Zugfunke - 27. November 2010 - Sozialistische Arbeiterstimme
Zugfunke - 27. November 2010 - Sozialistische Arbeiterstimme
Zugfunke - 27. November 2010 - Sozialistische Arbeiterstimme
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Terroralarm... wer macht hier Terror?<br />
<strong>27.</strong> <strong>November</strong> <strong>2010</strong><br />
„Terror-Alarm in Deutschland“ tönt es durch die Medien.<br />
Für die BILD-Zeitung, deren ausländerfeindliche<br />
Hetzmeldungen schon so manchem „deutschen“<br />
Brandanschlag auf Asylbewerberheime vorausgingen,<br />
wird jede U-Bahnfahrt lebensgefährlich.<br />
Gefahr auch beim Glühweintrinken: Auf Weihnachtsmärkten<br />
gibt es immer Männer mit langen<br />
Bärten und seltsamen Mänteln… ist der nette Weihnachtsmann<br />
vielleicht ein Islamist? Am Wochenende<br />
warnten die Medien nun vor einem Anschlag auf<br />
den Reichstag.<br />
Keine Frage: Terroranschläge wie in New York,<br />
London und Madrid, bei denen unschuldige Arbeitende,<br />
Kinder und Pendler in den Tod gerissen wurden,<br />
sind ein Verbrechen. Die Vorstellung, so etwas<br />
könnte in Berlin oder einer anderen Stadt passieren,<br />
ist sicher beängstigend.<br />
Wetten, dass die Minister, Polizeichefs und Geheimdienstler,<br />
die nun so laut warnen, nicht diejenigen<br />
sind, die die Bevölkerung wirksam gegen Anschläge<br />
schützen werden... außer sich selbst? Denn<br />
wenn man Terror verhindern will, muss man die<br />
Gründe verstehen und gegen die Ursachen vorgehen,<br />
auf denen terroristische Ideen gedeihen. Genau<br />
das wird uns nicht erklärt! Die Islamisten sind in<br />
den letzten zwanzig Jahren nicht so stark geworden,<br />
weil Muslime an sich undemokratisch und vom<br />
Hass gegen den „Westen“ beseelt sind. Der islamische<br />
Terrorismus ist eine Waffe der Ohnmacht für<br />
diejenigen Menschen, deren Länder ausgeplündert,<br />
wie Pakistan von dem Westen ergebenen Militärdiktaturen<br />
beherrscht oder wie der Irak oder Afghanistan<br />
mit Krieg und Besetzung überzogen werden.<br />
Dort erleben die Menschen den „demokratischen<br />
Westen“ oft als den größten Terroristen. Auch<br />
Deutschland. Vor einem Jahr waren es deutsche<br />
Soldaten, die bei einem Bombenangriff in Afghanistan<br />
über hundert Menschen ermorden ließen. Ist<br />
das kein Terror? Terror, den die Mehrheit der Bevölkerung<br />
in Deutschland ablehnt, die einen Abzug der<br />
Soldaten aus Afghanistan will!<br />
Der Islamismus liefert den Menschen in diesen Ländern<br />
zum einen praktische Hilfe, die ihnen die reichen<br />
Länder verwehren und zum anderen bieten sie<br />
ein Ventil für ihre Wut. Solange unsere Regierung<br />
das Elend der dritten Welt weiter fördert, wird Al-<br />
Kaida weiter junge Menschen finden, die sich zu<br />
Selbstmordattentätern ausbilden lassen. Die Wurzel<br />
des Terrorismus liegt nicht im Koran sondern in der<br />
Ausbeutung durch „unsere“ Konzerne.<br />
Man kann sich fragen, ob nicht die gegenwärtige<br />
Panikmache so manchem Politiker gelegen kommt.<br />
Ein Grund, nicht über die Gesundheitsreform, die<br />
Rente mit 67 und die skandalös niedrigen Löhne zu<br />
reden. Und ist es etwa Zufall, dass diese Panik gerade<br />
jetzt geschürt wird, wo die Regierung Sicherheitsgesetze<br />
verschärfen will? Die Vorratsdatenspeicherung,<br />
mit der ohne Verdachtsmomente alle<br />
Telefon- und Internetdaten für sechs Monate gespeichert<br />
werden, soll wieder eingeführt werden.<br />
Das Verfassungsgericht hatte sie vor kurzem als zu<br />
krassen Eingriff in die Bürgerrechte verboten. Zu<br />
Recht: Viele Menschen machen sich Sorgen, was<br />
mit ihren gespeicherten Daten passiert. Und haben<br />
nicht Unternehmen wie Lidl, Deutsche Bahn und andere<br />
nicht auch alles und jeden ausgespäht, um unliebsame<br />
Kollegen loszuwerden?<br />
Aber damit nicht genug. Wenn man den „Experten“<br />
zuhört, fragt man sich, wo in diesem Land wirklich<br />
die Gefahr für die Sicherheit liegt. Berlins Innensenator<br />
forderte letzten Mittwoch, „seltsame Menschen,<br />
die arabisch oder sonst eine fremde Sprache<br />
sprechen“ bei der Polizei anzuzeigen. Wer ist nun<br />
„seltsam“? Sollen wir in Wedding und Neukölln unsere<br />
Nachbarn erst mal anzeigen, wenn sie uns<br />
nicht mit Bockwurst und Bier uff breitem Berlinerisch<br />
bejrüßen? Solcher „Antiterrorismus“ führt… zum<br />
Terror. Am Wochenende wurde bereits ein Brandanschlag<br />
auf die Moschee am Columbiadamm gemeldet.<br />
Zufall? Die Gewerkschaft der Polizei und<br />
der CSU-„Innenexperte“ Norbert Geis fordern sogar<br />
Menschen vorsorglich festzunehmen, wenn sie<br />
möglicherweise gefährlich sind.<br />
Niemand weiß, ob es wirklich zu Anschlägen islamistischer<br />
Terroristen kommen wird. Sicher aber ist,<br />
dass dies als Vorwand genutzt wird, demokratische<br />
Rechte abzubauen und dem Staat immer mehr<br />
Macht zur Überwachung und Kontrolle zu geben.<br />
Die, die die Kriege in Afghanistan und anderswo<br />
fortsetzen und die, die mit noch so lächerlichen Behauptungen<br />
gegen Millionen von Migranten hetzen,<br />
tragen die Verantwortung, falls in Deutschland Menschen<br />
durch terroristische Anschläge verletzt oder<br />
gar getötet werden.
Von Kollegen für Kollegen...<br />
Planmäßige Versorgungslücke<br />
Kein Zug, der Bahnsteig schwarz, die Anzeigen<br />
klappern orientierungslos... Streik? Winter? Al-Kaida?<br />
Schlimmer: Der Fahrdienstleiter Treptow wurde<br />
krank! Zwischen 0 Uhr und 3 Uhr ging letzten<br />
Sonntag nix mehr. Da werden aber viele drei Kreuze<br />
gemacht haben, dass sie nicht Dienst hatten...<br />
Man kann wetten, dass sie den Kollegen auf´m<br />
Stellwerk bekniet haben, länger zu machen und die<br />
Lücke zu füllen. Blöd nur, dass der wohl schon seit<br />
8 Uhr morgens auf´m Stellwerk war... wie böse<br />
Zungen behaupten. Was wir uns ja überhaupt nicht<br />
vorstellen können!<br />
Mangelverwaltung<br />
Die S-Bahn-Chefs sagen auch manchmal die<br />
Wahrheit, wenn es um die Arbeitsbedingungen bei<br />
den Aufsichten geht: „Es sind zu viele Schichtantritte<br />
hintereinander. Die Ruhephasen zwischen den<br />
Schichtblöcken sind zu kurz.“ Und, und, und.<br />
Sie schlagen in ihrem Brief als Verbesserung vor,<br />
Frühschichten zu kürzen, dafür Nachtschichten und<br />
die unbezahlten (!) Pausen zu verlängern. Die Öffnungszeiten<br />
dieses Irrenhauses ändern... und die<br />
Welt wird besser?<br />
Es gibt eine Änderung, die wirklich was verbessern<br />
würde: Runter mit den Stunden!!! Dann klappts<br />
auch mit weniger Schichtantritten. Natürlich bei vollem<br />
Lohn.<br />
EU zwingt den irischen Arbeitern Kürzungen auf<br />
Unter dem Druck Deutschlands und Frankreichs,<br />
die die Eurozone kontrollieren, hat die irische Regierung<br />
nun „Hilfe“ akzeptiert.<br />
Aber es ist die irische Bevölkerung, die dafür zahlen<br />
soll: Arbeitslosenhilfe und Familienzulagen sowie<br />
die Gehälter der staatlichen Angestellten sollen<br />
zusammengestrichen, 24.750 entlassen und die<br />
Mehrwertsteuer auf 23% erhöht werden.<br />
Haben die Europa-Chefs „Irland gerettet“ oder „Europa<br />
gerettet“, wie sie behaupten? Nein! Sie retten<br />
die Profite der Finanzhaie, zum Beispiel der deutschen<br />
Banken, die nach Irland 140 Milliarden verliehen<br />
haben. Dafür greifen sie der Bevölkerung in<br />
die Tasche. In Irland und anderswo.<br />
Streik- und Protesttage... eine Städtereise<br />
Portugiesische Gewerkschaften haben einen Generalstreik<br />
ausgerufen, um die skandalösen Sparmaßnahmen<br />
anzuprangern, für die das staatliche<br />
Defizit als Vorwand dient. Millionen streikten am<br />
Mittwoch, kein Flugzeug hob ab, Krankenhäuser<br />
und Schulen waren geschlossen, bei VW standen<br />
die Bänder still. Die portugiesischen Arbeiter haben<br />
tausendmal Recht es abzulehnen, für eine Schuld<br />
zu zahlen, für die sie nicht verantwortlich sind.<br />
Am selben Tag waren Tausende Studenten und<br />
Schüler in britischen Städten auf der Straße, um<br />
gegen die Erhöhung der Studiengebühren auf<br />
14.400 Pfund pro Jahr zu protestieren. Am nächsten<br />
Tag dann Italien: Studentendemonstrationen<br />
gegen Sparpläne bei den Universitäten.<br />
Am Freitag zeigten Tausende vor dem Reichstag in<br />
Berlin, dass sie ebenfalls nicht bereit sind, die<br />
Sparpläne der Bundesregierung zu akzeptieren.<br />
Dufte!<br />
Nachdem Regio-Chefs aufgefallen ist, dass die<br />
Klos in den Zügen in einem sehr besch...eidenen<br />
Zustand sind, soll nun das Rest-Budget dieses<br />
Jahres in ihnen versenkt werden. Die stillen Örtchen<br />
sollen modernisiert werden.<br />
Habt ihr euch auch mal den Rest der Wagen angeschaut?!<br />
Der Rheuma-Patient bekommt einen<br />
künstlichen Darmausgang – toll! Aber wann sollen<br />
wir denn den „Patienten“ ins „Krankenhaus“ bringen?<br />
Wir haben ja nicht mal im normalen Chaos in<br />
den Werkstätten genügend Betten frei! Vielleicht<br />
reicht’s am Ende doch nur für Riechsteine mit dem<br />
betörenden „Schwammdrüberalleswirdgut-Duft“.<br />
Auge um Auge ...<br />
Letzte Woche wurde, nur mal so zum Test, der<br />
RE7 im Abfertigungsverfahren TAV gefahren. D. h.:<br />
Die komplette Abfertigung am Bahnsteig macht der<br />
Tf allein. Zur „Erhöhung der Betriebssicherheit lautet<br />
die Begründung.<br />
Sehen 4 Augen nicht mehr als 2, wenn man ihnen<br />
auch die Zeit im Fahrplan dazu gibt? Das geht natürlich<br />
nicht in einem System, das immer weniger<br />
Züge vorhalten will. Nur noch schrubben bis die<br />
Achsen glühen. Ist doch wieder nur ein „Test“<br />
mehr, um mit Sicherheit die Zugbegleiter zu Servicekräften<br />
zu degradieren. Und so mit Sicherheit<br />
die Löhne drücken zu können.<br />
Ewig fährt am längsten...<br />
„Arbeiten bis 67“ versucht uns eine Werbekampagne<br />
der Regierung schmackhaft zu machen. Ein<br />
Lacher, wenn man schon nicht weiß, wie man bei<br />
dem Stress das nächste Jahr überstehen soll. Und<br />
Lokführer können kaum bis 65 in einem Beruf arbeiten,<br />
wo alle Sinne sicherheitsrelevant sind und<br />
topfit sein müssen.<br />
Umso mehr brennt die Frage nach einer Absicherung<br />
bei Berufsunfähigkeit auf den Nägeln. Wir<br />
brauchen einen Anspruch auf alternative Arbeitsplätze,<br />
wohnortnah und ohne finanzielle<br />
Einbußen. Viele KollegInnen würden sicher auch<br />
Einiges dafür tun, den umzusetzen! Nun hat die<br />
GDL-Tarifkommission ausgerechnet diese Frage<br />
aus den Verhandlungen ausgeklammert. Nur verschoben?<br />
Auf wann? Bis wir 67 sind?<br />
Wenn Dir das Flugblatt gefällt, gib es doch an Kolleginnen und Kollegen weiter...<br />
Dies ist Dein Flugblatt! Wenn Du willst, dass es alle KollegInnen gut informiert, dann hilf dabei. Wende Dich an:<br />
flugblatt_bahn@gmx.de<br />
www.sozialistische-arbeiterstimme.org<br />
V.i.S.d.P.: Florian Sund, Schmarjestr. 17, 14169 Berlin