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GESCHEITERTE INNOVATIONSPROJEKTE

Eine Betrachtung von Ursachen und Gegenmaßnahmen gescheiterter Innovationsvorhaben auf empirischer wie theoretischer Basis

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<strong>GESCHEITERTE</strong><br />

<strong>INNOVATIONSPROJEKTE</strong><br />

EINE BETRACHTUNG VON URSACHEN UND GEGENMAßNAHMEN <strong>GESCHEITERTE</strong>R<br />

INNOVATIONSVORHABEN AUF EMPIRISCHER WIE THEORETISCHER BASIS


Seminararbeit<br />

Thema<br />

Gescheiterte Innovationsprojekte<br />

Eine Betrachtung von Ursachen und Gegenmaßnahmen gescheiterter<br />

Innovationsvorhaben auf empirischer wie theoretischer Basis<br />

(Innovationsflops)<br />

Fachbereich<br />

Ingenieurwissenschaften<br />

Studiengang<br />

Wirtschaftsingenieurwesen<br />

Modul<br />

11 / Industrial Engineering I<br />

Lehrveranstaltung<br />

Forschungs- und Entwicklungsmanagement<br />

Dozent<br />

Dr. rer. pol. Christoph Brodhun<br />

Verfasser<br />

Jan Amelong<br />

iqw39087<br />

jan.amelong@stud.fh-nordhausen.de<br />

Benjamin Rasehorn<br />

iqw21367<br />

benjamin.rasehorn@stud.fh-nordhausen.de<br />

Abgabedatum 18.02.2015


I<br />

Inhalt<br />

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis<br />

II<br />

1 Einleitung und thematische Motivation 1<br />

2 Quantitative Ausgangslage 1<br />

3 Begriffliche Abgrenzungen 2<br />

3 1 Die Innovation 2<br />

3 2 Der Innovationsflop 2<br />

4 Gründe und Gegenmaßnahmen für gescheiterte Innovationen 3<br />

4 1 Systematisches Vorgehen 3<br />

4 2 Managementtheoretische Dimensionen des Scheiterns 3<br />

4 3 Fallstudien 5<br />

4 4 Auswertung der Fallstudien 7<br />

5 Zusammenfassung und Theorie des Scheiterns 10<br />

6 Literaturverzeichnis 12<br />

7 Anhang 13


II<br />

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis<br />

Abbildung 1: Zweiteilung des Innovationsprozesses 13<br />

Abbildung 2: Top 20 R&D Spenders worldwide 13<br />

Abbildung 3 CL-Aktie im Vgl. zum MDax 15<br />

Grafik 1: Logo Cargolifter AG 14<br />

Grafik 2: CL-75 "AirCrane" vor Werfthalle 14<br />

Grafik 3: Lage der Cargolifter Werfthalle in Brand / Brandenburg 14<br />

Grafik 7: Skyship 600 "Charly" 14<br />

Grafik 5: Computergrafik des CL160 14<br />

Grafik 6: CargoLifter Werfthalle 14<br />

Grafik 4: Versuchsluftschiff "Joey" 14<br />

Grafik 8: Transrapid 15


1 Einleitung und thematische Motivation<br />

Gerade in Zeiten zunehmenden internationalen Wandels gewinnt der Innovationsdruck auf Unternehmen<br />

zunehmend an Bedeutung. Insoweit ist es nicht mehr ausreichend, bestehende Aktivitäten qualitativ und<br />

quantitativ bestmöglich durchzuführen, sondern es besteht der Bedarf innovativer Neuschöpfungen. 1 Dieser<br />

Bedarf ist insbesondere in solchen Volkswirtschaften ausgeprägt, welche sich durch hohe Löhne auszeichnen.<br />

2<br />

Die Rechtfertigung solcher Hochlohnvolkswirtschaften, zu denen zweifelsohne auch Deutschland zu zählen<br />

ist, ergibt sich demnach auch aus ihrer besonderen Innovationsstärke.<br />

Regelmäßig bieten Innovationsprojekte vielfältige unternehmerische Chancen, mit welchen jedoch auch<br />

immer Risiken verbunden sind. Das weitreichendste Risiko besteht indes darin, dass ein Innovationsprojekt<br />

scheitert.<br />

Insbesondere zeigt das Finanzvolumen, welches in Innovationsprojekte fließt, die finanziellen Risiken eines<br />

Scheiterns. Besonders deutlich wird diese Problematik etwa bei solchen Unternehmen, die eine geringe Diversifikation<br />

aufweisen, sich daher auf wenige Projekte verlassen und somit auf deren Erfolg besonders angewiesen<br />

sind. Gerade bei derartig aufgestellten Unternehmen kann das Scheitern eines Innovationsprojektes<br />

in eine existenzbedrohenden Situation münden.<br />

Im Lichte des vorangegangenen Problemaufrisses ist es der Anspruch der nachfolgenden Ausarbeitung,<br />

Gründe und Gegenmaßnahmen von gescheiterten Innovationen aufzuzeigen und zu beleuchten. Hierbei wird<br />

insbesondere angestrebt, über bisherige, in der Wissenschaft verfasste empirische Erkenntnisse hinaus, ein<br />

theoretisches Modell des Scheiterns zu konzipieren. Ferner sollen die gefundenen Erkenntnisse an zwei Praxisbeispielen<br />

illustriert werden.<br />

2 Quantitative Ausgangslage<br />

Das Investitionsvolumen in Innovationsvorhaben wird greifbar in aktuellen Zahlen von Strategy&, einer internationalen<br />

Strategieberatung und Teil des PricewaterhouseCoopers-Firmennetzwerkes. Weltweit wurden die<br />

1000 größten Unternehmen des Jahres 2014 erfasst. Die Top 20 mit den höchsten Forschungs- und Entwicklungsausgaben<br />

wiesen ein kumuliertes Investitionsvolumen von ca. 165 Milliarden US-Dollar auf, was einem<br />

durchschnittlichen Anteil von acht Prozent am Unternehmensumsatz ausmachte. 3 In der Summe aller untersuchten<br />

Unternehmen ergaben sich 647 Milliarden US-Dollar Investitionssumme im F&E-Sektor. 4<br />

Den genauen Prozentsatz der fehlgeschlagenen Innovationsprojekte zu ermitteln, ist nahezu unmöglich. Es ist<br />

lediglich die Tendenz zu erkennen, dass ein Großteil der Projekte fehlschlägt. So berichtet Bauer 5 2014 in<br />

einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung von 80 bis 90 Prozent Misserfolgen bei Innovationsversu-<br />

1 Wahren Heinz-Kurt, Erfolgsfaktor Innovationen, S. 1 ff.<br />

2 Wahren Heinz-Kurt, Erfolgsfaktor Innovationen, S. 2.<br />

3 siehe Anhang, S. 13, Abbildung 2.<br />

4 Jaruzelski Barry/ Staack Volker/ Goehle Brad, Global Innovation 1000: Proven Paths to Innovation Success, S. 5.<br />

5 Professor am Fachbereich Technik-Geschichte der Universität Stuttgart.<br />

1


chen. 6 Im Jahr 2010 schätzte er ferner in einem Artikel des Handelsblatts die Rate der gescheiterten Innovationen<br />

auf 85 Prozent. 7 Die Forbes Incorporated geht in einem Artikel desselben Jahres gar von einer Rate<br />

von 95 Prozent Flops aus, basierend auf Erhebungen des Marktforschungsinstitutes AcuPOLL. 8<br />

Zusammenfassend bleibt demnach festzuhalten, dass jährlich weltweit ein hoher dreistelliger Milliardenbetrag<br />

an Investitionssummen verloren geht, weil initiierte Innovationen fehlschlagen.<br />

3 Begriffliche Abgrenzungen<br />

3 1 Die Innovation<br />

Um den Begriff Innovationsflop eingrenzen zu können, ist eine genaue Bestimmung des weit gefassten<br />

Schlagwortes Innovation unabdingbar. Der allgemeine Ansatz von Hauschildt und Salomo, Innovationen als<br />

"[...] qualitativ neuartige Produkte oder Verfahren, die sich gegenüber einem Vergleichszustand 'merklich'<br />

[...] unterscheiden" 9 zu betrachten, reicht in diesem Fall nicht aus. In der Literatur existieren zur Konkretisierung<br />

des Begriffs verschiedene Denkansätze, welche ihre Definition aus der Art der jeweiligen Innovation<br />

beziehen. 10<br />

Grundlage dieser Arbeit soll nun Rickards Auslegung darstellen, der Innovationen als eine neuartige Kombination<br />

von Zweck und Mitteln herausstellt: "Innovation is a process ... is the process of matching problems<br />

(needs) [Nachfrage, B.R.] of systems with solutions [Technologie, B.R.] which are new and relevant to those<br />

needs ... ." 11 Gemäß diesem Ansatz entsteht eine Zweck-Mittel-Beziehung, wobei die (neuartigen) Zwecke<br />

durch die Nachfrage und die (neuartigen) Mittel durch die Technologie offeriert werden. 12<br />

3 2 Der Innovationsflop<br />

Ein Innovationsflop ist somit das Scheitern einer so definierten Innovation, einer "Niete". Dieser Flop kann<br />

verschiedene Ausprägungen annehmen und sich vom vollständigen Misserfolg, über den teilweisen bis zum<br />

vermeintlichen (eventuell bis heute falsch eingeschätzten) Misserfolg erstrecken und dabei in den verschiedenen<br />

Phasen der Innovation eintreten. 13<br />

Auch die Phasen der Innovation sind in der Literatur unterschiedlich definiert und herausgestellt. Grundlage<br />

dieser Ausarbeitung soll ein zweiteiliger Innovationsprozess nach Gassmann und Sutter sein. Dieser setzt sich<br />

zusammen aus der sogenannten Wolken- und der anschließenden Bausteinphase. 14<br />

6 Hauck Mirjam, Was Nutzer nicht mögen.<br />

7 Knauß Ferdinand, Wie Innovationen entstehen.<br />

8 Burkitt Laurie, Brand Flops: Ford, GE, Coca-Cola Know Hype Can Hurt New Products.<br />

9 Hauschildt Jürgen/ Salomo Sören, Innovationsmanagement, S. 4.<br />

10 Hauschildt Jürgen/ Salomo Sören, Innovationsmanagement, S. 6 f.<br />

11 Rickards Robert, 1985, S.10 f., S.28 f.; zitiert nach Hauschildt Jürgen/ Salomo Sören, Innovationsmanag., S. 6.<br />

12 Hauschildt Jürgen/ Salomo Sören, Innovationsmanagement, S. 4 f.<br />

13 Schlick Gerhard, Innovationen A-Z, S. 14.<br />

14 Gassmann Oliver/ Sutter Philipp, Praxiswissen Innovationsmanagement, S. 45.<br />

2


Die Wolkenphase (die Kreativphase des Prozesses) wird zu Beginn in die Elemente Suchfeldanalyse, Produktportfolio<br />

und Kernkompetenzen unterteilt, aus welchen die eigentliche Business Idee resultiert. Das Ergebnis<br />

der Wolkenphase stellt der Business Case dar, die finale Grundlage für den Investitionsentscheid.<br />

In der Bausteinphase (der Disziplinphase) steht das Prozessmanagement im Vordergrund und der Innovationsprozess<br />

wird stärker strukturiert. In dieser Phase wird vermehrt die Geschäftsführung eingebunden, sowie<br />

das Controlling. Es wird ein Systemdesign festgelegt, worauf die Realisierung und die Kompetenzentwicklung<br />

folgen. Auch Marketingmaßnahmen und der eigentliche Entwicklungsprozess müssen abgeschlossen sein,<br />

bevor die Serien- und Markteinführung starten kann. Am Ende der Bausteinphase steht die Produktpflege.<br />

Diese Strukturierung der einzelnen Prozesse der Bausteinphase soll die Innovationsrate erhöhen, nicht je-<br />

15 16<br />

doch den Innovationsprozess behindern oder bürokratisieren.<br />

4 Gründe und Gegenmaßnahmen für gescheiterte Innovationen<br />

4 1 Systematisches Vorgehen<br />

Kernstück dieser Bearbeitung ist die Beleuchtung der Gründe, die zu einem Scheitern des Innovationsprojektes<br />

führen können, sowie etwaige Gegenmaßnahmen. Problematisch ist jedoch, dass es sich weder bei Innovationen<br />

noch bei den Gründen für deren Scheitern um ein homogenes Feld handelt, welches eine einheitliche<br />

Bewertung zuließe. 17 Würde eine solche Bewertung unbeschadet dieser Erkenntnis erfolgen, so wäre<br />

dies lediglich auf hohem Abstraktionsgrad mit entsprechend geringem Erkenntniswert möglich. Aus diesem<br />

Grund widmet sich diese Bearbeitung insbesondere industrietechnologischer Leuchtturmprojekte, welche<br />

mit hohem finanziellen Entwicklungsaufwand einhergehen. Ausgenommen werden somit etwa Dienstleitungs-<br />

und Finanzinnovationen wie auch solche, die Alltagsgüter betreffen. Beispielhafte Projekte wären<br />

demgegenüber etwa der Transrapid, der Airbus 380 oder der Cargolifter.<br />

Des Weiteren sollen die Ursachen für das Scheitern anhand des F&E Managementprozesses herausgearbeitet<br />

werden. Mithin werden also verschiedene Risikofaktoren betrachtet, welche zu einem Scheitern der Innovation<br />

führen können. Darauf folgt wiederum eine induktive Betrachtung bisheriger Fehlschläge sowie deren<br />

Bewertung.<br />

4 2 Managementtheoretische Dimensionen des Scheiterns<br />

Jede Aktivität im Bereich von Forschung und Entwicklung birgt das Risiko des Scheiterns. Dabei lassen sich die<br />

verschiedenen Risiken in Einzelrisiken aufteilen, das Gesamtrisiko des Scheiterns einer Innovation ergibt sich<br />

wiederum aus der Kumulation der Einzelrisiken. Das Scheitern einer Innovation lässt sich also als konkrete<br />

Realisierung des bewusst eingegangenen Risikos auffassen.<br />

15 Gassmann Oliver/ Sutter Philipp, Praxiswissen Innovationsmanagement, S. 45 ff.<br />

16 Siehe Anhang, S. 13, Abbildung 1.<br />

17 Matzler Kurt, The Innovators Dilemma, S. 1 ff.<br />

3


Die insoweit relevanten Risiken lassen sich ferner in verschiedene Dimensionen aufteilen. Zunächst kann eine<br />

Aufteilung in interne und externe sowie innovationsspezifische Faktoren vorgenommen werden. 18<br />

Innovationsspezifische Faktoren sind zentral für eine erfolgreiche Markteinführung und Diffusion des Produktes.<br />

Eine zentrale Rolle nimmt in diesem Bereich die relative Vorteilhaftigkeit der Innovation ein. Verlangt<br />

wird somit, dass das neue Produkt gegenüber seinen Vorgängerprodukten wie auch Konkurrenzprodukten<br />

ein verbessertes Leistungsprofil aufweist. Die sich hieraus ergebenden komparativen Wettbewerbsvorteile<br />

stützen die Erfolgswahrscheinlichkeit des Produktes. Weiter ist zu verlangen, dass diese Wettbewerbsvorteile<br />

für den anvisierten Kunden sowohl objektiv nachvollziehbar, wie auch subjektiv beobachtbar sind. 19<br />

Ein weiterer interner Innovationsfaktor betrifft die Kompatibilität der Innovation. Unter einem kompatiblen<br />

Produkt wird ein solches verstanden, welches mit vorhandenen Verwendungsmöglichkeiten der Nutzer<br />

weitmöglichst übereinstimmt bzw. vereinbar ist. Nicht kompatible Produktinnovationen laufen hingegen<br />

Gefahr, wegen fehlender Anpassungsfähigkeit an bereits eingesetzte Systeme vom Markt abgelehnt zu werden.<br />

20<br />

Über die Kompatibilität hinaus vermag auch eine gesteigerte Komplexität den Innovationserfolg zu gefährden.<br />

Hohe Komplexität führt zu gesteigertem Aufwand für den Kunden und reduziert in der Folge dessen<br />

Produktnutzen.<br />

Ein letzter als zentral anzunehmender innovationsspezifischer Faktor besteht in dem Reifegrad der Innovation.<br />

21 Gemeint ist hiermit die Fehlerfreiheit eines neuen Produktes. Gerade bei innovativer Neuentwicklung<br />

besteht eine erhöhte Gefahr, dass der Nutzer mit "Kinderkrankheiten" des Produktes konfrontiert ist, welche<br />

erst im Laufe der Zeit und durch Rückmeldungen der Nutzer abgestellt werden können.<br />

Über die produktimmanenten Gefahren hinaus können auch unternehmensinterne Einflussgrößen bestehen,<br />

welche das Risiko des Scheiterns determinieren. Von zentraler Bedeutung ist hier zum einen die finanzielle<br />

Leistungsstärke des Innovators. So besteht gerade bei solchen Innovationen, die technisches Neuland beschreiten,<br />

das Risiko finanzieller Nachschüsse. Ein weiterer zentraler Faktor sind Kompetenzen und Ressourcen<br />

eines Unternehmens. Insbesondere technologische Kompetenzen müssen in ausreichender Form zur<br />

Verfügung stehen und ex ante zutreffend beurteilt werden. 22<br />

Im Rahmen der internen Einflussfaktoren wird teilweise auch die Unternehmensgröße als maßgeblich angesehen,<br />

23 wenngleich sollte jedoch nicht generell von einer positiven Korrelation zwischen Unternehmensgröße<br />

und Innovation ausgegangen werden. Zwar verfügen Großunternehmen regelmäßig über weitgehende<br />

Ressourcen, größere Marktmacht und vielfältige Erfahrungen im Umgang mit Innovationen, jedoch werden<br />

diese Vorteile schnell durch Kommunikations- , Koordinations- und Steuerungsprobleme konterkariert. 24<br />

18 Vahs Dietmar/Burmester Ralph, Innovationsmanagement, S. 376.<br />

19 Vahs Dietmar/Burmester Ralph, Innovationsmanagement, S. 377.<br />

20 Vahs Dieter/Burmester Ralph, Innovationsmanagement, S. 378 f.<br />

21 Vahs Dietmar/Burmester Ralph, Innovationsmanagement, S. 379.<br />

22 Hartschen Michael, Innovationsmanagement- Die 6 Phasen von der Idee zur Umsetzung, S. 134.<br />

23 Amstad/Arvanitis/Hollenstein, Innovationsm. - Gestaltung von Innovationsproz. im globalen Wettbewerb, S. 247.<br />

24 Vahs Dietmar/Burmester Ralph, Innovationsmanagement, S. 384.<br />

4


Anders als die internen Einflussgrößen stellen externe Einflussgrößen ein besonderes Problem bei Innovationsvorhaben<br />

dar. Grund hierfür ist, dass diese besonders schwer zu beurteilen und darüber hinaus einem<br />

steten Wandel unterlegen sind.<br />

Vielfach wird in der Größe des relevanten Marktes ein solcher externer Faktor gesehen. Eine in den sechziger<br />

Jahren erstellte OECD-Studie zur Untersuchung der überlegenen Innovationsstärke der USA gegenüber Europa,<br />

wies auf einen positiven Zusammenhang zwischen Innovationserfolg und Marktgröße hin. Insbesondere<br />

die Homogenität des amerikanischen Binnenmarktes schien insoweit von Vorteil zu sein. 25 Zu beachten ist<br />

jedoch, dass ein größerer Markt, vor allem die Marketingaktivitäten, vor umfangreiche Herausforderungen<br />

stellen kann.<br />

Neben der reinen Größe des relevanten Marktes ist auch dessen Dynamik von Bedeutung. Dynamische Märkte<br />

sind geprägt durch geringe Planungssicherheit, instabile Absatzlagen sowie unklare Produktperspektiven. 26<br />

Häufig finden sich gerade auf dynamischen Märkten jedoch auch besonders hohe Wachstumsraten. Um den<br />

Risiken dynamischer Märkte entgegen zu wirken gilt es zunächst, eine geeignete Auswahl des Zielmarktes zu<br />

treffen. Des Weiteren müssen bestehende Risiken im Sinne einer integrierten Planung minimiert werden.<br />

Auch etwaige Kooperationsmöglichkeiten stellen eine externe Einflussgröße auf den Unternehmenserfolg<br />

dar. Ein interner Mangel an Kompetenzen kann so durch das Hinzuziehen externer Partner überwunden werden.<br />

Überdies können Synergiepotentiale ausgeschöpft und Ressourcenknappheiten überwunden werden.<br />

Bestehen derartige Kooperationsmöglichkeiten nicht oder in unzureichender Form, so ist der Innovator auf<br />

die Tragfähigkeit des eigenen Kompetenzprofils angewiesen. In diesem Fall ist eine besonders genaue Prüfung<br />

des Selbigen verlangt.<br />

Über die vorstehenden Dimensionen des Scheiterns hinaus kommt auch dem Zeitpunkt des Scheiterns eine<br />

große Bedeutung zu. Je später das Scheitern des Projektes aufgedeckt wird, desto höher fallen die realisierten<br />

Verluste aus. Ferner ist zu erwarten, dass ein Scheitern zu einem späten Zeitpunkt von den Verantwortlichen<br />

ungern eingestanden wird, was den wichtigen Zeitpunkt des Projektstops weiter nach hinten verlagert.<br />

4 3 Fallstudien<br />

Zur weiteren Konkretisierung der Gründe für gescheitete Innovationen erscheint ein Blick in die Unternehmensrealität<br />

praktikabel. Insoweit sollen die Fallbeispiele der ehemaligen Cargolifter AG sowie des Transrapid<br />

zur Illustration dienen. Die im Folgenden angesprochenen Untersuchungspunkte korrespondieren dabei<br />

mit den Ergebnissen einer von Reinhold Bauer verfassten historischen Untersuchung.<br />

4 3 1 Cargolifter<br />

Die Geschichte um den steilen Aufstieg und noch steileren Fall der Cargolifter AG war ein Musterbeispiel für<br />

eine gescheiterte Innovation. Im Jahr 1996 gründete Carl Freiherr von Gablenz das Unternehmen mit dem<br />

Ziel Großluftschiffe zu konstruieren, zu bauen und zu vermarkten. Diese Luftschiffe sollten große und schwere<br />

Güter mit einer Masse von bis zu 160 Tonnen transportieren. Nachdem die Grundlagenplanung abge-<br />

25 Mohr Hans-Walter, Bestimmungsgründe für die Verbreitung neuer Technologien, S. 65.<br />

26 Vahs Dietmar/Burmester Ralph, Innovationsmanagement, S. 386.<br />

5


schlossen war, stand fest, dass der Cargolifter (CL)160 Ausmaße von 260 Metern Länge, 82 Metern Höhe und<br />

einen Durchmesser von 65 Metern besitzen sollte. 27<br />

Bürgschaften des Bundes und des Landes Brandenburg wurden gewährt und im Oktober 1999 hob das Experimental-Luftschiff<br />

"Joey" 28 zum ersten Mal ab. Im Mai 2000 erfolgte der Börsengang. Hierbei wurden insgesamt<br />

6,23 Millionen Aktien platziert und 270 Millionen Euro eingenommen. 29<br />

Doch bereits im Januar 2001 begann der steile Abstieg des Unternehmens. Der europäische Flugzeugkonzern<br />

Airbus kooperierte nicht, wie erwartet wurde, mit CL und somit verzögerte sich erstmals die Entwicklung des<br />

CL 160. Obwohl im Oktober 2001 der erste Transportballon CL 75 die Werfthalle in Brand verließ 30 , musste<br />

der Vorstandsvorsitzende Gablenz im Januar 2002 einräumen, dass der CL nur noch mit staatlicher Hilfe fertigzustellen<br />

sei, was den Aktienkurs auf unter 5 Euro fallen ließ.<br />

Im März 2002 wurde nach Unternehmensangaben ein erster Transport-Ballon verkauft, jedoch auch der<br />

Starttermin des CL 160 weiter auf Frühjahr 2005 verschoben. Der US-Konzern Boeing willigte im Mai 2002 in<br />

eine Kooperation ein, ohne jedoch finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen. Auch der Bund und das Land<br />

Brandenburg versagten eine schnelle Finanzhilfe und sodass sich das Unternehmen gezwungen sah, nur noch<br />

Ballons zu produzieren. Die Summe dieser Negativereignisse ließ den Aktienkurs auf 1,22 Euro absacken.<br />

Am 28. Mai 2002 erklärte sich die CL AG für zahlungsunfähig. Die Aktie wurde mit einem letzten Kurs von<br />

1,05 Euro vom Handel ausgesetzt. Wenige Tage später erklärte das Land Brandenburg, eventuell doch wieder<br />

Finanzmittel zur Verfügung zu stellen und auch der Insolvenzverwalter sah noch Chancen für das Unternehmen.<br />

Durch eine Insolvenz der wichtigsten Tochter der CL AG, der Cargolifter Development GmbH, sollte eine<br />

Insolvenz der gesamten (Unternehmens-) Gruppe verhindert werden. Doch am 7. Juni meldete die CL AG<br />

endgültig Insolvenz an. 31<br />

4 3 2 Transrapid<br />

Ein weiteres Beispiel für eine wohl gescheiterte Innovation stellt das Vorhaben des Transrapid 32 dar. Hierbei<br />

handelt es sich um eine Hochgeschwindigkeitsmagnetschwebebahn, welche zur Personenbeförderung gedacht<br />

war. Im Wesentlichen erfolgte die Entwicklung durch ein Konsortium, bestehend aus der Siemens AG<br />

und ThyssenKrupp. Die Finanzierung des Projektes erfolgte vorrangig durch die öffentliche Hand.<br />

Schon im Jahre 1979 wurde ein erster funktionsfähiger Prototyp des Transrapid vorgestellt. Im Jahre 1990<br />

wurde die Anwendungsreife anerkannt. Dabei konnte die Bahn aus bis zu zehn Sektionen bestehen und 1172<br />

Passagiere befördern.<br />

27 Siehe Anhang, S. 14, Grafik 5.<br />

28 Siehe Anhang, S. 14, Grafik 4.<br />

29 Siehe Anhang, S. 15, Abbildung 3.<br />

30 Siehe Anhang, S. 14, Grafik 2.<br />

31 manager magazin Verlagsgesellschaft mbH, Die Chronik eines Absturzes.<br />

32 Siehe Anhang, S.15, Grafik 8.<br />

6


Die wesentlichen Vorteile des neuartigen Transportmittels wurden von dem Hersteller darin gesehen, dass<br />

dieses sehr hohe Geschwindigkeiten (500 km/h) bei geringem Energieverbrauch (70 % eines ICE 3) erreichen<br />

konnte. Des Weiteren wurde eine geräusch- und verschleißarme Fortbewegung ermöglicht.<br />

Nach Feststellung der Einsatzreife des Transrapids wurden sowohl in Deutschland als auch international zahlreiche<br />

Projektstudien erstellt, von denen lediglich eine Versuchsstrecke im Emsland sowie ein Flughafenzubringer<br />

in Shanghai realisiert wurden. Alle deutschen Projekte, insbesondere der Flughafenzubringer München,<br />

wurden mittlerweile aufgegeben. 33<br />

4 4 Auswertung der Fallstudien<br />

Im Folgenden wird bestrebt, die managementtheoretischen Ausführungen sowie die empirischen Befunde<br />

der Fallstudien auf gemeinsame Gründe des Scheiterns herunter zu brechen. Die Ausführungen beanspruchen<br />

insoweit eine gewisse Allgemeingültigkeit bezogen auf die untersuchten Wirtschaftsbereiche.<br />

4 4 1 Konkurrenzsituation<br />

Auf Ebene der unternehmensexternen Risikofaktoren kommt der bestehenden Konkurrenzsituation eine<br />

eminente Bedeutung zu. Sobald alternative Techniken zu einer quantitativ oder qualitativ überlegenen Problemlösung<br />

in der Lage sind, besteht die Gefahr der Substitution der Innovation. 34 Dies lässt sich sowohl deduktiv<br />

als auch induktiv anhand der gewählten Praxisbeispiele zeigen.<br />

Auch wenn sich das Angebot der Cargolifter AG als gewissermaßen einzigartig darstellt, so zeigt sich auch hier<br />

eine Substitutionsmöglichkeit in Gestalt einer imperfekten Substitution. Es besteht etwa die Möglichkeit,<br />

Schwerlasten durch temporär angelegte Straßen auch in entlegene Gebiete zu befördern.<br />

Noch dramatischer stellt sich die Konkurrenzsituation im Rahmen des Transrapidprojektes dar, welche unmittelbar<br />

durch die bestehende Bahn und Luftverkehrsinfrastruktur hervorgerufen wurde. Beide Substitutionsprodukte<br />

waren zum Entwicklungszeitpunkt des Transrapid voll entwickelt und am Markt etabliert. Des Weiteren<br />

handelt es sich sowohl bei dem Bahn- als auch Luftverkehr um nahezu vollständige Substitutionsalternativen,<br />

da annähernde Gleichwertigkeit in den Bereichen Geschwindigkeit, Komfort sowie Preis bestand.<br />

Um diesem Problemfeld entgegen zu wirken, scheint in der Praxis eine adäquate Konkurrenzanalyse zwingend,<br />

wobei auch zukünftige Entwicklungen zu antizipieren sind. Hierzu bietet die allgemeine Managementlehre<br />

zahlreiche systematische Instrumentarien.<br />

4 4 2 Technische Probleme<br />

Gerade bei den zuvor diskutierten Innovationsprojekten, daher solchen die technisches Neuland beschreiten,<br />

kann die technische Machbarkeit ein zentrales Hindernis darstellen. Unter technischer Machbarkeit wird<br />

insoweit nicht nur die generelle Durchführbarkeit, sondern eine solche zu adäquaten Kosten, verstanden.<br />

Hierbei ist eine eigene technische Kompetenz nicht zwingend vorausgesetzt, wenn stattdessen die Möglichkeit<br />

besteht, diese von externer Quelle hinzuzukaufen.<br />

33 Backovic Lazar, Deutschland im Magnetschwebewahn.<br />

34 Bauer Reinhold, Gescheiterte Innovationen, S. 289 f.<br />

7


Mit technischen Problemen hatte auch die junge Cargolifter AG zu kämpfen. So begannen die technischen<br />

Probleme im Falle Cargolifter schon beim Aufbau der notwendigen Werksinfrastruktur, konkret bei der Errichtung<br />

der riesigen Fertigungshalle, welche Ausmaße von 300 Metern Länge, 210 Metern Breite und 107<br />

Metern Höhe hatte. Neben diesen sekundären technischen Herausforderungen stellte jedoch auch das eigentliche<br />

Produkt des Schwerlastluftschiffes die Entwicklungsingenieure der Cargolifter AG vor vielfältige<br />

Herausforderungen, welche zum Teil bis heute nicht belastbar gelöst werden konnten. Zu nennen sind in<br />

diesem Zusammenhang etwa Probleme mit der Windanfälligkeit der riesigen, aber vergleichsweise leichten<br />

Konstruktionen. Gerade der vermeintliche Vorteil eines präzisen Absetzens der Fracht war hierdurch gefährdet.<br />

Um den vielfältigen technischen Problemen gerecht zu werden, setzte das junge Unternehmen jedoch nicht<br />

nur auf eigene Fähigkeiten, sondern auch auf Kooperationsprojekte wie beispielsweise mit Airbus, welche<br />

letztlich allerdings nicht zustande kamen.<br />

Ebenso mit technischen Problemen hatten auch die Entwickler der Magnetschwebebahn Transrapid zu kämpfen.<br />

Anders hingegen als Cargolifter waren hier von Beginn an vielfältige technologische Kompetenzen vertreten.<br />

So war auch die Siemens AG Mitglied des Entwicklungskonsortiums, welche über langjährige Erfahrungen<br />

auf dem Bereich des Eisenbahnbaus verfügt.<br />

Auch wenn tatsächlich eine Transrapidstrecke in Shanghai errichtet wurde, konnten vereinzelte technische<br />

Probleme dennoch nicht gelöst werden. Dies galt beispielsweise für eine zu harte Laufkultur des Transrapids,<br />

welcher von den Entwicklern gerade für ein ruhiges Fahrverhalten angepriesen wurde. 35 Wenngleich einzelne<br />

technische Probleme verblieben, so ist den Entwicklern des Transrapid jedoch zuzugestehen, dass sie ein<br />

letztlich funktionsfähiges Produkt hervorbrachten. Hierbei darf jedoch nicht vernachlässigt werden, dass in<br />

der Entwicklungsphase aufgetretene technische Probleme zu einem enormen Kostenanstieg führten, welcher<br />

in Form des angestiegenen Verkaufspreises auch die spätere Markterschließung beeinflusste.<br />

Ein generalisierender Lösungsansatz zur Verhinderung technischer Probleme bei Innovationsprojekten kann<br />

nicht angeboten werden. Grund hierfür ist, dass technische Probleme kein homogenes Feld darstellen, sich<br />

insoweit also auch eine homogene Lösung verbietet. Festzuhalten bleibt indes, dass jeder Innovator sein<br />

Kompetenzprofil im Vorfeld genau zu prüfen hat. 36 Werden hierbei Kompetenzlücken festgestellt, so scheinen<br />

auch frühzeitige, bindende Kooperationen ein gangbarer Lösungsansatz. Ferner ist eine umfassende<br />

Unternehmenskommunikation zwingend, um eine zutreffende Bewertung des Kompetenzprofils zu gewährleisten.<br />

4 4 3 Nutzerbedürfnisse<br />

Ein weiterer Grund für das Scheitern einer Innovation kann in dem Verkennen von Nutzerbedürfnissen gesehen<br />

werden. Hierbei ist der Begriff des Nutzers weit, daher über den des Endkonsumenten hinaus, auszule-<br />

35 Bernd Bartsch, Enttäuscht: Shanghai bereut die Transrapid-Bahn.<br />

36 Bauer Reinhold, Gescheiterte Innovationen, S. 290 f.<br />

8


gen. Letztlich kann sich ein Produkt nur dann am Markt durchsetzen, wenn es den Bedürfnissen des Zielkunden<br />

entspricht, diesem also einen relevanten Mehrwert verschafft. 37<br />

Im Falle der Cargolifter AG wurde erwartet, dass insbesondere im Bereich der Bau- und Rohstoffindustrie ein<br />

Nutzerbedürfnis bestand, Schwerlasten in entlegene und schwer zugängliche Regionen zu transportieren.<br />

Zweifelsohne schien dieses Bedürfnis nicht völlig fernliegend. Verzichtet wurde jedoch auf eine Präzisierung<br />

des Nutzerbegriffes. So war nicht angedacht, dass die Cargolifter AG die Luftschiffdienstleistungen selber<br />

anbietet, stattdessen sollte diese Aufgabe sollte vielmehr von Dritten übernommen werden. Solche Anbieter<br />

waren, auch aufgrund der umfangreichen Neuentwicklung, jedoch noch nicht existent. Auch etablierte Logistikunternehmen<br />

verfügten bereits über ausgereifte Transportkonzepte und scheuten die hohen Folgekosten<br />

des Cargolifterkonzeptes.<br />

Mit einem ähnlichen, die Nutzerbedürfnisse betreffenden Problem, sahen sich auch die Entwickler des Transrapid<br />

konfrontiert. Auch hier sollte die Magnetschwebebahn Dritten angeboten werden, die diese dann betreiben<br />

sollten. Bei eingehender Betrachtung kam hierbei insbesondere die Deutsche Bahn in Betracht, da<br />

sich das Eintreten neuer Marktakteure als unrealistisch herausstellte. Die Deutsche Bahn verfügte jedoch<br />

über einen ausgereiften Hochgeschwindigkeitszug sowie ein ausgebautes Streckennetz. Insoweit war das<br />

Bedürfnis für eine umfangreiche Neueinführung und somit der Parallelbetrieb zweier gleichwertiger Systeme<br />

gering.<br />

Es zeigt sich, dass allein die Erkenntnis eines Bedürfnisses nicht ausreichend ist. Vielmehr besteht das Bedürfnis<br />

der konkreten Individualisierung eines potentiellen Nutzers.<br />

4 4 4 Anpassungserfordernisse<br />

Des Weiteren kann ein Grund des Scheiterns in der unzureichenden Beachtung etwaiger Anpassungserfordernisse<br />

gesehen werden. Unter Anpassung werden insoweit notwendige weitere Aktivitäten des Nutzers zur<br />

Adaptierung der Innovation verstanden.<br />

Auch im Falle des Cargolifter kann in nötigen Anpassungserfordernissen ein mitursächlicher Grund des Scheiterns<br />

gesehen werden. So besteht beim Betrieb eines Schwerlastluftschiffes die Notwendigkeit Wartungshallen<br />

und entsprechende spezielle Landemöglichkeiten zu errichten. Des Weiteren ist technisches Personal für<br />

derart neue Technologien auf dem Markt nicht einfach zu finden, sondern muss umfangreich neu geschult<br />

werden.<br />

Ähnlich problematische Anpassungserfordernisse bestanden im Falle des Transrapid. Hier bestand die Notwendigkeit<br />

der Errichtung einer gesamten, auf die Schwebebahn ausgelegten Infrastruktur. Überdies zeigt<br />

sich auch hier das Erfordernis, neues technische Personal auszubilden sowie entsprechende Wartungsanlagen<br />

zu errichten.<br />

37 Bauer Reinhold, Gescheiterte Innovationen, S. 296 f.<br />

9


Um etwaigen problematischen Anpassungserfordernissen entgegenzuwirken, erscheint eine solide Kommunikation<br />

mit den Stakeholdern, insbesondere den potentiellen Kunden, zu einem möglichst frühen Stadium<br />

zwingend.<br />

4 4 5 Entwicklungsraum<br />

Ein besonders komplexer Typ des Scheiterns resultiert aus einem instabilen Entwicklungsraum. Unter Entwicklungsraum<br />

kann dabei das konkrete Umfeld verstanden werden, innerhalb dessen sich das Innovationsprojekt<br />

entwickelt. Insbesondere die differierenden Ziele der verschiedenen Akteure verleihen dem Entwicklungsraum<br />

sein besonderes Gepräge. 38<br />

Sowohl das Projekt des Cargolifters als auch das des Transrapids waren geprägt von erheblichem staatlichen<br />

Einfluss, was insbesondere die Entwicklungsfinanzierung betraf. Im Falle des Transrapid erfolgte eine fast<br />

vollständige Finanzierung durch die öffentliche Hand. Dieser starke öffentliche Einfluss beschränkte den unternehmerischen<br />

Spielraum umfassend. Insbesondere bestand im Falle des Transrapid eine Abhängigkeit von<br />

späterer staatlicher Förderung des Streckennetzes, welche nicht realisiert wurde.<br />

4 4 6 Timing<br />

Letztlich muss eine Innovation nicht nur in der richtigen Art und Weise, sondern auch zu dem richtigen Zeitpunkt<br />

durchgeführt werden. Dieser Punkt steht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem vorgenannten, da<br />

sowohl Konkurrenzsituation, Anpassungserfordernisse oder Entwicklungsräume zu verschiedenen Zeitpunkten<br />

günstiger oder weniger günstig ausfallen können.<br />

Es besteht die berechtigte Annahme, dass das Scheitern des Cargolifter auch mit einem falschen Zeitpunkt in<br />

Zusammenhang stand. So ist durchaus denkbar, dass zu späterer Zeit ein gesteigertes Umweltbewusstsein<br />

oder Rohstoffknappheiten dem Cargolifter zur Durchsetzung verholfen hätten.<br />

Vielfach wird auch vertreten, der Transrapid habe zur falschen Zeit seine Marktreife erreicht. Reinhold Bauer<br />

postuliert insoweit, die Bahn sei zu schnell und das Flugzeug zu günstig geworden. 39 Dieser These folgend<br />

schwand das Marktsegment für den Transrapid. Des Weiteren ist vorstellbar, dass auch im Falle des Transrapids<br />

ein zunehmendes Umweltbewusstsein und steigende Rohstoffpreise zu einer besseren Durchsetzung<br />

geführt hätten.<br />

5 Zusammenfassung und Theorie des Scheiterns<br />

Fraglich erscheint, ob sich eine abstrakte, generelle Gültigkeit beanspruchende Theorie des Scheiterns formulieren<br />

lässt, welche als präventives Instrument fruchtbar zu machen ist.<br />

Die vorstehenden Ausführungen konnten zeigen, dass sich über Einzelfälle hinaus Umstände abstrahieren<br />

lassen, welche das Risiko des innovatorischen Scheiterns erhöhen. Die ausgesprochene Komplexität innovatorischer<br />

Fehlschläge verbietet jedoch die Formulierung einer allgemeingültigen Theorie des Scheiterns. Dies<br />

38 Bauer Reinhold, Gescheiterte Innovationen, S. 299 f.<br />

39 Balzter Sebastian, Reif für die Tonne - Gescheiterte Ingenieursprojekte.<br />

10


findet seinen Grund insbesondere darin, dass ein Scheitern auch in historischem Kontext zu sehen ist, welcher<br />

nicht verallgemeinert werden kann.<br />

Letztlich ist innovatorisches Scheitern retrospektiv erklärbar, jedoch nicht prospektiv sicher vermeidbar. Dies<br />

erscheint insoweit konsistent, als dass eine Vermeidbarkeit der Risikolosigkeit gleichkäme. Das Nutzen unternehmerischer<br />

Chancen unter Ausschluss von Risiken widerspräche überdies jeder ökonomischen Logik. Dem<br />

Innovator verbleibt insoweit nur sich bestehender Risiken bewusst zu werden und durch entsprechende<br />

strategische und operative Maßnahmen hierauf zu reagieren.<br />

11


6 Literaturverzeichnis<br />

Printquellen<br />

Burmester Ralph, Vahs Dietmar (2005). Innovationsmanagement: Von der Produktidee zur erfolgreichen<br />

Vermarktung. Frankfurt: Schäffer-Poeschel.<br />

Hartschen Michael (2009). Innovationsmanagement: Die 6 Phasen von der Idee zur Umsetzung. Offenbach:<br />

Gabel Verlag.<br />

Hauschildt Jürgen/ Salomo Sören (2011). Innovationsmanagement. München: Franz Vahlen GmbH<br />

Gassmann Oliver/ Sutter Philipp (2011). Praxiswissen Innovationsmanagement - von der Idee zum Markterfolg.<br />

München: Carl Hanser Verlag.<br />

Mohr Hans-Walter (1977). Bestimmungsgründe für die Verbreitung neuer Technologien. Berlin: Duncker<br />

Humbolt Verlag.<br />

Bauer Reinhold (2006). Gescheiterte Innovationen - Fehlschläge und technologischer Wandel. Frankfurt:<br />

Campus Verlag.<br />

Schlick Gerhard (1995). Innovationen von A-Z; Begriffe, Definitionen, Erläuterungen und Beispiele.<br />

Renningen-Malmsheim: Expert-Verlag.<br />

Wahren Kurt-Heinz (2003). Erfolgsfaktor Innovation - Ideen systematisch generieren, bewerten und umsetzen.<br />

Berlin: Springer Verlag.<br />

Internetquellen<br />

Backovic Lazar (26.2..2014). www.spiegel.de. abgerufen am 1.1.2015 unter http://www.spiegel.de<br />

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Balzter Sebastian (27.10.2010). www.faz.net. Abgerufen am 16.1.2015 von http://www.faz.net/ aktuell/ berufchance/arbeitswelt/gescheiterte-ingenieursprojekte-reif-fuer-die-tonne<br />

11052740.html<br />

Bernd Bartsch (04.02.2013). www.augsburger-allgemeine.de. Abgerufen am 20.1.2015 von http://www. augs<br />

burger-allgemeine.de/wirtschaft/Enttaeuscht-Shanghai-bereut-die-Transrapid-Bahn-id23869956.html<br />

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Google Inc. (1. 1 2014). www.maps.google.de. Abgerufen am 12. 28 2014 von https://www.google.de/maps/<br />

place/Brand,+15757+Halbe/@52.0341397,13.7319152,15z/data=!4m2!3m1!1s0x47a804559e4b62<br />

61:0x4c2650245ee99aff<br />

Hauck Mirjam (24.9.2014). www.Süddeutsche.de. Abgerufen am 27. 12 2014 von http://www.<br />

sueddeutsche.de/digital/gescheiterte-innovationen-was-nutzer-nicht-moegen-1.2142747<br />

Jaruzelski Barry/ Staack Volker/ Goehle Brad (1. 1 2014). www.strategyand.pwc.com. Abgerufen am 27. 12<br />

2014 von http://www.strategyand.pwc.com/global/home/what-we-think/reports-whitepapers/<br />

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Knauß Ferdinand (15. 3 2010). www.handelsblatt.com. Abgerufen am 2014. 12 27 von http://www<br />

.handelsblatt.com/technologie/forschung-medizin/forschung-innovation/forschung-wieinnovationenentstehen-seite-3/3390458-3.html<br />

manager magazin new media GmbH (10. 10 2003). www.manager-magazin.de. Abgerufen am 28.12.2014 von<br />

http://www.manager-magazin.de/finanzen/artikel/a-198297.html<br />

von Gablenz Carl-Heinrich (1. 1 2014). www.cargolifter.de. Abgerufen am 28. 12 2014 von http://www.<br />

cargolifter.de/geschichte_der_cl_ag.html<br />

12


7 Anhang<br />

Abbildung 1: Zweiteilung des Innovationsprozesses.<br />

(Gassmann Oliver/ Sutter Philipp, Praxiswissen<br />

Innovationsmanagement, S. 45)<br />

Abbildung 2: Top 20 R&D Spenders worldwide. (Jaruzelski Barry/ Staack Volker/<br />

Goehle Brad, Global Innovation 1000: Proven Paths to Innovation Success, S.5)<br />

13


Grafik 1: Logo Cargolifter AG (manager<br />

magazin new media GmbH, Chronik eines<br />

Absturzes)<br />

Grafik 2: CL-75 "AirCrane" vor Werfthalle (von<br />

Gablenz Carl-Heinrich, Geschichter der CL-AG)<br />

Grafik 3: Lage der Cargolifter Werfthalle in Brand /<br />

Brandenburg (Google Inc., Lage Brand in<br />

Brandenburg/ Deutschland)<br />

Grafik 4: Versuchsluftschiff "Joey" (von<br />

Gablenz Carl-Heinrich, Geschichter der CL-AG)<br />

Grafik 6: Computergrafik des CL160 (von Gablenz<br />

Carl-Heinrich, Geschichter der CL-AG)<br />

Grafik 7: CargoLifter Werfthalle (von Gablenz Carl-<br />

Heinrich, Geschichter der CL-AG)<br />

Grafik 5: Skyship 600 "Charly" (von Gablenz Carl-<br />

Heinrich, Geschichter der CL-AG)<br />

14


Grafik 8: Transrapid (Backovic Lazar, Deutschland im Magnetschwebewahn)<br />

Abbildung 3 CL-Aktie im Vgl. zum MDax (rot) (manager magazin Verlagsgesellschaft mbH, Die Chronik eines Absturzes)<br />

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