STUDIOSZENE DEUTSCHLAND
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STORY<br />
<strong>STUDIOSZENE</strong> <strong>DEUTSCHLAND</strong><br />
Media-Atelier, Mainz<br />
Produktion, digitaler Bildschnitt, Editing in 2D/3D, Compositing und Farbkorrektur stehen beim Mainzer Full-Service-Dienstleister Media-Atelier seit<br />
1997 gleichermaßen im Fokus. Musikproduktion und Synchronisation kommen in zwei hauseigenen Tonstudios nicht zu kurz.<br />
Full-Service für Bild und Ton<br />
Media-Atelier in Mainz<br />
TEXT & FOTOS: JÖRG KÜSTER<br />
28 STORY <strong>STUDIOSZENE</strong> D SOUND & RECORDING 03/15
Die Worte sprudeln aus Mark Fischer heraus:<br />
Damals, als Bassist − der erste Vierspur-Cassettenrecorder,<br />
die Tasteninstrumente als Erweiterung<br />
des musikalischen Spektrums, der<br />
vielversprechende Major-Deal für Eurodanceund<br />
Techno-Titel. Ein Atari 1040ST als ab Werk<br />
MIDI-fähige Sequenzer-Hardware. Kurz danach<br />
der unaufhaltsame Aufstieg eines Systems,<br />
das heute rund um den Globus als Profi-<br />
DAW etabliert ist und unter der Bezeichnung<br />
»Sound Tools« − seinerzeit sensationell! − den<br />
digitalen Schnitt von Stereofiles auf einem<br />
Mac erlaubte.<br />
MUSIC & BUSINESS<br />
Die Arbeit in einem Musikinstrumentenfachgeschäft<br />
brachte für Mark Fischer, der heute<br />
Inhaber und Geschäftsführer der Media-<br />
Atelier GmbH ist, nicht nur die intensive<br />
Beschäftigung mit neuestem Equipment,<br />
sondern auch zahlreiche Support-Einsätze in<br />
der seinerzeit noch blühenden deutschen<br />
Tonstudiolandschaft mit sich. Den Umbruch<br />
von der analogen zur digitalen Audiotechnik<br />
erlebte Fischer in allen Facetten hautnah<br />
mit: »Da ich die Systeme verkauft habe,<br />
musste ich sie schließlich auch bedienen<br />
Ist reines Audio-Editing gefragt, steht im<br />
Obergeschoss des Mainzer Media-Ateliers<br />
eine kleine Suite mit einer sinnvollen<br />
Basisausstattung zur Verfügung. DAW der<br />
Wahl ist auch hier Pro Tools, das mit einer<br />
Avid Mbox betrieben wird. Sein persön -<br />
liches Musik- und Mischrefugium (Bild<br />
links) mit jeder Menge Soft- und Hardware<br />
hat Mark Fischer (www.mark-fischer.<br />
org) in einem Nebenflügel des ländlichen<br />
Gebäudeensembles eingerichtet. Die<br />
Akustik wurde hier von der concept-A<br />
GmbH gestaltet.<br />
SOUND & RECORDING 03/15<br />
<strong>STUDIOSZENE</strong> D STORY 29
Die Technik im Mainzer Media-Atelier ist sowohl für zeitgemäße Video- als auch für anspruchsvolle Audioproduktionen<br />
ausgelegt. Der umgebaute Bauernhof bietet eine angenehme Arbeitsatmosphäre.<br />
01 02<br />
03 04<br />
05 06<br />
01 Im großen Tonstudio kann<br />
in 5.1-Surroundsound produziert<br />
werden. Pro Tools ist komfortabel<br />
mithilfe einer C-24-<br />
Mischkonsole zu bedienen.<br />
02 Konzentrierte Arbeit in<br />
einer Edit-Suite. Im Hintergrund:<br />
Film-Editor Lodur Tettenborn<br />
03 Mark Fischer<br />
04 Die Kabine für Sprachaufnahmen<br />
grenzt an das große<br />
Tonstudio an.<br />
05 Im Maschinenraum zwischen<br />
den Edit-Suiten sind hinter ei -<br />
ner Glastüre mannshohe 19"-<br />
Racks zu erkennen.<br />
06 Blick in eine Edit-Suite<br />
30 STORY <strong>STUDIOSZENE</strong> D SOUND & RECORDING 03/15
können ...«, lautet seine unmittelbar einleuchtende<br />
Aussage.<br />
In einem großen Tonstudio mit analoger<br />
Neve-Konsole wurde Fischer regelmäßig tä -<br />
tig, nachdem er den Eigentümer von seinen<br />
Mischkünsten überzeugen konnte. Auf dem<br />
Programm standen vorrangig Filmmischungen,<br />
welche den engagierten Tontechniker<br />
mit lediglich acht Audiospuren kaum forderten,<br />
allerdings äußerst attraktiv vergütet wurden.<br />
»Irgendwie waren Aufnahme und Produktion<br />
von Musik im Gegensatz dazu oft<br />
eine Art Sponsoring«, merkt Mark Fischer<br />
rückblickend nachdenklich an. »Mit Musik<br />
war selten richtig Geld zu verdienen, und gelegentlich<br />
konnte man froh sein, wenn alle<br />
Kosten gedeckt waren.«<br />
Mehr oder weniger durch Zufall fanden<br />
von Fischer komponierte Musikstücke Zugang<br />
zu Filmen und zum ZDF, und schon bald folgten<br />
erste Kompositionsaufträge für Dokumentationen<br />
und Corporate-Filme. Der C-Lab<br />
Unitor (»Nicht an der schwarzen Kiste wackeln!«<br />
Reifere Leser erinnern sich ...) wurde<br />
erfolgreich zur SMPTE-Verkoppelung eines<br />
Atari ST mit einem VHS-Recorder (für jüngere<br />
Leser: ein bandbasiertes Consumer-Videoformat)<br />
herangezogen.<br />
Viel ist in den vergangenen Dekaden<br />
passiert, und Mark Fischer steht inzwischen<br />
kurz vor Vollendung des halben Jahrhunderts.<br />
Gemeinsam mit Film-Editor Lodur Tettenborn<br />
leitet er die Media-Atelier GmbH mit<br />
Sitz in einem Vorort von Mainz (www.mediaatelier.tv).<br />
Ein ehemaliger Bauernhof trägt<br />
nach einem umfassenden Umbau im Jahr<br />
2010 viel zum besonderen Charme des Firmensitzes<br />
bei − die Berliner Atelier-Dependance<br />
»Sense Music & Media« (www.sensemusic.de)<br />
kann nicht mit einem derart pittoresken Ambiente<br />
aufwarten.<br />
AUDIO<br />
In Mainz führt der Weg vom kopfsteingepflasterten<br />
Innenhof in einen großzügig dimensionierten<br />
Eingangsbereich, in den von vielen<br />
Seiten Tageslicht einfällt. Die Verbindung aus<br />
alter Bausubstanz und betont modernem Interieur<br />
springt sofort ins Auge, und selbst -<br />
verständlich beinhaltet das Entree auch eine<br />
Vitrine, in welcher Arbeitsproben und Auszeichnungen<br />
(u. a. Green Screen Award 2014<br />
für die beste Post-Production) ausgestellt<br />
sind.<br />
Rechter Hand ist das durch die mbakustik<br />
GmbH gestaltete Tonstudio zu finden, in<br />
welchem auf einer Grundfläche von 35 m 2 in<br />
5.1-Surroundsound produziert werden kann.<br />
Abgehört wird in diesem Zusammenhang<br />
über auf den Raum eingemessene Opal-Lautsprecher<br />
von Event Electronics. Als DAW<br />
kommt nicht ganz unerwartet Pro Tools HD<br />
zum Zuge, dass mithilfe einer C-24-Mischkonsole<br />
komfortabel zu bedienen ist. Obwohl<br />
im Outboard-Rack ein Lexicon PCM90 sein<br />
Dasein fristet, kommen in aller Regel rechnerinterne<br />
Effekte zum Zuge. Hoch im Kurs stehen<br />
u. a. die Oxford-Plugins von Sony.<br />
An das Tonstudio grenzt ein separater<br />
Raum für Sprach- und Gesangsaufnahmen<br />
an. Das Mikrofon wird passend zur jeweiligen<br />
Aufgabe gewählt und entstammt oft den<br />
Portfolios von Brauner, Neumann, Microtech<br />
Gefell oder Audio-Technica. Als Vorverstärker<br />
stehen ein SPL Channel One, ein Focusrite<br />
ISA Two, zwei Neve-Preamps und zwei TL<br />
Audio VP-2051 aus der Indigo-Serie zur Verfügung.<br />
Die Kompression erledigt, sofern gewünscht,<br />
ein Urei 1178; als Wandler wird ein<br />
Digidesign 192 I/O bemüht.<br />
VIDEO<br />
Eine halbe Treppe höher sind vier Avid-Schnittplätze<br />
in vier Räumen untergebracht. Zwei<br />
große Avid Symphony mit Nitris DX sowie<br />
zwei Media Composer ermöglichen zum individuellen<br />
Kundenbudget passende Angebote.<br />
Produziert wird von HD-Auflösung bis 4K. Als<br />
eines der wenigen Studios im Umkreis verfügt<br />
das Media-Atelier über HDCAM-SR.<br />
Im Maschinenraum zwischen den Edit-<br />
Suiten sind hinter einer Glastüre mannshohe<br />
19"-Racks zu erkennen, in welchen sich beachtliche<br />
Werte versammeln: DVCPRO/DVC -<br />
PRO-HD, Digibeta, Sony BVW-75 P und DVW-<br />
510P teilen sich die Schränke mit Sony Trinitron-Monitoren<br />
und HP-Workstations.<br />
Die teuren Maschinen werden auch im<br />
Zeitalter digitaler Filetransfers benötigt, um<br />
sämtliche Kundenwünsche erfüllen zu können.<br />
Die Auslagerung in einen separaten<br />
Raum sorgt dafür, dass in den eigentlichen<br />
Arbeitsräumen Ruhe herrscht. Selbstverständlich<br />
sind alle Suiten und die Tonstudios<br />
miteinander vernetzt, und falls es erforderlich<br />
sein sollte, kann in allen vier Schnittstudios<br />
simultan an einem Avid-Projekt gearbeitet<br />
werden − beispielsweise wenn Fernsehsender<br />
mehrere Redakteure mit unterschiedlichen<br />
Teilen eines Beitrags betrauen. Im Hintergrund<br />
wird in diesem Zusammenhang der<br />
Unity MediaServer als leistungsstarkes SAN<br />
aktiv.<br />
FULL SERVICE<br />
Der Sitz des ZDF befindet sich in der Nähe des<br />
Studios, aber auch Mitarbeiter anderer Sender<br />
geben sich in der »Finther Scheier« die<br />
Klinke in die Hand. »Für TV-Anstalten übernehmen<br />
wir viele Brot-und-Butter-Jobs wie<br />
beispielsweise die Synchronisation von Beiträgen<br />
und Dokumentationen«, berichtet<br />
Mark Fischer. »Oft geht es in diesem Zusammenhang<br />
um reine Sprachaufnahmen und<br />
Mischungen, aber selbstverständlich verfügen<br />
wir auch über eine umfangreiche Sound-<br />
Library. Geräuschemacher können ihre Kunst<br />
auf einer Foley-Stage im ausgebauten Kellergewölbe<br />
unseres Anwesens ausüben.«<br />
Das Sounddesign für renommierte Agenturen<br />
bzw. die durch sie vertretenen Unternehmen<br />
steht in Mainz ebenfalls auf der<br />
Agenda. Ein wichtiger Kunde ist die Deutsche<br />
Telekom, für welche unter anderem die Produktion<br />
von »Slices − The Electronic Music<br />
Magazine« sowie die Dokumentation der<br />
Konzertreihe »Electronic Beats« übernommen<br />
wird. Im Bereich Musik ist insbesondere<br />
die Berliner Dependance aktiv, welche sowohl<br />
Shows als auch Interviews mit Künstlern<br />
von den Pet Shop Boys über Yello und<br />
Scooter bis hin zu Milky Chance in Bewegtbild<br />
und Ton aufzeichnet. Mark Fischer mietet<br />
in diesem Zusammenhang mitunter einen<br />
Ü-Wagen für die mobile Mehrspuraufzeichnung.<br />
Nicht selten wird die Audiomischung<br />
direkt vor Ort erstellt, wenn das Geschehen<br />
von einem weiteren Ü-Wagen live ins Internet<br />
gestreamt wird.<br />
Die vier Schnittplätze sowie die beiden<br />
Tonstudios des Mainzer Media-Ateliers sind<br />
gut ausgelastet − fünf fest angestellte Mit -<br />
arbeiter, ein junger Auszubildender und die<br />
beiden Geschäftsführer können nicht über<br />
einen Mangel an Beschäftigung klagen. »Wir<br />
sind flexibler und kostengünstiger als die internen<br />
Studios der TV-Sender!«, weiß Mark<br />
Fischer − fraglos eine gute Grundlage, um<br />
auch in Zeiten sinkender Produktionsbudgets<br />
weiterhin erfolgreich am Markt agieren zu<br />
können.<br />
Mehr Infos unter www.media-atelier.tv n<br />
SOUND & RECORDING 03/15<br />
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