisse aus Interviews, der <strong>IFL</strong>-Statistik sowie vorangegangener<br />
Workshops aufgegriffen werden. Die Methodenvielfalt, sollte schließlich die Motivation<br />
der Teilnehmenden für eine thematische Auseinandersetzung sowie für gemeinsame<br />
Lernprozesse fördern. 3 Neben den Workshops war geplant, mit Freiwilligen, Einsatzstellen<br />
Partnerorganisationen, Trägern und der Koordinierungsstelle leitfadengestützte Interviews<br />
durchzuführen, die eine gewisse Offenheit ermöglichen. Hiermit sollten spezifische Themen<br />
der Einzelnen tiefergehend eruiert werden 4 , die sich entweder bei den Freiwilligen auf subjektive<br />
(Biografie)Erfahrungen stützten, oder bei Trägern, Einsatzstellen und Partnerorganisationen<br />
auf ihr Expert/innenwissen. Nach jedem Workshop und jedem Interviewblock war<br />
eine Zwischenauswertung geplant, die auch mit den <strong>IFL</strong>-Verantwortlichen rückgekoppelt<br />
werden sollte. Um die Ergebnisse zu stützen sollten Interviews und Workshops in einer abschließenden<br />
Auswertung durch Triangulation 5 wechselseitig verglichen und verifiziert werden.<br />
Der gesamte Evaluation war im Zeitraum von April 2007 bis Dezember 2007 geplant.<br />
Auf die Beachtung des Teilprojekts in Lateinamerika der AGEH, wo Partnerstrukturen und<br />
Qualitätssicherung zwischen den Kooperationspartnern modellhaft aufgebaut werden wurde<br />
aus Zeitgründen ebenso verzichtet, wie auf den Besuch von Einsatzstellen, Partnerorganisationen<br />
und Trägern vor Ort.<br />
3 Vgl. UN Volunteers / Centre for International Development and Training (Hg.): A Participatory Methodology for<br />
Assessing the Impact of Volunteering for Development. Handbook for Volunteers and Programme Officers. 2006<br />
4 Vgl. Cornelia Helfferich: Die Qualität qualitativer Daten. Manual für die Durchführung qualitativer Interviews. 2.<br />
Aufl. Wiesbaden 2005<br />
5 Vgl. Uwe Flick: Triangulationn in der qualitativen Forschung. In: Uwe Flick, Ernst von Kardoff, Ines Steinke (Hg.):<br />
Qualitative Forschung. Hamburg 2006, S. 309-318<br />
3
1.1.2 Das Evaluationsdesign<br />
Ziele der Evaluation<br />
• Den Freiwilligen der <strong>IFL</strong> wird ihr individueller Beitrag<br />
aufgezeigt und in einem größeren Kontext wahrnehmbar.<br />
• Für die Programmverantwortlichen wird der kumulative<br />
Nutzen der <strong>IFL</strong> auch auf nationaler Ebene erkennbar.<br />
• Förderliche und hinderliche Faktoren, sowie Potenziale<br />
(auch hinsichtlich zivilgesellschaftlicher Prozesse) der <strong>IFL</strong><br />
werden ersichtlich.<br />
• Der Minder- und / oder Mehrwert, sowie Potenziale<br />
des Netzwerkverbundes werden deutlich.<br />
!<br />
• Es werden Empfehlungen für eine Programmverbesserung<br />
aufgezeigt.<br />
© zze Zentrum für zivilgesellschaftliche Entwicklung 2007 3<br />
Fragen an die Evaluation I<br />
• Welchen Beitrag leistet der <strong>IFL</strong> (bereits / noch nicht) bzgl.<br />
generationsspezifischer / generationsübergreifender<br />
zivilgesellschaftlicher Prozesse?<br />
• Welchen Beitrag leistet der <strong>IFL</strong> (bereits / noch nicht) bzgl.<br />
?<br />
geschlechtergerechter zivilgesellschaftlicher Prozesse?<br />
• Wie wird dies erreicht<br />
(Förderliches / Hinderliches / Potenziale)?<br />
• Was sind Empfehlungen und Impulse aus den <strong>IFL</strong>?<br />
• Was sind die wesentlichen Ergebnisse eines <strong>IFL</strong>?<br />
• Welche Veränderungen gibt es aufgrund der <strong>IFL</strong>?<br />
• Wie unterscheidet sich der <strong>IFL</strong> von „herkömmlichen“<br />
<strong>Freiwilligendienste</strong>n?<br />
• Wie gestaltet sich die Kooperation der Trägerorganisationen?<br />
• Wie gelingt Qualitätssicherung und partnerschaftliche<br />
Zusammenarbeit?<br />
• Welchen Mehrwert / Minderwert ergibt sich aus dem<br />
• Projektmanagement der Koordinierungsstelle?<br />
© zze Zentrum für zivilgesellschaftliche Entwicklung 2007 4<br />
Grundprinzipien der Evaluation<br />
partizipativ<br />
qualitativ<br />
prozessoffen<br />
Responsive<br />
Evaluation<br />
UN volunteers<br />
Assessing<br />
the impact<br />
of volunteering<br />
for development<br />
reflexiv<br />
explorativ<br />
bottom up process<br />
© zze Zentrum für zivilgesellschaftliche Entwicklung 2007 6<br />
4
Zeitplan der Evaluation<br />
April<br />
Mai<br />
Juni<br />
Juli<br />
Aug<br />
Sept<br />
Okt<br />
Nov<br />
Dez<br />
Daten sammeln Daten sammeln + auswerten Auswertung<br />
Tel.Interview<br />
11Träger+<br />
Koord.stelle<br />
22.06.-24.06.07<br />
Bonn<br />
WS + Interview<br />
15 incomings +<br />
15 outgoings<br />
29.05.07<br />
6 Interviews<br />
Partnerorg. +<br />
EST<br />
Sekundäranalysen +<br />
<strong>IFL</strong>- Materialien sichten<br />
© zze Zentrum für zivilgesellschaftliche Entwicklung 2007<br />
27.-29.08.07<br />
Hannover<br />
WS + Interview<br />
Freiw. + EST<br />
18 Personen<br />
EST / Freiwillige<br />
aus dem Ausland<br />
Koord.stelle<br />
Workshop<br />
Praxisebene<br />
Workshop<br />
Programmebene<br />
Workshop<br />
Kooperationsebene<br />
43.Wo 24.10.07<br />
Köln<br />
Koord.stelle, 12 Träger,<br />
5 Freiwillige<br />
17.09.-18.09.07<br />
Frankfurt<br />
WS + Interviews Freiwillige / EST<br />
7 incoming-Träger +<br />
6 EST<br />
6 incomings + 3 ehem.outgoings<br />
6 Nutzer/innen<br />
12.12-13.12.07<br />
Hamburg<br />
Abschluss-WS<br />
Im Rahmen der VV<br />
Interviews Freiwillige<br />
Interviews Träger<br />
Einsatzstellen (EST)<br />
Methoden der Evaluation<br />
Sekundäranalyse und Sichten der <strong>IFL</strong> Materialien<br />
12 Interviews mit incoming und outgoing Freiwilligen<br />
11 Interviews mit allen Trägerorganisationen<br />
6 Interviews mit Einsatzstellen + Partnerorganisationen<br />
1 Interview mit Koordinierungsstelle<br />
1 zweitägiger Workshop auf der Praxisebene<br />
2 zweitägige Workshops auf der Programmebene<br />
1 eintägiger Workshop auf Kooperationsebene<br />
6 Auswertungszyklen<br />
1 eintägiger Abschlussworkshop<br />
© zze Zentrum für zivilgesellschaftliche Entwicklung 2007<br />
8<br />
5
Workshops<br />
Workshop auf Praxisebene<br />
Praxisebene 2 Tage<br />
Ziele:<br />
• Sammeln und<br />
Reflexion eigener<br />
Erfahrungswerte<br />
• Auswertung der<br />
Interviews<br />
• Feedback zu den<br />
<strong>IFL</strong><br />
• Empfehlungen<br />
für die <strong>IFL</strong><br />
• Weitere Fragen<br />
an die Evaluation<br />
Fragen:<br />
• Wichtigste<br />
Themen,<br />
Probleme,<br />
Erfahrungen<br />
in den <strong>IFL</strong>?<br />
• Genderspezifika?<br />
• Generationsübergreifende<br />
Spezifika?<br />
• …<br />
Methoden:<br />
• Verlaufskurve<br />
• Ranking<br />
• Moderierte Diskussion<br />
• Critical incidents<br />
• Gruppenarbeit<br />
• Vergleich der MDGs<br />
• …<br />
mit Freiwilligen („Incomings“ und „Outgoings“)<br />
© zze Zentrum für zivilgesellschaftliche Entwicklung 2007 13<br />
Workshops<br />
Workshop auf Programmebene<br />
Praxisebene 2 Tage<br />
Ziele:<br />
• Auswertung der<br />
Ergebnisse der<br />
Programmebene<br />
• Feedback zu den<br />
<strong>IFL</strong><br />
• Empfehlungen<br />
für die <strong>IFL</strong><br />
• Weitere Fragen<br />
an die Evaluation<br />
Fragen:<br />
• Bedeutung der <strong>IFL</strong> für<br />
untersch. Beteiligte?<br />
• Veränderungen?<br />
• Lernerfahrungen?<br />
• Förderliches?<br />
• Hinderliches?<br />
• Potenziale?<br />
• Genderspezifika?<br />
• Generationsübergr.<br />
Spezifika?<br />
• …<br />
Methoden:<br />
• Präsentation<br />
• Gruppengespräche<br />
• Moderierte Diskussion<br />
• Change stories<br />
• Gruppenarbeit<br />
• Vergleich der MDGs<br />
• …<br />
mit Trägern, (Koordinierungsstelle), Einsatzstellen, Freiwilligen und Nutzer/innen<br />
© zze Zentrum für zivilgesellschaftliche Entwicklung 2007 14<br />
Workshops<br />
Workshops auf Koordinationsebene<br />
Praxisebene 1 Tag<br />
Ziele:<br />
• Vernetzung und<br />
Austausch der<br />
Träger und<br />
Einsatzstellen<br />
• Konkrete<br />
Kooperationen<br />
• Auswertung der<br />
Ergebnisse Praxis /<br />
Programmebene<br />
• Weitere Fragen an<br />
Evaluation<br />
Fragen:<br />
• Welche<br />
spezifischen<br />
Möglichkeiten<br />
bietet der <strong>IFL</strong>?<br />
• Bedeutung von<br />
Zivilgesellschaft?<br />
• Genderspezifika?<br />
• Generationsübergreifende<br />
Spezifika?<br />
• …<br />
Methoden:<br />
• Präsentation<br />
• Gruppengespräche<br />
• Austauschforen<br />
• Moderierte Diskussion<br />
• Vergleich der MDGs<br />
• …<br />
mit Trägern, (Koordinierungsstelle), Einsatzstellen, Freiwilligen und Nutzer/innen<br />
© zze Zentrum für zivilgesellschaftliche Entwicklung 2007 15<br />
6
Interviews mit Freiwilligen<br />
Vor welchem<br />
biografischen<br />
Hintergrund<br />
wurde der <strong>IFL</strong><br />
begonnen?<br />
Wie wurde der<br />
<strong>IFL</strong> vor Ort<br />
erlebt?<br />
Wie hat sich<br />
der Alltag im<br />
Heimatland<br />
nach dem <strong>IFL</strong><br />
verändert?<br />
…<br />
insgesamt 12 Interviews mit Freiwilligen<br />
(leitfadengestützt – biografisch orientiert)<br />
„Incomings“ und „Outgoings“<br />
© zze Zentrum für zivilgesellschaftliche Entwicklung 2007 9<br />
Interviews mit Trägerorganisationen<br />
Wie hat sich der<br />
Träger auf<br />
unterschiedliche<br />
Bedingungen<br />
von<br />
Zivilgesellschaft<br />
eingestellt?<br />
Was hat sich für<br />
den Träger<br />
durch die <strong>IFL</strong><br />
programmatisch<br />
und strategisch<br />
verändert?<br />
Wie hat sich die<br />
Kooperation auf<br />
der<br />
Trägerebene<br />
bewährt?<br />
…<br />
11 Interviews mit allen Trägerorganisationen<br />
(leitfadengestützt – Expert/inneninterviews)<br />
© zze Zentrum für zivilgesellschaftliche Entwicklung 2007 10<br />
Interviews mit Einsatzstellen<br />
Wie<br />
unterscheidet<br />
sich der <strong>IFL</strong> von<br />
anderem<br />
freiwilligem<br />
Engagement?<br />
Wie entwickelt<br />
sich der<br />
generationsübergreifende<br />
Aspekt?<br />
Wie wird das<br />
Ziel der<br />
Gendergerechtigkeit<br />
umgesetzt?<br />
…<br />
insgesamt 6 Interviews mit Einsatzstellen + Partnerorganisationen<br />
(leitfadengestützt – Expert/inneninterviews)<br />
© zze Zentrum für zivilgesellschaftliche Entwicklung 2007 11<br />
7
Interview mit Koordinierungsstelle<br />
Wie gestaltet<br />
sich das<br />
Projektmanagement?<br />
Welche<br />
Vorteile,<br />
Nachteile und<br />
Potenziale<br />
ergeben sich<br />
aus der<br />
Kooperation?<br />
Welches sind<br />
die „lessons<br />
learned“ und<br />
welche<br />
Perspektiven<br />
ergeben sich<br />
durch die <strong>IFL</strong>?<br />
…<br />
1 Interview mit Koordinierungsstelle<br />
(leitfadengestützt – Experteninterview)<br />
© zze Zentrum für zivilgesellschaftliche Entwicklung 2007 12<br />
Fortwährende Auswertung<br />
Aufbereitung der<br />
Interviews (zze)<br />
Auswertungs-<br />
Workshops<br />
(alle Beteiligten)<br />
Triangulation<br />
Aufbereitung der Erkenntnisse<br />
aus den Workshops (zze)<br />
© zze Zentrum für zivilgesellschaftliche Entwicklung 2007 16<br />
Abschluss<br />
Abschlussworkshop<br />
Praxisebene 1 Tag<br />
Ziele:<br />
• Darstellung und<br />
Diskussion der<br />
Evaluationsergebnisse<br />
• Empfehlungen für<br />
Modifikationen und<br />
weiteres Vorgehen<br />
bzgl. der <strong>IFL</strong><br />
Fragen:<br />
• Die wichtigsten<br />
Spezifika der <strong>IFL</strong>?<br />
• Bedeutung für die<br />
Zivilgesellschaft?<br />
• Wie können<br />
Ergebnisse in die<br />
weitere<br />
programmatische/<br />
strategische<br />
Planung einfließen?<br />
• …<br />
Methoden:<br />
• Präsentation<br />
• Moderierte Diskussion<br />
• Austauschforen<br />
• Planungsforen<br />
• Abschließender Vergleich<br />
der MDGs<br />
• Feedback<br />
• …<br />
mit Trägern, Koordinierungsstelle, Einsatzstellen und Freiwilligen<br />
© zze Zentrum für zivilgesellschaftliche Entwicklung 2007 17<br />
8
1.1.3 Erfahrungen mit der Evaluation<br />
Insgesamt wurden mit der Evaluation 39 Freiwillige, 8 Einsatzstellen, 2 Partnerorganisationen,<br />
11 Träger und die 3 Vertreter/innen der Koordinierungsstelle erreicht. Am ersten (Praxis)<br />
Workshop nahmen 24 Incomings und Outgoings verschiedener Generationen teil, am<br />
zweiten Workshop 9 Outgoings, 7 Einsatzstellen aus unterschiedlichen Ländern, sowie 5<br />
Träger und die Koordinierungsstelle. Am Programmworkshop nahmen 8 Freiwillige, 5 Träger<br />
und die Koordinierungsstelle teil. Geplant war auch Einsatzstellen und Nutzer/innen einzubeziehen,<br />
die jedoch nicht dafür gewonnen werden konnten. Für den Kooperationsworkshop,<br />
das stellte sich im Laufe der Evaluation heraus, schien es schließlich sinnvoller, dass die<br />
Träger zunächst für sich die Kooperationen kritisch reflektieren können. Grundsätzlich haben<br />
sich die Workshops als sehr ergiebig und durch unterschiedliche Methoden als sinnvoll aufgebaut<br />
erwiesen. Sie waren zudem von einer großen Offenheit und engagierten Arbeitsatmosphäre<br />
geprägt. Durch die kurzen zeitlichen Abstände zwischen den Workshops, konnten<br />
von den Beteiligten nicht erwartet werden sich im Voraus mit den Ergebnissen der Zwischenauswertungen<br />
auseinanderzusetzen, nicht zuletzt, weil die Auswertungen erst kurz vor<br />
dem nächsten Workshop fertig gestellt werden konnten. Für weitere ähnliche Evaluationen<br />
müsste beachtet werden, dass die Zeit gelassen wird, sich mit Ergebnissen vertraut zu machen,<br />
um diese dann auf den Workshops vertiefend diskutieren und auswerten zu können.<br />
Außerdem werden die Beteiligten durch viele Workshops in einem kurzen Zeitraum sehr<br />
stark beansprucht, was nicht immer zumutbar ist. Schwierig gestaltete sich zudem die<br />
sprachliche Verständigung, so dass nicht alle gleichermaßen an den Workshops partizipieren<br />
konnten. Trotz eines zweisprachigen Workshops mit Übersetzung in Englisch und<br />
Deutsch, oder durch spontanes Dolmetschen für Einzelne, konnte das Sprachproblem nicht<br />
zufriedenstellend gelöst werden.<br />
Biografisch orientierte Interviews wurden mit 10 Freiwilligen, statt mit zwölf (teilweise auf<br />
Spanisch oder Englisch) durchgeführt. Es stellte sich heraus, dass es bis dahin keine älteren<br />
Incomings gab. Mit Einsatzstellen aus dem Togo, Nicaragua, Deutschland, Isreal, wurden<br />
leitfadengestützte Expert/inneninterviews durchgeführt, ebenso mit zwei Partnerorganisationen<br />
aus Guatemala und Malaysia. Zudem wurde jeder der elf Träger überwiegend telefonisch<br />
interviewt und das Team der Koordinierungsstelle in einem Gruppeninterview. Die Interviews<br />
dauerten zwischen 25 Minuten und 2,5 Stunden. Schwierig war, die Interviews während<br />
den Workshops zu führen. Einerseits war nach einem arbeitsreichen Tag oft die Konzentration<br />
für ein längeres Interview nicht mehr gegeben, andererseits waren die Interviewten<br />
– das ist in den Interviews teilweise zu merken – von den Themen der Workshops beeinflusst.<br />
Bewährt hat sich der Methodenmix aus Workshops und Interviews, wie auch eine fortlaufende<br />
Auswertung. Ergebnisse konnten so bereits während der Evaluation überprüft und thematisch<br />
weiterbearbeitet werden.<br />
1.1.4 Begriffsklärungen<br />
Wie während der gesamten Evaluation wird auch hier zwischen drei Altersgruppen der Freiwilligen<br />
unterschieden:<br />
Die Jüngeren sind die unter 27 Jährigen, dem herkömmlichen, typischen Freiwilligenalter.<br />
Die Älteren sind die über 60-Jährigen, die am Ende ihrer Berufsphase stehen bzw. diese<br />
bereits abgeschlossen haben.<br />
Die Mittleren sind die Gruppe zwischen Jüngeren und Älteren, die im Berufsleben stehen<br />
und deren Lebenssituation in besonderer Weise von familiären und beruflichen Verpflichtungen<br />
geprägt ist.<br />
9
Zudem wird zwischen den deutschen und den ausländischen Freiwilligen unterschieden:<br />
Incomings sind diejenigen, die aus dem Ausland kommen und einen <strong>IFL</strong> in Deutschland<br />
machen.<br />
Outogoings hingegen, sind Deutsche, die ins Ausland entsendet werden um dort einen <strong>IFL</strong><br />
zu machen.<br />
2 Die Bedeutung der <strong>IFL</strong><br />
2.1 Die Identitätsfrage der Träger<br />
2.1.1 Trägeridentität versus <strong>IFL</strong>-Identität<br />
„<strong>IFL</strong> ist ein Teil von uns“ (ein/e Trägervertreter/in) 6<br />
„Hinderlich ist, dass jeder auch gucken muss wo er selber bleibt.“ (ein/e Trägervertreter/in) 7<br />
Die Träger definieren sehr unterschiedlich, was die <strong>IFL</strong> für sie bedeuten sollen, inwieweit sie<br />
eine Zusammenarbeit und eine trägerunabhängige, spezifische Ausgestaltung erfordern. Die<br />
Diskussion darüber wird in Hinblick auf die Trägeridentität geführt, die einer <strong>IFL</strong>-Identität gegenübergestellt<br />
wird, wobei auch viele Zwischenpositionen zu finden sind. Die Träger bestehen<br />
einerseits auf ihre eigene Identität, die sich in tradierten, Werten und Konzepten ausdrückt.<br />
Sie streben an auch innerhalb der <strong>IFL</strong> als spezifische Organisation erkennbar zu<br />
bleiben, ihr eigenes Konzept zu schützen. Sie wollen die Gestalter der <strong>IFL</strong> bleiben und nicht<br />
Durchführende eines vorgegebenen Programms sein. Die Träger zielen darauf ab, den Freiwilligen<br />
ihre charakteristischen Werte zu vermitteln. Entsprechend erwarten sie, dass sich<br />
die Freiwilligen mit ihrem Selbstverständnis als Organisation identifizieren und nicht mit den<br />
<strong>IFL</strong>. Dem wird andererseits widersprochen, indem für eine relativ einheitliche <strong>IFL</strong>-Identität<br />
plädiert wird. Diese ist, so wird argumentiert, für eine bessere Außenwirkung notwendig, die<br />
bisherige Vielfalt lässt sich nur schwer in der Öffentlichkeit darstellen. Zudem wird befürchtet,<br />
dass die Vielfalt zu einer Beliebigkeit des Programms führen könnte. Entsprechend werden<br />
gewisse Standards favorisiert, die <strong>IFL</strong> als spezifisches Programm erkennen lassen, ohne<br />
jedoch die Trägereigenheiten völlig außer Acht zu lassen. Entsprechend schwierig wird der<br />
Prozess dargestellt, auszutarieren, wie verbindlich ein <strong>IFL</strong>-Konzept sein muss bzw. nicht sein<br />
darf. Noch ist offen, inwieweit das gemeinsam Erarbeitete von den Trägern tatsächlich als<br />
Orientierungsrahmen genutzt wird. Daneben wird von dritter Seite hervorgehoben, dass sich<br />
Trägeridentität und <strong>IFL</strong>-Identität nicht widersprechen, weil die Träger mit ihren je eigenen<br />
Werten die Ausgestaltung des <strong>IFL</strong>-Programms mitbestimmen. Träger machen die Erfahrung,<br />
dass sich die Freiwilligen die Träger in Kombination mit dem Programm auswählen und mit<br />
dem Freiwilligendienst spezifische Lernerfahrungen erwarten, wie einen intergenerativen<br />
Austausch, die trägerübergreifend und gleichzeitig trägerspezifisch gewährleistet werden<br />
können.<br />
Die Diskussion um Trägeridentität versus <strong>IFL</strong>-Identität ist eng verflochten mit der Gegenüberstellung<br />
von Konkurrenz und Kooperation. Während einige Träger stark ihre Konkurrenz<br />
zueinander betonen, da sie auch innerhalb des <strong>IFL</strong>-Programms um Freiwillige und Einsatzstellen<br />
kämpfen würden und auf die Trägervielfalt innerhalb des Verbunds bestehen, steht<br />
für andere Träger die Zusammenarbeit im Verbund, die sie als gewinnbringend erleben im<br />
Vordergrund. Weitere Träger sehen darin schließlich keinen Widerspruch, sondern sehen die<br />
<strong>IFL</strong>, wie oben bereits aufgezeigt, stark von den Trägern und ihren Eigenheiten geprägt, so<br />
dass ein gemeinsames <strong>IFL</strong>-Programm nicht die Trägeridentität einschränkt, sondern die Trä-<br />
6 Quelle: Diskussion beim 4. Workshop (Kooperationsebene) in Köln im Rahmen der Zusatzevaluation<br />
7 Quelle: Leitfadengestützte Expert/innen- Interviews mit Trägervertreter/innen im Rahmen der Zusatzevaluation<br />
10
gervielfalt ausdrückt, was auch die Annahme konkurrierender Träger überflüssig erscheinen<br />
lässt.<br />
2.1.2 Spezifika und Stellenwert der <strong>IFL</strong><br />
„Ich bezeichne es zuerst mal als Freiwilligendienst ein internationaler, der alle Altersgruppen<br />
anspricht. Dazu kommt aber noch eine inhaltliche Ausrichtung, die die Träger sehr unterschiedlich<br />
umsetzen, dass die sagen, wir wollen den Generationenaspekt, also den Dialog<br />
zwischen den Generationen oder auch ein Jüngerer und ein Älterer im Freiwilligendienst.<br />
Das wird unterschiedlich gemacht.“ (ein/e Mitarbeiter/in der Koordinierungsstelle) 8<br />
„Das ist im Moment noch ein Nischenbereich“ (ein/e Trägervertreter/in)<br />
„<strong>IFL</strong> ist in der Geschäftsstelle sehr präsent, es wird immer darüber informiert im Team“ (ein/e<br />
Trägervertreter/in) 9<br />
Die <strong>IFL</strong> werden von den Trägern wenig genutzt um einen ganz spezifischen Freiwilligendienst<br />
mit einzigartigem Profil zu initiieren. <strong>IFL</strong> wurde, so die Einschätzung der Koordinierungsstelle<br />
nicht als Marke implementiert. Entsprechend löste die Frage nach den Spezifika<br />
der <strong>IFL</strong> bei den Trägern etliche Unsicherheiten aus. Der kleinste gemeinsame Nenner der<br />
Entsendeorganisationen hinsichtlich der Spezifika der <strong>IFL</strong> ist die Aufnahme von mittleren /<br />
älteren, berufs- und lebenserfahrenen Freiwilligen. Viele Träger wollen mit <strong>IFL</strong> aber auch das<br />
Miteinander der Generationen fördern, wofür sie teilweise entsprechende Lernprozesse gezielt<br />
anstoßen und intergenerative Aspekte mit den Freiwilligen thematisieren 10 . Letztendlich<br />
sind es die personellen Ressourcen, die darüber entscheiden, wie spezifisch <strong>IFL</strong> als eigenes<br />
Programm gestaltet wird. Die Kooperation im Verbund wird außer seitens der Koordinierungsstelle<br />
kaum als <strong>IFL</strong>-Spezifikum wahrgenommen.<br />
Wie wenig <strong>IFL</strong> als spezifisches Programm erprobt wird, zeigt sich auch darin, dass dessen<br />
Ausgestaltung sich stark an der tradierten Trägerpraxis mit anderen <strong>Freiwilligendienste</strong>n orientiert<br />
und bisweilen lediglich der neuen Zielgruppe angepasst wird. Gleichzeitig profitieren<br />
die <strong>IFL</strong> von den langjährigen Erfahrungen der Träger mit internationalen <strong>Freiwilligendienste</strong>n,<br />
da sich die Träger auf altbekanntem Terrain (weiter)bewegen.<br />
Der Stellenwert der <strong>IFL</strong> im Vergleich zu anderen <strong>Freiwilligendienste</strong>n unterscheidet sich von<br />
Träger zu Träger sehr. Für die einen ist <strong>IFL</strong> ein Programm unter vielen altbewährten, mit<br />
dem Unterschied, dass nun auch ältere Freiwillige aufgenommen werden. Das zeigt sich<br />
auch darin, dass sie in Interviews und Workshops viel mehr über <strong>Freiwilligendienste</strong> allgemein<br />
als über <strong>IFL</strong> diskutieren. Einige Träger empfinden die <strong>IFL</strong> zudem als Konkurrenz zu<br />
ihren sonstigen <strong>Freiwilligendienste</strong>n. Für andere hingegen ist <strong>IFL</strong> so bedeutsam, dass sie<br />
eigens Stellen dafür geschaffen haben und entsprechend Kapazitäten haben ein spezifischeres<br />
Programm zu entwickeln.<br />
Ein hoher Stellenwert der <strong>IFL</strong> zeigt sich bei den Trägern, die durch <strong>IFL</strong> für ihre gesamte<br />
Freiwilligendienstpraxis neue Impulse erhalten haben. Sie haben durch <strong>IFL</strong> ein vielschichtigeres<br />
Bild von Freiwilligen entwickelt, wurden angeregt über intergenerative Aspekte nachzudenken<br />
und ihre bisherigen Standards zu hinterfragen.<br />
8 Quelle: Leitfadengestütztes Gruppeninterview mit dem Team der Koordinierungsstelle im Rahmen der Zusatzevaluation<br />
9 Quelle: Leitfadengestützte Expert/innen- Interviews mit Trägervertreter/innen im Rahmen der Zusatzevaluation<br />
10 Der unterschiedlich intensive Umsetzung intergenerativer Aspekten kann auch daher rühren, dass die Mindeststandards<br />
diesbezüglich verschiedene Möglichkeiten eröffnen und als Soll-Bestimmung formulieren: „Generell soll<br />
mit dem <strong>IFL</strong> neuen Zielgruppen in unterschiedlichen Lebenslagen der Zugang zum Freiwilligendienst und allen<br />
beteiligten <strong>Freiwilligendienste</strong>n zur generationsübergreifenden Auseinandersetzung eröffnet werden.“ Internes<br />
Papier der <strong>IFL</strong>: „Eingangsvoraussetzungen“, S.1<br />
11
2.2 Die Nutzenfrage der Freiwilligen<br />
2.2.1 Eine prägende Erfahrung im Leben der Freiwilligen<br />
„<strong>IFL</strong> hat eine wichtige Bedeutung in meinem Leben, das weiß ich jetzt schon“ (männlicher, jüngerer<br />
Incoming)<br />
“diese Erfahrung war eine der intensivsten, die ich gemacht habe“ (männlicher, mittlerer Outgoing)<br />
“das war das beste halbe Jahr in meinem Leben“ (weibliche, mittlere Outgoing) 11<br />
Die Motivation der Freiwilligen sich für einen internationalen Freiwilligendienst zu interessieren<br />
und schließlich auch zu entscheiden, liegt darin, dass sie etwas anderes machen, etwas<br />
Sinnvolles tun sowie eine andere Kultur von Innen kennenlernen wollen. Freiwillige haben<br />
hierfür nicht explizit nach <strong>IFL</strong> gesucht, sondern sich über die Angebote der Träger informiert.<br />
Auf <strong>IFL</strong> sind sie eher zufällig gestoßen, oder wurden seitens des Trägers mit <strong>IFL</strong> versendet.<br />
Für Mittlere und Ältere ist <strong>IFL</strong> gleichzeitig die nahezu einzige Möglichkeit einen internationalen<br />
Freiwilligendienst zu machen. Das Angebot sich mit intergenerativen Aspekten auseinanderzusetzen<br />
und generationsübergreifende Begegnungen zu realisieren sind für die Freiwilligen,<br />
nach eigenen Angaben, bis jetzt nicht ausschlaggebend hinsichtlich der Entscheidung<br />
für einen <strong>IFL</strong>. Dennoch ist es für Freiwillige, anders wie das die Träger einschätzen,<br />
wichtig zu wissen mit welchem Programm sie entsendet werden und welcher inhaltliche Fokus<br />
damit verbunden ist.<br />
Für die Freiwilligen ist die Teilnahme an einem <strong>IFL</strong> eine überaus einschneidende und prägende<br />
Erfahrung, nicht zuletzt auch aufgrund des generationsübergreifenden Dialogs. Sie<br />
sind durch <strong>IFL</strong> offener, gelassener, toleranter und zufriedener geworden, haben eine differenziertere<br />
Sichtweise auf die Welt und politische Zusammenhänge erworben und Vorurteile<br />
auch gegenüber anderen Altersgruppen abgebaut.<br />
2.2.2 <strong>IFL</strong> als Lerndienst<br />
„In a culture I think it’s meeting people and understanding what motivates them and inspires<br />
them“ (ein mittlerer Freiwilliger beschreibt interkulturelles Lernen) 12<br />
Freiwillige erleben den <strong>IFL</strong> als Freiwilligendienst, der vielfältige Lernmöglichkeiten bietet, die<br />
sie gerne annehmen. Die Freiwilligen lernen sich, nach eigenen Angaben, insbesondere<br />
selbst besser kennen, in der Auseinandersetzung mit der fremden Kultur und dem Einüben<br />
von Toleranz. Die Outgoings sehen ihren eigenen, gewohnten Lebensstandard in Deutschland<br />
kritischer und verstehen nun auf dem Hintergrund ihrer <strong>IFL</strong>-Erfahrung die globalen Zusammenhänge<br />
hinsichtlich der Ursachen für Armut.<br />
Freiwillige erwerben während ihres <strong>IFL</strong> interkulturelle Kompetenzen. Nicht nur in der<br />
Einsatzstelle, sondern auch in den Seminaren erleben sie entsprechende Anregungen, wie<br />
die Auseinandersetzung mit eigenen Stereotypen und Vorurteilen, als äußerst gewinnbringend.<br />
Voraussetzung für interkulturelle Kompetenz ist zudem, die Sprache des Einsatzlandes<br />
und den Umgang mit (fremden) Regeln zu lernen.<br />
Die Träger vermuten, dass Freiwillige auch intergenerative Lernerfahrungen erwarten. Das<br />
kann so nicht bestätigt werden. Das mag auch daran liegen, dass viele Freiwillige zunächst<br />
gar nicht wissen mit welchem Programm sie entsendet werden und was dieses beinhaltet.<br />
Aber Freiwillige, die Seminare besuchten, wo intergenerative Aspekte thematisiert wurden,<br />
beschreiben dies als äußerst wichtige Lernanregung die sie im Nachhinein nicht missen<br />
möchten. Insbesondere auch, weil das intergenerative Lernen, so die Erfahrung der Freiwilligen,<br />
nicht einfach so im Alltag geschieht wie es einige Träger annehmen. Es sind vielmehr<br />
11 Quelle: Leitfadengestützte, biografisch orientierte Interviews mit Freiwilligen im Rahmen der Zusatzevaluation<br />
12 Quelle: Leitfadengestützte, biografisch orientierte Interviews mit Freiwilligen im Rahmen der Zusatzevaluation<br />
12
entsprechende Impulse, wie Seminareinheiten, Projekte in den Einsatzstellen oder initiierte<br />
Begegnungen und Dialoge zwischen den Generationen, wovon die Freiwilligen sehr profitieren.<br />
2.2.3 Die Bedeutung für unterschiedliche Altersgruppen<br />
„Zu diesem Zeitpunkt musste ich das tun, später hätte ich das nicht mehr gemacht“ (eine mittlere<br />
Freiwillige)<br />
„Das geht von Kopfschütteln bis hin zum Kniefall“ (ein mittlerer Freiwilliger über die Reaktionen seines<br />
Umfelds) 13<br />
„Man muss als Älterer auch akzeptieren, dass Jüngere anders sind“ (ein älterer Freiwilliger)<br />
<strong>IFL</strong> soll ausdrücklich, neben den in den internationalen <strong>Freiwilligendienste</strong>n normalerweise<br />
aktiven Jüngeren, berufs- und lebenserfahrene, mittlere und ältere Freiwillige ansprechen 14 .<br />
Das gelingt den <strong>IFL</strong> mit jedem Projektjahr mehr. Waren im ersten Projektjahr 2005/2006<br />
noch 9 % über 49 Jahre alt und 21% zwischen 28 und 49 Jahre alt, sind es im dritten Projektjahr<br />
bereits 17% die über 49 Jahre alt, sowie 43% die zwischen 28 und 49 Jahre alt<br />
sind 15 . Jedoch zeigt sich für den Incomingbereich, dass seit Projektbeginn lediglich eine<br />
Freiwillige über 49 Jahre alt ist und 25% der Incomings im Alter zwischen 28 und 49 Jahren<br />
sind bzw. waren. 16<br />
Die Freiwilligen der verschiedenen Altersgruppen entscheiden sich in unterschiedlichen Lebenssituationen<br />
für einen <strong>IFL</strong>, entsprechend unterscheidet sich dann auch die persönliche<br />
Bedeutsamkeit des <strong>Freiwilligendienste</strong>s. Jüngere und Ältere interessieren sich häufig für einen<br />
<strong>IFL</strong>, weil sie sich gerade in einer Übergangssituation befinden (zwischen Schule-<br />
Studium-Beruf oder zwischen Beruf-Rente), und diese Zeit der Veränderungen sich gut dafür<br />
zu eignen scheint. Mittlere entscheiden sich viel eher in Umbruchsituationen, wie einem Umzug<br />
für einen <strong>IFL</strong> oder um tiefgreifende Veränderungen (vor allem die mittleren Incomings)<br />
erst herbeizuführen. <strong>IFL</strong> dient dann als Pause vom Berufsalltag, und wird dafür genutzt um<br />
eingefahrene Alltagsstrukturen zu durchbrechen sowie die eigenen Lebensperspektiven zu<br />
überdenken. Mittlere und Ältere haben oft lange Jahre von einem Freiwilligendienst im Ausland<br />
geträumt, hatten aber bis dahin keine Gelegenheit dazu. <strong>IFL</strong> sehen sie als mögliche<br />
(letzte) Chance ihre Pläne zu verwirklichen. Sie haben, wie es später noch ausführlicher dargelegt<br />
wird, lange Erfahrungen mit Engagement, während es für die Jüngeren oft das erste<br />
Engagement ist. Ältere wollen mit <strong>IFL</strong> ein verstärktes gesellschaftspolitisches Engagement<br />
realisieren und Verantwortung übernehmen. Jüngere nutzen den <strong>IFL</strong> als Orientierungsjahr<br />
und wollen in dieser Zeit helfen und die Welt verändern. Sie wollen zudem Anerkennung und<br />
Wertschätzung für das bekommen, was sie tun, wohingegen insbesondere für die Mittleren<br />
Anerkennung nicht von Bedeutung ist.<br />
Die Träger machen die Erfahrung, dass Freiwillige mit Berufserfahrung, diese Erfahrungen<br />
auch für <strong>IFL</strong> nutzen, oder etwas ganz anderes machen, bzw. einen ihnen fremden Arbeitsbereich<br />
kennenlernen wollen. Mittlere und Ältere sind entsprechend weniger an einem Lerndienst<br />
interessiert, als an einem Entwicklungsdienst, so dass manche Interessierte, werden<br />
sie mit den Zielen des <strong>IFL</strong> konfrontiert, wieder abspringen.<br />
Grundsätzlich ist die Entscheidung für einen <strong>IFL</strong> für Mittlere und Ältere mit vielen Unsicherheiten<br />
verbunden, was insbesondere die Vereinbarkeit des <strong>IFL</strong> mit beruflichen und familiären<br />
Verpflichtungen betrifft. Während Jüngere sich relativ schnell und flexibel auf einen Freiwilli-<br />
13 Quelle: Leitfadengestützte, biografisch orientierte Interviews mit Freiwilligen im Rahmen der Zusatzevaluation<br />
14 Vgl.: Projektantrag: Modellvorhaben „<strong>Internationale</strong> <strong>Freiwilligendienste</strong> für unterschiedliche Lebensphasen“<br />
(<strong>IFL</strong>), Bonn 2004<br />
15 Quelle: Interne Statistische Daten der <strong>IFL</strong>: „Altersverteilung der <strong>IFL</strong>-Freiwilligen“ Stand August 2007<br />
16 Quelle: Interne Statistische Daten der <strong>IFL</strong>: „Auswertung_Incoming_Outgoing“ Stand Oktober 2007<br />
13
gendienst einlassen können, müssen Mittlere und Ältere viel regeln, hinsichtlich Versicherungen,<br />
Wohnung, Arbeitsplatz und Familie, bevor sie sich einen <strong>IFL</strong> ermöglichen können.<br />
Sie brauchen sehr viel länger um sich für einen <strong>IFL</strong> zu entscheiden als Jüngere und erwarten<br />
vorher viele genaue und konkrete Informationen über einen möglichen Einsatz.<br />
Insbesondere Mittlere und Ältere werden, sobald sie sich für einen <strong>IFL</strong> entscheiden, mit unterschiedlichsten<br />
Reaktionen ihres Umfeldes konfrontiert, die von Unverständnis bis hin zu<br />
Bewunderung reichen. Viele Freund/innen, Familienangehörige und Kolleg/innen haben<br />
Schwierigkeiten mit den Veränderungen, die durch den <strong>IFL</strong> bei den Freiwilligen ausgelöst<br />
wurden. Beruflich erfahren Jüngere eher Anerkennung für ihren <strong>IFL</strong> (Freiwilligendienst wirken<br />
sich beispielsweise vorteilhaft für die Bewerbung um ein Stipendium aus), wohingegen<br />
Mittlere immer wieder erleben, dass ihr <strong>IFL</strong> als Lücke im Lebenslauf oder als Urlaub gedeutet<br />
wird, was entsprechende Konsequenzen für das berufliche Fortkommen hat.<br />
Die Freiwilligen sehen sich aufgrund ihres Alters mit unterschiedlichen Erwartungen und Zuschreibungen<br />
konfrontiert. Jüngere sind offen und flexibel, können sich jedoch nur schwer an<br />
Regeln halten, so Träger und Einsatzstellen. Mittlere und Ältere sind von ihrer eigenen Lebenserfahrung<br />
geprägt, deshalb sind sie anspruchsvoller, haben größere Anpassungsschwierigkeiten<br />
und psychisch und sind physisch nicht mehr so belastbar, aber sie sind<br />
kompetenter als die Jüngeren. Von anderen Freiwilligen wie auch den Nutzer/innen wird den<br />
Freiwilligen je nach Alter die Rolle der/des Freund/in, Mutter/Vater, Großmutter/Großvater<br />
zugewiesen. Das wird dann problematisiert, wenn ein Eltern-Kind-Verhältnis entsteht, das<br />
von den familiären Erfahrungen der Freiwilligen geprägt ist.<br />
In anderen Kulturen, in denen ältere Menschen mehr Respekt und Autorität genießen als<br />
jüngere, wird dies auch den mittleren und älteren Freiwilligen zuteil. Dass ihnen qua Alter<br />
mehr Kompetenzen zugeschrieben werden, als sie vielleicht tatsächlich haben, ist für sie<br />
nicht unproblematisch, schon allein weil sie diese Erwartungen nicht erfüllen können und<br />
wollen. Sie haben aufgrund dieser Rollenzuschreibungen mehr Schwierigkeiten Kontakte zu<br />
knüpfen und Freundschaften zu schließen, sind aber gleichzeitig interessante Gesprächspartner/innen<br />
für ältere Nutzer/innen. Sie müssen sich erklären, warum sie trotz Berufserfahrung<br />
nicht arbeiten wollen. In den Einsatzstellen wird es dann problematisch, wenn die Anleiter/in<br />
jünger ist als sie selbst, demnach im kulturellen Verständnis weniger kompetent, jedoch<br />
de facto die Fachkraft ist. Die Rolle einer Respektperson bedeutet für die Freiwilligen jedoch<br />
zugleich, besser versorgt und ausgestattet zu werden und mehr hinterfragen zu dürfen. Auch<br />
seitens deutscher Einsatzstellen werden an die mittleren und älteren Freiwilligen sehr hohe<br />
Erwartungen herangetragen, die zwar häufig mit deren Berufs- aber nicht mit deren Lebenserfahrung<br />
übereinstimmen. So wird vermutet, dass berufs- und lebenserfahrene Incomings<br />
sehr selbstständig und hinsichtlich der Alltagsbewältigung sehr erfahren sind, was jedoch<br />
durch eine starke familiäre Einbindung nicht immer der tatsächlichen Erfahrenheit der Freiwilligen<br />
entspricht.<br />
Für Ältere und Mittlere ist einerseits bereichernd, wenn noch andere Gleichaltrige in den<br />
Freiwilligengruppen sind, mit denen sie auch über altersspezifische Aspekte auf dem Hintergrund<br />
einer ähnlichen Lebenssituation austauschen können. Andererseits erleben sie es als<br />
Highlight ihres <strong>IFL</strong>, wenn sie von der eher jungen Freiwilligengruppe akzeptiert werden und<br />
das Miteinander von Unkompliziertheit, Offenheit und Gleichwertigkeit geprägt ist. Jüngere<br />
profitieren von den Erfahrungen der Mittleren und Älteren. Für sie ist durch diese Begegnungen<br />
ein weiterer Freiwilligendienst als Ältere vorstellbar geworden.<br />
2.2.4 Die Bedeutung für weibliche und männliche Freiwillige<br />
„Da fragt man sich wie geht’s ner Frau in so’nem Land als Frau“ (eine Freiwillige über die für sie<br />
schockierende Konfrontation mit kulturspezifischen Geschlechterrollen) 17<br />
17 Quelle: Leitfadengestützte, biografisch orientierte Interviews mit Freiwilligen im Rahmen der Zusatzevaluation<br />
14
<strong>IFL</strong> spricht insgesamt deutlich mehr Frauen als Männer an, allerdings zeigt sich im Incomingbereich<br />
ein fast paritätisches Geschlechterverhältnis. So haben seit Beginn der <strong>IFL</strong><br />
(Stand Oktober 2007) 18 45 Frauen und 49 Männer einen <strong>IFL</strong> in Deutschland gemacht bzw.<br />
begonnen. Für einen Freiwilligendienst im Ausland haben sich 191 weibliche und 75 männliche<br />
Outgoings entschieden, was in Prozent einem Verhältnis von 72% Frauen zu 28% Männern<br />
entspricht. Weibliche Outgoings bezeichnen, nach einer Erklärung für dieses ungleiche<br />
Geschlechterverhältnis gefragt, den <strong>IFL</strong> als klassisches Frauenangebot, das durch seine<br />
klassisch weiblichen Aufgabenfelder vielen Frauen vertraut ist, was Träger und Einsatzstellen<br />
bestätigen. Frauen seien, so die Vermutung der Träger nicht so auf bezahlte Tätigkeiten<br />
fixiert wie Männer. Männer würden den Karriereknick, den ein <strong>IFL</strong> bewirken kann, eher<br />
wahrnehmen und befürchten. Es sind jedoch die weiblichen Outgoings die schließlich tatsächlich<br />
einen Karriereknick beklagen.<br />
Für ältere, weibliche Outgoings ist <strong>IFL</strong> die Möglichkeit einen Freiwilligendienst im Ausland zu<br />
machen. Entsprechend der Geschlechterrollenvorstellungen in ihrer Jugendzeit, war es fast<br />
undenkbar, dass sich eine junge Frau im Ausland engagiert. Entsprechende, langgehegte<br />
Wünsche, können sie nun mit <strong>IFL</strong> realisieren.<br />
Mittlere Outgoings, die Kinder in jugendlichem Alter haben, sehen sich Vorwürfen ausgesetzt<br />
mit <strong>IFL</strong> ihre Familie im Stich zu lassen. Träger befürchten, dass Frauen vor allem mit kleinen<br />
Kindern eher flüchten, als einen <strong>IFL</strong> machen wollen. Bei Männern werden diesbezügliche<br />
Fragen kaum gestellt, vor allem dann nicht, wenn sie von der Mutter und den Kindern getrennt<br />
leben. Incomings lassen ihre Kinder während ihres <strong>IFL</strong> von der Familie versorgen und<br />
thematisieren entsprechende Vereinbarkeitsprobleme nicht.<br />
Viele Einsatzstellen und Partnerorganisationen nehmen Frauen und Männer hinsichtlich ihrer<br />
Eigenschaften und Interessen different und stereotyp wahr. Entsprechend werden Aufgaben<br />
im <strong>IFL</strong> wo möglich geschlechtsspezifisch zugewiesen, so dass beispielsweise Frauen die<br />
Kinder umsorgen, während Männer mit ihnen Fußball spielen. Schwierig ist es für die männlichen<br />
Incomings sich in klassisch weiblichen Aufgabenfeldern zu engagieren, da das hinsichtlich<br />
ihres kulturellen Hintergrunds oft eine Grenzüberschreitung und einen Abstieg bedeutet.<br />
Weibliche Incomings kennen solche Anpassungsschwierigkeiten nicht. Männliche<br />
Outgoings werden im Einsatzland viel eher als Konkurrenz wahrgenommen als Frauen.<br />
Bezüglich Anerkennung lässt sich feststellen, dass weibliche Freiwillige sehr zufrieden sind,<br />
wenn sie als Person wertgeschätzt werden, während Männer eher für ihre Fertigkeiten und<br />
konkreten Tätigkeiten Anerkennung erwarten.<br />
Eine große Herausforderung ist für viele Freiwillige die Konfrontation und der Umgang mit<br />
kulturspezifischen Geschlechterrollen und geschlechtsspezifischen Erwartungen im Einsatzland.<br />
Freiwillige sind vor Ort (auch in Deutschland) oft von einer ihnen fremden Geschlechterungleichheit<br />
schockiert. Sie begegnen Vorstellungen von Geschlecht und Geschlechtsspezifika,<br />
die für sie selbst als Frau oder Mann mit einschränkenden Erwartungen und Erfahrungen<br />
verbunden ist. Insbesondere für weibliche Outgoings geht das mit der Frage einher, wie<br />
sie sich angemessen, zwischen Anpassung und „sich selbst bleiben“ verhalten sollen. Gastfamilien<br />
verbinden mit der Geschlechtszugehörigkeit bestimmte Hoffnungen und Befürchtungen,<br />
die den Freiwilligen meist nicht entsprechen. Ebenso werden die Freiwilligen durch geschlechtsspezifisches<br />
Verhalten der Gastfamilien verunsichert.<br />
Männliche und weibliche Incomings müssen sich zudem mit Vorbehalten gegenüber der<br />
westlichen Kultur Deutschlands in ihrem Heimatland auseinandersetzen. Weiblichen Freiwilligen<br />
wird, durch das angenommen äußerst freizügige Leben, eine Gefährdung unterstellt.<br />
Auch von deutscher Seite wird angenommen, dass sie mit den ungewohnten Freiheiten nicht<br />
umgehen können, oder nach ihrer Rückkehr Anpassungsschwierigkeiten aufgrund restriktiver<br />
Geschlechtsrollenvorstellungen hätten. Männliche Incomings sind im Heimatland oft mit<br />
18 Quelle: Interne Statistische Daten der <strong>IFL</strong>: „Auswertung_Incoming_Outgoing“ Stand Oktober 2007<br />
15
Unverständnis konfrontiert, weil sie sich im sozialen (weiblichen) Bereich engagieren wollen,<br />
was im Widerspruch zu einer männlich-dominanten Rolle steht.<br />
2.2.5 Die Bedeutung für Incoming und Outgoing Freiwillige<br />
„<strong>IFL</strong> ist gut im Lebenslauf“ (Ein/e Incoming) 19<br />
Innerhalb der <strong>IFL</strong> ist der Incomingbereich deutlich kleiner als der Outgoingbereich. Von sieben<br />
Trägern wurden bis zum jetzigen Zeitpunkt 94 Incomings aufgenommen, während 266<br />
Outgoings (von elf Trägern) entsendet wurden. 20 Die Motivation der ausländischen und deutschen<br />
Freiwilligen einen <strong>IFL</strong> zu beginnen unterscheidet sich nach eigener Einschätzung:<br />
während Outgoings helfen wollen, wollen Incomings auch ihre beruflichen Chancen im Heimatland<br />
erhöhen. Entsprechend bedeutet der <strong>IFL</strong> für die Incomings einen Karrierpush. Mittlere<br />
Outgoings und auch einige Träger nehmen den <strong>IFL</strong> dagegen als Karriereknick wahr. Outgoings<br />
können nur schwer vermitteln, welche Kompetenzen sie durch <strong>IFL</strong> erworben haben,<br />
während für die Incomings ein Aufenthalt in Deutschland mit hoher Anerkennung verbunden<br />
ist, was sich positiv auf berufliche Perspektiven auswirkt. Dies könnte auch die Ursache dafür<br />
sein, dass Incomings in ihrem Vorhaben einen <strong>IFL</strong> zu machen von ihrem Umfeld eher<br />
unterstützt werden, Outgoings sich dagegen auch mit Unverständnis und Ablehnung auseinandersetzen<br />
müssen.<br />
Outgoings haben meist auch schon vor dem <strong>IFL</strong> Auslandserfahrungen, wenn auch eher touristischer<br />
Art gemacht. Für Incomings bedeutet der <strong>IFL</strong> häufig der erste Auslandsaufenthalt,<br />
und die erste Trennung von der Familie.<br />
Vor Ort werden Outgoings vor allem Mittleren und Älteren qua Herkunft und Alter besondere<br />
Kompetenzen und Autorität zugeschrieben. Gleichzeitig machen sie die Erfahrung, dass ihr<br />
Engagement Unsicherheiten hervorruft, es ist schwer verständlich zu machen, warum jemand<br />
aus einem reichen Land unentgeltlich arbeitet. Incomings sehen sich in deutschen<br />
Einsatzstellen oft einer hohen Arbeitsbelastung und zu hohen Erwartungen ausgesetzt. Da<br />
sie sich oft nicht trauen ihre Rechte hinsichtlich Arbeitszeit und Aufgabenübernahme einzufordern<br />
(oder diese nicht genau kennen), fühlen sie sich teilweise ausgenutzt.<br />
Die noch unklaren Rahmenbedingungen der <strong>IFL</strong> bringen für Incomings und Outgoings unterschiedliche<br />
Probleme mit sich, wie es im weiteren Verlauf noch eingehender beschrieben<br />
wird. Insbesondere der ungeklärte Aufenthaltstatus ist für die Incomings mit einem psychischen<br />
Mehraufwand verbunden, da sie immer wieder Termine bei der Ausländerbehörde<br />
haben, die sie als sehr demütigend wahrnehmen.<br />
2.3 Die Programmfrage der Einsatzstellen / Partnerorganisationen<br />
2.3.1 Einsatzstellen und Partnerorganisationen kennen <strong>IFL</strong> nur bedingt<br />
„Da muss ich jetzt im Vorab sagen, dass ich jetzt überhaupt nicht genau wusste, als ich gekommen<br />
bin worum es da eigentlich ging.“(eine Einsatzstellenvertreterin über <strong>IFL</strong>, als sie einen der<br />
Workshops der Zusatzevaluation besuchte) 21<br />
Für die Einsatzstellen ist es, nach eigenen Angaben wichtig, die Ziele und Inhalte des Programms<br />
zu kennen. Sie fühlen sich für die spezifische Ausgestaltung des <strong>IFL</strong> vor Ort verantwortlich<br />
und wollen <strong>IFL</strong> als Idee eines internationalen und intergenerativen <strong>Freiwilligendienste</strong>s<br />
auch im nationalen Kontext verbreiten. Die wenigen, durch die Evaluation erreichten<br />
Einatzstellen haben von den Trägern (oder über die Partnerorganisationen) jedoch kaum<br />
19 Quelle: Diskussion 1. Workshop (Praxisebene) in Bonn, im Rahmen der Zusatzevaluation<br />
20 Quelle: Interne Statistische Daten der <strong>IFL</strong>: „Auswertung_Incoming_Outgoing“ Stand Oktober 2007<br />
21 Quelle: Leitfadengestützte Expert/innen-Interviews mit Einsatzstellenvertreter/innen im Rahmen der Zusatzevaluation<br />
16
Informationen über <strong>IFL</strong> als spezifisches Freiwilligenprogramm erhalten. Sie wussten teilweise<br />
bis zu den Workshops nichts über <strong>IFL</strong>. Von Trägerseite wurde lediglich kommuniziert, dass<br />
nun auch ältere Freiwillige entsendet werden.<br />
Den Partnerorganisationen ist <strong>IFL</strong> besser, wenn auch nicht vollständig bekannt. Wie die die<br />
Einsatzstellen sehen sie sich ebenfalls als Multiplikator/innen der <strong>IFL</strong>-Idee. Auch sie sind an<br />
Informationen und Evaluationsergebnissen der <strong>IFL</strong> sehr interessiert, nicht zuletzt weil sie<br />
eine Chance darin sehen, <strong>IFL</strong>-Freiwillige im eigenen Land zu gewinnen, auch wenn kulturspezifische<br />
Vorbehalte gegenüber freiwilligem Engagement dies schwierig machen. Zudem<br />
sehen sich die Partnerorganisationen als (kulturelle) Mittler/innen zwischen Träger, Freiwilligen<br />
und Einsatzstelle, sowie als deren Ansprechpartner/innen und Begleiter/innen. Daneben<br />
sehen sie sich für einen reibungslosen und mit den Zielen konformen Ablauf des <strong>IFL</strong> verantwortlich.<br />
Für die Einsatzstellen bedeutet die Aufnahme von Freiwilligen egal welchen Alters, zunächst<br />
ein Mehraufwand. Sie müssen Zeit und Personal für die Einführung und Begleitung investieren<br />
und profitieren nicht von vornherein von der unentgeltlichen Mitarbeit. Während Jüngere<br />
vor allem frischen Wind in die Einsatzstellen bringen, wird von Mittleren und Älteren erwartet,<br />
dass sie ihre Potenziale einbringen, so dass <strong>IFL</strong> auch für einen Erfahrungs- und Methodenaustausch<br />
genutzt werden kann.<br />
Berufs- und lebenserfahrene Freiwilligen werden letztendlich als Gewinn wahrgenommen, da<br />
sie professionelle und kompetente Impulse in die Einsatzstelle einbringen. Das bringt jedoch<br />
auch Probleme für die Einsatzstelle mit sich. Hauptamtliche Mitarbeiter/innen befürchten<br />
durch die mittleren und älteren Freiwilligen eine Art Konkurrenz oder gar den Verlust ihres<br />
Arbeitsplatzes. Für die Einsatzstelle ist es schwierig (zusätzliche) Aufgaben zu schaffen, die<br />
auch von Mittleren und Älteren als sinnvoll und nutzbringend erlebt werden und dennoch<br />
nicht in den Kompetenzbereich der Hauptamtlichen eingreifen. Träger fordern, dass Einsatzstellen<br />
Freiwillige aufnehmen sollten, um den interkulturellen Austausch zu fördern und nicht<br />
um eine Arbeitskraft zu erhalten.<br />
2.4 Die Bedeutung für die Zivilgesellschaft<br />
2.4.1 <strong>IFL</strong>-Freiwillige als Akteur/innen der Zivilgesellschaft<br />
„Die Träger achten darauf, „dass ausgewählte Freiwillige nicht nur aus Spaß am Ausland<br />
weggehen, oder um vor einer privat problematischen Situation zu flüchten, sondern glaubhaft<br />
soziales Engagement mitbringen“ (eine/e Trägervertreter/in)<br />
„Wir haben eine sehr lebendige Ehemaligenarbeit, das ist glaube ich schon auch ne Form<br />
der Anerkennung, dass die dann auch in ihrem Engagement weitergefördert werden.“ (ein/e<br />
Trägervertreter/in) 22<br />
Für die Zivilgesellschaft haben die <strong>IFL</strong>, das wird von allen Seiten so beschrieben, insbesondere<br />
die Bedeutung kulturelle Offenheit und interkulturelle Kommunikation anzuregen. Zudem<br />
unterstützen sie ein offeneres Miteinander der Generationen, da altersspezifische Rollenzuschreibungen<br />
durch die Thematisierung intergenerativer Aspekte durchbrochen und<br />
während des Einsatzes hinterfragt werden. Vereinzelt wird <strong>IFL</strong> außerdem als Möglichkeit<br />
wahrgenommen, Geschlechtergerechtigkeit zu fördern, indem beispielsweise Freiwillige nur<br />
an Einsatzstellen vermittelt werden die gendersensibel agieren, sowie durch die Unterstützung<br />
von Frauenprojekten. Durch die unterschiedlichen Lernprozesse in den <strong>IFL</strong> werden<br />
Toleranz, Reflexion des eigenen Verhaltens, ein global-politisches Bewusstsein, sowie die<br />
internationale Vernetzung bei Trägern, Freiwilligen und Einsatzstellen angestoßen.<br />
22 Quelle: Leitfadengestützte Expert/innen- Interviews mit Trägervertreter/innen im Rahmen der Zusatzevaluation<br />
17
Hinsichtlich der zivilgesellschaftlichen Effekte der <strong>IFL</strong> wird insgesamt problematisiert, dass<br />
<strong>IFL</strong> zu wenig in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird, zu wenig öffentlich ist. Um den öffentlichen<br />
Diskurs um Toleranz und Interkulturalität mitbestimmen zu können, müssten die<br />
intergenerativen Leistungen des <strong>IFL</strong>, sowie die konkreten Erfahrungen der Freiwilligen sehr<br />
viel sichtbarer dargestellt werden.<br />
Freiwillige werden hinsichtlich zivilgesellschaftlicher Prozesse als Multiplikator/innen einer<br />
interkulturellen Idee und globalen Lernens wahrgenommen. Ihnen wird die Rolle der Botschafter/innen<br />
des freiwilligen Engagements zugewiesen, die ihre Erfahrungen im <strong>IFL</strong> in die<br />
deutsche Gesellschaft einbringen können. So auch intergenerative Kompetenzen, die es<br />
ihnen ermöglichen, die Kommunikation mit anderen Generationen als Gleichwertige, auf Augenhöhe<br />
zu führen. Von Trägerseite wird der Einfluss auf zivilgesellschaftliche Prozesse insbesondere<br />
auf die Outgoings nach ihrer Rückkehr in Deutschland bezogen, nicht auf die Incomings<br />
in Deutschland und in ihrem Heimatland. Als Potenzial der Outgoings wird die Herkunft<br />
aus einer anderen Kultur gesehen, die dadurch neue Impulse in die Kultur des Einsatzlandes<br />
einbringen können. Freiwillige beschreiben selbst, wie sie beispielsweise durch Hinweise<br />
auf Umweltschutz, ökologisches Verhalten vor Ort angeregt haben. Wurde Freiwilligen<br />
während ihres <strong>IFL</strong> eine Reflexion der Geschlechterrollen ermöglicht, so haben sie sich auch<br />
nach ihrer Rückkehr weiter damit auseinandergesetzt und für sich und andere entsprechende<br />
Lernprozesse angestoßen.<br />
<strong>IFL</strong> regt die Freiwilligen konkret dazu an, sich für interkulturelle und globale Belange einzusetzen.<br />
<strong>IFL</strong> wirkt als Motivationsschub sich auch über den Freiwilligendienst hinaus zu engagieren,<br />
bzw. weiter zu engagieren. Für jüngere Outgoings und die Incomings ist <strong>IFL</strong> meist<br />
das erste Engagement, das sie nach ihrer Rückkehr fortführen wollen. Mittlere und ältere<br />
Outgoings waren schon vor <strong>IFL</strong> freiwillig tätig und wollen diese Aktivitäten nach ihrem Freiwilligendienst<br />
(verstärkt) fortsetzen. Incomings planen ihr berufliches Know-How mit ihrem<br />
Engagement zu verbinden, während Outgoings eher außerhalb ihres beruflichen Kontextes<br />
aktiv werden wollen. Outgoings bleiben oft ihrer Entsendeorganisation treu, engagieren sich<br />
in der Begleitung der Freiwilligen, oder der Öffentlichkeitsarbeit. Träger unterstützen und<br />
fördern diese Aktivitäten jenseits des <strong>IFL</strong>. Sie weisen die Freiwilligen daraufhin, dass einen<br />
<strong>IFL</strong> zu machen auch bedeutet langfristig Verantwortung zu übernehmen, sie zeigen in den<br />
Nachbereitungsseminaren verschiedenste Engagementmöglichkeiten, wie die Mitarbeit in<br />
Ländergruppen oder entwicklungspolitischer Bildungsarbeit auf. Die Träger verstehen sich<br />
selbst als zivilgesellschaftliche Organisationen.<br />
Ebenso sehen sich die ausländischen Einsatzstellen und Partnerorganisationen als Akteur/innen<br />
der Zivilgesellschaft, die auch innerhalb ihrer Organisationen zivilgesellschaftliche<br />
Regeln wie flache Hierarchien und Aushandlungsprozesse praktizieren. Das Engagement<br />
der Freiwilligen hat zudem, so die Einschätzung der Einsatzstellen vielerlei Auswirkungen<br />
auf die Zivilgesellschaft. Ihr Engagement kommt benachteiligten Nutzer/innen zugute, denen<br />
gegenüber sie gleichzeitig eine advokarische Rolle einnehmen, indem sie sich für ihre Belange<br />
einsetzen. Zudem führt der Austausch von Freiwilligen mit Mitarbeiter/innen und Nutzer/innen<br />
zu einem gegenseitigen Hinterfragen kultureller Selbstverständlichkeiten. Konkrete<br />
Projekte und Aktivitäten der Freiwilligen, sowie ihre Kontakte vor Ort, haben Auswirkungen<br />
auf die unmittelbare Umgebung und stoßen das Nachdenken über die eigene Kultur, über<br />
eigenes, beispielsweise unökologisches Verhalten an. Schwieriger ist es, in Ländern Asiens<br />
und Lateinamerikas die Freiwilligenidee zu implementieren. Trotz den Erfahrungen mit und<br />
den Kontakten zu den Freiwilligen, wird das Interesse an freiwilligem Engagement kaum geweckt.<br />
<strong>Freiwilligendienste</strong> sind wenig akzeptiert und es wirkt für viele befremdlich, dass jemand<br />
unentgeltlich arbeitet. Engagement ist in diesen Ländern, so die Partnerorganisationen,<br />
eher Sache der Oberschicht. Nur wer finanzielle ausreichend abgesichert ist, setzt sich<br />
für gesellschaftliche Belange ein. Einen Freiwilligendienst im Ausland können sich nur wenige<br />
leisten.<br />
18
2.5 Fazit<br />
Soll <strong>IFL</strong> Bestand haben, attraktiv sein und zivilgesellschaftliche Prozesse mitbestimmen, so<br />
braucht es ein spezifisches Profil, das durch seine Charakteristiken „besticht“. Welche Inhalte<br />
<strong>IFL</strong> als spezifisches Programm erfordert ist jedoch noch nicht zufriedenstellend und einvernehmlich<br />
geklärt worden. Es erstaunt, dass dies insbesondere von der Identitätsfrage der<br />
Träger behindert wird. Denn schließlich wurde bereits im Projektantrag formuliert: „Den teilnehmenden<br />
Organisationen ist daran gelegen, dass das Modellvorhaben sich von den bisherigen<br />
angebotenen internationalen <strong>Freiwilligendienste</strong>n unterscheidet. Relevanter als die<br />
Indentifikation mit der versendenden Organisation ist den teilnehmenden Trägern daher die<br />
Identifikation mit dem Modellvorhaben“ 23 . Es scheint notwendig, neben der Bestimmung eines<br />
<strong>IFL</strong>-Profils auch die Identitätsfrage der Träger offen weiter zu diskutieren, jedoch mit<br />
dem Ziel, <strong>IFL</strong> zu profilieren. Die Rückmeldungen der Einsatzstellen und Partnerorganisationen<br />
wie auch der Freiwilligen zeigen, dass sie <strong>IFL</strong> nicht nur als Finanzierungsprogramm<br />
wahrnehmen (wollen), sie wollen sich dafür stark machen, sich damit genauso identifizieren<br />
können, wie mit der Entsendeorganisation. Einsatzstellen müssen sehr viel besser über <strong>IFL</strong><br />
informiert werden. Hier scheinen zudem Ressourcen nicht genutzt zu werden: wenn Einsatzstellen<br />
sich für eine <strong>IFL</strong>-spezifische Ausgestaltung des Freiwilligeneinsatzes verantwortlich<br />
fühlen, sollten sie auch, mit ihren spezifischen Kompetenzen in programmatische Überlegungen<br />
einbezogen werden.<br />
Für alle Freiwilligen egal welchen Alters steht das Lernen während ihres <strong>IFL</strong>, anders als im<br />
Projektantrag befürchtet 24 , im Vordergrund. Auch die biografische Motivation der Älteren unterscheidet<br />
sich wenig von der der Jüngeren, und die Mittleren wollen nicht flüchten 25 , sondern<br />
eine Pause machen.<br />
Das durch Seminareinheiten oder Projekte initiierte intergenerative Lernen sollte unbedingt,<br />
das zeigen die positiven Rückmeldungen, als Spezifikum der <strong>IFL</strong> beibehalten werden. Intergenerative<br />
Aspekte und insbesondere Gender-Aspekte werden allerdings noch zu wenig als<br />
interkulturelle Lernfelder genutzt. Interkulturelles Lernen wird auf der Folie des kulturspezifischen<br />
Generationenverhältnisses, wie auch des Geschlechterverhältnisses greifbarer. Zu<br />
bedenken ist, dass sich die Freiwilligen hierbei in einem Spannungsverhältnis bewegen, zwischen<br />
der Erwartung innerhalb der Freiwilligengruppe als Gleichwertige zu kommunizieren<br />
und im Einsatz mit eventuell hierarchischen Generationenverhältnissen umgehen zu müssen.<br />
Gleichzeitig sind sie hinsichtlich Gender mit dem Spannungsverhältnis zwischen sich an<br />
kulturspezifische Geschlechterrollenerwartungen anzupassen und sich selbst bleiben zu wollen<br />
konfrontiert, was ebenfalls der Bearbeitung bedarf.<br />
Neben der Wahrnehmung als „typisches Frauenangebot“ führt vermutlich insbesondere der<br />
befürchtete Karriereknick der Outgoings dazu, dass sich sehr viel mehr deutsche Frauen in<br />
einem <strong>IFL</strong> engagieren. Entsprechend führt der erwartete Karrierepush für Incomings zu einem<br />
höheren Männeranteil. Um <strong>IFL</strong> für alle interessant zu machen, ihn quantitativ geschlechtergerechter<br />
zu gestalten und gleichzeitig den Wert von <strong>IFL</strong> aufzuzeigen, ist eine verstärkte<br />
Lobbyarbeit bei Wirtschafts- Berufsverbänden und an Universitäten notwendig, die<br />
den Kompetenzerwerb durch <strong>IFL</strong> hervorhebt. Auch von Trägerseite wird Geschlecht eher<br />
stereotypisierend gedeutet, was nicht zuletzt die Annahme „<strong>IFL</strong> ist ein Frauenangebot“ zeigt.<br />
Zu hinterfragen bleibt, ob Frauen in den <strong>IFL</strong> als Norm und Männer als die Ausnahme, bzw.<br />
als besondere Männer wahrgenommen werden, was ebenso dazu führen kann, dass Frauen<br />
sich von <strong>IFL</strong> mehr angesprochen fühlen.<br />
23 Arbeitskreis Lernen und Helfen in Übersee: Projektantrag: Modellvorhaben „<strong>Internationale</strong> <strong>Freiwilligendienste</strong><br />
für unterschiedliche Lebensphasen“ (<strong>IFL</strong>), Bonn 2004, S.19<br />
24 Vgl. Arbeitskreis Lernen und Helfen in Übersee: Projektantrag: Modellvorhaben „<strong>Internationale</strong> <strong>Freiwilligendienste</strong><br />
für unterschiedliche Lebensphasen“ (<strong>IFL</strong>), Bonn 2004, S.14<br />
25 Vgl. ebd.<br />
19
Um zivilgesellschaftliche Diskurse beeinflussen zu können, muss <strong>IFL</strong> als spezifisches Programm<br />
sehr viel öffentlicher werden. Bisher liegt der Fokus des zivilgesellschaftlichen Einflusses<br />
sehr auf den deutschen Freiwilligen in Deutschland, jedoch auch die Träger sollten<br />
sich als zivilgesellschaftliche Akteur/innen begreifen, die Zivilgesellschaft mitgestalten. Zudem<br />
bleibt der Einfluss der Outgoings vor Ort, sowie der Incomings in Deutschland wie ihrem<br />
Heimatland bisher recht unbeachtet, anders als im Projektantrag formuliert 26 . All diese Faktoren<br />
können für mehr Öffentlichkeit genutzt werden. Zudem sollte Zivilgesellschaft und der<br />
Sinn von Engagement auch verstärkt mit den Freiwilligen thematisiert werden. Wird die<br />
Sinnhaftigkeit von Engagement verstanden, fördert es auch die Bereitschaft, den Wunsch<br />
nach weiterführendem Engagement umzusetzen. Dadurch, dass der Fokus zu sehr auf Outgoings<br />
in Deutschland gerichtet ist – auch der Projektantrag hat mehr die deutsche Zivilgesellschaft<br />
im Blick 27 -, wird die Ressource, die die Incomings darstellen wenig beachtet. Auch<br />
Incomings sollten nach ihrer Rückkehr weiter eingebunden werden, sie könnten als Mentor/innen<br />
oder <strong>IFL</strong>-Berater/innen aktiv werden, die Akquise der Freiwilligen sowie deren Vorbereitung<br />
unterstützen, und nicht zuletzt für <strong>IFL</strong> werben.<br />
3 Die konkrete <strong>IFL</strong>-Praxis<br />
3.1 Vor dem <strong>IFL</strong><br />
3.1.1 Potenzielle <strong>IFL</strong> Freiwillige<br />
„Da gehört ein bestimmtes Lern- oder Bildungsverständnis dahinter und womit eine ziemlich<br />
große Menge in Deutschland davon nicht angesprochen werden.“ (eine Mitarbeiter/in der Koordinierungsstelle)<br />
28<br />
Träger und Einsatzstellen erwarten von Freiwilligen Offenheit und Flexibilität bezüglich kultureller<br />
Unterschiede und Motivation bzw. Idealismus sich zu engagieren aber keine spezifischen<br />
Kenntnisse meist auch keine Sprachkenntnisse. Freiwillige sollen sich zudem mit <strong>IFL</strong><br />
nicht beruflich weiterbilden oder einen etwas anderen Urlaub machen wollen.<br />
Die Akquise der Outgoing-Freiwilligen erfolgt bei den Trägern nach erprobten Mustern anderer<br />
<strong>Freiwilligendienste</strong>. Immer wieder fragen Interessierte auch direkt bei der Koordinierungsstelle<br />
an, die sie dann an die Träger verweist. Die Gewinnung mittlere und älterer Freiwilliger<br />
ist zeitaufwändiger. Ältere brauchen eine lange Vorlaufzeit, um sich für einen <strong>IFL</strong> zu<br />
entscheiden. Sie haben einen sehr viel größeren und konkreteren Informationsbedarf als die<br />
Jüngeren und müssen zudem rund um Beruf und Familie mehr organisieren, um sich einen<br />
<strong>IFL</strong> zu ermöglichen. Deshalb schlägt ein Träger eine/n spezifische/n Ansprechpartner/in für<br />
Ältere vor.<br />
Die Akquise der Incoming-Freiwilligen liegt meist in der Verantwortung der Partnerorganisationen<br />
im Heimatland der Freiwilligen, der fehlende direkte Kontakt zu den Trägern macht die<br />
Gewinnung und Auswahl „passender“ Freiwilliger schwierig. Ob hier Ältere ebenso wie in<br />
Deutschland eine längere Entscheidungszeit brauchen als Jüngere wurde nicht deutlich.<br />
Erreicht werden durch das Angebot der <strong>IFL</strong> insbesondere deutsche Frauen oder ausländische<br />
Männer und Frauen mit einem höheren Bildungsabschluss sowie Berufstätige aus dem<br />
sozialen Bereich.<br />
26 Vgl. ebd. S. 8-12<br />
27 Vgl.: Arbeitskreis Lernen und Helfen in Übersee: Projektantrag: Modellvorhaben „<strong>Internationale</strong> <strong>Freiwilligendienste</strong><br />
für unterschiedliche Lebensphasen“ (<strong>IFL</strong>), Bonn 2004, S. 8-12<br />
28 Quelle: Leitfadengestützes Gruppeninterview mit dem Team der Koordinierungsstelle, im Rahmen der Zusatzevaluation.<br />
20
Freiwillige, hier wieder insbesondere die Mittleren und Älteren, wollen umfassend über mögliche<br />
Einsatzstellen informiert werden, über Regeln sowie ihre Aufgaben, Rechte und Pflichten<br />
vor Ort. Das wird auch von Einsatzstellen angemahnt. Bewährt hat sich der direkte Kontakt<br />
zwischen Einsatzstelle und Freiwilligen, dort wo das praktiziert wird. So können gegenseitige<br />
Erwartungen unmittelbar abgeklärt werden und Einsatzstelle und Freiwillige besser<br />
aufeinander abgestimmt werden. Kommt es nicht zu diesem Vorabkontakt, wird vereinzelt<br />
die mangelhafte Passung von Einsatzstelle und Freiwilligen kritisiert. Einsatzstellen würden<br />
sich auf diesem Hintergrund gerne an der Auswahl der Freiwilligen beteiligen.<br />
3.1.2 Die Vorbereitung der angehenden Freiwilligen<br />
„Die Vorbereitung war sehr lebensecht.“ (ein/e Freiwillige/r) 29<br />
Einsatzstellen und Partnerorganisationen erwarten, dass die Freiwilligen intensiv auf kulturelle<br />
Gegebenheiten und die Einsatzstelle vorbereitet werden, um sich auf die sozialen Realitäten<br />
vor Ort einstellen zu können. Gleichzeitig heben sie die sehr gute Vorbereitung durch<br />
deutsche Träger hervor.<br />
Freiwillige plädieren zudem – auf dem Hintergrund ihrer teils problematischen Erfahrungen<br />
mit fehlenden Sprachkenntnissen – für eine gute sprachliche Vorbereitung, was Incomings<br />
als ihre eigene Pflicht ansehen, Outgoings eher als notwendiges Angebot von Trägern oder<br />
Einsatzstellen. Träger thematisieren sprachliche Vorbereitung oder Voraussetzungen nur<br />
vereinzelt, Einsatzstellen sehen in mangelhaften Verständigungsmöglichkeiten kein Problem.<br />
Dem widerspricht die Einschätzung von Trägern und Einsatzstellen, wie sei auf eine Workshop<br />
diskutiert wurden, dass Sprache die Voraussetzung für einen gelingenden Dienst und<br />
kulturelles Lernen sei.<br />
Weitere Aspekte einer guten Vorbereitung sollten die Absprachen von Rechten und Pflichten<br />
aller Beteiligten sein, so wurde das auch auf einem Workshop angesprochen, was auch eine<br />
vertragliche Vereinbarung mit den Freiwilligen beinhaltet.<br />
Die Incoming Vorbereitung im Heimatland gelingt dann, wenn schon langerprobte Kooperationen<br />
mit Partnerorganisationen bestehen, so dass beide Seiten sich gegenseitig realistisch<br />
einschätzen können. Hier ist es dann einfach Erwartungen und Konzepte auszutauschen<br />
sowie Absprachen zu treffen, um sicherzustellen, dass die Freiwilligen ähnlich gut vorbereitet<br />
werden.<br />
Mangels entsprechender Zusammenarbeit, oder wenn nur einzelne Freiwillige aus einem<br />
Land kommen, können die meisten Incomings nicht vor der Entsendung auf ihren <strong>IFL</strong> vorbereitet<br />
werden. Träger lösen dieses Problem so, dass sie den Freiwilligen gleich nach ihrer<br />
Ankunft in Deutschland (die zeitgleich stattfindet) ein Vorbereitungsseminar anbieten.<br />
Die Vorbereitung der Outgoings geschieht in teils mehreren, mehrtägigen Seminaren durch<br />
die Träger in Deutschland. Die Freiwilligen empfinden diese Vorbereitung als sehr unterstützend<br />
und im Nachhinein als realistisch und notwendig, gerade im Hinblick auf kulturelle<br />
Normen und Regeln. Gleichzeitig wird deutlich, dass nicht alle Träger eine spezifische <strong>IFL</strong>-<br />
Vorbereitung durchführen und intergenerative Aspekte thematisieren. Wird das gemacht,<br />
profitieren die Freiwilligen nach eigenen Angaben sehr davon. Freiwillige wollen sich außerdem<br />
mit kulturspezifischen Geschlechterrollen und –regeln auseinandersetzen und auf Konfliktsituationen<br />
vorbereitet werden, die durch ein divergierendes Geschlechterverständnis<br />
hervorgerufen werden können. Zudem sollten in diesen Seminaren der Umgang mit Rassismus<br />
vor Ort erörtert werden.<br />
Träger weisen einerseits darauf hin, dass es in den Vorbereitungsseminaren wichtig sei auf<br />
die Bedürfnisse der Älteren nach mehr Informationen und mehr Transparenz einzugehen.<br />
Gleichzeitig wird von den Mittleren und Älteren erwartet, dass sie sich (aktiv) in die „junge“<br />
29 Quelle: Leitfadengestützte, biografisch orientierte Interviews mit Freiwilligen im Rahmen der Zusatzevaluation<br />
21
Gruppe integrieren, die Jüngeren werden als die Norm wahrgenommen, die Mittleren und<br />
Älteren als die Ausnahme, die sich entsprechend anpassen müssen. 30<br />
3.2 Während des <strong>IFL</strong><br />
3.2.1 Das Engagement in der Einsatzstelle<br />
„Ich habe mit behinderten Kindern gearbeitet. Einige singen gern, aber sie singen ohne Musik<br />
Instrument. Als sie wussten, dass ich Gitarre spiele, wir haben zusammen gespielt und<br />
gesungen. Sie waren sehr zufrieden mit mir. Jemand hat mir Essen vorbereitet. Ein Anderer<br />
Saft, und ein Anderer hat mir seine Gitarre ausgeliehen. Sie haben mich sehr glücklich gemacht.“<br />
(Ein/e Incoming beschreibt das Highlight ihres/seines <strong>IFL</strong>) 31<br />
Die Freiwilligen berichten von großen sprachlichen Schwierigkeiten zu Beginn ihres <strong>IFL</strong> in<br />
der Einsatzstelle. Sie haben Probleme sich zu verständigen und Situationen richtig einschätzen<br />
zu können. Entsprechend ist der Beginn oft geprägt von Unsicherheit, Einsamkeit und<br />
einem Kulturschock. Sie machen zudem die Erfahrung, dass manche Einsatzstellen ihnen<br />
nicht die Gelegenheit und freie Zeit geben, um ihre Sprachkenntnisse zu verbessern oder<br />
einen Sprachkurs zu besuchen. Im Gegensatz dazu geben die Einsatzstellen an, es sei für<br />
sie selbstverständlich, den Freiwilligen den Besuch eines Sprachkurses zu ermöglichen.<br />
Aufgaben werden in einigen Einsatzstellen altersspezifisch und entsprechend des Erfahrungshintergrunds<br />
der Freiwilligen zugewiesen. Dabei, das ist den Trägern wichtig, sollte<br />
auch beachtet werden, dass die Tätigkeiten für die Freiwilligen Lernerfahrungen beinhalten<br />
und sinnvoll erscheinen. Freiwillige favorisieren zudem, dass Aufgaben und Rahmenbedingungen<br />
des Engagements, sowie ihre Rechte und Pflichten bezüglich (un)möglicher Aufgabenübernahme<br />
(wie beispielsweise Nachtdienste) durch eine Vereinbarung zwischen<br />
Einsatzstellen und Freiwilligen klar geregelt werden. Diesbezüglich äußern insbesondere die<br />
Incomings große Unsicherheiten. Sie erleben es als positiv, Verantwortung übernehmen zu<br />
können, jedoch nur solange das für sie keine Überforderung darstellt. Sie haben zudem oft<br />
das Gefühl alle Aufgaben übernehmen zu müssen die an sie herangetragen werden und<br />
wissen nicht genau wie wann und ob sie diese ablehnen dürfen.<br />
Freiwillige betonen, dass für sie Anerkennung ihres Engagements nicht im Vordergrund<br />
steht, bemängeln aber, wenn die Einsatzstelle gar nicht auf ihre geleistete Arbeit reagiert und<br />
heben regelmäßiges Feedback als unterstützend hervor. Gleichzeitig erleben sie Lob, Bestätigung<br />
und seitens der Einsatzstelle wahrgenommene Erfolgserlebnisse als Höhepunkte ihrer<br />
Einsatzzeit. Die Jüngeren geben an, auf Anerkennung geradezu angewiesen zu sein. Zudem<br />
schätzen alle Freiwilligen die Anerkennung durch die Nutzer/innen.<br />
Interessanterweise halten die Einsatzstellen formelle wie informelle Anerkennungsformen für<br />
äußerst relevant und setzen das entsprechend in der Praxis um. Während die Träger Anerkennung<br />
nicht als Standard diskutieren oder fordern.<br />
In einigen Einsatzstellen ist die Eigeninitiative der Freiwilligen nicht erwünscht. Vor allem<br />
eine hierarchische Organisationskultur sowie informelle, für die Freiwilligen nicht transparente<br />
Regeln, verhindern, dass Freiwillige ihre Potenziale einbringen und an Arbeits- und Teamprozessen<br />
wirklich teilhaben können. Hier passt es dann auch, wenn einige Träger fordern,<br />
dass sich Freiwillige der Einsatzstelle anpassen müssten.<br />
30 Zu diesem Ergebnis kommt auch Caroline Schmiedel in ihrer Diplomarbeit: „Intergenerationelles Lernen – im<br />
Rahmen des lebenslangen Lernens – am Beispiel des <strong>Internationale</strong>n <strong>Freiwilligendienste</strong>s für unterschiedliche<br />
Lebensphasen (<strong>IFL</strong>-Programm)“, Berlin 2007. Sie stellt fest, dass sich der Minderheitenstatus der Älteren negativ<br />
auf intergeneratives Lernen auswirkt.<br />
31 Quelle: Schriftliche Highlight-Geschichten der Freiwilligen; 1.Workshop (Praxisebene) in Bonn, im Rahmen der<br />
Zusatzevaluation<br />
22
3.2.2 Begleitung vor Ort<br />
„Es muss jemand an Ort und Stelle sein und die einfachsten Dinge die auch das Haus anbieten<br />
muss, die müssen geregelt sein und das war hier leider nicht“ (eine/e Freiwillige/r) 32<br />
„Eine feste Begleitung ist ganz, ganz wichtig, egal welches Alter“ (eine Einsatzstellenvertreterin)<br />
„Natürlich braucht diese psychische Unterstützung, also damit einfach diese Schock, diese<br />
kulturelle Schock, diese allein zu sein, weit weg von Familie und Freunde.“ (eine Einsatzstellenvertreter/in)<br />
33<br />
Für Träger, Einsatzstellen und Freiwillige ist eine gelingende Begleitung des <strong>IFL</strong> vor Ort ein<br />
großes, wichtiges und viel diskutiertes Thema. Die Begleitung soll Freiwilligen das Einfinden<br />
in den Alltag der fremden Kultur erleichtern, sie ermutigen, ihnen Orientierung in der Einsatzstelle<br />
geben und Möglichkeiten für Reflexion und Problemlösungen bieten. Entsprechend<br />
bewerten die Träger die Begleitung vor Ort als „essentiell“ und die Freiwilligen thematisieren<br />
ihre konkreten Erfahrungen mit und Wünsche an die Begleitung auf vielfältige Weise.<br />
Träger stellen entweder eine beim Träger in Deutschland angesiedelte Ansprechperson und/<br />
oder kümmern sich um eine Ansprechpersonen vor Ort. Sie machen dabei die Erfahrung,<br />
dass Ältere und Mittlere weniger Begleitung brauchen als Jüngere und dass der Kontakt zu<br />
Incomings durch die räumliche Nähe einfacher ist. Freiwillige erleben die Begleitung durch<br />
die Träger oder durch persönliche Ansprechpersonen, insbesondere Mentor/innen, als äußerst<br />
positiv, weniger gut beurteilen sie die Begleitung durch Partnerorganisationen vor Ort<br />
(auch in Deutschland). Im Widerspruch dazu steht die diesbezügliche Einschätzung der Träger,<br />
die die Begleitung durch Partnerorganisationen als sehr erfolgreich bewerten.<br />
Träger erwarten von den Einsatzstellen, dass sie die Freiwilligen angemessen anleiten, überlassen<br />
es ihnen aber, wie sie die Begleitung organisieren und ausgestalten. Lediglich ein<br />
Träger hat für seine Einsatzstellen ein entsprechendes Begleitungskonzept ausgearbeitet.<br />
Andere regen an, die begleitenden Personen durch die Träger zu schulen, um eine gute Anleitung<br />
zu gewährleisten. Sie halten insbesondere ein regelmäßiges Feedback für die Freiwilligen<br />
als relevant, dabei sollte jedoch der kulturspezifische Umgang mit Kritik beachtet werden.<br />
Die Einsatzstellen fühlen sich für eine gute Begleitung, die fachliche Einführung, die psychische<br />
Unterstützung, sowie die Freizeitgestaltung und das Initiieren von Privatkontakten verantwortlich.<br />
Sie benennen dafür, nach eigenen Aussagen, eine feste Ansprechperson, die<br />
die Freiwilligen gerade in der Eingewöhnungszeit unterstützt. Bewährt hat sich aus Einsatzstellensicht,<br />
wenn Freiwillige immer mit einer hauptamtlichen Fachkraft zusammenarbeiten.<br />
Zudem verhindern regelmäßige Gespräche und eine klare Aufgabenverteilung, dass zwischen<br />
den Mitarbeiter/innen und den Freiwilligen Konkurrenzen entstehen.<br />
Viele Freiwillige erleben die Begleitung in den Einsatzstellen jedoch als unzureichend. Sie<br />
bemängeln (sprachliche) Verständigungsschwierigkeiten, unregelmäßige oder nur informelle<br />
Gespräche, unklare Aufgabenzuweisung und die fehlende fachliche Einführung. Positiv wurde<br />
die Begleitung dann erlebt, wenn es regelmäßige Reflexionsgespräche mit einer konkreten<br />
Ansprechperson gab, sie dem Team vorgestellt und in das Team integriert wurden. Zudem<br />
war es für Engagement sehr hilfreich, das Konzept und die Ziele der Einsatzstelle eingeführt<br />
zu werden. Freiwillige favorisieren ein Begleitungsmodell, das die fachliche Anleitung<br />
in der Einsatzstelle und eine zusätzliche Begleitung durch eine/n Mentor/in beinhaltet.<br />
Als äußerst unterstützend bewerten die Freiwilligen denn auch die Begleitung durch eine<br />
Mentor/in oder Pat/in, die weder der Einsatzstelle noch der Trägerorganisation angehört,<br />
aber beide kennt, und ein spezielles Vertrauensverhältnis gewährleistet, bei Konflikten mit<br />
32 Quelle: Leitfadengestützte, biografisch orientierte Interviews mit Freiwilligen im Rahmen der Zusatzevaluation<br />
33 Quelle: Leitfadengestützte Expert/innen- Interviews mit Einsatzstellenvertreter/innen im Rahmen der Zusatzevaluation<br />
23
Einatzstelle oder Träger vermitteln kann und die Freiwilligen hinsichtlich ihrer Freizeitgestaltung<br />
unterstützt. Mentor/innen werden seitens der Freiwilligen als wichtigste Bezugsperson<br />
erlebt, die es ihnen ermöglicht den (fremden) Alltag kennenzulernen und Kontakt zu einheimischen<br />
Familien zu bekommen und Interessensgruppen zu bekommen. Im Bereich der Incomings<br />
wurde auch von Trägerseite die Betreuung durch Mentor/innen als sehr erfolgreich<br />
eingeschätzt. Allerdings nehmen Freiwillige, die in den Einatzstellen eine vertrauensvolle<br />
Beziehung aufbauen können, das Mentor/innenangebot nicht mehr wahr. Problematisiert<br />
wird von einigen Trägern zudem, dass das Mentor/innenmodell sehr aufwändig und deshalb<br />
wenig praktikabel sei. Um eine gute Betreuung zu gewährleisten müssten auch Mentor/innen<br />
vorbereitet und begleitet werden. Vorgeschlagen wird, ehemalige Freiwillige als Mentor/innen<br />
einzusetzen. Diese Aufgabe würden Outgoingfreiwillige auch gerne übernehmen. Hier wird<br />
zudem angeregt, die Mentor/innen nicht an den Träger zu binden, sondern an <strong>IFL</strong>.<br />
Freiwillige, die die Begleitung ihres <strong>Freiwilligendienste</strong>s außerhalb der Seminare als mangelhaft<br />
erleben, nutzen den Kontakt zu und Austausch mit anderen Freiwilligen um sich gegenseitig<br />
zu unterstützen, was sie durchaus als eine gute Möglichkeit der Begleitung empfinden.<br />
3.2.3 Begleitseminare<br />
„Ay son buenissimos“ (ein/e Freiwillige/r über die Begleitseminare) 34<br />
Träger oder von den Trägern beauftragte Partnerorganisationen bieten für die Freiwillige<br />
während ihres <strong>IFL</strong> Seminare an, um eine Reflexion des <strong>Freiwilligendienste</strong>s zu ermöglichen<br />
und den Austausch der Freiwilligen untereinander zu fördern. Hierbei liegt der Fokus für einige<br />
auf interkulturellen Lernerfahrungen und nur bei wenigen auf der Thematisierung intergenerativer<br />
Aspekte. Die Träger verfügen hinsichtlich der Seminargestaltung über durchdachte<br />
Konzepte, die sich aber weniger auf <strong>IFL</strong> beziehen, sondern vielmehr trägerspezifisch sind.<br />
Alle betonen die Wichtigkeit regelmäßiger Seminare.<br />
Die Freiwilligen erleben die Begleitseminare als unverzichtbare Auszeit von der Einsatzstelle,<br />
als Meilensteine während ihres <strong>IFL</strong> und als großen Motivationsschub. Sie bieten ihnen den<br />
notwendigen Raum, um ihre Erfahrungen zu reflektieren und verdeutlichen die Sinnhaftigkeit<br />
ihres Engagements. Zudem heben die Freiwilligen den Kontakt zu anderen Freiwilligen und<br />
den Austausch untereinander als besonders bedeutsam hervor.<br />
Thematisch werden die Seminare nicht immer den Bedürfnissen der Freiwilligen gerecht.<br />
Sind intergenerative Aspekte Inhalt von Seminaren wird das von allen als sehr bereichernd<br />
und relevant erlebt, auch die Einsatzstellen profitieren davon. Wesentlich ist hier einerseits<br />
die Auseinandersetzung bzw. der Dialog innerhalb der Seminargruppe zwischen den Jüngeren,<br />
Mittleren und Älteren mit ihren je spezifischen Erfahrungen und Sichtweisen. Andererseits<br />
ist auch das kulturspezifische Generationenverhältnis, mit denen die Freiwilligen in ihrem<br />
Einsatz unmittelbar konfrontiert sind, wie beispielsweise Kompetenz- und Autoritätszuschreibungen<br />
qua Alter, respektvoller Umgang mit Älteren und respektloser Umgang mit<br />
Kindern, von großer Wichtigkeit. Ebenso wird die Thematisierung und Reflexion kulturspezifischer<br />
Geschlechterrollen und geschlechtsspezifischer Regeln als bedeutsam erlebt; erfolgt<br />
das nicht, wird das von Freiwilligenseite bemängelt. Dabei wird die Sensibilisierung für die<br />
eigenen (stereotypen) Bilder von Geschlecht, sowie der angemessene Umgang mit dem<br />
Spannungsfeld zwischen sich kulturellen Restriktionen anpassen und sich selbst zu bleiben<br />
sehr positiv bewertet. In den Seminaren fehlen jedoch Elemente, die es den Freiwilligen ermöglich<br />
sich bewusst mit der Bedeutung des <strong>IFL</strong> für die Zivilgesellschaft (auch vor Ort) auseinander<br />
zu setzen.<br />
Einsatzstellen befürworten, dass in den Begleitseminaren intergenerative Aspekte thematisiert<br />
werden. Zu dem fordern sie, dass kulturspezifische Erfahrungen auch hinsichtlich Geschlecht<br />
reflektiert werden. Sie würden sich diesbezüglich gerne an der Seminarplanung-<br />
34 Quelle: Leitfadengestützte, biografisch orientierte Interviews mit Freiwilligen im Rahmen der Zusatzevaluation<br />
24
und durchführung beteiligen und schlagen vor, auch die Freiwilligen einzubeziehen. Eine<br />
entsprechende Partizipation von Freiwilligen, ist für Träger und Partnerorganisationen jedoch<br />
schwer vorstellbar.<br />
Schwierig ist es dort Seminare anzubieten, wo nur einzelne Outgoings im Land und keine<br />
Partnerorganisationen vor Ort sind. Hier haben Träger alternative Begleitmodelle entwickelt,<br />
so sind Freiwillige beispielsweise an den Entwicklungsdienst oder Kirchengemeinden angedockt,<br />
die gut funktionieren, aber nach Einschätzung der Träger Begleitseminare nicht ersetzen.<br />
3.2.4 Die zeitliche Länge des <strong>IFL</strong><br />
„Es gibt gute 3-Monatsdienste“ (Fazit einer Workshop-Arbeitsgruppe) 35<br />
Immer wieder kontrovers und heiß diskutiert sowie sehr unterschiedlich bewertet wird von<br />
Trägern, Einsatzstellen und Freiwilligen die zeitliche Mindestlänge eines <strong>IFL</strong>. Im Durchschnitt<br />
dauert ein Einsatz acht Monate, ca. ein Viertel aller Freiwilligen, insbesondere Mittlere und<br />
Ältere, machen einen <strong>IFL</strong> von drei bis sechs Monaten 36 . Vor allem diejenigen Träger, die<br />
keinen kurzen <strong>IFL</strong> anbieten, sowie die jüngeren Freiwilligen, die sich meist einen langen<br />
Dienst ermöglichen können, zeigen einem kürzeren Dienst gegenüber große Skepsis. Argumentiert<br />
wird hierbei mit der langen Zeit, die das Zurechtfinden in einer fremden Kultur und<br />
ein echter interkultureller Austausch braucht, sowie der Unmöglichkeit Beziehungen zu den<br />
Nutzer/innen der Einsatzstelle aufzubauen. Zudem scheint der Aufwand, der mit den kurzen<br />
Diensten verbunden ist, für Träger und Einsatzstellen unverhältnismäßig hoch zu sein.<br />
Diejenigen Träger, Partnerorganisationen und Einatzstellen, die bereits Erfahrungen mit einem<br />
kurzen <strong>IFL</strong> gemacht haben, wie auch die Kurzzeitfreiwilligen selbst, berichten von einem<br />
durchweg gut gelungenen Freiwilligendienst. Ein kultureller Austausch wird auch in drei<br />
Monaten, wenn auch nicht so tiefgreifend, möglich. Träger wollen mit diesem Angebot den<br />
Bedürfnissen mittlerer und ältere Freiwilligen gerecht werden, die damit trotz vielfältiger familiärere<br />
und beruflichen Verpflichtungen, einen internationalen Freiwilligendienst machen können,<br />
da durch die relativ kurze Abwesenheit zumindest eine gewisse Vereinbarkeit gewährleistet<br />
wird.<br />
Um diesen Dienst zu einem Gewinn für Freiwillige wie Einsatzstellen zu machen, bedarf es<br />
einer spezifischen Vorbereitung und Durchführung, die bisher nur in Ansätzen erprobt wurde.<br />
Sehr gewinnbringend wirkt es sich aus, wenn die Aufgaben der Freiwilligen eindeutig festgelegt<br />
werden, so dass sie auch in drei Monaten bewältigbar sind. Ein kurzer Dienst braucht<br />
eine sehr gute Vorbereitung der Freiwilligen und Einsatzstellen. Noch nicht festgelegt wurde,<br />
welche spezifischen Voraussetzungen Interessierte für einen solchen <strong>IFL</strong> mitbringen sollten.<br />
Diskutiert wird die Bewerber/innen sehr gründlich durch ein Bewerber/innenscreening auszuwählen,<br />
und interkulturelle Kompetenz sowie Sprachkenntnisse einzufordern. Als Idee<br />
wurde zudem geäußert, den kurzen Auslandaufenthalt in einen langen <strong>IFL</strong> im Heimatland<br />
einzubetten, so dass die Freiwilligen vor und nach dieser Zeit beispielsweise beim Träger<br />
engagiert sind.<br />
3.2.5 Die Rahmenbedingungen<br />
„Es ist nicht immer schön nach Geld fragen zu müssen“ (ein/e Freiwillige/r)<br />
„Das ist ein sehr teurer Spaß“ (ein/e Freiwillige/r) 37<br />
35 Quelle: Arbeitsgruppe zum Thema „Kurzer Dienst“ auf dem 3. Workshop (Programmebene) in Frankfurt, im<br />
Rahmen der Zusatzevaluation<br />
36 Vgl. Interne Statistische Daten der <strong>IFL</strong>: „Einsatzdauer“ Stand Oktober 2007<br />
37 Quelle: Leitfadengestützte, biografisch orientierte Interviews mit Freiwilligen im Rahmen der Zusatzevaluation<br />
25
Da die Kosten des <strong>IFL</strong>, wie andere <strong>Freiwilligendienste</strong> auch, durch die öffentliche Förderung<br />
nicht komplett abgedeckt sind, haben die Träger unterschiedliche Modelle der Finanzierung<br />
entwickelt. Für die <strong>IFL</strong> greifen sie dabei auf altbewährte Formen zurück, wie die Finanzierung<br />
durch einen Eigenbeitrag der Freiwilligen, durch Spendengelder oder durch von den Freiwilligen<br />
akquirierten Unterstützer/innenkreise. Einige Träger ermöglichen damit auch einen<br />
Nord-Südausgleich, so dass das Geld den Einsatzstellen im Ausland und den Incomings<br />
zugute kommt. Diskutiert wird, auch seitens der Einsatzstellen, ob nicht auch die Einsatzstellen<br />
an der Finanzierung beteiligt werden müssten. Grundsätzlich wird der hohe finanzielle<br />
Aufwand für die Freiwilligen problematisiert, gerade dann, wenn diese bereits über Berufsund<br />
Lebenserfahrung verfügen, würden Interessierte die Kosten abschrecken.<br />
Diejenigen Freiwilligen, die einen Eigenbeitrag zu ihrem <strong>IFL</strong> beisteuern, sind damit nicht<br />
ganz zufrieden, nehmen es aber als unabänderlich hin. Die Finanzierung durch Unterstützer/innenkreise<br />
wird hingegen als gute Lösung empfunden, auch wenn sie dadurch nach<br />
Aussagen der Freiwilligen, in die Lage kommen um Geld betteln zu müssen. Grundsätzlich<br />
wünschen sich die Freiwilligen, dass <strong>IFL</strong> und auch die im Zuge des <strong>Freiwilligendienste</strong>s notwendige<br />
Versicherungen kostengünstiger wären. Jüngere und mittlere Incomings sowie mittlere<br />
Outgoings fühlen sich zudem durch die geringen Mittel über die sie selbst verfügen können<br />
eingeschränkt. Mittlere und ältere Outgoings verunsichert, dass Auswirkungen auf Rentenansprüche<br />
und Arbeitslosenversicherung nicht geklärt sind. Diskutiert wird, ob den Freiwilligen<br />
besser Pauschalen ausbezahlt werden sollten, womit sie quasi selbst ihren Lebensunterhalt,<br />
d.h. Miete etc. bestreiten müssen, oder ob Unkosten direkt bezahlt werden sollten.<br />
Werden Fahrkarten bezahlt, empfinden das die Incomings sehr hilfreich, um mobil zu sein.<br />
Die Klärung des Aufenthaltsstatus der Incomings ist mit vielen Problemen behaftet, einige<br />
Träger haben hierfür entweder immer wieder aufs Neue individuelle Lösungen gefunden,<br />
oder sich vor Ort mit der Arbeitsagentur und der deutschen Botschaft geeinigt. Positiv hat<br />
sich die Lobbyarbeit eines Trägers mit der engagierten Unterstützung der Einsatzstellen bei<br />
Ämtern und Behörden ausgewirkt. Zudem erweist sich das vom Trägerverbund in Auftrag<br />
gegebene Rechtsgutachten 38 bei Verhandlungen mit der Ausländerbehörde als sehr hilfreich.<br />
Um mögliche Umgangsformen mit unklaren Rahmenbedingungen für alle Träger zugänglich<br />
zu machen, wird zur Zeit zudem ein so genannter Incoming-Leitfaden erstellt.<br />
3.3 Nach dem <strong>IFL</strong><br />
3.3.1 Die Rückkehrer/innenarbeit<br />
„Ich finde es sehr bedeutsam, dass da eine gewisse Nachbereitung stattfindet“ (ein/e Freiwillige/r)<br />
39<br />
Nachbereitung in Form von Rückkehrer/innenseminaren wird von den Trägern als wichtiges<br />
Element angesehen, um den Outogoing-Freiwilligen das Zurückkommen zu erleichtern, abschließende<br />
Reflexionen zu ermöglichen und weitergehende Engagementmöglichkeiten zu<br />
eröffnen. Die Nachbereitung der Incomings im Heimatland wird als genauso wichtig erachtet,<br />
kann aber bisher noch nicht auf konkrete Erfahrungen zurückgreifen. Hier wird zusätzlich zu<br />
den Zielen für die Outgoings auch die Notwendigkeit gesehen, den mutmaßlichen Kulturschock<br />
nach der Rückkehr aufzufangen. Nachbereitung könnte vor Ort gelingen, so die Träger,<br />
wenn auf bestehende Kooperationen zurückgegriffen werden kann. Diskutiert wird, ob<br />
die Nachbereitung des <strong>IFL</strong> besser zeitnah oder mit einem gewissen Abstand organisiert werden<br />
sollte. Beide Modelle erweisen sich als gewinnbringend für die Freiwilligen. <strong>IFL</strong>-nahe<br />
Seminare geben den Freiwilligen vor allem Unterstützung bei ihrem Wiedereinfinden in<br />
38 Vgl. Rainer M. Hofmann: Gutachten – Ausländerrechtliche und arbeitsrechtliche Bedingungen der Teilnahme<br />
ausländischer Freiwilliger im internationalen generationsübergreifenden Freiwilligendienst für unterschiedliche<br />
Lebensphasen (<strong>IFL</strong>), Aachen 2007<br />
39 Quelle: Leitfadengestützte, biografisch orientierte Interviews mit Freiwilligen im Rahmen der Zusatzevaluation<br />
26
Deutschland, die Nachbereitung längere Zeit nach der Rückkehr, gibt Freiwilligen die Möglichkeit<br />
ihre <strong>IFL</strong>-Erfahrungen auf dem Hintergrund ihrer Rückkehrerlebnisse zu reflektieren.<br />
Sehr positiv werden die jährlichen Nachtreffen eines Trägers beurteilt, wodurch Freiwillige<br />
die Zeitspanne der Reflexion selbst wählen können. Grundsätzlich sollen die Nachbereitungsseminare<br />
nicht nur der Reflexion der Freiwilligen untereinander, sonder auch als Feedback<br />
für die Entsendorganisation und Einsatzstellen dienen.<br />
Die Freiwilligen empfinden die Nachbereitung ihres <strong>IFL</strong> als äußerst wichtig, in Hinblick auf<br />
Inhalte und des gegenseitigen Austauschs der Freiwilligen untereinander. Als besonders<br />
ergiebig werden die Seminare dann erlebt, wenn eine Auseinandersetzung darüber stattfindet,<br />
wie sich ihr Leben nach der Rückkehr verändert hat und wenn den Freiwilligen verdeutlicht<br />
wird, wie sie ihre gemachten Erfahrungen in Deutschland nutzbringend, durch entsprechendes<br />
Engagement einbringen können.<br />
Eine weitere Form der Nachbereitung und Reflexionsmöglichkeit stellt der Projektbericht dar,<br />
der von den Freiwilligen aus Sicht ihrer persönlichen Erfahrungen geschrieben wird und<br />
auch die Frage nach intergenerativen Aspekten ihres <strong>IFL</strong> beinhaltet.<br />
3.4 Fazit<br />
Eine <strong>IFL</strong>-spezifische praktische Ausgestaltung des <strong>Freiwilligendienste</strong>s, die für eine Profilierung<br />
von <strong>IFL</strong> notwendig erscheint, wird durch die Orientierung an der herkömmlichen Trägerpraxis<br />
erschwert. Wichtig wäre in dieser Hinsicht, Freiwillige gezielt für <strong>IFL</strong> zu akquirieren<br />
und gleichzeitig zu hinterfragen, ob es Ziel der <strong>IFL</strong> sein soll, damit fast ausschließlich Akademiker/innen<br />
zu erreichen.<br />
Vor- und Nachbereitungs- sowie Begleitseminare haben sich grundsätzlich sehr bewährt ,<br />
sollten jedoch durch festgelegte <strong>IFL</strong>-Standards bestimmte Themen integrieren. Das sind insbesondere<br />
intergenerative Aspekte, aber auch alterspezifische Bedeutungen des <strong>IFL</strong>,<br />
Reaktionen des Umfelds auf einen Freiwilligendienst, Genderthemen, sowie Rechte und<br />
Pflichten der Freiwilligen – insbesondere von Incomings in ihren Einsatzstellen. Um der<br />
Unzufriedenheit der Freiwilligen hinsichtlich unangemessener Themen zu begegnen, könnten<br />
diese in die Planung einbezogen werden, bzw. in den Seminaren mehr Raum für eigene<br />
Themen bekommen. Es fällt auf, dass Fragen zum Abschied und zur Rückkehr 40 , wie es im<br />
Projektantrag formuliert wurde, nicht als relevante Themen der Begleitung angesprochen<br />
wurden. Zudem soll, so der Projektantrag weiter, die Begleitung altersspezifisch gestaltet<br />
werden. Dass das wohl kaum erfüllt wird, zeigt sich darin, dass von Mittleren und Älteren<br />
erwartet wird, sich in die junge „normale“ Gruppe zu integrieren. Hier scheint ein kritisches<br />
Hinterfragen der Wahrnehmung der Jüngeren als die Norm und der Älteren als Ausnahme<br />
notwendig. Da Freiwillige sich noch mehr Informationen hinsichtlich weiterer Engagementmöglichkeiten<br />
wünschen, sollte diskutiert und ausprobiert werden, wie in den Seminaren<br />
zivilgesellschaftliche Prozesse bewusst angestoßen werden können. Grundsätzlich erscheint<br />
es sinnvoll dabei die Vor- und Nachbereitung der Incomings gesondert zu thematisieren und<br />
alternative Wege der Begleitung vor und nach dem <strong>IFL</strong> zu überlegen. Es bietet sich beispielsweise<br />
die Möglichkeit an, hierfür ehemalige Incomings einzubeziehen, oder<br />
trägerübergreifende Seminare anzubieten, ebenso wie eine trägerübergreifende Vernetzung<br />
der Freiwilligen, um dem Anspruch des Projektantrags gerecht zu werden 41 .<br />
Den meisten Freiwilligen wird der Anfang des <strong>IFL</strong> durch mangelhafte Sprachkenntnisse erschwert.<br />
Im Projektantrag werden zumindest für Ältere und für Kurzzeitfreiwillige ausreichen-<br />
40 Vgl. Arbeitskreis Lernen und Helfen in Übersee: Projektantrag: Modellvorhaben „<strong>Internationale</strong> <strong>Freiwilligendienste</strong><br />
für unterschiedliche Lebensphasen“ (<strong>IFL</strong>), Bonn 2004, S.15<br />
41 Vgl. Arbeitskreis Lernen und Helfen in Übersee: Projektantrag: Modellvorhaben „<strong>Internationale</strong> <strong>Freiwilligendienste</strong><br />
für unterschiedliche Lebensphasen“ (<strong>IFL</strong>), Bonn 2004, S.15<br />
27
de Sprachkenntnisse gefordert 42 , was sich in der Praxis nicht niederschlägt. Es wurde nicht<br />
geklärt, wie viele Sprachkenntnisse erforderlich sind, bzw. wie wenig Sprachkenntnisse<br />
Freiwilligen und Einsatzstellen zuzumuten ist. Zu überlegen wäre, Sprachkenntnisse zumindest<br />
von Outgoings grundsätzlich vorauszusetzen. Zudem muss abgeklärt werden, wer für<br />
den Spracherwerb verantwortlich sein soll: Träger, Freiwillige oder Einsatzstellen. Deutlich<br />
wird, dass Freiwillige, sollten sie die Sprache nicht beherrschen, Zeit brauchen um die Sprachen<br />
zu lernen, d.h. Einsatzzeiten dürfen den Besuch eines Sprachkurses nicht verhindern.<br />
Die von vielen Freiwilligen als mangelhaft empfundene Begleitung durch die Einsatzstellen,<br />
sowie die fehlenden diesbezüglichen Qualitätskriterien vor Ort, sollte als Anlass genommen<br />
werden, Standards für die Freiwilligen-Anleitung und -Aufgaben festzulegen, weitergehend,<br />
als der Projektantrag es beschreibt 43 . Es würde sich anbieten hier die Einsatzstellen einzubeziehen.<br />
Einerseits um diese Standards realisierbar zu formulieren und andererseits um<br />
Einsatzstellen als Partner/innen zu gewinnen, die auch Verantwortung für <strong>IFL</strong> übernehmen.<br />
Zudem sollten mögliche und notwendige Formen der Anerkennung sehr viel stärker ins Blickfeld<br />
rücken. Der im Projektantrag formulierte Anspruch, eine neue Anerkennungskultur zu<br />
entwickeln 44 wurde nicht eingelöst. Auch hier gilt es Standards zu entwickeln, ebenfalls in<br />
enger Absprache mit Einsatzstellen. Mit den Einatzstellen sollte zudem die Zuweisung von<br />
geschlechtsspezifischen Aufgaben problematisiert werden.<br />
Einsatzstellen können in ihrer Aufgabe als Begleiterinnen der Freiwilligen durch eine Begleitung<br />
von Außen unterstützt werden, so dass sie nur noch die fachliche Anleitung leisten<br />
müssen. Sehr gute Erfahrungen machen allen Beteiligten mit Mentor/innen oder Pat/innen.<br />
Fraglich bleibt, wie dieses Begleitmodell ressourcenschonend und praktikabel umgesetzt<br />
werden kann. Auch hier bietet sich an, ehemalige Freiwillige einzubeziehen. Zudem kann der<br />
Kontakt zu Interessensgruppen vor Ort, den Freiwilligen eine Unterstützung sein, was institutionalisiert<br />
werden könnte.<br />
Kürzere Dienste ermöglichen auch mittleren und älteren Interessierten mit familiären und<br />
beruflichen Vereinbarkeitsproblematiken den Zugang zu einem internationalen Freiwilligendienst.<br />
Da <strong>IFL</strong> verstärkt diese Zielgruppe ansprechen will, sollten Vereinbarkeitslösungen,<br />
wie sie durch einen kürzeren Dienst gegeben sind, unbedingt beibehalten werden. Kürzere<br />
Dienste können jedoch nicht einfach verkürzte lange Dienste sein, sollen sie ähnliche Lerneffekte<br />
haben wie diese. Angemessene Bedingungen und Voraussetzungen für Kurzzeitdienste<br />
müssen noch festgelegt werden, so, dass sie dennoch praktikabel und nicht zu zeitaufwändig<br />
für die Träger sind. Es ist vor allem das Problem des hohen Aufwands, das noch<br />
nicht zufriedenstellend gelöst wurde. Zudem wurde zu wenig über eine spezifische Umsetzung<br />
kurzer Dienste nachgedacht. Im Projektantrag wird vorgeschlagen, Kurzzeitdienste nur<br />
den Freiwilligen anzubieten, die ausreichend Sprachkenntnisse und Auslandserfahrungen<br />
mitbringen. Zudem wird empfohlen, spezifische Aufgaben bereit zu stellen, die der Berufserfahrung<br />
der Freiwilligen gerecht werden 45 . Beides ist in der konkreten Umsetzung nicht erkennbar,<br />
es fehlen auch hier entsprechende Standards. Angedacht wurde, Aufgaben so zu<br />
gestalten, dass sie weniger auf zwischenmenschliche Beziehungen gründen, und die <strong>IFL</strong> in<br />
eine längere Engagementphase (beim Träger) einzubetten. Beide Vorschläge sollten weiter<br />
diskutiert und ausprobiert werden.<br />
Der Umgang mit unklaren Rahmenbedingungen wurde im Verbund weitgehend diskutiert<br />
und durch Handreichungen auch verschriftlicht. Abschließende Klärungen müssen auf politischer<br />
Ebene veranlasst werden.<br />
42 Vgl. Arbeitskreis Lernen und Helfen in Übersee: Projektantrag: Modellvorhaben „<strong>Internationale</strong> <strong>Freiwilligendienste</strong><br />
für unterschiedliche Lebensphasen“ (<strong>IFL</strong>), Bonn 2004, S.13-14<br />
43 Vgl. Arbeitskreis Lernen und Helfen in Übersee: Projektantrag: Modellvorhaben „<strong>Internationale</strong> <strong>Freiwilligendienste</strong><br />
für unterschiedliche Lebensphasen“ (<strong>IFL</strong>), Bonn 2004, S. 17<br />
44 Vgl. ebd.<br />
45 Vgl. ebd.<br />
28
4 Die Kooperationen in der Praxis der <strong>IFL</strong><br />
4.1 Die Kooperation im Trägerverbund<br />
4.1.1 Kooperation oder Konkurrenz?<br />
„Obwohl eigentlich Konkurrenten auf dem Freiwilligenmarkt, sind alle mit einer großen Offenheit<br />
da reingegangen und haben Erfahrungen preisgegeben.“<br />
(ein/e Trägervertreter/in) 46<br />
„Förderlich ist auch, dass es andere Organisationen auch machen in diesem <strong>IFL</strong>-Verbund wo<br />
man sich immer mal austauschen kann“ (ein/e Trägervertreter/in) 47<br />
Obwohl die Kooperation von elf Trägern im <strong>IFL</strong> Verbund nach Einschätzung der Koordinierungsstelle<br />
im Bereich der internationalen <strong>Freiwilligendienste</strong> neu und einmalig ist, wird sie<br />
nur von wenigen Trägern als <strong>IFL</strong>-Spezifikum bezeichnet. Hinsichtlich der praktischen Ausgestaltung<br />
der Kooperation findet ein Abwägen zwischen dem nutzbringenden Gemeinsamen<br />
und den Grenzen der Zusammenarbeit statt. So wird seitens der Koordinierungsstelle danach<br />
gefragt, wo das Kollektive Sinn macht und wo Einzelinteressen auch zum Nutzen des<br />
Verbunds gefördert werden sollten.<br />
Viele Träger bewerten die Kooperation zunächst positiv, es wird ein großes Vertrauen den<br />
anderen Trägern gegenüber formuliert, die gegenseitige Unterstützung wird sehr positiv erlebt.<br />
Die Zusammenarbeit wird trotz der kritisierten Mehrarbeit überwiegend als förderlich<br />
wahrgenommen, da sie von Offenheit geprägt sei und Anregung für die Ausgestaltung der<br />
<strong>IFL</strong> beinhalte. Gleichzeitig wird für einen Schutz der trägerspezifischen Eigenheiten plädiert<br />
und die (unvereinbare) Trägervielfalt hervorgehoben. Konkurrenz entsteht dann, wenn um<br />
Freiwillige und finanzielle Zuschüsse gekämpft wird, oder wenn die Kooperation einen zusätzlichen<br />
Aufwand verursacht, der den Trägern (nicht vorhandene) Ressourcen entzieht.<br />
Kooperation ohne Konkurrenz ist dann möglich, so die Träger, wenn ein ausgewogenes Verhältnis<br />
zwischen Geben und Nehmen existiert, wenn sie als win-win-Situation erlebt wird,<br />
wenn transparent kommuniziert wird, was ausgetauscht werden kann und was „geistiges<br />
Eigentum“ bleiben muss. Trägereigene Konzepte sollen geschützt werden, dennoch wünschen<br />
sich viele Träger eine größere Transparenz hinsichtlich trägerspezifischer Angebote<br />
und Arbeitsweisen. Kooperation braucht zudem klare Ziele und muss den engen Ressourcen<br />
der Träger angepasst werden. Grundsätzlich wird dafür plädiert, die Kooperation beizubehalten,<br />
vor allem den ergiebigen Erfahrungsaustausch.<br />
Die Erfahrungen im Verbund zeigen, dass Kooperationen dann gut funktionieren und keine<br />
Konkurrenz befürchtet wird, wenn sich die Verantwortlichen persönlich kennen, Vertrauen<br />
zueinander aufgebaut haben, bereits Erfahrungen mit konkreter Zusammenarbeit machen<br />
konnten und wissen wie der andere Träger arbeitet. Zusammenarbeit gelingt dann, wenn sie<br />
als attraktiv, produktiv und nutzbringend für alle Beteiligten wahrgenommen wird. Persönliche<br />
Kontakte werden im Verbund durch die wiederholten Treffen vertieft, entsprechend hat<br />
sich auch die Kooperation verbessert, so die Einschätzung der Koordinierungsstelle.<br />
Erschwert wird die Kooperation durch die räumliche Entfernung einzelner Träger, sowie<br />
durch einerseits sehr engagierte Träger und andererseits davon profitierenden Mitläufern. In<br />
Aushandlungsprozessen und politisch-strategischen Diskussionen wird dann deutlich, wer<br />
über einen größeren Erfahrungshintergrund verfügt und entsprechend machtvoller agieren<br />
kann, auch wenn sich die Träger sonst auf Augenhöhe begegnen. Hinderlich für die Zusammenarbeit<br />
ist zudem, dass Träger einen sehr stark trägerspezifischen <strong>IFL</strong> durchführen.<br />
46 Quelle: Leitfadengestützte Expert/innen- Interviews mit Trägervertreter/innen im Rahmen der Zusatzevaluation<br />
47 Quelle: Leitfadengestützte Expert/innen- Interviews mit Trägervertreter/innen im Rahmen der Zusatzevaluation<br />
29
4.1.2 Arbeitsgruppen, Arbeitsausschuss und Vollversammlung<br />
„Also teilweise finde ich den Austausch sehr bereichernd, also auch auf den Treffen, wenn<br />
es um bestimmte Fragen geht, wie einzelne Organisationen das Einschätzen.“ (ein/e Trägervertreter/in)<br />
48<br />
Die Gremien des <strong>IFL</strong>-Verbunds wie Arbeitsgruppen und Vollversammlung werden eher so<br />
wahrgenommen, dass sie den Trägern Inputs für ihre konkrete Arbeit geben, nicht, dass die<br />
Träger durch die Treffen die <strong>IFL</strong> mitgestalten, d.h. einen Input bezüglich des <strong>IFL</strong> Profils geben.<br />
Für die Träger steht mehr der fachliche Erfahrungsaustausch im Vordergrund, als die<br />
konkrete Zusammenarbeit, die auf die gemeinsame Ausgestaltung der <strong>IFL</strong> abzielt.<br />
Vor allem die thematischen Arbeitsgruppen werden als sehr gewinnbringend dargestellt.<br />
Synergieeffekte entstehen, weil gemeinsam nach Problemlösungsstrategien gesucht wird.<br />
Die Ergebnisse der AG „Pädagogische Begleitung“ hat die Träger unterstützt geeignete Methoden<br />
für Ältere und altersgemischte Gruppen zu entwickeln und gab Impulse für die konkrete<br />
Umsetzung intergenerativer Lernfelder. 49<br />
Wie eine Arbeitsgruppe gut funktionieren kann zeigt die AG „Incoming“. Erfolgreich und arbeitsfähig<br />
ist diese AG durch den Leidensdruck der hinsichtlich der vielen Unklarheiten für<br />
die Incomings bei den Trägern besteht, d.h. dadurch, dass ein ausdrücklicher Regelungsbedarf<br />
vorhanden ist. Zudem hat diese Arbeitsgruppe einen klaren Auftrag und ein klares Ziel,<br />
und kann konkrete Ergebnisse vorweisen. Bewährt hat sich bestimmte Aufgaben auch innerhalb<br />
der AG zu delegieren. Gut ist zudem, dass finanzielle Ressourcen für die Arbeit der<br />
AGs zur Verfügung stehen. Und nicht zuletzt leistet die Koordinierungsstelle hierbei gute<br />
Unterstützung. Schließlich geben alle Träger die mit Incomings arbeiten an, von dem Ausloten<br />
rechtlicher Rahmenbedingungen profitiert zu haben. Und regen an auch in anderen Arbeitsgruppen<br />
einen Leitfaden, ähnlich dem Incoming-Leitfaden, zu erstellen.<br />
Arbeitsgruppen, das zeigt sich, lösen sich auf, wenn sie keinen Nutzen haben, sie werden<br />
dann nur noch als zusätzliche Arbeit wahrgenommen. Entsprechend hinderlich ist es, dass<br />
alle Arbeitsgruppen schnell und unter allen Umständen produktiv sein müssen, um die knappen<br />
Zeitressourcen der Träger nicht überzustrapazieren.<br />
Hinsichtlich der Erfahrung mit anderen Gremien äußern sich Träger und Koordinierungsstelle<br />
kaum. Der Arbeitsausschuss hat neben der Vollversammlung eine Entscheidungsfunktion,<br />
und ist „operatives Gremium des Trägerverbundes“ 50 . Hier wurde auch schon gegen Einzelinteressen<br />
entschieden. Es gibt kritische Stimmen, die sich von zu vielen Treffen überfordert<br />
fühlen. Förderlich ist, dass für alle Zusammenkünfte finanzielle Mittel zur Verfügung stehen.<br />
4.1.3 Gemeinsame Aktionen<br />
„Das Alltagsgeschäft holt die Organisationen ein.“ (ein/e Trägervertreter/in begründet, warum gemeinsame<br />
Seminare nicht zustande kommen) 51<br />
Die Träger haben sich durch die Kooperation mehr konkrete, gemeinsame Aktionen, wie<br />
beispielsweise Seminare erhofft. Auch bereits angedachte Seminare sind nicht zustande<br />
gekommen. Zudem gibt es wenig Austausch darüber, wer welche Seminare auch offen für<br />
andere anbietet. Hinderlich wirkt sich hier aus, dass gemeinsame Seminare nicht zum „Alltagsgeschäft“<br />
gehören, so dass eine entsprechende Planung und Durchführung als zusätzli-<br />
48 Quelle: Leitfadengestützte Expert/innen- Interviews mit Trägervertreter/innen im Rahmen der Zusatzevaluation<br />
49 Sie hat damit aus Sicht der Trägerpraxis ihr Ziel erreicht zur Problemlösung und gegenseitigen Inspiration anzuregen.<br />
Vgl.: Internes Papier der <strong>IFL</strong>: Selbstevaluation und Qualitätsentwicklung im <strong>IFL</strong>-Projekt. Überblick über<br />
Maßnahmen und Prozesse, Bonn 2007<br />
50 Interner Bericht der Koordinierungsstelle der <strong>IFL</strong>: Selbstevaluation und Qualitätsentwicklung im <strong>IFL</strong>-Projekt.<br />
Überblick über Maßnahmen und Prozesse. Bonn 2007<br />
51 Quelle: Diskussion 4. Workshop (Kooperationsebene) in Köln, im Rahmen der Zusatzevaluation<br />
30
che Arbeit empfunden wird. Die Öffnung eines Seminars wird als schwierig empfunden, da<br />
es schnell als Angriff auf die eigene Identität gedeutet werden kann.<br />
Bisher wurde ein Incomingseminar eines Trägers für alle geöffnet. Dieses Seminar fand wenig<br />
Zuspruch, nicht zuletzt, weil es unzureichend kommuniziert wurde. Im Nachhinein haben<br />
mehr Träger ihr Interesse daran bekundet und einen entsprechenden Bedarf formuliert. Diejenigen<br />
von denen dieses Angebot genutzt wurde, haben es als sehr positiv bewertet.<br />
Das einzige von zwei Trägern gemeinsam durchgeführte Seminar wird als äußerst produktiv<br />
hervorgehoben. Attraktiv war das Seminar für alle Beteiligten durch das interessante und<br />
brisante Thema, das zudem einen unmittelbaren Austausch der Erfahrungen und persönlichpolitischen<br />
Einstellungen der Freiwilligen gestattete. Bisher sind trotz der äußerst positiven<br />
Erfahrung und dem Willen der beiden Träger dies zu wiederholen, keine weiteren Seminare<br />
zustande gekommen.<br />
Obwohl die Öffentlichkeitsarbeit für die <strong>IFL</strong> in der Verantwortung der Koordinierungsstelle<br />
liegt, sehen die Träger hier einen Ansatzpunkt für gemeinsame Aktionen. Hintergrund dafür<br />
ist, dass <strong>IFL</strong> als eigenständiges Programm eine bessere Außendarstellung braucht, jedoch<br />
ohne mit einem Träger in Verbindung gebracht zu werden. Entsprechend öffentlichkeitswirksame<br />
Maßnahmen wären gemeinsame Tagungen, Vorträge und Publikationen. Einerseits<br />
zeigen Träger die Bereitschaft, die Öffentlichkeitsarbeit auf diese Weise mitzutragen, andererseits<br />
sind sie nur leidlich dazu bereit, der Koordinierungsstelle für die Öffentlichkeitsarbeit<br />
notwendiges Material zukommen zu lassen. Gleichzeitig lässt sich nach Durchsicht der Trägerhomepages<br />
feststellen, dass es schwierig ist, an Informationen über <strong>IFL</strong> zu kommen,<br />
auch die Verlinkung zur <strong>IFL</strong>-Website ist nicht immer einfach zu finden.<br />
4.1.4 Kooperationen vor Ort<br />
„Viele sind in den gleichen Einsatzländern aktiv, da könnte man mehr machen.“ (ein/e Mitarbeiter/in<br />
der Koordinierungsstelle) 52<br />
Hinsichtlich der Zusammenarbeit vor Ort, sprich den Einsatzländern außerhalb Deutschlands<br />
aber auch innerhalb verschiedener Regionen Deutschlands, gibt es viele ungenutzte Ressourcen.<br />
Das wird dadurch erschwert, dass nicht transparent ist, welche Träger wie und wo<br />
aktiv sind. Zudem wird befürchtet, dass eine solche Kooperation auf Kosten der Trägereigenheiten<br />
gehen könnte. Für Modelle der Zusammenarbeit vor Ort gibt es einige Ideen, aber<br />
keine konkreten Planungen.<br />
Einzelne Träger könnten sich eine gemeinsame Betreuung vor Ort gut vorstellen. Die Koordinierungsstelle<br />
schlägt vor, dass Träger bei anderen Trägern bestimmte Leistungen, wie<br />
Begleitung und Seminareinheiten einkaufen können. Möglich wäre auch eine regionale Vernetzung<br />
der in einer Region aktiven Träger. Zudem wird vorgeschlagen bestimmte Aktionen<br />
länderspezifisch zu organisieren, wie das Notfallmanagement oder die Bereitstellung von<br />
Mentor/innen. Hier könnten dann bestimmte Länder bestimmten Trägern zugeordnet werden.<br />
4.1.5 <strong>IFL</strong>-Qualitätsstandards versus Mindeststandards<br />
„Es hat viel Energie gekostet, auszutarieren, wie verbindlich soll jetzt ein Konzept sein“ (ein/e<br />
Mitarbeiter/in der Koordinierungsstelle) 53<br />
Alle Träger sind um eine gute Qualität ihres <strong>IFL</strong> bemüht. Sie greifen hierfür vor allem auf eigene<br />
bewährte Methoden der Qualitätssicherung zurück, sowie auf Zertifizierungen wie<br />
Quifd. Insbesondere das Feedback der Freiwilligen dient der Überprüfung der Qualität. Ent-<br />
52 Quelle: Leitfadengestütztes Gruppeninterview mit dem Team der Koordinierungsstelle, im Rahmen der Zusatzevaluation<br />
53 Quelle: Leitfadengestütztes Gruppeninterview mit dem Team der Koordinierungsstelle im Rahmen der Zusatzevaluation<br />
31
sprechende Ergebnisse und der Umgang damit, werden innerhalb des Verbunds wenn, dann<br />
eher informell ausgetauscht. Der entsprechende Austausch auf Trägertreffen wird als eine<br />
Art Qualitätssicherung wahrgenommen. Durch die gegenseitige Hilfe der Träger, wie auch<br />
durch deren Selbstverpflichtung, hat sich nach Einschätzung der Koordinierungsstelle die<br />
Qualität der <strong>IFL</strong> verbessert. Schwierig gestaltete sich die Qualitätssicherung mit den ausländischen<br />
Einsatzstellen, weil es mit diesen oft keinen persönlichen Kontakt und damit auch<br />
keinen unmittelbaren Informationsaustausch gibt. Während die Partnerorganisationen, nach<br />
eigenen Angaben über ein formalisiertes System der Qualitätssicherung verfügen und ihre<br />
Arbeit insbesondere auf der Grundlage des Feedbacks von Freiwilligen evaluieren, erklären<br />
die Einsatzstellen keine Qualitätskriterien für ihre Arbeit mit Freiwilligen entwickelt zu haben.<br />
Für eine Verbesserung der Qualitätssicherung schlagen Träger entsprechend eine regelmäßige<br />
Evaluation der <strong>IFL</strong> unter Einbeziehung aller Beteiligten vor, sowie Vereinbarungen mit<br />
Einsatzstellen und Freiwilligen.<br />
Hinsichtlich der notwendigen Standards für <strong>IFL</strong> wird seitens der Träger sehr kontrovers diskutiert,<br />
ob diese lediglich einen Orientierungsrahmen vorgeben, ob wenigstens die vereinbarten<br />
Mindeststandards (die so genannten Eingangsvoraussetzungen) 54 verbindlich sein sollen<br />
oder ob weitreichende <strong>IFL</strong>-spezifische Qualitätsstandards entwickelt werden müssten. Hier<br />
spielt die Diskussion um Trägeridentität versus <strong>IFL</strong>-Identität eine große Rolle: Träger befürchten,<br />
wenn Qualitätsstandards festgelegt werden, dass sie ihre eigene trägerspezifische<br />
Gestaltungshoheit verlieren. So gibt es bisher keine <strong>IFL</strong>-spezifische Strukturen der Qualitätsentwicklung<br />
und –sicherung, was auch ausdrücklich so gewollt ist, um das Subsidaritätsprinzip<br />
zu wahren 55 . Diesbezüglich gibt es jedoch auch Unzufriedenheiten mit dem Trägerverbund.<br />
Qualitätsstandards sollten noch einmal diskutiert werden, so die Forderung,<br />
auch im Hinblick auf die Befürchtung, dass die existierenden Mindeststandards nicht immer<br />
als solche angesehen würden, sondern je nach Bedarf von Trägern beachtet werden könnten<br />
oder nicht.<br />
Erörtert werden <strong>IFL</strong>-Qualitätskriterien, wie das Vorhandensein eines Notfallplans, das Muss<br />
einer Vor-und Nachbereitung, Zwischenseminare oder alternative Formen der Reflexionsmöglichkeit,<br />
schriftliche Vereinbarung mit Freiwilligen und eine Bescheinigung für die Freiwilligen.<br />
Die Tätigkeiten der Freiwilligen müssten zu den Zielen des <strong>IFL</strong> passen, bzw. das <strong>IFL</strong>-<br />
Profil müsse durch spezifische Inhalte beispielsweise in der Begleitung erkennbar werden 56 .<br />
Schlechte Qualität wird bisher an der Abbruchquote der Freiwilligen festgemacht, die jedoch<br />
sehr gering ist. Erörtert wird auch, was nicht festgelegt werden kann, mit dem Ziel die Trägerautonomie<br />
zu wahren. Vor allem die konkrete Ausgestaltung der Begleitung und Seminare<br />
müsse beibehalten werden, weil die Träger gerade hier ihr eigenes Profil einbringen.<br />
Ebenso müsse die Einbindung der Freiwilligen als Weiter-Engagierte Trägersache bleiben.<br />
54 Die Eingangsvoraussetzungen sind als Richtlinien gedacht, jedoch haben sich die Träger dazu verpflichtet<br />
diese umzusetzen. Vgl. Internes Papier der <strong>IFL</strong>: „Eingangsvoraussetzungen“.<br />
55 Vgl.:. Internes Papier der <strong>IFL</strong>: Selbstevaluation und Qualitätsentwicklung im <strong>IFL</strong>-Projekt. Überblick über Maßnahmen<br />
und Prozesse. Bonn 2007<br />
56 In den „Eingangsvoraussetzungen“ wurden bereits ähnliche Voraussetzungen vereinbart, wie Schutz der Freiwilligen,<br />
insgesamt 2 Seminartage pro Dienstmonat zur Vor- und Nachbereitung sowie Begleitung, schriftliche<br />
Vereinbarung und Zertifikat. Darüber hinaus die Teilnahme an der Kooperation, Auswahl der Freiwilligen, Vollzeit-<br />
Freiwilligendienst, Zusammenarbeit mit Partnerorganisationen und Einsatzstellen, Qualitätssicherung und die<br />
Zusammenarbeit mit der Koordinierungsstelle. Vgl.: Internes Papier der <strong>IFL</strong>: „Eingangsvoraussetzungen“.<br />
32
4.1.6 Die Rolle der Koordinierungsstelle<br />
„Sie hat wirklich koordiniert, das heißt sie hat eben wirklich möglich gemacht, dass Treffen<br />
stattfinden, dass Zusammenarbeit stattfindet (…) ohne eine solche Koordinierungsstelle wäre<br />
es aus meiner Sicht nicht möglich gewesen.“ (ein/e Trägerverteter/in) 57<br />
An die Koordinierungsstelle 58 werden viele Erwartungen herangetragen, gleichzeitig werden<br />
ihre Arbeit und Aufgabenübernahme von allen Beteiligten als äußerst positiv und gewinnbringend<br />
bewertet. Ohne die Arbeit der „neutralen“ Koordinierungsstelle würde die Kooperation<br />
nicht gelingen, so die Einschätzung der Träger. Besonders hervorgehoben wird, dass sie<br />
auf Trägerideen und –interessen eingeht, dass sie ihre Aufgaben zuverlässig und professionell<br />
wahrnimmt und die Kooperation steuert. Durch die Vielfalt der Träger kann sie jedoch<br />
auch an die Grenzen ihrer Arbeitsfähigkeit stoßen. Grundsätzlich soll die Koordinierungsstelle<br />
als eine moderierende Verwaltung der Kooperation beibehalten werden.<br />
Die Koordinierungsstelle wird als ausgleichende Instanz wahrgenommen, die einerseits zentral<br />
ist, aber nicht zu zentralistisch agieren soll. Sie geht auf Trägerinteressen ein, darf aber<br />
nicht in die eigene Steuerung der Träger eingreifen und damit deren Autonomie einschränken.<br />
Regeln und Richtlinien werden von den Trägergremien wie Vollversammlung und Arbeitsausschuss<br />
festgelegt, bzw. dort ausgehandelt. Sie sollen von der Koordinierungsstelle,<br />
beispielsweise durch gezieltes Nachfragen durchgesetzt werden. Die Koordinierungsstelle<br />
selbst, sieht sich nicht als Kontrollinstanz, eher als Monitoring und Dienstleiterin, als administrative<br />
Verwalterin und <strong>IFL</strong>-Lobbyistin sowie als diejenige die die Kooperation steuert.<br />
Als konkrete Aufgaben der Koordinierungsstelle werden hervorgehoben, dass sie das <strong>IFL</strong>-<br />
Profil weiterentwickelt, das Programm definiert und die Effekte des <strong>IFL</strong> eruiert. Sie bearbeitet<br />
Perspektivfragen und fördert die Konzeptentwicklung. Dafür ist es auch notwendig, dass sie<br />
Trägertreffen bzw. Arbeitsgruppen mit inhaltlichen Schwerpunkten initiiert, wo Probleme und<br />
Fragen der <strong>IFL</strong>, auch angeregt von der Koordinierungsstelle, thematisiert werden. Sie soll im<br />
Zuge dessen die Kommunikation untereinander und nach Außen fördern. Zudem lotet sie<br />
Rahmenbedingungen aus, steckt sie ab, und ist für die Abwicklung finanzieller Angelegenheiten<br />
zuständig.<br />
Rechte und Pflichten der Träger wurden innerhalb der Kooperation von vornherein festgelegt.<br />
Dennoch zeigt sich in der konkreten Kooperationspraxis, dass die Träger die Arbeit der<br />
Koordinierungsstelle nicht immer bereitwillig unterstützen. Obwohl sie die Aufgabe hat, die<br />
<strong>IFL</strong> Öffentlichkeitsarbeit auszuführen und ihre Lobbyarbeit und Außenvertretung als sehr<br />
wichtig eingeschätzt werden, bekommt die Koordinierungsstelle nur schwer das für sie notwendige<br />
Material und zudem wenig Feedback. Die gemeinsame und einheitliche Öffentlichkeitsarbeit<br />
ist schwierig mit den Trägern abzustimmen, nicht zuletzt, weil diese sich auf ihre<br />
eigenen sehr erfahrenen Stellen für Öffentlichkeitsarbeit stützen. Zudem kommt die Lobbyarbeit<br />
bei den Trägern nicht spürbar an, so die Einschätzung der Koordinierungsstelle.<br />
57 Quelle: Leitfadengestützte Expert/innen- Interviews mit Trägervertreter/innen im Rahmen der Zusatzevaluation<br />
58 Laut Projektantrag hat die Koordinierungsstelle die Aufgaben Treffen zu planen, durchzuführen und nachzubereiten.<br />
Sie soll Kontakt zu den Trägern und dem Ministerium aufnehmen, die Träger über den Projektstand informieren,<br />
die finanzielle Abwicklung verantworten und die laufenden Projekte innerhalb des Verbunds koordinieren.<br />
Vgl. Arbeitskreis Lernen und Helfen in Übersee: Projektantrag: Modellvorhaben „<strong>Internationale</strong> <strong>Freiwilligendienste</strong><br />
für unterschiedliche Lebensphasen“ (<strong>IFL</strong>), Bonn 2004, S.20<br />
33
4.2 Kooperationen außerhalb des Trägerverbunds<br />
4.2.1 Kooperationen zwischen Trägern, Einsatzstellen und ausländischen<br />
Partnerorganisationen<br />
„We just know that one day is coming a volunteer. We didn’t know which age what is her profession<br />
and wie didn’t know how to make our cooperation. She just came one day.“ (ein/e<br />
Einsatzstellenvertreter/in) 59<br />
Kooperationen mit Partnerorganisationen und Einsatzstellen folgen eingespielten, trägerspezifischen<br />
Regeln. Neue Kooperationen funktionieren dann gut, wenn sie sich auf erprobte<br />
Strukturen stützen können. Die Träger profitieren herbei von ihren langjährigen Vernetzungen.<br />
Die Erwartungen an die Resultate einer Zusammenarbeit unterscheiden sich zwischen<br />
Trägern und Einsatzstellen sowie Partnerorganisationen. Träger kooperieren mit Partnerorganisationen<br />
vor Ort, um eine räumlich relativ nahe Begleitung der Freiwilligen und Einsatzstellen<br />
zu ermöglichen. Entsprechende Kooperationen werden von Trägerseite meist sehr<br />
positiv, von Freiwilligen eher kritisch bewertet. Für ausländische Einsatzstellen sind funktionierende<br />
Kooperationen mit deutschen Trägern ein großer Gewinn. Sie profitieren von deren<br />
Erfahrungen und einem professionellen Austausch hinsichtlich freiwilligen Engagements, wo<br />
sie bei sich selbst noch einen großen Lernbedarf sehen.<br />
Innerhalb der <strong>IFL</strong> müssen Träger Einsatzstellen davon überzeugen überhaupt mittlere und<br />
ältere Freiwillige aufzunehmen, nach den ersten Erfahrungen sind diese von berufs- und<br />
lebenserfahrenen Freiwilligen jedoch begeistert. Teilweise besuchen Träger die Einsatzstellen,<br />
nicht zuletzt um die Aufgaben der Freiwilligen und die Pflichten der Einsatzstellen abzuklären.<br />
Geschieht das nicht, problematisieren einige Einsatzstellen, dass sie zu wenig Informationen<br />
über die Freiwillige vor deren <strong>IFL</strong> erhalten und dass weder ein persönlicher Kontakt<br />
zum Träger noch zu Partnerorganisationen besteht. Entsprechend kritisieren Freiwillige,<br />
wenn Träger und Einsatzstellen nicht zusammenarbeiten, um beispielsweise Fragen der Begleitung<br />
zu klären.<br />
Kooperation bedeutet für alle Beteiligten vor allem Kommunikation und Information, der tatsächliche<br />
Informationsfluss wird jedoch oft als unzureichend empfunden. Träger wünschen<br />
sich eine verbesserte Kommunikation mit den Partnerorganisationen und insbesondere mit<br />
den Einsatzstellen im Ausland. Genauso weisen Einsatzstellen und Partnerorganisationen<br />
auf die Notwendigkeit eines regelmäßigen und zuverlässigen Informationsaustauschs zwischen<br />
allen Akteur/innen hin. Einsatzstellen, auch die deutschen, fühlen sich oft von essentiellen<br />
Informationen abgeschnitten. Sie mahnen diese an, um ihrem Auftrag als Begleitung<br />
von <strong>IFL</strong>-Freiwilligen gerecht zu werden und die Aufgaben für die Freiwilligen passgenau, das<br />
meint u. a. <strong>IFL</strong>-spezifisch zu gestalten. Auch Freiwillige wünschen sich besser über die<br />
Einsatzstellen informiert zu werden und insgesamt einen transparenteren Informationsfluss.<br />
Incomings kritisieren, dass die Träger die deutschen Einsatzstellen nicht kennen würden und<br />
zwischen Trägern und Einsatzstellen kein Austausch stattfindet. Bewährt hat sich in dieser<br />
Hinsicht, wenn Einsatzstellen oder Partnerorganisationen bereits vor dem <strong>IFL</strong> mit den Freiwilligen<br />
direkten Kontakt aufnehmen, so dass gegenseitige Erwartungen, Bedürfnisse und<br />
Erfordernisse unmittelbar und vor dem Einsatz abgeklärt werden können.<br />
Die Einsatzstellen wünschen sich neben regelmäßigen Informationen auch eine Vorbereitung<br />
auf spezifische Programme wie <strong>IFL</strong>. Dabei sollten einerseits die Erwartungen, die ein<br />
solches Programm mit sich bringt, zwischen Einsatzstellen, Trägern und Freiwilligen vorher<br />
abgeklärt werden. Einsatzstellen würden zudem, gerne auf kulturspezifische Geschlechterrollen<br />
und Altersspezifika, des Heimatlandes der Freiwilligen vorbereitet werden.<br />
59 Quelle: Leitfadengestützte Expert/innen- Interviews mit Einsatzstellenvertreter/innen im Rahmen der Zusatzevaluation<br />
34
4.3 Fazit<br />
Die Konzeptionierung und Umsetzung eines spezifischen <strong>IFL</strong>-Profils beinhaltet auch sich<br />
innerhalb des Verbunds als Kooperationspartner/innen wahrzunehmen und nicht Konkurrenzen<br />
herzustellen, was zugleich gegenseitiges Misstrauen impliziert. Da Vertrauen und erfolgreiche<br />
Zusammenarbeit vor allem auf persönliche Kontakte gründet erscheint es sinnvoll,<br />
diese zu institutionalisieren, d. h. Arbeitstreffen verstärkt auch für persönliche Begegnungen<br />
und Kontakte zu nutzen. Gleichzeitig sollte dennoch die Diskussion um Möglichkeiten und<br />
Grenzen der Kooperation geführt werden, wiederum mit dem Ziel <strong>IFL</strong> (als Produkt der Kooperation)<br />
zu profilieren. Hierzu gehört auch, was bisher wenig geschehen ist, Rollen, Verantwortungsumfang,<br />
Rechte und Pflichten, aber auch die Macht von Trägervertreter/innen,<br />
der Koordinierungsstelle und der Gremien offen zu erörtern. Die Motivation der meisten Träger,<br />
den Verbund mit einer Koordinierungsstelle beizubehalten und zu unterstützen, wie es<br />
auch im Projektantrag formuliert wird 60 , scheint weiterhin gegeben.<br />
Thematische Arbeitsgruppen haben sich sehr bewährt. Diese sollten auf jeden Fall beibehalten<br />
werden, um sich über unterschiedliche Trägerpraxis auszutauschen und gemeinsam bisher<br />
nicht bearbeitete Aspekte, insbesondere notwendige Qualitätsstandards zu entwickeln.<br />
Die Arbeitsgruppen können zudem als wichtige Instrumente der Qualitätsentwicklung angesehen<br />
werden.<br />
Gemeinsame Aktionen werden zu schnell als Angriff auf die Trägeridentität interpretiert, was<br />
mutmaßlich dazu beiträgt, dass trotz des vielfach formulierten Wunsches kaum entsprechende<br />
gemeinsame Seminare oder Öffnung von Seminaren zustande kam. Hilfreich könnte<br />
sein, zunächst spezifische / thematische Seminare gemeinsam durchzuführen, um das gegenseitige<br />
Vertrauen zu stärken. Konkrete Vorhaben sollten realistisch geplant und zügig<br />
umgesetzt werden, nicht zuletzt um innerhalb des Verbunds durch entsprechende Erfolgserlebnisse<br />
für eine derartige Zusammenarbeit zu werben. Eine zusätzliche Finanzierung kann<br />
das nur unterstützen. Mehr Erfahrungen mit konkreter Zusammenarbeit in der <strong>IFL</strong>-Praxis<br />
könnten dann auch die Basis für trägerübergreifende Projekte vor Ort sein.<br />
Um <strong>IFL</strong> ein eigenständiges Profil zu geben sind gemeinsam, verbindlich festgelegte Qualitätsstandards<br />
unerlässlich, die die Umsetzbarkeit und die Qualität der <strong>IFL</strong> überprüfbar machen.<br />
Es fällt auf, dass Vollversammlung und Arbeitsausschuss nicht als Gremien der Qualitätssicherung<br />
wahrgenommen werden, obwohl dort Qualitätskriterien thematisiert werden<br />
und beide Gremien auch mit dem Ziel der Qualitätssicherung beauftragt sind. Ebenso wenig<br />
werden Maßnahmen der Koordinierungsstelle, wie Trägerbesuche und Auswertung der statistischen<br />
Daten als Instrumente des Qualitätsmanagements genannt, die den Trägern Anhaltspunkte<br />
für Modifikationen der <strong>IFL</strong> geben 61 . So erscheint es sinnvoll, im Zuge der Diskussion<br />
um Qualitätsstandards auch die Verantwortlichkeit der Steuerung der Qualitätssicherung<br />
festzulegen. Bisher wird das eher vage diskutiert. So soll die Koordinierungsstelle zwar<br />
Regeln und Richtlinien durchsetzen, aber nicht als Kontrollorgan fungieren.<br />
Um die Kooperation zwischen Trägern und Partnerorganisationen bzw. Einsatzstellen nutzbringend<br />
für beide Seiten, wie auch für die Freiwilligen zu gestalten und die Partnerstrukturen<br />
zu stärken, wie es im Projektantrag als Ziel formuliert wird 62 , scheint die bisherige Informationspraxis<br />
nicht zu genügen. Auch hier könnten Standards der Information, des Informationsmaterials<br />
und der Kommunikation sinnvoll sein, die aber einer Erprobung in Absprache<br />
mit Partnerorganisationen und Einatzstellen bedürfen um wirklich sinnvoll zu sein.<br />
60 Vgl. Arbeitskreis Lernen und Helfen in Übersee: Projektantrag: Modellvorhaben „<strong>Internationale</strong> <strong>Freiwilligendienste</strong><br />
für unterschiedliche Lebensphasen“ (<strong>IFL</strong>), Bonn 2004, S.19<br />
61 Vgl. Internes Papier der <strong>IFL</strong>: Selbstevaluation und Qualitätssicherung im <strong>IFL</strong>-Projekt. Überblick über Maßnahmen<br />
und Prozesse. Bonn 2007<br />
62 Vgl. Arbeitskreis Lernen und Helfen in Übersee: Projektantrag: Modellvorhaben „<strong>Internationale</strong> <strong>Freiwilligendienste</strong><br />
für unterschiedliche Lebensphasen“ (<strong>IFL</strong>), Bonn 2004, S.19<br />
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5 Resümee: Die <strong>IFL</strong> als Projekt der „Generationsübergreifenden<br />
<strong>Freiwilligendienste</strong>“<br />
Innerhalb des Modellprogramms „Generationsübergreifende <strong>Freiwilligendienste</strong>“ sind die<br />
„<strong>Internationale</strong>n <strong>Freiwilligendienste</strong> für unterschiedliche Lebensphasen“ (<strong>IFL</strong>) eines von zwei<br />
Projekten, die einen internationalen Dienst anbieten. Damit nehmen sie eine Sonderrolle ein<br />
und dennoch sind sie unverkennbar Teil des Modellprogramms, haben die Freiwilligendienstlandschaft<br />
durch ihr Projekt verändert und können hierfür weitere Impulse geben.<br />
<strong>IFL</strong> kann hinsichtlich mehrer Faktoren als innovativ bezeichnet werden. Zunächst weil sie,<br />
was bislang hinsichtlich (internationaler) <strong>Freiwilligendienste</strong> nur sehr vereinzelt möglich war,<br />
Mittlere und Ältere aufnehmen und entsenden. Gleichzeitig versuchen sie den Vereinbarkeitsproblematiken<br />
dieser Altersgruppen durch kürzere, bisher unübliche Dienste zu begegnen.<br />
Wie das große Interesse an <strong>IFL</strong> von Mittleren und Älteren zeigt, passt ein Freiwilligendienst<br />
nicht mehr nur in junge Biografien, sondern auch zu Übergangssituationen im Alter<br />
oder in biografische Brüche und muss den entsprechenden altersspezifischen Bedürfnislagen<br />
angepasst werden.<br />
Als ebenso innovativ ist auch das Incomingprogramm anzusehen. Incomings können, auch<br />
das zeigt <strong>IFL</strong>, durch ihren anderen kulturellen Hintergrund und durch ihr Engagement in der<br />
Einsatzstelle neue, kritische und interessante Impulse in die deutsche Zivilgesellschaft einbringen.<br />
Ebenso wie Outgoings in ihrem Einsatz und nach ihrer Rückkehr – nicht zuletzt, weil<br />
sie hoch motiviert sind sich weiter zu engagieren – die Zivilgesellschaft akitv mitgestalten.<br />
Diesbezüglich ist insbesondere die Einbindung der Freiwilligen in die Trägerorganisationen<br />
über <strong>IFL</strong> hinaus hervorzuheben. Mit <strong>IFL</strong> wird interkultureller Austausch und globale Verantwortungsübernahme<br />
zum Auftrag aller Generationen.<br />
Kaum ein anderes GüF-Projekt hat neben der Begegnung bzw. des Miteinanders der Generationen,<br />
intergeneratives Lernen so erprobt wie <strong>IFL</strong>. Für das ganze Modellprogramm ist interessant,<br />
dass intergeneratives Lernen initiiert werden muss, und kaum einfach so passiert.<br />
Zudem verweist <strong>IFL</strong> implizit auf Diversity-Thematiken, indem Kultur hinsichtlich Generationen<br />
und Gender reflektiert wird. Andererseits wird deutlich, dass Kultur auf der Folie des Generationenverhältnisses<br />
und Gender leichter fassbar wird.<br />
Neben diesem programmatischen Output, wird durch <strong>IFL</strong> offensichtlich, was vielfältige (internationale)<br />
Kooperationen brauchen, wie sie gelingen können und mit welchen Hindernissen<br />
sie konfrontiert sein können. Beispielhaft sind hierfür der Nutzen wie auch die Schwierigkeiten,<br />
die durch die Diskussion um Trägeridentität und <strong>IFL</strong>-Identität entstehen. Gleichzeitig<br />
zeigt der <strong>IFL</strong>-Trägerverbund durch seine (basis)demokratische Verfasstheit und den damit<br />
einhergehenden Aushandlungsprozessen wie Kooperationen selbst zivilgesellschaftliche<br />
Werte verkörpern können.<br />
Hinsichtlich der Begleitung von Freiwilligen sehen sich die <strong>IFL</strong> mit ähnlichen Problemen konfrontiert,<br />
wie andere GüF-Projekte: der Kontakt zu den Einsatzstellen ist nicht immer einfach,<br />
die Aufgaben der Freiwilligen für alle Seiten zufriedenstellend zu regeln ist eine Herausforderung<br />
wie auch die Abgrenzung von hauptamtlicher Mitarbeit zu (teilweise mit professionellem<br />
Hintergrund ausgeübtem) Freiwilligendienst. Anerkennungskultur wurde im GüF im Gegensatz<br />
zu den <strong>IFL</strong> sehr differenziert realisiert, wovon nun auch die <strong>IFL</strong> profitieren sollten.<br />
<strong>IFL</strong> hat, unter anderem durch die Heterogenität der Träger, eine vielfältige Erprobung und<br />
Ausgestaltung des neuen internationalen <strong>Freiwilligendienste</strong>s wie auch der Kooperation während<br />
der dreijährigen Modellphase zugelassen. Nicht zuletzt durch die Evaluation wurden<br />
Best-Practice-Beispiele, wie auch Bedarfe, Möglichkeiten und Grenzen eines solchen Dienstes<br />
deutlich. Nun muss es darum gehen, die Erfahrungen zu verbindlicheren Standards so<br />
zu verdichten, dass eine <strong>IFL</strong>- und gleichzeitig träger-spezifische Ausgestaltung ermöglicht<br />
wird.<br />
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