Cerith Wyn Evans „...later on they are in a garden...“
Katalog zur Ausstellung in der Kunst-Station Sankt Peter Köln 4. Mai - 14. Juli 2013
Katalog zur Ausstellung in der Kunst-Station Sankt Peter Köln
4. Mai - 14. Juli 2013
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<str<strong>on</strong>g>Cerith</str<strong>on</strong>g> <str<strong>on</strong>g>Wyn</str<strong>on</strong>g> <str<strong>on</strong>g>Evans</str<strong>on</strong>g><br />
<str<strong>on</strong>g>„</str<strong>on</strong>g>…<str<strong>on</strong>g>later</str<strong>on</strong>g> <strong>on</strong> <strong>they</strong> <strong>are</strong> <strong>in</strong> a <strong>garden</strong>…”<br />
10<br />
E<strong>in</strong> Spaziergang<br />
Auf dem Weg <strong>in</strong> die Kunst-Stati<strong>on</strong> Sankt Peter begibt sich jeder Besucher auf<br />
e<strong>in</strong>e Reise, die ihn schrittweise vom Lärm und dem hektischen Treiben der<br />
Kölner Innenstadt entfernt. Die Bewegung führt weg v<strong>on</strong> den vollen Gassen, die<br />
am Neumarkt zusammentreffen, h<strong>in</strong>ter die erste Reihe v<strong>on</strong> Gebäuden, vorbei an<br />
der Stadtbibliothek, dem Rautenstrauch-Joest-Museum, dem Museum Schnütgen<br />
<strong>in</strong> der Cäcilienkirche und Sankt Peter. Dabei ist <strong>in</strong>teressant, dass <strong>in</strong> der Le<strong>on</strong>hard-Tietz-Straße,<br />
an dieser Aufreihung kultureller Instituti<strong>on</strong>en, so wenige<br />
Menschen anzutreffen s<strong>in</strong>d. Diejenigen, die diese Ruhe zu schätzen wissen, s<strong>in</strong>d<br />
die Menschen, die auf den verlassenen Stufen des Museums ihr Bier tr<strong>in</strong>ken und<br />
ihre Zig<strong>are</strong>tten rauchen und jene, die nach Sankt Peter wollen, entweder um<br />
Kunst zu sehen, sich mit der Geme<strong>in</strong>de zu treffen oder die Stille und Ruhe dieses<br />
wunderb<strong>are</strong>n Kirchenraums zu suchen.<br />
Diese Reise nach Sankt Peter, diesem ganz bes<strong>on</strong>deren Ort, er<strong>in</strong>nert an e<strong>in</strong> häufig<br />
zitiertes Werk mit dem Titel <str<strong>on</strong>g>„</str<strong>on</strong>g>TIX3<strong>“</strong> (1962), das <str<strong>on</strong>g>Cerith</str<strong>on</strong>g> <str<strong>on</strong>g>Wyn</str<strong>on</strong>g> <str<strong>on</strong>g>Evans</str<strong>on</strong>g> zu Beg<strong>in</strong>n<br />
se<strong>in</strong>er Arbeit mit Ne<strong>on</strong> k<strong>on</strong>zipiert hat. Der Text ist auf der rückwärtigen Seite<br />
des Türsturzes befestigt, sodass entweder e<strong>in</strong> Spiegel den Blick auf ihn lenkt und<br />
ihn gleichzeitig als <str<strong>on</strong>g>„</str<strong>on</strong>g>EXIT<strong>“</strong> entschlüsselt, oder der Besucher merkt erst beim Verlassen<br />
des Raums, dass er sich bereits <str<strong>on</strong>g>„</str<strong>on</strong>g>draußen<strong>“</strong> bef<strong>in</strong>det.<br />
Diese e<strong>in</strong>fache Geste, die imstande ist, die Wahrnehmung nachhaltig zu verändern,<br />
ist charakteristisch für das Schaffen des walisischen Künstlers. Er hat<br />
e<strong>in</strong> unnachahmliches Gespür sowohl für Orte und Räume, als auch für die<br />
Situati<strong>on</strong>en, <strong>in</strong> denen sich die Betrachter beim Besuch se<strong>in</strong>er Ausstellung wiederf<strong>in</strong>den<br />
werden. Durch se<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>griff – <str<strong>on</strong>g>„</str<strong>on</strong>g>TIX3<strong>“</strong> – verwandelt er<br />
den Raum <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e andere Sphäre, vielleicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e andere Welt. Es ist das Verlassen<br />
der Truman-Show 1 . Es ist die Welt, <strong>in</strong> der unsere im Alltag angelegten<br />
Schutzmechanismen unterwandert werden können und über die D<strong>in</strong>ge verhandelt<br />
wird, die <strong>in</strong> der Öffentlichkeit s<strong>on</strong>st ke<strong>in</strong>en Platz haben – die Welt der<br />
Kunst im weitesten S<strong>in</strong>ne.<br />
Sankt Peter ist für viele Menschen e<strong>in</strong> solch bes<strong>on</strong>derer Ort und man darf fragen,<br />
ob Liturgie und Kunst nicht über gewisse Verb<strong>in</strong>dungen und Ähnlichkeiten verfügen,<br />
wenn es um die Erschaffung e<strong>in</strong>es solchen Ortes geht. 2 In dieser H<strong>in</strong>sicht<br />
ist mit <str<strong>on</strong>g>Evans</str<strong>on</strong>g> e<strong>in</strong> Künstler <strong>in</strong> die Kunst-Stati<strong>on</strong> e<strong>in</strong>geladen worden, der <strong>in</strong> dem<br />
Raum e<strong>in</strong>en wunderb<strong>are</strong>n Partner gefunden hat.<br />
Für die spätgotische Kirche hat er e<strong>in</strong>e se<strong>in</strong>er <strong>in</strong> Ne<strong>on</strong> ausgeführten Textarbeiten<br />
ausgesucht; ihr Titel <str<strong>on</strong>g>„</str<strong>on</strong>g>…<str<strong>on</strong>g>later</str<strong>on</strong>g> <strong>on</strong> <strong>they</strong> <strong>are</strong> <strong>in</strong> a <strong>garden</strong>…<strong>“</strong> 3 ist gleichzeitig<br />
der Namensgeber für die Ausstellung. Der Text ist so im Raum positi<strong>on</strong>iert, dass<br />
sich an se<strong>in</strong>er Stelle das Erdgeschoss und die Empore, die Seitenschiffe und das<br />
Mittelschiff, der östliche und der westliche Teil der Kirche zu berühren sche<strong>in</strong>en.<br />
Um e<strong>in</strong>en optimalen Standpunkt erreichen und den Text dechiffrieren zu<br />
können, bewegt sich der Besucher durch e<strong>in</strong>es der Seitenschiffe nach Nordosten,<br />
vorbei an den Pfeilern und den sich langsam drehenden Feigenbäumchen. V<strong>on</strong><br />
hier hat man e<strong>in</strong>en der schönsten Ausblicke <strong>in</strong> die Kirche und kann wunderbar<br />
beobachten, wie das wandernde S<strong>on</strong>nenlicht ihrem grauen Mauerwerk immer<br />
neue Facetten zu entlocken vermag.<br />
Der <strong>in</strong> kühlem Weiß erleuchtende Ne<strong>on</strong>text hebt sich ganz unaufdr<strong>in</strong>glich v<strong>on</strong><br />
den ebenso kühlen Grautönen des Kirchen<strong>in</strong>neren ab. Nur die Materialgeschichte<br />
des Ne<strong>on</strong>s verb<strong>in</strong>det ihn noch mit jenen üppigen Ausführungen, die<br />
man aus der Bewerbung v<strong>on</strong> K<strong>on</strong>sumgütern kennt. Das Licht und die Typographie<br />
dienen vor allen D<strong>in</strong>gen der bestmöglichen Lesbarkeit, denn die äußere<br />
Ersche<strong>in</strong>ung soll weder vom Inhalt noch vom Rahmen oder Zusammenhang<br />
ablenken. Hand <strong>in</strong> Hand mit dem natürlichen Licht strömt das Ne<strong>on</strong> <strong>in</strong> den<br />
Raum, um sich mit diesem zu verschränken.<br />
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