Zeit und Frequenz - Geodätisches Observatorium Wettzell
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<strong>Zeit</strong> <strong>und</strong> <strong>Frequenz</strong><br />
Ulrich Schreiber, Urs Hugentobler<br />
Begutachtung der FGS: 23.-25. Juni 2010
Vorbetrachtungen<br />
In der Physik wird <strong>Zeit</strong> als Ordnungsparameter aufgefaßt. So kann<br />
Ereignissen diskrete Epochen zugeordnet werden.<br />
Es handelt sich dabei um eine streng monoton wachsende Größe<br />
(eindeutige Zählrichtung).<br />
Daher kann eine Uhr als technische Realisierung dieses Parameters<br />
verstanden werden. Sie besteht aus den Gr<strong>und</strong>elementen:<br />
Oszillator - Zähleinheit - Anzeige<br />
Uhren zeigen die Eigenschaften der Anwendungsumgebung objektiv.<br />
Es gibt in der Natur keine offensichtliche <strong>Zeit</strong>skala <strong>und</strong> auch kein<br />
offensichtliches Uhrenkonzept.
Vorbetrachtungen<br />
In der SRT hängt die <strong>Zeit</strong> vom Bezugssystem <strong>und</strong> nicht von der Uhr ab.<br />
Mit der ART kommt das Gravitationspotential hinzu.<br />
Konsequenz: Bei der <strong>Zeit</strong>messung (bzw. Uhrenvergleich) spielt die<br />
Geometrie eine wesentliche Rolle. Geodäsie liefert hier wichtige Beiträge
Periodische wiederkehrende Vorgänge sind für die <strong>Zeit</strong>messung<br />
besonders geeignet. Beispiel harmonischer Oszillator:<br />
x + ω 2 x = 0 x = asin(ωt + φ)<br />
natürliche Uhrenoszillatoren:<br />
Planetenbewegung (ET), Pulsare<br />
Erdrotation (gestört)<br />
Praktische Uhrenoszillatoren:<br />
Übergänge, Rotationen, Vibrationen in Atomen<br />
PSR J0737-3039A and B<br />
Periode (ms): 22.6993785566 (1)<br />
Beschleunigung (10 -18 ): -1.74 (5)<br />
Präzision der <strong>Zeit</strong>skala ≈ 100 ns/y<br />
Bedeutung: Langzeitstab. (> 10 y)
Entwicklung der Uhrenqualität<br />
Fehler in s pro y<br />
10 -9<br />
10 -6<br />
10 -3<br />
1<br />
10 3<br />
Mechanische Uhren<br />
Quartzuhren<br />
Atomuhren<br />
Irregularität<br />
in der<br />
Erdrotation<br />
10 6<br />
1400 1500 1600 1700 1800 1900 2000<br />
Abb.: C. Lämmerzahl, ZARM
Beispiele für Kurzzeitstabilität aktueller<br />
Uhren<br />
Relative <strong>Frequenz</strong>instabilität<br />
10 -10<br />
10 -11<br />
10 -12<br />
10 -13<br />
10 -14<br />
10 -15<br />
RAFS (GALILEO)<br />
SPHM (GALILEO)<br />
ACES/PARCS (ISS)<br />
SHM (ISS)<br />
Single Ion Optical<br />
Clocks (PTB, NIST)<br />
Rb cell, lamp<br />
Rb or Cs cell, laser<br />
H-maser, passive<br />
H-maser, active<br />
Linear Ion Trap Standard (JPL)<br />
10 -16 10 0 10 1 10 2 10 3 10 4 10 5 10 6 10 7<br />
<strong>Zeit</strong>interval [s]<br />
Divergenz der TDEV zeigt Drift in den<br />
Betriebsparametern der Uhrenkonzepte<br />
Abb.: C. Lämmerzahl, ZARM
Fehlermodell für Uhren<br />
fi(t) = fI + Δ f + f(t – t0) + f(t)<br />
Δ f<br />
f<br />
f(t)<br />
: konstanter <strong>Frequenz</strong>fehler (Bias)<br />
: <strong>Frequenz</strong>drift<br />
: zufälliger <strong>Frequenz</strong>fehler<br />
t i = T i (t 0 ) + R i (t – t 0 ) + D i<br />
2 (t – t 0) 2 t<br />
+ y(t) dt<br />
t 0<br />
T i (t 0 )<br />
: konstanter <strong>Zeit</strong>fehler (Bias)<br />
Da y(t) zufällig, im Mittel kein Beitrag<br />
Fehlerkorrektur durch Polynom vom<br />
Grad 2<br />
R i<br />
D i<br />
y(t)<br />
: Drift<br />
: quadratischer Term (Altern der Uhr)<br />
: zufälliger relativer <strong>Frequenz</strong>fehler
Die <strong>Zeit</strong> ist die bestbestimmte Einheit!<br />
Streckenmessung wird als <strong>Zeit</strong>messung realisiert<br />
Bedingung: Konstanz der Lichtgeschwindigkeit<br />
m<br />
A<br />
Dies begründet die Methoden der<br />
geodätischen Raumverfahren<br />
s<br />
SI<br />
Einheiten<br />
mol<br />
cd<br />
kg<br />
K<br />
Alterung?
<strong>Zeit</strong> im SLR/LLR<br />
x<br />
tx<br />
τ<br />
opto-elektronische Delays<br />
t0<br />
t1<br />
t2<br />
Meteomodell<br />
Messung<br />
<strong>Frequenz</strong> geht in die Laufzeit (Maßstab)<br />
<strong>Zeit</strong> geht in die Epoche (µs) <strong>und</strong> wirkt<br />
mit der Bahngeschwindigkeit des Sat.<br />
Hauptprobleme: (1) Unsymmetrie zwischen<br />
Detektion Signal <strong>und</strong> Calibration<br />
(2) Reduktion auf Massenzentrum am Sat.
<strong>Zeit</strong> bei Transponderanwendungen<br />
t2,0<br />
t2,1<br />
<strong>Zeit</strong>skala 2<br />
τ off<br />
τ<br />
<strong>Zeit</strong>skala 1<br />
t1,0 t1,1<br />
t1,2<br />
t 2,1<br />
= t 1,0<br />
− τ off<br />
+ x c + τ 2,1<br />
Geometrie<br />
Synchronisation von räumlich getrennten <strong>Zeit</strong>skalen:<br />
T2L2, ELT <strong>und</strong> AltiDemon
Uhrenvergleich zwischen WLRS <strong>und</strong> Jason 2<br />
Quelle: Samain et al. „Time Transfer by Laser Link T2L2 first results“;<br />
IEEE Xplore ID: 5168168 (2009)
Gro<strong>und</strong>-Based Demonstration of the European<br />
Laser Timing (ELT) Experiment*<br />
ELT ist Teil von ACES auf ISS<br />
Raumsegment in Fertigung (EADS)<br />
Analysezentrum bei FESG (in Planung)<br />
* Schreiber et al. IEEE (TUFFC), 2010
Altimetry and transponder gro<strong>und</strong> simulation experiment*<br />
tB1<br />
tB2<br />
<strong>Zeit</strong>skala 2<br />
<strong>Zeit</strong>skala 1<br />
τ<br />
R = c 2 (t BA + t AB ) = c 2 [(t A2 – t A1 ) + (t B2 – t B1 )]<br />
τ = [(t A2 – tA1) – (tB2 – tB1)]<br />
2 (1 + R c )<br />
tA1<br />
tA2<br />
Quelle: Degnan, JoG, (2002)<br />
* Schreiber et al. Planetary and Space Science, (2009)
Nach T2L2 ist die Einwegstreckenmessung zur<br />
Orbitverbesserung des LRO angewendet worden
WLRS @ LRO
Echo<br />
Computation<br />
weak signal<br />
Bodenecho:<br />
Apogäum<br />
"Assumed<br />
Orbit"<br />
A<br />
Rangegate<br />
B<br />
strong signal<br />
Bodenecho:<br />
Perigäum<br />
Im Rahmen der zuvor gezeigten Studien ist noch ein Simulatorwerkzeug<br />
für SLR, Laseraltimetrie <strong>und</strong> Transponder entstanden.<br />
Pulsbreite als Funktion der<br />
Terrainstruktur
<strong>Zeit</strong> in der VLBI<br />
Antenne<br />
Horn<br />
Polarisator<br />
Pcal<br />
Empfänger<br />
sin<br />
=<br />
c( + + )<br />
x atm sys<br />
D<br />
Synthesizer<br />
Mischer<br />
Kalibration<br />
Maser<br />
Betriebsgebäude<br />
ZF-Verteiler<br />
BBC BBC ...<br />
ADC Format<br />
Speicher<br />
Ein VLBI-Empfangssystem stellt ein Einweg-<br />
Messverfahren dar.<br />
Alle Delays im System müssen konstant oder<br />
bestimmbar sein.<br />
Anforderung: ca. 5 ps/mm (el. Leitung)
<strong>Zeit</strong> in der VLBI<br />
Antenne<br />
Horn<br />
Epochenfehler gehen bei der Aufzeichnung<br />
der Beobachtungen als (variables?) Delay ein.<br />
Pcal<br />
Polarisator<br />
Empfänger<br />
<strong>Frequenz</strong>fehler an den Mischern reduzieren<br />
den Kontrast (Kohärenzbedingung < 10 -14 ).<br />
Synthesizer<br />
Mischer<br />
Delays aus Kabel <strong>und</strong> Elektronik werden<br />
durch Kalibration (PCAL) partiell! erfaßt.<br />
Kalibration<br />
ZF-Verteiler<br />
BBC BBC ...<br />
Maser<br />
ADC Format<br />
Betriebsgebäude<br />
Speicher
<strong>Zeit</strong> in der VLBI<br />
Epochenfehler, atmosphärische Delays <strong>und</strong> elektronische Delays sind miteinander<br />
hoch korreliert <strong>und</strong> bislang nicht eindeutig trennbar.<br />
Die <strong>Zeit</strong>skalen der Observatorien sind bestenfalls im Bereich von 100 ns realisiert.<br />
<strong>Zeit</strong> <strong>und</strong> Geometrie auf den Stationen sind nur in Ansätzen verknüpft. Eine<br />
Synchronisation der <strong>Zeit</strong>skalen erfolgt bislang nur per GNSS.<br />
Neue Möglichkeiten können sich durch Verbindung von räumlich getrennten VLBI<br />
Systemen über <strong>Frequenz</strong>synchronisation per “kompensierter” Glasfaser (SYRTE,<br />
PTB, MPI, Uni-H.) ergeben.<br />
Dann spielt die Uhr keine Rolle mehr...<br />
Dazu müssen die lokalen Delays auf neue Beine gestellt werden, um die Messfehler<br />
ursächlich korrekt zuzuordnen (Atmosphäre <strong>und</strong> Apparatur).
<strong>Zeit</strong> bei den GNSS Verfahren<br />
Die GNSS Messungen sind ebenfalls Einweg-Messungen <strong>und</strong> hängen von daher von<br />
der Uhrensynchronisation zwischen Sender <strong>und</strong> Empfänger ab.<br />
Es gelten gr<strong>und</strong>sätzlich die gleichen Fehlerquellen wie bei der VLBI<br />
Durch häufige Uhrenschätzung wird dieses Manko ausgeglichen, aber auch hier<br />
besteht keine eindeutige Zuordnung zu den Ursachen. (Uhrenstand <strong>und</strong> Refraktion<br />
sind hoch korreliert.) Bessere Uhren im Satelliten liefern hierzu neue Ansatzpunkte,<br />
wie die Giove-B Messungen mit dem CONGO Netz zeigen.*<br />
*Siehe Beitrag P. Steigenberger, Freitag
Langfristiger Ausblick<br />
Bei voranschreitender Steigerung der Genauigkeiten kann man eine<br />
F<strong>und</strong>amentalstation nicht mehr als homogenes Gebilde ansehen. Die<br />
einzelnen Messsysteme befinden sich dann auf unabhängigen Weltlinien,<br />
die durch geeignete Methoden dann synchronisiert werden müssen.
Was wäre wenn wir morgen eine langzeitstabile optische Uhr<br />
mit ∆f/f = 10 -18 in <strong>Wettzell</strong> zur Verfügung hätten?<br />
SLR: Hauptfehlerbeitrag liegt in der begrenzten Bandbreite der<br />
Start/Stop- Detektion <strong>und</strong> Reflektorstruktur<br />
VLBI: Hauptfehler liegt in den lokalen Delays <strong>und</strong> der Meteorologie<br />
GNSS: Satellitenuhr <strong>und</strong> Meteorologie<br />
Aber wenn ein Netz von Stationen mit dieser Genauigkeit synchronisiert<br />
werden kann (am Boden <strong>und</strong> im Raum), dann wäre ein<br />
substantieller Fortschritt erzielt.<br />
kompensierte Faserstrecke, optische <strong>Zeit</strong>übertragung, präzise<br />
Satellitenuhr