Und was glaubst du? - eva-kita.de
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DIE NORDELBISCHE<br />
WOCHENZEITUNG FÜR GEMEINDE & GESELLSCHAFT<br />
DAS JOURNAL<br />
„Deine Augen sind nackig“<br />
Den Wortschöpfungen unserer Kin<strong>de</strong>r sind<br />
keine Grenzen gesetzt. Lesen Sie hier eine<br />
Auswahl aus <strong>de</strong>n Einsen<strong>du</strong>ngen zu unserem<br />
letzten Gewinnspiel.<br />
Musikwettbewerb<br />
Kreativität und Phantasie sind gefragt beim<br />
Musikwettbewerb zum Kita-Logo „Evangelische<br />
Kin<strong>de</strong>rtagesstätten – Mit Gott groß<br />
wer<strong>de</strong>n“. Beteiligen Sie sich mit Ihrer Kita!<br />
EVANGELISCHE<br />
KITAZEITUNG<br />
Herausgegeben im Auftrag <strong>de</strong>s Verban<strong>de</strong>s Ev. Kin<strong>de</strong>rtageseinrichtungen in Schleswig-Holstein e.V. (VEK) und <strong>de</strong>s Ev. Kin<strong>de</strong>rtagesstättenverban<strong>de</strong>s Hamburg / Diakonisches Werk SONNTAG, 5. APRIL | NR. 1/2009<br />
PROMI IM PORTRÄT 2<br />
Vom Fach: Cem Öz<strong>de</strong>mir<br />
Der Grünen-Politiker,<br />
Erzieher und Sozialpädagoge<br />
Cem<br />
Öz<strong>de</strong>mir spricht exklusiv<br />
mit <strong>de</strong>r EvangelischenKitazeitung<br />
über religiöse<br />
Erziehung und Integration.<br />
Hier erfahren Sie auch, wen seine<br />
kleine Tochter in je<strong>de</strong>r Kirche sucht<br />
und warum sein Vater nur einmal im Leben<br />
bei einem Elternabend war.<br />
ELTERN 6/7<br />
SCHLESWIG-HOLSTEIN 8/9<br />
HAMBURG 10/11<br />
Neue Projekte<br />
Hier stellen wir Ihnen spannen<strong>de</strong> Projekte<br />
unserer Kitas vor: zu <strong>de</strong>n Themen Gesundheit,<br />
Mathematik, Medien und Kultur und<br />
Wissen.<br />
KINDERSEITE 16<br />
Abraham und die Religionen<br />
Was haben Christentum, Ju<strong>de</strong>ntum und<br />
Islam gemeinsam? Wer war Abraham?<br />
Hier könnt Ihr auf Spurensuche gehen.<br />
www.nor<strong>de</strong>lbische.<strong>de</strong> Tel. 0431/557799<br />
Toleranz und Respekt för<strong>de</strong>rn, auch in Glaubensfragen - das ist Ziel <strong>de</strong>r <strong>eva</strong>ngelischen Kitas. Foto: Scholz<br />
<strong>Und</strong> <strong>was</strong> <strong>glaubst</strong> <strong>du</strong>?<br />
In <strong>eva</strong>ngelischen Kitas begegnen sich Menschen unterschiedlicher Religion<br />
Klar, dass Kin<strong>de</strong>r in <strong>eva</strong>ngelischen Kitas<br />
mit <strong>de</strong>m christlichen Glauben vertraut<br />
wer<strong>de</strong>n. Aber in vielen Einrichtungen<br />
spielen auch an<strong>de</strong>re Religionen<br />
eine Rolle. Wie gestaltet sich das Miteinan<strong>de</strong>r<br />
von Kin<strong>de</strong>rn mit verschie<strong>de</strong>nen<br />
kulturellen und religiösen Traditionen?<br />
Evangelische Kitas sind offen für alle<br />
Kin<strong>de</strong>r und Familien. Somit sind sie<br />
ein Spiegelbild unserer Gesellschaft<br />
mit ihrer kulturellen und religiösen<br />
Vielfalt. In <strong>de</strong>n Einrichtungen ist diese<br />
Vielfalt täglich lebendig. Die Kin<strong>de</strong>r<br />
lernen die eigene und an<strong>de</strong>re Religionen<br />
kennen. Sie ent<strong>de</strong>cken Unterschie<strong>de</strong><br />
und Gemeinsamkeiten, entwickeln<br />
Toleranz und Akzeptanz. In <strong>de</strong>n<br />
<strong>eva</strong>ngelischen Kitas geschieht <strong>de</strong>r interreligiöse<br />
Dialog, <strong>de</strong>n die Nor<strong>de</strong>lbi-<br />
sche Kirche wünscht, ganz konkret.<br />
Wie die Begegnung zwischen <strong>de</strong>n Religionen<br />
in <strong>eva</strong>ngelischen Kitas aussehen<br />
kann, lesen Sie in dieser Ausgabe.<br />
Erzieherinnen schil<strong>de</strong>rn, <strong>was</strong> ihnen an<br />
<strong>de</strong>r interreligiösen Arbeit wichtig ist.<br />
Eltern erzählen über ihren Glauben.<br />
Außer<strong>de</strong>m beantworten wir häufig gestellte<br />
Fragen zur religiösen Erziehung<br />
in <strong>eva</strong>ngelischen Kitas.
2 Auftakt<br />
„<br />
Der Morgen weiß mehr<br />
als <strong>de</strong>r Abend.<br />
Jörg Zink<br />
“<br />
GELEITWORT<br />
Von Wolfgang Vogelmann<br />
Ostern: Kin<strong>de</strong>rn<br />
Zuversicht geben<br />
Feste begannen bei uns<br />
zu Hause mit <strong>de</strong>n Vorbereitungen.<br />
Es roch<br />
gut, in <strong>de</strong>r Küche wur<strong>de</strong><br />
gebacken, dabei wur<strong>de</strong><br />
erzählt, wer zu Besuch<br />
kommt. Gibt es Geschenke? Was ziehen<br />
wir an? Die weiße Tisch<strong>de</strong>cke wur<strong>de</strong><br />
aufgelegt, an Ostern die Gol<strong>de</strong>ne Bibel<br />
angesehen. Großvater <strong>du</strong>ftete nach 4711<br />
und erläuterte die Bil<strong>de</strong>r. Nur die Enthauptung<br />
<strong>de</strong>s Johannes wur<strong>de</strong> überschlagen,<br />
<strong>de</strong>nn wir Kin<strong>de</strong>r <strong>du</strong>rften <strong>de</strong>n<br />
abgeschlagenen Kopf nicht sehen – und<br />
die nackte Tänzerin schon gar nicht.<br />
Vom Zauber <strong>de</strong>r Feste leben die Traditionen.<br />
Für <strong>de</strong>n integrativen Ansatz zur<br />
Religionspädagogik in <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rtagesstätte<br />
ist es ein erprobtes Element, wenn<br />
die Kin<strong>de</strong>r von ihren Festen erzählen. So<br />
kommen unterschiedliche Traditionen,<br />
die von <strong>de</strong>n Eltern gepflegt wer<strong>de</strong>n, in <strong>de</strong>r<br />
Gruppe zu Gehör. Fast selbstverständlich<br />
wird erlebt, wie an<strong>de</strong>re an<strong>de</strong>rs sind. Kin<strong>de</strong>r<br />
wachsen auf mit einer Vielfalt <strong>de</strong>s<br />
Feierns und <strong>de</strong>r religiösen Traditionen.<br />
Aber wie sprechen wir davon? Eine<br />
wun<strong>de</strong>rschöne Formulierung im Erzählen<br />
unserer Traditionen verdanken wir<br />
Jörg Zink. In seiner Kin<strong>de</strong>rbibel heißt es:<br />
„Der Morgen weiß mehr als <strong>de</strong>r Abend“.<br />
Der Satz fällt am Vorabend von Ostern.<br />
Denn das Kind, <strong>de</strong>m die Bibel erzählt<br />
wird, kommentiert die Geschichten und<br />
sagt, als Jesus gestorben ist:„Das ist ja<br />
schrecklich.Was soll <strong>de</strong>nn nun wer<strong>de</strong>n?“<br />
<strong>Und</strong> die Mutter antwortet: „Der Morgen<br />
weiß mehr als <strong>de</strong>r Abend.“<br />
Dieser Satz enthält die ruhige Zuversicht,<br />
dass die Welt noch nicht am En<strong>de</strong><br />
ist. Er vermittelt die Atmosphäre von<br />
Ostern – ein tiefes Zutrauen in die Zukunft<br />
aus Gottes Hand. Ist nicht die Zuversicht<br />
neben <strong>de</strong>r Neugier das Beste,<br />
<strong>was</strong> wir Kin<strong>de</strong>rn für ihr Leben mitgeben<br />
können? Dass einem Scheitern ein Weitergehen<br />
folgen kann, <strong>de</strong>r Tod nicht das<br />
En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Dinge ist und Wege und Auswege<br />
offenstehen? Da wird Ostern auch<br />
für an<strong>de</strong>re verstehbar und unsere Hoffnung<br />
an<strong>de</strong>ren Religionen <strong>de</strong>utlich.<br />
––––––––––––<br />
OObbeerrkkiirrcchheennrraatt WWoollffggaanngg VVooggeellmmaannnn ist Dezernent<br />
im Nor<strong>de</strong>lbischen Kirchenamt und<br />
dort auch zuständig für Interreligiösen Dialog.<br />
Wir müssen die pädagogische Arbeit<br />
in <strong>de</strong>n Kitas gesellschaftlich mehr<br />
schätzen, sagt <strong>de</strong>r Grünen-Chef Cem<br />
Öz<strong>de</strong>mir im Interview mit Martin<br />
Sterr. Denn alle Kin<strong>de</strong>r wer<strong>de</strong>n später<br />
unser Land prägen, <strong>de</strong>shalb können<br />
wir nicht früh genug mit <strong>de</strong>r Vermittlung<br />
von Toleranz, Bil<strong>du</strong>ng und<br />
Selbstwertgefühl anfangen, meint<br />
<strong>de</strong>r 43-jährige Spitzenpolitiker.<br />
Sie haben eine Ausbil<strong>du</strong>ng als Erzieher an<br />
<strong>de</strong>r Ev. Fachschule für Sozialwesen in Reutlingen<br />
gemacht. Wie haben Sie die Zeit an<br />
<strong>de</strong>r Hochschule erlebt? Sind Sie dort mit einem<br />
christlichen bzw. <strong>eva</strong>ngelischen Profil<br />
in Berührung gekommen?<br />
Die Ausbil<strong>du</strong>ng zum Erzieher habe ich<br />
in Freu<strong>de</strong>nstadt am Oberlinhaus gemacht,<br />
einer ebenfalls <strong>eva</strong>ngelischen<br />
Einrichtung. In Reutlingen habe ich<br />
dann Sozialpädagogik studiert. Ich<br />
fand <strong>de</strong>n <strong>eva</strong>ngelischen Religionsunterricht<br />
immer schon interessant und<br />
entsprechend gehörte er auch zu meinen<br />
besseren Fächern. Die Toleranz<br />
und Offenheit <strong>de</strong>r meisten Christen in<br />
meiner Umgebung hat mein Weltbild<br />
sicher geprägt und erklärt, neben <strong>de</strong>r<br />
Erziehung meiner Eltern, warum ich<br />
mich auch stark für die Religionsfreiheit<br />
für Christen in <strong>de</strong>r Türkei einsetze.<br />
Sollen in Kitas überhaupt religiöse Fragen<br />
aufgegriffen wer<strong>de</strong>n? Was halten Sie von <strong>de</strong>r<br />
For<strong>de</strong>rung nach <strong>de</strong>m Recht <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s auf<br />
Religion?<br />
Wenn es ein Recht <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s auf Religion<br />
gibt, dann natürlich auch ein<br />
Recht <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s auf keine Religion.<br />
Analog dazu gibt es schließlich die positive<br />
und negative Religionsfreiheit.<br />
Doch ganz unabhängig davon begrüße<br />
ich es, wenn in Kitas religiöse Fragen<br />
behan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n, auch wenn diese<br />
religiöse Bil<strong>du</strong>ng nicht zwingend bekenntnisorientiert<br />
sein muss, son<strong>de</strong>rn<br />
<strong>de</strong>n ethischen, historischen o<strong>de</strong>r kulturellen<br />
Aspekt in <strong>de</strong>n Vor<strong>de</strong>rgrund<br />
stellt. Es scha<strong>de</strong>t sicher nicht, wenn die<br />
Kin<strong>de</strong>r wissen, warum wir Weihnachten<br />
o<strong>de</strong>r Ostern feiern, schließlich feiern<br />
inzwischen ja auch viele Menschen<br />
muslimischer Herkunft und selbst<br />
Atheisten mit. Umgekehrt wür<strong>de</strong> ich<br />
mir natürlich auch wünschen, dass unsere<br />
Kin<strong>de</strong>r et<strong>was</strong> über muslimische<br />
und jüdische Feiertage erfahren.<br />
Soll in Kitas interreligiös gearbeitet wer<strong>de</strong>n<br />
d.h. sollen Kin<strong>de</strong>r dort Menschen mit unterschiedlichen<br />
Glaubensrichtungen kennen<br />
lernen?<br />
Das ergibt sich bereits aus <strong>de</strong>m Alltag<br />
zahlreicher Kitas, die von Kin<strong>de</strong>rn unterschiedlicher<br />
Muttersprache, Herkunft<br />
und auch Religion besucht wer<strong>de</strong>n.<br />
Es ist daher sicher eine wichtige<br />
Aufgabe <strong>de</strong>r Erzieherinnen und Erzieher,<br />
die Kin<strong>de</strong>r auch mit jeweils an<strong>de</strong>-<br />
ren Religionen und Kulturen vertraut<br />
zu machen. Das ist eine pädagogische<br />
Herausfor<strong>de</strong>rung und wir müssen diese<br />
wichtige Arbeit gesellschaftlich auch<br />
mehr wertschätzen. Denn darin liegt ja<br />
auch eine Chance. Diese Kin<strong>de</strong>r wer<strong>de</strong>n<br />
unser Land später einmal prägen.<br />
<strong>Und</strong> dass sie dies gemeinsam tun, dafür<br />
kann die Grundlage bereits im Kin<strong>de</strong>rgarten<br />
<strong>du</strong>rch interreligiöse o<strong>de</strong>r interkulturelle<br />
Pädagogik gelegt wer<strong>de</strong>n.<br />
Haben Sie selbst Erfahrungen als Erzieher<br />
o<strong>de</strong>r als Vater einer Tochter, die vielleicht eine<br />
Kita besucht hat, gemacht?<br />
Wir haben eine kleine Tochter, die<br />
weiß, dass Jesus in <strong>de</strong>r Kirche lebt und<br />
wenn wir an einer Kirche vorbeikommen,<br />
will sie immer rein und nach ihm<br />
schauen. Ich komme aus einer muslimischen<br />
Familie und meine Frau aus<br />
einer katholischen. Unsere Tochter soll<br />
alles mitbekommen und sich dann selber<br />
eine Meinung bil<strong>de</strong>n. Wir wollen<br />
ihr das nicht aufzwingen, son<strong>de</strong>rn<br />
möchten, dass sie selber eine Chance<br />
hat, die Kultur als Bereicherung zu erfahren.<br />
Bei uns steht auch nicht so sehr<br />
die Religion im Mittelpunkt, son<strong>de</strong>rn<br />
Werte, die wir damit verbin<strong>de</strong>n. <strong>Und</strong><br />
EVANGELISCHE KITAZEITUNG<br />
DIE NORDELBISCHE | DAS JOURNAL | 5. APRIL 2009<br />
In <strong>de</strong>r Kirche vorbeischauen<br />
Cem Öz<strong>de</strong>mir plädiert dafür, unsere kulturelle Vielfalt als Chance zu begreifen<br />
„Es scha<strong>de</strong>t nicht, wenn Kin<strong>de</strong>r wissen, warum wir Ostern feiern.“ Foto: ddp<br />
Toleranz ist hier sicher ein gutes Stichwort.<br />
Sie plädieren dafür, dass Bil<strong>du</strong>ng nicht nur<br />
früher beginnen und länger dauern soll, son<strong>de</strong>rn<br />
auch dafür, dass manche Bil<strong>du</strong>ngsinhalte<br />
o<strong>de</strong>r Werte gegen <strong>de</strong>n Willen <strong>de</strong>r Eltern<br />
vermittelt wer<strong>de</strong>n müssten. Wie muss<br />
man sich dies auf Ebene <strong>de</strong>r Kitas vorstellen?<br />
Ich habe gesagt, die Erziehung <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r<br />
in unseren Kin<strong>de</strong>rgärten und Schulen<br />
muss gemeinsam mit <strong>de</strong>n Eltern<br />
stattfin<strong>de</strong>n. Wenn in einer Familie aber<br />
Werte vermittelt wer<strong>de</strong>n, mit <strong>de</strong>nen<br />
wir als <strong>de</strong>mokratische Gesellschaft<br />
nicht einverstan<strong>de</strong>n sind, dann müssen<br />
unsere Bil<strong>du</strong>ngseinrichtungen gegebenenfalls<br />
auch in <strong>de</strong>r Lage sein, pädagogisch<br />
dagegen anzugehen. Ich<br />
<strong>de</strong>nke dabei etwa an die Gleichberechtigung<br />
von Mädchen, krasse Vorurteile<br />
gegenüber an<strong>de</strong>ren Religionen, die<br />
nicht vorhan<strong>de</strong>ne Wertschätzung von<br />
Bil<strong>du</strong>ng, wo<strong>du</strong>rch die Zukunft <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s<br />
gefähr<strong>de</strong>t wird. Ich stelle keinesfalls<br />
das von unserem Grundgesetz geschützte<br />
elterliche Erziehungsrecht in<br />
Frage. Wir sollten nur nicht vergessen,<br />
dass auch Kin<strong>de</strong>r Rechte haben. <strong>Und</strong><br />
wenn wir diese missachten, dann lei<strong>de</strong>n<br />
sie ein Leben lang darunter.<br />
<strong>Und</strong> zum Schluss. Welches war Ihr schönstes<br />
Kita-Erlebnis?<br />
Der Bastelabend im Kin<strong>de</strong>rgarten von<br />
Bad Urach. Wie immer erklärte mir die<br />
„Schwester“ im Kin<strong>de</strong>rgarten genau,<br />
<strong>was</strong> in <strong>de</strong>r schriftlichen Einla<strong>du</strong>ng<br />
stand, damit ich es meinen Eltern im<br />
Einzelnen berichten konnte. Auf <strong>de</strong>m<br />
Weg nach Hause hatte ich lei<strong>de</strong>r einige<br />
Dinge <strong>du</strong>rcheinan<strong>de</strong>r gebracht und<br />
berichtete meinem Vater zu seinem<br />
großen Erstaunen schließlich, er müsse<br />
mit mir gemeinsam am Abend in<br />
<strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rgarten. Er, darüber sehr verunsichert,<br />
fragte mich mehrfach, ob<br />
ich mir ganz sicher sei. Schließlich<br />
wür<strong>de</strong>n ja gewöhnlich die Mütter in<br />
<strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rgarten gehen und Kin<strong>de</strong>r<br />
seien doch um diese Zeit längst im<br />
Bett. Nie wer<strong>de</strong> ich <strong>de</strong>n Gesichtsausdruck<br />
meines Vaters vergessen, als wir<br />
gemeinsam <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rgarten betraten<br />
und nicht nur kein einziges Kind dort<br />
war, son<strong>de</strong>rn ausschließlich Mütter,<br />
die für <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rgarten bastelten.<br />
Mein Vater blickte mich mit versteinerter<br />
Miene an und sagte <strong>de</strong>n ganzen<br />
Abend kaum ein Wort. Die Damen versorgten<br />
ihn dafür mit Kaffee und Kuchen<br />
und wun<strong>de</strong>rten sich über die Öz<strong>de</strong>mirs.<br />
Seither ist es mir nie mehr gelungen,<br />
meinen Vater zu einem Elternabend<br />
zu motivieren. Er glaubt bis<br />
heute, dass dort <strong>de</strong>utsche Mütter mit<br />
Scheren, bunten Papieren und Klebstoff<br />
auf kleinen Rückenschmerz-<br />
Stühlen sitzend <strong>de</strong>n Abend verbringen.
EVANGELISCHE KITAZEITUNG<br />
DIE NORDELBISCHE | DAS JOURNAL | 5. APRIL 2009<br />
Von Detlev Brockes<br />
Dienstagvormittag,Stuhlkreis<br />
in <strong>de</strong>r Lönneberga-Gruppe.<br />
Teelichter brennen, 20 Kin<strong>de</strong>r<br />
singen:„Du hast uns, Herr, gerufen<br />
und darum sind wird<br />
hier.“ Alex,<strong>de</strong>r bald sechs wird,<br />
weiß es genau: „Zu Gast bei<br />
Gott und Jesus sind wir.“ Im<br />
Kreis sitzen Kin<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>ren Eltern<br />
aus Russland und Polen,<br />
aus <strong>de</strong>r Türkei und Ägypten<br />
stammen. Manche Kin<strong>de</strong>r<br />
sind <strong>eva</strong>ngelisch getauft, an<strong>de</strong>re<br />
muslimisch o<strong>de</strong>r russisch-orthodox.<br />
<strong>Und</strong> alle singen<br />
das christliche Lied mit.<br />
Ortstermin in <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rtagesstätte<br />
Astrid Lindgren im Lübecker<br />
Stadtteil Vorwerk-Falkenfeld.<br />
Die Kita entstand im Jahr<br />
2000 auf einem vormaligen Kasernengelän<strong>de</strong>,<br />
das zum Wohngebiet<br />
gewor<strong>de</strong>n war. Die berühmte<br />
Kin<strong>de</strong>rbuchautorin<br />
stimmte <strong>de</strong>r Benennung selbst<br />
noch zu. Die drei Gruppen sind<br />
nach Orten aus Lindgrens Erzählungen<br />
benannt: neben<br />
Lönneberga auch Taka-Tuka-<br />
Land und Bullerbü.<br />
„Rund die Hälfte <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r<br />
kommt aus Zuwan<strong>de</strong>rer-Familien“,<br />
sagt Leiterin Julia Vermeh-<br />
Ostern, Zuckerfest, Chanukka<br />
ren. Die Kita nimmt das ernst,<br />
sie will Migranten begleiten,<br />
und das zeigt sich auch an <strong>de</strong>r<br />
offiziellen Bezeichnung: Evangelische<br />
Interkulturelle Kin<strong>de</strong>rtagesstätte<br />
Astrid Lindgren.<br />
Mit Gott groß wer<strong>de</strong>n sollen<br />
die Kin<strong>de</strong>r hier. Aber wie geht<br />
das zu mit unterschiedlichen Re-<br />
ligionen in einer <strong>eva</strong>ngelischen<br />
Kita? Ist das Nebeneinan<strong>de</strong>r<br />
freundlich-beliebig? O<strong>de</strong>r lernen<br />
die Religionen einan<strong>de</strong>r kennen,<br />
wird <strong>de</strong>r eigene Horizont weiter<br />
<strong>du</strong>rch die Begegnung?<br />
Als wir nach <strong>de</strong>n Festen fragen,<br />
die in <strong>de</strong>r Kita gefeiert wer<strong>de</strong>n,<br />
überstürzen sich in <strong>de</strong>r<br />
Lönneberga-Gruppe die Zurufe:<br />
„Ostern, Zuckerfest, Fasching,<br />
russische Weihnachten,<br />
Sankt Martin ...“ Die Kin<strong>de</strong>r wissen:<br />
Jesus wur<strong>de</strong> gekreuzigt, mit<br />
<strong>de</strong>m Zuckerfest en<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r muslimische<br />
Fastenmonat Ramadan,<br />
und einige Kin<strong>de</strong>r dürfen<br />
kein Schweinefleisch essen. Die<br />
fünfjährige Evelina erzählt, wie<br />
sie bei <strong>de</strong>r russischen Weihnachtsfeier<br />
als Stern tanzte. <strong>Und</strong><br />
dann führt sie mit <strong>de</strong>r sechsjährigen<br />
Adriane vor, wie in <strong>de</strong>r<br />
Moschee gebetet wird.<br />
Besuche in unterschiedlichen<br />
Gotteshäusern gehören zum<br />
Programm. „Jeweils die Kin<strong>de</strong>r,<br />
die dort heimisch sind, können<br />
<strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren et<strong>was</strong> zeigen“, sagt<br />
Erzieherin Christina Wischnewski.<br />
Lebhafter Austausch<br />
entsteht vor allem <strong>du</strong>rch die religiösen<br />
Feste in <strong>de</strong>r Kita: Russisch-orthodoxe<br />
Eltern besuchen<br />
das islamische Opferfest,<br />
ein muslimischer Junge spielt<br />
<strong>de</strong>n Josef im vorweihnachtlichen<br />
Krippenspiel. „Man glaubt<br />
nicht, wie gut die Kin<strong>de</strong>r das aufnehmen,<br />
vor allem die Fünf- bis<br />
Sechsjährigen“, sagt Christina<br />
Wischnewski. Für das Team ein<br />
Ansporn, weitere Impulse zu setzen:<br />
„2008 griff eine Kollegin <strong>de</strong>n<br />
Reformationstag auf, in diesem<br />
Jahr trauen wir uns erstmals an<br />
das jüdische Chanukka-Fest heran“,<br />
berichtet die Erzieherin.<br />
Thema<br />
Die Lübecker Astrid-Lindgren-Kita feiert nicht nur christliche Feste – Dialog <strong>de</strong>r Religionen gehört zum Konzept<br />
Erzieherin Christina Wischnewski erzählt je<strong>de</strong> Woche biblische Geschichten. Daraus entstand diese Bil<strong>de</strong>rtafel<br />
zum Leben Jesu. Fotos: Huppertz<br />
Links: Mit <strong>de</strong>r türkischsprachigen<br />
Mitarbeiterin Gül Yalçin haben<br />
Kin<strong>de</strong>r eine Moschee aus Papier<br />
gebastelt. Oben: Julia Vermehren<br />
leitet die Kita seit 2000.<br />
Die Astrid-Lindgren-Kita ist<br />
im vergangenen Jahr für „kulturelle<br />
Vielfalt am Arbeitsplatz“<br />
ausgezeichnet wor<strong>de</strong>n.<br />
Den Preis überreichte Staatsministerin<br />
Maria Böhmer, die<br />
Integrationsbeauftragte <strong>de</strong>r<br />
Bun<strong>de</strong>sregierung. Die Kita<br />
belegte <strong>de</strong>n dritten Platz in<br />
<strong>de</strong>r Kategorie öffentliche Verwaltung.<br />
An<strong>de</strong>re Preise in<br />
<strong>de</strong>m bun<strong>de</strong>sweiten Wettbewerb<br />
gingen an große und<br />
kleine Unternehmen.<br />
Vielfalt im Team<br />
3<br />
Religiöse Vielfalt also, und<br />
trotz<strong>de</strong>m ist die Astrid-Lindgren-Kita<br />
<strong>eva</strong>ngelisch. „Wir akzeptieren<br />
je<strong>de</strong>n Glauben, aber<br />
wir leben hier nicht je<strong>de</strong>n Glauben“,<br />
betont Leiterin Julia Vermehren.<br />
Man unternehme<br />
„Ausflüge in an<strong>de</strong>re Religionen“,<br />
aber <strong>de</strong>r christliche Glauben<br />
sei die Grundlage. So hören<br />
die Lönneberga-Kin<strong>de</strong>r regelmäßig<br />
biblische Geschichten.<br />
Sie malen Bil<strong>de</strong>r zum Leben Jesu.<br />
<strong>Und</strong> vor Ostern kommt die<br />
<strong>eva</strong>ngelische Gemein<strong>de</strong>pastorin<br />
in die Gruppe, um das Fest<br />
mit <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn vorzubereiten.<br />
Auch muslimische o<strong>de</strong>r jüdische<br />
Kin<strong>de</strong>r nehmen an <strong>de</strong>n<br />
christlichen Angeboten teil. „Ich<br />
kann verstehen, wenn strenggläubige<br />
Muslime das als<br />
schwierig empfin<strong>de</strong>n. Aber<br />
dann ist unsere Kita nicht die<br />
richtige“, sagt die Leiterin. „Wir<br />
nehmen uns viel Zeit, unser<br />
Konzept schon im Aufnahmegespräch<br />
zu erläutern.“ Manchmal<br />
sagen Familien daraufhin<br />
ab. Aber bei <strong>de</strong>nen, die sich anmel<strong>de</strong>n,<br />
ist klar: Sie tragen das<br />
Profil – interkulturell und <strong>eva</strong>ngelisch<br />
– mit.<br />
Der Dialog <strong>de</strong>r Religionen<br />
verän<strong>de</strong>rt alle Beteiligten. „Weil<br />
wir die Feste gemeinsam begehen,<br />
öffnen sich die Zuwan<strong>de</strong>rer-Familien.<br />
Sie spüren die Toleranz“,<br />
sagt Julia Vermehren.<br />
Aber auch bei ihr selbst wirkt die<br />
Begegnung: „Ich habe mich da<strong>du</strong>rch<br />
intensiver meinem eigenen<br />
Glauben zugewandt.“<br />
––––––––––––<br />
Die Astrid-Lindgren-Kita gehört zur<br />
Gemein<strong>de</strong>diakonie Lübeck, <strong>de</strong>m<br />
zweitgrößten Kita-Träger in <strong>de</strong>r<br />
Stadt. Mehr Infos: www.gemein<strong>de</strong>diakonie-luebeck.<strong>de</strong>/astrid_lindgren.html<br />
Hintergrund: Schon seit<br />
Jahren beschäftigt die Kita<br />
Mitarbeiterinnen mit Migrationshintergrund.<br />
Zum Beispiel<br />
Gül Yalçin, die aus einer türkischen<br />
Familie stammt. Sie ist<br />
in Deutschland geboren und<br />
wuchs zweisprachig auf. Dass<br />
sie als Muslimin in einer<br />
christlichen Kita arbeite, sei<br />
für sie „nichts Beson<strong>de</strong>res“,<br />
sagt die 22-Jährige. „Christen<br />
und Muslime glauben an<br />
Gott, nur auf an<strong>de</strong>re Weise.“
4 Thema<br />
NACHGEFRAGT<br />
Je<strong>de</strong> Religion<br />
ernst nehmen<br />
Yildiz Ketencioglu (50)<br />
ist Muslimin und arbeitet<br />
seit 2005 in <strong>de</strong>r<br />
<strong>eva</strong>ngelischen Kita Noahs<br />
Arche in Kiel. Bis<br />
zu 40 Prozent <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r<br />
dort haben Migrationshintergrund.<br />
Wir haben die sozialpädagogische Assistentin<br />
nach <strong>de</strong>r Begegnung <strong>de</strong>r Religionen<br />
gefragt. Das Interview mit ihrer<br />
<strong>eva</strong>ngelischen Kollegin Angela Koppelmann<br />
steht auf Seite 5 (gegenüber).<br />
Warum arbeiten Sie in einer <strong>eva</strong>ngelischen<br />
Kita?<br />
Yildiz Ketencioglu: Das hätte ich früher<br />
selbst nicht gedacht! Ich wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r<br />
Türkei religiös erzogen. Mit 18 kam ich<br />
nach Kiel, wo meine Eltern schon waren,<br />
und arbeitete fast 20 Jahre als Bürokauffrau.<br />
Aber weil ich schon immer<br />
et<strong>was</strong> mit Kin<strong>de</strong>rn machen wollte,<br />
wur<strong>de</strong> ich sozialpädagogische Assistentin.<br />
Dann bekam ich die Stelle in<br />
Noahs Arche, für die Türkisch-Kenntnisse<br />
Voraussetzung sind.<br />
Was sind Ihre Aufgaben?<br />
Ich bin im normalen Gruppendienst<br />
eingesetzt. Aber ich bin auch Übersetzerin<br />
und Vermittlerin für die ganze Kita.<br />
Nicht alle türkischen Eltern hier<br />
können genug Deutsch. Deshalb helfe<br />
ich zum Beispiel bei Elterngesprächen<br />
o<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Eingewöhnungszeit.<br />
In Ihrer Kita sind Kin<strong>de</strong>r unterschiedlichen<br />
Glaubens. Warum ist die Begegnung <strong>de</strong>r Religionen<br />
wichtig?<br />
Wir lernen viel voneinan<strong>de</strong>r und können<br />
Gemeinsamkeiten ent<strong>de</strong>cken, Unterschie<strong>de</strong><br />
wahrnehmen, tolerieren<br />
und akzeptieren. Je mehr ich vom<br />
Christentum erfahre, <strong>de</strong>sto mehr vertieft<br />
sich mein eigener Glaube.<br />
Was haben Sie von <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn gelernt?<br />
Je<strong>de</strong> Religion ernst zu nehmen und offen<br />
miteinan<strong>de</strong>r umzugehen. Die Kin<strong>de</strong>r<br />
wollen auch im Glauben ent<strong>de</strong>cken<br />
und forschen. Das machen sie toll!<br />
AUSNAHMEREGELUNG<br />
In <strong>eva</strong>ngelischen Kitas wer<strong>de</strong>n Mitarbeiten<strong>de</strong><br />
nicht-christlichen Glaubens nur in Ausnahmefällen<br />
beschäftigt: in Stadtteilen, in<br />
<strong>de</strong>nen überwiegend Familien mit einem an<strong>de</strong>ren<br />
sprachlichen und kulturellen Hintergrund<br />
leben. Um Schwellenängste abzubauen<br />
und die Integration zu för<strong>de</strong>rn, sollen Eltern<br />
und Kin<strong>de</strong>r in diesen Kitas auch Ansprechpartner<br />
aus <strong>de</strong>r eigenen Herkunftskultur<br />
vorfin<strong>de</strong>n – mit entsprechen<strong>de</strong>n sprachlichen<br />
und interkulturellen Kompetenzen.<br />
Von Detlev Brockes<br />
Das Profil ist <strong>eva</strong>ngelisch,<br />
aber viele Kin<strong>de</strong>r sind es<br />
nicht.Die kirchlichen Kitas<br />
sind offen für Kin<strong>de</strong>r unterschiedlichen<br />
Glaubens.<br />
Mit ihrer interreligiösen<br />
Arbeit för<strong>de</strong>rn sie Begegnung,<br />
Respekt und Toleranz.<br />
Wir haben uns in<br />
<strong>eva</strong>ngelischen Kitas zwischen<br />
Hamburg und Nordfriesland<br />
umgehört.<br />
Sechs und mehr Sprachen<br />
sind in <strong>de</strong>r Evangelischen<br />
Kita Bunte Welt in Niebüll zu<br />
hören. Gut ein Drittel <strong>de</strong>r 66<br />
Kin<strong>de</strong>r hat Migrationshintergrund.<br />
„Wir wollen in offenen<br />
Angeboten <strong>de</strong>n<br />
christlichen Glauben weitergeben“,<br />
sagt Leiterin Jule<br />
Höfer. Obwohl es eine nichtkirchliche<br />
Einrichtung am<br />
Ort gebe, wür<strong>de</strong>n sich viele<br />
muslimische Eltern bewusst<br />
für eine glaubensgebun<strong>de</strong>ne<br />
Kita entschei<strong>de</strong>n, hat Jule<br />
Höfer beobachtet.<br />
Stille und Respekt<br />
Ein „lebhafter Teil <strong>de</strong>r Kirchengemein<strong>de</strong>“<br />
sei die<br />
Evangelische Kita St. Nicolai<br />
in Eckernför<strong>de</strong>, sagt Leiterin<br />
Mereintje Günther. Wenn<br />
<strong>de</strong>r Pastor freitags zum Kin<strong>de</strong>rsegen<br />
in die Kita kommt,<br />
sind muslimische o<strong>de</strong>r<br />
buddhistische Kin<strong>de</strong>r<br />
selbstverständlich dabei.<br />
„Niemand muss das Vaterunser<br />
mitbeten o<strong>de</strong>r die<br />
Hän<strong>de</strong> in bestimmter Weise<br />
falten, aber wir erwarten zumin<strong>de</strong>st<br />
Stille und Respekt“,<br />
so die Leiterin. Beim Aufnahmegespräch<br />
weise sie<br />
darauf hin, dass <strong>de</strong>r christliche<br />
Glaube „Grundlage unseres<br />
Zusammenlebens und<br />
unserer Arbeit“ sei. „Wenn<br />
sich Familien für unsere Kita<br />
entschei<strong>de</strong>n, ist das Interesse<br />
auch da.“<br />
Familien erzählen<br />
„Im Zuge <strong>de</strong>r Qualitätsentwicklung<br />
befasste sich unser<br />
Team mit religiösen Ritualen“,<br />
sagt Irmgard Wenzel<br />
von <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rtagesstätte<br />
St. Petrus in Hamburg-<br />
Heimfeld. Ergebnis war ein<br />
Elternabend, bei <strong>de</strong>m Familien<br />
von ihrer Religion erzählten.<br />
Katholiken saßen<br />
neben Muslimen, Orthodo-<br />
xe neben Quäkern. „Wir<br />
wer<strong>de</strong>n diese Begegnung alle<br />
zwei bis drei Jahre wie<strong>de</strong>rholen“,<br />
so die Leiterin (lesen<br />
Sie auch die Familienporträts<br />
auf Seite 7).<br />
Ein jüdisches Mädchen<br />
besucht <strong>de</strong>n Evangelischen<br />
Kin<strong>de</strong>rgarten im nordfriesischen<br />
Bor<strong>de</strong>lum. „Bei unserer<br />
Weihnachtsfeier haben<br />
wir auf das jüdische Chanukka-Fest<br />
hingewiesen und erklärt,<br />
warum das Mädchen<br />
zu Gott betet und nicht zu Jesus“,<br />
sagt Leiterin Bärbel Becker,<br />
die sich für interreligiösen<br />
Dialog qualifiziert hat.<br />
Sie könne bei Kin<strong>de</strong>rn und<br />
Eltern „für Aufklärung und<br />
Toleranz sorgen“. Gera<strong>de</strong><br />
jungen Familien, weiß Becker,<br />
fehle oft das Wissen<br />
über Religion.<br />
Wo die Liebe hinfällt<br />
Eine muslimische Mutter<br />
gestaltete die Kin<strong>de</strong>rbibelwoche<br />
zum Thema Taufe<br />
mit – das war ein eindrückliches<br />
Erlebnis in <strong>de</strong>r Evangelischen<br />
Kita St. Marien<br />
Parksiedlung in Rendsburg.<br />
„Die Mutter sprach gut<br />
<strong>de</strong>utsch und hatte Mut mitzumischen“,<br />
erinnert sich<br />
Leiterin Ute Flothow. Das sei<br />
aber keine Selbstverständlichkeit:<br />
„Viele muslimische<br />
Frauen halten sich zurück,<br />
und oft sind die Sprachbarrieren<br />
so groß, dass wir mit<br />
EVANGELISCHE KITAZEITUNG<br />
DIE NORDELBISCHE | DAS JOURNAL | 5. APRIL 2009<br />
Begegnung in Respekt<br />
Religionen <strong>de</strong>r Welt in <strong>de</strong>r <strong>eva</strong>ngelischen Kita: Beispiele von Niebüll bis Hamburg<br />
In <strong>de</strong>r Martin-Luther-King-Kita in Hamburg-Steilshoop können Kin<strong>de</strong>r ihre Wünsche und Sorgen zu<br />
einem Tisch mit Engeln und Kerzen bringen. Im Stadtteil Lurup lädt die Kita Binsenort am Gründonnerstag<br />
zum Kin<strong>de</strong>rabendmahl ein. Knapp ein Drittel <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r kommt aus Zuwan<strong>de</strong>rerfamilien,<br />
meist muslimischen o<strong>de</strong>r russisch-orthodoxen Glaubens. Fotos: Scholz<br />
Eltern gar nicht über Religion<br />
re<strong>de</strong>n können.“ Für die<br />
Kin<strong>de</strong>r seien religiöse Unterschie<strong>de</strong><br />
im Kita-Alltag<br />
ohne Be<strong>de</strong>utung: Sie spielen,<br />
„wo die Liebe hinfällt“,<br />
so Flothow.<br />
Religion geht auch <strong>du</strong>rch<br />
<strong>de</strong>n Magen: Muslime dürfen<br />
kein Schweinefleisch essen,<br />
Hin<strong>du</strong>s kein Rind. „Wir kochen<br />
täglich frisch und können<br />
auf die unterschiedlichen<br />
Bedürfnisse eingehen“,<br />
berichtet Michael Pahl<br />
von <strong>de</strong>r Evangelischen Kin<strong>de</strong>rtagesstätte<br />
Drei Könige<br />
in Kiel. Wichtig sei, „einan<strong>de</strong>r<br />
kennenzulernen und<br />
voneinan<strong>de</strong>r zu hören“, so<br />
<strong>de</strong>r Kita-Leiter.
EVANGELISCHE KITAZEITUNG<br />
DIE NORDELBISCHE | DAS JOURNAL | 5. APRIL 2009<br />
Warum ist religiöse Erziehung für ein Kind<br />
wichtig?<br />
Kin<strong>de</strong>r haben ein Recht auf Religion.<br />
Wir Menschen sind religiöse Wesen -<br />
von Anfang an. Kin<strong>de</strong>r fragen von<br />
selbst nach <strong>de</strong>m Sinn <strong>de</strong>s Lebens, nach<br />
<strong>de</strong>m, <strong>was</strong> sie trägt, auch wenn es unsichtbar<br />
ist. Kin<strong>de</strong>r brauchen Menschen,<br />
die mit ihnen nach Antworten<br />
suchen, und an <strong>de</strong>nen sie erkennen,<br />
wie Glaube gelebt wer<strong>de</strong>n kann. Für<br />
die religiöse Entwicklung <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r<br />
haben Erwachsene eine große Verantwortung:<br />
Denn religiöse Erfahrung ist<br />
für Kin<strong>de</strong>r eng daran geknüpft, wie sie<br />
Beziehungen und Bin<strong>du</strong>ngen erleben.<br />
Wenn sie <strong>du</strong>rch an<strong>de</strong>re Menschen Zuwen<strong>du</strong>ng,<br />
Liebe und Geborgenheit erfahren,<br />
entwickeln sie selbst Vertrauen<br />
in das Leben und damit die Grundlage<br />
für ihren eigenen Glauben.<br />
Muss ich <strong>eva</strong>ngelisch sein, damit mein Kind<br />
in eine <strong>eva</strong>ngelische Kita gehen darf?<br />
Nein. Die <strong>eva</strong>ngelische Kita ist für alle<br />
Kin<strong>de</strong>r und ihre Familien offen - egal<br />
ob sie <strong>eva</strong>ngelisch sind o<strong>de</strong>r katholisch,<br />
Mitglied einer an<strong>de</strong>ren Religionsgemeinschaft<br />
o<strong>de</strong>r gar nicht religiös.<br />
Woran merke ich, dass ich in einer <strong>eva</strong>ngelischen<br />
Kita bin?<br />
In <strong>eva</strong>ngelischen Kitas sollen Kin<strong>de</strong>r<br />
„mit Gott groß wer<strong>de</strong>n“. Grundlegend<br />
ist das christliche Menschenbild: Je<strong>de</strong>r<br />
Mensch ist von Gott gewollt und erfährt<br />
<strong>de</strong>shalb Wertschätzung. Das soll<br />
im Umgang miteinan<strong>de</strong>r spürbar wer<strong>de</strong>n.<br />
Die Kin<strong>de</strong>r hören in <strong>de</strong>r <strong>eva</strong>ngelischen<br />
Kita biblische Erzählungen von<br />
Gott und Jesus. Sie feiern Gottesdienste<br />
und christliche Feste, beten, singen<br />
und erleben Segensrituale. <strong>Und</strong> sie haben<br />
mit Erwachsenen zu tun, die ihren<br />
eigenen Glauben sichtbar machen.<br />
Dies alles lädt die Kin<strong>de</strong>r ein, im christlichen<br />
Glauben Heimat zu fin<strong>de</strong>n.<br />
Mit Gott groß wer<strong>de</strong>n<br />
Die wichtigsten Antworten zu Religion in <strong>de</strong>r Kita<br />
Wollen die <strong>eva</strong>ngelischen Kitas Kin<strong>de</strong>r bekehren?<br />
Nein. Wir erleben unseren Glauben als<br />
großen Schatz für unser Leben. Gera<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>shalb können wir auch an<strong>de</strong>re<br />
Religionen wertschätzen. In <strong>eva</strong>ngelischen<br />
Kitas müssen wir nieman<strong>de</strong>m<br />
von seinem Weg abbringen, son<strong>de</strong>rn<br />
wollen einan<strong>de</strong>r in Offenheit und Respekt<br />
begegnen.<br />
Was glauben die Erzieherinnen?<br />
In einer <strong>eva</strong>ngelischen Kita ist es ganz<br />
wichtig, dass die Erzieherin ihren eigenen<br />
(in <strong>de</strong>r Regel) christlichen Glauben<br />
kennt und darüber sprechen kann.<br />
Dies ist kein Hin<strong>de</strong>rnis, son<strong>de</strong>rn eine<br />
Chance, ja sogar eine Voraussetzung<br />
für Begegnung und Dialog mit Kin<strong>de</strong>rn<br />
und Familien an<strong>de</strong>ren Glaubens.<br />
Was ist, wenn Eltern selbst nicht glauben<br />
o<strong>de</strong>r einen an<strong>de</strong>ren Glauben haben?<br />
Wenn Eltern ihr Kind in einer <strong>eva</strong>ngelischen<br />
Kita anmel<strong>de</strong>n wollen, erfahren<br />
sie spätestens im Anmel<strong>de</strong>gespräch<br />
vom <strong>eva</strong>ngelischen Profil. Eltern<br />
ohne Bezug zur Kirche ist oft die<br />
Vermittlung <strong>de</strong>r christlichen Werte<br />
wichtig. Viele Eltern an<strong>de</strong>ren Glaubens<br />
entschei<strong>de</strong>n sich gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>shalb für eine<br />
<strong>eva</strong>ngelische Kita, weil sie möchten,<br />
dass ihr Kind mit Glauben und Religion<br />
in Berührung kommt – selbst wenn<br />
es nicht <strong>de</strong>r eigene Glauben ist, <strong>de</strong>r<br />
hier gelebt wird.<br />
Kin<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Glaubens und ihre<br />
Familien sind eingela<strong>de</strong>n, an <strong>de</strong>n<br />
christlichen Ritualen als religiöse Gäste<br />
teilzunehmen. Umgekehrt sollen sie<br />
gern von ihrem eigenen Glauben erzählen.<br />
Sie können ihrerseits die Erzieherinnen<br />
und an<strong>de</strong>re Familien zu ihren<br />
Festen als religiöse Gäste einla<strong>de</strong>n<br />
- zum Beispiel zum En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s muslimischen<br />
Fastenmonats Ramadan o<strong>de</strong>r<br />
zum jüdischen Chanukkafest.<br />
Kin<strong>de</strong>r haben ein Recht auf Religion. Sie fragen nach <strong>de</strong>m Sinn <strong>de</strong>s Lebens. Foto: Huppertz<br />
Offen für Dialog<br />
Kita-Fachkräfte machen sich fit für<br />
interreligöse Begegnung: Mehr als<br />
750 Erzieherinnen und Erzieher in<br />
<strong>eva</strong>ngelischen Kitas in Schleswig-<br />
Holstein und Hamburg haben an<br />
<strong>de</strong>n theologisch-religionspädagogischen<br />
Kursen TRG und TRA teilgenommen.<br />
In <strong>de</strong>r dreiwöchigen<br />
Grundqualifizierung (TRG) befassen<br />
sich die Fachkräfte mit ihrem<br />
eigenen religiösen Weg und fin<strong>de</strong>n<br />
eine Sprache für ihren Glauben. So<br />
können sie mit <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn in <strong>de</strong>r<br />
Kita nach Antworten auf <strong>de</strong>ren<br />
Sinnfragen suchen und sich für die<br />
Begegnung mit Menschen an<strong>de</strong>ren<br />
Glaubens öffnen. In <strong>de</strong>r Aufbauqualifzierung<br />
(TRA) geht es um religiöse<br />
Vielfalt und Toleranz. Die<br />
Fachkräfte besuchen eine Synagoge<br />
und eine Moschee, auch ein Besuch<br />
im Jüdischen Kin<strong>de</strong>rgarten in<br />
Hamburg stand bereits auf <strong>de</strong>m<br />
Programm.<br />
Abrahamitische Weltreligionen<br />
Ein Austausch über Glaubensfragen<br />
mit Menschen an<strong>de</strong>rer christlicher<br />
Konfessionen ist für uns<br />
selbstverständlich. Daneben steht<br />
<strong>de</strong>r Dialog mit an<strong>de</strong>ren Religionen,<br />
vor allem mit Menschen jüdischen<br />
o<strong>de</strong>r muslimischen Glaubens im<br />
Vor<strong>de</strong>rgrund. Denn die „Abrahamitischen<br />
Weltreligionen“ Ju<strong>de</strong>ntum,<br />
Christentum und Islam haben eine<br />
große Nähe zueinan<strong>de</strong>r: Sie haben<br />
gemeinsame Wurzeln im Alten Testament,<br />
<strong>de</strong>r jüdischen Bibel, und<br />
glauben letztlich an <strong>de</strong>nselben<br />
Gott.<br />
Religiöse Feiertage<br />
Die jüdischen Gemein<strong>de</strong>n feiern<br />
zurzeit (2.-16. April 2009) das Pessachfest.<br />
Es ist eines <strong>de</strong>r wichtigsten<br />
Feste im Ju<strong>de</strong>ntum. Fast zur<br />
gleichen Zeit, von Gründonnerstag<br />
(9.4.) bis Ostermontag (13.4.09) feiern<br />
Christen Ostern. Das nächste<br />
große islamische Fest ist das Fastenbrechenfest<br />
am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Fastenmonats<br />
Ramadan, auch Ramadanfest<br />
genannt (auf Türkisch „Seker<br />
Bayrami“). Es fällt dieses Jahr<br />
auf <strong>de</strong>n 20. September, <strong>de</strong>r auch<br />
Weltkin<strong>de</strong>rtag ist.<br />
Thema<br />
NACHGEFRAGT<br />
5<br />
Wertschätzung<br />
auf allen Seiten<br />
Angela Koppelmann<br />
(36) ist <strong>eva</strong>ngelische<br />
Christin und arbeitet<br />
seit 13 Jahren in <strong>de</strong>r Kita<br />
Noahs Arche in Kiel.<br />
Bis zu 40 Prozent <strong>de</strong>r<br />
Kin<strong>de</strong>r dort kommen aus Zuwan<strong>de</strong>rerfamilien.<br />
Wir haben die Erzieherin<br />
nach <strong>de</strong>r Begegnung <strong>de</strong>r Religionen gefragt.<br />
Das Interview mit ihrer muslimischen<br />
Kollegin Yildiz Ketencioglu steht<br />
auf Seite 4 (gegenüber).<br />
Warum arbeiten Sie in einer <strong>eva</strong>ngelischen<br />
Kita?<br />
Angela Koppelmann: Ich habe diesen<br />
Weg schon früh gewählt. Zum Praktikum<br />
vor <strong>de</strong>r Ausbil<strong>du</strong>ng war ich in <strong>de</strong>r<br />
Kita einer Elterninitiative. Aber als dort<br />
Weihnachten näherrückte und überhaupt<br />
nicht gefeiert wur<strong>de</strong>, merkte ich:<br />
Das ist mir zuwenig. So entschied ich<br />
mich für die Evangelische Fachschule<br />
Alten Eichen, wo Religionspädagogik<br />
zur Ausbil<strong>du</strong>ng gehört.<br />
Ich habe als Kind keinen strafen<strong>de</strong>n<br />
Gott kennengelernt, son<strong>de</strong>rn meine Eltern<br />
haben mir vermittelt: Gott ist immer<br />
für dich da. Das möchte ich auch<br />
<strong>de</strong>n Kita-Kin<strong>de</strong>rn mitgeben.<br />
In Noahs Arche sind Kin<strong>de</strong>r unterschiedlichen<br />
Glaubens, Sie feiern christliche und<br />
muslimische Feste. Warum ist die Begegnung<br />
<strong>de</strong>r Religionen wichtig?<br />
Wir vermitteln Wissen über die Religionen,<br />
und <strong>was</strong> man kennt, braucht man<br />
nicht zu fürchten. Wir nehmen einan<strong>de</strong>r<br />
an und ent<strong>de</strong>cken Gemeinsamkeiten.<br />
Das stärkt die Toleranz.<br />
Aber Sie behalten dabei Ihren Standpunkt?<br />
Ja, er wird sogar klarer. Ich habe an<br />
zwei religionspädagogischen Qualifizierungen<br />
teilgenommen, die mich in<br />
meinem Glauben gestärkt haben. Ich<br />
kann jetzt nicht die Bibel auswendig.<br />
Aber ich habe <strong>de</strong>n Mut, über meinen<br />
Glauben zu sprechen – auch mit Menschen<br />
an<strong>de</strong>rer Religion.<br />
Was haben Sie in <strong>de</strong>r interreligiösen Arbeit<br />
von <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn gelernt?<br />
Neugierig sein, fragen, forschen und<br />
mich einlassen.<br />
Welche Situation hat Sie beson<strong>de</strong>rs berührt?<br />
Vergangenen Herbst war ich bei einer<br />
muslimischen Familie aus <strong>de</strong>r Kita<br />
zum Beschnei<strong>du</strong>ngsfest eingela<strong>de</strong>n,<br />
eine intime Feier zu Hause, bei <strong>de</strong>r<br />
sonst nur muslimische Frauen waren.<br />
Das war Wertschätzung auf bei<strong>de</strong>n Seiten:<br />
Ich fühlte mich geehrt <strong>du</strong>rch die<br />
Einla<strong>du</strong>ng; die Familie hat sich gefreut,<br />
dass ich dabei war.
Von Frank Zabel<br />
6 Eltern<br />
KOLUMNE<br />
Irgendwie an<strong>de</strong>rs –<br />
und richtig schön<br />
Rein äußerlich hätte<br />
die kleine Xenia keinen<br />
größeren Kontrast zu<br />
unserer Lena bieten<br />
können. Pechschwarze<br />
Haare und unglaublich<br />
<strong>du</strong>nkle Augen – so et<strong>was</strong> hatte meine<br />
fünfjährige Tochter bislang selten gesehen.<br />
<strong>Und</strong> dann diese fremdartige Sprache:<br />
Die wenigen spanischen Brocken,<br />
die Lena bis dahin aufgeschnappt hatte,<br />
reichten nicht aus für eine Konversation.<br />
Aber es geht eben auch ohne Worte:<br />
Mehrfach kam Xenia in <strong>de</strong>m kleinen<br />
Restaurant an unseren Tisch, bis Lena<br />
all ihren Mut zusammennahm und mit<br />
<strong>de</strong>m Mädchen aus Barcelona um die<br />
Wette lief. Immer und immer wie<strong>de</strong>r,<br />
quer <strong>du</strong>rch die Gaststätte, im Affenzahn<br />
die ver<strong>du</strong>tzten Kellner umkurvend.<br />
Lena ist in einem Alter, in <strong>de</strong>m die<br />
Kin<strong>de</strong>r ungezwungen mit Unbekanntem<br />
umgehen. Sprachliche Barrieren<br />
sind keine unüberwindbaren Hin<strong>de</strong>rnisse,„An<strong>de</strong>rssein“<br />
wird akzeptiert.<br />
Schlimm, wenn alle Menschen gleich<br />
wären, sagt Lena und macht das an einem<br />
praktischen Beispiel fest: „Bei <strong>de</strong>n<br />
Zwillingen in <strong>de</strong>r Mondgruppe weiß ich<br />
nie, wer wer ist.“ Wenn nun alle in <strong>de</strong>r<br />
Mondgruppe gleich wären . . . nicht auszu<strong>de</strong>nken!<br />
Im Kin<strong>de</strong>rgarten gibt es ein Bil<strong>de</strong>rbuch,<br />
das die Kleinen beson<strong>de</strong>rs gerne<br />
mögen.„Irgendwie An<strong>de</strong>rs“ heißt es und<br />
han<strong>de</strong>lt von einem ungewöhnlichen<br />
Wesen namens „Irgendwie An<strong>de</strong>rs“, das<br />
ganz allein auf einem hohen Berg lebt<br />
und keinen Kumpel hat. Bis eines Tages<br />
eine ebenfalls eigentümliche Gestalt vor<br />
<strong>de</strong>r Tür steht. Am En<strong>de</strong> wer<strong>de</strong>n die bei<strong>de</strong>n<br />
dicke Freun<strong>de</strong> und verstehen, dass<br />
alle „irgendwie an<strong>de</strong>rs“ sind.<br />
Irgendwie an<strong>de</strong>rs war auch das Lied,<br />
das Lena aus <strong>de</strong>r musikalischen Früherziehung<br />
im Kin<strong>de</strong>rgarten mitbrachte<br />
und uns zu Hause in einer recht überraschen<strong>de</strong>n<br />
Interpretation präsentierte.<br />
Sie stolzierte als „kleiner Pinguin August<br />
Fridolin“ <strong>du</strong>rchs Wohnzimmer<br />
und sang mit ungewohnten Betonungen,<br />
mit einem „ch“, wo keines hingehört,<br />
und stark rollen<strong>de</strong>m „r“. Das<br />
Schauspiel gipfelte in einem langen<br />
„plietsch plaatsch“.„Lena“, habe ich gesagt<br />
und musste mir ein Grinsen verkneifen,„ich<br />
bin nicht sicher, dass <strong>du</strong><br />
das richtig singst.“ Aber die Fünfjährige<br />
steht zu Unterschie<strong>de</strong>n.„Doch“, entgegnete<br />
sie mit listigem Blick,„das stimmt<br />
alles. So hat Olga uns das beigebracht.“<br />
––––––––––––<br />
FFrraannkk ZZaabbeell hat drei Töchter (14, 8 und 5) und<br />
schreibt regelmäßig für die Ev. Kitazeitung.<br />
Nach genialen Worterfin<strong>du</strong>ngen<br />
Ihrer Kin<strong>de</strong>r hatten<br />
wir gefragt – und bekamen<br />
eine Fülle von Einsen<strong>du</strong>ngen.<br />
Zum Beispiel „Wandachsen“<br />
für Verwandte o<strong>de</strong>r<br />
„Färbotimometer“ für Fieberthermometer.<br />
Die Wortschöpfung<br />
„paparieren“ (von<br />
„Papa“ und „reparieren“)<br />
sandten sogar zwei Familien<br />
unabhängig voneinan<strong>de</strong>r<br />
ein. Einige Leser haben die<br />
originellen Begriffe sogar auf<br />
Dauer in <strong>de</strong>n Familienwortschatz<br />
aufgenommen.<br />
paparieren = Papa repariert,<br />
<strong>was</strong> kaputtgegangen ist<br />
Hilke Wagner mit Rieke und<br />
Marie, Wallsbüll, und Familie<br />
Zan<strong>de</strong>r, Nor<strong>de</strong>rstedt<br />
„Mama, <strong>de</strong>ine Augen sind nackig“<br />
= Jonas zu seiner Mutter,<br />
die ihre Brille nicht aufhatte<br />
Anke und Herwald Brauer mit<br />
Jonas und Julius, Drelsdorf<br />
Färmotibometer = Fieberthermometer<br />
Schicken Sie uns ein Foto: Ihr<br />
Kind mit seiner besten Freundin,<br />
seinem besten Freund.<br />
TEILNEHMEN<br />
„Ein Freund, ein guter Freund“, sangen<br />
einst die Comedian Harmonists,<br />
das sei das Größte und Schönste, <strong>was</strong><br />
es gibt auf <strong>de</strong>r Welt. Wen hat sich Ihr<br />
Kind als Freund ausgesucht? Ein an<strong>de</strong>res<br />
Kind? Ein Kuscheltier, eine Puppe,<br />
einen Hund? Schicken Sie uns ein<br />
Foto von Ihrem Kind mit seinem besten<br />
Freund, seiner besten Freundin.<br />
keksen = backen<br />
Kathrin Petersen, Hamburg<br />
„Mami, ich habe die Krümel<br />
im Esszimmer weggebest“ =<br />
weggefegt<br />
Susan Molkenbuhr, Hamburg<br />
Moboli = Wohnmobil<br />
Antwortberufer = Anrufbeantworter<br />
Zwingeling = Zwilling<br />
Buschambo = Champagner<br />
Familie Harms-Rohwer mit<br />
Tabea und Clemens, Wasbek<br />
Trambaturboot = Temperatur-<br />
Mess-Boot, ein Thermometer<br />
in Bootform für die Ba<strong>de</strong>wanne<br />
Falk Bethke und Bianca Laurich<br />
mit Peer, Westerhorn<br />
Wandachsen = Verwandte<br />
Karola Sieh-Petersen mit Thore,<br />
Bünsdorf<br />
Flinkaflink = Schmetterling<br />
Sabine Voß mit Volke, Busenwurth<br />
„Mama, Papa, tommt schnell,<br />
am Himmel ist ein Musso-<br />
mann“ = Heißluftballon<br />
Familie Vetkamp, Lübeck<br />
Gummibifi = Gummistiefel<br />
Hasi-Oster = Osterhase<br />
Schlaphappen = Waschlappen<br />
Torben Sievers, Horstedt<br />
Schlapplappen = Waschlappen<br />
Inke Sieh-Petersen mit Jule<br />
und Jorna, Rickert<br />
Muh = die Kühe vor unserem<br />
Grundstück<br />
Utemuh = die Pfer<strong>de</strong> von<br />
Nachbarin Ute auf <strong>de</strong>r Koppel<br />
neben <strong>de</strong>n Kühen<br />
Utemuhhaus = <strong>de</strong>r Pfer<strong>de</strong>stall<br />
Beate Both und Finn, Hamburg<br />
„Mama, meine Haselnüsse<br />
tun mir weh“ = die Man<strong>de</strong>ln<br />
tun weh, Halsschmerzen<br />
Marianne Chmielewicz mit Johanna,<br />
Flensburg<br />
babum = ba<strong>de</strong>n<br />
Arbub = Arbeit<br />
Meike und Peter Klingberg<br />
mit Colvyn, Nordhastedt<br />
Eine Auswahl wer<strong>de</strong>n wir in <strong>de</strong>r<br />
nächsten Ausgabe veröffentlichen.<br />
GEWINNEN<br />
Unter allen Einsen<strong>du</strong>ngen verlosen<br />
wir ein Wochenen<strong>de</strong> für eine Familie<br />
am Ratzeburger See (eine Übernachtung).<br />
Sie wohnen auf <strong>de</strong>r Dominsel<br />
in Ratzeburg, im Gästehaus <strong>de</strong>s Pastoralkollegs.<br />
Das Kolleg, eine Weiterbil<strong>du</strong>ngsstätte<br />
für Pastorinnen und<br />
Pastoren, stiftet diesen Gewinn. Zum<br />
Gästehaus am Dom gehören eine<br />
große Wiese und ein eigener Steg<br />
zum See.<br />
EVANGELISCHE KITAZEITUNG<br />
DIE NORDELBISCHE | DAS JOURNAL | 5. APRIL 2009<br />
„Deine Augen sind nackig“<br />
Einsen<strong>du</strong>ngen auf unsere Leseraktion: die schönsten Wortschöpfungen Ihrer Kin<strong>de</strong>r<br />
Gewinnen Sie . .<br />
Wochenen<strong>de</strong> in Ratzeburg<br />
Gewonnen<br />
Aus allen Einsen<strong>du</strong>ngen haben<br />
wir als Gewinnerin <strong>de</strong>r Leseraktion<br />
3/2008 Susan Molkenbuhr<br />
aus Hamburg gezogen.<br />
Die Familie kann sich auf<br />
ein Wochenen<strong>de</strong> im Haus<br />
Windschur in St. Peter-Ording<br />
freuen.<br />
EINSENDEN AN<br />
Evangelische Kitazeitung<br />
c/o VEK, Angelika Wurth<br />
Lise-Meitner-Str. 6-8<br />
24768 Rendsburg<br />
vek-wurth@diakonie-sh.<strong>de</strong><br />
Einsen<strong>de</strong>schluss:<br />
29. Mai 2009<br />
LESERAKTION<br />
Dankesgruß<br />
„Vielen Dank für <strong>de</strong>n schönen<br />
Gewinn!“ – Bei winterlichen<br />
Temperaturen verbrachten<br />
Manuel und Anastasia Jansen<br />
ein Wochenen<strong>de</strong> in Bad Fallingbostel,<br />
besuchten das Solebad<br />
in Soltau und <strong>de</strong>n Vogelpark<br />
Walsro<strong>de</strong> (Gewinner<br />
Leseraktion 2/2008).<br />
Leseraktion
EVANGELISCHE KITAZEITUNG<br />
DIE NORDELBISCHE | DAS JOURNAL | 5. APRIL 2009<br />
„Wichtig: <strong>de</strong>r Glaube an Gott“<br />
Eltern sehen religiöse Unterschie<strong>de</strong> entspannt – vier Meinungen aus Hamburg<br />
Russisch-orthodox<br />
In <strong>de</strong>r Wohnung von Familie<br />
Gil<strong>de</strong>nstern in Hamburg-<br />
Steilshoop stehen Ikonen -<br />
Heiligenbil<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r christlichen<br />
Kirchen im Osten. Alexan<strong>de</strong>r<br />
und Elena Gil<strong>de</strong>nstern<br />
und ihr Sohn Deniel<br />
sind russisch-orthodox. Vor<br />
zwei Jahren zogen sie von<br />
Moskau nach Hamburg. Deniel<br />
(6) besucht die Hortgruppe<br />
<strong>de</strong>r <strong>eva</strong>ngelischen<br />
Martin-Luther-King-Kita. 44<br />
Plätze, ein kleines Haus, Gil<strong>de</strong>nsterns<br />
loben die familiäre<br />
Atmosphäre.<br />
Die <strong>eva</strong>ngelische Gemein<strong>de</strong>pastorin<br />
kommt einmal<br />
pro Woche zum Morgenkreis,<br />
die Kita-Kin<strong>de</strong>r beteiligen<br />
sich an Familiengottesdiensten.<br />
Für Gil<strong>de</strong>nsterns<br />
entspannter Alltag: „Der Unterschied<br />
zwischen unseren<br />
Religionen ist klein“, sagt Va-<br />
Von Frank Muchlinsky<br />
Am Anfang steht immer eine<br />
Unterschei<strong>du</strong>ng. Ein<br />
Kind entwickelt sich, in<strong>de</strong>m<br />
es zu unterschei<strong>de</strong>n lernt:<br />
Wo höre ich auf, und wo<br />
fängt meine Umwelt an?<br />
Wer bin ich im Unterschied<br />
zu dir? Wo bin ich geborgen<br />
und wo nicht? Erst die Unterschei<strong>du</strong>ng<br />
ermöglicht,<br />
dass wir uns selbst wahrnehmen<br />
und in <strong>de</strong>r Welt zurechtfin<strong>de</strong>n<br />
können. Auch<br />
die Bibel beginnt mit Unterschei<strong>du</strong>ngen.<br />
Die erste<br />
Tat Gottes in <strong>de</strong>r Schöpfung<br />
ist, das Helle vom Dunkel<br />
zu trennen, dann das Nasse<br />
vom Festen, <strong>de</strong>n Himmel<br />
von <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong>. Den Menschen<br />
macht er männlich<br />
und weiblich, am letzten<br />
Tag <strong>de</strong>r Schöpfung trennt<br />
ter Alexan<strong>de</strong>r. Wichtiger als<br />
bestimmte Rituale und Worte<br />
sei <strong>de</strong>r Glaube an Gott.<br />
Katholisch<br />
Zwei Konfessionen gibt es in<br />
<strong>de</strong>r Familie Reitmaier in<br />
Hamburg-Heimfeld: Der Vater<br />
ist <strong>eva</strong>ngelisch, die Mutter<br />
und die drei Töchter sind<br />
katholisch. „Wir machen keinen<br />
großen Unterschied daraus“,<br />
sagt die Ärztin Michaela<br />
Reitmaier. „Wir wollen<br />
unsere Kin<strong>de</strong>r christlich<br />
erziehen und ihnen christliche<br />
Werte mitgeben.“ So fiel<br />
auch die Wahl <strong>de</strong>r Kita leicht:<br />
Magdalena (5) und Josephine<br />
(3) gehen in die <strong>eva</strong>ngelische<br />
St.-Petrus-Kita, die zu<br />
Fuß zu erreichen ist. Katholische<br />
Feiertage wie Fronleichnam<br />
o<strong>de</strong>r Allerheiligen<br />
sind für die Mädchen ganz<br />
normale Kin<strong>de</strong>rgarten-Tage.<br />
Muslimisch<br />
Eines Tages zählte Jüli<strong>de</strong><br />
(10) zu Hause die Zehn Gebote<br />
auf. Erstaunt sahen<br />
sich die Eltern an – und trugen<br />
gleich die entsprechen<strong>de</strong>n<br />
Regeln aus <strong>de</strong>m Islam<br />
zusammen. Familie Kasbek<br />
ist muslimisch. Die Großeltern<br />
kamen aus <strong>de</strong>r Türkei,<br />
Eltern und Kin<strong>de</strong>r sind in<br />
Hamburg geboren. Yüli<strong>de</strong><br />
und ihr Bru<strong>de</strong>r Kaan (8) gehen<br />
ebenfalls in die <strong>eva</strong>ngelische<br />
Kita St. Petrus. „Das<br />
Angebot ist gut, und schon<br />
beim Aufnahmegespräch<br />
stimmte die Chemie“, sagt<br />
Serpil Kasbek. „Ich erzähle<br />
Yüli<strong>de</strong> und Kaan von unserer<br />
Religion, in <strong>de</strong>r Kita nehmen<br />
sie am <strong>eva</strong>ngelischen<br />
Gottesdienst teil. Sie wachsen<br />
ohnehin in bei<strong>de</strong>n Kulturen<br />
auf“, so die Mutter.<br />
Wichtig seien „Ehrfurcht vor<br />
Gott und Nächstenliebe“ –<br />
„das sollen die Kin<strong>de</strong>r mitbekommen“.<br />
Quäker<br />
Keine Angst vor Unterschie<strong>de</strong>n<br />
Vorsicht vor Bewertungen: Das gilt auch beim Glauben<br />
Gott die Ruhe von <strong>de</strong>r Arbeit.<br />
Unterschei<strong>du</strong>ngen sind<br />
also enorm wichtig. Damit<br />
ist <strong>de</strong>r Satz: „Du bist an<strong>de</strong>rs<br />
als ich“ zunächst einmal ein<br />
Satz, <strong>de</strong>r uns in <strong>de</strong>r Kita keine<br />
Probleme bereitet. Im<br />
Gegenteil, wir bemühen uns<br />
darum, dass Kin<strong>de</strong>r ihn sagen<br />
können. Gleichzeitig<br />
wollen wir aber eine weitere<br />
Unterschei<strong>du</strong>ng treffen:<br />
„Was ist richtig, <strong>was</strong> ist<br />
falsch?“ <strong>Und</strong> hier lauert eine<br />
Gefahr, weil es leicht zu einer<br />
Verknüpfung kommen<br />
kann: „Ich bin an<strong>de</strong>rs als <strong>du</strong>,<br />
und ich bin richtig, <strong>du</strong> bist<br />
falsch.“ Diesen Kurzschluss<br />
wollen wir vermei<strong>de</strong>n. Die<br />
Kin<strong>de</strong>r sollen in unseren<br />
Einrichtungen Toleranz lernen,<br />
auch hinsichtlich <strong>de</strong>r<br />
Kulturen und Religionen.<br />
Aber häufig wird so getan,<br />
als gäbe es gar keine Unterschie<strong>de</strong>.<br />
Dann heißt es, <strong>de</strong>r<br />
Glaube sei „Privatsache“.<br />
<strong>Und</strong> gemeint ist damit oft:<br />
„Ist doch egal, <strong>was</strong> man<br />
glaubt.“ Aber das ist es ganz<br />
und gar nicht. Am Glauben<br />
hängen Werte, für die man<br />
sich einsetzt, und Sichtweisen,<br />
hinter die man nicht<br />
zurück will. Glaube be<strong>de</strong>utet<br />
eine Entschei<strong>du</strong>ng für et<strong>was</strong>,<br />
das mir wichtig, das mir<br />
heilig ist.<br />
Es ist nicht egal, ob jemand<br />
an Gott, <strong>de</strong>n Vater von<br />
Jesus Christus, glaubt o<strong>de</strong>r<br />
an Allah. Es macht einen<br />
Unterschied in <strong>de</strong>r Sichtweise<br />
auf die Welt, auf die an<strong>de</strong>ren<br />
Menschen, auf sich<br />
selbst. Nur wer Grenzen<br />
sieht, kann sie auch bewusst<br />
überschreiten. Es muss also<br />
Parry Todd ist an <strong>de</strong>r US-<br />
Ostküste groß gewor<strong>de</strong>n.<br />
Seine Familie gehört seit Generationen<br />
zur Religionsgemeinschaft<br />
<strong>de</strong>r Quäker, die<br />
auf unmittelbare Erfahrung<br />
Gottes setzt und <strong>de</strong>m Pazifismus<br />
verpflichtet ist. In<br />
Deutschland gibt es nur wenige<br />
hun<strong>de</strong>rt Mitglie<strong>de</strong>r.<br />
Todd lebt seit 1991 mit seiner<br />
<strong>de</strong>utschen Frau in Hamburg,<br />
die Töchter Helen (8)<br />
und Ida (5) gehen in die St.-<br />
Petrus-Kita. Getauft sind sie<br />
„bisher nicht“. Todd: „Sie<br />
wissen, dass in <strong>de</strong>r Kita unterschiedlicheNationalitäten<br />
vertreten sind, aber die<br />
Religionen spielen für sie<br />
noch keine Rolle.“<br />
Aufgabe in unseren Kitas<br />
sein, Kin<strong>de</strong>rn die Augen für<br />
die Unterschie<strong>de</strong> offenzuhalten.<br />
Dazu gehört es, im<br />
eigenen Glauben zu Hause<br />
zu sein wie auch an<strong>de</strong>re<br />
Glaubensrichtungen und<br />
Religionen kennenzulernen.<br />
Wir ehren die Glaubensrichtungen<br />
und Religionen<br />
<strong>de</strong>r Menschen in unseren<br />
Kitas, in<strong>de</strong>m wir uns für das<br />
interessieren, <strong>was</strong> sie an<strong>de</strong>rs,<br />
beson<strong>de</strong>rs macht. <strong>Und</strong><br />
dann können wir - Kin<strong>de</strong>r,<br />
Eltern, Mitarbeiten<strong>de</strong> - einan<strong>de</strong>r<br />
offen und ehrlich<br />
begegnen, je<strong>de</strong> und je<strong>de</strong>r<br />
mit <strong>de</strong>m eigenen Glauben.<br />
––––––––––––<br />
Frank Muchlinsky ist Pastor und<br />
Referent für Theologie und Religionspädagogik<br />
im Diakonischen<br />
Werk Hamburg.<br />
Eltern<br />
SERVICE<br />
Interreligiöser Dialog<br />
7<br />
Nor<strong>de</strong>lbien: Informationen zum christlich-islamischen<br />
und zum christlich-jüdischen<br />
Dialog gibt es im Nor<strong>de</strong>lbischen<br />
Missionszentrum in Hamburg. Dort arbeiten<br />
die Beauftragten Dr. Detlef Görrig und<br />
Hanna Lehming. Kontakt: www.nmz-mission.<strong>de</strong><br />
(dort: Interreligiöser Dialog).<br />
Vielfalt und Profil<br />
Broschüre: In <strong>de</strong>r Broschüre „Vielfalt leben<br />
– Profil gewinnen“ informiert die Bun<strong>de</strong>svereinigung<br />
Evangelischer Tageseinrichtungen<br />
für Kin<strong>de</strong>r e.V. (BETA) über<br />
<strong>eva</strong>ngelische Positionen zur interkulturellen<br />
und interreligiösen Bil<strong>du</strong>ng. Mit <strong>de</strong>r<br />
Diakonie stellt die BETA <strong>de</strong>n Weltkin<strong>de</strong>rtag<br />
am 20. September in diesem Jahr unter<br />
das Motto „Je<strong>de</strong>s Kind hat ein Recht<br />
auf seinen eigenen Glauben“. Die Aktionsmappe<br />
zum Weltkin<strong>de</strong>rtag enthält viele<br />
Anregungen zum interreligiösen Dialog.<br />
Mehr Infos unter Publikationen auf<br />
www.vek-sh.<strong>de</strong>.<br />
Kin<strong>de</strong>r und Werte<br />
Studie: „Kin<strong>de</strong>r brauchen Werte“ – Mit<br />
diesem Thema befasste sich in <strong>de</strong>n vergangenen<br />
zwei Jahren das Bun<strong>de</strong>sforum Familie.<br />
Ergebnisse zweier Studien und weitere<br />
Dokumente stehen im Internet zur Verfügung<br />
(www.kin<strong>de</strong>r-brauchen-werte.<strong>de</strong>). Eine<br />
Handreichung für Kitas erscheint im<br />
April. Dem Bun<strong>de</strong>sforum Familie gehören<br />
mehr als 100 Organisationen an, darunter<br />
auch die Diakonie. Jeweils für zwei Jahre<br />
geht es um einen Schwerpunkt, <strong>de</strong>r nächste<br />
ist Familie und Gesundheit.<br />
Kin<strong>de</strong>rlie<strong>de</strong>r fin<strong>de</strong>n<br />
Internet: Bei <strong>de</strong>r Suche nach Kin<strong>de</strong>rlie<strong>de</strong>rn<br />
und -musicals hilft eine neue Internetseite:<br />
www.mit-kin<strong>de</strong>rn-singen.<strong>de</strong>. Angezeigt wer<strong>de</strong>n<br />
Lie<strong>de</strong>rbücher, in <strong>de</strong>nen die gewünschten<br />
Werke enthalten sind, sowie Detailinfos<br />
zum Stück und Notenausschnitte. Die Bücher<br />
können (zum regulären Preis) von <strong>de</strong>r<br />
Website aus bestellt wer<strong>de</strong>n.<br />
Portal Kin<strong>de</strong>rbetreuung<br />
Vernetzung: Informationen und lokale<br />
Angebote zur Kin<strong>de</strong>rbetreuung bietet ein<br />
neues Internetportal <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sfamilienministeriums:www.vorteil-kin<strong>de</strong>rbetreuung.<strong>de</strong>.<br />
Es richtet sich an Eltern, die Betreuung<br />
für ihr Kind suchen. Erzieherinnen<br />
und Tagesmütter können sich über gesetzliche<br />
Neuerungen o<strong>de</strong>r Weiterbil<strong>du</strong>ng informieren.<br />
Ämter und Unternehmen erhalten<br />
Auskunft über För<strong>de</strong>rprogramme.<br />
LESERSERVICE<br />
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Kitazeitung dreimal im Jahr direkt ins<br />
Haus. Wen<strong>de</strong>n Sie sich an die Redaktion!
8 Schleswig-Holstein<br />
MELDUNGEN<br />
Neues Zeitzeugen-Portal<br />
KIEL – Kin<strong>de</strong>rgarten im Wan<strong>de</strong>l <strong>de</strong>r Zeiten:<br />
Dies ist Schwerpunktthema <strong>de</strong>s neuen<br />
Zeitzeugen-Portals <strong>de</strong>s Schleswig-Holsteinischen<br />
Zeitungsverlages (sh:z). Projektpartner<br />
ist <strong>de</strong>r Verband Evangelischer Kin<strong>de</strong>rtageseinrichtungen<br />
in Schleswig-Holstein<br />
e.V. (VEK). Unter www.ge-zeiten.<strong>de</strong><br />
können Sie Ihre eigene Kin<strong>de</strong>rgarten-Geschichte<br />
erzählen: als Kind, als Mutter<br />
o<strong>de</strong>r Vater, Opa o<strong>de</strong>r Oma, als Erzieherin<br />
o<strong>de</strong>r als Träger einer Kita.<br />
Von Kin<strong>de</strong>rn lernen<br />
RENDSBURG – Welche Aufgaben hat die<br />
Volkskirche in <strong>de</strong>r Einwan<strong>de</strong>rungsgesellschaft?<br />
Um diese Frage ging es beim Fachtag<br />
Interkultur En<strong>de</strong> Februar in Rendsburg.<br />
Hintergrund: Bereits 20 Prozent <strong>de</strong>r Menschen<br />
in Deutschland haben Migrationshintergrund,<br />
im Jahr 2010 soll dies auf 40<br />
Prozent aller Kin<strong>de</strong>r unter 14 Jahren zutreffen.<br />
Der Schleswiger Bischof Gerhard<br />
Ulrich regte an, im Umgang mit Migranten<br />
von Kin<strong>de</strong>rn zu lernen. Der Vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />
Kirchenleitung Nor<strong>de</strong>lbiens berichtete von<br />
einem <strong>eva</strong>ngelischen Kin<strong>de</strong>rgarten bei<br />
Flensburg, <strong>de</strong>r Mädchen und Jungen aus<br />
osteuropäischen Familien aufgenommen<br />
hatte. Alle Kin<strong>de</strong>r hätten überaus schnell<br />
Freundschaften geschlossen und sich gegenseitig<br />
ihre Sprache beigebracht. Dies,<br />
so Ulrich, habe ihn an Worte von Jesus erinnert:<br />
„Lasst die Kin<strong>de</strong>r zu mir kommen.“<br />
Chancen für Migranten<br />
NEUMÜNSTER – Wie können Kitas die<br />
Bil<strong>du</strong>ng von Kin<strong>de</strong>rn mit Migrationshintergrund<br />
för<strong>de</strong>rn? Das ist Thema beim Fachtag<br />
„Bil<strong>du</strong>ng von Anfang an“ am 22. April<br />
in Neumünster. Veranstalter sind Diakonie,<br />
VEK und die Europäische Aka<strong>de</strong>mie<br />
für Inklusion.<br />
Religion als Bil<strong>du</strong>ngsziel<br />
KIEL – Die Handreichung zum Bil<strong>du</strong>ngsbereich<br />
„Ethik, Religion und Philosophie“<br />
<strong>de</strong>r schleswig-holsteinischen Bil<strong>du</strong>ngsleitlinien<br />
richtet sich an alle Kitas und enthält<br />
Anregungen auch zur interreligiösen Arbeit.<br />
Sie wur<strong>de</strong> unter Fe<strong>de</strong>rführung <strong>de</strong>s<br />
VEK erstellt und kann unter www.schleswig-holstein.<strong>de</strong><br />
heruntergela<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n.<br />
Fit für die ganz Kleinen<br />
RENDSBURG – Im Auftrag <strong>de</strong>s Bil<strong>du</strong>ngsministeriums<br />
führen VEK und IBAF (Institut<br />
für berufliche Aus- und Fortbil<strong>du</strong>ng)<br />
am 2. Juli in Rendsburg einen Fachtag zu<br />
Angeboten für Kin<strong>de</strong>r unter drei Jahren in<br />
Kin<strong>de</strong>rtageseinrichtungen <strong>du</strong>rch. Eine<br />
Handreichung ist ebenfalls in Arbeit.<br />
Angebot für unter Dreijährige<br />
STEINBERGKIRCHE – Auch <strong>de</strong>r <strong>eva</strong>ngelische<br />
Kin<strong>de</strong>rgarten Steinbergkirche bietet<br />
nun Betreuung für die Kleinsten an. Die altersgemischte<br />
Gruppe wird von einer Erzieherin<br />
und einer sozialpädagogischen Assistentin<br />
betreut.<br />
EVANGELISCHE KITAZEITUNG<br />
DIE NORDELBISCHE | DAS JOURNAL | 5. APRIL 2009<br />
Aus Kin<strong>de</strong>rn wer<strong>de</strong>n Forscher<br />
Von Reinhart Kauffeld<br />
„Menschen bil<strong>de</strong>n be<strong>de</strong>utet<br />
nicht ein Gefäß zu füllen,<br />
son<strong>de</strong>rn ein Feuer zu entfachen.“<br />
Mit dieser altgriechischen<br />
Weisheit begrüßte<br />
Ulrike Menke, Referentin für<br />
die <strong>eva</strong>ngelischen Kitas in<br />
Kiel, die Gäste in <strong>de</strong>r Kita<br />
Noahs Arche in Kiel-Dietrichsdorf.<br />
Anlass war die<br />
Einweihung eines neuen Experimentierraums.<br />
In diesem<br />
Raum können die Kin<strong>de</strong>r<br />
mit Fantasie und Lust<br />
ihrem Forscherdrang freien<br />
Lauf lassen. „‚Versuch<br />
macht klug‘ lautet das Motto<br />
in diesem Raum, und dabei<br />
darf auch mal et<strong>was</strong> nass<br />
wer<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r kaputtgehen“,<br />
beschreibt Ulrike Menke das<br />
Konzept.<br />
Der Raum ist so eingerichtet,<br />
dass sogar schon<br />
Drei- bis Sechsjährige kleine<br />
physikalische und chemische<br />
Versuche mit Wasser,<br />
Schall, Licht und Farben<br />
selbst <strong>du</strong>rchführen können.<br />
Von Janina Pieper<br />
Versuch macht klug: Kieler Kita richtet Experimentierraum ein<br />
Ein spannen<strong>de</strong>s Erlebnis für Kin<strong>de</strong>r sind Versuche mit farbigem Wasser. Neugierig schauen Özlem,<br />
Yaren D., Kristina und Yaren B. (von links nach rechts) wie sich die Farben verän<strong>de</strong>rn. Foto: Kauffeld<br />
Wenn es ein bisschen gefährlich<br />
wer<strong>de</strong>n könnte, wie<br />
bei Versuchen mit Elektrizität,<br />
ist eine Erzieherin dabei.<br />
Bis zu vier Kin<strong>de</strong>r können<br />
hier allein o<strong>de</strong>r unter Anleitung<br />
die „Welt im Labor erforschen“.<br />
Damit die Möglichkeiten<br />
auch genutzt wer<strong>de</strong>n,<br />
haben die Erzieherin-<br />
nen <strong>de</strong>r Kita eine mehrtägige<br />
Fortbil<strong>du</strong>ng besucht.<br />
Den Umbau <strong>de</strong>s früheren<br />
Waschraums hat <strong>de</strong>r Kirchenkreis<br />
Kiel als Träger <strong>de</strong>r<br />
Kita übernommen. Die Bestückung<br />
mit <strong>de</strong>m Experimentiermaterial<br />
wur<strong>de</strong> von<br />
<strong>de</strong>r unabhängigen Bil<strong>du</strong>ngseinrichtung<br />
„Science-Lab“<br />
geför<strong>de</strong>rt. Sie wird von Unternehmen<br />
und Privatpersonen<br />
getragen, um bereits im<br />
Vorschulalter die Freu<strong>de</strong> am<br />
naturwissenschaftlichen<br />
Forschen zu wecken.<br />
––––––––––––<br />
Reinhart Kauffeld ist Öffentlichkeitsbeauftragter<br />
im Kirchenkreis<br />
Kiel.<br />
Einen Turm gebaut – Werte ent<strong>de</strong>ckt<br />
In <strong>de</strong>r Evangelischen Kita Fockbek steht das Miteinan<strong>de</strong>r an erster Stelle<br />
Ich bin wichtig. Genauso<br />
wertvoll wie alle an<strong>de</strong>ren.<br />
Diese Einsicht können<br />
Kin<strong>de</strong>r nur dann gewinnen,<br />
wenn ihnen Werte<br />
vermittelt wer<strong>de</strong>n. Ein Besuch<br />
in <strong>de</strong>r Evangelischen<br />
Kita Fockbek bei Rendsburg.<br />
„Warum haust <strong>du</strong>?“ Gina<br />
hält die Hand ihres kleinen<br />
Bru<strong>de</strong>rs fest und schaut ihn<br />
mit großen Augen an, „ so<strong>was</strong><br />
macht man nicht!“ Der<br />
kleine Jamie blickt zu seiner<br />
Schwester hoch und wirft<br />
seiner Spielkameradin ein<br />
leises „Entschuldigung“ zu.<br />
Jamie ist sichtbar stolz,<br />
dass seine große Schwester<br />
Gina ihn heute Vormittag in<br />
<strong>de</strong>r Evangelischen Kita<br />
Fockbek besucht. Der Dreijährige<br />
trägt ein blaues Shirt<br />
mit <strong>de</strong>m Aufdruck <strong>de</strong>r „Wil<strong>de</strong>n<br />
Kerle“, in seinem linken<br />
Arm baumelt ein Stoff-Nilpferd.<br />
Gina ist mit ihren sie-<br />
„Wir brauchen Nachschub!“: Turmbau in Fockbek. Foto: Pieper<br />
ben Jahren heute die Große.<br />
Sie darf <strong>de</strong>r Erzieherin in <strong>de</strong>r<br />
Küche helfen, um das gemeinsame<br />
Frühstück vorzubereiten.<br />
Jamie fin<strong>de</strong>t einen<br />
an<strong>de</strong>ren Spielpartner. Die<br />
Bauecke ist genau <strong>de</strong>r richtige<br />
Platz für wil<strong>de</strong> Kerle.<br />
Hier entstehen Türme aus<br />
Holzklötzen, die weit über<br />
die Köpfe <strong>de</strong>r Kleinen hinausragen.<br />
Als Gina in die<br />
Gruppe zurückkehrt, wird<br />
sie sofort zu <strong>de</strong>n Jungen gerufen<br />
– je<strong>de</strong> helfen<strong>de</strong> Hand<br />
wird gebraucht. Der Turm<br />
ist inzwischen so hoch, dass<br />
Jamie die Spitze nur noch<br />
mit Hilfe eines Stuhls erreichen<br />
kann. <strong>Und</strong> mit <strong>de</strong>m<br />
Turm wächst <strong>de</strong>r Stolz <strong>de</strong>r<br />
Kin<strong>de</strong>r. Das Projekt „Turmbau“<br />
ist erfolgreich. Keine<br />
Gewalt, kein Egoismus. Son<strong>de</strong>rn<br />
Zusammenhalt und<br />
Vertrauen.<br />
Nach <strong>de</strong>m gemeinsamen<br />
Abschlusslied geht <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rgartentag<br />
zu En<strong>de</strong>. Ein<br />
friedlicher, wertschätzen<strong>de</strong>r<br />
Tag. Nicht je<strong>de</strong>r Tag im Kin<strong>de</strong>rgarten<br />
verläuft so, aber<br />
das Miteinan<strong>de</strong>r steht hier<br />
an erster Stelle. Auch die<br />
Kleinsten müssen lernen,<br />
dass eine Welt ohne Werte<br />
nicht möglich ist, erklärt<br />
Leiterin Inke Mikkelsen.<br />
Während sich Gina und<br />
Jamie die Jacken anziehen,<br />
laufen drei an<strong>de</strong>re Kin<strong>de</strong>r<br />
noch einmal begeistert um<br />
<strong>de</strong>n etwa 1,60 Meter hohen<br />
Turm herum. Plötzlich stolpert<br />
ein Mädchen, <strong>de</strong>r Turm<br />
fällt mit einem gewaltigen<br />
„Ruff“ ineinan<strong>de</strong>r. Jamies<br />
Unterkiefer klappt nach unten.<br />
Mehr als ein ver<strong>du</strong>tztes<br />
„ Ey!“ bekommt er nicht heraus.<br />
Das kleine Mädchen<br />
schaut ihn erschrocken an,<br />
und nach einem längeren<br />
Zögern flüstert sie ihm ein<br />
vorsichtiges „Entschuldigung!“entgegen.<br />
––––––––––––<br />
Janina Pieper studiert Journalistik<br />
in Hannover. Sie hat als Kind<br />
die Evangelische Kita in Fockbek<br />
besucht.
EVANGELISCHE KITAZEITUNG<br />
DIE NORDELBISCHE | DAS JOURNAL | 5. APRIL 2009<br />
Von Markus Potten<br />
Damit hatte keiner gerechnet.<br />
Die Einführung <strong>de</strong>r Beitragsfreiheit<br />
für das letzte<br />
Kita-Jahr vor <strong>de</strong>r Einschulung<br />
sollte zum Sommer<br />
starten, doch dann kam es<br />
zu einer „Gesetzespanne“.<br />
In <strong>de</strong>r folgen<strong>de</strong>n Landtags<strong>de</strong>batte<br />
<strong>du</strong>rften wir erleben,<br />
wie schnell Politik (wenn es<br />
notwendig ist) Fehler korrigiert.<br />
Die Fachministerin<br />
NIEBÜLL – Täglich Bewegung,<br />
Musik und Rhythmus<br />
wollen die <strong>eva</strong>ngelischen<br />
Kin<strong>de</strong>rtagesstätten „Bunte<br />
Welt“ und „Montessori-Kin<strong>de</strong>rhaus“<br />
in Niebüll ihren 140<br />
Kin<strong>de</strong>rn bieten. Dafür lassen<br />
sie sich in sechs ganztägigen<br />
Workshops schulen. Dort<br />
dürfen sich Erzieherinnen<br />
mit kleinen Rhythmusinstrumenten<br />
und Trommeln<br />
richtig „austoben“. Rhythmuspädagogin<br />
Dagmar<br />
Fehler korrigiert – Hut ab!<br />
entschuldigte sich sogar bei<br />
allen Beteiligten. Dies ist lei<strong>de</strong>r<br />
nicht selbstverständlich.<br />
Deswegen: Hut ab!<br />
Dennoch: Dies ist nur <strong>de</strong>r<br />
Anfang. Die weiteren beitragsfreien<br />
Kita-Jahre in<br />
Schleswig-Holstein sollen im<br />
Frühsommer verhan<strong>de</strong>lt<br />
wer<strong>de</strong>n. Warten wir ab, ob<br />
das gelingt. Wir sind gespannt,<br />
ob die Politik endlich<br />
wahrnimmt, <strong>was</strong> dringend<br />
ansteht, und die Kita-Finanzierung<br />
neu ausrichtet.<br />
Eine finanzielle Entlastung<br />
<strong>de</strong>r Eltern ist notwendig.<br />
Doch unsere Kitas brauchen<br />
unbedingt auch besse-<br />
Schleswig-Holstein<br />
VEK mahnt Neuausrichtung <strong>de</strong>r Kita-Finanzierung an GASTBEITRAG<br />
Markus Potten ist Geschäftsführer<br />
<strong>de</strong>s VEK.<br />
Mit Musik geht alles besser:<br />
Neues Projekt gestartet<br />
Frey-Grön führt im Auftrag<br />
<strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>rför<strong>de</strong>rvereins<br />
Nordfriesland e.V. außer<strong>de</strong>m<br />
Beratungsgespräche in <strong>de</strong>n<br />
Kin<strong>de</strong>rtagesstätten sowie Elternaben<strong>de</strong><br />
<strong>du</strong>rch. Im Juli<br />
gibt es zum Abschluss eine<br />
Trommelmitmachaktion für<br />
Kin<strong>de</strong>r, Erzieherinnen, Eltern<br />
und Großeltern. Das<br />
Projekt erhält einen Zuschuss<br />
<strong>de</strong>s Kreises. Mehr Informationen<br />
unter www.kin<strong>de</strong>rfoer<strong>de</strong>rverein-nf.<strong>de</strong>.<br />
Erkennungsmelodie gesucht<br />
Musikwettbewerb zum<br />
Kita-Motto „Mit Gott<br />
groß wer<strong>de</strong>n“<br />
Zum nor<strong>de</strong>lbischen Kita-Motto<br />
„Mit Gott groß<br />
wer<strong>de</strong>n“ suchen wir eine<br />
Erkennungsmelodie. Bis<br />
zum 30. Juni können<br />
<strong>eva</strong>ngelische Kitas in<br />
Schleswig-Holstein sich<br />
Text und Melodie aus<strong>de</strong>nken<br />
und ihren Beitrag einreichen.<br />
Den Wettbewerb<br />
schreibt <strong>de</strong>r VEK zusammen<br />
mit <strong>de</strong>r Abteilung<br />
Popularmusik <strong>de</strong>r Nor<strong>de</strong>lbischen<br />
Kirche aus. Auf<br />
die Gewinner warten attraktive<br />
Sachpreise, gesponsert<br />
von <strong>de</strong>n Firmen<br />
Ullewaeh, org-<strong>de</strong>lta und<br />
Basisgemein<strong>de</strong> Wulfshagenerhütten.<br />
Vom erstplatzierten<br />
Song wird eine<br />
CD pro<strong>du</strong>ziert: zum<br />
Nachsingen in <strong>de</strong>n Kitas<br />
bei vielen Anlässen. Preisverleihung<br />
und Präsentation<br />
<strong>de</strong>r Songs am 8. Oktober<br />
beim Jubiläum zum<br />
60-jährigen Bestehen <strong>de</strong>s<br />
VEK. Das Faltblatt mit <strong>de</strong>r<br />
Ausschreibung fin<strong>de</strong>n Sie<br />
unter www.vek-sh.<strong>de</strong>.<br />
Von Jane Mentz<br />
„So et<strong>was</strong> wie dieses Treffen<br />
hier habe ich überhaupt<br />
noch nicht erlebt“, freute<br />
sich Pastor Reinhard Pawelitzki,<br />
Leiter <strong>de</strong>s Kitaverbun<strong>de</strong>s<br />
in Angeln, beim traditionellen<br />
Fortbil<strong>du</strong>ngstag aller<br />
200 Erzieherinnen und sozialpädagogischenAssistentinnen.<br />
„Trommelzauber“,<br />
das diesjährige Thema, war<br />
mit Spannung erwartet<br />
wor<strong>de</strong>n. Jonny Lamprecht<br />
und Bernhard Heintsch gaben<br />
eine Einführung in das<br />
afrikanische Trommeln –<br />
mit spürbarer Liebe zu dieser<br />
Tradition. „Das war et<strong>was</strong><br />
für Motorik und Koordination,<br />
das war ein Einblick<br />
in eine an<strong>de</strong>re Kultur“,<br />
schwärmte Annegret Rönnau<br />
von <strong>de</strong>r Heilpädagogi-<br />
re Rahmenbedingungen.<br />
Nur so können sie die zusätzlichen<br />
Aufgaben bewältigen:<br />
Angebote für Kin<strong>de</strong>r<br />
unter drei Jahren schaffen,<br />
die Inhalte gemäß <strong>de</strong>m Bil<strong>du</strong>ngsauftragweiterentwickeln,<br />
Sprache för<strong>de</strong>rn und<br />
vieles mehr. Darum: Wir sind<br />
auf <strong>de</strong>m richtigen Weg, wenn<br />
wir uns ehrlich für die Belange<br />
von Kin<strong>de</strong>rn und Familien<br />
einsetzen und nicht nur<br />
auf Wahltermine schielen!<br />
Von Trommeln verzaubert bei<br />
Fortbil<strong>du</strong>ngstag in Angeln<br />
Neue Eindrücke und Zeit zum Auftanken. Foto: privat<br />
schen Tagesstätte Sü<strong>de</strong>rbrarup.<br />
Sie wolle das auch mit<br />
<strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn ausprobieren.<br />
Marion Mieske vom Vorbereitungsteam<br />
meinte: „Ein<br />
richtiger Tag zum Auftanken.“<br />
Propst Hans Christian<br />
Gerber verwies auf die Herausfor<strong>de</strong>rungen,<br />
vor <strong>de</strong>nen<br />
die Einrichtungen stehen.<br />
So wer<strong>de</strong>n an vielen Orten<br />
Krippengruppen für die unter<br />
Dreijährigen eingerichtet,<br />
<strong>was</strong> <strong>de</strong>n entwicklungspädagogischen<br />
Blickwinkel<br />
verän<strong>de</strong>re: „Es gilt sich noch<br />
einmal neu zu konzentrieren<br />
auf entwicklungsgemäßes<br />
Wachsen <strong>de</strong>r ganz Kleinen“,<br />
betonte Gerber.<br />
––––––––––––<br />
Jane Mentz ist Öffentlichkeitsbeauftragte<br />
<strong>de</strong>s Kirchenkreises Angeln.<br />
Von Andreas Henschel<br />
9<br />
Kitas sind mehr<br />
als Knete<br />
Die Namen unserer Kitas<br />
sind mitunter so<br />
vielfarbig, tiefgründig<br />
und sagenhaft wie unsere<br />
Kin<strong>de</strong>r selbst.Von<br />
<strong>de</strong>r „Kita Kunterbunt“<br />
über „Funkelstein“ und „Die wil<strong>de</strong> 13“<br />
bis zum „Flohzirkus“ reicht das Spektrum<br />
<strong>de</strong>r Namensschil<strong>de</strong>r an <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rgärten.<br />
Mit „Fantastische Kita“ und<br />
„Kita kostenlos“ hatte die Lan<strong>de</strong>selternvertretung<br />
eine Weiterentwicklung <strong>de</strong>s<br />
Kita-Angebotes vorgeschlagen. Seit Kurzem<br />
bietet die Politik einen wahren<br />
Flohzirkus, ein ganzes Angebot funkeln<strong>de</strong>r<br />
Steine: Die Bun<strong>de</strong>spolitik investiert<br />
in <strong>de</strong>n so genannten U3-Bereich.<br />
Investieren ist das richtige Wort, <strong>de</strong>nn<br />
die meistgenannte Begrün<strong>du</strong>ng liegt<br />
nicht in <strong>de</strong>r Persönlichkeit o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Entwicklung<br />
<strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s. Sie liegt in <strong>de</strong>r<br />
Notwendigkeit, in wenigen Jahren unsere<br />
Sozialsysteme zu stützen.<br />
Das Land hatte seine Zahlungen an<br />
die Kitas ge<strong>de</strong>ckelt. Doch funkeln auch<br />
hier Steine: Das beitragsfreie Kita-Jahr<br />
wur<strong>de</strong> eingeführt. Alle Politiker hielten<br />
das für selbstverständlich gut, und so<br />
wur<strong>de</strong> es ohne große Rückfrage o<strong>de</strong>r<br />
Rückkoppelung mit Betroffenen umgesetzt<br />
– versehentlich mit einem Gesetzesfehler.<br />
Prompt wan<strong>de</strong>lte sich <strong>de</strong>r gute<br />
Plan in ein Chaos. Das Einzelspiel <strong>de</strong>r<br />
Politik um Beitragsfreiheit wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r<br />
Öffentlichkeit zerrissen. <strong>Und</strong> die eigentlichen<br />
Mitspieler, darunter die Eltern,<br />
fan<strong>de</strong>n immer mehr Spielfehler, sahen,<br />
dass im Län<strong>de</strong>rvergleich allenfalls ein<br />
Rückstand aufgeholt wur<strong>de</strong>, und<br />
wünschten ein besseres Zusammenspiel.<br />
Denn Fragen blieben offen:Was ist<br />
mit <strong>de</strong>n Beiträgen <strong>de</strong>r ersten Jahre,<br />
müssen sie erhöht wer<strong>de</strong>n? Wie sieht es<br />
aus mit <strong>de</strong>n Qualitätsstandards?<br />
<strong>Und</strong> <strong>de</strong>n Erziehern wird immer mehr<br />
Bürokratie aufgedrückt. Das be<strong>de</strong>utet<br />
weniger Zeit für die Betreuung unserer<br />
Kin<strong>de</strong>r.Wo ist das Zusammenspiel, um<br />
die Gruppenstärke von 20, momentan<br />
eigentlich 22 Kin<strong>de</strong>rn auf die „wil<strong>de</strong> 13“<br />
zu bringen? Keiner hat sie gezählt, heißt<br />
es bei Michael En<strong>de</strong> – und 12 wären eine<br />
gute Gruppenstärke.<br />
Denn für die Entwicklung <strong>de</strong>s Erziehungs-,<br />
Bil<strong>du</strong>ngs- und Betreuungsauftrages<br />
<strong>de</strong>r Kita kommt es vor allem auf<br />
das Zusammenspiel aller Beteiligten<br />
an: Politik, Kommunen, Träger, Erzieher<br />
und Eltern. Dann erkennt man rasch:<br />
Kitas sind mehr als Knete.<br />
––––––––––––<br />
AAnnddrreeaass HHeennsscchheell ist <strong>de</strong>r neue Vorsitzen<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>selternvertretung für Kin<strong>de</strong>rtageseinrichtungen<br />
in Schleswig-Holstein.
10 Hamburg<br />
MELDUNGEN<br />
Kitas fit für die Zukunft<br />
Gesundheit: Die Kitas Zu <strong>de</strong>n zwölf Aposteln<br />
in Lurup und Guter Hirte in Jenfeld<br />
sind „fit für die Zukunft“. Die gleichnamige<br />
Auszeichnung wur<strong>de</strong> im Februar verliehen.<br />
Zwei Jahre lang hatten die bei<strong>de</strong>n<br />
<strong>eva</strong>ngelischen Kitas und sechs weitere in<br />
Hamburg an einem Mo<strong>de</strong>llprojekt <strong>de</strong>r Arbeitsgemeinschaft<br />
für Gesundheitsför<strong>de</strong>rung<br />
e.V. (HAG) teilgenommen.<br />
In dieser Zeit wur<strong>de</strong>n gesundheitsför<strong>de</strong>rn<strong>de</strong><br />
Maßnahmen entwickelt und mit viel Engagement<br />
umgesetzt. In <strong>de</strong>r Kita zu <strong>de</strong>n<br />
zwölf Aposteln ging es neben Lärmschutz<br />
und gesun<strong>de</strong>r Ernährung vor allem um die<br />
Gestaltung eines kleinen Waldgelän<strong>de</strong>s,<br />
das die Behör<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Kita überlassen hatte.<br />
Wichtig war Leiterin Susanna Müller die<br />
Partizipation <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r: „Die ‚Waldhüter‘<br />
konnten eigene I<strong>de</strong>en einbringen: Müll<br />
aufsammeln, ein Baumhaus bauen, ein<br />
Vogelhaus aufstellen, ein Lagerfeuer mit<br />
Stockbrot machen.“<br />
Lärmschutz war laut einer Umfrage unter<br />
Eltern und Mitarbeiten<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Kita Guter<br />
Hirte am dringendsten. Eine Messung<br />
hatte zu hohe Lärmwerte ausgewiesen.<br />
Insgesamt investierte die Kita 6000 Euro<br />
in die Schalldämmung <strong>de</strong>r Gruppenräume<br />
und in eine „Lärmampel“. Mit diesem Instrument,<br />
das auf bestimmte Lautstärken<br />
mit grün, gelb o<strong>de</strong>r rot reagiert, wur<strong>de</strong>n<br />
die Kin<strong>de</strong>r für das Thema sensibilisiert. Die<br />
Messungen nach <strong>de</strong>m Umbau ergaben wesentlich<br />
bessere Werte. Davon profitieren<br />
sowohl die Mitarbeiterinnen als auch die<br />
Kin<strong>de</strong>r.<br />
In vier Tagen um die Welt<br />
Kulturaustausch: Neun- bis 14-Jährige<br />
in Hamburg können auf „Weltreise“<br />
gehen: Jeweils vier Kin<strong>de</strong>r unterschiedlicher<br />
Herkunft besuchen einan<strong>de</strong>r und<br />
verbringen in je<strong>de</strong>r Familie einen Tag.<br />
Das kostenlose Angebot mit <strong>de</strong>m Namen<br />
„Switch“ soll Integration und Solidarität<br />
för<strong>de</strong>rn. Hinter <strong>de</strong>m mehrfach ausgezeichneten<br />
Projekt steht <strong>de</strong>r Verein Kulturbrücke<br />
Hamburg. Anmel<strong>de</strong>schluss für die<br />
„Switch“-Wochen im Sommer ist am 22.<br />
Juni. Informationen unter www.switchhamburg.<strong>de</strong>.<br />
Der Sonne auf <strong>de</strong>r Spur<br />
Umwelt: Zehn Kitas <strong>de</strong>s Kirchenkreises Altona<br />
beschäftigen sich in diesem Jahr mit<br />
<strong>de</strong>r Sonne als Ursprung aller Energie und<br />
allen Lebens. Die Kin<strong>de</strong>r erfahren wie Sonnenenergie,<br />
Pflanzenwachstum, <strong>de</strong>r Wasserkreislauf,<br />
Wind und Wetter zusammenhängen<br />
und wirken. Dabei ent<strong>de</strong>cken sie,<br />
wie sie Energie sparen und damit einen<br />
Beitrag zum Klimaschutz leisten können.<br />
Auch die Einrichtungen entwickeln Maßnahmen,<br />
um Energie und Ressourcen zu<br />
sparen. Umgesetzt wird das Projekt von<br />
<strong>de</strong>r Umweltstiftung Save Our Future S.O.F.<br />
und <strong>de</strong>m Umwelthaus am Schüberg mit finanzieller<br />
Unterstützung <strong>de</strong>s Kirchenkreises<br />
Altona. Informationen: www.<strong>kita</strong>21.<strong>de</strong><br />
EVANGELISCHE KITAZEITUNG<br />
DIE NORDELBISCHE | DAS JOURNAL | 5. APRIL 2009<br />
TV-Gerät im Kin<strong>de</strong>rzimmer<br />
Von Detlev Brockes<br />
Kita in Steilshoop fragte Kin<strong>de</strong>r nach ihren Fernsehgewohnheiten<br />
Mehr als dreieinhalb Stun<strong>de</strong>n pro<br />
Tag sehen Erwachsene fern.In vielen<br />
Familien ist Fernsehen die wichtigste<br />
Freizeitbeschäftigung. Aber <strong>was</strong><br />
gucken die Kin<strong>de</strong>r, und wie geht es<br />
ihnen dabei? Das wollte das Team <strong>de</strong>s<br />
Evangelischen Kin<strong>de</strong>rtagesheims<br />
Martin-Luther-King in Hamburg-<br />
Steilshoop wissen.Über mehrere Wochen<br />
lief ein Medienprojekt, das mit<br />
einem Elternabend en<strong>de</strong>te.<br />
Guckt ihr Fernsehen beim Frühstück?<br />
Welche Lieblingssen<strong>du</strong>ngen habt ihr?<br />
Was esst ihr vor <strong>de</strong>m Fernseher? <strong>Und</strong><br />
<strong>was</strong> macht euch Angst? Zu diesen und<br />
weiteren Fragen entstan<strong>de</strong>n Plakate in<br />
<strong>de</strong>r Elementar- und in <strong>de</strong>r Hortgruppe.<br />
Manches malten, schrieben und klebten<br />
die Kin<strong>de</strong>r selbst auf, an<strong>de</strong>res notierten<br />
die Erzieherinnen aus Gesprächen<br />
und Interviews.<br />
„Die Kin<strong>de</strong>r erzählten während <strong>de</strong>s<br />
Projekts sehr viel vom Fernsehen“, berichtet<br />
Mitarbeiterin Ortrud Keller.<br />
„Von <strong>de</strong>n Fünf- bis Elfjährigen erfuhren<br />
wir zum Beispiel, dass mehr als die<br />
Hälfte einen Fernseher im Zimmer<br />
hat.“ Aber auch von <strong>de</strong>n Jüngeren hätten<br />
etliche ein eigenes Gerät.<br />
Auf Kärtchen konnten die Kin<strong>de</strong>r ihre Lieblingssen<strong>du</strong>ngen angeben. Foto Scholz<br />
Von Elke Reimer<br />
Manchmal wer<strong>de</strong>n wir gefragt,<br />
warum wir uns mit unserem<br />
„Brotfrühstück“ so<br />
viel Arbeit machen. An drei<br />
Tischen frühstücken wir mit<br />
Vollkornbrot, Graubrot, Butter,<br />
Aufschnitt, Käse, Obst<br />
und Gemüse. <strong>Und</strong> alle Kin<strong>de</strong>r<br />
helfen bei <strong>de</strong>r Vorbereitung.<br />
Lernfel<strong>de</strong>r für die Kin<strong>de</strong>r<br />
zu schaffen heißt in diesem<br />
Fall, nicht <strong>de</strong>n schnellsten<br />
Weg zur Erledigung die Arbeit<br />
zu suchen, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>n<br />
Kin<strong>de</strong>rn viele Möglichkeiten<br />
zu geben, sich aktiv und verantwortlich<br />
zu beteiligen.<br />
Mathematik zum Frühstück<br />
Ein eigenes Poster füllen die Sportsen<strong>du</strong>ngen:<br />
Demnach schauen die<br />
Kin<strong>de</strong>r nicht nur Fußball und Autorennen,<br />
son<strong>de</strong>rn auch Triathlon und<br />
Show-Catchen. Bei <strong>de</strong>n Lieblingsserien<br />
tauchen die „Wil<strong>de</strong>n Kerle“ und<br />
„Sponge Bob“ ebenso auf wie „Verbotene<br />
Liebe“ o<strong>de</strong>r die Disney-Pro<strong>du</strong>ktion<br />
„Hannah Montana“.<br />
Die Beiträge auf einem an<strong>de</strong>ren Plakat<br />
zeigen, <strong>was</strong> Kin<strong>de</strong>r ängstigt: „Wenn<br />
Glasscherben kaputtgehen“, „es war<br />
Feuer und das Baby lag im Auto“,<br />
„Menschen mit Masken“. O<strong>de</strong>r die<br />
mor<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Puppe aus einem Horrorfilm,<br />
<strong>de</strong>r erst ab 16 freigegeben ist (in<br />
diesem Fall suchten Kita-Mitarbeiterinnen<br />
das Gespräch mit <strong>de</strong>n Eltern<br />
<strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s).<br />
Eine Woche ohne Medien?<br />
Bei einem Elternabend zum Medienprojekt<br />
wur<strong>de</strong>n die Plakate präsentiert.<br />
Außer<strong>de</strong>m hatte das Team um Leiterin<br />
Wiltrud Wolter Infos und Zahlen zur<br />
Mediennutzung zusammengestellt.<br />
Arbeitsgruppen befassten sich zum<br />
Beispiel mit <strong>de</strong>r Frage: „Eine Woche<br />
keine Medien – <strong>was</strong> machen wir mit<br />
<strong>de</strong>r ganzen Zeit?“ O<strong>de</strong>r: „Hilfe, mein<br />
Kind gibt die Fernbedienung nicht heraus.“<br />
Eine weitere Gruppe stellte Argumente<br />
zusammen, <strong>was</strong> sie am Fernsehen<br />
positiv fin<strong>de</strong>t.<br />
„Lei<strong>de</strong>r waren nur wenige Familien<br />
da“, bedauert Ortrud Keller. Manchen<br />
Zuwan<strong>de</strong>rern wür<strong>de</strong>n die Sprachkenntnisse<br />
fehlen, um einem Elternabend<br />
zu folgen. Trotz<strong>de</strong>m will die Kita<br />
das Medienprojekt wie<strong>de</strong>rholen. Die<br />
Eltern wür<strong>de</strong>n dann noch stärker einbezogen,<br />
kündigt Wiltrud Wolter an.<br />
Warum <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rgarten Steinbek beson<strong>de</strong>re Mahlzeiten ausrichtet<br />
Die einen <strong>was</strong>chen Obst,<br />
die nächsten verteilen Brot,<br />
Butter, Aufschnitt und Käse<br />
gleichmäßig auf je drei Teller.<br />
Diese Dinge müssen<br />
herbeigeholt wer<strong>de</strong>n, ebenso<br />
wie Messer für je<strong>de</strong>s Kind.<br />
Wer noch nicht bis 18 zählen<br />
kann, geht eben zwei- o<strong>de</strong>r<br />
dreimal und holt neun o<strong>de</strong>r<br />
sechs Messer bei einem<br />
Weg. Obst und Gemüse wird<br />
von <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn kleingeschnitten<br />
– mit einem scharfen<br />
Messer auf einem Holzbrett.<br />
Das geschieht in <strong>de</strong>r<br />
Regel sehr umsichtig und<br />
gewissenhaft. Wer zu unruhig<br />
ist, versucht es mit einem<br />
normalen Besteckmes-<br />
ser. Aber die Kin<strong>de</strong>r bringen<br />
große Konzentration auf<br />
und übernehmen Verantwortung,<br />
„wenn wir mit <strong>de</strong>n<br />
scharfen Messern schnei<strong>de</strong>n<br />
dürfen“.<br />
Zum Schluss kommt ein<br />
schwieriger Auftrag, <strong>de</strong>n ein<br />
Kind allein o<strong>de</strong>r auch eine<br />
kleine Gruppe ausführt: Die<br />
auf einem Tisch gesammelten<br />
Zutaten müssen so verteilt<br />
wer<strong>de</strong>n, dass auf je<strong>de</strong>m<br />
Tisch von allem et<strong>was</strong> angeboten<br />
wird. Erstaunlich<br />
schnell verschaffen die Kin<strong>de</strong>r<br />
sich hier einen Überblick<br />
und führen gera<strong>de</strong> diesen<br />
Auftrag gern ganz allein<br />
aus.<br />
<strong>Und</strong> die Mathematik? Es<br />
wer<strong>de</strong>n ständig Mengen<br />
und Größen betrachtet und<br />
gezählt - <strong>de</strong>nn es soll alles<br />
gerecht verteilt wer<strong>de</strong>n. Fast<br />
nebenbei för<strong>de</strong>rt das Brotstreichen<br />
und Anreichen <strong>de</strong>r<br />
Zutaten Aufmerksamkeit,<br />
Kommunikation und Hilfsbereitschaft.<br />
Meist dauern<br />
diese Frühstücke beson<strong>de</strong>rs<br />
lange, weil es gut schmeckt,<br />
es sich schön klönen lässt<br />
und es Spaß macht, das<br />
selbst zubereitete Essen zu<br />
verzehren.<br />
––––––––––––<br />
Elke Reimer leitet <strong>de</strong>n Evangelischen<br />
Kin<strong>de</strong>rgarten Steinbek im<br />
Osten Hamburgs.
EVANGELISCHE KITAZEITUNG<br />
DIE NORDELBISCHE | DAS JOURNAL | 5. APRIL 2009<br />
Kin<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Kita Wackelzahn erforschen mit ihren selbstgebauten Instrumenten Klänge und Töne. Foto: Ohl<br />
Farben erforschen, Töne fühlen<br />
Projekt in Lohbrügger Kita verbin<strong>de</strong>t Musik, Malerei und Naturwissenschaft<br />
Von Ulrike Kotthaus<br />
Ist in einem grünen Filzstift nur grüne<br />
Farbe? Wann sehe ich einen Regenbogen?<br />
Was ist Schall? Wie hören<br />
wir? Warum hat die Fle<strong>de</strong>rmaus zwei<br />
große Ohren? Mit diesen und an<strong>de</strong>ren<br />
Fragen haben sich die Vorschulkin<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>r <strong>eva</strong>ngelischen Kita Wackelzahn<br />
in Lohbrügge im vergangenen<br />
halben Jahr auseinan<strong>de</strong>rgesetzt.<br />
Im Projekt „Kultur und Wissen“ erleben<br />
Vorschulkin<strong>de</strong>r die Verbin<strong>du</strong>ng<br />
von Kunst, Ästhetik und Naturwissenschaft.<br />
Es entstand <strong>du</strong>rch die Zusammenarbeit<br />
<strong>de</strong>r Kita Wackelzahn und<br />
<strong>de</strong>s Mitmachlabors EMA, „Experimentieren<br />
mit Albert“. Als weitere Projektpartner<br />
kamen das Kunst-Atelier Freigleis<br />
und Carsten Gundlach hinzu. Der<br />
Stadtteilbeirat Lohbrügge för<strong>de</strong>rte das<br />
Projekt mit 1000 Euro.<br />
„Kultur und Wissen“ verbin<strong>de</strong>t Musik<br />
bzw. Malerei und naturwissenschaftliches<br />
Experimentieren. Das för<strong>de</strong>rt die<br />
ganzheitliche Entwicklung <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r,<br />
es unterstützt Konzentration, Sprachvermögen,<br />
Kreativität, Feinmotorik und<br />
das naturwissenschaftliche Verständnis.<br />
Lernbereitschaft, Neugier<strong>de</strong> und<br />
Wahrnehmungsvermögen wer<strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>utlich erhöht. Die Kin<strong>de</strong>r arbeiten<br />
konzentriert, so selbstständig wie möglich,<br />
mit all ihren Sinnen und viel Spaß.<br />
Das Projekt ist in zwei Blöcke aufgeteilt<br />
mit insgesamt 14 Einheiten. Die<br />
Schwerpunkte sind zum einen Optik<br />
und Malerei, zum an<strong>de</strong>ren Akustik und<br />
Musik. Die Vorschulkin<strong>de</strong>r bil<strong>de</strong>n zwei<br />
Gruppen mit jeweils zwölf Kin<strong>de</strong>rn, die<br />
während <strong>de</strong>s Projekts zusammenbleiben.<br />
Die anwesen<strong>de</strong>n Erzieherinnen<br />
können intensiv auf einzelne Kin<strong>de</strong>r<br />
eingehen, die in Teilbereichen mehr<br />
Unterstützung und För<strong>de</strong>rung benötigen.<br />
Im Block Optik und Malerei wer<strong>de</strong>n<br />
die Kin<strong>de</strong>r dafür sensibilisiert, Farben<br />
unterschiedlich zu betrachten. Sie erkennen<br />
nicht nur, dass sich Farben zerlegen<br />
lassen, son<strong>de</strong>rn auch, <strong>was</strong> es mit<br />
<strong>de</strong>n Regenbogenfarben auf sich hat.<br />
Vertieft wird dieses Wissen <strong>du</strong>rch das<br />
Herstellen und Experimentieren mit<br />
„selbstgemachten“ Farben.<br />
Im Block Akustik und Musik erfahren<br />
die Kin<strong>de</strong>r, dass Töne nicht nur<br />
hörbar, son<strong>de</strong>rn auch sichtbar und<br />
fühlbar sind. Sie spüren Musik mit ihrem<br />
Körper und lernen das menschliche<br />
Ohr kennen.<br />
En<strong>de</strong> Januar wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Abschluss<br />
<strong>de</strong>s Projekts „Kultur und Wissen“ mit<br />
allen Mitwirken<strong>de</strong>n, Eltern und Interessierten<br />
gefeiert. Stolze, motivierte<br />
und begeisterte Kin<strong>de</strong>r zeigten ihren<br />
Eltern, <strong>was</strong> sie gelernt und gestaltet<br />
hatten: Sie präsentierten ihre Kunstwerke,<br />
führten die selbst hergestellten<br />
Mo<strong>de</strong>lle und Musikinstrumente vor<br />
und gaben ein Abschlusskonzert. Für<br />
alle spürbar wur<strong>de</strong> das große Engagement<br />
<strong>de</strong>r Projektbeteiligten und die<br />
hohe Akzeptanz bei <strong>de</strong>n Eltern.<br />
„Kultur und Wissen“ kann nun auch<br />
in an<strong>de</strong>ren Einrichtungen umgesetzt<br />
wer<strong>de</strong>n. Mit zwölf Kin<strong>de</strong>rn im Vorschulalter<br />
pro Gruppe und einem<br />
Teammitglied <strong>de</strong>r Kita wird an 14 Terminen<br />
kontinuierlich gearbeitet. Bei<br />
<strong>de</strong>r Planung sollten eine halbjährige<br />
Projektlaufzeit und Kosten von 75 Euro<br />
pro Kind einbezogen wer<strong>de</strong>n.<br />
––––––––––––<br />
Mehr Informationen: www.mitmachlaborema.<strong>de</strong>,<br />
www.<strong>kita</strong>-wackelzahn.<strong>de</strong><br />
Schulpolitik: Kitas außen vor<br />
Viele Kitas arbeiten erfolgreich mit<br />
Schulen zusammen. Aber in <strong>de</strong>n regionalenSchulentwicklungskonferenzen,<br />
die <strong>de</strong>rzeit laufen, sind die<br />
Kitas kaum vertreten, kritisiert das<br />
Diakonische Werk (DW) Hamburg.<br />
Hintergrund: Die Stadt will die<br />
Schulen in <strong>de</strong>n nächsten Jahren reformieren,<br />
um „mehr Leistung und<br />
mehr soziale Gerechtigkeit zu erreichen“.<br />
Dazu fin<strong>de</strong>n bis Mai regionale<br />
Konferenzen statt, die unter an<strong>de</strong>rem<br />
Vorschläge für eine Verteilung<br />
<strong>de</strong>r Primar- und Stadtteilschulen<br />
machen. In <strong>de</strong>n Konferenzen sind<br />
Schulleitungen, Eltern und Lehrer<br />
vertreten. Die Kita-Verbän<strong>de</strong> dürfen,<br />
nach<strong>de</strong>m sie intervenierten, zumin<strong>de</strong>st<br />
Beobachter entsen<strong>de</strong>n.<br />
„Für eine Kooperation auf Augenhöhe<br />
wäre es nötig gewesen, auch die<br />
Kita-Leitungen zu beteiligen“, sagt<br />
Fachbereichsleiterin Gerlin<strong>de</strong> Gehl<br />
vom DW. Den Einrichtungen empfiehlt<br />
sie, vorerst ihre bestehen<strong>de</strong>n<br />
regionalen Netzwerke zu nutzen.<br />
Hamburg<br />
STANDPUNKT<br />
Von Benigna Werthen<br />
11<br />
Wenig Spielzeug,<br />
viel Fantasie<br />
Die spielzeugfreie Zeit in unserem Kin<strong>de</strong>rgarten<br />
Am Kirchberg in Wohldorf-<br />
Ohlstedt ist ganz beson<strong>de</strong>rs. Zum Beginn<br />
<strong>de</strong>r Fastenzeit wird das Spielzeug<br />
zum Urlaub in <strong>de</strong>n Keller geschickt.<br />
Statt zu basteln, anzuleiten und I<strong>de</strong>en<br />
vorzugeben, nehmen sich die Erzieherinnen<br />
zurück, beobachten und unterstützen<br />
die Kleinen nur indirekt. Die<br />
Kin<strong>de</strong>r müssen sieben Wochen lang mit<br />
wenigen Naturmaterialien, Decken<br />
und Verklei<strong>du</strong>ngsstücken selbst ihre<br />
Tage gestalten. Sie müssen I<strong>de</strong>en entwickeln<br />
und eigenständig prüfen, <strong>was</strong><br />
sie am liebsten machen wür<strong>de</strong>n.Wir<br />
Eltern schwanken zwischen Skepsis<br />
und Interesse. Ein Projekt zur Suchtprävention*<br />
im Kin<strong>de</strong>rgarten? Ist das<br />
jetzt schon nötig und sinnvoll? Wo<br />
bleiben Grenzen und Regeln?<br />
Elina und Alexan<strong>de</strong>r, meine bei<strong>de</strong>n<br />
Kin<strong>de</strong>r, haben die spielzeugfreie Zeit<br />
<strong>du</strong>rchlebt. Mit Langeweile und Streit?<br />
Mitnichten! Nach einer kurzen Anlaufphase<br />
explodierte die Fantasie. Decken<br />
wur<strong>de</strong>n zu Höhlen verbaut,Wollfä<strong>de</strong>n<br />
zu lebensgroßen Spinnennetzen geknüpft,<br />
neue Freundschaften entstan<strong>de</strong>n<br />
zwischen <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn unterschiedlicher<br />
Gruppen, Tierfamilien<br />
krochen über <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n, Theaterstücke<br />
wur<strong>de</strong>n aufgeführt. Das eine Blatt<br />
Papier, das pro Tag verwen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n<br />
<strong>du</strong>rfte, wur<strong>de</strong> zum Kunstwerk gestaltet.<br />
Die spielzeugfreie Zeit ist das Gegenstück<br />
zum streng strukturierten und<br />
oft überfrachteten Alltag <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r.<br />
Hier sagt niemand, <strong>was</strong> gera<strong>de</strong> dran ist<br />
und gemacht wer<strong>de</strong>n muss. In diesen<br />
Wochen lernen die Kin<strong>de</strong>r, ihre Fantasie<br />
einzusetzen, mit an<strong>de</strong>ren Kin<strong>de</strong>rn<br />
Spiele zu erfin<strong>de</strong>n, Kompromisse einzugehen<br />
und Frustrationen auszuhalten,<br />
ohne dass ein Erwachsener direkt<br />
interveniert. Sie lernen, die eigenen<br />
Stärken und Schwächen anzunehmen<br />
und Probleme eigenständig zu lösen.<br />
Die Kin<strong>de</strong>r wer<strong>de</strong>n „selbst“bewusster.<br />
Bei mir zu Hause hängt ein wun<strong>de</strong>rschönes<br />
Bild aus dieser Zeit: eine gemalte<br />
Tanne, die mit herrlichen Perlen<br />
beklebt ist und funkelt und glitzert.<br />
Zwei Leopar<strong>de</strong>nkin<strong>de</strong>r fauchen gera<strong>de</strong><br />
einträchtig an mir vorbei. Fantasie<br />
schlägt Langeweile, und ich bin sicher,<br />
dass die spielzeugfreie Zeit dazu beigetragen<br />
hat.<br />
––––––––––––<br />
Die Kin<strong>de</strong>r von BBeenniiggnnaa WWeerrtthheenn besuchen<br />
<strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rgarten Am Kirchberg in Hamburg.<br />
* Stärkung <strong>de</strong>r Lebenskompetenz steht<br />
im Zentrum <strong>de</strong>s Konzepts. Mehr unter<br />
www.spielzeugfreierkin<strong>de</strong>rgarten.<strong>de</strong>
12 Impulse<br />
Von Detlev Brockes<br />
NACHGEFRAGT<br />
In die Kita<br />
nach Sri Lanka<br />
Zwei Kita-Mitarbeiterinnen aus Nor<strong>de</strong>rstedt<br />
und Quickborn reisen im Juni<br />
nach Sri Lanka.Sie hospitieren in einem<br />
Kin<strong>de</strong>rgarten, <strong>de</strong>r nach <strong>de</strong>r Tsunami-<br />
Katastrophe neu errichtet wur<strong>de</strong>.<br />
Die Vorgeschichte dieser Reise reicht<br />
vier Jahre zurück. Die verheeren<strong>de</strong> Flutwelle<br />
<strong>de</strong>s Tsunami traf Weihnachten<br />
2004 auch die Insel Sri Lanka vor <strong>de</strong>r<br />
Südspitze Indiens. Der Geschäftsführer<br />
<strong>de</strong>s Kitawerks im Kirchenkreis Niendorf,<br />
Uwe Büth, hielt sich damals im<br />
Land auf – ein privater Besuch, wie<br />
schon oft. Er reiste mit Freun<strong>de</strong>n ins<br />
Katastrophengebiet, packte mit an. Zu<br />
Hause ging die Hilfe weiter: In seiner<br />
Gemein<strong>de</strong>,Vicelin-Schalom in Nor<strong>de</strong>rstedt,<br />
sammelte Büth Spen<strong>de</strong>n.<br />
Davon flossen rund 40.000 Euro in<br />
ein neues Zentrum für Kin<strong>de</strong>r. Es entstand<br />
im Südwesten Sri Lankas, nahe<br />
<strong>de</strong>r Küstenstadt Galle. Kin<strong>de</strong>rgarten<br />
und Vorschule befin<strong>de</strong>n sich unter einem<br />
Dach.„Vor gut einem Jahr wur<strong>de</strong><br />
das Center eröffnet“, erzählt Büth.„Derzeit<br />
besuchen 50 Kin<strong>de</strong>r die Einrichtung,<br />
aber wir wollen sie für 150 Kin<strong>de</strong>r<br />
ausbauen.“<br />
Durch diese Partnerschaft kann das<br />
Kitawerk Niendorf seinen Fachkräften<br />
erstmals ein Auslandspraktikum anbieten:<br />
drei Wochen Mitarbeit im Schalom-<br />
Center und Unterbringung in Gastfamilien.<br />
Maja Lautenschläger musste nicht<br />
lange überlegen, als die Ausschreibung<br />
eintraf.„Mich hat das Fernweh gepackt“,<br />
sagt die 34-Jährige, die nach <strong>de</strong>r<br />
Ausbil<strong>du</strong>ng in einem Kin<strong>de</strong>rheim in<br />
Bolivien tätig war und jetzt in <strong>de</strong>r Nor<strong>de</strong>rstedter<br />
Vicelin-Kita arbeitet. Es sei<br />
gut,„über <strong>de</strong>n Tellerrand“ zu schauen,<br />
das Projekt auf Sri Lanka sei überzeugend,<br />
weil es langfristig wirke.<br />
Mit ihr reist Christine Mutschall aus<br />
<strong>de</strong>r Evangelischen Kita Quickborn. In<br />
Asien war die 53-Jährige schon öfter –<br />
nicht als Pauschalurlauberin, son<strong>de</strong>rn<br />
auf eigenen Wegen.„Die Menschen sind<br />
so freundlich“, schwärmt Christine<br />
Mutschall. Englisch-Kenntnisse, die sie<br />
für das Praktikum brauchen wird, sind<br />
ihr aus <strong>de</strong>r Kindheit vertraut: Sechs Jahre<br />
lang ging sie in <strong>de</strong>n USA zur Schule.<br />
Die Fachkräfte starten am 30. Mai.<br />
Ihre Kitas tragen die außergewöhnliche<br />
Fortbil<strong>du</strong>ng mit.„Unsere Kolleginnen<br />
fangen es auf, wenn wir drei Wochen<br />
weg sind“, sagen bei<strong>de</strong>.„Dafür sind wir<br />
sehr dankbar.“<br />
––––––––––––<br />
Einen Bericht über die Reise lesen Sie in <strong>de</strong>r<br />
nächsten Ausgabe <strong>de</strong>r Evangelischen Kitazeitung,<br />
die Mitte September erscheint.<br />
Von Jan-Uwe Rogge<br />
Kin<strong>de</strong>r entwickeln vom<br />
sechsten Lebensmonat an,<br />
manchmal früher, manchmal<br />
später, die Fähigkeit,<br />
zwischen vertrauten und<br />
nicht vertrauten Personen<br />
zu unterschei<strong>de</strong>n. Diese Fähigkeit<br />
<strong>de</strong>r Differenzierung<br />
ist ein wichtiger Reifeschritt,<br />
unter an<strong>de</strong>rem ausgelöst<br />
<strong>du</strong>rch eine Verfeinerung <strong>de</strong>r<br />
Sinneswahrnehmung. <strong>Und</strong><br />
das Kind erwirbt allmählich<br />
ein Bewusstsein für gewohnte<br />
Umgebungen. Es lächelt<br />
nicht mehr je<strong>de</strong>n an,<br />
lässt sich nicht mehr von je<strong>de</strong>m<br />
anfassen – es lernt zu<br />
unterschei<strong>de</strong>n: Vertraute<br />
Menschen, die das Kind täglich<br />
o<strong>de</strong>r regelmäßig erlebt,<br />
geben Halt, Orientierung<br />
und Verlässlichkeit. Diesen<br />
Personen vertraut es bedingungslos,<br />
sie be<strong>de</strong>uten<br />
Schutz und garantieren das<br />
gefühlsmäßige Überleben.<br />
Aufwärmphase nötig<br />
Aber zugleich „frem<strong>de</strong>lt“ das<br />
Kind, wenn unbekannte<br />
Menschen ihm körperlich zu<br />
nahe kommen und nicht genügend<br />
Distanz an <strong>de</strong>n Tag<br />
legen. Es „frem<strong>de</strong>lt“ auch in<br />
unbekannten Situationen:<br />
So gesund ist ein „Nein“<br />
Wenn Kin<strong>de</strong>r „unhöflich“ auf Abstand bleiben, sollten Erwachsene das respektieren<br />
Auf <strong>de</strong>r einen Seite reizen sie<br />
zur Erkun<strong>du</strong>ng, auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren<br />
Seite sind sie unheimlich.<br />
Auf <strong>de</strong>r einen Seite<br />
möchte das Kind loskrabbeln,<br />
vorwärtslaufen, auf <strong>de</strong>r<br />
an<strong>de</strong>ren Seite braucht es<br />
Blickkontakt zur vertrauten<br />
Person und die Gewissheit,<br />
nicht allein zu sein.<br />
Kin<strong>de</strong>r benötigen eine<br />
Aufwärmphase, sie bestimmen<br />
das Tempo <strong>de</strong>r Annäherung<br />
zu Unbekannten. Bleiben<br />
diese auf Distanz, dann<br />
ergreifen Kin<strong>de</strong>r irgendwann<br />
die Initiative: Sie suchen <strong>de</strong>n<br />
Blickkontakt, sie lächeln, sie<br />
machen spielerische Annäherungsversuche,<br />
sie kriechen<br />
hin, manchmal suchen<br />
sie, wenn die Personen ihnen<br />
vertrauter gewor<strong>de</strong>n sind,<br />
Körperkontakt.<br />
„Gib <strong>de</strong>r Oma die Hand“<br />
Eltern haben diese Entwicklungsphase<br />
unbedingt zu<br />
respektieren: Wenn Kin<strong>de</strong>r<br />
nicht je<strong>de</strong>m die Hand geben,<br />
nicht sofort freundlich<br />
und nett sind, schützen sie<br />
sich. Ihr Körper und ihr Instinkt<br />
signalisieren ein Nein,<br />
eine Distanz. In sicherer<br />
Entfernung verschaffen sie<br />
sich einen verlässlichen<br />
Standpunkt, von <strong>de</strong>m aus<br />
sie selbstbestimmte Neugier<br />
ausprobieren. Wenn Kin<strong>de</strong>r<br />
in diesem Schutzverhalten<br />
bestärkt wer<strong>de</strong>n, verfügen<br />
sie auch in Situationen, in<br />
<strong>de</strong>nen Eltern nicht anwesend<br />
sind, über einen wichtigenSelbstbehauptungsundÜberlebensmechanismus.<br />
Respekt vor <strong>de</strong>m Körper<br />
Manchmal unterlaufen Eltern<br />
aus falsch verstan<strong>de</strong>ner<br />
Höflichkeit gegenüber Verwandten<br />
o<strong>de</strong>r Freun<strong>de</strong>n das<br />
Nein <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s (o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rs<br />
ausgedrückt: das Ja zu<br />
sich und zur eigenen körperlichen<br />
Unversehrtheit). Sie<br />
üben emotionalen Druck<br />
aus: „Nun geh schon zu<br />
Oma!“ Aber damit verunsichern<br />
sie ihre Kin<strong>de</strong>r. Denn<br />
diese können noch nicht<br />
recht zwischen vertrauten<br />
„Guten“ und unvertrauten<br />
„Bösen“ unterschei<strong>de</strong>n. Für<br />
Kin<strong>de</strong>r sind unvertraute<br />
Menschen zunächst Frem<strong>de</strong>,<br />
<strong>de</strong>nen sie mit Skepsis und<br />
Distanz begegnen müssen.<br />
Wer Kin<strong>de</strong>r nicht darin<br />
bestärkt, zu eigenen Gefühlen<br />
zu stehen, macht sie<br />
handlungsunsicher. Er entzieht<br />
ihnen Schutzmechanismen,<br />
die sich in an<strong>de</strong>ren<br />
EVANGELISCHE KITAZEITUNG<br />
DIE NORDELBISCHE | DAS JOURNAL | 5. APRIL 2009<br />
Bild: Jonas Mekhalfia (14)<br />
Situationen – etwa wenn Eltern<br />
o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re Bezugspersonen<br />
abwesend sind – als<br />
hilfreich und lebenserhaltend<br />
erweisen.<br />
Deshalb: Bestärken Sie Ihr<br />
Kind in seinem „Nein!“,<br />
auch wenn das an<strong>de</strong>ren Personen<br />
wehtut! Akzeptieren<br />
Sie Grenzen, die das Kind<br />
setzt! Ihr Kind erfährt: Meine<br />
körperliche Unversehrtheit<br />
wird von jenen Personen,<br />
<strong>de</strong>nen ich vertraue, höher<br />
bewertet als irgen<strong>de</strong>in<br />
„gutes Benehmen“, das die<br />
Umwelt erwartet. Dabei verinnerlicht<br />
das Kind ein<br />
wichtiges Mo<strong>de</strong>ll: Erwachsene<br />
haben Respekt und<br />
Achtung vor meinem Körper!<br />
Auch die umgekehrte<br />
Botschaft wird auf diese<br />
Weise eingeübt: Erwachsene,<br />
die meinen Körper nicht<br />
respektieren, wer<strong>de</strong>n auf<br />
Distanz gehalten.<br />
––––––––––––<br />
Jan-Uwe Rogge<br />
ist Familien- und<br />
Kommunikationsberater<br />
und<br />
hat zahlreiche<br />
Bücher veröffentlicht, zuletzt eine<br />
Neufassung seines Bestsellers<br />
„Kin<strong>de</strong>r brauchen Grenzen“.<br />
Rogge schreibt regelmäßig für<br />
die Evangelische Kitazeitung.
EVANGELISCHE KITAZEITUNG<br />
DIE NORDELBISCHE | DAS JOURNAL | 5. APRIL 2009<br />
KINDERBUCH-TIPP<br />
Carola Cosier, Kita-Fachberaterin im Kirchenkreis<br />
Stormarn, empfiehlt zu Ostern<br />
ein Bil<strong>de</strong>rbuch, in <strong>de</strong>m ein trauriges Hasenkind<br />
wie<strong>de</strong>r fröhlich wird.<br />
„Der kleine Osterhase liegt krank im Bett.<br />
Er ist traurig, weil <strong>de</strong>r Großvater gestorben<br />
ist. Doch dann holt die Mutter das dicke<br />
Buch hervor, aus <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Großvater vorgelesen<br />
und -gesungen hat. Je mehr sich das<br />
Häschen erinnert, <strong>de</strong>sto lebendiger wird<br />
sein Großvater. Beim Eiermalen scheint er<br />
<strong>de</strong>m Enkel gera<strong>de</strong>wegs über die Schulter<br />
zu schauen. Kein Wun<strong>de</strong>r, dass <strong>de</strong>r kleine<br />
Hase am Ostermorgen wie<strong>de</strong>r gesund ist!<br />
Das Buch greift mit unbeschwerten Bil<strong>de</strong>rn<br />
und vielen Lie<strong>de</strong>rn ein ernstes Thema<br />
auf: Verlusterfahrungen von Kin<strong>de</strong>rn. Die<br />
Geschichte zeigt, wie ein Kind Trost fin<strong>de</strong>t,<br />
seine Trauer überwin<strong>de</strong>t und da<strong>du</strong>rch<br />
stark wird.“<br />
Rolf Zuckowski, Julia Ginsbach: Rolfs Hasengeschichte<br />
– Ich bin stark. Coppenrath<br />
Verlag 2001, 12,95 Euro, Verlagsempfehlung:<br />
ab 4 Jahre.<br />
Das Buch enthält die Geschichte und Lie<strong>de</strong>rtexte.<br />
Zusätzlich gibt es eine CD (13,95<br />
Euro) und Noten (14,95 Euro).<br />
Von Jasmin Nissen<br />
Wie können die Religionen<br />
<strong>de</strong>r Welt ihre Gemeinsamkeiten<br />
ent<strong>de</strong>cken? Die<br />
Evangelische Fachschule<br />
Alten Eichen in Hamburg<br />
will Kitas bei diesem Thema<br />
künftig unterstützen.<br />
Grundlage ist das Projekt<br />
„Weltethos“ <strong>de</strong>s Schweizer<br />
Theologen Hans Küng.<br />
Menschenkin<strong>de</strong>r suchen<br />
das Vertraute im Frem<strong>de</strong>n.<br />
Darum ist es ein verheißungsvoller<br />
Gedanke, <strong>de</strong>n<br />
Hans Küngs Projekt „Weltethos“<br />
entwickelt: Die Religionen<br />
<strong>de</strong>r Welt können<br />
zum Frie<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Mensch-<br />
Küken aus <strong>de</strong>r Schale<br />
Von Maike Lauther-Pohl<br />
So erklären Sie Ihrem Kind Ostern<br />
Ostern, im christlichen Glauben das<br />
wichtigste Fest. Der Frühstückstisch ist<br />
ge<strong>de</strong>ckt. In <strong>de</strong>r Mitte eine Schale mit<br />
gefärbten Eiern. Daneben Zweige mit<br />
Osterhasen und Küken. Die Osterfeier<br />
mit Kin<strong>de</strong>rn lebt einerseits vom Erzählen<br />
<strong>de</strong>r Geschichten über Sterben und<br />
Auferstehung Jesu und an<strong>de</strong>rerseits<br />
von <strong>de</strong>n vielen Ostersymbolen – Eiern,<br />
Hasen o<strong>de</strong>r Küken. Diese Symbole hatten<br />
ursprünglich <strong>de</strong>n Sinn, das Osterereignis,<br />
nämlich die unglaubliche<br />
Auferstehung Jesu Christi verstehbar<br />
zu machen. Sie stellen <strong>de</strong>n Sieg <strong>de</strong>s Lebens<br />
über <strong>de</strong>n Tod dar. So wie ein Küken<br />
sich aus <strong>de</strong>r harten Schale <strong>de</strong>s Eies<br />
befreit und frisch ins Leben schlüpft,<br />
so ist Jesus aus <strong>de</strong>m Tod gekommen<br />
und auferstan<strong>de</strong>n.<br />
So niedlich Häschen und Küken<br />
sind, die eigentliche Aussage von<br />
Ostern geht tiefer. Die Osterbotschaft<br />
ist die lebensentschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Botschaft:<br />
Der Tod, das Dunkle hat nicht das letzte<br />
Wort! Am En<strong>de</strong> steht Hoffnung und<br />
nicht Verzweiflung. Es geht weiter, je<strong>de</strong>m<br />
En<strong>de</strong> liegt ein Anfang inne. Gott<br />
will nicht Erstarrung son<strong>de</strong>rn Leben<br />
für je<strong>de</strong>n Einzelnen von uns. Auch wir<br />
können auferstehen, auch aufstehen<br />
mitten am Tage. Ostern befreit. Nichts<br />
ist vernagelt. Auswege sind möglich,<br />
auch die ganz überraschen<strong>de</strong>n.<br />
Kin<strong>de</strong>rn können wir Ostern so erklären:<br />
Zum Leben gehört Trauriges. Leben<br />
ohne Schattenseiten gibt es nicht.<br />
Aber Gott möchte, dass wir wie<strong>de</strong>r<br />
fröhlich sein können. Deshalb zeigt<br />
Gott uns immer wie<strong>de</strong>r aufs Neue, dass<br />
das Leben schön ist und Sinn macht<br />
und mit <strong>de</strong>m Tod nicht aufhört.<br />
Das Vertraute im Frem<strong>de</strong>n<br />
heit beitragen, wenn sie ihre<br />
Gemeinsamkeit in<br />
grundlegen<strong>de</strong>n Werten ent<strong>de</strong>cken<br />
und för<strong>de</strong>rn. Diese<br />
Gemeinsamkeit beruht auf<br />
zwei Prinzipien, nämlich<br />
<strong>de</strong>m Prinzip <strong>de</strong>r Humanität<br />
– je<strong>de</strong>r Mensch muss<br />
menschlich behan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n<br />
– und <strong>de</strong>r sogenannten<br />
„Gol<strong>de</strong>nen Regel“ <strong>de</strong>r Gegenseitigkeit,<br />
die sich in<br />
praktisch allen Religionen<br />
und Kulturen fin<strong>de</strong>t: „Was<br />
<strong>du</strong> nicht willst, das man dir<br />
tut, das füg’ auch keinem<br />
an<strong>de</strong>ren zu.“<br />
Küng geht es aber nicht<br />
um eine Einheitsreligion<br />
und nicht um Beliebigkeit.<br />
Niemand soll seine kulturelle<br />
und religiöse I<strong>de</strong>ntität<br />
aufgeben. Je<strong>de</strong> Weltreligion<br />
ist in Küngs Projekt anschaulich<br />
auf einer Tafel erfasst.<br />
So kann ich Neues erfahren,<br />
Verständnis entwickeln,<br />
gemeinsame Werte<br />
ent<strong>de</strong>cken.<br />
Die Kin<strong>de</strong>rtagesstätten<br />
haben in unserer multikulturellen<br />
und multireligiösen<br />
Gesellschaft eine beson<strong>de</strong>re<br />
Be<strong>de</strong>utung als Ort <strong>de</strong>r Begegnung<br />
und <strong>de</strong>s Miteinan<strong>de</strong>rs.<br />
Das gilt für Kin<strong>de</strong>r und<br />
Eltern. Das Weltethos-Projekt<br />
lässt sich hier gut nutzen<br />
und umsetzen in konkrete<br />
Angebote.<br />
Die Osterkerze ist ein Symbol <strong>de</strong>r Hoffnung<br />
und <strong>de</strong>s Lebens. Foto: Scholz<br />
Für die Lebendigkeit mitten im Dunkeln<br />
steht das Licht <strong>de</strong>r Osterkerze in<br />
<strong>de</strong>r Osternacht. Ostern gibt Hoffnung,<br />
je<strong>de</strong>s Jahr aufs Neue, und in alter Tradition<br />
auch wöchentlich: an je<strong>de</strong>m<br />
Sonntag als <strong>de</strong>m beson<strong>de</strong>ren Tag in <strong>de</strong>r<br />
Woche, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Dingen vorbehalten<br />
ist, die Lebendigkeit und Freu<strong>de</strong> und<br />
Heraustreten aus Erstarrung bringen.<br />
Frohe Ostern!<br />
––––––––––––<br />
Maike Lauther-Pohl ist Theologische Referentin<br />
für Religionspädagogik beim VEK und<br />
zuständig für die religionspädagogische<br />
Langzeitfortbil<strong>du</strong>ng TRG und TRA.<br />
Viele Religionen – gemeinsame Werte: Fachschule Alten Eichen will Kitas unterstützen<br />
Wir arbeiten daran im<br />
Rahmen <strong>de</strong>r Ausbil<strong>du</strong>ng zur<br />
Sozialpädagogischen Assistentin<br />
und zur Erzieherin -<br />
und stehen mit Informationen<br />
und Anregungen zur<br />
Verfügung.<br />
––––––––––––<br />
Kontakt: Pastorin Jasmin Nissen,<br />
Tel. 040/5487 16 01. E-Mail:<br />
j.nissen@diakonie-alten-eichen.<strong>de</strong>.<br />
Jasmin Nissen ist Schulpastorin<br />
an <strong>de</strong>r Evangelischen<br />
Fachschule für Sozialpädagogik<br />
und <strong>de</strong>r Berufsfachschule für Sozialpädagogische<br />
Assistenz. Bei<strong>de</strong><br />
gehören zur Diakonie Alten<br />
Eichen in Hamburg-Stellingen.<br />
Infos über die Stiftung Weltethos:<br />
www.weltethos.org.<br />
Impulse/Kontakt<br />
IMPRESSUM<br />
13<br />
Dies ist die gemeinsame Marke <strong>de</strong>r nor<strong>de</strong>lbischen<br />
Kin<strong>de</strong>rtageseinrichtungen in Hamburg<br />
und Schleswig-Holstein.<br />
EVANGELISCHE KITAZEITUNG<br />
Erscheinungsweise: dreimal jährlich in<br />
Hamburg und Schleswig-Holstein in einer<br />
Auflage von 60 000 Stück.<br />
Nächste Ausgabe: Die Ausgabe 2/2009 <strong>de</strong>r<br />
Evangelischen Kitazeitung erscheint am 20.<br />
September. Themenschwerpunkt: Übergänge<br />
erfolgreich gestalten.<br />
Herausgeber: DIE NORDELBISCHE, Gartenstraße<br />
20, 24103 Kiel, Tel. 0431/55779-240,<br />
www.nor<strong>de</strong>lbische.<strong>de</strong>, im Auftrag <strong>de</strong>s VEK und<br />
<strong>de</strong>s Ev. Kin<strong>de</strong>rtagesstättenverban<strong>de</strong>s Hamburg<br />
/ DW Hamburg.<br />
Verantwortlich: Markus Potten, Geschäftsführer<br />
<strong>de</strong>s VEK; Gerlin<strong>de</strong> Gehl, Fachbereichsleiterin<br />
im DW Hamburg.<br />
Redaktion: Ulrike Kotthaus (Leitung), Angelika<br />
Wurth, Detlev Brockes, Martin Sterr.<br />
Postanschrift <strong>de</strong>r Redaktion: Evangelische<br />
Kitazeitung, c/o VEK, Lise-Meitner-Str. 6-8,<br />
24768 Rendsburg, vek-info@diakonie-sh.<strong>de</strong>.<br />
Verband Evangelischer Kin<strong>de</strong>rtageseinrichtungen<br />
in Schleswig-Holstein e.V. (VEK)<br />
Lise-Meitner-Str. 6-8, 24768 Rendsburg,<br />
Tel. 04331/593-171, Fax 04331/593-296,<br />
E-Mail: vek-rendsburg@diakonie-sh.<strong>de</strong>,<br />
www.vek-sh.<strong>de</strong><br />
Der VEK vertritt rund 600 Kin<strong>de</strong>rtageseinrichtungen<br />
in <strong>eva</strong>ngelischer Trägerschaft. Diese<br />
sind mit etwa 32 000 Kita-Plätzen marktführend<br />
in Schleswig-Holstein.<br />
Evangelischer Kin<strong>de</strong>rtagesstättenverband<br />
Hamburg / Diakonisches Werk Hamburg<br />
Königstraße 54, 22767 Hamburg, Tel. 040 /<br />
306 20-217, Fax 040 / 306 20-333; E-Mail:<br />
<strong>kita</strong>@diakonie-hamburg.<strong>de</strong>, www.<strong>eva</strong>-<strong>kita</strong>.<strong>de</strong><br />
und www.diakonie-hamburg.<strong>de</strong><br />
Der Evangelische Kin<strong>de</strong>rtagesstättenverband<br />
in Hamburg bün<strong>de</strong>lt die Interessen von 156<br />
<strong>eva</strong>ngelischen Kitas mit rund 10 000 betreuten<br />
Kin<strong>de</strong>rn und vertritt sie in <strong>de</strong>r Öffentlichkeit.<br />
LESERBRIEFE<br />
Wie gefällt Ihnen die Evangelische Kitazeitung?<br />
Schreiben Sie uns an: Evangelische Kitazeitung,<br />
c/o VEK, Lise-Meitner-Str. 6-8,<br />
24768 Rendsburg, vek-info@diakonie-sh.<strong>de</strong>.
Für <strong>de</strong>n<br />
guten Appetit!<br />
Gemeinsam kochen und essen macht<br />
Kin<strong>de</strong>rn und Erwachsenen Spaß. Probieren<br />
Sie es doch einmal aus! <strong>Und</strong>:<br />
Vermei<strong>de</strong>n Sie Hektik beim Essen. Eine<br />
ruhige Atmosphäre för<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>n<br />
Appetit. Einseitige Kost wie Fast Food<br />
o<strong>de</strong>r vegetarische Ernährung ohne<br />
Milch, Fleisch und Eier kann <strong>de</strong>m<br />
wachsen<strong>de</strong>n Organismus nicht gerecht<br />
wer<strong>de</strong>n. Fleisch ist wichtig, weil<br />
es hochwertiges Eiweiß und gut nutzbares<br />
Eisen enthält.<br />
Weg vom Fernseher und Computer,<br />
raus an die frische Luft, <strong>de</strong>nn viel Bewegung<br />
sorgt für guten Appetit. Noch<br />
ein Tipp: Fragen Sie sich doch einmal,<br />
wo die Lebensmittel herkommen und<br />
wie sie verarbeitet wer<strong>de</strong>n. Gehen Sie<br />
gemeinsam mit <strong>de</strong>r Familie in <strong>de</strong>n<br />
EDEKA-Markt an die Gutfleisch<br />
Fleischer-Fachabteilung und kaufen Sie<br />
unser leckeres, gesun<strong>de</strong>s Gutfleisch.<br />
Mit uns haben Sie <strong>de</strong>n richtigen Geschmack getroffen!
Das Diakonische Werk Schleswig-<br />
Holstein und <strong>de</strong>r Verband Evangelischer<br />
Kin<strong>de</strong>rtageseinrichtungen in Schleswig-<br />
Holstein e.V. begrüßen und unterstützen<br />
diese Initiative.<br />
Helfen Sie mit und unterschreiben Sie auf <strong>de</strong>m Sammelunterstützungsbogen<br />
(unten). Die ausgeschnittene Unterschriftenliste<br />
sen<strong>de</strong>n Sie bitte an:<br />
Sozialverband Deutschland<br />
Lan<strong>de</strong>sverband Schleswig-Holstein<br />
Muhliusstraße 87<br />
24103 Kiel<br />
Unterschriftenlisten liegen auch in <strong>de</strong>n Lan<strong>de</strong>s- und Kreisgeschäftsstellen <strong>de</strong>s Sozialverban<strong>de</strong>s<br />
Deutschland, <strong>de</strong>r Arbeiterwohlfahrt und <strong>de</strong>s Deutschen Kin<strong>de</strong>rschutzbun<strong>de</strong>s aus!
16<br />
Kin<strong>de</strong>rseite<br />
Abraham<br />
Unser Vater<br />
Islam<br />
Hallo, ich bin Isaak, <strong>de</strong>r zweite<br />
Sohn von Abraham! Meine Mutter ist<br />
Sara. Sie dachte lange, sie könnte keine<br />
Kin<strong>de</strong>r bekommen. Aber dann hörte Abraham<br />
die Stimme Gottes: „Du wirst viele<br />
Nachkommen haben, ein ganzes Volk.“ Da<br />
hat Sara laut gelacht. Sie sagte zu Abraham:<br />
„Wir sind nun schon so alt und haben<br />
kein Kind zusammen. Wie sollen wir da ein<br />
großes Volk wer<strong>de</strong>n?“<br />
Aber mein Vater glaubte an das, <strong>was</strong> Gott<br />
versprochen hatte. <strong>Und</strong> so wur<strong>de</strong> ich geboren:<br />
Isaak. Aus unseren Nachkommen ist<br />
später das jüdische Volk gewor<strong>de</strong>n. Abraham<br />
ist ein Vater für uns alle. Auch für die<br />
Christen. Weil er so auf Gott<br />
vertraut hat.<br />
Vor langer Zeit lebte ein Mann, <strong>de</strong>r<br />
Abraham hieß. Die Menschen in seiner<br />
Heimatstadt Ur verehrten viele<br />
Götter. Abraham aber erkannte,<br />
dass es nur einen wahren Gott gibt.<br />
Einen Gott, <strong>de</strong>r immer und überall<br />
mit uns geht. Abrahams Geschichte<br />
steht in <strong>de</strong>r Bibel und im Koran.<br />
Sie ist wichtig für Christen,<br />
Ju<strong>de</strong>n und Muslime. Warum, das<br />
erzählen dir Ismael und Isaak.<br />
Fin<strong>de</strong>st <strong>du</strong> <strong>de</strong>n Weg zur Mondsichel,<br />
zum Kreuz und zum Stern?<br />
Christentum<br />
EVANGELISCHE KITAZEITUNG<br />
DIE NORDELBISCHE | DAS JOURNAL | 5. APRIL 2009<br />
Hallo, ich bin Ismael,<br />
<strong>de</strong>r erste Sohn von Abraham. Meine<br />
Mutter ist Hagar. Mit ihr zusammen lebte ich<br />
in <strong>de</strong>r Wüste. Als ich schon älter war, zogen wir<br />
zusammen nach Mekka. Dort haben wir die<br />
Kaaba gebaut, das wichtigste Gotteshaus<br />
<strong>de</strong>r Muslime.<br />
Ju<strong>de</strong>ntum<br />
I<strong>de</strong>e: Schülerinnen und Schüler <strong>de</strong>r Ev. Berufsfachschule und <strong>de</strong>r Fachschule für Sozialpädagogik Alten Eichen, Hamburg-Stellingen, www.diakonie-alten-eichen.<strong>de</strong>. Figuren: Irene Schrupp, Augsburg