Lieblingsbilder 4 5 Lieblingsbilder Dieses Bild finde ich gut … Helmut Riestenpatt Alter 72 Beruf Gymnasiallehrer i.P. Berufung Programmmacher und Schauspieler an der Freilichtbühne in Bad Bentheim Familienstand verheiratet, drei Kinder Die Geschichte ist so ganz nach Helmut Riestenpatts Geschmack:Auf der einen Seite der kraftvolle Held, voller Tatendrang, ein Mann mit Visionen, nicht von dieser Welt. Der andere dagegen klein, untersetzt, schlau, mit beiden Füßen fest auf der Erde, im besten Sinne des Wortes auf dem Boden der Tatsachen stehend. Zwei ungleiche Charaktere, die das Schicksal zusammengeführt hat. Den ehemaligen Lehrer für Deutsch und Geschichte am Burg-Gymnasium in Bad Bentheim fasziniert Miguel de Cervantes’ Roman „Don Quixote“ bis heute. Schon als Pennäler habe er mit den Abenteuern des „Ritters von der traurigen Gestalt“ mitgefiebert. Im Studium lernte er die Hintergründe der Geschichte kennen. „Es ist eine Parodie auf die mittelalterlichen Trivialgeschichten, die um das Jahr 1600 den Buchmarkt in Spanien überschwemmten. Und es ist als Parabel zu verstehen auf das spanische Weltreich, das damals nur noch als Trugbild in der Erinnerung der Menschen existierte“, erklärt Riestenpatt. Pablo Picasso reduzierte das Spiel um Schein und Sein mit einfachsten Mitteln in seinem Bild „Don Quixote“ (1955). Riestenpatt stieß zufällig auf das Bild.Vor gut fünf Jahren hat er den Kunstdruck mit einem schlichten schwarzen Rahmen in seinem Kaminzimmer aufgehängt. Umringt von Bücherregalen hat es gegenüber des offenen Kamins seinen Platz gefunden.Vorher hing hier lange Jahre ein Bauernbrueghel. Deftig, farbenfroh. Der Theatermann Helmut Riestenpatt liebt die Gegensätze. „Don Quixote ist die beherrschende Figur in dem Bild. Er möchte die Gerechtigkeit in die Welt bringen. Mit dem deutlich gekrakelten Strich, mit dem Picasso das Pferd Rosinante gezeichnet hat, zeigt er das brüchige in der Figur des Ritters“, sagt Riestenpatt. Daneben steht der Bauer Sancho Pansa mit seinem Esel fest auf dem Boden. Die Sonne und die Windmühlen erinnern an Kinderzeichnungen. Für Helmut Riestenpatt hat das Welt- und Menschenbild des Miguel de Cervantes bis heute nichts von seiner Gültigkeit verloren. Das habe auch Picasso gesehen, der immer wieder Gaukler und Clowns portraitierte. Das Tragikomische der Romanvorlage und des Bilds interessieren Riestenpatt. „Es hat etwas Beruhiges, dass sich der Mensch noch von Idealen leiten lässt und nicht nur von der Schwerkraft“, meint er. Inszeniert oder gespielt hat Helmut Riestenpatt den „Don Quixote“ noch nicht. Dabei gebe es zahlreiche Vorlagen, ein Musical („Der Mann von La Mancha“) eine Oper und ein Ballett sowie mehrere Filme.Aber das kann ja noch kommen. Daniel Klause Werner Lüdicke Alter 58 Jahre Beruf Lehrer am Gymnasium <strong>Nordhorn</strong> für Biologie, Chemie und Physik Familienstand verheiratet, zwei Söhne Warme Rot-, Gelb- und Brauntöne sind in Spritztechnik aufgetragen und vermitteln eine angenehme Atmosphäre im Wohnzimmer von Werner Lüdicke. Zu sehen sind abstrakte, ineinander fließende und sich durchdringende Formen. „Science Art“ hat der Maler Horst Rumstedt seine Technik bezeichnet – und wo könnte ein solches Bild besser hängen als im Haus eines Lehrers für Biologie, Chemie und Physik. Das Werk ohne Titel war das zweite Bild, das sich die Eheleute Lüdicke von Horst Rumstedt Ende der 1970er Jahre gekauft haben. „Entdeckt haben wir es in einer Heidelberger <strong>Galerie</strong>“, sagt Werner Lüdicke, der in der <strong>Stadt</strong> am Neckar geboren wurde und dort auch studiert hat. Das Bild mit seinen runden Formen lässt viel Interpretationsspielraum: „Mir gefallen die Komposition und die Farbzusammenstellung“, berichtet Lüdicke. Man könne vieles hindeuten, und gerade diese Vielschichtigkeit fasziniere ihn:Tropfen, Flossen, Moleküle, Fische, eine Schnecke, die aus dem Bild herauskriecht, oder sogar eine aufgebrochene Eierschale sind mit ein wenig Fantasie zu erkennen. „Rumstedts Bilder sprechen mich vor allem als Biologe an. Sie vermitteln, dass alles im Fluss ist“, erklärt Lüdicke. Der heute fast vergessene Horst Rumstedt wurde 1921 in Sangerhausen in Sachsen- Anhalt geboren und starb 1986 in Otzberg im Odenwald. Er stellte seine Werke international aus, unter anderem in New York, Chicago, London, Beirut, Neapel und Zürich. Die „Science Art“ befasst sich mit der künstlerischen Auseinandersetzung der immer stärker von Wissenschaft und Technik geprägten Umwelt. Rumstedt schuf den Begriff Anfang der 1960er Jahre.Werke aus dem Mikrobereich wie Gewebeschnitte durch Pflanzen gehörten ebenso dazu wie Metalldünnschliffe, atomphysikalische Erscheinungen und Laser. „Der Künstler steht nicht mehr nur als beziehungsloser Träumer im Raum, sondern als wissenschaftlich geschulter Künder eines naturwissenschaftlichen Weltbildes.“ Mit diesen Worten beschrieb Rumstedt selbst seine Kunstform. In seinen Werken versetzt er den Betrachter in die Welt der Mikroorganismen. „In diesem Sinne war Rumstedt einer der ersten umweltbewussten Maler“, meint Lüdicke. Werner Lüdicke ist 1978 als Lehrer ans Gymnasium nach <strong>Nordhorn</strong> gekommen und kulturell sehr engagiert. Seit 1991 ist er stellvertretender Vorsitzender und Konzertorganisator des Musikschul-Fördervereins „pro nota“. „Musik spielt eine große Rolle in meinem Leben“, sagt der 58-Jährige, der als Zehnjähriger begonnen hat Geige zu lernen. „Ich konzentriere mich sehr auf die Arbeit bei ,pro nota’, da bleibt nicht mehr viel Platz für Anderes.“ Doch das Haus am Kleiberweg zeugt auch vom Interesse an bildender Kunst. Gegenüber von Rumstedts „Science Art“ hängt ein anderes, eher klassisches Bild: Die „Boddenschiffe“ von Hans Oberländer aus Rostock liegen in winterlicher See.Werner Lüdickes Mutter war eine gute Freundin des Malers. Oberländer schenkte ihr während des Zweiten Weltkrieges kurz vor seinem Tod das unsignierte Gemälde. Lüdicke: „Die Bilder von Oberländer und Rumstedt passen zwar eigentlich nicht zusammen, aber die Boddenschiffe sind so eng mit unserer Familiengeschichte verwoben, dass sie hier einfach auch ihren Platz haben sollen.“ Dagmar Thiel