ACADEMIA 3/2015
Zeitschrift der katholischen deutschen Studentenverbindungen
Zeitschrift der katholischen deutschen Studentenverbindungen
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Zeitschrift des Cartellverbandes der katholischen deutschen Studentenverbindungen 3-<strong>2015</strong> 108. Jahrgang<br />
Mythen,<br />
Helden,<br />
Christus<br />
Wagner und<br />
kein Ende<br />
Zeit der Orden<br />
Wozu sind sie gut?<br />
Was wir wirklich wollen<br />
Charta ’15: alles im Kasten
Editorial<br />
Veit Neumann (Alm)<br />
Chefredakteur<br />
Was ist los mit den Gegnern unseres Cartellverbandes und<br />
unserer Verbindungen? Abgesehen davon, dass sie zumeist<br />
jeden Zusammenschluss im akademischen Milieu,<br />
der nicht in ihrem Sinne revolutionär ist, bekämpfen und<br />
meilenweit von einer differenzierten Betrachtungsweise entfernt<br />
sind, ist es eher still geworden um aufgeregte Schreihälse, Trillerpfeifenfreunde<br />
und Verunmöglicher freier Meinungsäußerung.<br />
Warum dann schlafende Hunde zum Thema machen? Eine bezeichnende<br />
Situation: In Heidelberg war die Ehrenproklamation<br />
im Rahmen der 129. Cartellversammlung zugunsten akademischer<br />
Welterforschung und Lebensgestaltung vor dem<br />
Portal der Alten Universität gerade ans Ende gelangt, als sich<br />
grimmig-unbeholfen topfschlagende Gestalten näherten. Erinnert<br />
fühlte man sich an das „Topfschlagen“, wie man es von<br />
Kindergeburtstagen her kennt. Den Rest klärte Polizei, die<br />
vielleicht gar nicht nötig gewesen wäre.<br />
Jüngst erzählte mir ein PhilX, der einst schroff<br />
ablehnende Asta habe eine Selbstvorstellung<br />
der Verbindung für sein gedrucktes Organ<br />
erbeten. Tempora mutantur et Asta cum<br />
illis… Rebus sic stantibus sollten wir uns allerdings fragen:<br />
Nimmt man uns überhaupt noch ernst? Tatsächlich gibt es immer<br />
wieder berechtigte Anfragen an unser Dasein als katholische<br />
Korporierte, die sich in dezenten Argumenten und Beobachtungen<br />
äußern. Nicht immer liefern Cartellbrüder – häufig genug<br />
auf der Suche – ein erfreuliches Bild in der Öffentlichkeit.<br />
Mir scheint aber, dass sich sehr viel Sinnreiches, Bildendes, ja<br />
Formendes und insofern auch Überzeugendes in Verbindungen<br />
und Verband abspielt. Das ist die eigentliche Revolution, aus der<br />
wir unsere Daseinsberechtigung schöpfen. Die wohltuende Stille,<br />
in der dies geschieht, lässt das aufgeregte Topfgeklapper solcher<br />
Gegner als noch harmloser erscheinen, als es ohnehin ist.<br />
Das Leben im Bild<br />
Mitten im Leben: Verbin dun gen und Cartellver -<br />
band. Hätte es dafür einer Bestätigung bedurft, auf<br />
dem Studententag während der C.V. in Heidelberg<br />
war sie zu haben. Seit ur denklichen Zeiten erstmals<br />
wieder wehte ein Hauch von Fraktions bildung und<br />
Politisiererei durch das oberste Organ der Akti ven.<br />
Der im Würzburger Cartellverband unter Geburts -<br />
wehen bestimmte Vororts präsident Patrick Schüf -<br />
felgen (Ctr) warb für seine Bestätigung, sah sich<br />
aber unangenehmen Fragen ausgesetzt.<br />
Bereits in den vergangenen Mona ten hatte es unter<br />
den Aktiven im Cartell mächtig gegrummelt. Nun<br />
entlädt sich die kämpferische Ener gie, die zuvor<br />
keine Kanalisierung erfahren hatte. Für den Aspi -<br />
ran ten wird es zusehends ungemütlich. Der zu<br />
Bestätigende räumt mancherlei ein, wonach in<br />
Würzburg – es gab drei Kandidaten – schmutzige<br />
Wäsche gewaschen worden sei. Es ist die Rede von<br />
überwundenen Absolutheitsansprüchen. Die Oppo -<br />
si tion allerdings lässt nicht locker. Sie urgiert exzessiv,<br />
und selbstgefälliges Gebärdenspiel ist über allem Ernst zu bemerken. Hitzig werden Formalia bemüht, es fallen juristische Begriffe.<br />
Hektisch wechseln Rede und Widerrede. Die Situation entgleitet der Verhandlungsführung. Gerufen wird der CV-Rechtspfleger.<br />
Und so schreitet Cbr Dr. Bernhard Stähler (Sx) – ein begnadeter Pädagoge, wie sich zeigt – heran, um die hochkochende Situation<br />
aufklärend zu kalmieren. Indes fordert ein Hinterbänkler mit piepsiger Stimme von den Kontrahenten: „Eine Kampfrede!“ Während<br />
der zwangsweisen Pause erheben Tabakswolken sich über den vor der Türe versammelten jungen Cartellbrüdern, innerlich bewegt.<br />
Foto: vn<br />
Von Glück kann Cbr Schüffelgen sagen, dass zu seiner Bestätigung die Drittel-„Mehrheit“ genügte. Die absolute Mehrheit, wie im vorliegenden<br />
Fall, gegen sich zu haben, ist nun kein Auftakt nach Maß. Die Aufgabe: jetzt alle ins Boot holen. Die Chance: zeigen, wie aus<br />
einem vermasselten Start Gutes erwächst. Die Erkenntnis: Der Cartellverband bietet – das sollte viel häufiger genutzt werden – jungen<br />
Menschen ein exzellentes Forum, politische Erfahrungen zu sammeln: mitten im Leben. (Weitere Berichte zur 129. C.V. auf Seite 8-11)<br />
Titelseite: Richard Wagner (1813-1883) begeistert und entzückt, verstimmt aber auch und macht bestürzt. Das popart-ähnliche Konterfei steht für die oft ver -<br />
wirrende oder gar verstellende Farbigkeit seiner Kompositionen.<br />
[Foto: picture alliance/dieKLEINERT.de/Hanspeter Ludwig]<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 3
Inhalt<br />
Außenansicht.<br />
7<br />
Auf dem Weg in die Zukunft ist die Katholische Universität<br />
Eichstätt-Ingolstadt. Gut, aber was heißt das konkret?<br />
KU-Präsidentin Prof. Gabriele Gien gibt eine Innenansicht<br />
in der „Außenansicht“.<br />
Essay I.<br />
12-17<br />
Warum vergessen wir immer wieder wichtige Dinge?<br />
Und wieso werden unsere Erinnerungen mit der Zeit<br />
anders als das, was wirklich war? Eine Professorin der<br />
Psychologie klärt auf.<br />
Essay III.<br />
24-27<br />
Marginal nicht immer gleich uninteressant.<br />
Scheinbar Abseitiges kann reizvoll sein. Prof. Hömberg<br />
fragt, was eine Zeitung hält und wie daraus ein Forschungszweig<br />
werden könnte.<br />
Ansichtssache.<br />
33<br />
Betriebsseelsorge ist mehr als die Addition<br />
aus Betrieb und Seelsorge. Cbr Kurt Reinelt (Alm) stellt<br />
seine vielfältigen Tätigkeiten zwischen Evangelium und<br />
Gewerkschaftsbund vor.<br />
Orden? Es ist Zeit.<br />
37-39<br />
Benediktiner sind eine Ausformung des langen<br />
Atems der Kirche. Cbr Dr. Nikodemus Schnabel OSB<br />
(Ad) beschreibt, was das Mönchsein ausmacht. Es ist nicht nur<br />
Gebet und Arbeit…<br />
40-43<br />
Ein echter Dominikaner ist so etwas wie der<br />
Sherlock Holmes der Kirchengeschichte.<br />
Er geht allen Dingen auf den Grund. Seine Erkenntnisse lässt er<br />
in Seelsorge und Verkündigung einfließen.<br />
50-51<br />
Für Cbr Franz Reinisch (Le), der den Fahneneid<br />
auf Hitler verweigerte, läuft ein Verfahren zur<br />
Selig sprechung. Eva Djakowski hat Postulator Cbr Prof. Heribert<br />
Niederschlag (F-Rt) dazu befragt.<br />
52-55<br />
Der Gründer der Salvatorianer war Freiburger<br />
Armine. Salvatorianer-Provinzial P. Hubert Veeser<br />
berichtet von unserem Cartellbruder, seinem Wesen und seinem<br />
unbandingen Missionsdrang.<br />
56-57<br />
Still und schön wie die Blumen sind, so wirken die<br />
indischen „Sisters of the Little Flower of Bethany“<br />
in ihrer liebenden Arbeit für alte Menschen. Einblick in<br />
katholische Weite.<br />
Cartellverband.<br />
58-60<br />
Internationalität ist für den Cartellverband<br />
keine Frage. Jüngst zu ersehen an seinem<br />
Vertrags abschluss mit der Sophia-Universität in Tokyo.<br />
Wie’s weitergeht.<br />
62<br />
Der CV-Ruhrgaukommers, einst sanft<br />
entschlummert, ist wieder erwacht. Das CV-<br />
Aushängeschild in der Region war ein durchschlagender Erfolg.<br />
Neues Leben in alten Formen.<br />
4 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong><br />
Foto: privat<br />
Ordensleute: Kritiker der Kirche<br />
in der Glut ihrer Ganzhingabe<br />
Sie sind Teil der Kirche, sind aber auch Kritik an ihr oder<br />
doch wenigstens an behäbiger Bürgerlichkeit, die sich darin<br />
breitmachen kann: Im Jahr der Orden (November 2014 bis<br />
Februar 2016) geht es um die geistlichen Gemeinschaften,<br />
die in Welt und Kirche zwar viel beweg(t)en, deren tiefster<br />
Sinn allerdings die Nachfolge Christi durch ihre Mitglieder<br />
in Armut, Gehorsam und Ehelosigkeit ist. Mehrere Cartell -<br />
brüder stellen ihre Ordensgemeinschaften vor. Vieles ist<br />
dabei institutionalisiert, aber immer wieder lodert<br />
die Glut der Hingabe des ganzen Lebens auf.<br />
34-57<br />
Mission mit anderen Mitteln<br />
Hochherzig beteiligten sich<br />
Cartellbrüder aus Österreich<br />
und Süddeutschland vor 150<br />
Jahren an der Missionierung<br />
des Sudan. Cbr Dr. Gerhard<br />
Jandl (Kb), Vorsitzender des<br />
ÖCV-Südsudan-Zirkels,<br />
berichtet über die Lage dort –<br />
und darüber, was Cartellbrüder<br />
lichkeit in der Tradition<br />
von Cbr Franz Lorenz Gerbl (Ae)<br />
heute bewirkt.<br />
18-23
Inhalt<br />
Morde voll im Gange<br />
Vor 100 Jahren waren die<br />
Massenmorde an christlichen<br />
Völkerschaften im Osmanischen<br />
Reich voll im Gange.<br />
Historiker Michael Hesemann<br />
spricht über dieses hässliche<br />
Kapitel der Geschichte des<br />
20. Jahrhunderts. Es legte<br />
einen weiteren frühen Schatten<br />
auf diese Zeit, die sich<br />
doch so fortschrittlich<br />
dünkte.<br />
28-32<br />
Genie, Scharlatan,<br />
Leierkastenmann, Revolutionär?<br />
Richard Wagners einmalige Art der Musik wirft Fragen auf:<br />
Was macht sie mit dem Menschen? Wie ist sie zu verant -<br />
wor ten? Ist sie verführerisch? Und über kurz oder lang<br />
landen wir bei dem grundlegenden Problem: Wer war<br />
dieser Mann? Wie können wir ihn heute sehen, wie ihn<br />
heute verstehen? Für Katholiken sollte seine Musik nicht<br />
zur (Ersatz)Religion werden, allerdings lohnt die Auseinan -<br />
dersetzung mit seiner Sicht auf den christlichen Glauben.<br />
Wagner vermag Welten zu erschließen. Aber ist<br />
die Wagnersche als solche schon gut?<br />
Titel.<br />
82-93<br />
Foto: picture alliance/dpa<br />
Foto: imago stock&people Foto: imago/AFLO<br />
63<br />
Der Vorort ist gelaufen – nicht wie Forrest Gump, aber<br />
immerhin sehr weit. Und vor allem, im Rahmen des<br />
Heidelberger Halbmarathons, zugunsten der CV-Afrika-Hilfe.<br />
64<br />
CV-Stammtische haben wieder Konjunktur. Erst jüngst<br />
berichtete <strong>ACADEMIA</strong> über den Korpo-Stammtisch bei<br />
VW, jetzt sind die Banker in Frankfurt an der Reihe.<br />
Auch bei PwC „geht was“ (siehe S. 66).<br />
Personen.<br />
73<br />
Als Frauenarzt in Turkmenistan war Cbr Dr. med.<br />
Manfred Höner (Als) kürzlich. Was ihm dabei widerfuhr,<br />
beschreibt er eingängig. Unter anderem trat er im<br />
Fernsehen auf.<br />
75<br />
Mit der Musik hat Maximilian Möller seinen Weg in die<br />
Ferdinandea Heidelberg gefunden. Der musikbegabte<br />
Cartellbruder, Pianist und Posaunist, berichtet, wie es dazu kam.<br />
Kirche.<br />
77<br />
Zehn Jahre sind vergangen, seitdem Joseph Ratzinger<br />
(Rup) zum Papst gewählt wurde. Dr. Albrecht Weiland<br />
(Hr) hat aus diesem Anlass im Verlag Schnell und Steiner einen<br />
Band herausgegeben, der in Rom vorgestellt wurde.<br />
Hochschule.<br />
79<br />
Wie sind sie denn nun eigentlich, die Bachelor -<br />
absolventen? Die Erkenntnis des Bildungsministeriums<br />
und des Industrie- und Handelskammertags gehen dazu<br />
erheblich auseinander.<br />
Bücher.<br />
81<br />
Es ist der Bericht eines Lebens, das in jungen Jahren<br />
Verfolgung und Konzentrationslager durchzustehen hatte.<br />
Durch ein Wunder hat Prof. Fried überlebt. Und er liebt.<br />
Rubriken – Standards.<br />
Cartoon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />
Meinung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />
Außenansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />
Essay I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />
Essay II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />
Essay III . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24<br />
Interview . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28<br />
Ansichtssache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33<br />
Cartellverband . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58<br />
Was denken Deutsche über Österreicher und umgekehrt? . . 61<br />
Spefux . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62<br />
Einwurf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63<br />
Commentiert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65<br />
CV-Termine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66<br />
Akademie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67<br />
Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72<br />
CVer im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73<br />
Warum ich CVer [ geworden ] bin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75<br />
Kirche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77<br />
Hochschule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79<br />
Verbum peto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80<br />
Bücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81<br />
Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81<br />
Wirtschaft leicht gemacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 5
Meinung<br />
© Mester<br />
CARTOONIERT<br />
Bekennt Euch zum reinen Kommerz!<br />
Was Antidiskriminierung und Respekt<br />
mit der WM-Vergabe nach Katar zu tun haben<br />
Es gibt heilige Dinge, die entpuppen sich als pure Scheinheiligkeit.<br />
Nein, es geht nicht um die Kirche. Es geht um den Sport,<br />
der Millionen deutscher Bundestrainern h. c. heilig ist: Fußball.<br />
Nachdem die WM unter dubiosen Umständen nach Katar vergeben<br />
wurde, stellt man nun fest: Dort ist es zu warm zur klassischen<br />
WM-Austragungszeit. Im Rahmen der Verlegungsdiskussion kommt<br />
auch die Diskussion hoch, ob Katar wegen der Menschenrechtslage<br />
und der streng islamisch geprägten Rechtsordnung überhaupt als<br />
Austragungsort denkbar sei. Auch die politisch-gesellschaftlichen<br />
Verhältnisse in Katar geben zu denken.<br />
Dass der deutsche Fußball-Kaiser Beckenbauer als führender FIFA-<br />
Funktionär von den problematischen Zuständen nichts mit eigenen<br />
Augen gesehen hat, wie er gerne verkündet, glaube ich gerne:<br />
verdunkelte Limousinenscheiben verdecken solche hässlichen Details.<br />
Und Berichte von Menschenrechtsorganisationen gehören<br />
nicht bei jedermann zur Tageslektüre. Etwas distanzierter hat sich<br />
schon der ehemalige DFB-Präsident Theo Zwanziger in der Ver -<br />
legungsdiskussion ausgedrückt: der Verlegung werde er zwar zu -<br />
stimmen, aber die Vergabe als solche betrachte er als problematisch.<br />
Die Vergabeentscheidung werde bei entsprechenden Feststellungen<br />
im Untersuchungsbericht über mögliche Korruption dabei<br />
wohl nochmal auf den Prüfstand gestellt werden müssen. Wegen der<br />
vermuteten Korruption wohlgemerkt – nicht wegen der Menschenrechtslage.<br />
Man könnte sich damit abfinden, dass Fußball mittlerweile so kommerzialisiert<br />
ist, dass letztlich das Geld auch über die WM-Austragungsorte<br />
entscheidet. Ganz so einfach ist es wieder nicht – zumindest<br />
nicht für den DFB und die UEFA. Beides sind nicht unbedeutende<br />
„Mitspieler“ im großen Fußballspiel und beide engagieren sich in<br />
entsprechenden Kampagnen gegen Diskriminierung und Rassismus:<br />
Der DFB engagiert sich seit 2006 in der „Respekt!“-Initiative und die<br />
UEFA schreibt auf ihrer Leitseite im Internet: „Der Kampf gegen<br />
Rassismus, Diskriminierung und Intoleranz im Fußball wurde in den<br />
letzten Jahren zu einem der Hauptanliegen der UEFA.“ Hört, hört!<br />
Bei entsprechenden Turnieren wird man vor jedem Spiel und in jeder<br />
Spielpause mit entsprechenden Kampagnen-Einspielfilmen mit Fußballstars<br />
überschüttet. Hat da keiner der Funktionäre ernsthafte Störgefühle<br />
angesichts der Vergabe nach Katar? Lieber DFB, liebe UEFA:<br />
Bekennt Euch zum reinen Kommerz und erspart mir die Schein -<br />
heiligkeit dieser Antidiskriminierungskampagnen – oder seid konsequent<br />
und boykottiert die WM in Katar.<br />
Nun ist der Fußball zwar nicht die einzige Sportart, in der ein mehr<br />
oder weniger dubioser Impresario über einen Weltdachverband eine<br />
komplette Sportart als Geisel hält: Man tausche einfach den Namen<br />
Blatter gegen den Namen Ecclestone aus. Unterschied: die Formel 1<br />
ist ehrlicher. Dort weiß man, dass es ums Geschäft geht und muss<br />
nicht die Scheinheiligkeit der Respekt-Kampagneneinblender über<br />
sich ergehen lassen.<br />
Christoph Dorner (GEl)<br />
6 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>
A U S S E N A N S I C H T<br />
von Präsidentin Prof. Dr. Gabriele Gien<br />
Perspektiven und Profilentwicklung<br />
der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt<br />
Wesens- und Aufgabenbestimmung: Mit Dekret der Kongregation für<br />
das katholische Bildungswesen vom 1. April 1980 ist die Katholische Universität<br />
Eichstätt-Ingolstadt offiziell als katholische Universität vom Heiligen<br />
Stuhl begründet und errichtet; damit unterliegt sie der Wesens- und<br />
Aufgabenbestimmung, die für alle katholischen Universitäten und Fakul -<br />
täten als universitas catholica im Sinne der cc. 801-814 CIC (1983) gelten<br />
und durch die Apostolische Konstitution „Ex corde Ecclesiae“ von 1990<br />
verbindlich präzisiert werden. Auf Grund dieser Verpflichtung muss die Forschungs-<br />
und Lehrtätigkeit gerade auch das Studium der schwerwiegenden<br />
Fragen unserer Zeit umfassen, wie z.B. die Würde des menschlichen Lebens,<br />
die Förderung der Gerechtigkeit für alle, Bewahrung der Schöpfung etc.<br />
Leitlinien und Profilentwicklung: Der Entwicklungsplan der KU setzt an<br />
dieser Forderung an: „Qualitätsvolle, eigenverantwortliche Forschung und<br />
fachinterner wie fachübergreifender Diskurs bereits in der Lehre sind die<br />
vorrangigen wissenschaftlichen Ziele der KU. Die KU sieht sich dabei im<br />
Dienst an einer nachhaltigen Entwicklung der Gesellschaft und leistet einen<br />
Beitrag zur Wahrnehmung und Überwindung der globalen Probleme und<br />
Krisen unseres Zeitalters.“ Aus dem Entwicklungsplan ergeben sich folgende<br />
Leitlinien und Entwicklungsperspektiven für die KU:<br />
1. Transformative Wissenschaft und disziplinäre Exzellenz: Neben disziplinärer<br />
Exzellenz setzt die KU einen Schwerpunkt auf inter- und transdisziplinäre<br />
Forschung, um die Bewältigung großer gesellschaftlicher<br />
Aufgaben umfassend zu sehen, das Potential eines differenzierten Wissenschaftssystems<br />
auszunützen und Kooperationen über die Disziplingrenzen<br />
hinweg einzugehen. Die Forschungsfelder Nachhaltigkeit, Migration, Verantwortungsdiskurse,<br />
Kirche und Religion in der modernen Gesellschaft<br />
und Bildung (u.a. Inklusion) bekommen so profilgebende Bedeutung und<br />
haben Potential, sich zu Schwerpunkten der Universität zu entwickeln.<br />
Darüber hinaus wird sich die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt<br />
als zugleich essentieller wie genuiner Teil kirchlicher Sendung („kulturelldiakonische<br />
Kommunikation des Evangeliums“) weiterentwickeln müssen,<br />
da es ein kirchliches wie öffentliches Interesse an diesem Profil gibt.<br />
2. Das neue Studium Generale der KU: Das neue Studium Generale der<br />
KU soll allen unseren Studierenden die Möglichkeit bieten, zusätzlich zu den<br />
in den jeweiligen Fachstudiengängen vermittelten fachspezifischen Inhalten<br />
und Kompetenzen eine Grundlagenbildung zu erwerben, die Orientierung in<br />
ethischen, philosophischen und religiösen Fragen ermöglicht. Das Studium<br />
Generale besteht aus zwei Säulen, einem wiederkehrenden „kanonischen“<br />
Pool (z.B. Christliche Sozialethik) und einer interdisziplinären Ringvorlesung<br />
mit Seminarreihen zu einem Jahresthema („Scheitern“, „Alter(n)“, „Flucht“).<br />
Foto: privat<br />
3. Differenzierte Internationalisierungsstrategie und strategische<br />
Vernetzung: Als zukunftsfähige Hochschule muss die KU sich über ihre<br />
Transnationalität im Rahmen des Globalisierungsprozesses definieren. Dazu<br />
gehören die Beschäftigung mit Fragen der Bildungsmigration, Lehren,<br />
Lernen und Forschen im interkulturellen Kontext und die Schaffung internationaler<br />
Netzwerke, bei denen der besondere Fokus auf den katholischen<br />
Universitäten weltweit liegt, mit denen uns strategische Partnerschaften<br />
verbinden. Das Lehramt wird internationalisiert und „Global Education“<br />
ausgebaut. Über Berufungspraxis, strategische Planung, Förderprogramme<br />
für die Forschung und einen Campus der Vielfalt soll die KU in den nächsten<br />
zehn Jahren eine international aufgestellte Universität sein.<br />
4. Student Development Center und gesellschaftliches Engagement:<br />
Angezielt ist eine Persönlichkeitsbildung, die wissenschaftlichen Habitus,<br />
ethische Bildung, Reflexion des Verhältnisses Glauben und Wissen sowie<br />
nicht zuletzt Sensibilität für gesellschaftliche Belange und Nöte aufeinander<br />
beziehen. Um die Studierenden auf diesem Weg zu begleiten, wird an der<br />
KU ein Student Development Center eingerichtet, das die Studierenden in<br />
ihrer Entwicklung fördert, berät und unterstützt, ihnen überfachliche Angebote<br />
unterbreitet und das schon vielfältig vorhandene gesellschaftliche Engagement<br />
bündelt und professionalisiert.<br />
Ausblick: Auf der Grundlage eines umfangreichen 120-seitigen Berichts<br />
der jetzigen Hochschulleitung über Stärken, Entwicklungschancen und<br />
Profilmöglichkeiten der KU hat die Freisinger Bischofskonferenz ein klares<br />
Bekenntnis zur Katholischen Universität gegeben und wird deutlich<br />
mehr Finanzmittel und Personal zur Verfügung stellen, so dass die KU sich<br />
in den nächsten Jahren zu dem entwickeln kann, was ihr Potential ist: eine<br />
kleine, einmalige Universität, bei<br />
der sich wissenschaftliche Exzellenz,<br />
globale Verantwortung und<br />
transdisziplinäre Intellektualität<br />
innerhalb einer wertschätzenden<br />
Universitätsgemeinschaft mit den<br />
eingangs genannten Wesensmerkmalen<br />
von „Ex corde Ecclesiae“ zu<br />
einem in der deutschen Hochschullandschaft<br />
einmaligen Profil<br />
fügen werden.<br />
Die Autorin: Prof. Dr. Gabriele Gien (geb. 1962), 2008 bis<br />
2014 Inhaberin des Lehrstuhls für Didaktik der deutschen Sprache<br />
und Literatur in Eichstätt, seit Oktober 2014 Interimspräsidentin<br />
der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt.<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 7
Cartellversammlung Was wir<br />
rtellversammlung Was wir wirklich wollen<br />
Charta ’15: im Umbruch<br />
Aktive engagiert, Diskussionen konstruktiv, alle gestärkt<br />
Entgegen ersten Aussichten und Befürchtungen<br />
hat die Cartellversammlung<br />
am Freitag, 15., und Samstag, 16.<br />
Mai <strong>2015</strong>, im Heidelberger Schloss die<br />
„Charta ’15“ beschlossen. Das ca. zwölf Seiten<br />
umfassende Dokument enthält wesentliche<br />
Aussagen des obersten Organs des Verbandes<br />
zu zentralen Bereichen wie Glaube, Gesellschaft,<br />
Wirtschaft und Politik. Vorangestellt<br />
ist die Präambel, die einen Deutungsschlüssel<br />
für die angemessene Lektüre an die Hand gibt.<br />
Allein über die Inhalte dieser Präambel war<br />
auf der C.V. rund 45 Minuten lang diskutiert<br />
worden. Cbr Prof. Dr. Herbert Kaspar (Am),<br />
ÖCV-Academia-Chefredakteur, hatte im<br />
Vorfeld erklärt, im ÖCV hege man ein „großes<br />
Interesse“ an den Inhalten der Charta: „Wir werden<br />
uns die Ergebnisse sehr genau ansehen.“<br />
Das Wort steht bei<br />
Cbr Papa em. Benedictus<br />
Mit einer sehr deutlichen Mehrheit sprach sich die Cartellversammlung dafür<br />
aus, die folgende Passage mit dem berühmten und aussagekräftigen Zitat von<br />
Cbr Papst em. Benedikt XVI. (Rup) aus der Präambel des Entwurfs der Aktivenvertreter<br />
zusammen mit dem Entwurf für die Charta selbst zu übernehmen: „Vor<br />
allem ist unsere Zeit von neuen geistigen Auseinandersetzungen geprägt, unter<br />
denen unser Cartellbruder, seine Heiligkeit Papst Benedikt XVI., einmal mit der<br />
,Diktatur des Relativismus‘ eine zentrale Krise unserer Tage benannt hat.“ Der<br />
Satz entstammt der Predigt des damaligen Kardinaldekans Joseph Ratzinger<br />
beim Requiem seines heiligen Vorgängers Johannes Paul II.<br />
AC<br />
Das Projekt, angesichts der massiven gesellschaftlichen<br />
Umbrüche der vergangenen 25<br />
Jahre die bislang gültige „Charta ’90“ fortzuschreiben,<br />
hatte Cbr Dr. Heiner M. Emrich<br />
(Nv), Vorsitzender im CV-Rat, auf der 127.<br />
Cartellversammlung in Braunschweig 2013<br />
angestoßen. Mehrere Arbeitsgruppen hatten<br />
zunächst respektable Entwürfe ausgearbeitet,<br />
die im vergangenen Jahr auf der 128. C.V. in<br />
Aachen vorgestellt worden waren. Anschließend<br />
wurden die Entwürfe in sprachlicher<br />
Hinsicht weiter bearbeitet. Zu einer eigentlichen<br />
Diskussion über die Vorschläge im<br />
Cartell war es bis dahin jedoch nicht gekommen,<br />
obwohl Cbr Dr. Emrich dazu wiederholt<br />
aufgefordert hatte. Erst in den Wochen<br />
vor der 129. Cartellversammlung stellte<br />
eine ganze Reihe aktiver Cartellbrüder einen<br />
eigenen – allerdings maßgeblichen – Entwurf<br />
vor. Zu den Unterzeichnern gehören<br />
Matthias Simperl (Cp), Hubertus Waltermann<br />
(Ae), Miklas Böhmer (Wf), Johannes<br />
Hirt (Gu), Konrad Ferdinand Müller (Hr),<br />
Ludwig Hollmann (Lb), Tobias Knell (St),<br />
Benedict Pietsch (Cp), Johannes J. Welsch<br />
8 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>
Cartellversammlung<br />
Was wir wirklich wollen<br />
Fotos: siehe Impressum<br />
der attraktive Eigenstand<br />
(Oe-D), Sven Georg<br />
Merten (H-Na) und An -<br />
dreas Riester (AlgA).<br />
Bemerkenswert ist die<br />
Tatsache des konkurrierenden<br />
Entwurfs in<br />
mehrfacher Hinsicht:<br />
Erstens sind seine Unterzeichner<br />
alle aktive<br />
Seniores. Es ist also in der Wirklichkeit der<br />
Verbindungen – wunderbar! – ein massives<br />
Interesse an der Gestaltung der eigenen<br />
Wirklichkeit vorhanden. Zweitens tragen<br />
mehrere der Unterzeichneten erfreulicherweise<br />
das Band der KAV Capitolina Rom.<br />
Und drittens fand der Entwurf in der Person<br />
des Matthias Simperl (Cp) einen geistesgegenwärtigen,<br />
kommunikativen und kompetenten<br />
Streiter, der geschickt und geduldig<br />
vermittelte und erklärte. Er lieferte auf den<br />
Sitzungen der C.V. in entscheidenden Punkten<br />
bedenkenswerte Argumente für den „Aktivenentwurf“.<br />
Cbr Simperl geht in Augsburg<br />
Studien der Theologie nach. Er verstand es,<br />
Wahrheiten<br />
sagen,<br />
selbst wenn sie<br />
unbequem sind<br />
bei klarer Linie zu<br />
überzeugen, ohne langatmige<br />
Reden zu führen.<br />
In wesentlichen<br />
Punkten wurde der<br />
Entwurf von der C.V.<br />
übernommen. An entscheidenden<br />
Stellen<br />
legte die genannte<br />
Gruppe wiederum einen<br />
ausgewogenen Realismus an den Tag,<br />
ohne sich zu verbiegen.<br />
Wie spielte sich die Diskussion ab? Zunächst<br />
erklärte Cbr Simperl (Cp) den Entwurf, der auf<br />
die Initiative des CV-Rats zurückgeht, von<br />
einem Nominalstil geprägt. Der Aktivenentwurf<br />
dagegen pflege den Verbalstil. Cbr Simperl:<br />
„Unser Entwurf versteht sich nicht als Opposition,<br />
sondern eher als Endredaktion.“ Daraufhin<br />
erklärte ein Vertreter der Hasso-Nassovia:<br />
„Mir imponiert die Ernsthaftigkeit und<br />
Stringenz der Aktivenvertreter.“ Außerdem gab<br />
er zu bedenken: „Die Aktiven sind immerhin die<br />
Zukunft des Verbandes.“ CV-Seelsorger Msgr.<br />
Von Gebet,<br />
Hilfe und Respekt<br />
Eine entscheidende Position in der<br />
neuen Charta wurde ebenfalls mit<br />
großem Ernst diskutiert: geschieden<br />
wiederverheiratete Gläubige und<br />
sogenannte andere Lebensgemeinschaften.<br />
Beschlossen wurde, die in<br />
einigen Punkten umgestaltete Passage<br />
aus dem Aktivenentwurf zu<br />
übernehmen. Nun heißt es: „Wir verkennen<br />
nicht, dass dem Ideal der<br />
christlichen Ehe und Familie heute<br />
auch durch unsere Mitglieder nicht<br />
immer entsprochen wird. Katholiken<br />
in gescheiterten Ehen und geschiedenen,<br />
gegebenenfalls wiederverheirateten<br />
Katholiken stehen wir in<br />
ihren oft schwierigen Lebenslagen<br />
mit Hilfe und Gebet bei. Auch Menschen<br />
in anderen Lebensgemeinschaften<br />
verdienen unseren Re -<br />
spekt.“ Insbesondere der letzte Satz<br />
ist dem Katechismus der Katholischen<br />
Kirche entnommen. AC<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 9
Cartellversammlung Was wir<br />
rtellversammlung Was wir wirklich wollen<br />
Ulrich Bonin (G-S) stellte anheim, dass es gut<br />
sei, „nicht anzuklagen“. Woraufhin ein Vertreter<br />
der Teutonia erklärte: „Wenn wir uns gegen den<br />
Relativismus wenden, verdammen wir doch niemanden.“<br />
Auch Cbr Dr. Thomas Krahwinkel<br />
(R-P) hob positive Aspekte hervor – der Entwurf<br />
komme „von unten, aus den Aktivitates,<br />
nicht von Spezialisten“. Auf den Einwand, durch<br />
gewisse Formulierungen, die beziehungs- und<br />
sexualethische Fragen betreffen, böte man Angriffsflächen,<br />
sagte ein engagierter Aktiver:<br />
„Wenn wir Stellung beziehen möchten, dann<br />
kommen wir an Kritik nicht herum.“ Der CV-<br />
Seelsorger wiederum bedeutete, es gelte, „das<br />
Positive, das wir haben, als Schatz hervorzuheben,<br />
nicht anzuklagen“. Daraufhin die Entgegnung:<br />
„Es geht darum, Zustände zu beschreiben.<br />
Dabei müssen auch Wahrheiten<br />
gesagt werden, selbst wenn sie unbequem sind.“<br />
Auch wenn für manche Grundsatzerklärungen<br />
von Institutionen und Verbänden gilt,<br />
Moderator in<br />
zweierlei Hinsicht<br />
Die C.V. in Heidelberg hat Cbr Dr.<br />
Heinrich Emrich (Nv) für eine<br />
zweite Periode von vier Jahren<br />
zum Vorsitzenden im CV-Rat gewählt.<br />
Dr. Emrich, der als Rechtsanwalt<br />
in München wirkt, war auf<br />
der C.V. 2011 in Essen als Nach fol -<br />
ger von Cbr Manfred Speck (H-RG)<br />
gewählt worden. Er steht für Kontinuität,<br />
die Erstellung der Charta<br />
’15 geht auf seine Initiative zurück.<br />
Der Jurist, der pro Jahr etwa 6.000<br />
Nachrichten an CVer per E-Mail<br />
verschickt – dazu kommt noch die<br />
traditionelle Post – , erscheint auf<br />
den ersten Blick wenig zupackend.<br />
Das trifft aber nicht zu. Vielmehr<br />
ist sein Führungsstil der des Moderators<br />
im doppelten Sinne: Der<br />
Moderator moderiert, tatsächlich<br />
aber trägt der lateinische Begriff<br />
des „moderator“ auch die Bedeutung<br />
des Lenkers und Leiters. Nur<br />
ist es die Frage, wie man lenkt und<br />
leitet. Cbr Dr. Emrich tut dies behutsam,<br />
aber er tut es. Diese Mischung<br />
aus zulassen und lenken<br />
ist in Zeiten wie diesen ein gutes<br />
Rezept, um alle mitzunehmen in<br />
die Zukunft, die wir ja gestalten<br />
wollen. Veit Neumann (Alm)<br />
Foto: vn<br />
Weder Beton noch Narrenschiff<br />
Dass es auf Cartellversammlungen um mehr als nur Formalien geht, war in Heidelberg<br />
zu erfahren. Bei der Diskussion um die neue Charta stand vorrangig das<br />
Inhaltliche im Blick. Drei Dinge sind erfreulich: 1. Die C.V. hat Handlungsfähigkeit<br />
bewiesen. Wäre es zu keinem Abschluss gekommen, wäre die Charta mindestens<br />
eine „Charta ’15 plus“ geworden – anlässlich 160 Jahre CV, die 2016 in den Blick<br />
genommen werden. 2. Die Diskussionen waren von gegenseitigem Respekt, ja<br />
auch echter Cartellfreundschaft getragen. 3. In der Präambel auf das Krisenphänomen<br />
der „Diktatur des Relativismus“ (Cbr Kardinal J. Ratzinger<br />
(Rup)/Benedikt XVI.) zu verweisen und insofern dieses zentrale Wort zu unterstreichen,<br />
das drückt den Eigenstand der C.V. aus, die für Verbindungen und<br />
Verband spricht. Während zur selben Zeit in einer europäischen Großstadt von<br />
Format die Gestaltung von 50 Fußgängerampeln, die händchenhaltende homosexuelle<br />
Personen zeigen, als Fortschritt gefeiert wird, geht es im CV und seinen<br />
Verbindungen um die kontinuierliche Gestaltung der Wirklichkeit im Wissen um<br />
menschliches Scheitern und Schwäche, vor allem aber im Wissen um die Sinnhaftigkeit<br />
der Weitergabe der Erfahrung, dass bewährte Haltungen helfen, das<br />
Leben zu meistern. Und das ist getragen vom Mut, für eigene Überzeugungen<br />
einzustehen. Das ist dann buchstäblich ermutigend, übrigens gerade für junge<br />
Menschen, um es genau zu sagen: junge Männer. Was könnte dies noch besser<br />
versinnbildlichen als die Tatsache, dass die neue Charta ’15 von Aktiven gestaltet<br />
worden ist? Sie haben sich weder als harte Anrührer von Beton noch als schwärmerische<br />
Matrosen vom Narrenschiff Utopia hervorgetan. Die Delegierten sind<br />
weitgehend gefolgt, ein Akt des Vertrauens. An dieser Stelle darf es einmal<br />
gesagt werden: Diese Synthese aus Sinnhaftigkeit, Mut und Vertrauen ist vorbildlich<br />
für die bundesdeutsche Gesellschaft und die Kirche. Wir haben gezeigt,<br />
wie es geht.<br />
Veit Neumann (Alm)<br />
dass Papier geduldig ist, so ist doch eine solche<br />
Charta in ihrer Maßgeblichkeit kaum zu<br />
überschätzen. Hier werden insbesondere die<br />
gesellschaftspolitischen Positionen für die<br />
kommenden Jahrzehnte festgezurrt und festgezimmert.<br />
Es ist dies die erste Konkretisierungsstufe<br />
nach den allgemein gehaltenen<br />
Prinzipien selbst – eine Aussageform jenseits<br />
des täglichen Empörungsgeschreis, das üblicherweise<br />
von einer winzigen Halbwertszeit<br />
charakterisiert ist. Die Devise „in dubiis liber-<br />
tas“ führen zwar einige Cartellbrüder stets rasch<br />
im Munde. Tatsächlich aber ist die dynamische<br />
Tradition ein hoher Wert, der den Zusammenhang<br />
und -halt im Cartell inhaltlich begründet.<br />
Umso besser, dass – im Gegensatz zur Vorgängercharta<br />
’90 – das Katholizitätsprinzip<br />
von Beginn an nicht ansatzweise zur Diskussion<br />
stand. Angesichts der fortschreitenden<br />
Säkularisierung, die nicht in allen Aspekten<br />
schlecht sein muss, ist es jedenfalls gut, sich<br />
weiter darauf zu stützen. Veit Neumann (Alm)<br />
Der Festkommers fand im Mozartsaal des Congress Center Rosengarten<br />
in Mannheim statt. Der große Saal war komplett ausgebucht.<br />
10 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>
Cartellversammlung<br />
Was wir wirklich wollen<br />
Das Ende des Zuschauens<br />
Der Plan: hundert assyrische Familien retten<br />
Heidelberg. Auf der C.V. in Heidelberg hat<br />
Cbr Dr. Bernhard Stähler (Sx) mit weiteren<br />
Cartellbrüdern eine extrem wichtige Initiative<br />
auf den Weg gebracht – konkrete Hilfe für<br />
verfolgte Christen in Nahost. Der Studententag<br />
und der Altherrentag ziehen voll mit. Cbr<br />
Stähler erklärt das Vorhaben:<br />
„Liebe Cartellbrüder, in diesem Jahr werden<br />
noch mehr Asylbewerber nach Deutschland<br />
kommen als in den Vorjahren. Es werden<br />
wohl mehr als 500.000 kommen. Viel zu viele<br />
stammen aus sicheren Heimatländern auf<br />
dem Balkan. Als Wirtschaftsflüchtlinge dürfen<br />
sie eigentlich nicht bei uns bleiben, aber<br />
es gelingt noch immer nicht, sie zügig wieder<br />
zur Rückkehr in ihre Heimat zu bewegen.<br />
Daran arbeiten die Politik und die Verwaltung.<br />
Unsere Mitwirkung ist nicht gefragt<br />
und auch nicht möglich.<br />
Wie können wir helfen, wenn Menschen unsägliche<br />
Mühen und Gefahren auf sich nehmen<br />
und aus gescheiterten Staaten Afrikas,<br />
dem Irak, aus Syrien und aus Kriegsgebieten<br />
hierherkommen? Sie müssen ein Asylverfahren<br />
durchlaufen. Die zentrale Zuständigkeit<br />
liegt beim Bundesamt für Migration und<br />
Flüchtlingshilfe. Das verteilt alle von oben<br />
nach unten streng nach dem Gleichheitsgebot.<br />
Asylbewerber genießen keine Freizügigkeit<br />
und dürfen grundsätzlich nicht arbeiten.<br />
Sie haben schwere Zeiten in Sammelunterkünften<br />
und Lagern vor sich. Aber sie leben<br />
und sind in Sicherheit! Ihre Integration ist<br />
schwierig, zumal es meistens Einzelpersonen<br />
sind, die, auf welche Weise auch immer,<br />
das viele Geld für die verbrecherischen<br />
Schleuser zusammengebracht haben. Das<br />
System ist so gestrickt, dass die Hilfe Einzelner<br />
regelhaft nicht vorgesehen ist.<br />
Und was ist mit den Menschen, die in den<br />
Kriegsgebieten festsitzen und den islamistischen<br />
Schlächtern schutzlos ausgeliefert<br />
sind? Am schlimmsten sind die Christen bedroht.<br />
Sie verstecken<br />
sich irgendwo und<br />
Öffnet Arme<br />
und Hände<br />
für unsere<br />
Mitchristen!<br />
haben keinerlei Perspektive.<br />
Ihnen kann<br />
nicht einmal militärische<br />
Gewalt helfen.<br />
Die Christenverfolgung<br />
hat derart<br />
zugenommen, dass<br />
sie völlig verdrängt<br />
werden, zumindest<br />
auf die Dauer von Generationen. Das kann<br />
niemand ändern. Christsein ist ein Todes -<br />
urteil. Vor einigen Tagen sind Christen so -<br />
gar auf der Flucht über das Mittelmeer<br />
von anderen Flüchtlingen ermordet worden.<br />
Sie wurden ohne Not einfach über Bord<br />
geworfen.<br />
Eine große Zahl von (as)syrischen Christen<br />
liegen irgendwo in der Wüste, im Niemandsland<br />
zwischen Syrien und Jordanien. Hilfe<br />
erreicht sie nicht. Sie sind ständigen Angriffen<br />
ausgesetzt. Immerhin gibt es schwache<br />
Kontakte. Und wir? Können wir unseren<br />
Glaubensgeschwistern helfen? Ja! Wir müssen!<br />
Wir müssen es wenigstens versuchen!<br />
Oder will ein jeder von uns später einmal die<br />
bohrende Frage der Kinder und Enkel beantworten,<br />
warum er nur zugeschaut hat? Es<br />
gibt die Möglichkeit, verfolgte Christen als<br />
sogenannte Kontingentflüchtlinge zu retten.<br />
Das muss die Bundesregierung<br />
wollen<br />
und umsetzen.<br />
Solche Flüchtlinge<br />
erhalten Visa und<br />
damit eine Aufenthaltsgenehmigung<br />
in Deutschland. Sie<br />
dürfen sich frei bewegen<br />
und arbeiten.<br />
Zur Voraussetzung<br />
für die Aufnahme<br />
wird wohl gemacht<br />
werden, dass sie in Deutschland untergebracht<br />
und betreut werden.<br />
Genau das wollen wir uns auf die Schultern<br />
laden. Sowohl der Studenten- als auch der<br />
Altherrentag haben anlässlich der Cartellversammlung<br />
im Heidelberger Schloss die Bereitschaft<br />
erklärt, hundert<br />
assyrische Familien<br />
aufzunehmen. Jetzt stehen<br />
wir vor einem Berg<br />
von Problemen. Hilfe<br />
werden wir von Bento<br />
Göken von „Cap Anamur“<br />
und Rupert Neudeck<br />
von den „Grün -<br />
helmen“ erbitten. Ganz<br />
sicher wird uns auch<br />
Volker Kauder helfen, der auf der vorletzten<br />
Cartellversammlung den Festvortrag hielt.<br />
Er thematisiert bereits seit Jahren die zunehmende<br />
Christenverfolgung. Und natürlich<br />
werden wir auch technische Dinge zu klären<br />
haben.<br />
Seid sicher: Das schaffen wir mit unseren<br />
Verbindungen, Korporationen und vor allem<br />
mit unseren Heimatgemeinden! Öffnet Eure<br />
Augen und Ohren und nehmt euch der Sache<br />
an! Öffnet Arme und Hände für unsere Mitchristen!<br />
Über die weiteren Schritte werden<br />
wir Euch, also alle Verbindungen, schon bald<br />
informieren.“<br />
Mehr Informationen gibt es bei den Cartellbrüdern<br />
Dr. Bernhard Stähler und Friedhelm<br />
Chlosta unter ra.staehler@t-online.de und<br />
chlosta@chlosta-consult.de.<br />
AC<br />
Weitere<br />
Berichte zur C.V.<br />
In der kommenden Ausgabe<br />
4/<strong>2015</strong> gibt es weitere Berichte<br />
zur 129. C.V.: ihre Ergebnisse, die<br />
„Heidelberger Erklärung“, das<br />
Akademische Forum, die CV-<br />
Akade mie, der Festkommers und<br />
noch vieles mehr.<br />
AC<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 11
Essay I<br />
Vergessen kann eine wichtige Form<br />
von Ordnungsbildung sein<br />
Vom Eichhörnchen<br />
zum Internet<br />
Warum Menschen Informationen sammeln<br />
und welche Möglichkeiten, Risiken und Nebenwirkungen<br />
sich daraus ergeben<br />
von Prof. Dr. Johanna Kißler<br />
12 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>
Essay I<br />
Foto: imago stock&people<br />
Wir erleben eine gigantische Informationsexplosion. Daten<br />
über alles und jeden werden ständig angehäuft und sind<br />
immer verfügbar. Aber was versprechen sich Menschen<br />
überhaupt davon, Informationen zu sammeln und zu bewahren?<br />
Woher kommt dieses Bedürfnis und welche Konsequenzen<br />
hat es? Ich möchte hier einige Überlegungen zu den psychologischen<br />
Mechanismen von Informationssammlung anstellen und die damit<br />
verbundenen Herausforderungen beleuchten. Warum sammeln Menschen<br />
Informationen? Fragen nach dem Warum von Verhalten werden<br />
häufig mit dem Hinweis auf „Adaptivität“ beantwortet, also mit dem<br />
Verweis darauf, dass ein Verhalten das Überleben eines Individuums<br />
sichert und seinen Fortpflanzungserfolg begünstigt. Wenn zum Beispiel<br />
ein Eichhörnchen im Herbst Nahrung sammelt und sie später<br />
wiederfindet und frisst, dann ist das adaptiv. Tiere, die Vorräte anlegen,<br />
haben auch besonders gut entwickelte Orientierungs- und Gedächtnissysteme.<br />
Diese überlappen sich in ihren Gehirnprozessen<br />
und könnten sich mindestens teilweise tatsächlich aus den Erfordernissen<br />
der Nahrungssuche entwickelt haben.<br />
Aber welchen Zweck hat es, abstraktes Wissen zu sammeln und zu<br />
bewahren? Informationen sind nicht essbar, und viele Informationen,<br />
die die Menschheit sammelt, haben anscheinend keinen unmittelbaren<br />
Nutzen. Schon gar keinen biologischen. Dennoch ermöglicht die<br />
menschliche Fähigkeit, Informationen zu sammeln und zu bewahren,<br />
etwas ganz Einzigartiges: Menschen können Wissen akkumulieren,<br />
abstrahieren und konservieren und dadurch lernen. Das ermöglicht<br />
technologische und kulturelle Anpassungsprozesse und Leistungen,<br />
die, wenn sie der biologischen Evolution unterlägen, wohl Jahrmillionen<br />
dauern würden.<br />
Eine wichtige Rolle spielt hierfür die Sprache. Sie ermöglicht es uns,<br />
Erfahrungen und Kenntnisse zu teilen und Informationen losgelöst<br />
von der unmittelbaren Erfahrung zu weiterzugeben. Hinzu kommt<br />
die Schrift als externes Speichersystem, als Technik, um Kommunikationsinhalte<br />
zu fixieren. Wie die Eichhörnchen sammeln, vergraben<br />
und wiederfinden müssen, um von ihrer Tätigkeit adaptiven Nutzen<br />
zu haben, so stehen auch Menschen vor der Herausforderung, individuelle<br />
und gemeinschaftliche Erfahrungen so zu fixieren und zu ordnen,<br />
dass sie später und für andere nutzbar werden. Beides zusammen<br />
erweitert unser Gedächtnis und beschleunigt das Lernen.<br />
Individuell können wir nur beschränkt neue Information aufnehmen:<br />
Menschen können akustisch im Schnitt sieben und visuell etwa vier<br />
neue Elemente im Kurzzeitgedächtnis behalten. Im visuellen Bereich<br />
sind uns Affen damit überlegen. Um Information ins Langzeitgedächtnis<br />
zu übertragen, brauchen wir ständige Wiederholungen. Einen<br />
Wissensschatz aufzubauen ist somit ein sehr langwieriger und<br />
mühevoller Prozess, obwohl die Gesamtkapazität unseres Gedächtnisses<br />
sehr groß ist. Aber diese Kapazität geht auf Kosten der Exaktheit.<br />
Unsere Fähigkeit, Ereignisse und Erlebnisse zu speichern und<br />
zu erinnern, ist grob und ungenau. Die Erinnerung an unsere Erlebnisse<br />
erscheint subjektiv photographisch exakt und filmisch lebendig,<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 13
Essay I<br />
aber es handelt sich eher um animierte Rekonstruktionen. Vieles verschwimmt<br />
und verändert sich oder wird sogar von einem Erinnerungsvorgang<br />
zum nächsten komplett ausgetauscht. Im Extremfall<br />
integrieren wir sogar Erzählungen in persönlichen Erinnerungen und<br />
empfinden solche „eingepflanzten Erinnerungen“ als authentisch.<br />
Wir können auch nicht ohne weiteres alles wiedergeben, was wir gespeichert<br />
haben. Vieles wird uns in einer gegebenen Situation „nicht<br />
einfallen“, denn die Situation selbst bestimmt, was wir erinnern. So<br />
beschreibt es auch Marcel Proust in seiner „Suche nach der verlorenen<br />
Zeit“: Der Duft eines Gebäckstücks zündet die Kaskade der Erinnerung<br />
an ansonsten längst Vergessenes.<br />
Normalerweise verschwindet am Lebensende ein Großteil des mühevoll<br />
aufgebauten individuellen Wissensschatzes. Ohne externe Fixierung<br />
von Gedächtnisinhalten kann nur ein Bruchteil des Erworbenen<br />
weitergegeben werden. Obwohl auch die mündliche Überlieferung<br />
Großes und Überdauerndes hervorgebracht hat, kann Verschriftlichung<br />
erheblich mehr leisten. Wie viel mehr Information kann durch<br />
mediale Fixierung in Schrift, Ton und Bild überdauern und um wie<br />
viel exakter ist das entstehende Abbild?<br />
Nicht nur die Leistungsfähigkeit unseres<br />
Gedächtnisses, auch unsere individuelle<br />
Kreativität ist begrenzt.<br />
Nicht jeder könnte einen Computer<br />
selbständig entwickeln. Nach der ersten<br />
Entwicklung genügt aber der geordnete<br />
Zugang zur überlieferten<br />
„Anleitung“, um ihn zu benutzen und<br />
vielleicht auch weiter zu entwickeln.<br />
Selfies – so heißen die neuen<br />
Selbst porträts – werden auf<br />
Armes länge aus der eigenen<br />
Hand aufgenommen und in<br />
sozialen Netzwerken geteilt.<br />
Die Gesamtkapazität<br />
unseres Gedächtnisses<br />
ist sehr gross<br />
Das Sammeln von Wissen kann also<br />
durchaus adaptiv sein und ist gleichzeitig<br />
an Vorentwicklungen gebunden: an eine Sprache, um Wissensinhalte<br />
abstrahiert zu kommunizieren. An eine Schrift, um Wissen zu<br />
fixieren, und an Medien, um Inhalte zu multiplizieren und zu verbreiten,<br />
wie den Buchdruck oder in jüngerer Zeit eben „neue Medien“.<br />
Kulturelle Techniken können also biologische Mängel ausgleichen<br />
und so im weitesten Sinne einen Überlebensvorteil sichern. Die Fähigkeit,<br />
Erfahrungen und Verfahrensanweisungen zu konservieren,<br />
erhöht die Lerngeschwindigkeit einer Gemeinschaft und damit ihre<br />
Fähigkeit, flexibel auf Anforderungen zu reagieren und sich in ökologische<br />
Nischen einzufinden. Menschen haben es auf diese Weise<br />
geschafft, sich ein enorm großes Habitat zu erschließen. Weil wir auf<br />
den Fundus der Vorfahren zurückgreifen können, müssen wir das Rad<br />
weder im wörtlichen noch im übertragenen Sinne mehrmals erfinden<br />
und die schlechten Erfahrungen unserer Vorfahren auch nicht wiederholen.<br />
Leider aber nutzen Menschen die Möglichkeit, aus dokumentierter<br />
kollektiver Erfahrung zu lernen, nicht immer optimal.<br />
Menschen haben aber auch das Bedürfnis, Informationen zu sammeln,<br />
weil sie dies als „identitätsstiftend“ oder „identitätserweiternd“<br />
empfinden. Wir sammeln Photos, Briefe oder Tagebücher, ohne einen<br />
praktischen Vorteil davon zu haben.<br />
Menschen integrieren sowohl das,<br />
was sie wirklich aus ihrer Autobiographie<br />
erinnern, als auch das, was sie<br />
nur über diese wissen, in ihr Selbstbild.<br />
Beides wird Teil der Identität.<br />
Obwohl wir meist keine Erinnerung<br />
an die Lebensumstände unserer Vorfahren<br />
haben, interessieren uns diese<br />
und sie beeinflussen unser Selbstbild.<br />
Woher kamen die Ahnen, was glaubten<br />
sie, waren sie arm oder reich, erfolg-<br />
und einflussreich oder gesell-<br />
Foto: imago/Westend61<br />
14 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>
Essay I<br />
schaftlich unbedeutend? Das alles entzieht sich dem eigenen Erleben,<br />
bestimmt aber zu einem beachtlichen Teil unsere Identität. Als Europäer,<br />
als Deutsche, als Christen, als vieles mehr, die öffentliche Diskussion<br />
ist voller Beispiele.<br />
Der Gesetzgeber respektiert das Streben nach einer persönlichen<br />
Historie, indem er zum Beispiel das Recht auf Wissen um die bio -<br />
logischen Eltern schützt. Einem solchen Recht kann natürlich nur<br />
Genüge getan werden, wenn es Quellen gibt, aus denen sich ent -<br />
sprechende Fragen beantworten lassen. Beispielsweise standesamt -<br />
liche Unterlagen. Interessanterweise waren Kirchenbücher bis ins<br />
späte 19. Jahrhundert die einzige Form der Melderegister. Ihre Einträge<br />
bilden einen bemerkenswerten sozialgeschichtlichen Fundus<br />
und auch die Basis für individuelle Ahnenforschung. Diese erfreut<br />
sich großer Beliebtheit, eben weil Menschen aus dem Wissen über ihre<br />
Herkunft ihre eigene Identität ergänzen wollen. Das Bedürfnis nach<br />
Kenntnis von nicht sinnlich Erfahrbarem, nicht selbst Erlebtem macht<br />
Quellensammlungen nötig. So können Erkenntnis- und Gedächtnislücken<br />
gefüllt und individuelle und institutionelle Identität ergänzt<br />
werden.<br />
Im Idealfall sollte dies natürlich positive, selbst-erhöhende Konsequenzen<br />
haben. In der Phantasie sind die eigenen Vorfahren etwas<br />
Besonderes und werten das eigene Ich auf. Bedeutend, reich, adelig,<br />
wenn schon unehelich, dann aber Prinzentochter oder Prinzensohn<br />
und nicht Dienstbotenkind, bestimmt eher Held als Verbrecher. Aber<br />
Identitätsergänzung aus archivierter Vergangenheit birgt auch Risiken:<br />
Was, wenn der Abgleich der Phantasie mit der dokumentierten<br />
Realität Unerwünschtes zutage fördert? Leugnen, abstreiten, fälschen,<br />
vergessen? Oder gleich die Finger davon lassen?<br />
Psychologisch sind für die Bestimmung der eigenen Identität häufig<br />
weniger objektive Tatsachen über die Vergangenheit wichtig, als die<br />
Foto: imago stock&people<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 15
Essay I<br />
Das Recht<br />
auf die<br />
eigene<br />
Vergangenheit<br />
ist nicht<br />
ohne Risiko<br />
eigene Repräsentation derselben, Geglaubtes kann Gewusstes ersetzen.<br />
Gesunde Menschen sind Meister darin, sich ein positives Selbst<br />
zu erhalten. Dennoch ist dies einfacher, wenn es keine negative Information<br />
gibt. Man mag ein Recht auf die eigene Vergangenheit haben,<br />
aber dieses Recht ist nicht ohne Risiko. Wer es wahrnimmt, kann<br />
auch enttäuscht werden und die dokumentierte Vergangenheit aus der<br />
Welt wünschen. Möge doch der imaginierte Heldengesang das kompromittierende<br />
Video ersetzen! Durch Archivierung werden Ressourcen<br />
geschaffen und bewahrt, auf denen individuelle und kollektive<br />
Identitäten gegründet und aus denen sie erweitert werden können.<br />
Ihre Benutzung erfolgt aber auf eigene Gefahr!<br />
Weitere gewaltige Transformationen stehen bevor: In der Vergangenheit<br />
bestand eher ein Mangel an Möglichkeiten, Information zu konservieren<br />
und zu verbreiten. Jede Technik war ein Meilenstein, die<br />
Abstände zwischen den Innovationen groß: Sprache, Schrift und<br />
Buchdruck. In Zeiten der Digitalisierung werden dagegen Techniken<br />
zur Informationsfixierung und Verbreitung in immer kürzeren Abständen<br />
verfügbar und erzeugen ein Überangebot. Es entstehen Artefakte<br />
von allem und jedem. Diese können mühelos in die ganze Welt<br />
verbreitet werden. Das Posten von Selfies aus jeder Lebenslage ist<br />
ein aktuelles, manche würden sagen „virales“ Beispiel. Der Selfie-<br />
Stick erlaubt als eigene kleine Innovation größere Perspektiven auf<br />
diesen Selbstdokumenten, also ein besseres „sich in Szene setzen“.<br />
Die Kombination von Photographie und 3D-Drucker ermöglicht jedem<br />
sogar die Herstellung von Miniaturstatuen von sich selbst. Es ist<br />
Vieles<br />
verschwimmt<br />
und verändert<br />
sich<br />
16 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>
Essay I<br />
nur noch eine Frage des Preises. Die realistische figurale Abbildung<br />
der eigenen Person, die früher nur Herrschern vorbehalten war, wird<br />
nun jedem zugänglich.<br />
Aber ist das alles wirklich dokumentierens- und erhaltenswert? Aus den<br />
neuen technischen Möglichkeiten ergeben sich auch neue Anforderungen<br />
an persönliches und institutionelles Datenmanagement, an Auslese<br />
und Ordnung. Vergessen kann eine wichtige Form von Ordnungsbildung<br />
sein. Eintragungen im Vorstrafenregister werden nach einer bestimmten<br />
Zeit gelöscht, und die Europäische Union hat vor kurzem das Recht auf<br />
digitales Vergessen verankert. Letzteres trägt der Erkenntnis Rechnung,<br />
dass man mit 50 nicht mehr unbedingt durch die eigene Selbstdarstellung<br />
als 15jährige repräsentiert sein will (und als Regierungsmitglied eventuell<br />
nicht mehr mit einer abgelegten pubertären Pose). Der Praxistest<br />
zeigt allerdings, dass Vergessen in der digitalen Welt nicht so einfach ist.<br />
Für unsere Psyche spielt nicht nur die Fähigkeit zu erinnern, sondern auch<br />
die Fähigkeit, geordnet zu vergessen, eine wichtige Rolle. Vergessen kann<br />
sogar mit besseren Aufmerksamkeitsleistungen und effizienterem Erinnern<br />
einhergehen. Selektivität dient der psychischen Gesundheit,<br />
ein gesundes Maß an Vergessen trägt dazu bei. Nur wer sich von Teilen<br />
der Vergangenheit befreien kann, hat noch Kapazitäten für Neues.<br />
Damit soll aber nicht der billigen Selbstexkulpierung und gedankenlosen<br />
Selbstbefreiung von möglicherweise unangenehmen Vergangenheiten<br />
das Wort geredet werden. Natürlich ist das Festhalten vieler<br />
Erinnerungen zentral. Es beschleunigt die kulturelle und technische<br />
Evolution und hilft, Fehler zu vermeiden und Identität zu bewahren.<br />
Das geflügelte Wort davon, dass, wer keine Vergangenheit hat, auch<br />
keine Zukunft hat, hat eine individuelle psychologische Basis: Menschen,<br />
die aufgrund einer Hirnschädigung Gedächtnisdefizite für ihre<br />
Vergangenheit haben, sind auch beeinträchtigt darin, sich ihre Zukunft<br />
vorzustellen und sie zu planen. Vergangenheit und Zukunft sind<br />
somit aneinander gekoppelt. Das gilt sowohl auf individueller als<br />
auch auf kollektiver Ebene. Festhalten an Erinnerung kann also doppelt<br />
adaptiv, ihr Verlust doppelt problematisch sein.<br />
Auftrag und Herausforderung für individuelle, institutionelle und<br />
gesellschaftliche Informationssammler unserer Zeit ist es also, die<br />
richtige Auswahl zu treffen und die richtige Balance zwischen neuem<br />
Lernen, Erinnern und Vergessen zu halten und so auf der Basis einer<br />
wohlverstandenen Vergangenheit Platz für die Herausforderungen<br />
der Zukunft zu schaffen.<br />
[Der Beitrag ist die gekürzte Fassung eines Vortrags zur Amtseinführung der<br />
Direktorin des Bischöflichen Zentralarchivs Regensburg, Dr. Camilla Weber.]<br />
Foto: imago/Westend61<br />
Foto: privat<br />
Die Autorin: Johanna Kißler hat in Regensburg,<br />
Aberdeen und San Diego Psychologie, Slawistik<br />
und Kulturgeschichte studiert und in Konstanz im<br />
Fach Psychologie promoviert (2002). Von 2003<br />
bis 2010 war sie Juniorprofessorin für klinische<br />
Psychologie und Verhaltensneurowissenschaft an<br />
der Universität Konstanz. Seit 2011 ist sie Professorin für Allgemeine<br />
Psychologie an der Universität Bielefeld. Ihr Forschungsgebiet sind die<br />
Wechselwirkung von Gedächtnis, Sprache und Emotion und die zugrundeliegenden<br />
Gehirnprozesse.<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 17
Essay II<br />
1 Die Stella Matutina, das Nilschiff der österreichischen Mission.<br />
2 Die Kapelle einer Schule in Gesira zwischen dem Weißen und<br />
dem Blauen Nil.<br />
3 Die 1849 eröffnete Missionsstation in Gondokoro, nahe der<br />
heutigen Hauptstadt Dschuba.<br />
4 Bei Bischof Franz X. Geyer (Ae) mit Bild des Protektors Kaiser<br />
Franz Joseph I.<br />
5 Empfangskomitee in der Missionsstation, überragt vom Kreuz.<br />
Der Südsudan<br />
zwischen Hoffen<br />
und Verzweifeln<br />
Was Cartellbrüder an Gutem gesät haben,<br />
erfährt heute weitere Pflege<br />
von Cbr Dr. Gerhard Jandl (Kb)<br />
Der Fall des 25-jährigen schlesischen Theologen Viktor Fuchs,<br />
Bandinhaber der Aenania, der Winfridia und der Austria Innsbruck,<br />
war wohl der schlimmste unter den nicht gerade wenigen<br />
tragischen: „Von einem Krokodile beim Baden im Nile<br />
verschlungen“, vermerkt Austria im Jahr 1879 über den Tod des hoffnungsvollen<br />
Jungmissionars im Sudan. Wie dutzende andere junge<br />
Priester und Laien aus Deutschland und Österreich, darunter mehrere<br />
Cartellbrüder, hatte sich Fuchs auf den Weg gemacht, um in Zentralafrika<br />
– im Wesentlichen im Gebiet der heutigen Republik Südsudan<br />
– den katholischen Glauben zu verbreiten, um Schwarzafrika für das<br />
Christentum zu gewinnen, um der „mit dem Schwert in der Hand“ erfolgenden<br />
Islamisierung und Versklavung der schwarzen Volksgruppen<br />
entgegenzutreten und der Jugend Schulbildung zu bringen.<br />
Alarmiert durch den Reisebericht eines österreichischen Händlers<br />
hatte Papst Gregor XVI. 1846 eine katholische Mission für Zentralafrika<br />
und das dazugehörige Vikariat errichtet, mit neun Millionen<br />
Quadratkilometern 25 Mal so groß wie das heutige Deutschland. Im<br />
Juni 1848 erreichten die ersten Missionare Khartum, die Hauptstadt<br />
des „beled es-sudan“ (des „Landes der Schwarzen“), und machten sie<br />
aus praktischen Gründen zur Basis der Mission, obwohl das eigentliche<br />
Zielgebiet weiter südlich lag, nämlich in den schwarzafrikanischen,<br />
animistischen (heidnischen) Gebieten am Oberlauf des Weißen<br />
Nil. Provikar Ignaz Knoblecher war als Krainer österreichischer<br />
Staatsbürger und erreichte, dass Kaiser Franz Joseph 1851 die Mission<br />
– mit Zustimmung des Istanbuler Sultans, zu dessen Reich der Sudan<br />
gehörte – unter ein völkerrechtliches Protektorat der Habsburgermonarchie<br />
stellte, womit sie offiziell zur „österreichischen Mission“<br />
wurde und den Schutz des „Sultan el-Nemsa, des österreichischen<br />
Kaisers, des mächtigsten in der westlichen Welt“, genoss.<br />
Von Anfang an waren neben Österreichern auch Italiener und vor allem<br />
Deutsche an dieser Mission beteiligt: Der erste Leiter des 1851<br />
zur Ausübung der Protektoratsrechte eingerichteten österreichischen<br />
Konsulats in Khartum, Konstantin Reitz, war gebürtiger Hesse und<br />
Gießener Corpsstudent. Knoblechers Nachfolger als Provikar, Mat-<br />
18 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>
Essay II<br />
1<br />
3<br />
Fotos: privat<br />
2<br />
4<br />
5<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 19
Essay II<br />
Blick in eine Schulklasse im Loyola-Gymnasium in Wau.<br />
Die Katholische Universität des Südsudan: die Agrar-Fakultät in Wau.<br />
Die Mensa des Loyola-Gymnasiums.<br />
Die Franz-Lorenz-Gerbl-Schule im Zustand des Rohbaus.<br />
Nochmals: eine Schulklasse im Loyola-Gymnasium.<br />
Die Gerbl-Schule ist heute allerdings schon viel weiter gebaut.<br />
Und schließlich der Campus der Universität des Südsudan.<br />
Auch im Falle der Gerbl-Schule gilt: erst die Mauern und das Dach, dann<br />
folgt alles weitere.<br />
Fotos: privat<br />
20 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>
Essay II<br />
thäus Kirchner, stammte aus Bamberg. Als einer der wenigen, den<br />
Afrikaeinsatz Überlebenden wurde er später Reichstagsabgeordneter.<br />
Und der blutjunge Sudanreisende Alfred Brehm hat eng mit der Mission<br />
kooperiert – auch wenn er nachher, nach seinem Eintritt in ein<br />
Jenenser Corps, retrospektiv sehr kritisch gegenüber seinen früheren<br />
katholischen Förderern wurde.<br />
Ganz wesentlich ist aber Franz Lorenz Gerbl<br />
zu nennen, Gründer und Spiritus rector der<br />
Münchner Aenania und damit quasi Urvater<br />
des Cartellverbandes bzw. des katholischen<br />
Couleurstudententums überhaupt. Nach seinem<br />
Theologiestudium trat der Oberbayer in<br />
die österreichische Mission ein und erhielt<br />
ein Vorbereitungsstipendium in Rom, wo er<br />
nicht nur darüber staunte, dass man dort als<br />
Priester in Talar und Birett ins Kaffeehaus gehen<br />
konnte, sondern auch Pius IX. persönlich<br />
vorgestellt wurde und von diesem prompt das<br />
vermutlich erste päpstliche Segensschreiben<br />
für eine Studentenverbindung erwirkte. Pius<br />
sollte sich später übrigens in einem Breve<br />
ausdrücklich positiv über das Couleurtragen<br />
äußern. 1856 trat Gerbl die Reise nach Khartum<br />
an, die, auch wegen eines am Kamelmangel<br />
liegenden unfreiwilligen Aufenthalts in<br />
der Wüste, sieben Monate dauerte.<br />
Vergelt’s Gott!<br />
Spenden für die beiden folgenden Projekte sind herzlichst<br />
erbeten. In beiden Ländern (D und Ö) sind die Spenden jeweils<br />
steuerlich absetzbar. Vergelt’s Gott!<br />
Projekt Franz-Lorenz-Gerbl-Schule<br />
in Ndingimo (Ae / CV-Afrika-Hilfe e.V.):<br />
Konto, lautend auf Dr. Helmut Stingl:<br />
IBAN DE37 7025 0150 0022 8296 91,<br />
BIC BYLADEM1KMS<br />
Kennwort Gerbl-Schule<br />
Projekt Stipendien für Katholische Universität<br />
bzw. Loyola-Gymnasium (ÖCV):<br />
Konto, lautend auf Jesuitenaktion<br />
IBAN: AT52 6000 0000 0708 6326,<br />
BIC: OPSKATWW<br />
Kennwort: Südsudanzirkel<br />
Spendenkonto<br />
In Khartum wirkte Gerbl als Italienisch- und<br />
Arabischlehrer an der für die schwarzafrikanischen<br />
Kinder und freigekauften Sklaven<br />
eingerichteten Missionsschule und freute sich<br />
über das Ansehen der katholischen Gemeinde,<br />
das es ihm ermöglichte, „in priesterlicher<br />
Kleidung und auf dem Kopf stets die rothe<br />
türkische Haube“ durch die Stadt zu spazieren.<br />
Obwohl scheinbar von robuster Konstitution,<br />
ist Gerbl im Juni 1857 einem plötzlichen<br />
Tropenfieberanfall erlegen.<br />
Es würde zu weit führen, alle CVer bzw. katholisch<br />
Korporierten anzuführen, die als<br />
Glaubensboten in Khartum und an den Stationen<br />
am Weißen Nil wirkten oder die Sudanmission<br />
von der Heimat aus unterstützten,<br />
bewarben und finanzierten. Nach derzeitigem<br />
Wissensstand waren mindestens neun<br />
Franz Xaver Geyer (Ae) führte die Mission zur Blüte.<br />
Cartellbrüder aus Deutschland und Österreich<br />
inklusive Böhmen und Südtirol im Missionseinsatz im Sudan.<br />
Gut 50 katholisch korporierte Politiker, Geistliche und Professoren<br />
haben die Mission von zu Hause aus maßgeblich gefördert, indem sie<br />
in Missionsvereinen in führenden Positionen tätig waren. Die Zahl<br />
jener Cartellbrüder, die sie durch Spenden unterstützt haben, wird in<br />
die Hunderte gehen.<br />
Foto: Wikimedia CommonsManz Verlag München<br />
Der Aenane Franz Xaver Geyer, gebürtiger Niederbayer und Ange -<br />
höriger des Comboni-Ordens, wurde 1903 Provikar und Bischof<br />
und hat die Mission zu einer veritablen Blüte geführt. Nach Jahren<br />
un ermüdlichen Wirkens konnte er am Vorabend des Ersten Weltkriegs<br />
auf 42 Gemeinden, 36 Missionsschulen und 5000 Katholiken<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 21
Essay II<br />
Missionar Franz Lorenz Gerbl, der Gründer der KDStV Aenania.<br />
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Foto: privat<br />
blicken. Der Weltkrieg brachte 1916 das Ende der – auf englischem<br />
Kolonialterritorium und damit in Feindesland bestehenden – öster -<br />
reichischen Mission.<br />
Natürlich hat es im Verlauf der Missionsarbeit auch enorme Rückschläge<br />
gegeben, die mehrfach zum Beinahe-Abbruch geführt haben,<br />
insbesondere während der islamistischen Gewaltherrschaft des Mahdi-Regimes<br />
von 1885 bis 1898. Aber dennoch ist es den Glaubensboten<br />
gelungen, den Grundstein dafür zu legen, dass der 2011 nach jahrzehntelangem<br />
Krieg vom muslimisch-arabischen Norden unabhängig<br />
gewordene Südsudan heute ganz überwiegend christlich und mehrheitlich<br />
katholisch ist.<br />
INITIATIVEN IM CV UND IM ÖCV<br />
Zur Erinnerung an die seinerzeitige Pionierarbeit der CVer und zur<br />
Unterstützung des jungen, in jeder Hinsicht bedürftigen Staates sind<br />
2011 im CV und im ÖCV Initiativen entstanden, um eingedenk der<br />
Prinzipien religio und scientia kirchlich getragene Bildungsprojekte<br />
zu fördern. Aus der Aenania heraus entstand das Vorhaben der Errichtung<br />
einer Franz-Lorenz-Gerbl-Schule in Ndingimo in der Diözese<br />
Tombura, das von der CV-Afrika-Hilfe mitgetragen wird. Mittlerweile<br />
steht das in traditioneller Lehmbauweise errichtete<br />
Schulgebäude. Jetzt geht es an die Finanzierung der Einrichtung und<br />
an die Ausstattung. An Ort und Stelle betreut wird sie durch die Missionary<br />
Community of St. Paul the Apostle.<br />
Im ÖCV hat sich ein Südsudanzirkel gegründet, der mittlerweile rund<br />
50 Stipendien für Studierende finanziert hat, und zwar am Teacher<br />
Training College in Yambio und aktuell an der von den Jesuiten geführten<br />
Katholischen Universität, die in der Hauptstadt Dschuba und<br />
in Wau Fakultäten unterhält, und am angeschlossenen Loyola-Gymnasium.<br />
Tombura, Yambio und Wau sind Orte, an denen Bischof Geyer<br />
Anfang des 20. Jahrhunderts die ersten katholischen Gemeinden<br />
errichtet hat. Vor allem Yambio hatte zuvor – unberechtigt, wie der<br />
unerschrockene Cbr Geyer herausfand – als lebensgefährlicher Ort<br />
gegolten, an dem „vielverruchte Kannibalen“ leben.<br />
AUSBRUCH EINES BÜRGERKRIEGS<br />
Einer großen Welle internationaler Solidarität und Hilfsbereitschaft<br />
konnte sich der neue Staat erfreuen, bis Ende 2013 das von vielen Befürchtete<br />
eingetreten ist: der Ausbruch eines Bürgerkriegs. Staatspräsident<br />
Salva Kiir hat seinen bisherigen Vizepräsidenten Riek Machar,<br />
wohl aus politischem Kalkül, entlassen, und daraufhin haben dessen<br />
Anhänger zu den Waffen gegriffen. Da beide Kontrahenten aus unterschiedlichen<br />
Volksgruppen stammen – Kiir ist Dinka, Machar ist Nuér<br />
– haben die Auseinandersetzungen Züge eines „Stammeskrieges“<br />
angenommen, obwohl ihnen eigentlich keine ethnischen Ursachen<br />
zugrunde liegen.<br />
Gekämpft wird seither um Macht und Einfluss. Benachbarte Staaten<br />
haben – zum Teil auf Ersuchen und mit Friedenstruppen, zum Teil<br />
verdeckt zur Unterstützung ihrer jeweiligen politischen Freunde –<br />
militärisch eingegriffen. Dem (Nord)Sudan wird nachgesagt, sich nie<br />
wirklich mit der Unabhängigkeit des Südens abgefunden zu haben<br />
und daher den Konflikt zu schüren – was Khartum heftigst dementiert.<br />
Dem Süden wird nachgesagt, in einigen zum Norden gehörenden,<br />
aber schwarzafrikanisch bevölkerten Provinzen Aufstände zu<br />
schüren – was Dschuba heftigst dementiert.<br />
22 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>
Essay II<br />
Die Schwierigkeiten einer Gesellschaft, die jahrzehntelang nur den<br />
bewaffneten Kampf gekannt hat, sich auf Friedensverhältnisse umzustellen,<br />
sind mitursächlich, ebenso wie jene in der seinerzeitigen Befreiungsbewegung,<br />
sich in eine politische Partei üblicher Prägung zu<br />
wandeln.<br />
Gottseidank sind jene Gegenden nicht von den Auseinandersetzungen<br />
betroffen, in denen sich die vom CV und ÖCV unterstützten<br />
Bildungsprojekte befinden. Die Kämpfe konzentrieren sich auf<br />
den erdölreichen Nordosten des Landes – es geht um die künftigen<br />
Einnahmen aus der derzeit stillliegenden Ölförderung – und auf<br />
strategisch wichtige Landstriche in der Nähe der Grenze zum Nordsudan.<br />
Dort allerdings hat der brutal ausgetragene und von Kriegsverbrechen<br />
begleitete Konflikt zu himmelschreienden Zuständen geführt: zig -<br />
tausende Tote, 1,5 Millionen Flüchtlinge, die Agrarproduktion darniederliegend,<br />
die Hälfte der Bevölkerung daher von Hunger bedroht.<br />
Weder die Vermittlungsbemühungen afrikanischer Nachbarn, noch<br />
jene von USA und EU, noch westliche Sanktionen gegen die maß -<br />
geblichen Kriegstreiber, noch die Friedensverhandlungen im Rahmen<br />
der Regionalorganisation IGAD konnten die Situation entschärfen.<br />
Zwar wurden etliche Abkommen unterzeichnet, doch umgesetzt<br />
ist praktisch nichts. Noch scheinen beide Seiten auf militärische<br />
Lösungen zu setzen oder zumindest darauf, sich durch Gelände -<br />
gewinne für spätere „wirkliche“ Verhandlungen Vorteile verschaffen<br />
zu können. Die Not und das Elend der Zivilbevölkerung, die wie stets<br />
das meiste Leid trägt, scheint den Kontrahenten zweitrangig zu sein.<br />
Foto: privat<br />
Der Autor: Dr. Gerhard Jandl (Kb), Jahrgang<br />
1962, studierte in Wien und Graz Rechtswissenschaften<br />
und Volkswirtschaft. Nach dem Eintritt<br />
in den österreichischen Auswärtigen Dienst (1986)<br />
und Verwendungen an den Botschaften Kairo und<br />
Tunis sowie an der UNO-Vertretung New York Leiter<br />
des Balkanreferats im Wiener Außenamt. Danach österreichischer<br />
Botschafter in Sarajewo sowie anschließend in Belgrad. Seit 2009 Sicherheitspolitischer<br />
Direktor des Wiener Außenamts. Er wurde 1982 bei der<br />
KÖStV Kürnberg Wien recipiert, trägt seit 2013 auch das Band der KDStV<br />
Aenania München und ist Vorsitzender des Südsudanzirkels des ÖCV<br />
sowie Vizepräsident der österreichisch-südsudanesischen Freundschaftsgesellschaft.<br />
Seit Monaten spießen sich die Gespräche über einen möglichen Ausweg<br />
durch eine „Regierung der nationalen Einheit“ an den Fragen der<br />
verfassungsmäßigen Machtverteilung zwischen Präsident, Vize -<br />
präsident und Premierminister sowie zwischen der Bundes- und der<br />
Provinzebene.<br />
Hoffnung und Verzweiflung, das sind die Pole, zwischen denen das<br />
schwarze Land am Weißen Nil seit fast 200 Jahren hin- und hergerissen<br />
wird. Seit 160 Jahren engagieren sich Cartellbrüder, damit die<br />
Hoffnung die Oberhand gewinnt.<br />
-SOMMERKREUZFAHRT 2016<br />
„Rund um die Britischen Inseln“<br />
mit dem Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen<br />
Liebe Cartellbrüder,<br />
seit dem 150. Geburtstag des Cartellverbandes finden im<br />
Zwei-Jahres-Rhythmus die CV-Seereisen statt. Zum 160.<br />
Bestehen unseres Verbandes im Jahre 2016 wird es mit<br />
der fünften Fahrt dieses Mal auf der MS Hamburg, einem<br />
Schiff, das bei ca. 400 Mit reisenden immer noch seinen<br />
familiären Cha rak ter (Achtung: Kinderangebot) behält,<br />
„Rund um die Britischen Inseln“ gehen – wie immer mit<br />
unserem bewährten Partner BIBLISCHE REISEN.<br />
Als langjähriger begeisterter Teilnehmer darf ich daher<br />
für den CV-Rat alle Cartellbrüder mit ihren Familienange -<br />
hörigen, Freunden und Bekannten einladen, an dieser<br />
CV-Jubiläumsreise teilzunehmen.<br />
Mit herzlichen cartellbrüderlichen Grüßen<br />
Dr. Heiner Emrich (Nv)<br />
Mit „MS Hamburg“ nach England,<br />
Irland, Nordirland und Schottland<br />
vom 02.08.-14.08.2016<br />
Englands und Irlands Gärten und Landschaften sind zwar heute<br />
populär, aber die Geschichte der Britischen Inseln reicht weit<br />
zurück und ist eigentlich noch viel spannender, wurde doch das<br />
Chris tentum Mitteleuropas von den Britischen Inseln stark<br />
geprägt.<br />
Route: Bremerhaven – Dover – Torquay – Dublin – Bel fast –<br />
Scrabs ter – Edinburgh (inkl. Military Tattoo!) – Sunderland –<br />
Bremerhaven<br />
Kreuzfahrtpreise inkl. Vollpension an Bord und fachlich<br />
qualifizierter Reiseleitung:<br />
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<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 23
Essay III<br />
Der Zeitungshalter<br />
Neue Impulse für die<br />
interdisziplinäre Halterforschung<br />
24 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>
Essay III<br />
als Kulturträger<br />
von Prof. Dr. Walter Hömberg<br />
Die Marginalistik ist ein interdisziplinäres Forschungsfeld. Sie<br />
betrachtet die Welt von den Rändern her. Dabei geraten scheinbar<br />
nebensächliche Gegenstände ins Visier. Einen konkreten<br />
Anlass dazu bietet eine Ausstellung der besonderen Art, die vor<br />
etwa 30 Jahren zunächst an der Universität Münster und dann am Ins<br />
titut für publizistische Bildungsarbeit in Hagen gezeigt wurde. Franz<br />
Rainer Stuke, Professor für Medienpädagogik der Ruhr-Universität<br />
Bochum, präsentierte ein Medienaccessoire, das bis dahin von der einschlägigen<br />
Forschung völlig ignoriert worden war: den Zeitungshalter.<br />
Die Ausstellung umfasste eine Sammlung von dreihundert Zeitungshaltern,<br />
sorgfältig sortiert nach Pressetypen und regionalen Verbreitungsgebieten.<br />
Aus mehreren Gründen verdient die gehaltvolle Halter-<br />
Kollektion auch heute noch höchste fachliche Aufmerksamkeit. Mit<br />
Marginalem hat der Halter schon deshalb zu tun, als es abwechselnd<br />
und in schöner Gleichberechtigung die linken und die rechten Ränder<br />
einer Zeitungsseite sind, die ein Halter fasst und zusammenzwingt –<br />
oft mit der Folge, dass man nicht mehr alles zu lesen bekommt.<br />
Zunächst geht es ganz schlicht ums Sammeln. Wir Deutschen sind<br />
bekanntlich von Haus aus ein Volk der Jäger und Sammler. Mag man,<br />
wie es ein voluminöses kulturpolitisches Wörterbuch tut, die Sammelwut<br />
als Sublimationshandlung für erfahrene Verluste interpretieren,<br />
mag man sie als typisch für dekadente, endzeitlich gestimmte<br />
Gesellschaften ansehen – unbestritten dürfte auch im Zeitalter der<br />
virtuellen Kommunikation sein, dass hier ein menschlicher Urtrieb<br />
zum Durchbruch kommt. Nun, die Philokartisten (Postkartensammler)<br />
und Philumenisten (Streichholzetikettensammler), die Bibliophilen<br />
und Bibliomanen, die Bierfilz- und Trophäenkollekteure sind<br />
zwar ebenso sympathische wie nützliche Zeitgenossen, die wenigsten<br />
indes betreiben ihre Sublimationshandlungen wissenschaftlich.<br />
Zur Ausstellung erschien ein schmaler Katalog, in kleiner Auflage<br />
nur im Samisdat verbreitet und heute selbst antiquarisch und in ähnlichen<br />
Marginalzonen des Buchmarktes nicht mehr erhältlich. Darin<br />
wurde der Zeitungshalter posthum zum legitimen Gegenstand der<br />
Zeitungswissenschaft gemacht. Die Disziplin, die heute als Publizistik<br />
– und/oder Kommunikationswissenschaft – an vielen Hochschulen<br />
vertreten ist, kann auf eine ausgeprägte Sammlertradition zurückblicken,<br />
ja durch Sammler ist sie erst zu einer solchen geworden: Ohne<br />
die Sammler von Nachrichten gäbe es schließlich keine Zeitungen …<br />
Was hat das Fach nicht alles erforscht seit seiner akademischen Institutionalisierung:<br />
von den Wappenbildern und Siegelringen, Schlachtbannern<br />
und Geschreizeichen, von Flaggen- und Licht- und Feuer- und<br />
Rauchsignalen über Spielkarten und Briefmarken bis hin zur Buschtrommel-<br />
und Trillerpfeifenpublizistik reicht das Spektrum. Auffällig,<br />
dass gerade das Vergängliche – Schall und Rauch – besonderes Interesse<br />
fand. Mark Twain hat sogar von einer Echo-Sammlung berichtet.<br />
Otto Groth, dieser imponierende Privatgelehrte und Polyhistor, widmet<br />
in seinem siebenbändigen Standardwerk „Die unerkannte Kulturmacht“<br />
dem Zeitungshalter nicht einmal eine Fußnote. Die Bedeutung dieses<br />
wahren Kulturträgers blieb ihm verborgen. Doch nun eröffnen sich<br />
ganz neue Perspektiven: Die Begleitschrift zur Ausstellung liefert wertvolle<br />
Hinweise zur Genese, Struktur und Funktion des Zeitungshalters.<br />
Darin erwähnt der Initiator und Herausgeber den hohen Verbrauch in<br />
Bayern und stellt die<br />
Frage: „… was geschieht<br />
mit den Geräten?<br />
Zertrümmern<br />
tatsächlich die Bajuwaren<br />
die meisten von<br />
ihnen auf ihren groben<br />
Schädeln?“ Diese<br />
Vermutung ist haltlos.<br />
Kontrollgruppe:<br />
die Schar<br />
der Haltlosen<br />
Die Wahrheit ist vielmehr: Zeitungshalter werden im Alpenvorland<br />
sowohl zum Angeln als auch zum Fechten benutzt; in Niederbayern<br />
finden sie darüber hinaus auch bei einer neuen Form des Kampfsports,<br />
dem Halterhakeln, Verwendung.<br />
(Fortsetzung nächste Seite )<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 25
Essay III<br />
Apropos Bayern: Zukünftige Journalisten<br />
werden heute nicht mehr primär<br />
für das Medium Presse ausgebildet –<br />
Radio, Fernsehen, Online-Angebote,<br />
Social Media etc. gehören längst zum<br />
crossmedialen Ausbildungsbouquet.<br />
Nach Abschluss ihres Journalistikstu -<br />
diums erhalten die Absolventinnen und<br />
Absolventen an der Katholischen Uni -<br />
versität Eichstätt-Ingolstadt aber immer<br />
noch einen Zeitungshalter – darin ein<br />
druckfrisches Exemplar der örtlichen Zeitung,<br />
in dem von ihrem Examen berichtet<br />
wird. Dieses Medium bleibt haltbar!<br />
Foto: privat<br />
Oben: Selbst der Osterhase<br />
schätzt den Halter (um<br />
1905/10).<br />
Mitte: Grundausstattung<br />
im Wiener Kaffeehaus.<br />
Unten: Ein Journalist bei der<br />
Recherche (?),<br />
So innovativ die Entdeckung des Zeitungshalters<br />
als neues Materialobjekt der Forschung<br />
auch war – jetzt heißt es, beim<br />
Erreichten nicht haltzumachen! Jetzt gilt<br />
es, die Halterforschung multidisziplinär<br />
auszuweiten und interdisziplinär zusammenzuführen!<br />
Die Hüft- und Pfeifen-, die<br />
Füll- und Barthalter harren der wissenschaftlichen<br />
Entdeckung – von den Auto-,<br />
Hunde-, Katzen- und anderen Getierhaltern<br />
gar nicht zu reden; als Kontrollgruppe<br />
steht die Schar der Haltlosen bereit. Zur<br />
Durchsetzung des neuen Paradigmas sollte<br />
ein eigenes Fachorgan gegründet werden,<br />
für das ich den Titel „Halt & Haltung“ vorschlagen<br />
möchte. Es bietet sich an, dass<br />
dieses Periodikum in Zusammenarbeit mit<br />
der Liga der internationalen Halterverbände<br />
erscheint. Wenn die Resultate der Halterforschung auf diesem Wege<br />
erst einmal vor den Augen der wissenschaftlichen Öffentlichkeit dokumentiert<br />
sind, wird ein spezieller Schwerpunktbereich der Deutschen<br />
Forschungsgemeinschaft (DFG) nicht auf sich warten lassen.<br />
Aber das ist noch Zukunftsmusik. Als nächstes sollten wir einen großen<br />
wissenschaftlichen Kongress ins Auge fassen. Als Veranstaltungsort<br />
kommt da natürlich nur Haltern (Westfalen) in Frage. Eine<br />
internationale Tagung muss folgen (Motto: Halter aller Länder, haltet<br />
zusammen!). Vielleicht auf dem Haltiatunturi, dem höchsten Berg<br />
Finnlands, wo das exzellenteste Halterholz gedeiht?<br />
Der Autor: Prof. Dr. Walter Hömberg war Ordinarius<br />
für Journalistik an der Katholischen Universität<br />
Eichstätt-Ingolstadt und lehrt heute als<br />
Gastprofessor an der Universität Wien. Seine Arbeitsschwerpunkte<br />
liegen in den Bereichen Journalismusforschung,<br />
Kultur- und Wissenschaftskommunikation<br />
sowie Medien- und Kommunikationsgeschichte. Er ist<br />
Herausgeber mehrerer Buchreihen und Mitherausgeber des „Jahrbuchs<br />
für Marginalistik“, von dem kürzlich der dritte Band erschienen ist. Das<br />
Jahrbuch wendet sich an Freunde fröhlicher Wissenschaft.<br />
von Stephanie von Luttitz<br />
„Das Marginale muss<br />
zentral werden!“ Un ter<br />
diesem Motto (S. 12) veröffentlichen<br />
19 Forscher um<br />
Dr. Walter Hömberg, emeritierter<br />
Prof. für Journalistik,<br />
und den Medienforscher<br />
und Wissenschaftsjournalisten<br />
Eckart Roloff bereits zum<br />
dritten Mal ihre Studien. Was<br />
unter Marginalis tik zu verstehen<br />
ist? Es handelt sich um eine<br />
in humoristisch- satirischer Intention<br />
entstandene inter- und transdisziplinäre<br />
Wissenschaft. Das scheinbar<br />
Randständige gerät ins Zentrum der Betrachtung.<br />
Gerade die Medien- und Kommunikationswissenschaft<br />
sieht sich Skeptikern<br />
aus anderen Wissenschaftszweigen<br />
gegenüber, die behaupten, das Fach würde<br />
ohnehin meist Marginales erforschen.<br />
Vielleicht setzen sich die Autoren (die über ausreichende<br />
Qualifikationen verfügen, um sich ein wenig über die Wissenschaft<br />
„lustig machen zu dürfen“) gerade deshalb für die<br />
„marginalistische Forschung“ ein. Die meisten sind bzw. waren<br />
in den Sozialwissenschaften als Professoren tätig.<br />
Es schreiben aus den Medienwissenschaften Joan Kristin<br />
Bleicher, Roland Burkart, Rudolf Stöber, Joachim Wester -<br />
barkey, Jürgen Wilke und seine Frau Ulrike. Ebenfalls ist die<br />
(Pädagogische) Psychologie mit Hans-Peter Langfeldt und<br />
Gottlob Kleine-Moritz vertreten, die deutsche Literatur mit<br />
Karlheinz Rossbacher und die Humanbiologie mit Heinrich<br />
Zankl. Aus dem Konzept scheinen da Peter C. Scriba als ehemaliger<br />
Direktor der Medizinischen Klinik München-Innenstadt<br />
der LMU München, der ehemalige Ministerialdirigent<br />
im Bayerischen Staatsministerium für Justiz und Leiter des<br />
Bayerischen Landesjustizprüfungsamts, Heino Schöbel, und<br />
der ehemalige Programmdirektor des Ersten Deutschen<br />
Fernsehens Dietrich Schwarzkopf zu fallen. Die Kunstsparte<br />
übernimmt Ernst Schneider. Zu dem Thema Glaube und Zweifel<br />
schreibt Wiprecht von Treskow.<br />
Das erste Marginalistik-Werk entstand im Jahr 2000, das<br />
zweite ließ elf Jahre auf sich warten. Im Vergleich rasant erscheint<br />
nun nach zweieinhalb Jahren Band III.<br />
Die Autoren haben eine Plattform kreiert, die erlaubt, die wirklich<br />
relevanten Themen für die Gesellschaft vorzustellen. Die<br />
21 Studien befassen sich u.a. mit der pränatalen Mediennutzung,<br />
mit neuen Impulsen zur Halterforschung (siehe S. 25), der<br />
26 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>
Essay III<br />
Lustige Wissenschaft: Sex, Tinnitus und Prof. B. Scheuert<br />
gesellschaftlichen Bedeutung der Krawatte, der Relevanz des<br />
Witzes als Kommunikationsphänomen, dem Zusammenhang<br />
zwischen Bierkonsum und Zeitungslektüre, der Bedeutung der<br />
Jagd für die Demographie, der Sprache und Anatomie von<br />
Engeln oder der Frage, ob Juristerei romantisch sein könne.<br />
Nachdem in Band II die Systemtheorie auf Plattdeutsch dargestellt<br />
wurde, erklärt nun Roland Burkart als Professor der<br />
Kommunikationswissenschaft die „Theorie des kommunikativen<br />
Handelns“ von Jürgen Habermas auf Wienerisch. Endlich<br />
kann jedermann diesen Theorieentwurf auf Anhieb verstehen!<br />
Ich darf als Doktorandin anmerken, die sich mit seiner<br />
Theorie nun seit drei Jahren auseinandersetzt: Hätte ich<br />
diesen Beitrag früher gekannt, wäre mir einiges an Kopf -<br />
zerbrechen erspart geblieben. Der wohl mit bedeutendste<br />
zeitgenössische Intellektuelle Habermas ist nicht mit der<br />
verständlichsten Sprache gesegnet.<br />
Eine Fortsetzung präsentiert auch Walter Hömberg mit seinem<br />
Beitrag „Sex mit siebzig“. Gab es in Band II unter dem Titel<br />
„Sex mit sechzig“ sechs leere Seiten zu bestaunen, finden<br />
die Leser nun eine Seite mit dem Text<br />
„Zur Erinnerung an Frau Dr. Murke“<br />
(S. 236). Mit dem Hinweis auf Heinrich<br />
Bölls Werk „Doktor Murkes gesammeltes<br />
Schweigen“ will Hömberg<br />
wohl im Hinblick auf kritische Stellungnahmen<br />
zum genannten Beitrag<br />
aus Band II darauf hinweisen, dass<br />
auch die Frau von Dr. Murke zum Thema<br />
schweigt.<br />
Leser erhalten zudem praktische<br />
Tipps für den Alltag, wenn man beispielsweise<br />
unter Tinnitus leidet – in<br />
unserer Gesellschaft keine Seltenheit<br />
mehr. Karlheinz Rossbacher bekam als<br />
Ratschlag einer Psychologin, den Tinnitus<br />
zu lieben, da es „sein ganz persönlicher“ Tinnitus sei.<br />
Zudem sollte auf Folgendes verzichtet werden: Stress, Alkohol,<br />
Nikotin, schwarzer Tee, Kaffee nach Espresso-Art, Schokolade,<br />
Aspirin, Glutamate, Geschmacksverstärker, Konservierungsstoffe<br />
und Farbstoffe. Wem das zu kompliziert ist, der soll<br />
sich einfach mit „Gelassenheit“ an seinen Tinnitus gewöhnen.<br />
Besonders aufklärend ist der Beitrag über die Professorendarstellung<br />
in Kinderbüchern. Endlich versteht man, warum das Ansehen<br />
von Professoren in den vergangenen Jahrzehnten stetig<br />
gesunken ist. Die Namen sind bereits charakterisierend für diesen<br />
Trend. Kindern wird von klein auf vermittelt, was von Professoren<br />
zu halten sei: Professor Powerpuuups oder Prof. Dr. med. B.<br />
Scheuert sind demgemäß begehrte und „passende“ Namen.<br />
Foto: privat<br />
Die Autorin: Stephanie von Luttitz, Wien/<br />
München, geht in ihrer Dissertation der<br />
Frage nach, wie verständigungsorientiert<br />
Journalismus im Falle religiöser Themen ist.<br />
Bereits in der <strong>ACADEMIA</strong> 6/2014 (S. 46-49)<br />
hat sie über Mode und Stil geschrieben.<br />
Dass es nicht nur humorvolle Beitrage gibt, zeigt der von<br />
Dietrich Schwarzkopf. Er geht der scheinbar marginalen<br />
Frage nach, ob zukünftig ein Bayer (gemeint ist natürlich ein<br />
Wittelsbacher) auf dem schottischen Thron sitzen könnte. Da<br />
wird die Geschichte Schottlands, in Verbindung mit Bayern,<br />
mal eben auf 17 Seiten zusammenfassend dargestellt.<br />
Literatur<br />
Hömberg, Walter,<br />
Roloff, Eckart<br />
(Hrsg.), Jahrbuch<br />
für Marginalistik III,<br />
Münster, Lit-Verlag<br />
2014 (Reihe: * fuß -<br />
note: anmerkungen<br />
zum wissenschaftsbetrieb;<br />
Bd. 10),<br />
344 Seiten, 12,90<br />
Euro, ISBN 978-3-<br />
643-99840-8.<br />
Zielgruppe sind folglich alle, die Wissenschaft aus einem anderen<br />
Blickwinkel kennenlernen wollen – und zwar auf eine<br />
humorvolle Art und Weise. Ein Tipp auch für alle Herren der<br />
Schöpfung, die nicht wissen, was sie ihrer Tischdame oder dem<br />
ersten Date erzählen sollen: Das Buch eignet sich hervorragend<br />
für Tischgespräche. Mit den Studien<br />
aus der Marginalistik werden Sie<br />
jede Frau von sich überzeugen! („Wahnsinn,<br />
der weiß Dinge, von denen habe<br />
ich noch nicht mal gehört!“) Kritisch<br />
anzumerken ist, dass manchmal nicht<br />
deutlich differenziert werden kann<br />
zwischen Satire und Realität. Sind die<br />
Statistiken, die in den Studien präsentiert<br />
werden, real oder erfunden? Zudem<br />
habe ich eine Empfehlung für<br />
künftige Forschungen parat: Welche<br />
Bedeutung spielen Widmungen in der<br />
Wissenschaft? Danksagungen reichen<br />
von den Klassikern wie der Familie bis<br />
hin zu Hunden oder Katzen. So las ich<br />
kürzlich in einer Dissertation: „Gewidmet<br />
meiner Katze Miaunzi, die erfreulicherweise als einzige<br />
nie meine Arbeit kritisierte, sich aber bedauerlicherweise<br />
auch jeglicher konstruktiver Beiträge enthielt.“<br />
Zusammenfassend: Der dritte Band der Marginalistik ist voller<br />
wissenschaftlich-inspirierender Beiträge, die zum Schmökern<br />
einladen. Ein Werk mit kurzen, meist sarkastischen Studien,<br />
das in keiner Bibliothek fehlen darf. Hervorzuheben ist<br />
zudem das handliche Format, da dies ermöglicht, es überall<br />
mit hinzunehmen (wenn man kein Freund von E-Books ist).<br />
Optimal für den diesjährigen Sommerurlaub. Für alle, die sich<br />
bei diesem Buch nicht amüsieren, kann ich nur den Schriftsteller<br />
Sigismund von Radecki zitieren: „Deutscher Humor ist,<br />
wenn man trotzdem nicht lacht.“<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 27
Interview<br />
Das Urverbrechen<br />
Michael Hesemann über den Völkermord an den<br />
Buchautor Michael Hesemann hat über den Genozid an christlichen<br />
Völkerschaften während des Ersten Weltkriegs geforscht.<br />
Der Historiker erklärt, am Ende müsse die Gerechtigkeit siegen<br />
und die Türkei zur Verantwortung gezogen werden, zu ihren<br />
Verbrechen stehen und die Konsequenzen daraus tragen. Prof. Dr.<br />
Veit Neumann (Alm) stellte Herrn Hesemann die Fragen.<br />
? Herr Hesemann, wie lässt sich der Völkermord an den Armeniern,<br />
Assyrern und Aramäern nachweisen bzw. belegen?<br />
Melancholie<br />
und<br />
Trauerflor<br />
über dem<br />
herrlichen<br />
paradiesischen<br />
Land<br />
! Die Ereignisse von 1915/16 lassen sich so gut wie jedes andere historische<br />
Ereignis der jüngeren Geschichte belegen, und zwar sowohl<br />
durch „oral history“, durch die Berichte von Augenzeugen, wie durch<br />
zeitgenössische Dokumente, die wir in den Archiven des Auswärtigen<br />
Amtes, der Briten, Franzosen und Amerikaner,<br />
aber auch im vatikanischen Geheimarchiv finden.<br />
In Letzterem habe ich geforscht und bin<br />
auf etwa 2500 Seiten gestoßen, wobei es sich<br />
um Berichte des armenisch-katholischen Klerus,<br />
Augenzeugenberichte von deutschen,<br />
österreichischen und italienischen Feldgeist -<br />
lichen und Missionspatres und die Belege<br />
für die verzweifelten Versuche der päpstlichen<br />
Diplomatie handelt, das Morden zu stoppen.<br />
Aus ihnen geht eindeutig hervor, dass es sich<br />
um eine geplante ethnisch-religiöse „Säuberung“,<br />
eine gezielte Vernichtung der christ -<br />
lichen Minderheit in der Türkei handelte, befohlen<br />
von dem protofaschistischen Regime<br />
der Jungtürken. (Fortsetzung nächste Seite )<br />
Armenische Demonstranten bewegen sich in Berlin vom<br />
Kanzleramt zum Potsdamer Platz. Anlass der Demo: das Gedenken<br />
an den Genozid vor 100 Jahren.<br />
Foto: picture alliance/Pacific Press<br />
28 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>
Interview<br />
des 20. Jahrhunderts<br />
Armeniern, Assyrern und Aramäern<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 29
Interview<br />
? Bei wem lag – historisch gesehen – die Verantwortung dafür?<br />
Wer trägt heute die Verantwortung?<br />
Literatur<br />
Aus dem Geheimarchiv<br />
des Vatikans<br />
Hesemann, Michael, Völker -<br />
mord an den Armeniern.<br />
Mit unveröffentlichten<br />
Doku men ten aus dem<br />
Geheimarchiv des Vatikans<br />
über das größte Ver bre chen<br />
des Ersten Weltkriegs,<br />
München, Herbig <strong>2015</strong>,<br />
352 Seiten, mit 33 Schwarzweiß-Fotos,<br />
25 Euro,<br />
ISBN 978-3-7766-2755-8.<br />
? Wie stehen die Ereignisse – Armenier, Assyrer und Aramäer – in<br />
Verbindung? Sind sie zusammen zu sehen?<br />
! Ja, das sind sie. Unter dem Vorwand, vermeintlich geplante Aufstände<br />
der Armenier verhindern zu wollen, wurden von den Jungtürken<br />
Vertreter sämtlicher christlicher Minderheiten in den Tod geschickt:<br />
Katholiken, Orthodoxe, Armenier, Assyrer, Aramäer … da<br />
machte man keinen Unterschied.<br />
? Welche Rolle spielen sie heute in den genannten Völkerschaften,<br />
also bei deren Nachfahren?<br />
! Eine große. Die Wunden sind noch immer offen und werden es so lange<br />
sein, bis die Täter, die Türken, endlich zu ihren Verbrechen stehen und<br />
sich bei den Nachkommen der Opfer für diese entschuldigen. Ich hatte die<br />
Gelegenheit, an den Gedenkfeiern zum 100. Jahrestag der Massenverhaftung<br />
armenischer Intellektueller in Konstantinopel, dem Auftakt zum<br />
Völkermord, in der armenischen Hauptstadt Yerevan teilzunehmen, und<br />
war tief bewegt, welche Anteilnahme diese Feierlichkeiten bei der gesamten<br />
Bevölkerung fanden. Es gab kaum einen Armenier, der an diesem Tag<br />
nicht zum Mahnmal hoch über der Hauptstadt zog, um Blumen niederzulegen<br />
und ein Gebet für die Toten zu sprechen. Nach wie vor liegt eine<br />
gewisse Melancholie, ein Trauerflor über diesem herrlichen, von der Natur<br />
so reich beschenkten, ja paradiesischen Land. „I remember and demand“<br />
lautete das Motto des 100. Jahrestages, „ich gedenke und fordere“ – zumindest<br />
eine Entschuldigung, aber auch eine gerechte Wiedergutmachung.<br />
Auf diesem Grundkonsens baut der Zu sammenhalt der armenischen Kommunität<br />
auf, die über alle Welt zerstreut lebt. Diesem großartigen Volk<br />
ist so viel Leid und so viel Ungerechtigkeit widerfahren. Und natürlich<br />
kämpfen auch Assyrer und Aramäer gegen das Vergessen, zumal ihre<br />
Nachfahren gerade in unserer Zeit wieder verfolgt und diskriminiert werden;<br />
Letzteres in der heutigen Türkei, Erstgenanntes in Syrien und im<br />
Irak, wo sich die Ereignisse des „Sayfo“ („Jahr des Schwertes“, wie<br />
die Aramäer den Völkermord nennen) gerade zu wiederholen drohen.<br />
! Natürlich lag die Hauptverantwortung bei dem jungtürkischen Regime,<br />
das den Ersten Weltkrieg als Vorwand benutzte, um mit den<br />
Christen aller Konfessionen, die es als seine „inneren Feinde“ erachtete,<br />
„aufzuräumen“, wie es Innenminister Talaat Pascha ganz offen in einem<br />
Gespräch mit dem deutschen Generalkonsul Johann Heinrich Mordtmann<br />
einräumte, dessen Protokoll sich heute in den Akten des Auswärtigen<br />
Amtes in Berlin befindet. Aber natürlich trifft das Deutsche Reich,<br />
den engsten Verbündeten des Osmanischen Reiches, eine Mitschuld.<br />
Immerhin dienten deutsche Offiziere im Generalstab der Osmanen,<br />
waren sogar an der Niederschlagung armenischer Selbstverteidigungsversuche<br />
beteiligt. Deutschen Diplomaten, die, erschüttert von den<br />
Ereignissen, deren Augenzeuge sie wurden, um diplomatische Interventionen<br />
baten, wurde von Reichskanzler Theobald von Bethmann-<br />
Hollweg eine klare Absage erteilt: „Unser einziges Ziel ist, die Türkei<br />
bis zum Ende des Krieges an unserer Seite zu halten, gleichgültig ob<br />
darüber die Armenier zu Grunde gehen oder nicht.“ Schon deshalb hat<br />
Deutschland heute die historische Verantwortung, sich für die Aufklärung<br />
der Ereignisse von 1915/16, für ihre Anerkennung als Völkermord,<br />
einzusetzen. Vor allem aber ist die Türkei, sollte sie auch weiterhin<br />
im Konzert der zivilisierten Nationen mitspielen wollen, dringend<br />
gefordert, sich zu den Verbrechen in ihrer Vergangenheit zu bekennen<br />
und sich um eine Wiedergutmachung zu bemühen.<br />
? Was waren die Konsequenzen der Massenmorde?<br />
! Am 1. Januar 1914 betrug der Anteil der Christen an der Gesamtbevölkerung<br />
des Osmanischen Reiches 19 Prozent. Heute sind nur noch<br />
0,2 Prozent der Türken christlichen Glaubens. Die Mörder haben also<br />
ihr Ziel, die Umwandlung der Türkei in einen religiös homogenen<br />
Nationalstaat, erreicht.<br />
? Wie soll heute damit umgegangen werden?<br />
! An erster Stelle tut Aufklärung not. Das heißt, alle historischen<br />
Fakten auf den Tisch zu legen und die Ereignisse von 1915/16 so<br />
sauber zu dokumentieren, dass nicht der geringste Zweifel mehr<br />
daran bestehen kann, was damals wirklich geschah. So weit sind<br />
wir in der historischen Forschung bereits. Der nächste Schritt muss<br />
sein, eine Lobby aufzubauen, die größtmögliche Anzahl an Staaten<br />
und Institutionen dazu zu bewegen, sich dieser Fakten anzunehmen<br />
und den Völkermord als solchen anzuerkennen. Je breiter die<br />
Deportationen und folgende Massaker an<br />
großen Teilen der armenischen Volksgruppe –<br />
das war der Völkermord an den Armeniern.<br />
Foto: ppicture alliance/CPA Media Co. Ltd<br />
30 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>
Wie ein erhobener Zeigefinger<br />
mahnt der 44 Meter hohe<br />
Obelisk die Besucher der<br />
Gedenkstätte in Eriwan.<br />
Foto: picture alliance/dpa<br />
Ferngeblieben:<br />
Annette Schavan,<br />
positives Beispiel:<br />
Norbert Lammert<br />
Front ist, je mehr die<br />
Türkei in die Ecke<br />
gedrängt wird, je<br />
eher wird eine neue<br />
Regierung – bei Erdogan<br />
ist wohl jede<br />
Hoffnung vergebens<br />
– einlenken müssen,<br />
um sich aus der internationalen Isolation zu befreien und nicht länger<br />
das Stigma des Völkermordleugners zu tragen. Am Ende muss<br />
ein Gipfeltreffen von Vertretern der Türkei und ihrer Schutzmacht<br />
USA einerseits und Armeniens und seiner Schutzmacht Russland<br />
andererseits sowie der anderen betroffenen Gruppierungen und der<br />
armenischen, griechischen und syrischen Kirchen stehen, auf dem<br />
das Ausmaß der Wiedergutmachung verhandelt wird. Schließlich<br />
sind nicht nur anderthalb Millionen Armenier und eine Million<br />
Aramäer, Assyrer und Griechen ermordet worden, es fand auch eine<br />
beispiellose Enteignung statt. Die Armenier müssen zumindest<br />
einen Teil ihrer Heimat, das heute türkisch besetzte Westarmenien,<br />
und eine angemessene finanzielle Entschädigung zugesprochen<br />
bekommen.<br />
? Kann ein solches Unrecht eigentlich wiedergutgemacht werden?<br />
! Diese Frage stellte sich auch beim Holocaust, und die Antwort lautet<br />
natürlich: nein. Kein Geld der Welt kann für die vielen Toten und das<br />
von einem ganzen Volk ertragene Leid entschädigen. Aber zumindest<br />
der materielle Schaden kann halbwegs ausgeglichen werden. Wobei<br />
es ja längst eine gerechte Lösung der „armenischen Frage“ gab, die<br />
auf vatikanische Initiative in Zusammenarbeit mit US-Präsident<br />
Woodrow Wilson zustande kam: Den Vertrag von Sèvres vom 10.<br />
August 1920, der zugleich auch das Kurdenproblem gelöst und den<br />
Kurden einen eigenen Staat zugebilligt hätte. Leider wurde er nach<br />
kürzester Zeit von Mustafa Kemal („Atatürk“) aufgekündigt.<br />
? Wie verhält sich die Bundesrepublik Deutschland<br />
heute dazu, wie die Parteien und die<br />
Kirchen?<br />
! Teilweise unangemessen feige. Das Land<br />
Brandenburg kuschte, als die Türkei verlangte,<br />
die Behandlung des Völkermordes an den Armeniern<br />
aus den Geschichtsbüchern für den<br />
Schulunterricht zu streichen. Und Frau Merkel erklärte, als immerhin<br />
über 156.000 Deutsche in dem von ihr initiierten „Dialog über<br />
Deutschland“ ein Gesetz gegen die Leugnung des Völkermordes<br />
von 1915/6 forderten – von allen Vorschlägen landete dieser an erster<br />
Stelle! – , das Thema ginge sie nichts an, es sei eine bilaterale An -<br />
gelegenheit zwischen Armenien und der Türkei. Das war die gleiche<br />
Frau Merkel, die immerhin die Unverfrorenheit hatte, von Papst<br />
Benedikt (Rup) eine Erklärung zum Holocaust einzufordern; wie<br />
empört wäre sie wohl gewesen, hätte der Heilige Vater damals geantwortet,<br />
das sei eine bilaterale Angelegenheit zwischen Deutschland<br />
und Israel. Aber offenbar gibt es für Frau Merkel Völkermorde<br />
erster und zweiter Klasse, solche, die man leugnen darf und solche,<br />
bei denen schon zur Rechenschaft gezogen wird, wer nichtsahnend<br />
bei einem Bischof die Exkommunikation aufhob, der sich im Nachhinein<br />
als Holocaustleugner erwies. In dieses Bild passte es, dass<br />
ausgerechnet Frau Schavan, die deutsche Botschafterin am Heiligen<br />
Stuhl, der Papstmesse fernblieb, in der Papst Franziskus des „armenischen<br />
Martyriums“ gedachte und offen vom „ersten Völkermord<br />
des 20. Jahrhunderts“ sprach. Noch unsäglicher war Außenminister<br />
Steinmeier, der in einem Interview mit dem „Spiegel“ „die Sprach -<br />
losigkeit zwischen Türken und Armeniern“ als das „eigentliche<br />
Problem“ bezeichnete, so als müssten die Armenier erst noch darum<br />
betteln, dass sich die Türkei endlich zu ihren Verbrechen bekennt.<br />
Der Täter hat doch wohl auf das Opfer zuzugehen, nicht umgekehrt!<br />
Aber es gab auch positive Beispiele wie Norbert Lammert und<br />
Bundespräsident Joachim Gauck, die offen von einem Völkermord<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 31
Interview<br />
Ob<br />
darüber<br />
die<br />
Armenier<br />
zu<br />
Grunde<br />
gehen<br />
oder<br />
nicht<br />
Eine armenische Gemeinschaft, darunter viele Kinder, vor dem Untergang während des Ersten Weltkriegs.<br />
Foto: ppicture alliance/CPA Media Co. Ltd<br />
sprachen. Auch die ganze Bundestagsdebatte am 24. April hat gezeigt,<br />
dass sich in Berlin sehr wohl etwas bewegt, wenn auch offenbar gegen<br />
den Widerstand der Kanzlerin und des Außenministers. Diese Debatte<br />
zieht sich durch alle Parteien. Die Kirchen dagegen nahmen sich des<br />
Themas angemessen an. Auch im Ersten Weltkrieg waren es ja in erster<br />
Linie engagierte Kirchenmänner wie der evangelische Pastor Johannes<br />
Lepsius, der katholische Zentrumsabgeordnete Matthias Erzberger<br />
oder der Kölner Erzbischof Felix Kardinal von Hartmann, die<br />
sich vorbildlich für die Armenier engagierten.<br />
? Welche Lehren ziehen Sie – bisher – aus dem Streit?<br />
Foto: privat<br />
Der Autor: Michael<br />
Hesemann studierte<br />
Geschichte und<br />
Kulturanthropologie<br />
an der Universität<br />
Göttingen. Er verfasste<br />
39 Bücher zu<br />
diversen Themen der<br />
Kirchengeschichte<br />
und lehrte an katholischen Hochschulen und Bildungseinrichtungen wie<br />
der Gustav-Siewerth-Akademie. Als deutscher Repräsentant der „Pave<br />
the Way“-Foundation setzt er sich für die Versöhnung von Juden und Katholiken<br />
und den interreligiösen Dialog ein. Seit 2008 recherchiert Hesemann<br />
am Vatikanischen Geheimarchiv. Dabei stieß er auf 2500 Seiten<br />
bislang unveröffentlichter Dokumente zum Genozid von 1915/16, die er<br />
<strong>2015</strong> in seinem Buch „Völkermord an den Armeniern“ (siehe S. 30) ver -<br />
öffentlichte. www.michaelhesemann.info.<br />
! Natürlich geht es um die Frage, was wichtiger ist, die Wahrheit<br />
oder die Diplomatie. Nur durch diplomatische Rücksichtnahme auf<br />
das jeweilige Regime in Konstantinopel oder Ankara war es den Türken<br />
möglich, dieses Urverbrechen des 20. Jahrhunderts nicht nur zu<br />
begehen, sondern hundert Jahre lang nahezu erfolgreich totzuschweigen.<br />
Zu welch verheerenden Folgen das geführt hat, ersehen wir daraus,<br />
dass Hitler praktisch am Vorabend seines Einmarsches in Polen<br />
seinen Generälen wie zur Legitimation der geplanten Gewalttaten erklärte:<br />
„Wer redet denn heute noch von der Vernichtung der Armenier?“<br />
Wer einen Völkermord zulässt oder ungesühnt lässt, ermutigt<br />
zum nächsten. Darum geht es hier eben nicht um die Türkei und<br />
Armenien allein. Es geht auch darum, eine Wiederholung dieser<br />
Gräueltaten zu verhindern, es geht darum, die richtigen Lehren aus<br />
der Geschichte zu ziehen. Und es geht auch um diese Lehre: Wer<br />
wegschaut, macht sich mit schuldig! Es geht um das, was Papst<br />
Franziskus so treffend als „Globalisation der Indifferenz“ anprangerte:<br />
unser kollektives Wegschauen, wenn heute wieder im Nahen<br />
Osten, in eben jenen Regionen, in denen sich die Gräueltaten von<br />
1915/16 ereignet haben, wieder Christen vertrieben und brutal ermordet<br />
werden. Es ist an der Weltgemeinschaft, die richtigen Lehren<br />
aus dem Völkermord an den Armeniern zu ziehen: 1. Wir dürfen nie<br />
mehr wegschauen, wir müssen alles tun, um Verbrechen gegen die<br />
Menschlichkeit zu verhindern, zu stoppen oder zu ahnden; 2. Jeder<br />
Staat und jede Macht soll wissen, dass die Weltgemeinschaft solche<br />
Gräueltaten nicht mehr ungesühnt lässt. Wie sich Verbrechen nicht<br />
lohnen darf, darf es ein Völkermord noch viel weniger. Das wussten<br />
die Väter des Vertrages von Sèvres, die an der Türkei ein Exempel<br />
statuieren wollten. Leider ohne Erfolg, was den Holocaust erst<br />
möglich machte. Doch am Ende muss die Gerechtigkeit siegen, muss<br />
die Türkei doch noch zur Verantwortung gezogen werden, zu ihren<br />
Verbrechen stehen und die Konsequenzen daraus tragen. Daran führt<br />
nun einmal kein Weg vorbei!<br />
32 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>
A N S I C H T S S A C H E<br />
Cartellbrüder verschiedener Berufe und Lebensalter beziehen<br />
zu selbstgewählten und zeit aktuellen Themen Stellung.<br />
In dieser Ausgabe tut dies Diakon Kurt Reinelt (Alm),<br />
Betriebsseelsorger.<br />
Gott, Gemeinschaft, soziale Aktionen<br />
Der biblische Gott hat von seiner Kreativität einiges uns Menschen als sein<br />
Abbild mitgegeben: Niedriglöhner (mehrheitlich Frauen), Betriebsräte<br />
(mehrheitlich Männer), jeder Abteilungsleiter (mehrheitlich Männer) und<br />
jeder Mensch im Mitwettbewerberbetrieb ist ein Abbild Gottes, also mit<br />
Würde versehen, Respekt und gute Umgangsformen verdienend. In der<br />
Bibel kämpfen Gott und seine Propheten gegen Sklaverei und Götzendienste<br />
(der Mammon als Götze); Jesus predigt die Nächsten- und Feindesliebe,<br />
die Barmherzigkeit und das Reich Gottes. Die bibel theologische<br />
Begründung und Ausfaltung erfolgt in der Katholischen Soziallehre (2013<br />
Enzyklika „Evangelii Gaudium“ von Papst Franziskus), in den Leitlinien der<br />
Betriebsseelsorge sowie in aktuellen Texten zur Arbeitswelt und zur Gerechtigkeit.<br />
Unser Vater-Sohn-Geist-Gott ist Gemeinschaft, und wir Menschen sind<br />
Gemeinschaft in Großfamilie, Kirche, Betrieb, Gewerkschaft, Verbindungen<br />
und Vereinen. Darin zu kooperieren fördert Kreativität und Gesundheit,<br />
Selbstkontrolle und kurze Wege – sowie Freude und Spaß. Betriebsrats -<br />
gremien und ihre Netzwerkgremien sind kleine ethische Gemeinschaften;<br />
ein ursprüngliches Konzept besteht in den „Kleinen Christlichen Gemeinschaften“<br />
und im Bibel-Teilen-in-sieben-Schritten.<br />
Gott hilft uns Menschen und ruft uns auf, Menschen in Not konkret zu helfen,<br />
besonders dem Nächsten: Betriebsräte, Gewerkschafter und ich erinnern<br />
an soziale und auch an christliche Standards, etwa in Minijobs und<br />
Kettenbefristungen, Leiharbeit und (Schein)Werkverträgen, Outsourcing-<br />
Verfahren, Insolvenzen und Massenentlassungen, in Mobbing- und Burn -<br />
out-Situationen. Direkt – und noch mehr indirekt – davon betroffene<br />
Menschen bezahlen den Preis mit ihrer Gesundheit. Für sie naheliegende<br />
oft kleine gute Taten, die gottebenbildliche Kreativität und die Würde auch<br />
der Gemeinschaften zu erkennen und zu stärken sind Aufgaben jeder<br />
Seelsorge. Hilfreich sind meine strenge Seelsorgevertraulichkeit und meine<br />
Spezialkenntnisse etwa als Volljurist, Notfallseelsorger, Therapeut und<br />
Mediator.<br />
Als Geh-hin-Seelsorger besuche ich im Betrieb Betriebsräte: Ich bin einer<br />
ihrer „Sachverständigen“ im Sinne des Betriebsverfasssungsgesetzes und<br />
unterstütze einvernehmliche Lösungen. Betriebsräte sind Ansprechpartner,<br />
Zuhörer und auch Seelsorger, die sich oft auf die Beschäftigten zu ihren<br />
Arbeitsplätzen zubewegen sollen. Auch ich bewege („migrare“) mich in<br />
die Betriebe und in ihre Netzwerke hinein: Ich absolvierte seit Anfang<br />
2010 jährlich etwa 38 Betriebsratssitzungen, 22 Betriebsversammlungen,<br />
160 weitere Betriebsbesuche und 67 Betriebsrätetreffen sowie etwa<br />
Foto: privat<br />
300 Gewerkschafts- und andere relevante Netzwerktreffen. Ich betreue in<br />
zwei Dekanaten an Ort und Stelle jährlich über 80 größere Betriebe<br />
(weitere indirekt) mit meist zwischen 200 und 1000 Mitarbeitern, einige<br />
auch darunter oder weit darüber.<br />
Die Betriebsseelsorge ist in die Diözesen eingebunden. Sie untersteht dem<br />
Diözesanbischof und meist dem Seelsorgeamt. Sie arbeitet mit Pfarreien,<br />
Spezialseelsorgern und Verbänden ökumenisch und interreligiös-tolerant<br />
zusammen. Regelmäßig beteilige ich mich in betriebsrätefreien Netzwerken,<br />
etwa Pastoralkonferenzen und Treffen zu Mobbing, Mediation und Notfallseelsorge.<br />
„Betriebsrätefrei“ besuche ich auch den Anwaltsverein Arbeitsrecht,<br />
als ehrenamtlicher Arbeitsrichter das Arbeitsgericht sowie politische<br />
Diskussionen.<br />
Als Betriebsseelsorger arbeite ich fest in vielerlei Netzwerkgemein schaften<br />
der Betriebsräte mit. Hierzu laden überwiegend die DGB-Mitgliedsge werk -<br />
schaften und themenpolitische Gremien ein. Kirchenverantwortliche gelten<br />
in diesen Netzwerken und in Betrieben viel zu oft als fachfremd und zu arbeitgebernah;<br />
hier gilt es Heilungsakzente zu setzen. Die Betriebsseelsorge<br />
ist Anbieter von Betriebsrätetreffen, Fachtagungen, Vorträgen, Arbeitnehmerwallfahrten,<br />
Kurzexerzitien und Stellungnahmen. Betriebsräte können<br />
von guten religiösen Impulsen profitieren; hierzu baucht es die Seelsorge<br />
für spirituelle Ressourcen und den geh-hin-aktiven Welt-Kirche-Dialog.<br />
Kurt Reinelt, Theologe und Volljurist, seit 2007 Betriebs -<br />
seelsorger, seit 2010 zuständig für die Dekanate Nürnberg-Süd und<br />
Roth-Schwabach. Verheiratet, drei Kinder, aktives Mitglied u.a. von<br />
ver.di und IGBCE, SPD-nahen Arbeitsgemeinschaften, der DGLE<br />
und der KAB. 1985<br />
Reception bei Alcimonia<br />
Eichstätt, Band -<br />
inhaber der Algovia<br />
Augsburg.<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 33
Orden? Es ist Zeit<br />
Der heilige Benedikt gründete das Kloster von Montecassino.<br />
Foto: imago stock&people<br />
Auf Wegen<br />
Nüchtern pflegen Ordensleute<br />
Orden? Welche Orden? Selbst ausgefuchste<br />
und eingefleischte Spezialisten<br />
des Ordensrechts, einer<br />
Disziplin innerhalb des Kirchenrechts,<br />
finden sich gelegentlich nicht leicht in<br />
dieser Materie zurecht. Wäre es zwischenzeitlich<br />
nicht schon ein Ideologicum, allerorten<br />
und allenthalten die Vielfalt als solche zu preisen<br />
– hier wäre es jedenfalls einmal angebracht,<br />
dies zu tun. Denn kaum ein Feld innerhalb<br />
der Kirche ist so mit Vielfalt gesegnet<br />
wie das der geistlichen Gemeinschaften mit<br />
Regel und evangelischen Räten oder manch<br />
anderer Variante davon. Und das ist zunächst<br />
nur der Blick auf die lateinische Kirche.<br />
Sicher ist: Die Orden, überhaupt die geistlichen<br />
Gemeinschaften, vor allem diejenigen,<br />
in denen man den Räten von Armut, Ehelosigkeit<br />
und Gehorsam folgt, gehören zur Kirche,<br />
zu ihrer Geschichte wie auch zu ihrer<br />
Zukunft. Eine katholische Kirche ohne sie<br />
wäre nicht oder nur schwer vorstellbar. Die<br />
Ordensleute sollen ja durch ihr Leben, ihren<br />
kreativen Verzicht und vor allem wiederum<br />
durch den dadurch ermöglichten vollen Einsatz<br />
die wirkliche Wirklichkeit, eben Gottes<br />
Wirklichkeit präsent machen oder doch wenigstens<br />
ein wirksames Zeichen sein, dass es<br />
mehr gibt als das bürgerliche Sichirgendwiedurchwursteln<br />
und Herumhecheln, worüber<br />
man oft genug Gott selbst und sein Heil vergisst;<br />
hin und her geworfen von ungeordneten<br />
Anhänglichkeiten und Verdrängungsmechanismen,<br />
die einen oft genug präzise am<br />
Eigentlichen des eigenen Daseins vorbeischrammen<br />
lassen. Dass uns das nicht so<br />
schnell passiert, dafür gibt es die Ordensleute<br />
mit ihrer „gefährlichen Erinnerung“. Sie<br />
sind Teil der Kirche, manchmal extrem intensiv<br />
in ihrem Herzen, manchmal am Rande<br />
der Kirche, wenn es denn überhaupt einen<br />
solchen „kirchlichen Rand“ gibt.<br />
Es ist allerdings mehr als allein eine anthropologische<br />
Frage, wie sie denn nun eigentlich<br />
sind, unsere Ordensmänner und Ordensfrauen.<br />
Manche wirken etwas zu streng, manche etwas<br />
zu locker. Das Mittelmaß ist das Ideal, das<br />
immerhin verwirklicht wird, wenn auch nicht<br />
allzu oft. Stehen allerdings mehrere Ordensleute<br />
zusammen, zumal mit einigen Laien,<br />
wird erfahrungsgemäß schnell und viel gekichert<br />
– als wären die Religiosen von der Last<br />
ihrer Lebensform für kurze Zeit befreit. Als<br />
große ordensweise organisierte Gemeinschaft<br />
jedenfalls waren sie oft genug ein kritisches<br />
Korrektiv der katholischen Kirche, während<br />
dieser kirchliche Tanker, quasi manövrierunfähig,<br />
auf dem Ozean umhertreibt, wenn er<br />
nicht überhaupt auf hoher See mangels<br />
Treibstoff unbeweglich verharrt, zumal bei<br />
Flaute. Doch, sie bewegt sich, wobei die Gemeinschaften<br />
und ihre Gott suchenden Glieder<br />
der Kirche viel Segen beschert haben.<br />
Nicht immer durfte der Ausgleich von nüchterner<br />
Trunkenheit und trunkener Nüchternheit<br />
im geistlichen Inneren der Gemeinschaften<br />
als gelungen gelten. Ob die echten<br />
(manchmal auch vermeintlichen) Gottsucher<br />
unruhigen Herzens stets ein wenig zu sehr<br />
die Neigung haben, sich abenteuerlich irrlichternd<br />
auf den Feldern von Abweichung<br />
und Häresie zu tummeln, wird schwierig<br />
festzustellen sein. Gegeben hat es das auf alle<br />
Fälle. Dennoch sind die Benediktiner, vor<br />
allem die Dominikaner, auch die Franziskaner<br />
und noch viele andere Orden insgesamt<br />
eine wertvolle Ressource für unsere Catholica<br />
gewesen, auch wenn die wilden Zeiten im<br />
Nachgang zum Zweiten Vatikanischen Konzil<br />
manche Gemeinschaften an den Rand des<br />
Abgrunds brachten. Ob sie tatsächlich<br />
Schätze der Kirche sind, ist in der jeweiligen<br />
Gegenwart wohl am schwierigsten zu bestimmen.<br />
Nehmen wir an, sie sind es. Hoffen<br />
34 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>
Orden? Es ist Zeit<br />
der großen Sehnsucht<br />
die Anfangsbegeisterung ihrer großen Liebe<br />
Foto: picture alliance/United Archives/DEA<br />
wir es ebenfalls für die Zukunft. Dabei sind<br />
die unendlichen Einsätze hunderttausender<br />
Ordensfrauen vor allem, die aus der Kraft<br />
des Glaubens heraus ihr Leben der konkreten<br />
Hilfe für Menschen widmeten und widmen,<br />
noch nicht einmal in den Blick genommen,<br />
wie es sie schwerpunktmäßig seit dem 19.<br />
Jahrhundert nach dem Ende der Reichskirche<br />
gegeben hat und weltweit gibt bis heute.<br />
Allerdings haben wir in Deutschland das<br />
große Ordens(leute)sterben, numerisch betrachtet,<br />
in den vergangenen Jahrzehnten bereits<br />
hinter uns gebracht.<br />
Ein Gradmesser der geistlichen Wirksamkeit<br />
der Orden und ihrer Mitglieder sollte sein,<br />
wie stark sie vereinsamte Menschen in den<br />
beziehungsmäßig experimentellen Großstädten<br />
unserer Wohlstandsgesellschaften<br />
wenigstens im Stillen anziehen; heranwachsende<br />
junge Menschen, die sich entweder in<br />
den Workoholismus oder in den Wahnsinn<br />
dauernd sich brechender zwischenmenschlicher<br />
Verhältnisse – oder in beides – flüchten.<br />
Dass die Ordensgemeinschaften in der Kirchengeschichte<br />
mehr als nur Kraft bewiesen<br />
haben, gefährdete, aber potentialgeladene<br />
Menschen zu prägen, ob sie nun eintraten<br />
oder nicht, das steht fest. Unsere Ordensleute<br />
haben in zahlreichen Jahrhunderten Weltgeschichte<br />
und in ganz erheblichem Umfang<br />
auch weltweit die Forschungs- und Geistesgeschichte<br />
geprägt:<br />
in Landwirtschaft,<br />
Naturbetrachtung<br />
Auf jedem<br />
Dachziegel<br />
sitzt ein<br />
Teufelchen<br />
und Naturwissenschaft,<br />
Kunst, Philosophie<br />
und Theologie,<br />
um nur einige<br />
ganz große Felder zu<br />
nennen.<br />
Wie und was aber<br />
waren und sind denn die Patres, Fratres und<br />
Sorores? Schwerenöter und irenische Menschenkenner,<br />
Errichter kühner Gedankengebäude,<br />
streitende Soldaten und Streitschlichter,<br />
Ankläger und Pfleger, Glaubenseiferer<br />
und ebenso Glaubenszweifler (gelegentlich<br />
auch beides in einem), Mystiker, Sprachpräger<br />
und geniale Pädagogen, Weltverbesserer<br />
und Christusnachfolger, Aussteiger (aus der<br />
Kirche) und Konvertiten, Künstler und Psychiater,<br />
Poeten und Astronomen, Beichthörer,<br />
Baumeister und politische Berater, demütige<br />
Pförtner und naturliebende Gärtner,<br />
auch ein unruhiger Reformator fand sich in<br />
dieser Gesellschaft – man wäre geneigt zu<br />
sagen, es gäbe in diesem Bereich niemanden,<br />
den es nicht schon gegeben haben würde<br />
oder gibt; leider auch Kasper und Wichtigtuer,<br />
oft genug hilflos, dem Trunke verfallen<br />
und gelegentlich durchaus auch dem blanken<br />
Irrwitz. Ob man ein Oberer solch wimmelnder<br />
Zusammenschlüsse, einerseits in geronnenen<br />
Traditionen, andererseits stets auf der<br />
Suche nach Zukunft und Leben, möchte<br />
sein? Nicht unbedingt.<br />
Die anthropologischen Grundkonstanten,<br />
um theologisch zu sprechen: die Wurzelsünden<br />
schlagen voll durch auch und gerade in<br />
Klöstern, Gemeinschaften und Konventen.<br />
Die Rede ist von Neid, Faulheit und Überheblichkeit,<br />
um nur einige zu nennen. An wem<br />
sollte sich der Religiose abarbeiten, wenn<br />
nicht am Mitbruder nebenan? Ich erinnere<br />
mich an einen kleinen unscheinbaren Bene-<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 35
Orden? Es ist Zeit<br />
zu Mal fragen: „Herr, zu wem sollen wir gehen,<br />
wenn nicht zu dir?“<br />
Im Zisterzienserkloster Maulbronn.<br />
Der Mont Saint-Michel in der französischen<br />
Normandie. Der Berg und seine Bucht gehören<br />
seit 1979 zum Unesco-Weltkulturerbe. Im<br />
Kloster lebten und arbeiteten bis in die 1960er<br />
Jahre Benediktiner. Seit 2001 leben dort<br />
Mitglieder der Gemeinschaften von Jerusalem.<br />
Foto: picture alliance/dpa<br />
Reste: Zisterzienserinnenkloster Marienthron.<br />
diktiner in St. Ottilien, der tagein tagaus den<br />
Kreuzgang fegte, dabei vor sich hin kicherte<br />
mit den Worten, auf jedem Dachziegel säße<br />
ein Teufelchen… Zwischen Aufschwung<br />
und Niedergang, und das ist wohl eine der<br />
verblüffenden Gemeinsamkeiten, befanden<br />
sie sich alle, die Gemeinschaften, die einst so<br />
stolz erblühten, um dann zum Beispiel ab 1789<br />
im Sturm der Großen Französischen Staatsumwälzung<br />
niedergerissen zu werden. Wie<br />
oft blieb von erhebenden und himmelwärts<br />
strebenden Abteien kein Stein auf dem anderen!<br />
Wie oft blieb von den herrlichsten Bauten<br />
nach politischen Orkanen kaum mehr als<br />
eine Wiese auf dem Land und ein paar benachbarte<br />
Steinhaufen? Allerdings kamen<br />
die stärksten Stürme und Zusammenbrüche,<br />
so erscheint es mir immer deutlicher, aus<br />
dem Inneren der Gemeinschaften. Die quasi<br />
zyklisch wiederkehrenden Reformen, Ausgründungen<br />
oder gar Abspaltungen selbst<br />
von großen Orden lassen darauf schließen.<br />
Und wie viele als junge Menschen stolz<br />
Eingekleidete sind nicht ebenso gescheitert,<br />
wenn auch auf persönlicher Ebe -<br />
ne? Womöglich mehr als die Zahl derer,<br />
die geblieben sind… Gut und gern soll<br />
sich der Monast also lieber von Mal<br />
Foto: picture alliance/dpa-Zentralbild<br />
Und doch treibt sie alle zusammen letztlich nur<br />
das eine, der Weg der großen Sehnsucht. Diese<br />
Passion ließ die Standhaften und Bleiber<br />
(im Gegensatz zu den Aussteigern und Abbrechern,<br />
die sich aufgrund von Herzensleere<br />
und Enttäuschung anderen Menschen zuwandten)<br />
häufig zu Blutzeugen werden, die in<br />
schrecklicher Marter und Folter dem höchsten<br />
und erhabensten Herren folgten. Das Martyrium<br />
soll man nicht suchen, die Zelle möge man<br />
nicht fliehen. Wozu auch? Eheleute selbst<br />
mögen den Stand bilden, der, wie es einmal<br />
humoristisch, aber nicht ohne einen Anflug von<br />
Hintersinn hieß, die meisten Märtyrer hervorbringt.<br />
Der Kranz der Kirche aber, ihr Flor ist<br />
ihr Ordensleben. Wie unter dem Brennglas lebt<br />
sich hier das Leben vor Gott und häufig genug<br />
auch in Gott selbst, wenn auch der genannte<br />
Flor phasenweise mehr an Trauer- denn an<br />
Freudenflor erinnert. Schließlich ist das gesamte<br />
Ordenswesen – wenigstens seine ernsten<br />
und aufrichtigen Teile, nicht die liederlichen –<br />
wie ein Stück vergrößerte Kirche, die hineinragt<br />
in die Eschatologie. Was für eine Berufung!<br />
Wie schön, dürfen wir als Cartellbrüder sa -<br />
gen, dass es auch viele Ordensleute in<br />
unseren Verbindungen gibt! Sie hauptsächlich<br />
sollen auf den folgenden Seiten zu Wort<br />
kommen. Weniger überschwenglich schreiben<br />
sie übrigens, als die hier vorangegangenen<br />
Zeilen es sind. Offenbar ha ben sie es in<br />
Jahren gelernt, ihre An fangs be geis te rung zu<br />
hüten: wie eine zärtliche Lie be, die der<br />
Nüchternheit be darf. Veit Neu mann (Alm)<br />
Foto: imago/Westend61
Liebhaber<br />
des Ortes<br />
Benediktiner beten, arbeiten, lesen<br />
und bleiben – bei Gott<br />
von Cbr Dr. Nikodemus C. Schnabel OSB (Ad)<br />
Nein, ich bin kein Ordensmann, da<br />
ich keinem richtigen Orden angehöre,<br />
sondern ich bin Mönch! Mein<br />
Orden ist mein Kloster. Mein Kloster<br />
ist mit den anderen Benediktinerklöstern<br />
auf der ganzen Welt zu einer Konföderation<br />
zusammengeschlossen. An dessen Spitze<br />
steht der Abtprimas, dessen Rolle aber eher<br />
der des deutschen Bundespräsidenten gleicht<br />
und überhaupt nicht der des Generalministers<br />
der Franziskaner oder des Jesuitengenerals.<br />
Diese Orden der katholischen Kirche<br />
sind aber auch jüngere Phänomene der Kirchengeschichte,<br />
die ihren Ursprung erst im<br />
zweiten nachchristlichen Jahrtausend haben,<br />
während wir Benediktiner noch aus der<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 37
Orden? Es ist Zeit<br />
Die Liturgie am Palmsonntag in der Dormitio-<br />
Abtei stellt an Ort und Stelle den umjubelten<br />
Einzug Jesu Christi in Jerusalem dar.<br />
Im rechten Bild ist rechts zu sehen, wie Cbr P.<br />
Dr. Nikodemus C. Schnabel (Ad)<br />
das Evangelium verkündet.<br />
christlichen Spätantike stammen, von der<br />
Schwelle zur Epoche des Frühmittelalters,<br />
und zwar aus der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts.<br />
Unser Ordensgründer, der heilige<br />
Benedikt von Nursia, darf wohl mit Fug und<br />
Recht als der erste echte Europäer bezeichnet<br />
werden. Und Europa wäre durch die Epochen<br />
seiner Geschichte nicht das, was es war<br />
und was es heute ist, wenn wir Mönche ihm<br />
nicht unseren Stempel aufgeprägt hätten.<br />
Papst Paul VI. hat daher auch nicht ohne<br />
Grund den heiligen Benedikt zum Schutzpatron<br />
Europas erhoben.<br />
Der Lebensstil eines Mönches ist relativ<br />
schnell erklärt. Wir Benediktiner gehören zu<br />
der in Gemeinschaft lebenden Art von Mönchen,<br />
den so genannten Koinobiten. Benedikt<br />
selbst charakterisiert diese Art zu Beginn<br />
seiner berühmten Regel in knappen<br />
treffenden Worten wie folgt: „Sie leben in einer<br />
klösterlichen Gemeinschaft und dienen<br />
unter Regel und Abt“ (Regula Benedicti RB<br />
1,2). Neben den Koinobiten kennt Benedikt<br />
auch die so genannten Anachoreten, die als<br />
Einsiedler leben. Diese Lebensform als<br />
„Einzelkämpfer“ ist jedoch ausschließlich<br />
etwas für erfahrenere Mönche, die sich im<br />
Gemeinschaftsleben bewährt haben und ausreichend<br />
für diese Lebensform geschult wurden<br />
(vgl. RB 1,3-5). Einer unserer älteren<br />
Brüder in Jerusalem lebt tatsächlich seit ein<br />
paar Jahren als Anachoret. Diese Lebensform<br />
bleibt aber der Ausnahmefall.<br />
Die eben definierte Lebensform der Koinobiten<br />
kann man mit etwas mehr Leben füllen,<br />
wenn man in der Regel unseres Ordensvaters<br />
weiterliest. Dort wird nämlich eine Motivationsprüfung<br />
von Neuinteressierten vorgeschrieben.<br />
Dort heißt es so schön: „Man achte<br />
darauf, ob der Novize wirklich Gott sucht“<br />
(RB 58,7a). Ein Benediktinermönch muss<br />
also ein Gottsucher sein! Ob diese Gottsuche<br />
authentisch ist, kann der Novizenmeister unter<br />
anderem daran festmachen, „ob er [der<br />
Novize] Eifer hat für den Gottesdienst, ob er<br />
willig ist zu gehorchen und ob er bereit ist,<br />
niedrige Arbeiten zu tun“ (RB 58,7b). In<br />
heutiger Sprache ausgedrückt, könnte man<br />
vielleicht sagen, dass ein Benediktiner einer<br />
ist, der ernsthaft um und mit seiner Gottesbeziehung<br />
ringt und dabei eine geduldige<br />
Ausdauer und gesunde Frustrationstoleranz<br />
an den Tag legt. Dies ist übrigens auch der<br />
entscheidende Grund dafür, dass ein<br />
Mönchsleben alles andere als langweilig ist,<br />
da der äußere Rahmen des stark rhythmisierten<br />
Lebens von Gebet, Arbeit und Lesung<br />
(„ora et labora et lege“) unterfüttert und<br />
getragen ist von einer leidenschaftlichen<br />
Gottsuche.<br />
38 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>
Orden? Es ist Zeit<br />
Fotos: privat<br />
Interessant ist für viele wohl auch, dass wir<br />
Benediktiner bis heute nicht die Gelübde<br />
„Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam“ ablegen,<br />
sondern „Beständigkeit, klösterlichen<br />
Lebenswandel und Gehorsam“ (RB 58,17).<br />
Selbstverständlich beinhaltet die „conversatio<br />
morum“, der „klösterliche Lebenswandel“,<br />
auch eine Verpflichtung zu einem Leben<br />
in Armut und Ehelosigkeit, so dass sich<br />
da für uns keine Schlupfwinkel auftun. Gerade<br />
das Gelübde der „stabilitas“, der „Beständigkeit“<br />
unterscheidet uns wohl am radikalsten<br />
von allen anderen „Orden“ der<br />
katholischen Kirche. Anders ausgedrückt:<br />
Als Benediktiner braucht man immer eine<br />
doppelte Berufung, nämlich einerseits die<br />
Berufung zu einem Leben der Gottsuche in<br />
Gebet, Arbeit und Lesung nach den Maßgaben<br />
der Benediktsregel und des Abtes und<br />
andererseits die Berufung zu einem ganz bestimmten<br />
Kloster, an einem ganz konkreten<br />
Ort mit einer ganz konkreten Gemeinschaft.<br />
Benediktiner kann man nie abstrakt sein,<br />
sondern man wird es erst durch eine Bindung<br />
an eine klösterliche Gemeinschaft an Ort und<br />
Stelle. Das ist die große Herausforderung,<br />
aber auch Chance, für jedes Leben als<br />
Mönch: Das jahrzehntelange Aushalten und<br />
Bleiben in einem bestimmten Kloster mit<br />
den Brüdern, die Gott auch dorthin gerufen<br />
hat. Wir sind die mit dem langen Atem. Da<br />
wir langfristig denken, haben wir oft große<br />
Bibliotheken, Museen, Schulen, Universitäten,<br />
aber auch große handwerkliche Betriebe<br />
und Landwirtschaft, da wir „Liebhaber des<br />
Ortes“ sind. Wir engagieren uns mit Leidenschaft<br />
für den Ort und für die Region, da die<br />
Ortswahl für uns eine ebenso kostbare Berufug<br />
ist, wie der „way of life“ der Gottsuche<br />
unter Regel und Abt.<br />
Dies ist übrigens aus ein wichtiger Grund dafür,<br />
dass es „den Benediktiner“ nicht gibt.<br />
Verschiedene Orte erfordern ganz unterschiedliche<br />
Berufungen! Leben in Frankreich<br />
zum Beispiel viele Klöster ein Leben der<br />
Gottsuche mit einer stark monastisch-kontemplativen<br />
Ausrichtung, mit großem Gebets -<br />
pensum, wissenschaftlicher Forschung und<br />
Foto: privat<br />
handwerklicher Tätigkeit, so findet man in<br />
Österreich oft eine stärkere monastisch-pastorale<br />
Schwerpunktsetzung mit großem<br />
Seelsorgeengagement in den Pfarren, die den<br />
Klöstern anvertraut sind. In Asien dominiert<br />
wiederum ein eher monastisch-missionarischer<br />
Stil. Alles diese Stile sind jedoch gut<br />
„monastisch“, also „mönchisch“. Die jeweiligen<br />
Ortserfordernisse gehören eben fundamental<br />
zu einem benediktinischen Leben. So<br />
ist es eben auch gut benediktinisch, dass wir<br />
Jerusalemer Benediktiner stark im innerchristlich-ökumenischen<br />
Dialog und im interreligiösen<br />
Dialog engagiert sind und dass<br />
wir viel Zeit und Energie in die Pilgerseelsorge<br />
investieren: Das ist eben unsere Berufung<br />
und wesentlicher Teil unserer Gottsuche<br />
am Geburtsort des Christentums!<br />
Der Autor: Cbr P. Dr. Nikodemus Claudius Schnabel OSB (Ad), geboren 1978<br />
in Stuttgart, Studien der Theologie in Fulda, München, Münster, Jerusalem und<br />
Wien. 2003 trat er in die internationale deutschsprachige Benediktinerabtei<br />
Dormitio Beatae Mariae Virginis auf dem Berg Zion in Jerusalem ein. 2009 wurde<br />
er dort zum Diakon und 2013 zum Priester geweiht. Unter anderem leitet er<br />
seit 2011 das ostkirchenkundlich ausgerichtete Jerusalemer Institut der Görres-<br />
Gesellschaft, ist Seelsorger für alle deutschsprachigen Katholiken in Israel und Palästina und Pressesprecher<br />
seines Klosters. Seit 1998 ist er Mitglied der KDStV Adolphiana Fulda und seit 2002 der KDStV<br />
Vindelicia München. Kürzlich wurde er mit einer liturgiewissenschaftlichen Arbeit in Wien promoviert.<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 39
Orden? Es ist Zeit<br />
Der heilige Dominikus, Gründer der Domini -<br />
kaner, vor dem Kreuz Christi im Gebet. El Greco<br />
hat das Gemälde um 1600 angefertigt.<br />
Mit Gott<br />
oder über Gott<br />
sprechen<br />
Vor 800 Jahren gründete<br />
der heilige Dominikus<br />
den Predigerorden<br />
Foto: picture alliance/akg-images<br />
40 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>
Orden? Es ist Zeit<br />
von Cbr Dr. Wolfgang Hariolf Spindler OP (F-Rt)<br />
Im Jahr 2016 wird der Predigerorden<br />
(lateinisch Ordo Fratrum Praedicatorum,<br />
Kürzel: OP) 800 Jahre alt. Eigenart, Geschichte<br />
und Gegenwart dieses klerikalen<br />
Instituts päpstlichen Rechts auf ein<br />
paar Seiten abhandeln zu wollen ist un -<br />
möglich. Ich umgehe das Problem, indem<br />
ich den Schwerpunkt auf die Gründungs -<br />
geschichte lege und dabei ein „Profil“ her -<br />
auszuschälen versuche, von dem ich glaube,<br />
daß es durch die Jahrhunderte erhalten geblieben<br />
ist (I). Während sich der Orden noch<br />
im Mittelalter festigte und in der Neuzeit<br />
weltweit entfaltete (II), steht er heute an -<br />
gesichts der demographischen und ekklesiologischen<br />
Umbrüche vor neuen Herausforderungen<br />
(III).<br />
I.<br />
DIE ANFÄNGE<br />
Der Predigerorden ist maßgeblich das Werk<br />
des heiligen Dominikus. Dieser wird kurz<br />
nach 1170 im altkastilischen Flecken Caleruega<br />
geboren. Nach dem Studium in Palencia<br />
wird er in das Domkapitel von Osma aufgenommen.<br />
Die Kanoniker bemühen sich<br />
um eine Reform im Geiste des heiligen Augustinus.<br />
Neben dessen Regel wird Dominikus<br />
drei Elemente dieser Lebensweise, geziemender<br />
Gottesdienst (Chorgebet und<br />
tägliche Eucharistie), persönliches Gebet<br />
und Studium, in seinen Orden übernehmen.<br />
Ein weiteres Charakteristikum des Predigerordens,<br />
theologisch qualifizierte Seelsorge<br />
und Predigt, geht auf Erfahrungen zurück,<br />
die Dominikus auf zwei diplomatischen Reisen<br />
sammelt. In Südfrankreich begegnet er<br />
den Irrlehren der Katharer (wohl von griechisch<br />
katharoi, die Reinen) und der Waldenser<br />
(nach Petrus Valdes, † um 1206). Er -<br />
stere trennen den guten Gott von dem des<br />
Schöpfergottes und verteufeln folglich alles<br />
Materielle und Vergängliche, mithin Ehe, Sexualität,<br />
Familie; letztere ziehen in freiwilliger<br />
Armut als selbstermächtigte Laienprediger<br />
umher und weisen kirchliche Autorität<br />
und Teile der überlieferten Lehre, etwa über<br />
die „letzten Dinge“, scharf zurück. Dominikus<br />
erkennt, daß christliche Verkündigung<br />
wesentlich auf Glaubwürdigkeit beruht. Man<br />
muß das Evangelium in seinem radikalen<br />
Anspruch – berechtigtes Anliegen der „Abweichler“<br />
– ernstnehmen. Konkret: leben<br />
„wie die Ketzer“, predigend, ohne festen<br />
Wohnsitz, in evangelischer Armut, aber als<br />
rechtgläubige Christen.<br />
Dominikus’ Plan, zu diesem Zweck eine Art<br />
professioneller Einsatzgruppe zu bilden, hätte<br />
sich früher verwirklichen lassen, wenn<br />
nicht 1208 der päpstliche Legat Pierre de<br />
Castelnau von einem Katharer ermordet<br />
worden wäre. So aber rief der Papst einen<br />
Kreuzzug gegen die auch Albigenser genannten<br />
Häretiker aus. Der Einsatz militärischer<br />
Mittel zur Durchsetzung des Glaubens<br />
erscheint aus heutiger Sicht widersprüchlich.<br />
Das Prinzip des Salus animarum (Seelenheil)<br />
reichte jedoch zur Rechtfertigung.<br />
Auch politische Motive spielten hinein.<br />
Dominikus selbst war am Albigenserkrieg<br />
der Jahre 1209 bis 1229 nicht beteiligt. Er<br />
wurde einstweilen Pfarrer in der Kleinstadt<br />
Fanjeaux bei Carcassonne. Ganz in der Nähe,<br />
in Prouille, hatte er 1206 ein Kloster für<br />
bekehrte Katharerinnen gegründet. Es besteht<br />
bis heute.<br />
Auf das Gebet der Nonnen baut Dominikus,<br />
als er im April 1215 in Toulouse eine feste<br />
Gemeinschaft gründet. Im Sommer wird<br />
sie von Bischof Fulko bestätigt. In dem<br />
Schreiben werden Dominikus und seine<br />
Gefährten als „Predigende in unserem Bi -<br />
stum“ bezeichnet, deren Vorsatz es sei, „in<br />
evangelischer Armut zu Fuß als Religiosen<br />
umherzuwandern und das Wort der<br />
evangelischen Wahrheit zu verkünden“. Was<br />
nach Amtssprache klingt, ist in Wirklichkeit<br />
eine Revolution. Erstmals in der Kirchengeschichte<br />
wird einer Klerikergemeinschaft<br />
gestattet, selbständig das Predigtamt<br />
auszuüben. Bisher ist es ein Privileg der<br />
Bischöfe (und der von ihnen ermächtigten<br />
Priester) gewesen. Nun wird die Predigt<br />
einer Gruppe von Religiosen aufgetragen,<br />
die noch dazu die Lebensweise von Häretikern<br />
übernehmen, ohne mönchische Sta -<br />
bilität.<br />
Dominikus holt noch im selben Jahr die<br />
(mündliche) Bestätigung durch Papst Innozenz<br />
III. ein. Der verlangt aber entsprechend<br />
dem Beschluß des 4. Laterankonzils (1215)<br />
die Annahme einer bewährten Ordensregel.<br />
Dominikus wählt die „elastische“ des Augustinus.<br />
Ergänzt wird diese durch die Consuetudines<br />
(Gewohnheiten) der Prämonstratenser<br />
– bei aller Mobilität ein Votum für<br />
monastische Strenge und Reformeifer. Fortan<br />
würde die Aufgabe darin bestehen, eine<br />
Synthese zwischen dem geregelten apostolisch-brüderlichen<br />
Gemeinschaftsleben nach<br />
dem Vorbild von Apg 2 und 4 (Vita apostolica)<br />
und der apostolischen Armut und Wanderpredigt<br />
gemäß Mt 9 und 10 (Regula apostolorum)<br />
zu schaffen. (Fortsetzung nächste Seite )<br />
Der heilige Thomas von Aquin, einer der größten<br />
Theologen, wenn nicht der größte überhaupt.<br />
Bartolomé de Las Casas lehrt in Lateinamerika.<br />
Er setzte sich für die Rechte der Indios ein.<br />
Dr. Robert Mehlhart (Baj) ist Kirchenmusiker an<br />
der Theatinerkirche in München.<br />
Foto: picture alliance/akg-images<br />
Foto: picture alliance / Sueddeutsche Zeitung Photo Foto: picture alliance/Isadora/Leemage<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 41
Orden? Es ist Zeit<br />
Simon Tugwell, Der heilige Dominikus,<br />
Ed. du Signe, Straßburg 1997<br />
lesenswert<br />
Paul D. Hellmeier, Dominikus begegnen,<br />
St. Ulrich Verlag, Augsburg 2007<br />
Ulrich Horst, Zur Geschichte<br />
des Dominikanerordens,<br />
siehe http://www.dominikaner.de/themen.php<br />
Hans Conrad Zander, Kurzgefasste<br />
Verteidigung der Heiligen Inquisition, Random<br />
House, Gütersloh 2007<br />
Ders., „Dummheit ist Sünde“. Thomas von<br />
Aquin im Interview, Patmos Verlag,<br />
Düsseldorf 2009<br />
Provinz Teutonia:<br />
www.dominikaner.de<br />
Süddeutsch-Österreichische Provinz:<br />
http://www.dominikaner.org<br />
Kontakt<br />
Als Papst Innozenz III. im Juli 1216 stirbt, ist<br />
Dominikus klar, daß er auch dessen Nachfolger,<br />
Honorius III., von seinem Predigtunternehmen<br />
überzeugen muß. Wir sehen ihn<br />
von da an mehrmals zu Fuß über die Alpen<br />
ziehen und in Rom eine Vielzahl von Bullen<br />
erwirken, die dem Orden Rechtssicherheit<br />
geben und Privilegien einräumen. Die päpstliche<br />
Bestätigung erfolgt am 22. Dezember<br />
1216. Den Durchbruch erzielt die Bulle vom<br />
21. Januar 1217. In ihr wird das päpstliche<br />
Mandat auf die ganze Christianitas ausgeweitet.<br />
Vor allem aber werden die Brüder<br />
nicht mehr nur als „Predigende“, sondern als<br />
„Prediger“ bezeichnet. Der Papst befiehlt (!)<br />
ihnen, „zum Nachlaß der Sünden“ zu pre -<br />
digen. Nicht der Stand des Religiosen verheißt<br />
Sühne und ewigen Lohn, vielmehr erst<br />
die Erfüllung eines spezifischen Auftrags,<br />
von dem her sich die neue Gemeinschaft<br />
definiert.<br />
„Aufgehäuftes Korn verdirbt, aber wenn<br />
man es aussät, wird es fruchtbar.“ Im August<br />
1217 sendet Dominikus mit dieser Begründung<br />
den größeren Teil der Brüder aus. Mit<br />
Paris und Bologna sind vor allem Zentren<br />
des intellektuellen Lebens angepeilt. Predigt<br />
und Wissenschaft sollen in eins fallen. Scharen<br />
von Professoren und Studenten schließen<br />
sich der jungen Bewegung an, darunter der<br />
renommierte Kanonist Reginald von Orléans<br />
(† 1220). Zum Prior in Bologna gewählt, bewegt<br />
er durch Beredsamkeit und Lebensführung<br />
zahllose Gebildete zum Eintritt; ebenso,<br />
als er nach Paris wechselt. Jordan von<br />
Sachsen († 1237), ab 1222 Nachfolger des<br />
Dominikus als Ordensmeister, vor seinem<br />
Eintritt (1220) glänzender Linguist und Baccalaureus<br />
an der Universität, ist einer von ihnen.<br />
Der tut es Reginald gleich. In seiner<br />
fünfzehnjährigen Amtszeit nimmt Jordan unzählige<br />
Novizen auf und gründet mehr als<br />
300 Konvente in Europa, Afrika und Asien.<br />
Sein größter „Fang“ gelingt ihm mit Albert<br />
von Lauingen († 1280), schon zu Lebzeiten<br />
„der Große“ genannt, der dann als Wegbereiter<br />
der Aristoteles-Rezeption, Kirchen -<br />
lehrer und Lehrer von Thomas von Aquin<br />
(† 1274) in die Geschichte eingegangen ist.<br />
II.<br />
THEOLOGISCHE<br />
KONSOLIDIERUNG<br />
IM MITTELALTER<br />
Bis zum Jahr 1277 sind 405 Konvente entstanden,<br />
1309 gibt es bereits 590. Es scheint,<br />
als wiederhole sich die Apostelgeschichte.<br />
Die „Ältesten Satzungen“ von 1220 lösen<br />
den Spagat zwischen Wanderpredigt und<br />
Klosterobservanz durch ein System von Dispensen.<br />
Noch heute gilt: Wer einem Predigtauftrag<br />
nachkommt, ist von anderen Verpflichtungen<br />
befreit. Anders als etwa ein<br />
Benediktiner muß ein Dominikaner nicht<br />
„alles stehen und liegen lassen“, wenn die<br />
Glocke zum Gebet läutet. Die Dispens soll<br />
die Balance zwischen actio und contemplatio<br />
wahren. Die Novizen sind gehalten, „bei<br />
Tag und Nacht, zu Hause und auf Reisen<br />
ständig etwas zu lesen oder zu überdenken“.<br />
Bis heute wird man kaum einen Dominikaner<br />
antreffen, der nicht gerade ein Buch liest.<br />
Auch der Wahlspruch des am 6. August 1221<br />
gestorbenen und 1234 heiliggesprochenen<br />
Dominikus, (stets) „mit Gott oder von Gott<br />
sprechen“, findet sich in dem Regelwerk.<br />
Die Grundstruktur dieses „Ordens der religiösen<br />
Intelligenz“ (H. C. Zander) liegt seitdem<br />
fest. Dazu gehört ein ausgeklügeltes, im wesentlichen<br />
bis heute geltendes Prioren- und<br />
Wahlsystem. Obere werden nur auf Zeit gewählt.<br />
Für die Entlastung des Gewissens und<br />
die innere Freiheit eines Dominikaners ist,<br />
neben der Dispens, von großer Bedeutung,<br />
daß ihn die Ordensgesetze „non sub peccato,<br />
sed poena – nicht unter Sünde, sondern (nur)<br />
unter Strafe“ binden. All dies wurde in den<br />
Jahrzehnten nach Dominikus theologisch<br />
weiter reflektiert, untermauert, verfeinert.<br />
Die theologische Festlegung des Ordens ist<br />
eng mit dem Namen seines wohl bedeutendsten<br />
Mitglieds, Thomas von Aquin, verbunden.<br />
Nicht nur hat seine Theologie im wahrsten<br />
Sinne Schule gemacht und bis in die<br />
zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts hinein sowohl<br />
den Orden als auch die Lehre der Kirche<br />
insgesamt bestimmt. Dem heiligen Thomas<br />
ist auch zu verdanken, daß der Orden<br />
seinen zunächst auf die kirchliche Praxis zielenden<br />
Verkündigungsdienst schon bald als<br />
allgemeinen philosophisch-theologischen<br />
Lehrauftrag verstand. Diese Umorientierung<br />
von der Kirchen- zur Lehrkanzel hat in Paris<br />
seinen Ausgang genommen, wo Thomas ab<br />
1252 an der Universität lehrt. Im „Mendikantenstreit“<br />
verteidigt er das Recht von Bettelordensangehörigen,<br />
akademisch zu lehren,<br />
so überzeugend, daß sich der Konflikt<br />
Das Dominikanerkloster Santa Maria da Vitoria<br />
von Batalha in Portugal.<br />
Foto: picture alliance/Arco Images<br />
42 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>
Orden? Es ist Zeit<br />
Der heilige Dominikus zu Füßen des Kreuzes.<br />
Der Maler Fra Angelico war auch Dominikaner.<br />
einstweilen löst und der Orden ein Selbstverständnis<br />
gewinnt, das nicht weniger prägend<br />
wirkt wie seine ausgefeilte juridische<br />
Verfassung.<br />
Nicht übergangen werden soll, daß nach Einführung<br />
der päpstlichen Inquisition durch<br />
Gregor IX. (1231) einzelne Brüder aus dem<br />
Prediger-, aber auch aus dem etwa gleich alten<br />
Franziskanerorden mit dem Amt eines Untersuchungsrichters<br />
betraut werden. Die von Anfang<br />
an bestehende Nähe zum Papsttum, die<br />
fehlende Stabilitas loci, nicht zuletzt die solide<br />
Ausbildung machen die der veritas besonders<br />
verpflichteten Dominikaner wie prädestiniert<br />
dafür. Ihr schwarz-weißer Habit, das<br />
Wortspiel von den Domini canes („Hunde<br />
Gottes“), vor allem aber die einseitigen (nach-)<br />
reformatorischen Polemiken und Legenden<br />
tragen dazu bei, daß der Predigerorden bis heute<br />
mit „der Inquisition“ identifiziert wird. Unter<br />
Rechtshistorikern gilt freilich seit langem<br />
als ausgemacht, daß der Inquisitionsprozeß<br />
mit seinem Streben nach dem materiellen<br />
Wahrheitsbeweis ein großer Fortschritt war.<br />
Konnten die Dominikaner im „Armutsstreit“<br />
mit den Minderbrüdern unter Papst Johannes<br />
XXII. († 1334) den Sieg davontragen, unterlagen<br />
sie hundert Jahre später in der Frage<br />
der „Unbefleckten Empfängnis“ Mariens, einer<br />
„neuen Meinung“, die von Albert und<br />
Thomas zurückgewiesen worden war, die<br />
aber auf dem – freilich nicht als ökumenisch<br />
anerkannten Baseler Konzil – 1439 definiert<br />
und von dem Franziskanerpapst Sixtus IV.<br />
1476 als Fest liturgisch vorgeschrieben wurde.<br />
Die Niederlage war perfekt, als diese<br />
Lehre 1854 zum Dogma erhoben wurde. Innere<br />
Krisen kamen hinzu. Von einem allgemeinen<br />
„Verfall“ im Spätmittelalter kann<br />
freilich nicht die Rede sein. Gerade die Phase<br />
des 14./15. Jahrhunderts brachte, zumal in<br />
Italien, wichtige Reformen hervor. Heilige<br />
wie Katharina von Siena († 1388) aus einem<br />
Foto: picture-alliance/akg-images/Orsi Battaglini<br />
der weiblichen Zweige des Ordens, Fra Angelico<br />
(† 1455), Antonin von Florenz (†<br />
1459), auch Girolamo Savonarola († 1498)<br />
gehören in diese Epoche. Auch die deutsche<br />
Mystik um Dominikaner wie Meister Eckhart<br />
(† 1328), Johannes Tauler († 1361),<br />
Heinrich Seuse († 1366) wirkte nach.<br />
Solche Erneuerungsimpulse konnten freilich<br />
nicht verhindern, was über den Orden wie<br />
die Kirche insgesamt in der ersten Hälfte des<br />
16. Jahrhunderts mit solcher Wucht hereinbrach,<br />
daß binnen kurzem ganze Ordensprovinzen<br />
von der Landkarte gefegt wurden: die<br />
Reformation! Entscheidend für oder gegen<br />
den Fortbestand der Klöster war dabei das<br />
obrigkeitliche Ius reformandi. Selbstauflösungsprozesse<br />
gab es so im Predigerorden<br />
nicht, allerdings Aus- und Übertritte. Nach<br />
1600 setzte ein Wiederaufschwung ein, vor<br />
allem in den romanischen Ländern. Der spanische<br />
Thomist Francisco de Vitoria († 1546)<br />
begründete das moderne Völkerrecht und<br />
verteidigte die natürlichen Rechte der Indios.<br />
Die „neue Welt“ brachte auch neue Brüder.<br />
1720 gab es weltweit an die 30.000 Mitglieder,<br />
so viele wie nie mehr wieder. Aufklärung<br />
und Staatskirchentum, Französische<br />
Revolution und Säkularisation, neue Klosteraufhebungen,<br />
aber auch gelungene Reorganisationen<br />
im 19. Jahrhundert (nicht zuletzt<br />
durch den päpstlich geförderten<br />
„Neuthomismus“), zwei Weltkriege und die<br />
mit dem Vaticanum II verbundenen Umwälzungen<br />
des 20. Jahrhunderts bestimmten die<br />
letzten 300 Jahre.<br />
III.<br />
HERAUSFORDERUNGEN<br />
HEUTE<br />
Mit etwa 5.750 Mitgliedern (davon 4430<br />
Priester) in knapp 600 Niederlassungen<br />
(Stand: 2009) gehört der Predigerorden zahlenmäßig<br />
zum Mittelfeld der weltweit agierenden<br />
Orden. Hinzu kommen ca. 2500<br />
Klausur- und 26.000 apostolisch tätige<br />
Foto: privat<br />
Schwestern sowie rund 140.000 Mitglieder<br />
der „Dominikanischen Laiengemeinschaft“.<br />
Zwar ist die Phase des postkonziliaren Massenaustritts<br />
(meist infolge überzogener Erwartungen)<br />
und der Flaute in den 1970er und<br />
1980er Jahren überwunden, in Europa bleibt<br />
jetzt aber – im Gegensatz zu anderen Kontinenten<br />
mit erfreulicher Entwicklung – der<br />
Nachwuchs oft deshalb aus, weil es kaum<br />
mehr kinderreiche, statt dessen zunehmend<br />
„Patchwork“-Familien mit teils nur schwacher<br />
Kirchenbindung gibt. Niederlassungen<br />
werden geschlossen, verkauft. Wo sie gehalten<br />
werden, häufig um den Preis, daß die<br />
Kräfte da fehlen, wofür der Orden einst gegründet<br />
wurde. So spielen die Dominikaner<br />
an den europäischen Hochschulen derzeit eine<br />
nur untergeordnete Rolle. Auf die Schwächung<br />
der Kategorie der Wahrheit und des<br />
Arguments infolge des iconic turn und der<br />
Ästhetisierung aller Lebensbereiche hat der<br />
Orden noch keine überzeugende Antwort gefunden.<br />
Akademisch begabte Brüder verschleißen<br />
sich in der allgemeinen Seelsorge,<br />
die sich von der des Diözesanklerus kaum<br />
unterscheidet. Mehrfachbelastung, Tribute<br />
an das „heilige“ Gemeinschaftsleben lassen<br />
sie gegenüber „weltlichen“ Konkurrenten ins<br />
Hintertreffen geraten. Bei der Rekrutierung<br />
von Novizen scheut man die Elitenbildung<br />
und fischt, wie fast alle Orden, zu sehr im<br />
kleinbürgerlichen Milieu.<br />
Dabei hat der Orden nach wie vor viel zu geben.<br />
Junge Menschen streben nach Bildung<br />
und ethischer Orientierung, nach Spiritualität<br />
und Mystik, nach liturgischen Erfahrungen<br />
und Idealen. Thomas von Aquin und<br />
aristotelisches Denken sind wieder gefragt;<br />
der Predigerorden sollte sich in diesem Bereich<br />
neu qualifizieren. Zumal im deutschen<br />
Sprachraum war er für seine thomistischen<br />
Sozialethiker bekannt. Die Dominikaner verfügen<br />
jedenfalls über reiche Schätze und eine<br />
humane Verfassung. Mit der Gottesmutter als<br />
Patronin und achthundertjähriger Erfahrung<br />
werden sie den Weg in die Zukunft finden.<br />
[Der Beitrag ist eigens in der bewährten Rechtschreibung<br />
gehalten.]<br />
Der Autor: Dipl.-Jur. Univ. Pater Dr. Wolfgang Hariolf Spindler (F-Rt) gehört<br />
dem Dominikanerorden an. Er ist Präsident der Stiftung Professor Dr. Arthur<br />
F. Utz in Freiburg/Schweiz, Stellvertretender Vorsitzender des Instituts<br />
für Gesellschaftswissenschaften Walberberg in Bonn und Redakteur der sozialethischen<br />
Zeitschrift „Die Neue Ordnung“. Auch leidenschaftliches Mitglied<br />
der K.a.V. Marco-Danubia zu Wien, wirkt er in München als Prediger an<br />
der Theatinerkirche und als Seelsorger seiner Bandverbindung, der K.D.St.V. Trifels.<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 43
Orden? Es ist Zeit<br />
Eine starke<br />
Gemeinschaft<br />
von Freunden im Herrn<br />
Jesuiten sehen sich als zu den Menschen gesandt –<br />
in ihren Nöten und Sehnsüchten<br />
von P. Marc-Stephan Giese SJ (UV)<br />
44 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>
Orden? Es ist Zeit<br />
Als am 13. März 2013 der Jesuit Jorge<br />
Mario Kardinal Bergoglio, nunmehr<br />
als Papst Franziskus, die Loggia des<br />
Petersdomes betrat, begann für seinen<br />
Orden, der sich selbst als die Gesellschaft<br />
Jesu bezeichnet, eine neue Erfahrung:<br />
Der Nachfolger Petri, dem die Jesuiten in besonderer<br />
Weise verpflichtet sind, ist das erste<br />
Mal einer von ihnen. Dabei sind die Jesuiten<br />
bis heute der zahlenmäßig größte Männerorden<br />
mit 16.740 Mitgliedern (1. Januar <strong>2015</strong>),<br />
die sich in 77 Provinzen und zehn Regionen<br />
rund um den Erdball ad maiorem Dei gloriam<br />
für den Glauben und die Gerechtigkeit<br />
einsetzen. In der deutschen Provinz sind es<br />
zurzeit 375 Jesuiten (davon etwa 25 in Dänemark<br />
und Schweden), die in großer Vielfalt<br />
ganz unterschiedlichen Tätigkeiten nachgehen<br />
und doch auch ohne gemeinsames Chorgebet<br />
oder verbindenden Ordenshabit eine<br />
starke Gemeinschaft von Freunden im Herrn<br />
darstellen.<br />
Angefangen hat alles mit dem baskischen<br />
Adligen Ignatius von Loyola, dessen hochtrabende<br />
Träume von Ruhm und Ehre durch<br />
eine französische Kanonenkugel während der<br />
aussichtslosen Verteidigung der Stadt Pamp -<br />
lona zerstört wurden. Die lange Zeit der<br />
Konvaleszenz muss Ignatius, der das Lesen<br />
von Ritterromanen gewöhnt war, mit dem<br />
Lesen von Heiligenlegenden und einer Evangelienharmonie<br />
zubringen, so dass sich seine<br />
Lebensträume langsam, aber sicher wandeln.<br />
Er lernt langsam und aus eigener Erfahrung<br />
die Geister zu unterscheiden. Nicht mehr zu<br />
seiner eigenen Ehre, sondern zur größeren<br />
Ehre Gottes will er nun leben. Auch wenn<br />
sein äußerer und sein innerer Weg noch lange<br />
nicht zu Ende sind – er wird allein und zu<br />
Fuß nach Jerusalem und zurück gehen – ist<br />
hier doch ein Anfang gesetzt für vieles, was<br />
im Leben des Ordens bis heute von größter<br />
Bedeutung ist. Ignatius wird auf seinem wei-<br />
Die Jesuiten versuchten auch durch Architektur<br />
für den katholischen Glauben zu gewinnen. Im<br />
Bild: die Studienkirche der Jesuiten in Dillingen.<br />
In der schwäbischen Stadt hatten sie die erste<br />
Jesuiten-Universität im Reich und unterhielten<br />
ein Kolleg.<br />
Foto: picture alliance/Florian Monheim/www.bildarchiv<br />
[Kasten; vielleicht könnte man den Kasten<br />
etwas schöner gestalten] Ausbildung<br />
Noviziat<br />
2 Jahre<br />
Philosophie<br />
3 Jahre<br />
Praktikum (häufig in Schule)<br />
2 Jahre<br />
Theologie<br />
3 Jahre<br />
Pastoralpraktikum 1 Jahr<br />
Spezialstudium 2 – n Jahre<br />
Tertiat<br />
1 Jahr<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 45
Orden? Es ist Zeit<br />
teren Weg die Bedeutung des Studiums ebenso<br />
kennenlernen wie die Wichtigkeit echter<br />
Gefährtenschaft. Sein Fühlen mit der Kirche<br />
wird wachsen und auch sein Wunsch, anderen<br />
geistlich beizustehen. Schon bei seinem<br />
Tod 1556 hat der Orden mehr als tausend<br />
Mitglieder, die sich dem animas iuvare (den<br />
Seelen helfen) verschrieben haben.<br />
Die Schwerpunkte des Ordens sind – trotz zeitweiser<br />
Auflösung und fundamentaler Veränderungen<br />
– im Grunde die gleichen geblieben:<br />
solide Ausbildung in Schulen und Universitäten,<br />
geistliche Tiefe in den Exerzitien, einladende<br />
Verkündigung des Evangeliums und<br />
aufopfernder Einsatz für die Gerechtigkeit.<br />
SCHULEN UND<br />
HOCHSCHULEN<br />
In Verantwortung der Jesuiten der deutschen<br />
Provinz sind zurzeit vier Schulen, drei davon<br />
in Deutschland (St. Blasien, Berlin und Bad<br />
Godesberg) und eine in Prizren im Kosovo.<br />
In diesen Schulen – aber auch in vielen anderen<br />
Schulen in ignatianischer Tradition –<br />
zeigt sich das Profil des Jesuitenordens insbesondere<br />
in der ignatianischen Pädagogik,<br />
die die Jesuitenschulen als Orte beschreibt,<br />
an denen die Schüler und Schülerinnen ihre<br />
Würde als Mensch erfahren, an denen über<br />
die Bedeutung des Gelernten reflektiert wird,<br />
an denen die Frage nach der Gerechtigkeit<br />
gestellt und die Frage nach Gott wach gehalten<br />
wird. Auf diese Weise sollen die Schülerinnen<br />
und Schüler zu Menschen für Andere<br />
ausgebildet werden.<br />
Die Arbeit der Jesuiten an den Schulen in<br />
Deutschland ist in den Jahren seit 2010 stark<br />
von der Anerkennung und Aufarbeitung der<br />
eigenen und strukturellen Verantwortung an<br />
den schrecklichen Fällen von sexueller Gewalt<br />
durch Jesuiten geprägt gewesen. Dieser<br />
Prozess hat, nachdem er von den Opfern am<br />
Berliner Canisiuskolleg angestoßen und<br />
vom Orden vorangetrieben wurde, Diskussionen<br />
um Missbrauch und Übergriffe in der<br />
ganzen Kirche und weit darüber hinaus angestoßen.<br />
Die Aufarbeitung und die Prävention<br />
sexueller Gewalt sind auch weiterhin ein<br />
wichtiges Anliegen für den Orden speziell in<br />
Deutschland.<br />
Die Sorge um Bildung und Ausbildung beschränkt<br />
sich bei den Jesuiten nicht auf den<br />
Bereich Schule. Es gibt 189 Jesuitenuniversitäten<br />
oder Hochschulen in der Welt, davon<br />
zwei in Deutschland (Frankfurt, München)<br />
und das noch junge Newmaninstitut in Uppsala.<br />
Zu den berühmtesten Universitäten der<br />
Jesuiten zählen wohl die Gregoriana (Rom),<br />
die Georgetown University (Washington<br />
D.C.) und die Sophia-University (Tokio). An<br />
diesen Institutionen sollen – im Geiste des<br />
Ignatius – akademische Exzellenz und die<br />
Grundprinzipien ignatianischer Pädagogik<br />
miteinander verbunden werden.<br />
EXERZITIENARBEIT<br />
Der Kern des jesuitischen modus procedendi<br />
liegt ganz sicherlich in den Geistlichen Übungen.<br />
Jener Form des Gebetes, die Ignatius im<br />
Eigenversuch entwickelt hat und die bis heute<br />
die ignatianische Spiritualität zutiefst prägt.<br />
Die Vollform der Geistlichen Übungen sind<br />
die dreißigtägigen Exerzitien, die jeder Jesuit<br />
am Anfang (im Noviziat) und am Ende (im<br />
sogenannten Tertiat) seiner Ausbildung<br />
macht. Dabei zieht er sich, begleitet vom<br />
Exerzitienmeister, in die Stille zurück, um in<br />
vier „Wochen“ genannten Phasen zuerst<br />
(erste Woche) die eigene Beschaffenheit als<br />
Mensch (geschaffen zur Ehre Gottes, gefallen<br />
in Schuld und Sünde) zu betrachten, um<br />
dann in der zweiten Woche das Leben Jesu<br />
als Prägeform für den neuen Menschen und<br />
Rechts: der heilige Ignatius von Loyola, Gemälde von<br />
Jacopino del Conte.<br />
Unten: rollendes Kommando mit Männern der „Sturm -<br />
abteilung“ (SA) der NSDAP auf einem Lastwagen, um<br />
1933. Auch gegen Jesuiten wurde mobil gemacht.<br />
3 Fotos: picture alliance/akg-images<br />
46 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>
Orden? Es ist Zeit<br />
seine Berufung wahrzunehmen. Zentral ist<br />
in dieser zweiten Woche auch die Wahl, in<br />
der man durch Unterscheidung der Geister<br />
zu einer freien und verantworteten Lebensentscheidung<br />
kommen kann. Diese Entscheidung<br />
wird dann an der Passion (dritte<br />
Woche) und der Auferstehung (vierte Woche)<br />
gefestigt.<br />
Neben dieser Langform der Exerzitien haben<br />
sich mehrere kürzere Formate entwickelt, die<br />
häufig als achttägige Exerzitien oder als<br />
Exerzitien im Alltag für viele Menschen in<br />
der Kirche ein wichtiger Teil der eigenen<br />
geistlichen Entwicklung geworden sind. Dabei<br />
ist die Vielfalt der Formen und Angebote<br />
sehr groß, so dass sich wohl für jeden ein<br />
passendes Exerzitienangebot finden lässt.<br />
GLAUBENSVERKÜNDIGUNG<br />
Der Einsatz für den Glauben mag bei den Jesuiten<br />
früherer Zeiten weiter verbreitet gewesen<br />
sein, aber auch heute noch sind viele<br />
Jesuiten mit der direkten Verkündigungsarbeit<br />
beschäftigt. Und das sowohl in den klassischen<br />
Missionsgebieten wie auch in den<br />
Gebieten, die einer neuen Evangelisierung<br />
bedürfen. Als Beispiel soll hier das pastorale<br />
Engagement in der sogenannten Citypastoral<br />
angeführt werden. In Städten wie Nürnberg,<br />
München, Göttingen und auch Stockholm<br />
arbeiten die Jesuiten in zentral gelegenen<br />
Kirchen und versuchen dabei, die Spannung<br />
zwischen klassischer Pastoral und neuen,<br />
einladenden Formen von Auseinandersetzung<br />
mit dem christlichen Glauben zu halten.<br />
In Einzelseelsorge, mit Events und mit<br />
Kursen werden dabei einige Menschen zum<br />
Glauben (zurück)geführt.<br />
EINSATZ FÜR DIE<br />
GERECHTIGKEIT<br />
Allein der Schwerpunkt, für die Menschen am<br />
Rand dazu sein, war nicht in allen Zeiten des<br />
Ordens so ausgeprägt wie heute. Speziell seit<br />
dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-<br />
1965) hat das Bewusstsein, eben genau an<br />
diese Grenzen gerufen zu sein, für den Jesuitenorden<br />
stark geprägt. Dabei ist vor allem<br />
der damalige Jesuitengeneral Pedro Arrupe<br />
zu nennen, der diese Entwicklung maßgeblich<br />
vorangetrieben hat. Der Jesuit Refugee<br />
Service (JRS) ist dabei zur größten Initiative<br />
des Ordens geworden. Gegründet als Reaktion<br />
auf das Leid der vietnamesischen Boatpeople,<br />
setzt sich der JRS heute in über 60<br />
Ländern für die Belange der Flüchtlinge ein.<br />
Die Gesellschaft Jesu steht auch im 21. Jahrhundert<br />
vor großen Herausforderungen: Die Provinzen<br />
in Europa und Amerika schrumpfen, Asien<br />
und Afrika sind die Zukunft des Ordens; die<br />
großen Fragen der Kirche müssen auch innerhalb<br />
einer so großen und so weiten Gemeinschaft<br />
diskutiert werden (und dies ist nicht immer<br />
einfach); die Not und Sehnsucht der Menschen<br />
schließlich, zu denen sie gesandt sind, drängt<br />
die Jesuiten zu immer neuen Apostolaten.<br />
Ursprung und Geschichte des Ordens, aber<br />
auch die heutige Situation von Gesellschaft<br />
und Kirchen verpflichten und inspirieren die<br />
Gefährten in der Gesellschaft Jesu.<br />
Foto: privat<br />
Der Autor: P. Marc-<br />
Stephan Giese SJ,<br />
geboren 1978, arbeitet<br />
als Studentenseelsorger<br />
in Stockholm.<br />
Nach Studien<br />
in Philosophie und Theologie sowie pastoralen<br />
Einsätzen in Frankfurt, Cochabamba (Bolivien),<br />
Nürnberg, Rom und Bonn wurde er<br />
2014 in den Norden gesandt. Er gehört der<br />
Unitas-Rhenania zu Bonn an.<br />
Links: Bis heute trägt der Jesuitenorden das Gepräge seines<br />
Gründers, des Basken Ignatius von Loyola. Er entwickelte ein<br />
Modell der Frömmigkeit in der Neuzeit, die Exerzitien.<br />
Unten: Prozession zum Gedenken an die Ermordung von sechs<br />
Jesuiten am 16. November 1989 in San Salvador.<br />
Foto: picture alliance/dpa<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 47
Orden? Es ist Zeit<br />
Pallottinisch geprägter<br />
Gottesdienst in Rom – im<br />
Hintergrund das Gemälde<br />
des heiligen Vinzenz von<br />
Oskar Kokoschka.<br />
Alle – und<br />
gemeinsam<br />
Fotos: privat<br />
Die Pallottiner und die Idee des heiligen Vinzenz Pallotti<br />
vom Apostelsein aller Getauften<br />
von Cbr P. Björn Schacknies SAC (HR-M)<br />
Die Geschichte der Pallottiner beginnt<br />
im Grunde mit einem Buch. Mit einem<br />
Buch, das für den Irak bestimmt<br />
ist. Vinzenz Pallotti (1795-<br />
1850) hatte über seinen aus dem Irak<br />
stammenden Freund Thomas Alkuschi, Professor<br />
für orientalische Sprachen am Propagandakolleg<br />
in Rom, von den Nöten der<br />
„chaldäischen Christen“ gehört. Zur Verlebendigung<br />
ihres Glaubens hatte sich Pallotti<br />
zum Ziel gesetzt, ihnen 10.000 Exemplare eines<br />
Buchs des heiligen Alfons Maria von Liguori<br />
mit dem schönen Titel „Die ewigen<br />
Wahrheiten“ zukommen zu lassen. Einer seiner<br />
engsten „Verbündeten“, der geschäftstüchtige<br />
Kaufmann Giacomo Salvati, sollte<br />
durch seine Kontakte das zum Druck notwendige<br />
Geld beschaffen helfen. Die „Bettelaktion“<br />
Salvatis verlief so erfolgreich,<br />
dass nach dem Druck des arabischen Buchs<br />
noch eine größere Summe an Geld übrig<br />
blieb, zu dessen Verwaltung Vinzenz Pallotti<br />
einen kleinen Verein gründete. Letztlich ist<br />
das die Geburtsstunde der Vereinigung des<br />
katholischen Apostolats, aus der später die<br />
Pallottiner hervorgehen sollten.<br />
Von Anfang an sahen sich die Pallottiner als<br />
Teil eines größeren und umfassenden Gesamtwerkes,<br />
der Vereinigung des Katholischen<br />
Apostolates (heute meist kurz „Unio“<br />
genannt), entsprechend einer Vision Vinzenz<br />
Pallottis vom 9. Januar 1835, die er selbst als<br />
Auftrag Gottes zur Gründung eines dreifachen<br />
Apostolatswerkes verstand: zur Verbreitung<br />
des Glaubens unter den Nichtchristen,<br />
zur Belebung des Glaubens unter den<br />
Katholiken und zur tätigen Nächstenliebe.<br />
Vinzenz Pallotti wird in eine turbulente Zeit<br />
hineingeboren. Sein Leben spannt sich aus<br />
zwischen der Französischen Revolution und<br />
der europäischen Revolution von 1848/49.<br />
Am 21. April 1795 erblickt Vinzenz Pallotti<br />
in Rom das Licht der Welt – und wird sein<br />
ganzes Leben in dieser Stadt, im Herzen der<br />
Weltkirche verbringen. Pallotti wächst mitten<br />
ins Chaos hinein. Es gibt keine sichere<br />
Ordnung mehr. Kirche und Kirchenstaat<br />
Auch in Afrika gibt es<br />
zahlreiche Aktivitäten<br />
der Pallottiner.<br />
www.pallottiner.org<br />
www.pallotti.de<br />
www.pthv.de<br />
informationen<br />
Literatur<br />
Vreni Merz, Vinzenz Pallotti. Ein leidenschaftliches<br />
Leben, München 2012<br />
schwanken unter den Anfragen und Bedrohungen<br />
von Aufklärung und Revolution.<br />
Rom selber ist ein Moloch, in dem der Großteil<br />
der Bevölkerung im Elend lebt. Vinzenz<br />
wird in dieser Stadt Priester, seiner schwachen<br />
Gesundheit zum Trotz. Bei aller äußerlichen<br />
und inneren Gebrechlichkeit<br />
ist er getragen von einer<br />
Gewissheit: Gott liebt ihn. Er<br />
macht die Erfahrung vom „Gott<br />
der unendlichen Liebe“„ (so der<br />
Titel seines Hauptwerks). Sein<br />
ganzes Leben ist fortan eine einzige<br />
Sehnsucht nach diesem Gott.<br />
So wird er ein Rastloser, der den<br />
Menschen, die mit und um ihn<br />
herum leben, ein Liebeswerber<br />
Gottes wird. Um Jugendliche<br />
ohne Ziel und Arbeit, um Waisen,<br />
um Häftlinge, um Kranke<br />
48 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>
Orden? Es ist Zeit<br />
und Soldaten sorgt er sich. Allen, die keine<br />
Hoffnung haben, schenkt Vinzenz Pallotti<br />
seine Zuwendung, will ihnen zeigen, dass sie<br />
Gottes geliebte Kinder sind. Er fordert her -<br />
aus, provoziert mitunter. Er zieht den Hut<br />
auch vor den „kleinen Leuten“, um mit ihnen<br />
ins Gespräch zu kommen, lässt sich nicht,<br />
wie damals üblich, die Hand küssen, sondern<br />
reicht stattdessen ein Marienbildchen zur<br />
Verehrung dar. Pallotti nutzt jede sich ihm<br />
bietende Möglichkeit, um Menschen zusammenzubringen,<br />
sie zu<br />
Christus zu führen und<br />
ihnen die Schönheit des<br />
Glaubens aufzuzeigen.<br />
Obwohl er sich verausgabt,<br />
kann er allein nicht<br />
allen alles werden: Er<br />
braucht Helfer, die ihn<br />
unterstützen. Und das<br />
kann für ihn jeder. Denn<br />
der Mensch ist geschaffen nach Gottes Abbild<br />
(vgl. Gen 1). Dies schenkt dem Menschen<br />
eine unbeschreibliche Würde. Aufgrund<br />
dessen hat jeder Mensch die Pflicht,<br />
aber auch das Recht, am Aufbau des Reiches<br />
Gottes mitzuwirken. Jeder Mensch soll den<br />
Glauben verkünden und die Liebe entzünden<br />
– nicht nur der Klerus und die Ordensleute.<br />
Jeder soll Zeugnis geben vom Gott der unendlichen<br />
Liebe. Für Pallotti kann jeder<br />
Apostel sein, indem „er mit seinen Talenten,<br />
seiner Bildung, seinen Beziehungen, seinem<br />
Beruf und Handwerk, seinem Wort, mit seinem<br />
Vermögen und irdischen Gütern oder<br />
wenigstens mit seinem Gebet nach Kräften<br />
mithilft, dass der Glaube an Jesus Christus<br />
in der ganzen Welt verbreitet werde.“<br />
Der Kreis der Menschen um Pallotti wird so<br />
allmählich größer, wird zu einer Gemeinschaft:<br />
aus allen Schichten, Männer und<br />
Frauen, es bildet sich eine Schwesterngemeinschaft<br />
(die Pallottinerinnen) und dann<br />
später auch eine Priester- und Brüdergemeinschaft,<br />
die Pallottiner, alle verbunden in<br />
der Vereinigung des katholischen Apostolates.<br />
Völlig entkräftet stirbt Vinzenz Pallotti<br />
mit 55 Jahren am 22. Januar 1850 in Rom.<br />
Hundert Jahre später spricht ihn Papst Pius<br />
XII. selig, 1963 wird Vinzenz Pallotti von<br />
Papst Johannes XXIII. zu Beginn des Zweiten<br />
Vatikanischen Konzils heiliggesprochen.<br />
Einige Monate zuvor hat er über 300 in Rom<br />
versammelten Spiritualen von Priesterseminaren<br />
mit auf den Weg gegeben: „Wie gut<br />
verstand er [Vinzenz Pallotti] es, die geistliche<br />
Leitung der jungen Theologiestudenten<br />
(…) mit der Gründung der Gesellschaft des<br />
In eine<br />
turbulente<br />
Zeit<br />
hineingeboren<br />
Katholischen Apostolates zu verbinden! Mit<br />
diesem Werk gab er in Rom die ersten Anstöße<br />
zur eigentlichen Katholischen Aktion,<br />
deren Blüte und deren Eifer für die wahre<br />
und große Aufgabe, die moderne Gesellschaft<br />
mit dem Geiste des Evangeliums zu<br />
durchdringen, Unsere Bewunderung hervorruft.<br />
Dieser ausgezeichnete Priester widmete<br />
seine ganze Tätigkeit der Heiligung des Klerus<br />
und der Verteidigung und Erhaltung des<br />
Glaubens sowie der Verbreitung der tätigen<br />
Liebe unter den Katholiken,<br />
wovon seine Schriften<br />
Zeugnis geben. Beide,<br />
Glaube und Liebe,<br />
wollte er in der ganzen<br />
Welt verbreiten, damit<br />
bald eine Herde und ein<br />
Hirte werde.“<br />
Weltweit sind heute auf<br />
allen Kontinenten etwa<br />
2500 Pallottiner in den Spuren Pallottis unterwegs.<br />
In Deutschland wirken sie in den<br />
unterschiedlichsten Bereichen. Vor allem der<br />
Verbindung von Glaubensrechenschaft und<br />
Weltverantwortung dient die ordenseigene<br />
Hochschule im Universitätsrang (Promotions-<br />
und Habilitationsrecht) mit zwei Fakultäten<br />
(Theologie und Pflegewissenschaft) in<br />
Vallendar, an die verschiedene Institute angeschlossen<br />
sind. Am bekanntesten dürfte<br />
das Kardinal-Walter-Kasper-Institut sein,<br />
das sich zum Ziel setzt, die Theologie und<br />
das kirchliche Engagement Kardinal Kaspers<br />
(AlSt) für die kommenden Generationen<br />
zu sichern und zu erforschen. Darüber<br />
hinaus wirken Pallottiner in Schulen und Jugendbildungseinrichtungen,<br />
unterhalten ein<br />
Institut, an dem Ordenspriester ihre pastoralpraktische<br />
Ausbildung erhalten können,<br />
sind in der Pfarr-, Kategorial- und Einzelseelsorge<br />
genauso wie im therapeutischen<br />
und journalistischen Bereich, in der Mission<br />
(von Deutschland aus vor allem in Kamerun<br />
und Südafrika) oder in sozialen Brennpunkten<br />
zu finden oder in Exerzitien- und Gästehäusern<br />
der Gemeinschaft tätig. Dass wir<br />
seit Jahrzehnten den Pfarrer am Frankfurter<br />
Foto: privat<br />
Stand der Pallottinischen Unio während des<br />
99. Katholikentags im Juni 2014 in Regensburg.<br />
Den heiligen Vinzenz Pallotti hat Michael Triegel,<br />
Leipzig, im Jahr 2014 gemalt.<br />
Flughafen stellen, Mitbrüder für die Arbeit<br />
in Verbänden oder in Diözesen freistellen,<br />
zeigt, dass für uns nicht in erster Linie vorrangig<br />
ist, was wir tun, sondern wie wir es<br />
tun, nämlich so, wie es uns unser Gründer<br />
vorgelebt hat: mit Herzblut für Gott und die<br />
Menschen – zur Verbreitung des Glaubens<br />
unter den Nichtchristen, zur Belebung des<br />
Glaubens unter den Katholiken und zur<br />
tätigen Nächstenliebe.<br />
Der Autor: Björn Schacknies SAC (H-RM), Jahrgang 1977, Pallottiner,<br />
Priesterweihe 2009, Kaplan in Augsburg und Wien, 2012 Schulpfarrer an zwei<br />
katholischen Gymnasien im Erzbistum Köln, 2014 Vorsitzender der Arbeits -<br />
gemeinschaft Jugendpastoral der Orden der Deutschen Ordensobernkonferenz<br />
(DOK), Programmdirektor der Pallottiner Pilgerfahrten, Verbindungsseelsorger<br />
der VKDSt Hasso-Rhenania Mainz; Geistliche Begleitung von<br />
Einzelpersonen und Gemeinschaften, Exerzitientätigkeit.<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 49
Orden? Es ist Zeit<br />
Ein Mensch<br />
mit<br />
sprudelnder<br />
Sehnsucht<br />
nach Leben<br />
Prof. Heribert Niederschlag (F-Rt)<br />
über Franz Reinisch (Le) und sein Seligsprechungsverfahren<br />
Als einziger katholischer Priester in der<br />
Wehrmacht verweigert der Pallottinerpater<br />
Cbr Franz Reinisch (Le) im Jahr<br />
1942 den Fahneneid auf Adolf Hitler.<br />
Dafür wird er zum Tode verurteilt und am<br />
21. August 1942 durch das Fallbeil in Berlin-<br />
Brandenburg hingerichtet. Im Mai 2013 wird<br />
auf Initiative der Gemeinschaft der Pallottiner<br />
in der Diözese Trier der Seligsprechungsprozess<br />
für P. Franz Reinisch eröffnet, mit<br />
Cbr Prof. P. Dr. Heribert Niederschlag SAC<br />
(F-Rt) als Postulator. Eva Djakowski, die in<br />
der Vergangenheit schon mehrere Interviews<br />
für <strong>ACADEMIA</strong> gehalten hat, besuchte und<br />
interviewte den Postulator im Reinisch-Büro<br />
an der Philosophisch-Theologischen Hochschule<br />
der Pallottiner in Vallendar (PHTV).<br />
? Pater Niederschlag, können Sie Franz Reinisch<br />
kurz vorstellen? Wer war der Mann?<br />
! Franz Reinisch war ständig auf der Suche<br />
nach seinem Weg. Er wollte das Leben, das<br />
ihm geschenkt worden war, in einer Art und<br />
Weise leben, dass er am Ende nichts zu bereuen<br />
brauchte. Zunächst wird er 1928 Priester<br />
und tritt noch im selben Jahr ins Noviziat<br />
der Pallottiner ein. Bei den Pallottinern lernt<br />
er die Schönstatt-Bewegung kennen, in der<br />
er seine geistige und geistliche Heimat findet.<br />
Klar und deutlich setzt er sich von der<br />
Nazi-Ideologie ab. Hitler ist für ihn ein Verbrecher.<br />
Franz Reinisch spricht ganz offen<br />
die Unvereinbarkeit des christlichen Glaubens<br />
mit den Vorstellungen der Nazis an. Die<br />
Gestapo wird auf Franz Reinisch aufmerksam<br />
und belegt ihn 1940 mit dem Predigtund<br />
Redeverbot. Der Vater von Franz Reinisch<br />
ist promovierter Jurist. Auch sein Sohn<br />
studiert zunächst Jura. Ihn empört das staatlich<br />
gedeckte Unrecht: die Morde im Umfeld<br />
des Röhm-Putsches und die Annexion Österreichs.<br />
Mit einem Gesetz, das am 1. August<br />
1934, also schon am Tag vor Hindenburgs<br />
Tod, verabschiedet worden war, hat Hitler<br />
das Amt des Reichskanzlers mit dem des<br />
Reichspräsidenten vereinigt. Er ist damit<br />
Oberbefehlshaber der Wehrmacht. Gleichzeitig<br />
ändert er die Eidesformel so, dass nun<br />
alle Soldaten ihren Treueschwur auf seine<br />
Person zu leisten haben und nicht mehr auf<br />
„Volk und Vaterland“. Das ist für Franz Rei-<br />
50 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>
Orden? Es ist Zeit<br />
Redeverbot, Verhaftung, Hinrichtung<br />
nisch nicht möglich. Er lehnt diesen Eid ab<br />
und wiederholt mehrmals: „Auf das deutsche<br />
Volk kann ich den Fahneneid leisten,<br />
auf einen Mann wie Hitler nie!“ Als er 1942<br />
einberufen wird, verweigert er den Eid. Ihm<br />
ist von Anfang an bewusst, welche Konsequenz<br />
das haben wird.<br />
? Sie sind Moraltheologe, hatten sogar 25<br />
Jahre die Professur des Fachs an der PTHV<br />
inne, wie schätzen Sie aus moraltheologischer<br />
Sicht Reinischs Verhalten ein?<br />
! Mir fällt es nicht leicht, mich in die damalige<br />
Zeit zu versetzen. Die Verweigerung des Eides<br />
ist bei Reinisch nicht nur eine politische<br />
Entscheidung, auch eine moralische und religiöse,<br />
eine typische Gewissensentscheidung.<br />
An seinem Entscheidungsweg ist mir<br />
bewusst geworden, was es heißt, ein Zeichen<br />
des Protestes und des Widerstandes zu setzen<br />
und dafür den „Kopf hinzuhalten“. Was er in<br />
seinem Gewissen spürt, bringt er klar zum<br />
Ausdruck und geht den Weg bis zur Vollstreckung<br />
des Todesurteils konsequent zu Ende.<br />
Bei Reinisch kam es in der Einsamkeit der<br />
Gefängnis- und schließlich der Todeszelle zu<br />
dramatischen inneren Auseinandersetzungen.<br />
Er wusste, wenn er bei seiner Entscheidung<br />
bleibt, wird er die ganze Wucht und<br />
Wut des Nazi-Regimes erleiden müssen und<br />
hingerichtet. Und trotzdem hat er durchgehalten.<br />
Er ist sich treu geblieben. Für Reinisch<br />
besteht die Schwierigkeit nicht so sehr<br />
darin, dass er einem Unrechtsregime die<br />
Stirn bietet, sondern dass er seinen Oberen<br />
den Gehorsam verweigert. Das war für ihn<br />
die eigentliche Dramatik. Seine kirchlichen<br />
Vorgesetzten drängen ihn, den Eid zu leisten.<br />
Doch Reinisch sagt: Ich habe ein Gewissen<br />
und nach meinem Gewissen kann und darf<br />
ich diesen Eid nicht leisten. Er glaubt sich<br />
sogar von Gott berufen zu diesem Protest. In<br />
den letzten Jahrzehnten haben kirchliche Dokumente<br />
mehrfach auf die besondere Würde<br />
des Gewissens verwiesen. Das Zweite Vatikanische<br />
Konzil spricht in der Pastoralkonstitution<br />
„Gaudium et Spes“ vom Gewissen<br />
als von einem „Heiligtum im Menschen, wo<br />
er allein ist mit Gott“. Das Gewissen steht<br />
darum über dem Papst, so schreibt der damals<br />
noch junge, doch schon hoch angesehene<br />
Theologe Joseph Ratzinger (Rup) in seinem<br />
Kommentar zu dieser Textstelle. Reinisch<br />
stellt sein Gewissen sogar über sein Leben.<br />
? Sie sind der Postulator im Seligsprechungsprozess<br />
für Reinisch. Worin besteht der Job?<br />
Cbr Franz Reinisch (Le) wurde am 1. Februar 1903 in Feldkirch geboren. 1922 Jura -<br />
studium in Innsbruck, 1925 Eintritt ins Priesterseminar, am 29. Juni 1928 Priesterweihe<br />
in Innsbruck. Am 3. November 1928 Eintritt ins Noviziat der Pallottiner in<br />
Untermerzbach. 1932 Abschluss des Theologiestudiums in Salzburg, 1938 Versetzung<br />
nach Schönstatt, 1940 Redeverbot im ganzen Deutschen Reich, 14. April<br />
1942 Gestellungsbefehl nach Bad Kissingen, 16. April 1942 Verhaftung durch die<br />
Gestapo auf Grund der Verweigerung des Fahneneids, 7. Juli 1942 Gerichts -<br />
prozess mit Todesurteil in Berlin, 21. August 1942 Vollstreckung des Todesurteils<br />
durch das Fallbeil.<br />
! Alles, was Reinisch geschrieben hat, was<br />
über ihn dokumentiert ist und auch was Menschen<br />
in seinem Umfeld über ihn berichtet<br />
haben, wird gesammelt, von Historikern gesichtet<br />
und geprüft. All das tragen wir zusammen<br />
und geben es an die Diözese Trier weiter.<br />
Hier wird schließlich entschieden, ob es wert<br />
ist, dass diese Akten auf die Schiene des Seligsprechungsverfahrens<br />
weitergeleitet werden.<br />
Dann werden die Unterlagen nach Rom<br />
übersandt, wo die Kongregation für Seligund<br />
Heiligsprechungsprozesse darüber entscheidet.<br />
Im Fall Reinisch sind wir derzeit<br />
bei der Digi talisierung und Ordnung der Akten,<br />
um den Historikern die Arbeit zu erleichtern.<br />
Außerdem drehen<br />
wir einen Dokumentarfilm<br />
über Reinisch.<br />
? Kritiker sehen in Seligund<br />
Heiligsprechungen<br />
nur ein Relikt aus alten<br />
Zeiten. Haben diese Prozesse<br />
heute überhaupt<br />
noch Bedeutung?<br />
! In jedem Fall, denn sie<br />
haben Strahlkraft. Ihre<br />
Bedeutung liegt darin,<br />
dass sie uns in Erinnerung<br />
halten, was das Leben fordern<br />
kann, und dass es möglich ist, das, was<br />
man eigentlich tun sollte, auch tatsächlich<br />
einzulösen. Außerdem halte ich es für außerordentlich<br />
wichtig, so herausragende Zeuginnen<br />
und Zeugen auch immer wieder ins<br />
Gedächtnis zu rufen. Wir sind angewiesen<br />
auf Vorbilder. Wir brauchen Menschen, an<br />
denen wir uns orientieren können, die uns<br />
auch Halt geben. In der heutigen Zeit habe<br />
ich bei vielen den Eindruck, sie sind Sucher<br />
– wie Reinisch es auch war – , aber sie wissen<br />
einfach nicht, an wen sie sich wenden<br />
können. Und da ist Reinisch für mich einer,<br />
an dem man sich orientieren kann. Vor diesem<br />
Hintergrund sind Seligsprechungsprozesse<br />
durchaus relevant. Selige sind gute<br />
Prof. Heribert Niederschlag (F-Rt).<br />
Freunde für uns (lacht), denn sie können uns<br />
auf eine Weise nahe sein und uns helfen, den<br />
Blick immer frei zu halten auf das, worauf es<br />
ankommt. Das ist für mich tatsächlich wie<br />
mit guten Freunden, das sind Gnadengeschenke<br />
und zugleich anfordernde Vorbilder.<br />
? Was bewegt Sie persönlich an Franz Reinisch?<br />
Ist er ein guter Freund für Sie?<br />
! Reinisch war ein Mensch mit sprudelnder<br />
Sehnsucht nach Leben. Wie ein solcher Mann<br />
ganz allmählich, durch alle Suchbewegungen,<br />
die er gestartet hat, doch auf seinen Weg<br />
kommt, von dem er weiß, dass der Weg sehr<br />
schmerzlich und dunkel<br />
ist und dennoch sich<br />
selbst und dem Weg treu<br />
bleibt, das bewegt mich.<br />
Fotos: privat<br />
Er hat sich selbst einmal gefragt,<br />
was würde geschehen,<br />
wenn ich den Fahneneid<br />
leiste – also gegen<br />
meine Überzeugung handeln<br />
würde. „Ich wäre dann<br />
ein gebrochener Mann“,<br />
heißt es in den Aufzeichnungen<br />
„und so will ich<br />
und kann ich nicht leben.“<br />
Diese innere Gradheit und<br />
Integrität, diese Überzeugung, diesen Weg und<br />
keinen anderen zu gehen, das entspricht dem,<br />
was ich in der Moraltheologie immer thematisiert<br />
habe. Wie kommt es zu einem gelingenden<br />
Leben? Welchen Lebensstil wähle ich,<br />
den ich auf dem Totenbett nicht zu bereuen<br />
brauche? Es geht also tatsächlich um die Frage:<br />
Wie kann ein Leben glücken? In dem Zusammenhang<br />
ist Reinisch einer derer, die mich<br />
voll und ganz begeistern und berühren.<br />
weitere informationen<br />
Mehr zu Franz Reinisch finden Sie unter<br />
www.franz-reinisch.org<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 51
Orden? Es ist Zeit<br />
Johann Baptist Jordan<br />
(ArF) gründete die Ge -<br />
meinschaft des Gött -<br />
lichen Heilandes: die<br />
Salvatorianer. P. Fran -<br />
zis kus Maria vom Kreuz<br />
war sein Ordensname.<br />
Christus wieder gegenwärtig<br />
Dazu gründete Pater<br />
Johann Baptist Jordan aus Gurtweil<br />
bei Waldshut wurde am 18. Dezember<br />
1875 bei der KDStV Arminia Freiburg<br />
rezipiert. Er wurde nach seiner<br />
Priesterweihe und nach einigen weiteren<br />
Studienjahren in Rom und im Orient der<br />
Gründer der Gesellschaft des Göttlichen<br />
Heilandes, der Salvatorianer. Bei Arminia<br />
erhielt er den Vulgo Frath, eine lockere<br />
Anspielung auf seinen Familiennamen<br />
Jordan (vgl. hebräisch „Prâth“ für Euphrat).<br />
Im Win tersemester 1876/77 hielt er vor<br />
der Arminia einen Vortrag über die Päpst -<br />
liche Mis sionskongregation „Die Propaganda<br />
in Rom“.<br />
Johann Baptist kam am 16. Juni 1848 in Gurtweil<br />
bei Waldshut zur Welt. Er war das zweite<br />
von drei Kindern einer armen Bauern- und<br />
Dienstbotenfamilie. Sein Vater Lorenz wurde<br />
durch scheuende Pferde schwer verletzt<br />
und starb nach langem Siechtum 1863 im Alter<br />
von 44 Jahren. Der talentierte Baptist zog<br />
schon in der Volksschule die Aufmerksamkeit<br />
auf sich. Schulkameraden erinnerten<br />
sich, dass nach der Erstkommunion und nach<br />
dem Tode des Vaters eine tiefe Wandlung in<br />
Baptist wahrzunehmen war. Er trat in Walds -<br />
hut in die Lehre als Maler, Vergolder und<br />
Tapezierer. Mit 21 Jahren drängte es ihn zu<br />
einem besonderen Dienst in der Kirche. Auf<br />
seiner Walz hatte er das moralische Elend in<br />
Fabriken und Familien kennengelernt. Privatstunden<br />
halfen ihm bei der Vorbereitung<br />
aufs Gymnasium in Konstanz, um Priester<br />
zu werden. Eine Ferienreise führte den Abiturienten<br />
nach Italien, wo er für einige Zeit<br />
in Rom im deutschen Camposanto beim späteren<br />
Msgr. de Waal wohnte.<br />
Am 23. Oktober 1874 matrikulierte er sich<br />
an der Universität in Freiburg im Breisgau<br />
als „stud. theol. et philol.“ Als er 1877 ins<br />
Priesterseminar nach St. Peter ging, bestätigte<br />
ihm sein Abgangszeugnis der Universität<br />
im Fleiß als niederste Note „groß“. Schon<br />
52 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>
Orden? Es ist Zeit<br />
Fotos: privat<br />
setzen<br />
Franziskus Jordan (ArF) die Salvatorianer<br />
damals machte sich in Jordans Leben eine<br />
ausgesprochene apostolische Note bemerkbar.<br />
1875 trat er in das Pressewerk des Freiburger<br />
Kanonikus Schorderet ein („Pauluswerk“),<br />
in dessen Auftrag er im Dezember<br />
1875 mit einem Freiburger Cartellbruder<br />
Cornelius Reichenbach (Hr), zwecks Gründung<br />
eines katholischen Pressedienstes in<br />
Turin gewesen sein soll. 1878 war er in Belgien<br />
und Holland, wo er bei einem ehemaligen<br />
Chinamissionar sein Chinesisch verstärkte.<br />
Er beabsichtigte, in die Propaganda<br />
in Rom einzutreten. Mit 30 Jahren wurde er<br />
in St. Peter im Schwarzwald zum Priester geweiht.<br />
Während des Kulturkampfs erhielt er<br />
die Erlaubnis, sich weiter in orientalischen<br />
Sprachen in Rom auszubilden. So kehrte Jordan<br />
am 4. Oktober 1878 wieder nach Rom zurück,<br />
diesmal um sich neben Griechisch und<br />
Hebräisch auch eingehend mit Armenisch,<br />
Syrisch, Koptisch und Arabisch abzugeben.<br />
Das Jahr 1880 führte ihn nach Ägypten und<br />
in den Libanon. Er beriet sich mit einer Reihe<br />
kirchlicher Würdenträger verschiedener<br />
Riten über einen Plan, den er nach seiner<br />
Rückkehr nach Rom am 6. September 1880<br />
Leo XIII. in Privataudienz vorlegte: die<br />
Grün dung der „Apostolischen Lehrgesellschaft“.<br />
(Fortsetzung nächste Seite )<br />
Foto: privat<br />
Der Autor: P. Hubert<br />
Veeser SDS, geboren<br />
1960. Nach langjähriger<br />
Tätigkeit in<br />
der Schul- und Jugendpastoral<br />
in Bad<br />
Wurzach und Ravensburg in Oberschwaben<br />
seit 2012 Provinzial (Oberer) der Salvatorianer<br />
in Deutschland.<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 53
Orden? Es ist Zeit<br />
Gottesberg bei Bad Wurzach, Barockkirche zum<br />
Heiligen Kreuz. Angeschlossen ist das Kloster<br />
der Salvatorianer.<br />
So gesagt<br />
Mit diesem Werk wollte er alle lebendigen<br />
Kräfte der Kirche, Individuen wie bereits bestehende<br />
Gruppierungen, in lebendige Verbindung<br />
bringen, um sie zu einer gemeinsamen<br />
und gezielten apostolischen Betätigung<br />
zu formen, um auf diesem Weg dem Mangel<br />
an religiösem Wissen zu begegnen. Männer<br />
und Frauen, Priester und Laien sollten, jeder<br />
an seiner Stelle und mit den ihm zugänglichen<br />
Mitteln, als Apostel auf das allen gemeinsame<br />
Ziel hinarbeiten: Christus in der<br />
menschlichen Gesellschaft wieder gegenwärtig<br />
zu setzen. Am 8. Dezember 1881 legten<br />
die ersten priesterlichen Mitglieder des<br />
ersten Grades in Rom die Gelübde ab und<br />
versprachen dem Gründer Gehorsam. Dieser<br />
Tag gilt als der offizielle Gründungstag der<br />
Gesellschaft. Der Presse war eine führende<br />
Stellung zugedacht, was sich bald in der<br />
Gründung verschiedener Zeitschriften äußerte.<br />
Doch seine Ideen waren den kirchlichen<br />
Behörden zu gewagt und zu weitläufig,<br />
so dass sich das Werk ab Ostern 1883 in der<br />
Richtung einer männlichen und einer weiblichen<br />
Kongregation herkömmlichen Stils<br />
entwickelte, in der es heute noch besteht als<br />
Salvatorianer und Salvatorianerinnen.<br />
Ein ehemaliger Mitstudent erinnert<br />
sich: „An der Universität in<br />
Freiburg gingen die Studenten in<br />
den Garten, auf den Gang oder<br />
auf der Straße hin und her. Jordan<br />
aber stand an der Tafel und schrieb<br />
Sanskrit oder orientalische Sprachen.“<br />
Und ein Mitseminarist aus<br />
der Zeit im Priesterseminar von<br />
St. Peter: „Auch in der Seminarzeit<br />
hat Jordan fleißig studiert. In<br />
den Gängen des Seminars vor unseren<br />
Türen herumgehend, laut gliederzahl der „Katholischen Lehrgesell-<br />
Nach der Approbation 1886 begann die Mit-<br />
seine Worte sprechend und seine schaft“, wie sie damals noch genannt wurde,<br />
Wortzeichen in den Händen traktierend,<br />
ergötzte er unsere Ohren Teil der Bewerber aufgenommen wurde und<br />
rasch zu wachsen, obwohl nur ein kleinerer<br />
mit: sin, tschin, tschang ...“ AC auch von diesen viele nicht aushielten. Das Abendgebet der Ordens mit glieder der<br />
Salvatorianer im Ordenshaus in München.<br />
erste Arbeitsfeld war 1889 die neu geschaffene<br />
Apostolische Präfektur von Assam in<br />
Indien. In den nächsten 15 Jahren folgten<br />
Niederlassungen der Gesellschaft in Österreich,<br />
in den USA, in der Schweiz, in Mähren,<br />
Sizilien, Ecuador, Brasilien, Kolumbien,<br />
Rumänien, Kroatien, Belgien, Polen und<br />
England. 1905 erhielt die Gesellschaft des<br />
Göttlichen Heilandes (Salvatorianer), wie sie<br />
seit 1894 endgültig genannt wurde, die erste<br />
und 1911 die endgültige päpstliche Bestätigung.<br />
1915 zwang der Weltkrieg den alternden Gründer,<br />
nach 37 Jahren Rom wieder zu verlassen.<br />
Das Generalat der Salvatorianer wurde nach<br />
Freiburg in der Schweiz verlegt. In Tafers<br />
verstarb P. Franziskus vom Kreuz Maria Jordan<br />
– so sein Ordensname – am 8. September<br />
1918 im Krankenhaus der Vinzentinerinnen.<br />
2011 stellte der Heilige Stuhl die Heroizität<br />
des Lebens von Pater Franziskus Jordan fest.<br />
Die Salvatorianer betreiben die Seligsprechung<br />
mit Nachdruck. P. Hubert Veeser SDS<br />
Foto: picture-alliance / Sueddeutsche Zeitung Photo<br />
54 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>
Orden? Es ist Zeit<br />
Die Salvatorianer:<br />
Maßlosigkeit im Lieben<br />
Am 8. Dezember 1881 legte Johann Baptist Jordan (ArF) zusammen mit den Priestern Bernhard<br />
Lüthen und Friedrich von Leonhardi im Rahmen einer Eucharistiefeier in Rom in der Kapelle der<br />
heiligen Birgitta von Schweden den Grundstein für die Apostolische Lehrgesellschaft. 1883 wurde<br />
aus der Lehrgesellschaft eine Ordensgemeinschaft und Baptist Jordan nahm den Ordensnamen<br />
Franziskus Maria vom Kreuze an. Ab 1893 heißt die Ordensgemeinschaft „Societas Divini Salvatoris“<br />
(Gesellschaft des Göttlichen Heilandes SDS). Bekannt ist diese Ordensgemeinschaft unter<br />
dem Namen Salvatorianer. Und seit 1895 ist die Zentrale des Ordens, das Mutterhaus, in Rom<br />
im ehemaligen Palazzo Cesi an der Via della Conciliazione 51, in direkter Nachbarschaft zum Vatikan<br />
mit St. Peter.<br />
Foto: imago stock&people<br />
Für Pater Franziskus Jordan ist die Heilige Schrift oberstes und grundlegendes Gebot für seine<br />
Gesellschaft. Die ersten Entwürfe seiner Lebensregel bestehen nur aus Texten der Heiligen<br />
Schrift. Besonders geprägt hat ihn der Satz aus dem Johannesevangelium, wo es heißt: „Das ist<br />
das ewige Leben: dich, den einzigen wahren Gott, zu erkennen und Jesus Christus, den du gesandt<br />
hast“ (Joh17,3).<br />
Die Salvatorianer sind in erster Linie Ordensmänner, Patres und Brüder, die in unterschiedlichsten<br />
Aufgaben tätig sind. Pater Franziskus Jordan hat ihnen als Auftrag mitgegeben, dass sie,<br />
wo immer sie Fähigkeiten, Begabungen und Charismen haben, herausgefordert sind, diese zu<br />
entwickeln und im Dienst am Nächsten einzubringen. Kraft und Rückhalt schenkt dabei die Gemeinschaft.<br />
Die Mitte der Gemeinschaft aber ist Jesus Christus. Das ganze Leben und das ganze<br />
Apostolat sollen auf ihn ausgerichtet sein und in ihm seine Kraftquelle finden.<br />
Nach einer Zeit der Ordensausbildung legen die Salvatorianer ihre Gelübde ab und verpflichten<br />
sich zu einem Leben der ehelosen Keuschheit, der Armut, des Gehorsams und des Apostolates.<br />
Jesus Christus, der Menschen heilend begegnet, sie aufrichtet<br />
und zum Leben ermutigt, diesen Jesus immer wieder neu zu suchen<br />
und zu verkünden, ist ihr Auftrag.<br />
Kraft und<br />
Rückhalt<br />
schenkt die<br />
Gemeinschaft<br />
So ist das Leben der Salvatorianer auf den apostolischen Dienst<br />
ausgerichtet und gleichzeitig auch im Gebet verwurzelt. Gemeinsame<br />
Gottesdienste und Gebetszeiten sind wichtige „Ankerplätze“<br />
im Tagesablauf. Ein wichtiges Element in den Gründungen<br />
Jordans war die Universalität. Der Glaube an einen heilenden und<br />
menschenfreundlichen Gott drängt zu Universalität, zu „Maßlo sig -<br />
keit“ im Lieben, Lehren und Begleiten von Menschen, deren Leben<br />
nach Sinn fragt. Das Wertschätzen aller Menschen, aller Kulturen<br />
und Rassen, aller Stände und Berufsgruppen ist eine der Her -<br />
ausforderungen, die Franziskus Jordan unabdingbar und unwiderruflich<br />
für seine Gemeinschaften festlegt: „Ich kann nicht müde werden, die Güte und Menschenfreundlichkeit<br />
des Heilandes unablässig zu empfehlen, und immer wieder zu betonen, dass diese<br />
Worte für uns ein Programm bedeuten. Das ist der Geist der Gesellschaft, der Geist des Heilandes.“<br />
In den Konstitutionen (Ordensregel) der Salvatorianer heißt es: „Wir verkünden Jesus allen Menschen,<br />
auf jede Weise und mit allen Mitteln, welche die Liebe Christi eingibt, vor allem durch das<br />
Zeugnis unseres Lebens, durch die Güte unseres Herzens und durch unseren apostolischen Eifer.<br />
Bei der Erfüllung dieses Dienstes achten wir immer die Würde des Menschen und sind bereit, allen<br />
ohne Unterschied zu dienen.“ Konkret bedeutet dies, dass die Salvatorianer auf keinen bestimmten<br />
Ort und keine bestimmte pastorale Aufgabe beschränkt sind. In Deutschland führen<br />
sie Schulen, betreuen Wallfahrtsorte, arbeiten z.B. als Polizeiseelsorger und leiten Gemeinden.<br />
Universalität heißt auch, in der großen Weltkirche zu arbeiten und darin den Austausch zu fördern.<br />
Die Salvatorianer sind in 40 Ländern in allen Kontinenten vertreten. P. Hubert Veeser SDS<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 55
Orden? Es ist Zeit<br />
Kleine Blumen,<br />
Seit Jahrzehnten Glaubensstärkung: Indische<br />
Nahe am Menschen: Zu den Aufgaben der Schwestern<br />
gehört auch das Gespräch und das Zuhören.<br />
Dass die Katholizität der Kirche – ihre<br />
Umfassendheit – gerade auch ihre<br />
Orden betrifft, lässt sich an den<br />
meisten dieser Gemeinschaften eingehend<br />
studieren. Besonders schön aber ist<br />
dies anhand der „Sisters of the Little Flower<br />
of Bethany“ zu sehen. Diese „Schwestern der<br />
kleinen Blume von Bethanien“ sind eine indische<br />
Frauenkongregation päpstlichen Rechts,<br />
keine Gemeinschaft, die groß von sich reden<br />
macht; vielmehr im Stillen wirkt und Gläubige,<br />
in Deutschland, durch die Pflege alter<br />
Menschen ermutigt und im Glauben stärkt.<br />
Gegründet wurde sie 1921 vom indischen Diözesanpriester<br />
Raymond Francis Camillus<br />
Mascarenhas (1875-1960). Die göttliche Vorsehung<br />
habe es gefügt, dass die Kongregation<br />
nach Deutschland in die Altenpflege gerufen<br />
wurde, schreiben die Ordensfrauen.<br />
Wie so vieles in der katholischen Kirche<br />
spielten persönliche Kontakte eine maßgebliche<br />
Rolle dafür, dass sie gekommen sind<br />
und dass in bislang über 35 Jahren weit mehr<br />
als 32 indische Schwestern im Seniorenhaus<br />
St. Laurentius der gleichnamigen Pfarrei in<br />
Aachen-Laurensberg gewirkt haben und<br />
wirken. Mit „persönlichen Kontakten“ sind<br />
allerdings keine politischen Netzwerke gemeint,<br />
sondern die freundliche Aufnahme in<br />
der Pfarrei, die für die Schwestern eminent<br />
wichtig war und ist. Derzeit sind es sieben<br />
Schwestern der kleinen<br />
Blume von Bethanien.<br />
Wer aber ist eigentlich<br />
diese kleine<br />
Blume?<br />
Die indische Kongregation<br />
sieht sich unter<br />
dem Schutz der heiligen<br />
Therese von Lisieux<br />
– der „petite<br />
fleur“ – und der Gottesmutter<br />
Maria stehen.<br />
Mascarenhas war<br />
von der Autobiographie<br />
„Geschichte einer<br />
Seele“ der 1925 heiliggesprochenen<br />
Fran -<br />
zösin tief beeindruckt. Ihr „kleiner Weg“<br />
sollte das Vorbild – und auch der Weg – der<br />
Schwestern werden. Die ersten vier Mitglieder<br />
waren vier Lehrerinnen und besaßen<br />
nichts außer ihrer Kleidung, die Bibel, eine<br />
armselige Unterkunft und ein sehr großes<br />
Gottvertrauen. Die Gemeinschaft verbreitete<br />
sich schnell. In Indien gibt es heute zahlreiche<br />
Konvente der Schwestern. Sie zählen heute<br />
knapp 1400 Mitglieder, die in 47 indischen<br />
und acht Diözesen im Ausland – in Italien,<br />
Deutschland, Frankreich, Mauretanien und<br />
Senegal – tätig sind. Das Generalat befindet<br />
sich im indischen Mangalore. Deutschland bedeutete<br />
im Jahr 1979 einen Neubeginn für die<br />
Gemeinschaft, denn in ihrer Heimat waren<br />
Fotos: privat<br />
Altenheime wie auch der Beruf der Altenpflegerin<br />
unbekannt. Der ursprüngliche Auftrag<br />
der Gemeinschaft war die Mädchenbildung<br />
und der Einsatz in der Pastoral. Der Gründer,<br />
Msgr. Mascarenhas, wurde 2008 zum verehrungswürdigen<br />
Diener Gottes erklärt.<br />
Die Spiritualität der Gemeinschaft ist – wie<br />
ihr Namenszusatz aussagt – geprägt von Bethanien,<br />
dem Ort, an dem biblischem Zeugnis<br />
gemäß die Geschwister Maria, Marta und<br />
Lazarus lebten, die alle drei mit Jesus befreundet<br />
waren. So sollen und möchten die<br />
Konvente Orte sein, an denen Fremde aufgenommen<br />
werden und Arme Hilfe erhalten –<br />
kurz: Häuser, in denen der Herr zu Gast ist. Bei<br />
alldem möchten die Schwestern zeigen, wie<br />
wichtig es ist, in der Freundschaft mit Jesus<br />
Christus zu leben. In Gebet, Schriftlesung<br />
und der täglichen Messfeier halten sie die<br />
Verbindung zu Jesus Christus. „Unsere erste<br />
und wichtigste Pflicht ist die Betrachtung der<br />
göttlichen Dinge und die beständige Vereinigung<br />
mit Gott im Gebet“, sagt Sr. Jolinta. Dies<br />
sei weder an einen Kontinent noch an ein<br />
Land gebunden. Allerdings bedarf es einer<br />
Hauskapelle mit der eucharistischen Gegenwart<br />
sowie einer Klausur, in der die Schwestern<br />
in Stille ihre Betrachtung halten können.<br />
Wie der konkrete Beginn ihres Wirkens in<br />
Aachen war? Zunächst habe man nicht miteinander<br />
kommunizieren können, erinnert<br />
sich Sr. Jolinta, Schwester der ersten Stunde,<br />
die von 1979 bis 1986 in Laurensberg als<br />
Oberin und Heimleiterin wirkte: Die Inderinnen<br />
sprachen zunächst kein Deutsch. Und<br />
doch habe man gut miteinander kommunizieren<br />
können, weiß Sr. Jolinta, und fügt an,<br />
dass heute längst die Rede sei von „unseren<br />
indischen Schwestern“. Diese Wortkombination<br />
hat sich in der Pfarrei zu einem beinahe<br />
56 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>
Orden? Es ist Zeit<br />
Zum geistlichen Leben der Schwestern der<br />
kleinen Blume gehört die tägliche Messfeier.<br />
die in Aachen blühen<br />
Schwestern kümmern sich um alte Menschen<br />
geflügelten Wort entwickelt. Anlässlich des<br />
25jährigen Jubiläums der Anwesenheit der<br />
Schwestern in Aachen dankte die Generalsuperiorin<br />
auch für die „beständige und<br />
großzügige Hilfe“ der Pfarrangehörigen für<br />
die Mission der Schwestern. Die Gläubigen<br />
in St. Laurentius Aachen seien dadurch zu<br />
ihren „Partnern in der Mission“ geworden.<br />
Mehr als 32 Schwestern haben seit<br />
1979 im Seniorenhaus St. Laurentius in<br />
Aachen gewirkt bzw. wirken bis heute.<br />
Etwas Besonderes im Haus sind die Feste,<br />
die Tischkerzen und köstliches Essen mit<br />
sich bringen sowie, passend zur Little Flower:<br />
Blumenschmuck. Übrigens haben die<br />
Schwestern selbst durchaus Freude an den<br />
heimischen Feiern gefunden. So ist es eine<br />
Selbstverständlichkeit, dass St. Martin, Nikolaus,<br />
Silvester und Karneval eigens gefeiert<br />
werden. Ebenfalls große Freude bereite<br />
es, die Ordenspatroninnen, die Jungfrau Maria<br />
und die kleine Blume, Therese von Lisieux,<br />
zu feiern. Von Therese stammt die<br />
Aussage: „Die Heiligkeit besteht nicht in<br />
dieser oder jener Übung; sie besteht in der<br />
Einstellung des Herzens, die uns in den Armen<br />
Gottes demütig und klein macht, in der<br />
wir uns unserer Schwachheit bewusst sind<br />
und bis zur Verwegenheit auf die Güte des<br />
Vaters vertrauen.“ 1998 wurde Therese zur<br />
universalen Kirchenlehrerin ernannt. vn<br />
Gut in die Pfarrei integriert sind die<br />
Schwestern der kleinen Blume. Die Rede ist<br />
öfter von „unseren Schwestern“.<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 57
Cartellverband<br />
Auf den Spuren<br />
des heiligen<br />
Franz Xaver<br />
in Japan<br />
Tokyo. Im Rahmen einer zehntägigen Japanreise<br />
hat sich über Ostern <strong>2015</strong> eine Gruppe<br />
aus Norddeutschland, darunter auch einige<br />
Cartellbrüder und ihre Ehefrauen, auf die<br />
Suche nach Spuren des heiligen Franz Xaver<br />
und des Christentums in Japan begeben.<br />
Im April 1549 war der Heilige vom indischen<br />
Goa aus nach Japan aufgebrochen, wo er mit<br />
drei Gefährten am 15. August in Kagoshima<br />
als erster christlicher Missionar an Land ging.<br />
Franz Xaver, der erste Gefährte des heiligen<br />
Ignatius von Loyola und Mitbegründer des Jesuitenordens,<br />
wirkte rund drei Jahre in Japan.<br />
Er beindruckte die Japaner als jemand, der genauso<br />
handelte, wie er predigte, und bei seiner<br />
Abreise hatten sich bereits 500 Japaner zum<br />
neuen Glauben bekehrt. In den nächsten 50<br />
Jahren schloss sich ein Fünftel der japanischen<br />
Bevölkerung dem katholischen Glauben an.<br />
Das sogenannte „christliche Jahrhundert“ endete<br />
nach mehreren Wellen schwerer Christenverfolgungen<br />
mit dem endgültigen Verbot des<br />
Christentums 1639, das erst 1873 aufgehoben<br />
wurde. Trotzdem praktizierten kleine Gemeinschaften<br />
insbesondere auf den abgelegenen<br />
Inseln Kyushus im Verborgenen ihren Glauben<br />
weiter – die sogenannten Kryptochristen.<br />
1639 wurde das Christentum in<br />
Japan völlig verboten. Ab 1873 war<br />
es wieder möglich, den Glauben zu<br />
praktizieren.<br />
58 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>
Cartellverband<br />
Die Spuren des Christentums in Japan<br />
gehen auf den heiligen Franz Xaver SJ<br />
zurück, der 1549 dort missionierte.<br />
Im Zentrum der Verständigung<br />
Foto: Bundeskanzleramt<br />
Tokyo. Cbr Tomonobu Hori (E-Rh) hat beim offiziellen Zusammentreffen<br />
von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit<br />
dem japanischen Kaiser als Dolmetscher fungiert. Er hat<br />
ein Studium der Jurisprudenz an der Sophia-Universität<br />
Tokyo und der LMU München absolviert und ist Bandphilister<br />
bei der KDStV Aenania. Er wirkte sodann als Presse -<br />
attaché an der Japanischen Botschaft in Berlin, als Erster<br />
Botschaftssekretär an der Japanischen Botschaft in<br />
Wien sowie als Direktor des Japanischen Informationsund<br />
Kulturzentrums in Wien. Seit 2014 ist er in der Euro -<br />
pean Policy Division des japanischen Außenministeriums<br />
in Tokyo tätig.<br />
vn<br />
Ein erster Höhepunkt war eine meisterlich<br />
vom Philstersenior der AV Edo-Rhenania zu<br />
Ehren der Gäste in Tokyo geschlagene<br />
Kirschblüten-Kneipe. In Kagoshima an der<br />
südlichen Spitze Kyushus feierte die Gruppe<br />
das Osterfest an dem Ort, an dem Franz<br />
Xaver erstmals seinen Fuß auf japanischen<br />
Boden gesetzt hatte. Eine Audienz beim Bischof<br />
von Kagoshima, die Cbr Masaru Mita<br />
(E-Rh) organisiert hatte, rundete den Besuch<br />
ab. Weiterer Höhepunkt war ein Besuch der<br />
Insel Amakusa, wo die Gruppe abseits der<br />
ausgetretenen Pfade westlicher Touristen<br />
zahlreiche Spuren der Kryptochristen sehen<br />
konnte, zum Beispiel Buddhafiguren, die<br />
bei näherer Betrachtung Gesichtszüge der<br />
Jungfrau Maria zeigen, oder buddhistische<br />
Grabsteine mit einem versteckten christ -<br />
lichen Kreuz. Auch in der Millionenstadt<br />
Nagasaki findet sich trotz der extremen Zerstörungen<br />
durch den Atombombenabwurf<br />
eine Vielzahl von Zeugnissen des im 19. Jahrhundert<br />
wiederauflebenden Katholizismus.<br />
Zehn Tage dauerte die Japanreise,<br />
an der auch mehrere Cartellbrüder teilnahmen.<br />
Obere Reihe Mitte: Cbr Prof. Dr. Tim Goydke<br />
Letzte Station der Reise war das Küstenstädtchen<br />
Hirado, in dem der heilige Franz<br />
Xaver seine größten Missionserfolge hatte,<br />
bevor er sich von hier wieder nach Indien<br />
einschiffte.<br />
Prof. Dr. Tim Goydke (Elb)<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 59
Cartellverband<br />
Fotos: privat<br />
Besuch beim Präsi den -<br />
ten der Sophia-Univer -<br />
sität (SU) im April<br />
anlässlich der Vertrags -<br />
unter zeichnung.<br />
Von links: Masaru Mira<br />
(E-Rh), SU-Präsident<br />
Prof. Takashi Hayashita,<br />
Prof. Dr. Tim Goydke<br />
(Elb) und SU-Kanzler<br />
Pater Toshiaki<br />
Koso SJ (E-Rh).<br />
Interkulturalität ganz praktisch<br />
Ken Uematsu über den Vertrag zwischen der Sophia-Universität Tokyo und dem CV<br />
Im vergangenen April hat in<br />
Tokyo die Unterzeichnung<br />
des Kooperationsvertrags<br />
des Cartellverbands mit<br />
der Sophia-Universität (SU),<br />
einer katholischen Universität<br />
der Jesuiten, stattgefunden.<br />
Aus diesem Anlass<br />
hat Cbr Ken Uematsu, Philistersenior<br />
der Edo-Rhenania<br />
(ERTO), ein Interview<br />
gegeben. Die Fragen stellte<br />
Dr. Veit Neumann (Alm).<br />
? Lieber Cartellbruder Ken<br />
Uematsu, gerade hat die Sophia-Universität<br />
der Jesuiten in Tokyo einen Koope ra tions -<br />
vertrag mit unserem CV unterzeichnet.<br />
Was ist der Inhalt des Vertrags?<br />
! Die SU und der CV wollen die Beziehungen<br />
zwischen Japan und Deutschland zum gegenseitigen<br />
Nutzen intensivieren. Beide Parteien<br />
verpflichten sich in dem Vertrag, Gelegenheiten<br />
zu schaffen für den Austausch und die<br />
Zusammenarbeit von Studenten, Dozenten<br />
und Wissenschaftlern. Deutschland und Japan<br />
werden sich in Zukunft immer mehr ähnlichen<br />
Herausforderungen gegenüber sehen.<br />
Um diese Herausforderungen gemeinsam angehen<br />
zu können, bedarf es Spezialisten, die<br />
das jeweils andere Land kennen und verstehen.<br />
Konkret werden als mögliche Aktivitä-<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Ken Uematsu, Philister senior<br />
der Edo-Rhenania Tokyo.<br />
ten die Beratung und Unterstützung<br />
bei der Anbahnung<br />
eines Auf enthalts, die Unterstützung<br />
bzw. die Bereitstellung<br />
von Unterkünften<br />
sowie Stipendien genannt.<br />
? Wie hat sich die Kooperation<br />
überhaupt entwickelt?<br />
! Ausgangspunkt war das<br />
50. Stiftungsfest der ERTO<br />
2013 in Tokyo, zu dem<br />
neben einer großen Zahl<br />
von Cartellbrüdern aus Deutschland und<br />
Österreich auch der CV-Ratsvorsitzende,<br />
Cbr Dr. Heiner Emrich (Nv), in Tokyo war.<br />
Bei einem Empfang durch den Kanzler der<br />
SU, Cbr P. Toshiaki Koso SJ, Ehrenmitglied<br />
der ERTO, berichtete dieser von den Plänen<br />
der Universität, zukünftig deutlich mehr japanische<br />
Studierende nach Deutschland zu<br />
schicken und bat um Hilfe bei diesem Vorhaben.<br />
Cbr Dr. Emrich hat sofort die Unterstützung<br />
des CV zugesagt und Bbr Prof. Dr. Tim<br />
Goydke (Elb), Bandphilister der ERTO, gebeten,<br />
einen Rahmenvertrag auszuarbeiten.<br />
? Vertrag alles schön und gut, aber Papier<br />
ist geduldig. Wer also sind die Unterstützer,<br />
die die Kooperation mit Leben erfüllen<br />
werden? Das heißt auch konkret: Wie ist die<br />
ERTO eingebunden?<br />
! Zwischen der SU und der ERTO besteht eine<br />
ganz besondere Beziehung. Die Verbindung<br />
ist an der SU gegründet worden. Zahlreiche<br />
deutsche Cartellbrüder haben in den vergangenen<br />
Jahrzenten bei der ERTO ein Zuhause<br />
gefunden. Auf dieses Netzwerk können wir<br />
aufbauen, und noch stärker als bisher wollen<br />
wir eine Anlaufstelle sein für Deutsche und<br />
Japaner. Konkret geht es aber nun zunächst<br />
darum, interessierten japanischen Studenten<br />
der SU den Zugang zum Netzwerk der CV-<br />
Verbindungen zu ermöglichen. Ich glaube,<br />
davon können beide Seiten profitieren: die<br />
japanischen Studenten können auf den Häusern<br />
neben einer Unterkunft vor allem Anschluss<br />
finden und studentische Tradition<br />
kennenlernen. Aufnehmende Verbindungen<br />
können ihren Horizont erweitern und Interkulturalität<br />
ganz praktisch üben. Die ERTO<br />
kann dabei als Vermittlerin wirken, und ganz<br />
eigennützig erhoffen wir uns davon auch<br />
neue Mitglieder für unsere Verbindung. Umgekehrt<br />
können wir Cartellbrüdern aus<br />
Deutschland zwar kein Verbindungshaus anbieten,<br />
wir helfen aber mit Rat und Tat. Auch<br />
haben wir mit der Spitze des CV vereinbart,<br />
dass wir Aktive wechselseitig mit einem<br />
Teilstipendium unterstützen wollen.<br />
? Gibt es Zukunftspläne für den Fall, dass<br />
alles gut funktioniert? Wie könnte es weitergehen?<br />
! Ich wünsche mir, dass sich die Kooperation<br />
über einzelne Aufenthalte hinaus zu einem<br />
festen Austauschprogramm entwickelt mit<br />
regen Besuchen in beiden Richtungen. Wir<br />
wollen versuchen, auch mit dem CV eine ähnliche<br />
Kooperation aufzubauen. Da sich heute<br />
immer mehr Studentinnen für Deutschland<br />
und die deutsche Sprache interessieren,<br />
überlegen wir, ein Angebot für Damen aufzubauen.<br />
Die SU ist vor allem stark in den<br />
Geisteswissenschaften. Darum ist wichtig,<br />
einen verstärkten Austausch in den Ingenieur-<br />
und Naturwissenschaften zu fördern<br />
und weitere japanische Universitäten miteinzubeziehen.<br />
Bei unserem 52. Stiftungsfest<br />
am 9. Mai sind gerade vier Füchse recipiert<br />
worden. Drei davon waren von der SU, aber<br />
einer war von der Aoyama-Universität. Ich<br />
hoffe sehr, dass diese jungen Aktiven uns in<br />
den nächsten 50 Jahren führen werden.<br />
60 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>
Österreicher und Deutsche. Wie sind wir?<br />
Dr. Herbert Grubmayr (AIn) wirkte als Botschafter in Moskau und in Bonn (Teil II)<br />
Ja, wenn Wien noch zur Auswahl stünde…<br />
In der vergangenen Ausgabe der <strong>ACADEMIA</strong> (S. 45) hat Cbr Dr. Herbert<br />
Grubmayr über seine Erfahrungen mit Deutschland in den USA und dann in<br />
Moskau geschrieben. Jetzt fährt er fort zu berichten – über Erfahrungen mit<br />
„DDR-Deutschen“ sowie in Bonn:<br />
Bald darauf [nach seiner eigenen Abschiedsfeier anlässlich des Fortgangs<br />
aus Moskau] ging Valentin Bereschkow nach Kalifornien und lehrte dort an<br />
den Universitäten von Berkeley und Stanford political science. Er galt allgemein<br />
als Angehöriger des sowjetischen Geheimdienstes. War dies alles eine<br />
echte Umkehr?<br />
Und unser Verhältnis zu den „DDR-Deutschen“ in Moskau? Gerd König. Der<br />
Vertreter Honeckers war ein hoher Parteifunktionär. Nicht nur hatte er den<br />
Rang eines Stellvertretenden Außenministers. Er war auch Mitglied des Zentralkomitees<br />
der SED (ZK) und verkehrte eigentlich nur mit dem Apparat der<br />
sowjetischen Parallelorganisation am „Alten Platz“, wo sich der Sitz des Internationalen<br />
Sekretariats der KPdSU befand. Zu westlichen Kollegen und<br />
auch zu mir gab er sich in der Regel eher herablassend; umso mehr wunderte<br />
mich seine Reaktion, als ich mich während eines von ihm gegebenen Empfangs<br />
im Sommer 1989 nach seinem Befinden erkundigte. Er erwiderte knapp:<br />
„Hab schon mehr jelacht!“, drehte sich um und ließ mich stehen. Ein befreundetes<br />
Ehepaar von uns – er war Leiter des Büros der DDR-Fluggesellschaft in<br />
Moskau – gab einige Wochen später auch unerwartete Töne von sich. Die<br />
Ehefrau sagte uns, sie werde jetzt nach Berlin zurückkehren und ihren Beruf als<br />
Zahnärztin wieder aufnehmen. Man wisse ja nicht, wie es weitergehen wird.<br />
Das waren eigentlich Alarmzeichen. Aber dass der „Palast des Volkes“ so sehr<br />
an der Kippe stand und die Demolierer schon in den Gräben rundherum auf<br />
ihren Einsatz warteten, ahnten wir eigentlich alle nicht zu diesem Zeitpunkt.<br />
Wir flogen dann über Wien nach Bonn, wo ich am 11. Oktober 1990, also wenige<br />
Tage nach der Wiedervereinigung, Bundespräsident Richard von Weizsäcker<br />
mein Beglaubigungsschreiben überreichte. Meine Frau und ich wurden<br />
überall äußerst freundlich und zuvorkommend empfangen. Alle Türen<br />
standen uns offen. Die Bundesregierung mit Bundeskanzler Helmut Kohl an<br />
der Spitze unterstützte nachdrücklich die österreichischen Ambitionen hinsichtlich<br />
eines EG-(heute EU-)Beitritts. Dies alles stand in einem eklatanten<br />
Gegensatz zu der Haltung Moskaus, wo ich fast jede Woche Auseinandersetzungen<br />
in dieser Frage mit dem sowjetischen Außenministerium und,<br />
wenn auch in etwas geringerem Maße, mit dem Apparat des Zentralkomitees<br />
der KPdSU hatte. Man fühlte sich wie zu Hause, meine Frau wurde sogleich<br />
herzlich in die Bonner Gesellschaft aufgenommen. In den Bundesländern geschah<br />
das Gleiche. Ich reiste sehr oft in die einzelnen Bundesländer, und<br />
überall freute man sich über den österreichischen Gast. Manchmal gab es<br />
auch fast so etwas wie Vereinnahmungen: Als im Frühjahr 1991 die Debatte<br />
im Bundestag über den Regierungssitz (Bonn oder Berlin?) abgeführt wurde,<br />
sagte mir ein höherer CDU-Politiker bei einem Cocktail inmitten eines größeren<br />
Zuhörerkreises: „Ja, wenn Wien noch zur Auswahl stünde, bräuchten wir<br />
gar nicht abzustimmen!“ Ich stimmte in das fröhliche Lachen der Umstehenden<br />
mit ein, obwohl ich als Vertreter Österreichs vielleicht Reserven hätte<br />
anbringen sollen. Aber wir waren ja ohnehin durch unseren Staatsvertrag in<br />
der Unabhängigkeit „beschützt“. Und schließlich hatte unser Freund ja im<br />
Konjunktiv gesprochen! Vor Weihnachten 1992 lud mich der „Tag des deutschen<br />
Handwerks“ zu einem Vorweihnachtsessen ein. Ich fragte die anrufende<br />
Sekretärin, ob etwa auch der französische bzw. der US-Botschafter unter<br />
den Gästen seien. Die Antwort: „Nein.“ Dann mein weiteres Nachbohren:<br />
„Warum gerade ich?“ Antwort: „Na ja, Sie gehören ja dazu...“ – ein verkapptes<br />
Anschlüsschen? Ich wusste, dass bei diesem Essen stets alle CDU-Mitglieder<br />
des Bundeskabinetts zugegen sind. Also lag ein hochkarätiges Ereignis<br />
vor. Statt vielleicht eine kritische Anmerkung zu machen, nahm ich die<br />
Einladung spontan an. Und meine Unbekümmertheit wurde belohnt: ich saß<br />
den ganzen Abend neben der gerade im Jahre zuvor in die Regierungsmannschaft<br />
aufgenommene Frauen- und Jugendministerin Angela Merkel, und<br />
wir unterhielten uns sehr angelegentlich über aktuelle Fragen der Außen -<br />
politik, dies zum Teil auch in der Sprache Tolstois und Dostojewskis, die<br />
wir beide aus unserem Background her ziemlich gut beherrschten. Auch mit<br />
dem deutschen Cartellverband gab es Kontakte: Ich wurde einige Male zu<br />
Verbindungsveranstaltungen als Sprecher über internationale Themenkreise<br />
eingeladen und erschien bei solchen Gelegenheiten natürlich stets plenis<br />
coloribus.<br />
Zum Abschied im Jänner 1993 waren meine Frau und ich ziemlich traurig: Der<br />
Lebensabschnitt am Rhein war ein sehr angenehmer, aber auch positiv-spannender<br />
Einsatz für uns gewesen, und wir haben Bonn und Berlin in den folgenden<br />
Jahren weiterhin besucht und die in unserer „Bonner Zeit“ dort erworbenen<br />
Freundschaften jeweils bei einem fröhlichen Wiedersehen erneuert.<br />
Zum Abschluss noch eine private Anmerkung: Ich schätze die Musik der<br />
Haydn-Hymne gemütsmäßig noch immer viel vertrauter ein als unsere jetzige<br />
Mozart-Variante, obwohl ich das Musikgenie Mozart ansonsten vorbehaltlos<br />
bewundere. Die erstere Melodie erweckt in viel größerer Intensität die unentflechtbaren<br />
historischen Querverbindungen, die nicht zu verleugnen sind,<br />
auch wenn man unverdrossen und nachhaltig in eine umfassendere Querverbindung<br />
blickt. Aber dann erklingt schon „Freude, schöner Götterfunken“ –<br />
und Beethoven, der gehört ja auch (uns) beiden…?<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 61
Cartellverband<br />
Spefux<br />
Ich bin kein Spefux mehr,<br />
denn ich wurde geburscht.<br />
Aber ein bisschen Spefux sind wir alle.<br />
Wir sind Spefux! Ob nun Spefux oder<br />
nicht – ich halte meine Ohren immer<br />
offen und wundere mich bei manchen<br />
Reden unseres Seniors. Er verwendet<br />
häufig Ausdrücke aus einer anderen<br />
Welt. Ich stelle fest, dass sich die Sprache<br />
ändert, nicht nur beim ihm, sondern vor<br />
allem in den Medien. Dort höre ich auch<br />
immer wieder ähnliches.<br />
Der Senior meint es gut und spricht viel<br />
von den Werten, die hoch im Kurs<br />
stünden. Bei seinen Kneipreden klappert<br />
er unsere Prinzipien hölzern ab und<br />
positioniert sie – und damit uns – in der<br />
Gesellschaft, in der man sich nicht mehr<br />
für die Werte committen tut. So geht es<br />
weiter. Unser Senior studiert BWL.<br />
Es ist viel die Rede von Teamfähigkeit,<br />
Servicecharakter und flachen Hierarchien<br />
(unsere Aktivitas ist überschaubar).<br />
Wird jemand recipiert, ist eher die Rede<br />
davon, dass er das Team verstärkt, als<br />
dass er Fux ist. Darf man dem Senior<br />
glauben, sind wir gut aufgestellt,<br />
vor allem bei den Herausforderungen,<br />
die wir nicht als Probleme, sondern als<br />
Chancen sehen. Er sagt nie „<strong>2015</strong>“,<br />
sondern immer „in <strong>2015</strong>“, mir bekannt<br />
aus dem Englischunterricht. Als ich ihn<br />
wegen seines andauernden „Es macht<br />
Sinn“ aufmerksam machte, dass etwas<br />
keinen Sinn machen kann, weil Sinn<br />
nicht gemacht werden kann, weil er<br />
sonst kein Sinn wäre, weil Sinn etwas<br />
Vorgegebenes ist, schaute er mich<br />
entsetzt an. Und setzte noch eins drauf:<br />
Es mache Sinn, dass wir uns strategisch<br />
positionierten, damit unsere Mitglieder<br />
zufrieden seien mit den Produkten<br />
unserer Verbindung…<br />
Dann können wir gleich sagen:<br />
Das Produkt ist die Verbindung, die<br />
Bundesbrüder sind die Teamer,<br />
Bundesbrüderlichkeit heißt Teamwork<br />
und das Verbindungsleben ist der<br />
Workflow. Es gäbe da nur noch ein<br />
kleines Problem: Das ist nicht mehr<br />
unsere Verbindung.<br />
Der CV-Ruhrgaukommers<br />
lebt sehr erfolgreich auf<br />
Saal gefüllt: Benediktiner Salmann spricht über Religion im Wandel<br />
Essen/Gladbeck. Nach Jahren der Vakanz<br />
hat der derzeitige Vorsitzende im CV-Ruhrgau,<br />
Cbr Norbert Hammacher (Ber), einen<br />
erfolgreichen Neuanfang mit dem Ruhrgaukommers<br />
gesetzt. Der Kommers war über<br />
viele Jahre hinweg die zentrale Veranstaltung<br />
des CV im nördlichen Ruhrgebiet und fand<br />
früher im Essener Saalbau statt. Diesmal lud<br />
Cbr Hammacher die Cartellbrüder aus den<br />
Ortszirkeln mit ihren Damen nach Gladbeck<br />
ins Wasserschloss Wittringen ein.<br />
Über 180 Teilnehmer folgten der Einladung<br />
am 17. April <strong>2015</strong>, so dass der Gildensaal im<br />
Schloss ganz gefüllt war. Cbr Dr. Friedrich<br />
Schneider (ChM), Vorsitzender des gastgebenden<br />
Ortzirkels Gladbeck, begrüßte unter<br />
den vielen Erschienenen den Gladbecker<br />
Bürgermeister Ulrich Roland sowie den<br />
Pfarrer der Gladbecker Großgemeinde St.<br />
Lamberti, Cbr Propst André Müller (Si), und<br />
weitere Vertreter befreundeter Verbände.<br />
Chargierte von Cartellverbindungen aus Essen,<br />
Bochum, Münster und Aachen gaben<br />
der Veranstaltung einen farbenprächtigen<br />
Rahmen, während die Leitung des Kommer-<br />
ses bei Cbr Alexander Wilamowski (ChM)<br />
in bewährten Händen lag. Zu Beginn gedachte<br />
die Corona der 150 Toten der Flugzeugkatastrophe<br />
in den französischen Alpen,<br />
darunter insbesondere der Schüler und Lehrer<br />
aus dem benachbarten Haltern.<br />
Die Festrede hielt P. Dr. Elmar Salmann OSB<br />
aus der Abtei Gerleve, ehemals Theologieprofessor<br />
an San Anselmo und an der Gregoriana<br />
in Rom, zum Thema „Freude am Wandel<br />
– Unsere Religion in Zeiten des<br />
Übergangs“. An treffend ausgewählten Beispielen<br />
aus dem politischen, gesellschaftlichen,<br />
kulturellen und kirchlichen Leben<br />
skizzierte er die Vielfalt religiösen Wandels<br />
zwischen gestern und heute. Ein Bläserkreis<br />
der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde<br />
Gladbeck-Rentfort setzte den angemessenen<br />
musikalischen Rahmen.<br />
Die Veranstaltung brachte dem Cartellverband<br />
in der einstigen Bergbaustadt Gladbeck<br />
Ansehen ein. Sie ermutigt die Verantwortlichen,<br />
in Zukunft zu ähnlichen Veranstaltungen<br />
einzuladen. Hans Wilhelm Schulteis (ChW)<br />
Engagiert und urgemütlich:<br />
<strong>ACADEMIA</strong> als Thema in Wien<br />
Wien. Vor dem CV-Zirkel des<br />
österreichischen Außenamtes<br />
in Wien hat Chefredakteur<br />
Dr. Veit Neumann<br />
(Alm) kürzlich über das Wirken<br />
und die Redaktionsarbeit<br />
der deutschen ACADE-<br />
MIA gesprochen, über<br />
„Themen, die unseren Bruderverband<br />
bewegen“, wie<br />
Zirkelvorsitzender Cbr Dr.<br />
Gerhard Jandl (Kb), Sicherheitspolitischer Direktor im Außenministerium, in<br />
seinen wohlwollenden Worten vorab formuliert hatte. Die Ausführungen auf der<br />
Bude der K.a.V. Marko-Danubia gleich neben dem Ministerium mündeten in eine<br />
in jederlei Hinsicht engagierte Diskussion sowie in ein urgemütliches Bei -<br />
sammensein. Bei der Diskussion war u.a. der bemerkenswerte Einfluss öster -<br />
reichischer Cartellbrüder in der Politik zur Sprache gekommen.<br />
AC<br />
Foto: privat<br />
62 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>
Cartellverband<br />
Bei Schönwetterlagen kann<br />
das Prinzip Amicitia gut funktionieren<br />
Lieber Spefux, in der Ausgabe der <strong>ACADEMIA</strong> 6/2014<br />
habe ich Deinen Beitrag gelesen. Du fragst Dich:<br />
„Wieso verlassen so viele Cartellbrüder immer wieder<br />
ihre Verbindungen?“ Am Schluss lese ich:<br />
„Aber interessieren würde mich schon, was die<br />
Ex-Bundesbrüder alles tun, wie sie über unseren<br />
Lebensbund denken…“ Ich bin einer von denen, die die<br />
Mitgliedschaft in ihrer Verbindung gekündigt haben. Ich<br />
habe fast 20 Jahre gebraucht, bis ich mich zu diesem<br />
Entschluss durchringen konnte, und es ist mir nicht<br />
leicht gefallen. Einen Tag vor meinem 70. Geburtstag<br />
habe ich dann am 26. Januar 2014 die Entscheidung<br />
getroffen, die längst überfällig war. Jetzt, nach einem<br />
Jahr kann ich feststellen, dass mein Entschluss<br />
offensichtlich richtig war. In der Verbindung wird oft<br />
und immer wieder das Prinzip Amicitia beschworen. Bei<br />
Schönwetterlagen kann das gut funktionieren. Es hat<br />
sich bei mir aber gezeigt, dass in ernsten Situationen<br />
der Bundesbruder hinter den Paragraphen der GO<br />
verschwindet. Dazu kommen noch Eifersüchteleien,<br />
wenn sich einer den „falschen“ Leibburschen aussucht<br />
oder im Beruf mit Cartellbrüdern konkurriert.<br />
Der AH-Vorsitzende meiner Verbindung hat den Eingang<br />
meiner Austrittserklärung schriftlich bestätigt mit<br />
einem Hinweis, dass ich eine eventuelle<br />
Einzugsermächtigung für den Beitrag mit dem Kassier<br />
klären möge. Bis heute keine weitere Reaktion der<br />
Verbindung. Das war’s dann. Es scheint keinen meiner<br />
ehemaligen Bundesbrüder zu interessieren, warum ein<br />
verdientes Mitglied (pro meritis) aus der Verbindung<br />
ausscheidet. Keiner fragt nach, wenn man sich<br />
außerhalb der Verbindung trifft. Es ist, als ob nichts<br />
wäre. Ich habe den Eindruck, dass sich unser<br />
Lebensbund von anderen Vereinen im Grunde nicht<br />
wesentlich unterscheidet, was das Miteinander der<br />
Mitglieder angeht. Die hehren Prinzipien stehen auf<br />
einem hohen Sockel. Aber in den Niederungen<br />
menschelt es wie überall. Und wenn es zu viel wird,<br />
muss man die Konsequenz ziehen, auch wenn es<br />
schmerzt, weil man an das Gute geglaubt hat.<br />
Herzliche Grüße an Veit Neumann, der meinen Fall<br />
kennen sollte. Hermann Pfaffel (Rad)<br />
PS: Ich bin froh, weiterhin Cartellbruder sein zu dürfen!<br />
Der Vorort läuft für einen guten Zweck<br />
Heidelberg. Der derzeitige Vorort hat die<br />
CV-Afrika-Hilfe mit einer besonderen Aktion<br />
unterstützt: mit einem Spendenlauf. Vier<br />
Vorortschargen liefen am 26. April <strong>2015</strong> den<br />
SAS Halbmarathon der TSG 78 Heidelberg.<br />
Die Strecke zeichnet sich durch ein anspruchsvolles<br />
Höhenprofil aus, bei dem insgesamt<br />
400 Höhenmeter zurückgelegt werden<br />
müssen. Dies führt dazu, dass der<br />
Streckenrekord gut zehn Minuten über dem<br />
deutschen Halbmarathonrekord liegt. Umso<br />
erfreulicher ist es, dass alle vier teilnehmenden<br />
Vorortschargen die knapp 21,1 Kilometer<br />
in weniger als zwei Stunden liefen.<br />
bitte an: CV-Afrika-Hilfe e.V., Pax-Bank<br />
Köln, IBAN DE 12 3706 0193 0016 8000 15,<br />
Verwendungszweck CV Spendenlauf <strong>2015</strong>.<br />
Auf Wunsch wird eine Spendenquittung<br />
ausgestellt. Der gesamte Erlös des Spen -<br />
denlaufs kommt der CV-Afrika-Hilfe zu gute.<br />
Rückfragen an vo-hr@cartellverband.de.<br />
Benedict Wild (Fd), Kristoffer Uhlenkamp (Cpf)<br />
Der Vorort freut sich weiterhin über Spenden<br />
zugunsten der CV-Afrika-Hilfe. Wenn ihr unser<br />
sportliches Engagement noch nachträglich<br />
unterstützen möchtet, richtet eure Spende<br />
Alle vier Chargen des Vororts liefen den<br />
Halbmarathon in weniger als zwei Stunden.<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 63
Cartellverband<br />
Die Wandlungen eines CV-Stammtischs<br />
Was bei der Deutschen Bank begann, wurde auf die Frankfurter Finanzindustrie erweitert<br />
Frankfurt am Main. Im Anfang war der<br />
Deutschbanker-Stammtisch in der Tat ein<br />
Treffen von Cartellbrüdern, die ihren Arbeitsplatz<br />
in den sagenumwobenen Doppeltürmen<br />
in Frankfurt hatten. Es begann alles<br />
in den 90er Jahren und – wie so häufig im<br />
CV – durch einen Zufall: als Harald Herwig<br />
(H-RG) kurz nach seiner Anstellung bei der<br />
Deutschen Bank auf dem Hause der Nibelungia<br />
Brünn zu Darmstadt mit einem Cartellbruder<br />
ins Gespräch kam und dieser Alte<br />
Herr ihm wiederum empfahl, sich doch einmal<br />
bei Willi-Gerd Müller (Rst), einem guten<br />
Bekannten und DB-Veteranen, zu melden.<br />
Gesagt getan, und nach einem ersten<br />
Treffen beschloss man spontan, sich nunmehr<br />
regelmäßig in lockerer Runde mit anderen<br />
CVern aus dem Hause zu treffen. Ein<br />
Lokal war auch schnell gefunden: der Volkswirt<br />
(inzwischen der Neue Volkswirt). Das<br />
Lokal wies zwei große Vorteile auf: Es war<br />
leicht zu erreichen, und es hatte Kölsch im<br />
Angebot. Für viele der in der Frankfurter<br />
Bier-Diaspora lebenden Kölner das ausschlaggebende<br />
Argument. Damit dieser<br />
Stammtisch nicht mit den vielen geschäftlichen<br />
Terminen und familiären Verpflichtungen<br />
(und sei es auch nur die rechtzeitige<br />
abendliche Ankunft in den Vororten, die viele<br />
derjenigen, die in der Frankfurter Innenstadt<br />
arbeiten, als Wohnort bevorzugen) kollidiert,<br />
einigte man sich schnell auf ein Treffen<br />
alle zwei Monate.<br />
Kaum hatte der Stammtisch seine Kernmannschaft<br />
gefunden, änderten sich die Zeiten.<br />
Bei der Deutschen Bank brachen im<br />
Frühjahr 2000 die „Grünen Wochen“ aus –<br />
so wird intern das letztendlich gescheiterte<br />
Fusionsprojekt zwischen Deutscher Bank und<br />
Dresdner Bank genannt (die neue Bank sollte<br />
– horribile dictu – die grüne Farbe der<br />
Dresd ner Bank übernehmen). In den verschiedenen<br />
Projektgruppen arbeiteten Deutschbanker<br />
und Dresdner zusammen, und als ein<br />
oder zwei der zukünftigen Kollegen als Cartellbrüder<br />
erkannt wurden, waren sie natürlich<br />
sofort herzlich eingeladen. Auch als die Übernahme<br />
dann abgeblasen wurde, blieben die<br />
„Grünen“ dem Stammtisch noch lange treu, ehe<br />
sie berufsbedingt zu neuen Horizonten aufbrachen.<br />
In der volatilen Bankenwelt blieb dieses<br />
Schicksal aber auch einigen langjährigen<br />
„Urmitgliedern“ nicht erspart. Arbeitgeberwechsel,<br />
Ausgliederungen und Pensionierungen<br />
führten dazu, dass aus dem Deutschbankerstammtisch<br />
inzwischen ein Stammtisch<br />
„Frankfurter Finanzindustrie“ geworden ist,<br />
denn natürlich ist ein beruflicher Wechsel kein<br />
Grund, den Treffen fernzubleiben. Inzwischen<br />
Foto: privat<br />
Der Autor: Gero Olbertz<br />
(Rst), 53, hat<br />
nach einer Banklehre<br />
in Köln BWL studiert<br />
und ist nach verschie -<br />
denen beruflichen<br />
Stationen seit 2002 bei der DWS, der Fondsgesellschaft<br />
der Deutschen Bank, als Senior<br />
Portfolio Manager tätig. Seit 2013 ist er Philisterschriftführer<br />
der AV Rheinstein im CV<br />
zu Köln.<br />
stoßen aus dem Freundeskreis oder der Familie<br />
auch „finanzferne“ CVer hinzu und verbreitern<br />
damit natürlich die Themenbereiche<br />
der jeweiligen Treffen. Für einige Aktive, die<br />
in anderen Städten studieren und in Frankfurt<br />
ein Berufspraktikum machen, ist der<br />
Stammtisch für die Zeit ihres Aufenthaltes<br />
keine Großveranstaltung, sondern mit einer<br />
Teilnehmerzahl zwischen drei und acht Cartellbrüdern<br />
durchaus überschaubar. Die Treffen<br />
finden alle zwei Monate in der Regel am<br />
dritten Monatsdonnerstag ab 18.30 Uhr im<br />
„Neuen Volkswirt“ statt. Das nächste Treffen<br />
ist für den 18. Juni geplant. Kontakt über<br />
Gero Olbertz, phil.xxx@av-rheinstein.de.<br />
Hans-Werner Sinn sprach bei Vindelicia über Demographie<br />
Foto: privat<br />
München. Beim traditionellen Neujahrsempfang der KDStV<br />
Vindelicia München hat der deutsche Ökonom Hans-Werner<br />
Sinn gesprochen. Der Präsident des ifo Institut für Wirtschaftsforschung<br />
sprach über die auf Deutschland zukommende<br />
demographische Katastrophe – und nahm dabei<br />
kein Blatt vor den Mund, insbesondere was die Entwicklung<br />
der Renten in den kommenden Jahren betrifft. Mit freundlichen<br />
Worten hatte Cbr Prof. Dr. Kurt Faltlhauser (Vc), vormaliger<br />
Finanzminister in Bayern, das Referat eingeleitet.<br />
Im Bild (von links): Aktivensenior Cbr Daniel Boosz, Spiritus<br />
rector Cbr Dr. Michael Winter, Cbr Prof. Kurt Faltlhauser,<br />
Redner Prof. Dr. Hans-Werner Sinn und PhilX Ekkehard Reinisch<br />
(Vc). Der Neujahrsempfang, als dessen Taktgeber<br />
Cbr Dr. Michael Winter (F-Rt) fungiert, wird im kommenden<br />
Januar zum neunten Mal stattfinden. Sprechen wird<br />
dann der Maler Michael Triegel, einer der bekanntesten<br />
Künstler Deutschlands. Der Leipziger hatte die maßgeblichen<br />
Porträts von Papst Benedikt XVI. (Rup) gemalt. AC<br />
64 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>
Cartellverband<br />
CV-Zirkel<br />
Hochtaunus:<br />
neue Leitung<br />
Bad Homburg. Der CV-Zirkel Hochtaunus<br />
hat seit Anfang <strong>2015</strong> eine neue Leitung.<br />
Nach über 16 Jahren als Vorsitzender legte<br />
Cbr Helmut Steinfurt (Hr) die Verantwortung<br />
in die Hände von Cbr Dr. Johannes Maier<br />
(Ho), der von den Cartellbrüdern Hans-<br />
Georg Dahl (GEl) und Jörn van Rossum<br />
(Elb) unterstützt wird.<br />
Mitte März stellte sich der neue Vorstand in<br />
einer akademischen Feier im Verkehrslokal<br />
Der neue Vorstand des CV-Zirkels Hochtaunus,<br />
von links: Cbr Hans-Georg Dahl (GEl), Dr. Johan -<br />
nes Maier (Ho) und Jörn van Rossum (Elb).<br />
„Zur Traube“ in Bad Homburg den Cartellbrüdern<br />
und deren Damen vor. Der Abend<br />
begann mit der Feier der Heiligen Messe, die<br />
der dem CV-Zirkel verbundene Pfarrer Dr.<br />
Marcelinus Zang Mvondo aus Kamerun<br />
hielt. Anschließend hielt Dr. Mvondo die<br />
Festrede zur Enzyklika „Evangelii Gaudium“,<br />
in der Papst Franziskus ermuntert, den<br />
Glauben mit Freude in der Welt zu leben. Ein<br />
weiterer Punkt war die Vorstellung der neuen<br />
Homepage des Zirkels, auf der das attraktive<br />
Jahresprogramm eingesehen werden kann.<br />
Nach einigen studentischen Liedern und<br />
Colloquien klang der Abend mit dem CV-<br />
Bundeslied aus.<br />
Neben den über zweihundert Cartellbrüdern,<br />
die im Hochtaunuskreis gemeldet sind,<br />
lädt der Zirkel alle aktiven und philistrierten<br />
Cartellbrüder, die vorübergehend im Hochtaunuskreis<br />
tätig sind oder Urlaub machen,<br />
gerne zu seinen Veranstaltungen ein. Der regelmäßige<br />
Stammtisch findet an jedem<br />
ersten Dienstag im Monat statt. www.cvhochtaunus.de,<br />
info@cv-hochtaunus.de. AC<br />
Foto: privat<br />
COMMENTiert<br />
von Dr. Bernhard Grün (Mm)<br />
Wo liegen die Grenzen guten Geschmacks? Was ist bereits<br />
Kitsch, was kreativ und was Klamauk? Wie damals sehe ich<br />
Herrn N. N. 1 auf dem Gießener Marktfrühschoppen mit grob vernähter<br />
„Prim“ frisch gescheitelt vor mir stehen, stolz auf das<br />
Innenfutter seiner dunkelgrünen Kneipjacke weisend, einen<br />
veritablen Bierzipfel kunstvoll gefertigt aus einem breiten rosa<br />
Straps nebst Schieber und dazu passendem Phantasiezirkel<br />
vorweisen – nichts für Puristen. 2<br />
Das Garnieren von Mützen mit Pins, Buttons und Ansteckern wertet<br />
weder den so verunstalteten Burschenhut noch dessen Träger wirk -<br />
lich auf. Unvergeßlich der Anblick mit kleinen Fußbällen, Tennis -<br />
schlägern und Teddybären bestickter Kopfcouleurs korporierter<br />
Teilnehmer auf dem Nürnberger Thomastagkommers, abgesehen von<br />
anderen Stillosig- und Peinlichkeiten des Chargiercomments<br />
diverser Verbindungen – auffallen um jeden Preis.<br />
Couleurkitsch in Form von Fidibushaltern, Flohbeinen, Aschen -<br />
bechern, Visitenkartentabletts, Zinntellern usw. hat eine hart -<br />
näckige Tradition, die sich über süßliche Postkarten mit Alt- und<br />
Jung-Heidelbergmotiven, Heidelberger Romanzenfilmen und schnul -<br />
zi gen Schallplattenaufnahmen nahtlos bis heute fortführen läßt:<br />
Massenware mit höchst vergänglichem Wappenaufdruck wie Bier krüge<br />
in allen Variationen, seidige Verbandskrawatten, 3 läs si ge Shirts<br />
mit Farbbesatz im Collegelook, 4 Baseballcaps, Plastik arm band -<br />
uhren, Flaschenöffner, Schlüsselanhänger, Feuer zeu ge – frei nach<br />
dem Motto: „Die Corpsedition von Zippo kann so auch zum festen<br />
Bestandteil jeder Couleurartikelsammlung werden ... Das hält eben<br />
ein Leben lang. So wie Ihre Corpszugehörigkeit.“ 5 Mein persön -<br />
licher Favorit: die adventlichen Teelichtgläser mit CV-Logo, die<br />
sich auch für sog. sportliche Schnelle (Stichwort: Kösener<br />
Kinderbecher) eignen, Achtung: Teelicht vorher heraus nehmen! 6<br />
Unitarier stärken sich lieber mit UV-Traubenzucker wür feln – das<br />
Stück zu zehn Cent (auch einzeln bestellbar?), die Ver packung<br />
geschmackvoll in Verbandsfarben. 7 Wer das Besondere liebt, sollte<br />
gleich zum Fußabstreifer mit Zirkel nach Wahl grei fen – je nach<br />
Abneigung für eine bestimmte Verbindung und hof fent lich noch im<br />
Shopsortiment der Corps auf Lager (bitte nach fragen!) 8<br />
Absolut liebenswert dagegen die nach Farbenwunsch handbemalten<br />
Räuchermännchen aus dem Erzgebirge, die rechtzeitig vorbestellt<br />
in neun unterschiedlichen Ausführungen erhältlich sind. 9 Nicht<br />
zu vergessen für Romantiker das Mitbringsel für die Dame: der<br />
Heidelberger Studentenkuß. 10<br />
1<br />
Lat. Numerius Negidius = Der die Zahlung Verweigernde = der angeklagte Schuldner im<br />
Römischen Recht. Name und Korporation des Betreffenden dem Autor bekannt.<br />
2<br />
Waffenstudenten bestellen ihr blutendes Konterfei unter: www.factum-coloniae.de<br />
3<br />
Wahlweise in drei Farben: www.verlag-tms.de<br />
4<br />
Auch mit Damen- und Kinderkollektion: www.propatria.de<br />
5<br />
Gefunden in: Corps-Magazin 3 (2005), S. 19.<br />
6<br />
Gefunden in: Academia 5 (2012), S. 44.<br />
7<br />
Gefunden in: Unitas 4 (2012), S. 352.<br />
8<br />
Gefunden in: Corps-Magazin 3 (2010), Umschlagseite.<br />
9<br />
Persönlich vor Ort in Seiffen vorbeischauen oder: www.klaus-merten.de<br />
10<br />
Ladengeschäft (Haspelgasse 16) unterhalb des Couleurcafés Knösel:<br />
www.studentenkuss.com<br />
[Anm.d.Red.: Der Autor hat um die Wiedergabe in der Form der alten Recht schreibung gebeten.]<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 65
Cartellverband<br />
<strong>2015</strong><br />
WICHTIGE CV-TERMINE<br />
Juni <strong>2015</strong><br />
Freitag, 19. - Sonntag, 21. 110. Stiftungsfest Vandalia (Prag), München<br />
Freitag, 19. - Sonntag, 21. 20. Stiftungsfest Norbertina, Magdeburg<br />
Freitag, 26. - Sonntag, 28. 125. Stiftungsfest Teutonia Fr. i. Ü.<br />
Samstag, 27. Übergabekommers Kaiserslautern<br />
Juli <strong>2015</strong><br />
Mittwoch, 22. Stadtgründungskommers Nürnberg<br />
September <strong>2015</strong><br />
Freitag, 4. - Montag, 7. 169. Generalversammlung des StV,<br />
Solothurn<br />
Oktober <strong>2015</strong><br />
Mittwoch, 7. - Freitag, 16. CV-Fahrt nach Israel<br />
Samstag, 10. 40. Regionaltag Südwest, Darmstadt, NbB<br />
Samstag, 10. 40. Regionaltag West, Düsseldorf, BuL<br />
Samstag, 24. 40. Regionaltag Nord, Bremen, Vis<br />
Samstag, 24. 40. Regionaltag Südost, Würzburg, ChW<br />
November <strong>2015</strong><br />
Dienstag, 3. 46. CV-Empfang Stuttgart<br />
Donnerstag, 5. - Sonntag, 8. 140. Stiftungsfest Suevia, Berlin<br />
Festkommers: Freitag<br />
Freitag, 6. - Sonntag, 8. 33. Medienseminar mit HSS, Kloster Banz<br />
Samstag, 14. - Sonntag, 15. KVV des EKV, Salzburg<br />
Dezember <strong>2015</strong><br />
Freitag, 18. - Sonntag, 20. Thomastag, Nürnberg<br />
Festkommers: Samstag<br />
2016<br />
Mai 2016<br />
Mittwoch, 25. - Sonntag, 29. 100. Katholikentag, Leipzig<br />
Donnerstag, 26. - Sonntag, 29. 130. Cartellversammlung, Würzburg<br />
(Achtung: Fronleichnam!)<br />
August 2016<br />
Dienstag, 2. - Sonntag, 14. 5. CV-Seereise<br />
„Rund um die Britischen Inseln“<br />
September 2016<br />
Freitag, 2. - Montag, 5. 170. Generalversammlung des StV, Schwyz<br />
2017<br />
Juni 2017<br />
Donnerstag, 15. - Sonntag, 18. 131. Cartellversammlung, Stuttgart<br />
(Achtung: Fronleichnam!)<br />
2018<br />
Mai 2018<br />
Mittwoch, 9. - Sonntag, 13. 101. Katholikentag, Münster<br />
(Achtung: Christi Himmelfahrt!)<br />
Donnerstag, 31. - Sonntag, 3.6. 132. Cartellversammlung, Köln<br />
(Achtung: Fronleichnam!)<br />
CV-Zirkel bei<br />
PwC gegründet<br />
Frankfurt. Seit mittlerweile zwei Jahren<br />
treffen sich Cartellbrüder, die deutschlandweit<br />
bei der PricewaterhouseCoopers WPG<br />
AG beschäftigt sind, regelmäßig zum Stammtisch.<br />
Auch wenn es, bedingt durch die mit<br />
der Tätigkeit verbundenen wechselnden Einsatzorte,<br />
für die Cartellbrüder auch mit der<br />
Herausforderung verbunden ist, dienstliche<br />
Reiseerfordernisse mit der Stammtischteilnahme<br />
zu vereinbaren, nehmen regelmäßig<br />
knapp zehn Cartellbrüder teil.<br />
Am 4. November 2014 hatten sich acht Cartellbrüder<br />
auf Einladung des Sprechers des<br />
Vorstandes von PwC, Cbr Prof. Dr. Norbert<br />
Winkeljohann (Wf) in der Frankfurter Firmenzentrale<br />
von PwC getroffen. Bei dem<br />
Treffen wurde spontan beschlossen, einen<br />
offiziellen PwC-CV-Zirkel zu gründen. Der<br />
Zirkel steht unter der Schirmherrschaft von<br />
Cbr Prof. Dr. Norbert Winkeljohann. Zum<br />
Zirkelvorsitzenden wurde Cbr Dr. Sven-Joachim<br />
Otto (Cpf) gewählt. Die Cartellbrüder<br />
haben sich zum Ziel gesetzt, ein Netzwerk<br />
innerhalb von PwC auf- bzw. auszubauen,<br />
das den Gedankenaustausch und die Kontaktaufnahme<br />
von Cartellbrüdern innerhalb<br />
von PwC, aber auch zu anderen Unternehmen<br />
und Verbänden der Privatwirtschaft fördert.<br />
Gerne sind die Zirkelmitglieder aktiven<br />
Cartellbrüdern mit passendem Studienfach<br />
und entsprechenden Studienleistungen behilflich,<br />
ein Praktikumsplatz oder auch den<br />
Berufseinstieg bei PwC zu finden.<br />
Die Bandbreite der Studienfächer und Tätigkeitsbereiche<br />
der Zirkelmitglieder ist ein<br />
Spiegelbild der Themen- und Tätigkeitsschwerpunkte<br />
von PwC insgesamt. Denn<br />
auch wenn PwC stark als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />
bekannt ist, bietet PwC<br />
neben Steuer- und Rechtsberatung auch<br />
klassische Unternehmensberatungsdienstleistungen<br />
an. Im Zirkel sind somit neben<br />
Juristen und Wirtschaftswissenschaftlern<br />
auch Cartellbrüder mit naturwissenschaftlich-technischen<br />
Abschlüssen vertreten. Als<br />
Tätigkeitsfelder der Cartellbrüder seien beispielhaft<br />
genannt die Beratung im Bereich<br />
Kommunal- und Energierecht, die Beratung<br />
zu Unternehmenssteuerfragen oder die IT-<br />
Beratung. Cartellbrüder, die bei PwC ar -<br />
beiten, können sich gern bei Cbr Dr. Sven-<br />
Joachim Otto melden. Thomas Rudolph (Cs)<br />
66 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>
Thema<br />
europäische Identität –<br />
auf geht’s nach Rom<br />
Rom. Von Mittwoch, 26. August, bis<br />
Dienstag, 2. September, findet in Rom<br />
das Seminar der CV-Akademie „Rom – die ewige Stadt als Wiege der europäischen<br />
Identität“ statt. Die Leitung liegt bei Cbr Tom Peters (Ber), die Unterbringung erfolgt<br />
im Gästehaus des Deutschen Ordens in der Via Nomentana. Das Programm<br />
hat vieles Interessante und Bildsame sowie überhaupt einiges Hochkarätige zu<br />
bieten: Bereits am Donnerstag ist Empfang in der Botschaft der Bundesrepublik<br />
Deutschland beim Heiligen Stuhl sowie Besuch beim souveränen Malteserorden<br />
im Palazzo di Malta. Freitag: Führung über das antike Forum Romanum und Besuch<br />
des Kolosseums; studentische Kneipe bei der Capitolina Rom. Samstag: Besuch<br />
der Villa Farnesina, Trastevere, Spaziergang durch das Rom der Renaissance. Sonntag:<br />
Besuch des Hochamts in Santa Maria Maggiore, Angelus-Gebet mit dem<br />
Heiligen Vater am Petersplatz. Montag: Führung bei der Schweizer Garde und<br />
Besuch des Petersdoms, Engelsburg; Führung durch den Campo Santo Teutonico<br />
mit dem Römischen Institut der Görres-Gesellschaft. Dienstag: Besuch der Biblioteca<br />
Vaticana und Führung durch die Räumlichkeiten durch die Archivleitung.<br />
Kostenanteil: 450 Euro Studenten, 600 Nichtstudenten. Eine Anmeldung ist<br />
über die CV-Akademie im CV- Sekretariat in Bad Honnef möglich (siehe auch<br />
unten: Seminare der CV-Akademie).<br />
AC<br />
8/<strong>2015</strong>, „Rom – die ewige Stadt als Wiege der Europäischen Identität“<br />
26.8. - 3.9.<strong>2015</strong>, Gästehaus des Deutschen Ordens in Rom (siehe auch Beitrag oben)<br />
10/<strong>2015</strong>, „Barmherzigkeit“<br />
20. - 22.11.<strong>2015</strong>, Salvatorianer Kloster Steinfeld, Kall<br />
11/<strong>2015</strong>, „Einkehrtage <strong>2015</strong>: Familie in heutiger Zeit“<br />
27. - 29.11.<strong>2015</strong>, Kloster Huysburg, Huy-Dingelstedt<br />
SEMINARE<br />
DER CV-AKADEMIE<br />
Anfragen und Seminaranmeldungen (schriftlich) sind zu richten an:<br />
CV-Sekretariat, Linzer Straße 82, 53604 Bad Honnef, Telefon (0 22 24) 9 60 02-0,<br />
Fax (0 22 24) 9 60 02-20, cva-verwaltung@cartellverband.de<br />
Foto: privat<br />
Akademie<br />
Die Teilnehmer hörten nicht nur Vorträge, sondern<br />
besichtigten die Bauten auch am Ort.<br />
Wissenswert: das<br />
Mittelalter in Trier<br />
Trier. 35 Teilnehmer sind im April der Einladung<br />
zu einem CV-Seminar gefolgt, das die<br />
KDStV Vasgovia Landau mit der CV-Akademie<br />
in Trier durchführte. Thema war das<br />
mittelalterliche Trier. Nach dem Eröffnungsvortrag<br />
„Sagenhaftes Trier – wie die Trierer<br />
ihre Geschichte erfanden“ bewun derte man<br />
die von Bischof Georg von Schönborn durch<br />
Balthasar Neumann über dem Grab des<br />
heiligen Paulinus errichtete barocke Kirche<br />
St. Paulin. Hauptmarkt, Matthiasbasilika,<br />
Domschatz und Dom waren weitere hoch -<br />
interessante Stationen auf dem Programm.<br />
Die Leitung lag bei Cbr Karl Dann (Vg). AC<br />
Bischöfliches Internat<br />
und Tagesinternat<br />
im Münsterland<br />
International. Individuell. Christlich.<br />
Wir sind ein international ausgerichtetes Internat mit langer Tradition.<br />
Unser Ziel ist es, die uns anvertrauten Kinder und Jugendlichen bestmöglich<br />
zu fördern, individuell und auf Grundlage des christlichen Menschenbildes.<br />
Wir informieren Sie gerne:<br />
www.internat-loburg.de<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 67
Cartellverband<br />
Nuntius Pacelli hatte 1922 die Ehren -<br />
mitgliedschaft der Trifels angenommen.<br />
Als Pius XII. stand er dazu.<br />
Noch<br />
härteres Schicksal<br />
Gebet um baldige Seligsprechung<br />
Die KDStV Trifels gedenkt ihres Ehrenmitglieds Pius XII.<br />
München/Rom. Seit fünf Jahren gibt die<br />
KDStV Trifels zu München im CV ein<br />
Messstipendium im Anliegen der baldigen<br />
Seligsprechung ihres Ehrenmitglieds, des<br />
vor maligen Nuntius Eugenio Pacelli, des<br />
späteren Papstes Pius XII. Nuntius Eugenio<br />
Pacelli wurde 1922 aufgenommen und blieb<br />
seitdem der Studentenverbindung, auch als<br />
Papst, treu.<br />
Die Heilige Messe wird jeweils im Marienmonat<br />
Mai in der Theatinerkirche St. Kajetan<br />
in München zur regulären Wochentagsmesse<br />
um 17.30 Uhr gefeiert. Trifels chargiert, und<br />
den Altardienst übernahm die Trifels-Akti-<br />
vitas. Der Heiligen Messe wohnten nicht nur<br />
Alte Herren und Aktive der KDStV Trifels<br />
bei. Unter anderem nahm CV-Ratsvorsitzender<br />
Cbr Dr. Heiner Emrich (Nv) und die Philisterseniores<br />
Aenaniae und Vindeliciae, Cbr<br />
Prof. Dr. Hartmann sowie Ekkehard Reinisch<br />
(VC), und der Vorsitzende des Vereins der<br />
Freunde und Förderer des CV, Alt-CV-Ratsvorsitzender<br />
Cbr Dr. Karlheinz Götz (Rup),<br />
sowie Cbr Dr. Michael Mihatsch (Rup) teil.<br />
Celebrans und Prediger ist der jeweilige Trifels-Verbindungsseelsorger.<br />
Seit geraumer<br />
Zeit ist dies Pater Dr. Wolfgang Hariolf<br />
Spindler OP (F-Rt). Auf dem Altar stand eine<br />
Rolf van Rienen<br />
Couleurartikelversand<br />
<br />
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<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Foto: privat<br />
Erzbischof Dr. Karl Braun schreibt:<br />
„Pius XII. wollte mit aller Entschiedenheit<br />
den Massenmord<br />
Hitlers an den Juden öffentlich<br />
verurteilen. Seinen im Sommer<br />
1942 bereits vorbereiteten scharfen<br />
Protest gegen den Holocaust<br />
hat der Papst im Interesse der<br />
Verfolgten und aus Kenntnis der<br />
Machthaber zurückgezogen, weil<br />
er befürchten musste, dass er mit<br />
seinem Einspruch das Schicksal<br />
der Juden noch härter machen<br />
würde, bzw. dass die Nationalsozialisten<br />
als Reaktion darauf noch<br />
grausamer und schneller ihr Ziel<br />
der Vernichtung aller Juden verfolgen<br />
würden. Ich stimme dem<br />
Urteil zu: „Alle Erwägungen, was<br />
alles hätte verhindert werden<br />
können, wenn der Papst sich nur<br />
laut genug geäußert hätte, sind<br />
rein spekulativ – von Hochhuth<br />
bis zu seinen heutigen Nach -<br />
betern. Die historischen Tatsachen<br />
sprechen eine eindeutig andere<br />
Sprache (Otto B. Roegele)“<br />
[Braun, Karl Erzbischof, Hitlers<br />
Papst? In: ders., Im Dienst der Einheit,<br />
Bamberg 2000, S. 628-632,<br />
hier S. 631].<br />
AC<br />
Büste Pius XII. aus dem Bestand der Theatinerkirche.<br />
Die Gebetskarte mit dem offiziellen<br />
Gebet für die Seligsprechung aus dem<br />
Jahr 2010 wurde verteilt und kann über die<br />
Verbindung bezogen werden. Den festlichen<br />
musikalischen Rahmen übernahm Cbr Pater<br />
Dr. Robert Mehlhart OP (Baj), in diesem<br />
Jahr mit seiner Vokalkapelle der Theatinerkirche,<br />
der ehemaligen Bayerischen Hofkapelle.<br />
Im Anschluss luden Philistersenior<br />
Michael Müller (Tfs) und der Senior Mi -<br />
chael Stenzenberger zu einem Empfang auf<br />
das Trifelshaus.<br />
Stephan Ley (Alm)<br />
68 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>
Cartellverband<br />
DIE REZEPTIONEN<br />
VOM 1. JANUAR BIS 31. DEZEMBER 2014<br />
Zusammengestellt nach den Meldungen der Gesamtverzeichnis-Berichterstatter (GVB) zum Stichtag 1. März <strong>2015</strong>, Gesamtzahl der<br />
Rezeptionen 562. Die Verbindungen B-Th, BuM, ChM, NbB, NdP, Rad, R-F, R-P, S-Ss, Tt, Vg, Vis und Wf hatten 2014 keine Rezeptionen.<br />
KDStV Adolphiana<br />
2014.25.04 Müller Sven, bwl<br />
2014.10.10 Eberhardt Toni Günter, päd.<br />
KDStV Aenania<br />
2014.11.04 Aichinger Daniel, phys. & med.<br />
2014.11.04 Gabler Tobias, bwl<br />
2014.11.04 Grininger Jonas,<br />
pol. & geschichte<br />
2014.11.04 Probst Matthias, elektrou.<br />
inf.-techn.<br />
2014.10.10 Hennecken Alexander, jur.<br />
2014.10.10 Keilholz Michael, med.<br />
2014.10.10 Lanvers Fabian, bwl<br />
2014.10.10 Perkhofer Franziskus, vwl<br />
2014.10.10 Wachter Johannes, bwl<br />
2014.10.10 Zimmerer Maximilian, phys.<br />
2014.28.11 Fink Maximilian, el.-techn.<br />
2014.28.11 Firmke Matthias, theol.<br />
KDStV Agilolfia<br />
2014.06.10 Berger Michael, agr. (FH)<br />
2014.06.10 Schlagenhaufer Andreas,<br />
agr. (TU)<br />
2014.10.10 Frankenberger Johannes,<br />
forest.-ing. (FH)<br />
2014.10.10 Gleißner Mats, landsch.-bau<br />
u.management (FH)<br />
2014.10.10 Grabendorfer Karl,<br />
agrarwiss. (TU)<br />
2014.10.10 Huber Andreas,<br />
bioprozesstechnik<br />
2014.10.10 Hubinger Stephan,<br />
lebensm.-techn. (TU)<br />
2014.10.10 Künsberg-Langenstadt<br />
Maximilian Freiherr von, wirt.-<br />
ing. u. mark-manag. agr. (FH)<br />
2014.10.10 Meyer Matthias, agr.<br />
2014.10.10 Münsterer Michael, agr.<br />
2014.10.10 Ochsenkühn Georg,<br />
brauwesen<br />
2014.10.10 Puff Alex, manag. erneuerb.<br />
Energie (FH)<br />
2014.10.10 Scheitz Georg Ludwig, agr.<br />
2014.10.10 Steber Sebastian, agr. (TU)<br />
2014.10.10 Schmid Florian, agr. (FH)<br />
2014.10.10 Ertl Johannes, agr.<br />
2014.27.10 Hirschmann Alexander,<br />
lebensm.-techn. (FH)<br />
KDStV Alania, Bonn<br />
2014.11.07 Herschung Lucas, med.<br />
2014.17.10 Schreinemachers Matthias,<br />
geodäsie<br />
2014.05.12 Westerhoff Jan, geodäsie<br />
AV Alania, Stuttgart<br />
2014.07.04 Weirich Martin, bwl<br />
2014.07.04 Kratt Tobis, arch.<br />
2014.05.05 Sturm Benjamin, el.-u. info-techn.<br />
2014.27.10 Arnoldi Alessio, steueru.<br />
wirtschaftsrecht<br />
2014.27.10 Engler Florian<br />
2014.27.10 Hohlwegler Marcel, mach.<br />
2014.27.10 Renz Pascal, industriedesign<br />
2014.27.10 Wimmer Adrian, wiwi.<br />
KDStV Alcimonia<br />
2014.11.04 Rose Thomas<br />
2014.13.10 Heider Dominik,<br />
math. & kath.rel.<br />
KDStV Alemannia zu Greifswald und<br />
Münster (Greifswald)<br />
2014.11.10 Weinert Philipp, psychl.<br />
2014.29.11 Rhinow Peter Michael, jur.<br />
KDStV Alemannia zu Greifswald und<br />
Münster (Münster)<br />
2014.15.02 Kobler Julian<br />
KDStV Algovia<br />
2014.12.11 Kratz Michael Philipp, bwl<br />
AV Alsatia<br />
2014.13.01 Glaab Thomas, med.<br />
2014.18.01 König Markus, (VG) bwl<br />
2014.14.04 Breimhorst Christian, med.<br />
KDStV Angrivaria (Sarstedt)<br />
2014.12.06 Sinagra-Tartagna Andrea<br />
KDStV Arminia, Freiburg<br />
2014.11.01 Burchhardt Vincent,<br />
soziale arbeit<br />
2014.13.01 Becker Daniel Andreas, jur.<br />
2014.28.04 Heggenberger Ulrich Andreas<br />
(VG)<br />
2014.17.11 Hensler David,<br />
erziehungswiss.<br />
2014.17.11 Tröndle Falco, bio.<br />
KDStV Arminia, Heidelberg<br />
2014.26.04 Finster Marius, rechtswiss.<br />
2014.08.06 Zinser Markus<br />
2014.18.10 Zobel Maximilian, jur.<br />
KDStV Ascania<br />
2014.31.05 Bündgens Johannes, theol.<br />
2014.11.10 Dietrich Felix Valentin, geo.<br />
2014.06.12 Schmitz Marvin Bernhard, phil.<br />
2014.06.12 Funke Niklas, vwl.<br />
2014.06.12 Veken Janik, jur.<br />
KDStV Asgard (Düsseldorf)<br />
2014.07.04 Krug Roman, jur.<br />
2014.11.04 Okonski Martin, general<br />
managem.<br />
2014.27.06 Petsch Lennart, jur.<br />
2014.10.10 Renneberg Florian, wirt.-math.<br />
2014.10.10 Werhahn Claus,<br />
general managem.<br />
2014.10.10 Plesch Michael, vwl.<br />
2014.10.10 Vogeno Simon (VG) wirt.-inf.<br />
KDStV Aureo-Danubia<br />
2014.14.02 Kienberger Gabriel, bwl<br />
2014.10.10 Mersch Philipp, bwl<br />
2014.10.10 Schulz David, bwl<br />
2014.10.10 Guth Max, bwl<br />
2014.22.10 Frank Felix, bwl<br />
2014.13.12 Zenk Florian, bwl<br />
2014.13.12 Achhammer Christian, bwl<br />
KDStV Badenia (Straßburg)<br />
2014.11.04 Holzer Jakob, pharm.<br />
2014.11.04 Schmidt Felix, wiwi.<br />
<strong>2015</strong>.17.10 Koch Julian, jur.<br />
2014.17.10 Sailer Moritz, arch.<br />
2014.18.10 Hahner Benedikt, med.dent.<br />
2014.18.10 Brendel Nils, sport & phil.<br />
2014.18.10 Fürst Robin, phil. & wirtschaft<br />
KDStV Baltia (Danzig)<br />
2014.31.05 Plum Patrick, scientific<br />
programming<br />
2014.22.11 Enkerlin Dieter, bauing.<br />
2014.22.11 Pfeiffer Jonas, komm.-design<br />
2014.22.11 Sauer Jan, ing.<br />
2014.22.11 Scotti Benedict, mach.<br />
2014.22.11 Ziegler Georg, luft- und<br />
raumf.<br />
2014.22.11 Becker Daniel, mach.<br />
KDStV Bavaria, Berlin<br />
2014.18.01 Kuhl Jonas, dt.philologie<br />
2014.18.01 Rose Emil, kommunik.-<br />
management<br />
2014.11.07 Gogolew Alexander, vwl<br />
2014.17.10 Bürger Sebastian, verk.-wiss.<br />
2014.17.10 Kuhl Felix, jur.<br />
KDStV Bavaria, Bonn<br />
2014.05.07 Fleßenkämper Jan Wilhelm,<br />
cand.jur.<br />
2014.04.10 Assmann Stephen Henrik,<br />
cand.jur.<br />
2014.15.11 Sigl Maximilian, journ.<br />
KDStV Bergland (Freiberg, Sachsen)<br />
2014.15.11 Lanfer Pierre, mach.<br />
KDStV Bodensee<br />
2014.20.09 Bucher Manuel Berthold<br />
2014.04.11 Schmidt Max<br />
2014.04.11 Feißt Felix, mach.<br />
2014.04.11 Auerbach Leon,<br />
wirt.-ing. & mach.<br />
2014.06.12 Kirchner Philipp<br />
2014.06.12 Gessinger Alexander<br />
KDStV Borusso-Saxonia<br />
2014.07.05 Kiljan Piotr, jur.<br />
2014.11.11 Roos Markus, mach.<br />
2014.06.12 Mainitz Gero, jur.<br />
KDStV Borusso-Westfalia<br />
2014.18.10 Finkeneier Marvin, vwl<br />
2014.18.10 Proch Simon, logistik<br />
2014.18.10 Täffner Dominik, chem.<br />
KDStV Burgundia (Leipzig), Düsseldorf<br />
2014.03.02 Lovato Christian, rer.nat.<br />
2014.15.09 Mönch Alexander,<br />
ing. oec.(FH)<br />
2014.11.10 Gerling Patrick, rer.nat.<br />
2014.11.10 Güttler Valentin, rer.oec.(FH)<br />
2014.22.11 Anlieker Jürgen (VG) jur.<br />
2014.22.11 Schlüngel Peter, jur.<br />
2014.23.11 Miloloza Perica, phil.& theol.<br />
KAV Capitolina<br />
2014.25.01 Demmel Werner(VG)<br />
2014.25.01 Heid Stefan(VG),<br />
theol.<br />
2014.07.03 Pietsch Benedikt,<br />
pol. & phil. & rechts.-wiss.<br />
2014.07.03 Taubitz Georg, theol.<br />
2014.26.04 Lohmann Martin(VG)<br />
2014.29.11 Böck Maximilian, jur.<br />
KDStV Carolingia<br />
2014.22.11 Arnegger Josef<br />
2014.22.11 Hils Foriab<br />
KDStV Carolus Magnus<br />
2014.02.08 Banzer Martin, inf.<br />
2014.29.06 Schnieders Andreas,<br />
hist. kulturwiss.<br />
2014.15.07 Freund Sebastian,<br />
aviation manag.<br />
2014.06.12 Schorr Tilman, bwl<br />
KDStV Cheruscia, Würzburg<br />
2014.28.01 Muth Julian, rer.pol.<br />
2014.31.05 Strik Andreas, jur.<br />
2014.11.10 Hübner Ole-Simon, jur.<br />
2014.11.10 Luff Martin, chem.<br />
2014.28.10 Schmidt Valentin, phil.<br />
2014.28.10 Zenglein Florian, rer.pol.<br />
AV Cheruskia, Tübingen<br />
2014.08.07 Kohlhäufl Cyrill Raphael,<br />
jur.<br />
2014.01.10 Herz Thomas, gesch.<br />
2014.01.10 Kohlhäufl Julius Martin Xaver,<br />
med.<br />
2014.13.10 Haab Christian, gesch.<br />
2014.13.10 Baumann Friedrich,<br />
nanoscience<br />
2014.01.11 Ullmer Maximilian, forest<br />
KDStV Churpfalz<br />
2014.08.09 Debessai Abraham,<br />
engl. & gesch.<br />
2014.08.09 Bach Jannik, jur.<br />
2014.08.09 Hell Christopher, pol.<br />
2014.08.09 Nguyen Duc, bwl<br />
KDStV Chursachsen<br />
2014.08.05 Röhm Gero, arch.<br />
KDStV Churtrier<br />
2014.27.10 Tholen Jonas<br />
2014.27.10 Dahmen-Wassenberg<br />
Frowin<br />
2014.27.10 Ries Pascal<br />
2014.27.10 Blaczek Max<br />
AV Edo-Rhenania<br />
2014.17.05 Tanaka Yutaro<br />
KDStV Elbmark (Tetschen-Liebwerd)<br />
2014.19.07 Reiling Nils, pol.<br />
2014.25.10 Jovic Josip,<br />
engineering & managem.<br />
(Fortsetzung nächste Seite )<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 69
Cartellverband<br />
(Rezeptionen – Fortsetzung von Seite 69)<br />
KDStV Falkenstein<br />
2014.15.02 Stehle Rainer, sportwiss.<br />
2014.10.05 Lang Benjamin Gregory,<br />
engineering<br />
2014.02.08 Stich André, phys.<br />
2014.06.12 Weber Sebastian,<br />
sporttherapie<br />
2014.06.12 Painter Brian, planetar. geol.<br />
KDStV Ferdinandea (Prag, Bamberg)<br />
2014.12.10 Eilert Emil, economics<br />
2014.12.10 Georgiev Aleksander, bio.<br />
2014.12.10 Lohmann Dennis,<br />
care & phil.& ethik<br />
2014.12.10 Ricken Dominik, molek.<br />
biotechn.<br />
2014.12.10 Steinmann Jan, theol.<br />
2014.01.11 Willems Moritz, jur.<br />
2014.15.11 Kastler Martin<br />
KDStV Franconia, Aachen<br />
2014.15.05 Schultheiss Nils, wiwi.<br />
2014.15.05 Stolz David, arch.<br />
2014.10.10 Mols Daniel, mach.<br />
2014.10.10 Dreier Christian, wirt.-ing.-bau<br />
2014.10.10 Kolodziej Dennis, mach.<br />
2014.22.10 Roer Laurens, wirt.-ing.-mach.<br />
2014.22.10 Kaluza Peter, mach.<br />
2014.05.12 Sommer Marcel, bau-ing.<br />
KDStV Franco-Raetia<br />
2014.16.05 Richter Patrick, arch.<br />
2014.10.10 Scholz Andreas, jur.<br />
2014.06.12 Dommen Thomas, bio.<br />
2014.06.12 Woithe Lukas, bio.<br />
KDStV Frankonia (Czernowitz)<br />
2014.07.04 Fötsch Fabian, med.<br />
2014.03.10 Kronauer Carsten, med.dent.<br />
2014.31.10 Pröll Jonas, med.dent.<br />
2014.31.10 Reiser Tobias, mechatronik<br />
2014.31.10 Gritzbach Michael, sinologie<br />
2014.03.11 Heiser Richard, bio.<br />
2014.01.12 Nehr Fabian, material- u.<br />
werkstofftechn.<br />
2014.20.12 Köbrich Manuel,<br />
material- u. werkstofftechn.<br />
KDStV Fredericia<br />
2014.31.10 Westhaus Lukas Sebastian,<br />
bwl<br />
2014.31.10 Hach Maximilian,<br />
european economic<br />
AV Frisia<br />
2014.22.11 Brickwedde Hermann<br />
2014.22.11 Nichau Henning<br />
2014.22.11 Zahn Jan Peter<br />
2014.24.11 Sitterz Lukas<br />
KDStV Germania<br />
2014.30.08 Zerfaß Max, jur.<br />
2014.30.08 Mitzscherlich Johann, jur.<br />
AV Glückauf-Salia<br />
2014.18.01 Tetzlaff Andreas<br />
2014.26.04 Brameier Dirk<br />
2014.25.10 Schmachtenberger Gereon<br />
2014.25.10 Hölzer Alexander<br />
2014.25.10 Jensch Christoph<br />
2014.06.12 Marquardt Sebastian<br />
KDStV Gothia, Erlangen<br />
2014.05.04 Brinckmann Daniel, jur.<br />
2014.01.05 Buhr Philipp, phil.<br />
2014.05.07 Wust Alexander<br />
2014.17.09 Schwarze Luca, rer.nat.<br />
2014.01.10 Krücken Jan, e-commerce<br />
2014.01.10 Gradl Simon, phil.<br />
2014.04.10 Weustink Christian, med.<br />
2014.04.10 Weiß Benedikt, musik<br />
(lehramt)<br />
2014.04.10 Hartmann Lukas, rer.pol.<br />
2014.06.10 Auer Johannes,<br />
chem.-u.bio.-ing.wesen<br />
2014.06.10 Albrecht Benjamin, soz. & phil.<br />
2014.06.10 Stadler Kilian, chem.-bio.-ing.<br />
2014.06.10 Renner Michael, med.<br />
2014.06.10 Kelm Valentin, psych.<br />
2014.06.10 Hasse Luka, life science<br />
engineering<br />
2014.06.10 Fischer Andreas, mechatronik<br />
2014.06.10 Reussenzehn Christoph, inf.<br />
KDStV Gothia, Würzburg<br />
2014.06.10 Kleinhenz Christoph, rer.pol.<br />
KDStV Greiffenstein (Breslau)<br />
2014.17.10 Yanez Fernando, wiwi<br />
2014.17.10 Lippenmeyer Lukas<br />
2014.17.10 McCoy Christopher<br />
AV Guestfalia<br />
2014.11.04 Dingemann Christoph,<br />
med.dent.<br />
2014.19.07 Hovath Daniel, theol.<br />
2014.10.10 Fischer Maximilian,<br />
phil & theol.<br />
2014.10.10 Jost Florian, phys.<br />
2014.10.10 Lüttge Walter Rasmus<br />
Bernhard, phil.,gesch. & angl.<br />
2014.01.12 Groß Nicolas, theol.<br />
KDStV Guestfalo-Silesia<br />
2014.14.01 Henkes Alexander, mach.<br />
2014.14.01 Te Pahs Lukas, wiwi.<br />
2014.14.06 Schild Julian, wiwi.<br />
2014.17.10 Kuhr Matthias, angl./germ.<br />
2014.22.11 Valkysers Philipp, theol.<br />
AV Hansea (Berlin)<br />
2014.18.01 Sieber Patrick, paed.<br />
2014.25.10 Faupel Merlin, gesch. & arch.<br />
KDStV Hasso-Nassovia<br />
2014.26.04 Rosche Thomas, rer.oec.<br />
2014.14.06 Merten Sven Georg, theol.<br />
2014.05.07 Bauer Julian, bwl<br />
2014.22.08 Wüst Thomas, rechts.-wiss.<br />
2014.15.10 Wiesemann Leon<br />
VKDSt Hasso-Rhenania, Gießen<br />
2014.19.07 Lohmann Franz, jur.<br />
2014.18.10 Barthels Oliver, jur.<br />
2014.18.10 Grimm Maximilian,<br />
getränketechn.<br />
2014.18.10 Kemper Tobias, jur.<br />
2014.31.10 Sobel Vincent,<br />
deutsch & gesch.<br />
2014.13.12 Geiping Lukas, vet.-med.<br />
2014.13.12 Goslar Simon, psych.<br />
2014.13.12 Hoffmann Florian, jur.<br />
2014.13.12 Klasen Mathias, vet.-med.<br />
2014.13.12 Lenhart Timo, jur.<br />
2014.13.12 Mineif Florian, wiwi.<br />
2014.13.12 Zaigler Sebastian, wiwi.<br />
VKDSt Hasso-Rhenania, Mainz<br />
2014.26.04 Flöck Markus, musik & math.<br />
2014.26.04 Judmann Benedikt<br />
KDStV Hercynia<br />
2014.20.10 Hüppe Maximilian, math.<br />
2014.20.10 Piechocki Christian, geol.<br />
2014.20.10 Köser Aaron, med.<br />
2014.20.10 Lorleberg Stephan, phil.<br />
2014.20.10 Wentink Gerrit, rer.pol.<br />
2014.20.10 Rofa Karlos, med.<br />
2014.27.10 Göppert Timo, rer.nat.<br />
KDStV Hohenstaufen<br />
2014.06.01 Bültmann Moritz, rer.nat.<br />
2014.26.05 Kalmassi Isidor, theol.<br />
2014.18.10 Schreiber Patrick,<br />
gesch. & theol.<br />
2014.01.11 Rieser Gregor, gesch. & pol.<br />
2014.01.11 Heneka Marius, paed.<br />
2014.03.11 Bosbach Nicolas<br />
KDStV Kaiserpfalz<br />
2014.17.10 Fischer Stephan,<br />
wirt.-bauing.<br />
2014.17.10 Heisinger Maurice<br />
2014.17.10 Klimke Marc<br />
2014.17.10 Lindner Stephan Patrick<br />
2014.17.10 Smok Thomas<br />
2014.17.10 Winters Florian, wirt.-ing.<br />
2014.05.12 Inhestern Jonas, wirt.-ing.<br />
2014.06.12 Tiwald Markus (P)<br />
KDStV Langobardia (München)<br />
2014.03.04 Pilars de Pilar Gordian, jur.<br />
2014.03.04 Bach Patric, jur.<br />
2014.03.04 Obermeier Bernhard, wiss.<br />
2014.03.04 Siegel Christoph, jur.<br />
2014.31.05 Beck Tobias, jur.<br />
2014.31.05 Steger Christian Karl(VG)<br />
phil. &. theol.<br />
2014.11.10 Gudat Constantin,<br />
ethnologie<br />
2014.11.10 Trost Kilian, jur.<br />
2014.11.10 Winkler Matthias, jur.<br />
2014.25.10 Schneider Tim, inf.<br />
KAV Lovania<br />
2014.22.03 Kehren O.Praem Jeremias M.,<br />
cand.jur.<br />
2014.22.03 Ramos y Diaz Antonio,<br />
cand.phil.<br />
2014.08.10 Thewis Michael, bacc.jur.<br />
2014.08.10 Puyvelde Andreas van<br />
2014.08.10 Wymeersch Nathan,<br />
bacc.jur.<br />
KDStV Makaria (Berlin)<br />
2014.18.10 Calchera Riccardo,<br />
wirt.-ing. (mach.)<br />
2014.18.10 Ticona Luis, bau-ing.<br />
2014.18.10 Zachert Christoph, mach.<br />
2014.18.10 Botschek Richard, mach.<br />
2014.18.10 Gastens Markus, mach.<br />
2014.13.12 Gores Sven, mach.<br />
KDStV Marchia (Breslau)<br />
2014.18.01 Raasch Benjamin,<br />
wirt.-ing.(mach.)<br />
2014.18.10 Knoll Lukas, bauing.<br />
2014.18.10 Tiltmann Jonas, mach.<br />
KDStV Markomannia<br />
2014.23.06 Offenegger Patrick, pharm.<br />
2014.05.10 Schnack Peter, jur.<br />
2014.05.10 Mockenhaupt Kai Bastian,<br />
bwl (FH)<br />
2014.05.10 Piorko Jan, jur.<br />
2014.18.10 Werner Moritz,<br />
nanostrukturtech.<br />
2014.18.10 Smidt Frederik Andreas, jur.<br />
2014.04.11 Friemann Max, med.<br />
2014.13.11 Lederer Markus, theol.<br />
KDStV Merowingia<br />
2014.26.07 Rosenberger Lukas,<br />
raum- u. umweltpl.(TU)<br />
2014.01.11 Ehrhard Andreas,<br />
raum- u. umweltpl.(TU)<br />
2014.01.11 Delius Mark, arch. (TU)<br />
2014.01.11 Dany Christian, el.(FH)<br />
2014.06.12 Schlesser Rick, bauing.(TU)<br />
KDStV Moenania<br />
2014.11.04 Hildebrandt Michael, vwl<br />
2014.18.10 Stock Dario, medieninf.<br />
2014.18.10 Spang Florian, statistik<br />
2014.18.10 Nathaniel Ray, theol.<br />
2014.18.11 Hartmann Maximilian, el.<br />
2014.29.11 Hechfellner Severin, geoinf.<br />
KDStV Moeno-Franconia<br />
2014.23.10 Lickert Jens, theater &<br />
kunstwiss.<br />
2014.24.10 Glas Michael, bauing.(FH)<br />
2014.30.10 Glanemann Niklas, wiwi.<br />
KDStV Nassovia<br />
2014.25.10 Sossenheimer Matthias,<br />
mach.<br />
2014.25.10 Peter Jero, math.<br />
2014.25.10 Schild Jonas, bio.-techn.<br />
2014.25.10 Reulbach Hubertus<br />
2014.25.10 Piechatzek Lucas, ing.<br />
2014.25.10 Kaiser Konstantin, arch.<br />
2014.25.10 Damböck Benedikt, el.<br />
KDStV Niedersachsen<br />
2014.11.01 Bohlander Felix, wirt.-<br />
ing.&mach.<br />
2014.11.01 Henz Sebastian, biotechn.<br />
2014.11.01 Kohl Nicolas, energietechn.<br />
2014.11.01 Ruland Jakob, mach.<br />
2014.08.11 Tuyisabe Desire, wirt.-inf.<br />
2014.08.11 Weiß Matthias, mach.<br />
2014.08.11 Beckmann Joshua, bio.<br />
2014.08.11 Wolf Moritz, bio.-ing.<br />
2014.08.11 Mierzwa Max Dominik, mach.<br />
2014.08.11 Kleinhans Julius, mach.<br />
2014.08.11 Meyer Niklas, mach.<br />
KDStV Norbertina<br />
2014.01.02 Schnitzler Christian, wirt.-ing.<br />
KDStV Nordmark (Rostock, Karlsruhe)<br />
2014.18.02 Fischer Stefan<br />
2014.18.10 Krawczyk Bartek, phys.<br />
KDStV Normannia<br />
2014.18.01 Venyi Matthias Thomas,<br />
mechatr. & inf.-techn.<br />
2014.09.02 May Marvin Carl, wirt.-ing.<br />
2014.16.04 Hasselmann Leonard, phys.<br />
2014.25.04 Kihr Lukas<br />
2014.25.10 Stabel Maximilian, etec.<br />
2014.25.10 Schäfer Thomas, inf.<br />
KDStV Novesia<br />
2014.03.11 Handwerk Jan, pol. &<br />
gesellsch. u. rechtswiss.<br />
2014.03.11 Ritzdorf Thomas, asienwiss. &<br />
japanisch<br />
KDStV Oeno-Danubia<br />
2014.14.06 Haupt Michael Thomas,<br />
medien u. kommun.<br />
2014.14.06 Groß Johann Jasper, jur.<br />
2014.11.10 Burner Stefan, jur.<br />
2014.11.10 Gruber Michael Richard<br />
Georg, inf.<br />
KDStV Ostmark<br />
2014.07.02 Ott Sebastian<br />
2014.19.12 Dobmeier Korbinian, wiwi.<br />
2014.19.12 Schönberger Patrick<br />
AV Palatia, Göttingen<br />
2014.23.07 Leibecke Jan, oec.<br />
2014.31.10 Cwik David, jur.<br />
2014.31.10 Frieden Christian, agr.<br />
2014.08.11 Pöppel Moritz, jur.<br />
2014.08.11 Stiels Philipp, jur.<br />
2014.08.11 Wissen Alexander, forest.<br />
70 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>
Cartellverband<br />
2014.17.12 Brauner Christoph, oec.<br />
2014.17.12 Czimenga Ramon, oec.<br />
2014.17.12 Wicher Andreas, oec.<br />
KDStV Palatia, Marburg<br />
2014.01.07 Einheuser Jakob, med.<br />
KDStV Palatina<br />
2014.11.07 Ritter Johannes,<br />
handels-und dienstl.<br />
2014.02.10 Biehler Martin, el.<br />
2014.02.10 Amberger Patrick,<br />
erneuerb.energ.<br />
2014.10.10 Lamm Willi<br />
2014.10.10 Bensch Christopher<br />
KDStV Rappoltstein (Straßburg)<br />
2014.18.03 Blumentritt Felix Leonard, bwl<br />
2014.12.04 Scherhag Leo, managem.<br />
2014.11.10 Wehler Clemens, rer.pol.<br />
2014.11.10 Andrezjewski Philipp Jan<br />
Frederick, wirt.-psych.<br />
KDStV Rheinland<br />
2014.23.01 Mies Michael, rer.nat.<br />
2014.05.04 Nüsser Christian, rer.pol.<br />
2014.05.04 Robens René<br />
2014.05.07 Zehnder Frank Günter (E)<br />
2014.08.10 Beck Maximilian, rer.nat.<br />
2014.09.10 Onofrietti Gino, phil.<br />
2014.09.10 Pospiech Parick, rer.pol.<br />
KDStV Rheinpfalz<br />
2014.08.11 Malkmus Philipp<br />
2014.08.11 Wilke Tobias<br />
2014.08.11 Bourdy Andreas<br />
2014.08.11 Kircher Maximilian<br />
2014.08.11 Fleckentein Daniel<br />
AV Rheinstein<br />
2014.11.04 Saess Niklas, medienwiss.<br />
2014.11.04 Taurig Mark Marcl, rer.pol.<br />
2014.11.04 Sost Fabian, wirtsch.-recht.<br />
2014.11.04 Unger David, rer.pol.<br />
2014.10.10 Maar Luca, math.<br />
2014.10.10 Exner Jan Hendrik, sportwiss.<br />
2014.10.10 Duwe Manuel, ing.<br />
2014.19.12 Sell Robin, rer.nat.<br />
VKDSt Rhenania<br />
2014.27.11 Weissbach Florian<br />
2014.06.12 Huber Jochen (P)<br />
KDStV Rhenania-Moguntia<br />
2014.26.05 Schlichter Lukas, jur.<br />
KDStV Rheno-Baltia<br />
2014.11.10 Weber Yannik,<br />
mehrspr.kommunik.<br />
2014.11.10 Schmitz Yannick, phil.<br />
2014.11.10 Sprinkmeier Michael<br />
AV Rheno-Guestfalia, Kiel<br />
2014.20.09 Betz-Luhnau Xaver, bwl<br />
2014.06.12 Raimann Eduard, inf.<br />
FAV Rheno-Guestfalia (H. Münden)<br />
2014.19.05 Mersch Julian, soz.-wiss.<br />
2014.19.05 Völkerding Jan-Bernd,<br />
agr. & bwl<br />
2014.13.10 Hartsch Florian, forest.<br />
2014.27.10 Wülfing Georg, forest.<br />
KDStV Rheno-Saxonia (Köthen)<br />
2014.01.07 Valerius Philipp, bwl<br />
KDStV Ripuaria, Aachen<br />
2014.11.07 Aptyka Markus Johannes,<br />
mach.<br />
2014.13.12 Schneckenberger Peter. mach.<br />
KDStV Ripuaria, Bonn<br />
2014.17.05 Zervosen Benedikt (VG)<br />
2014.18.07 Brühl Adrian, ing.<br />
2014.10.10 Verholen Pascal, jur.<br />
2014.10.10 Heibel Mark, rer.nat.<br />
2014.10.10 Kneer Ferdinand Simon J. S.,<br />
rer.nat.<br />
2014.10.10 Schlimbach Raphael, jur.<br />
KDStV Ripuaria, Freiburg<br />
2014.13.11 Wallraff Severin, oec.<br />
FEE/EStV Robert Schuman Argentorata<br />
2014.01.01 Kurek Maximilien, lebenswiss.<br />
2014.01.01 Weber Jonathan, arch.<br />
2014.07.11 Hoeffel Daniel, jur.<br />
2014.01.12 Chaffaud Qentin, ing.<br />
KDStV Rupertia<br />
2014.11.04 Geiß Andreas,jur.<br />
2014.11.04 Oswald Tobias, jur.<br />
2014.22.05 Feichtmayer Stefan Ludwig,<br />
jur.<br />
2014.22.05 Holler Fabian, produkt.-und<br />
automat.techn.<br />
2014.10.10 Böhm Lukas, med.<br />
2014.10.10 Buchschmid Dominik, rer.nat.<br />
2014.10.10 Dong David, jur.<br />
2014.03.11 Steinko Martin Gulliermo,<br />
deutsch-spanisch<br />
KDStV Saarland (Saarbrücken)<br />
2014.15.04 Schelhorn Patrick, techn.<br />
2014.30.09 Hain Christopher, techn.<br />
2014.30.10 Doraji Julian, jur.<br />
2014.12.11 Mandel Philipp, techn.<br />
KDStV Sauerlandia<br />
2014.06.01 Berger Dominik Sebastian,<br />
med.<br />
2014.13.10 Passerschroer David, vwl<br />
2014.03.11 Jonig Christoph, soz. arbeit<br />
2014.03.11 Kunst John Robert, bwl<br />
2014.11.11 Wegmann Philipp, pol.<br />
2014.11.11 Makowski Niko, theol.<br />
2014.08.12 Ripplinger Leo, biowiss.<br />
VKDSt Saxonia<br />
2014.10.04 Leiting Benedikt, energiegebäude-u.<br />
umwelttechn.<br />
2014.10.07 Trippler, Christoph, vwl<br />
2014.09.10 Engelmann Tim, jur.<br />
2014.09.10 Weppelmann Mathias, intern.<br />
business & manag.<br />
2104.09.10 Schumacher Robert, med.<br />
2014.09.10 Ewald Marvin, math. & phys.<br />
2014.09.10 Frieden Florian, chem.<br />
2014.09.10 Brinkmann Tobias Hendrik, vwl<br />
2014.09.10 Westerhorstmann Alexander,<br />
bwl<br />
2014.29.11 Hecker Bela, bwl<br />
2014.29.11 Fleer Felix, vwl<br />
2014.19.12 Schneeberger Michael,<br />
wirt.-ing.<br />
2014.19.12 Wagner Artur, med.dent.<br />
2014.19.12 Schlüter Christoph, wirt.-inf.<br />
KDStV Saxo-Silesia<br />
2014.01.04 Dänekas Christian<br />
2014.01.04 Borchert Max<br />
2014.01.04 Frehlich Aaron<br />
KDStV Saxo-Thuringia<br />
(Dresden, Aachen)<br />
2014.25.01 Heiderhoff Phil<br />
2014.17.05 Andree Maurice<br />
2014.17.05 Rättig Raimo<br />
2014.29.09 Marszalek Kajetan<br />
2014.11.10 Margeit Phil<br />
KDStV Schwarzwald<br />
2014.08.02 Gion Lorant,<br />
kultur-media techn.<br />
2014.08.02 Rieger Jonas, wirt.-ing.<br />
2014.18.10 Lagier Friedrich-Wilhelm,<br />
mach.<br />
2014.18.10 Hoffmann Eduardo Rivero,<br />
chem.<br />
2014.06.12 Leberer Johannes, mach.<br />
2014.06.12 Didong Stephan Johannes,<br />
wirt.-ing.<br />
2014.06.12 Westfechtel Janek Philipp, inf.<br />
2014.06.12 Naseband Clemens, inf.<br />
AV Silesia (Halle, Bonn)<br />
2014.05.04 Heinrich Thomas Gregor, jur.<br />
2014.10.07 Böcker Jan, wirt.ing.<br />
AV Sparrenberg<br />
2014.15.02 Meinerz Sven, rer.nat.<br />
2014.15.02 Tillmann Jonas, phil.<br />
KDStV Staufia<br />
2014.18.10 Fahnenbruck Aaron,<br />
wirt.-psych.<br />
2014.15.11 Hutsch Paul, sportmanag.<br />
2014.17.11 Rothe Leon, chem.<br />
AV Suebo-Danubia<br />
2014.15.02 Siegert Ludwig, wirt.-math.<br />
2014.15.02 Elgas Hannes, wirt.-math.<br />
2014.15.12 Lemmer Matthias, med.<br />
KAV Suevia<br />
2014.15.10 Gerwin Christopher, bwl<br />
2014.15.10 Korozs Aron, pol.<br />
2014.15.10 Krist Dominik, bwl<br />
2014.15.10 Bukowski Jan, theaterwiss<br />
& gesch.<br />
2014.15.10 Nagel Nico, jur.<br />
2014.15.10 Graf Lorenzo, italienstudien<br />
KDStV Sugambria (Jena)<br />
2014.31.01 Schneider Leonard, jur.<br />
2014.08.11 Dohmen Steffen, rer.oec.<br />
2014.08.11 Pham Thien An, rer.nat.&<br />
et.techn.<br />
KDStV Teuto-Rhenania<br />
2014.24.05 Schulte-Wülwer Andreas,<br />
wirt.-ing.<br />
2014.24.05 Kleuker Felix, mach.<br />
2014.06.12 Becker Bennet, prod.-u.<br />
logistik<br />
2014.06.12 Palotz Julian, wiwi.<br />
2014.06.12 Schneider Felix, wiwi.<br />
2014.06.12 Middelkamp Gerrit, prod.-u.<br />
logistik<br />
2014.06.12 Geers Leon, math.<br />
2014.06.12 Elmauer Janos, musik<br />
KStV Thuringia Coburg<br />
2014.26.04 Gregor Werner (P)<br />
2014.27.09 Widhalm Ingomar (VG),<br />
agrarwiss.<br />
KDStV Thuringia Würzburg<br />
2014.11.10 Rubik Patryk, bwl<br />
2014.11.10 Schiller Oliver, pol. & soz.<br />
2014.11.10 Buckel Manuel, rer.nat.<br />
2014.11.10 Stais Thomas, jur.<br />
2014.11.10 Zink Christoph, med.dent.<br />
KDStV Trifels<br />
2014.09.04 Dietl Sebastian, tourism.<br />
2014.29.04 Theiner Simon, med.<br />
2014.11.10 Kornas Thomas<br />
2014.11.10 Weiß Lennart Jakob<br />
Konstantin<br />
2014.11.10 Latz Cedric Josef<br />
2014.11.10 Kahlenberg Clemens Philipp<br />
2014.11.10 Trotha Tassilo Claus-Thilo von<br />
2014.11.10 Ruhdorfer Florian<br />
2014.18.11 Barta Leonard Richard<br />
AV Tuisconia (Königsberg, Bonn) zu<br />
Landshut<br />
2014.31.05 Schnur Ludwig Rudolf Robert,<br />
jur.<br />
2014.26.07 Otho Lothar (VG)<br />
2014.10.10 Fuchs Michael, awt<br />
2014.07.11 Stein Robert, med.-techn.<br />
KDStV Tuiskonia, München<br />
2014.07.02 Glätzer Markus, pol.<br />
2014.10.10 Sturm Simon Gabriel, jur.<br />
2014.10.10 Flesche Carl, phys.<br />
2014.05.12 Leinenbach Philipp<br />
Maximilian, math.<br />
2014.05.12 Söntgerath Gereon Max<br />
Johannes, bwl<br />
2014.05.12 Arzberger Martin, jur.<br />
2014.06.12 Eisenreich Lukas, jur.<br />
2014.06.12 Kwasnitschka Stefan, bwl<br />
KDStV Vandalia (Prag)<br />
2014.07.10 Weinzierl Christopher<br />
KDStV Vindelicia<br />
2014.01.02 Hilmer Michael, bwl<br />
2014.12.04 Swidersky Manuel, jur.<br />
2014.12.04 Sanda Vilius, eurp.-u.<br />
intern.wirt-recht<br />
2014.12.04 Schnell Curt-Alexander,<br />
wirt.-math.<br />
2014.12.04 Mayr Leopold, business<br />
admin.<br />
2014.14.06 Herrmann Wolfgang A.(E)<br />
2014.11.10 Grzesik David, bwl<br />
2014.11.10 Peil Gregor, wirt.-komm.<br />
chinesisch<br />
2014.11.10 Dorbath Tilman, bau-ing.<br />
2014.13.12 Colberg Yannick,<br />
sportmanag.<br />
AV Widukind<br />
2014.16.04 Kröllken Sven, logopädie<br />
2014.15.10 Bünnemeyer Markus, päd.<br />
2014.15.10 Kossen Jan Tilmann,<br />
berufl.-bildung metall (FH)<br />
2014.15.10 Neumann Florian,<br />
freiraumpl.(FH)<br />
2014.12.11 Hartmann Julian, wirt.-recht.<br />
2014.10.12 Doan Nguyen, rechts.-wiss.<br />
KDStV Wiking<br />
2014.13.06 Voß Carlo, wirt.-ing.<br />
2014.18.10 Buchstab Oliver, med.<br />
2014.05.12 Tapken Johannes, jur.<br />
2014.05.12 Zündorf Stephan, jur.<br />
KDStV Wildenstein<br />
2014.07.06 Januszweski Witold, bio<br />
2014.07.06 Plein Marvin Raphael, umwelt<br />
<strong>2015</strong>.13.12 Burger Stephan (E)<br />
KDStV Winfridia (Breslau)<br />
2014.07.01 Farruggia Weber Francesco<br />
Henrique, jur,<br />
2014.12.07 Canete Prette Cesar<br />
Augusto, jur.<br />
AV Zollern<br />
2014.02.10 Hentschel Henri, arch.<br />
2014.14.11 Althaus Felix, med.dent.<br />
2014.14.11 Krull Martin, geor.<br />
2014.13.12 Hengesbach Maximilian,<br />
oec.troph.<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 71
Personen<br />
Am Ende des Empfangs auf dem Haus<br />
der KDStV Aenania München dankte der<br />
Jubilar, Prof. Peter C. Hartmann (Ae), den<br />
Gratulanten. Die Laudatio hatte<br />
Cbr Alfons Brandl (Ae) gehalten.<br />
Foto: Matthias Firmke (Ae)<br />
Aenania ehrt ihren Philistersenior<br />
Prof. Dr.Dr. Peter C. Hartmann feierte seinen 75. Geburtstag mit Prominenz<br />
München. Die KDStV Aenania hat den 75.<br />
Geburtstag ihres Philisterseniors, Prof.<br />
Dr.Dr. Peter Claus Hartmann, am Beginn des<br />
Sommersemesters zum Anlass genommen,<br />
ihn mit einem Empfang zu ehren. Prof. Hartmann<br />
wurde am 28. März 1940 in München<br />
geboren. Am Empfang nahmen u.a. der Vizepräsident<br />
des Bayerischen Landtags, Cbr Reinhold<br />
Bocklet (Tfs), der Staatsminister für<br />
Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst<br />
Ludwig Spaenle (Ae), Bischofsvikar Rupert<br />
von Stolberg (Ae) sowie Cbr Hartmanns Ehefrau<br />
– Mutter von vier Kindern – teil. Senior<br />
Hubertus-M. Waltermann bedankte sich auch<br />
im Namen seiner Vorgänger beim Philistersenior<br />
für die stets vertrauensvolle Zusammenarbeit<br />
in den vergangenen zehn Jahren und<br />
überreichte ein Bild von der starken Aktivitas.<br />
Ministerialrat i.R. Alfons Brandl (Ae) würdigte<br />
das Wirken von Cbr Hartmann in der<br />
Verbindung, im CV und im Beruf. 1960 bei<br />
Aenania aufgenommen, studierte Hartmann<br />
in München und an der Sorbonne in Paris<br />
Geschichte und Romanistik und promovierte<br />
an beiden Universitäten. Als begeisterter CVer<br />
wurde er später knapp vier Jahre lang Philistersenior<br />
bei der Oeno-Danubia in Passau, engagierte<br />
sich bei Hasso-Rhenania in Mainz, kandidierte<br />
auf eigenen Wunsch nicht für den<br />
CV-Vorsitz, wurde 2005 nach seiner Emeritierung<br />
Philistersenior der Aenania, wo er –<br />
an Traditionen des 19. Jahrhunderts anknüpfend<br />
– die Wiederbelebung von Wissenschaftspreisen,<br />
konkret: des Pelkhovenpreises,<br />
initiierte. In Hartmanns Amtszeit wurde<br />
der Preis inzwischen 56 Mal verliehen.<br />
Er kümmert sich um die nach Franz Lorenz<br />
Gerbl, dem Gründer der Aenania, benannte<br />
Schule im Südsudan. Statt Geschenken erbat<br />
er Spenden für deren Innenausstattung (Dr.<br />
Helmut Stingl, IBAN DE75 7001 0080 0271<br />
2378 08). Am Aufbau der Schule beteiligt sich<br />
außer der Erzdiözese München und Freising<br />
auch die CV-Afrika-Hilfe. Als Philistersenior<br />
wirkt Cbr Hartmann darauf hin, dass eine<br />
Straße in Münchens Neubaugebieten nach<br />
einem in der Vergangenheit verdienten Aenanen<br />
benannt wird. Durch Telefonate mit fast<br />
jedem einzelnen der vielen Aenanen gelingt<br />
es ihm, den Zusammenhalt weiter zu stärken.<br />
Cbr Hartmann wurde 1982 Professor für<br />
Neuere Geschichte und Bayerische Landesgeschichte<br />
in Passau und wechselte 1988 als<br />
Ordinarius für Neuere Geschichte an die Universität<br />
Mainz, wo er 2005 emeritiert wurde.<br />
Bayern und Europa sind seine großen Themen,<br />
die er als Alleinautor oder Herausgeber in 30<br />
Büchern und weit über hundert Aufsätzen<br />
ausbreitete. Wie Cbr Alfons Brandl betonte,<br />
kreisen die Forschungen Hartmanns vorwiegend<br />
um die französische Geschichte, das<br />
Heilige Römische Reich Deutscher Nation und<br />
die bayerische Landesgeschichte. Cbr Prof.<br />
Hartmann ist Ritter des Ordre des Palmes<br />
Académiques, Vorstandsmitglied der deutschfranzösischen<br />
Kulturstiftung und Mitglied der<br />
Bayerischen Akademie der Wissenschaften.<br />
Er hält weiterhin Vorlesungen an der LMU.<br />
Auch das hält ihn jung. Norbert Matern (TsK)<br />
Dr. Josef Graf (Cp) zum Weihbischof<br />
der Diözese Regensburg ernannt<br />
Regensburg. Papst Franziskus hat Cbr Dr.<br />
Josef Graf (Cp) zum Weihbischof der Diözese<br />
Regensburg ernannt. Die Bischofsweihe erhält<br />
Cbr Graf, der auch Mitglied der KDStV<br />
Rupertia Regensburg ist, am 7. Juni. Er wird<br />
als Bischofsvikar für die Priesterseelsorge<br />
bestellt. Dr. Graf war mit einer Arbeit über<br />
Gottlieb Söhngen promoviert worden. Der<br />
Münchner Fundamentaltheologe Söhngen war<br />
einer der Lehrer von Joseph Ratzinger (Rup).<br />
Der künftige Weihbischof ist aufgrund seiner<br />
ausgedehnten Exerzitien- und Vortragstätigkeit<br />
weit über die Diözese Regensburg hin -<br />
aus bekannt. Im Klerus sei er „sehr geschätzt<br />
und anerkannt“, sagte Dr. Rudolf Voder -<br />
holzer, Bischof von Regensburg. Josef Graf<br />
hatte in den vergangenen 26 Jahren nach<br />
Studien und Aufenthalt u.a. im Collegium<br />
Germanicum et Hungaricum in Rom, als<br />
Spiritual im Priesterseminar Regensburg gewirkt.<br />
Die Priesterweihe hatte er vor beinahe<br />
32 Jahren aus der Hand von Erzbischof<br />
Friedrich Wetter (Ae) in Rom erhalten. AC<br />
Foto: privat<br />
72 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>
Personen<br />
Als Frauenarzt in Turkmenistan<br />
CVER IM AUSLAND<br />
Die <strong>ACADEMIA</strong>-Redaktion wird weiterhin<br />
Cartell brüder vor stel len, die im Ausland<br />
wir ken. Wer da her Informationen über<br />
CVer im Ausland in besonderen beruflichen<br />
Positionen und Lagen hat, kann<br />
diese gerne an die Re daktion<br />
wei ter leiten (redaktion@<br />
car tellverband. de).<br />
Diesen Beitrag habe ich verfasst, um anderen Personen die<br />
Möglichkeit aufzuzeigen, einen ähnlichen Weg zu gehen.<br />
Nachdem ich mich zum größten Teil von meiner beruflichen<br />
Arbeit zurückgezogen hatte, wollte ich meine langjähriges<br />
Wissen und meine Erfahrung zum Wohle anderer zur Verfügung<br />
stellen. Ich tätige noch mit meiner Tochter, die meine<br />
Nachfolge angetreten hat, regelmäßig größere frauenärztliche<br />
Operationen im Krankenhaus. Seit einigen Jahren stehe<br />
ich mit dem Senior-Expert-Service (SES) in Bonn in Kontakt.<br />
Dieser Service vermittelt auf Anfrage Fachleute in alle Kontinente<br />
(Handwerker, Akademiker etc.). Im November 2014 erreichte<br />
mich ein dringender Notruf über den SES aus Ashgabad,<br />
der Hauptstadt von Turkmenistan, um in der<br />
staatszentralen gynäkologischen Klinik für Tumorerkrankungen<br />
tätig zu werden. Kurz entschlossen flog ich mit meiner<br />
Frau dorthin und blieb bis Anfang Dezember.<br />
Während des Fernsehauftritts: Cbr Dr. med. Höner (Mitte).<br />
Turkmenistan ist eine ehemalige Sowjetrepublik, die sich 1992<br />
von der Sowjetunion getrennt hat. Die medizinische Versorgung<br />
wurde im Wesentlichen durch Russen, die das Land 1992<br />
verlassen haben, getätigt. Der erste Präsident, Turkmenbashi,<br />
erklärte, er regiere ein gesundes Volk und legte deshalb keinen<br />
Wert auf medizinische Versorgung seines Volkes. Der nachfolgende<br />
Präsident seit 2007, sein ehemaliger Zahnarzt, versucht<br />
nun intensiv, ein Gesundheitssystem aufzubauen. Turkmenistan<br />
ist ein reiches Land durch Gas und Ölvorkommen und andere<br />
Bodenschätze. Es grenzt im Westen an das Kaspische<br />
Meer, im Süden an Iran, im Osten und Norden an Afghanistan,<br />
Usbekistan und Kasachstan. Das Land besteht zum größten<br />
Teil aus Wüste. Es hat eine Bevölkerung von sechs Millionen<br />
Einwohnern und eine Fläche von der Größe Spaniens. Ein großer<br />
Teil der Bevölkerung sind Nomaden.<br />
Die erstaunliche, moderne Hauptstadt Ashgabad (400.000<br />
Einwohner) ist in jeder Beziehung großzügig gestaltet. Alle<br />
Foto: privat<br />
Gebäude sind mit weißem italienischem Marmor verkleidet. In<br />
einem solchen Gebäude wurde uns eine Wohnung im elften<br />
Stock zur Verfügung gestellt, und ebenso sah die Tumorklinik,<br />
in der ich tätig war, aus. Betreut wurde ich durch einen Frauenarzt<br />
der Klinik. Er holte uns am Flughafen ab, war während<br />
meiner Tätigkeit an meiner Seite und brachte uns auch wieder<br />
zum Flughafen. Er sprach fließend englisch, was in Turkmenistan<br />
recht selten ist, da die meisten neben der Turksprache nur<br />
Russisch verstehen.<br />
Er holte mich morgens um 7.15 Uhr ab. Wir fuhren zusammen in<br />
die nahe gelegene Klinik. Nach der Morgenbesprechung<br />
operierte ich oder assistierte ich bei Operationen. Es folgten<br />
Visiten, Konferenzen und Sprechstunden. Zu mir kamen viele<br />
Ärztinnen und Angestellte der Klinik, zum Teil mit ihren An -<br />
gehörigen, um Rat für ihre medizinischen und persönlichen<br />
Probleme bei mir zu suchen. Mein Ruf hatte sich schnell verbreitet,<br />
so dass eine Konferenz über allgemeine medizinische<br />
Probleme mit etwa 15 Kollegen im nationalen Fernsehen übertragen<br />
wurde. Außerdem wurde ich gebeten, im Fernsehen einen<br />
Vortrag über medizinische Fragen zu halten. Da meine<br />
Frau pharmazeutisch vorgebildet ist, wurde sie zu einer Konferenz<br />
mit Kolleginnen und Kollegen über Hormonbehand -<br />
lungen gebeten. Ihr Hauptthema war die Schilddrüse, da in<br />
diesem Land erheblicher Jodmangel herrscht. In Deutschland<br />
knüpfte sie Kontakte zu Pharmafirmen. Das Verhältnis zu<br />
den Kollegen war herzlich und freundschaftlich. Sie betrachteten<br />
mich zwar als Lehrer, ich fühlte mich jedoch als Teil<br />
ihres Teams.<br />
Das Land macht einen verschlossenen Eindruck. Die Bevölkerung<br />
jedoch ist freundlich und aufgeschlossen. Meine Tätigkeit<br />
endete am Abend vor unserem Abflug mit einem festlichen Diner,<br />
an dem die Klinikleitung, Kollegen und ein Regierungsvertreter<br />
teilnahmen. Wir wurden reichlich beschenkt.<br />
In der Klinik fehlten leider viele Apparate und Instrumente, die<br />
in unserem Land Standard sind. Ich sah bösartige Tumore, wie<br />
sie mir in meiner Tätigkeit seit vielen Jahren nicht mehr vorgekommen<br />
sind. Aus diesem Grunde ist ein umfangreiches Vorsorgeprogramm<br />
dringend einzurichten. Auch dies wurde mit<br />
den Kollegen erörtert.<br />
Nebenbei konnten wir uns frei in der Hauptstadt bewegen.<br />
Das Wetter war schlecht, aber die Stimmung sehr gut. Ich hoffe,<br />
hiermit dem einen oder anderen eine Anregung gegeben<br />
zu haben.<br />
Dr. med. Manfred Höner (Als)<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 73
Personen<br />
Man roch ihn von weitem<br />
Cbr Msgr. Dr. Paul Mai (Rup), langjähriger CV-Archivar, 80 – Gedanken vom CV-Sekretär<br />
Sind wir ehrlich! Es gibt solche und solche<br />
Cartell- und Bundesbrüder. Wir<br />
lassen uns von dem einen etwas gefallen,<br />
was wir einem anderen nie zugestehen<br />
würden. So ist es einmal! Und davon<br />
kann sich niemand freimachen. Gegenteiliges<br />
wurde bis dato auch nicht von Heiligen<br />
unserer katholischen Kirche berichtet.<br />
Im CV-Sekretariat herrscht striktes Rauchverbot<br />
und dies nicht erst in Bad Honnef. Auch in<br />
München war dies stets der Fall. Der seit Herbst<br />
1991 bestellte CV-Sekretär, selbst bis damals<br />
passionierter Pfeifenraucher, der sich nicht nur<br />
seitdem vor Ort zurückhielt, sondern das Rauchen<br />
komplett einstellte, wurde nach längeren<br />
Dienstfahrten das eine oder andere Mal freudig<br />
(?) überrascht, wenn er die gläserne Eingangstüre<br />
des CV-Sekretariates öffnete und ihm<br />
aromareicher Pfeifentabak entgegenschlug.<br />
Nun muss der geneigte Leser wissen, dass<br />
der Vorgänger im Amt des CV-Sekretärs die<br />
Gewohnheit hatte, das eine oder andere Mal<br />
in seiner alten Wirkungsstätte vorbeizuschauen.<br />
Aus diesem Kurzaufenthalt wurden<br />
nicht selten bis zu sechs Wochen, die er auf<br />
(s)einer Pritsche verbrachte. Wie schreibt der<br />
Librettist in der Operette: „Gern lud ich mir<br />
Gäste ein!“<br />
So war es, und (un)regelmäßig tauchte ein<br />
unverfänglicher liebenswürdiger Monsignore<br />
aus Regensburg auf, den man sich ohne<br />
Pfeife nicht vorstellen kann. Beide das „Gedächtnis“<br />
des CV beinhaltend, referierten<br />
aus der Vergangenheit, schmissen mit Namen<br />
von Cartellbrüdern vergangener Zeiten<br />
um sich, dass es den jungen Sekretär regelrecht<br />
erschauderte.<br />
Erst beim Nachschlagen entsprechender<br />
Werke wurde dem Sekretär klar, dass sie<br />
nicht zum Tross von Cbr Franz Lorenz Gerbl<br />
in den Sudan gehörten, dass sie nicht im Vorzimmer<br />
von Cbr Heinrich Brüning gearbeitet<br />
hatten und auch nicht im Weltall mit Cbr<br />
Reinhold Ewald gewesen waren. Aber wie<br />
sie so zusammensaßen, konnte man ihnen<br />
und ihren Geschichten Glauben schenken.<br />
Als es aber im Frühjahr 1995 darum ging, einen<br />
Nachfolger für den CV-Rats-Vorsitzenden<br />
zu finden, der nicht mehr zur Kandidatur anstand,<br />
wurden die „Alten“ im CV-Sekretariat<br />
bei einer ihrer üblichen Sitzungen agil und<br />
zückten ihre Telephonverzeichnisse. Ihr Ergebnis<br />
hielt sich zwar in Grenzen, da sich sehr<br />
schnell herausstellte, dass jeder zweite Versuch<br />
aus ihren jahrzehntealten Verzeichnissen<br />
fehlschlug, weil die Betreffenden schon<br />
tot waren. Schaut man aber in die nachfolgende<br />
Geschichte des Cartellverbandes, so<br />
waren sie doch erfolgreich – unter Pfeifennebelschwaden<br />
im CV-Sekretariat. Während<br />
der Ältere im 91. Jahr sein Leben in die Hände<br />
seines Schöpfers zurückgab, durfte der pfeifenrauchende<br />
Monsignore vor kurzem seinen<br />
80. Geburtstag feiern. Richard Weiskorn (Ae)<br />
Der letzte Rheno-Balte der Gründergeneration ist tot<br />
Friedrich Dust (R-Bl) mit seiner Frau und als<br />
junger Couleurstudent v/o Zimt (Bild re. unten).<br />
Soest. Im Alter von 101 Jahren ist Friedrich<br />
Dust (R-Bl) zu Gott gerufen worden. 1912,<br />
zur Zeit von Kaiser Wilhelm II. in Münster<br />
als Sohn eines Buchhändlers geboren, verlebte<br />
er seine Kindheit bei Verwandten in<br />
Lingen und in Soest, wo sein Vater 1921 eine<br />
Buchhandlung erworben hatte. Er schrieb<br />
sich 1932 in Köln zum Studium der Betriebswirtschaftslehre<br />
ein. Dort trat er der jungen<br />
Rheno-Baltia bei. Couleurname: „Zimt.“<br />
Durch den damaligen Senior Heinz Hükelheim<br />
(R-Bl) kam Zimt in Verbindung mit der<br />
Reichswehr. Gegen Ende des Krieges geriet<br />
er in amerikanische Gefangenschaft.<br />
Nach der Entlassung ging er zurück nach<br />
Soest und baute die ausgebombte elterliche<br />
Buchhandlung wieder auf. 50 Jahre führte er<br />
dieses Geschäft und band mit seinem kommunikativen<br />
Wesen eine große Stammkundschaft<br />
an sein Haus. Mit zahllosen Autorenlesungen<br />
insbesondere auf dem Gebiet der<br />
Theologie und Religion bereicherte er die<br />
Kulturlandschaft Soests. Die Welt erwies<br />
sich immer wieder als gar nicht so groß. So<br />
traf er denselben Cbr Otto von Habsburg<br />
(Alf), dem er bei seiner Gefangennahme in<br />
Innsbruck begegnet war, 40 Jahr später in<br />
Eichstätt, als dieser auf einem von Zimts<br />
Sohn geschlagenen Festkommers der Alcimonia<br />
die Festansprache hielt.<br />
2003 übergab er das Geschäft in die Hände<br />
eines seiner fünf Kinder und fand seitdem<br />
noch mehr Zeit für seine Bundesbrüder in<br />
Köln und die zahlreichen guten Freunde aus<br />
dem Soester CV. Diese Freundschaft, aber<br />
auch seine liebe Frau und die zwölf Enkel<br />
sorgten dafür, dass er bis zuletzt gern gelebt<br />
hat. In vollem Bewusstsein des nahenden Todes<br />
ist er wohlversorgt mit den Sakramenten<br />
der Hl. Kirche friedlich im Kreis der Familie<br />
entschlafen.<br />
Friedrich Dust jun. (Alm)<br />
Fotos: privat<br />
74 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>
Personen<br />
Warum ich CVer geworden bin<br />
von Cbr Maximilian Möller (Fd)<br />
Die Musik, der ich als Pianist und Posaunist in den verschiedensten<br />
Genres von Klassik bis Funk, solistisch oder in Big<br />
Bands und Orchestern sowie in meiner eigenen Band „Prime<br />
Time“ schon immer viel Zeit gewidmet habe, ist es auch gewesen,<br />
welche mich zum ersten Mal in Berührung mit couleurstudentischer<br />
Tradition brachte. Als ich damals auf der<br />
Suche nach Liedern war, die sich für eine heitere Runde sangeslustiger<br />
Schulkollegen eigneten, waren „O alte Burschenherrlichkeit“<br />
und „Student sein, wenn die Veilchen blühen“<br />
schnell ausfindig gemacht. Nun, nachdem ich am 7. Februar<br />
dieses Jahres Mitglied meiner lieben Ferdinandea-Prag zu<br />
Heidelberg geworden bin, darf ich es zu den regelmäßigen<br />
Freuden meines Studiums zählen, diese Lieder mit meinen<br />
Bundesbrüdern anzustimmen.<br />
Häufig wird als Grund, nicht in eine Verbindung eintreten zu<br />
wollen, der Freiheitsverlust genannt. Das Maß an Selbstverpflichtung<br />
und Treue, das ein solcher Lebensbund in der Tat<br />
fordert, sind offensichtlich nicht mehr viele bereit zu geben.<br />
Stattdessen hütet man seine zeitliche und ideelle Ungebundenheit<br />
und glaubt, sich so die Möglichkeit zur Selbstverwirklichung<br />
zu bewahren. Es fällt allerdings schwer, sich eine<br />
Form der Selbstverwirklichung vorzustellen, die keinerlei Einbindung<br />
und Verpflichtung erfordert. Da jedenfalls ich mich<br />
mit den Grundprinzipien religio, scientia, amicitia und patria<br />
identifizieren konnte und auch die sonstigen Gepflogenheiten,<br />
insbesondere die studentischen Gesänge mir zusagten,<br />
war mir sofort klar, dass die eingegangenen Verpflichtungen<br />
mir nicht zur Bürde geraten werden, gehen sie doch größtenteils<br />
mit meinen Neigungen einher.<br />
Ein Freund studentischen Liedgutes bin ich nicht nur, weil es<br />
der hilaritas, der Heiterkeit dient, sondern auch, weil es, indem<br />
es Freiheit, Treue, Gottesglaube, Gemeinschaft und auch<br />
das Alter besingt, wohl von manchem Fortschrittsadvokaten<br />
anmaßend als „unzeitgemäß“ abgetan werden dürfte. Indes<br />
sind einige dem Zeitgeist zuwider laufende Elemente nicht<br />
von der Hand zu weißen. Nirgendwo konzentrieren sie sich<br />
so sehr wie im folgenden Liedtext, dessen Verse wir Friedrich<br />
Schiller zu verdanken haben: „Festen Muth in schwerem Leiden<br />
/ Hilfe, wo die Unschuld weint / Ewigkeit geschwornen<br />
Eiden / Wahrheit gegen Freund und Feind / Männerstolz vor<br />
Königsthronen, Brüder gält es Gut und Blut / Dem Verdienste<br />
Maximilian Möller (Fd)<br />
seine Kronen / Untergang der Lügenbrut!“ Das auf Verdienst<br />
und Schuld gründende Gerechtigkeitsverständnis hat es<br />
schwer, sich den egalitären Strömungen zu widersetzen.<br />
Genauso ergeht es dem „Königsthron“ – der natürlich nicht<br />
wörtlich, sondern auf abstrakterer Ebene als Autorität zu<br />
verstehen ist. Denn in Zeiten, in denen Kirchenoberhäupter<br />
von satirischen Blättern ohne weiteres ins Lächerliche ge -<br />
zogen und Staatsoberhäupter von der Boulevardpresse gerichtet<br />
werden, bedarf es<br />
keines „stolzen Mannes“<br />
mehr, um gegen die Oberen<br />
aufzubegehren. Wie<br />
es um „ewig geschworene<br />
Eide“ bestellt ist, habe<br />
ich eingangs bereits erwähnt<br />
und wie oft man<br />
sich eines wahrhaften,<br />
ehrlichen Umgangs mit<br />
seinen Widersachern erfreut,<br />
mag jeder für sich<br />
selbst beurteilen.<br />
In den katholischen Studentenverbindungen bewahrt sich<br />
ein Geist, der Tradition, Glaube und Gemeinschaft atmet und<br />
somit etwas Einzig artiges in unserer Gesellschaft darstellt.<br />
Diese ist, gleich wie man zu der politischen Idee des Multikulturalismus<br />
steht, zunehmend und immer tiefgreifender<br />
kulturellen Einflüssen ausgesetzt. Die Antwort darauf darf<br />
keine falsch verstandene Toleranz sein, die zu einer Gleichgültigkeit<br />
gegenüber solchen Entwicklungen und zur Geringschätzung<br />
der eigenen Herkunft und Identität führt. Im Gegenteil,<br />
es ist notwendig, die eigenen Überzeugungen und<br />
Werte bewusst zu leben und gegebenenfalls offensiv für sie<br />
einzustehen. Nur so können wir das, was wir uns unter patria<br />
oder einfach unter Heimat vorstellen und für die Zukunft<br />
wünschen, erhalten. Mit meiner Rezeption in die KDStV<br />
Ferdinandea-Prag zu Heidelberg hoffe ich, meinen Teil dazu<br />
beitragen zu können.<br />
Der Autor: Maximilian Möller (Fd) ist 21 Jahre alt, kommt<br />
aus der Nähe von Fulda und studiert im vierten Semester<br />
Rechtswissenschaft an der Ruprecht-Karls-Universität in<br />
Heidelberg.<br />
Foto: privat<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 75
Personen<br />
Und er bewegt<br />
sich doch<br />
Der Bundestag angesichts der<br />
Öffentlichkeitsoffensive um<br />
MdB Jakob Mierscheid<br />
Bonn/Berlin. Zahlreiche Reaktionen sind<br />
auf das Schreiben von Jakob Mierscheid<br />
MdB (siehe <strong>ACADEMIA</strong> 2/<strong>2015</strong>, S. 64 f.) in<br />
der Redaktion der <strong>ACADEMIA</strong> eingegangen.<br />
Allein die Grünen erwiesen sich als die<br />
sprichwörtliche Spaßbremse. Alle anderen<br />
Parteien, inzwischen auch das Büro von<br />
CDU/CSU-Fraktionschef Kauder, gingen inhaltlich<br />
fundiert auf das Thema Präsenz von<br />
Abgeordneten im Plenum des Deutschen<br />
Bundes -<br />
tages und<br />
Deutlich an<br />
Spritzigkeit<br />
eingebüsst<br />
mit einem<br />
A u g e n -<br />
zwinkern<br />
auch auf<br />
das Phantom<br />
MdB<br />
M i e r -<br />
scheid ein. Allein Grünen-Fraktionsvorsitzender<br />
Hofreiter reagierte überhaupt nicht.<br />
Auf Nachfrage antwortete ein Mitarbeiter,<br />
das Antwortschreiben sei so existent wie<br />
MdB Mierscheid. Wie es scheint, haben die<br />
Grünen deutlich an Spritzigkeit eingebüßt.<br />
Dafür konnte alte Korrespondenz zwischen<br />
Mierscheid und hochrangigen Beamten und<br />
Politikern ausfindig gemacht werden. Erwähnenswert<br />
ist die Korrespondenz zwischen dem<br />
früheren Direktor beim Deutschen Bundestag,<br />
Cbr Dr. Joseph Bücker (Ae), und dem Abgeordneten<br />
Mierscheid. Letzterer mutmaßte verwandtschaftliche<br />
Beziehungen zur Spitze der<br />
Bundestagsverwaltung, die Cbr Bücker mit<br />
launigen Worten unter Hinweis auf Datenschutz<br />
nicht bestätigen wollte. Klaus Weber (St)<br />
Professoren treffen<br />
sich interdisziplinär<br />
Frankfurt. Cartellbrüder, die als Profes -<br />
soren sowie überhaupt als Dozenten an<br />
Hochschulen tätig sind, werden sich demnächst<br />
zu einem Austausch treffen. Avisierter<br />
Ort ist Frankfurt am Main. Das Treffen,<br />
dem weitere folgen sollen, wird im Rahmen<br />
der CV-Akademie veranstaltet, teilte<br />
deren Präsident Prof. Dr. Michael Klein<br />
(Asc) mit. Im Fokus der Begegnung steht<br />
das inter- und transdisziplinäre Gespräch<br />
sowie der Austausch unter Cartellbrüdern.<br />
Das Wirken des CV-Bildungsforums ist<br />
davon nicht berührt. Cbr Klaus Weber (St),<br />
Leiter des CV-Hochschulamtes, begrüßte<br />
die Initiative. Weitere Informationen unter<br />
klein@acatech.de sowie unter veitneu@<br />
gmx.de.<br />
AC<br />
Prälat Fischer:<br />
Priesterjubiläum<br />
Speyer. Mit einem Pontifikalamt, zelebriert<br />
von Weihbischof Otto Georgens, hat Prälat<br />
Gerhard Fischer (R-M) im Speyerer Dom<br />
Goldene Primiz gefeiert. 32 Jahre wirkte er<br />
als Diözesanpräses des Kolpingwerks im<br />
Bistum. 1982 bis 1986 war er Leiter des Katholischen<br />
Büros in Mainz. Er war Akademikerseelsorger<br />
und 15 Jahre lang Verbindungsseelsorger<br />
der KDStV Merowingia<br />
Kaiserslautern. 1995 wurde er Domkapitular.<br />
Er trägt das Ehrenband seiner Urverbindung<br />
Rhenania-Moguntia. Am Mittagessen<br />
nahm auch Altbischof Anton Schlembach<br />
(Vg) teil.<br />
Dr. Wolfgang Seydl (R-M)<br />
Lovania und<br />
Brüsseler Zirkel<br />
Langemark. Seit 1996 ist es Brauch, dass<br />
sich Aktive und Alte Herren auf den Weg<br />
nach Langemark machen, um mit einer<br />
Kranzniederlegung an der Stele des Cartellverbandes<br />
der gefallenen Cartellbrüder zu<br />
gedenken. Aus Anlass des 100. Jahrestags<br />
des Beginns des Ersten Weltkriegs trafen<br />
sich die KAV Lovania und der CV-Zirkel<br />
Brüssel zur gemeinsamen Kranznieder -<br />
legung. Cbr Clemens Ladenburger (Hr) erinnerte<br />
an das sinnlose Leiden auf beiden<br />
Seiten.<br />
Thomas A. Marquardt (Ho)<br />
Verdienste um<br />
die Kunst in Ahlen<br />
Ahlen. Für seine Verdienste um das Kulturleben<br />
Ahlens hat Bundespräsident Joachim<br />
Gauck Cbr Walter Rinke (Ks) die Verdienstmedaille<br />
des Verdienstordens der Bundes -<br />
republik Deutschland verliehen. Die Auszeichnung<br />
überreichte Landrat Dr. Olaf<br />
Gericke dem langjährigen Vorsitzenden<br />
des Kunstvereins Ahlen. Unter seiner Ägide<br />
ist der Verein in 23 Jahren von ca. 80 auf<br />
fast 400 Mitglieder herange wachsen. Der<br />
2010 erstmals ausgelobte „Förderpreis für<br />
junge bildende Kunst“ des Kunstvereins<br />
geht im Wesentlichen auf seine Initiative<br />
zurück.<br />
AC<br />
Trauer um<br />
Prof. Brüggemann<br />
Bochum. Die AV Cheruscia Münster hat<br />
von ihrem Bbr Dr. Wolfgang Brüggemann<br />
Abschied genommen. Er war als Professor<br />
für Po litische Bildung an der Universität<br />
Dortmund tätig. Stark geprägt von der<br />
katholischen Jugendbewegung, war er<br />
zeitweise RCDS-Bundesvorsitzender. 1956<br />
bis 1968 gehörte er dem Rat der Stadt<br />
Bochum, 1966 bis 1985 dem Landtag von<br />
Nordrhein-Westfalen an, wo er bildungsund<br />
schulpolitischer Sprecher der CDU-<br />
Frak tion war. 1986 bis 1992 leitete er<br />
das Schuldezernat im Generalvi kariat<br />
des Bistums Essen.<br />
Hans Wilhelm Schulteis (ChW)<br />
Orden für<br />
Dr. Motsch (GW)<br />
Würzburg. Kürzlich empfing Dr. Peter<br />
Motsch, seit 2002 Philistersenior der<br />
Gothia Würzburg, der in allen Geschossen<br />
des Gothenhauses umfangreiche Baumaßnahmen<br />
durchführte, den Bayerischen Verdienstorden<br />
für herausragende Leistungen<br />
für den Freistaat. Er ist nach Dr. Anton<br />
Betz, Dr. Otto Majewski, Paul Röhner,<br />
Hans Schöbel und Dr. Walter Schön der<br />
sechste Würzburger Gothe, der damit<br />
aus gezeichnet wurde. Er wirkte von 1975<br />
bis 2005 als Sozialreferent der Stadt<br />
Würzburg und prägte das Sozialwesen.<br />
Dr. Daniel Roos (GW)<br />
76 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>
Kirche<br />
Foto: el<br />
Von links: Erzbischof Georg Gänswein, Gerhard Kardinal Müller, Prälat Georg Ratzinger, Albrecht<br />
Weiland (Hr), Don Giuseppe Costa, Christian Schaller, Giuseppe Scotti und Hartmut Constien.<br />
Großer Theologe auf dem Stuhl Petri<br />
Bildband über Benedikt XVI. (Rup) anlässlich seiner Wahl vor zehn Jahren<br />
Rom. Der emeritierte Papst Benedikt XVI. (Rup) möchte ein zurückgezogenes<br />
Leben führen. Deshalb war eine öffentliche Feier zum zehnten<br />
Jahrestag seiner Papstwahl nicht vorgesehen. Dennoch haben aus<br />
diesem Anlass zwei Veranstaltungen im Vatikan stattgefunden, um an<br />
seine Leistung als großer Theologe zu erinnern: ein theologischer Vortrag<br />
des Präfekten der Glaubenskongregation Gerhard Kardinal Müller,<br />
der den emeritierten Papst als „einen der großen Theologen auf dem<br />
Stuhl Petri“ und einen der „bedeutendsten Theologen des 20. und 21.<br />
Jahrhunderts“ würdigte, und eine Buchpräsentation mit viel Prominenz.<br />
„Benedikt XVI. – Diener Gottes und der Menschen“, das ist der Titel<br />
des Bildbands. Er ist im Verlag Schnell und Steiner erschienen, dessen<br />
Verleger Cbr Dr. Albrecht Weiland (Hr) ist (siehe Interview S. 78).<br />
20 Kardinäle, Bischöfe, Theologen und Weggefährten beleuchten in<br />
dem Buch die verschiedenen Facetten des am 19. April 2005 zum<br />
Papst gewählten deutschen Kirchenmannes. Unter den 200 Besuchern<br />
in der Kirche des Campo Santo Teutonico direkt neben dem<br />
Petersdom waren Vertreter der Römischen Görres-Gesellschaft, des<br />
Institut Papst Benedikt Regensburg und des Verlages Schnell und<br />
Steiner. Beeindruckt zeigte sich Verleger Cbr Dr. Albrecht Weiland,<br />
dass sich Joseph Ratzinger an viele Details des Verlags erinnert, der<br />
bereits vor vielen Jahren seine Habilitation veröffentlichte. Mit erkennbarer<br />
Freude habe er den Bildband in die Hand genommen und<br />
aufmerksam in Augenschein genommen.<br />
Zu der abendlichen Buchpräsentation auf dem Gelände des idyllisch<br />
gelegenen deutschen Friedhofs, der die Grabstätten berühmter Deutscher<br />
beherbergt, kam Benedikt XVI. nicht persönlich. Da nach wie vor<br />
viele Menschen Anfragen, Bitten und Besuchswünsche an ihn richten,<br />
„wäre dies eine Lawine, die ihn erdrücken würde“, erklärt Erzbischof<br />
Gänswein. Er arbeitet nach wie vor mit dem emeritierten Papst eng<br />
zusammen und teilt auch sonst viel Zeit mit ihm: Neben der zahlreichen<br />
Korrespondenz, die Gänswein mit Benedikt bearbeitet, „zelebrieren wir<br />
jeden Morgen gemeinsam die Messe und essen zu Mittag“. Nachdem<br />
es dem heute 88-Jährigen die ersten zwei Monate nach seinem Rücktritt<br />
2013 gesundheitlich nicht gut ging, „hat er sich Stück für Stück wieder<br />
erholt“. Seine Probleme mit den Beinen kommentiert Benedikt XVI.<br />
selber humorvoll und behilft sich immer öfter mit einem Rollator.<br />
Doch auch wenn die eigentliche Hauptperson des Abends nicht anwesend<br />
war, hatte sich eine große Anzahl an Gästen wie Papstbruder<br />
Georg Ratzinger, kirchliche Würdenträger wie Kardinal Müller, Kurt<br />
Kardinal Koch (StV), Paul Josef Kardinal Cordes (Sd) sowie politische<br />
Vertreter wie die deutsche Botschafterin Annette Schavan in der<br />
Kirche Santa Maria della Pietà direkt neben dem deutschen Friedhof<br />
eingefunden. Schließlich stand weniger die Person Papst Benedikts,<br />
als vielmehr dessen Werk im Vordergrund, über das Papst Franziskus<br />
sagte: „Benedikt XVI. hat der Kirche und allen Menschen das Wertvollste<br />
zum Geschenk gemacht, was er besaß: Die Frucht unzähliger<br />
Jahre des Studiums, der theologischen Auseinandersetzung und des<br />
Gebetes.“ Oder wie es Gänswein im Vorwort des Bildbandes ausdrückte:<br />
„Die Menschen wollten Papst Benedikt sehen, aber vor allem<br />
hören.“ Deshalb finden sich neben den vielen Fotografien, die eindrucksvolle<br />
Momente des Pontifikates festhalten, kurze Aufsätze zu<br />
verschiedenen Aspekten seines Wirkens: So erinnert die Philosophin<br />
Hanna Gerl-Falkovitz an Benedikts Thema Glaube und Vernunft, der<br />
Rabbi Netanel Teitelbaum erzählt mit Bezug auf den Papstbesuch in<br />
der Kölner Synagoge 2005 vom Verhältnis der Juden und Christen.<br />
Kardinal Koch legt Gedanken über Benedikt XVI. und das zweite<br />
Vatikanum dar und Reinhard Kardinal Marx (UV; Ang) erinnert mit<br />
seinem Aufsatz „Benedikt und die Politik“ an die bekannten Reden<br />
im Bundestag und im Freiburger Konzerthaus. Elisabeth Lehner<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 77
Kirche<br />
Das christliche Erbe<br />
ins rechte Licht setzen<br />
Verleger Dr. Albrecht Weiland (Hr) spricht über Benedikt XVI.<br />
(Rup). Er ist Geschäftsführer des Verlags Schnell und Steiner<br />
in Regensburg, in dem anlässlich der Wahl des deutschen<br />
Papstes vor zehn Jahren der Band „Benedikt XVI. – Diener<br />
Gottes und der Menschen“ erschienen ist (siehe S. 77). Cbr Weiland<br />
war auch Gründungsmitglied der Capitolina in Rom und wirkte als<br />
deren Gründungsaltherrenconsenior.<br />
? Lieber Cartellbruder Dr. Weiland, wie kam es, dass der Verlag<br />
Schnell und Steiner den genannten Bild- und Textband herausgibt?<br />
! Seit der Gründung des Institut Papst Benedikt XVI. Regensburg im<br />
Jahr 2008 arbeitet der Verlag Schnell und Steiner mit diesem Institut zusammen<br />
und verlegt seither die jährlich erscheinenden Mitteilungen des<br />
Instituts. Aus dieser fruchtbaren Zusammenarbeit heraus war es nicht verwunderlich,<br />
dass die Verantwortlichen des Instituts, die ja die Herausgeber<br />
des Buches sind, bei unserem Verlag angefragt haben. Ein weiterer<br />
Grund war wohl auch unsere verlegerische und herstellerische Erfahrung<br />
bei der Gestaltung von Publikationen mit einer hohen Text-Bild-Relation.<br />
? Gibt es weitere Publikationen aus Deinem Haus, die Benedikt<br />
XVI. (Rup) zum Thema haben?<br />
! Ja, bereits zum 60. Priesterjubiläum von Papst Benedikt und seinem<br />
Bruder Georg im Jahre 2011 haben wir einen Text-Bildband in Zusammenarbeit<br />
mit dem damaligen Leiter des Instituts Papst Benedikt<br />
XVI., dem heutigen Bischof von Regensburg, Rudolf Voderholzer,<br />
herausgebracht. Aber ganz besonders stolz sind wir auf eine viel längere<br />
Tradition. Schon 1959 ist in unserem Verlag die Habilitation von<br />
Joseph Ratzinger erschienen und ein Jahr später seine Antrittsvorlesung<br />
in Bonn. Bei persönlichen Begegnungen mit Papst Benedikt in<br />
jüngster Zeit hat er mir von dem guten Verhältnis zum Verlegerpaar<br />
Dr. Schnell erzählt und wusste viele, nicht allgemein bekannte Details.<br />
Die jüngste Publikation von Texten von Joseph Ratzinger, eine<br />
Sammlung von Predigten aus seiner Pentlinger Zeit, als er sich immer<br />
wieder hier in Regensburg aufhielt, sind gerade bei uns erschienen.<br />
? Der Verlag Schnell und Steiner ist auch für seine Kunstbände bekannt.<br />
Welcher Strategien bedarf es, dass ein Verlag heute auf den<br />
Sektoren Kunst und Glaube punktet?<br />
! Zunächst einmal Qualität und nochmals Qualität, eine gute Autorenpflege<br />
und natürlich auch die richtigen Themen. Dabei geht es uns<br />
verstärkt darum, das christliche Erbe unseres Landes, aber auch darüber<br />
hinaus, ins rechte Licht zu setzen und einem breiten Publikum<br />
zu vermitteln. Auch aktuelle Fragestellungen rücken da in den Fokus.<br />
So werden wir im Herbst einen großen Band zur „Gefährdeten Kunst<br />
des christlichen Orients“ veröffentlichen, vor dem Hintergrund der<br />
politischen Situationen dieser Länder sicher recht aktuell.<br />
? Die Buchvorstellung fand im Campo Santo Teutonico statt. Welche<br />
Bedeutung hat dieser Ort für Dich?<br />
! Der Campo Santo Teutonico in Rom ist für mich zweite Heimat.<br />
Hier habe ich meine ersten Sporen im wissenschaftlichen Arbeiten<br />
verdient und große Erfahrung im administrativen Bereich gesammelt,<br />
da ich zwölf Jahre lang dem Vorstand und Verwaltungsrat der Erzbruderschaft<br />
angehörte. Meine Doktorarbeit über diesen Friedhof hat<br />
mich für immer mit diesem einmaligen Ort verbunden, und als mittlerweile<br />
Ehrenmitglied der Erzbruderschaft werde ich dereinst dort<br />
auch meine letzte Ruhestätte finden.<br />
? Du bist überzeugter Hercyne. Wie hat Dich die KDStV Hercynia<br />
geprägt?<br />
! Wie wohl in jeder CV-Verbindung stand und steht das gute bundesbrüderliche<br />
Miteinander im Vordergrund. Hercynia ist nach wie vor<br />
eine große Verbindung, und ihre Mitglieder pflegen über die modernen<br />
Netzwerke einen engen Kontakt untereinander. In meine junge Hercynenzeit<br />
fällt die Totalrenovierung unseres schönen Verbindungshauses,<br />
der enge Zusammenhalt zwischen der Aktivitas und der Altherrenschaft<br />
damals, und die daraus resultierende Aufbruchstimmung haben mich<br />
stark geprägt. Dazu kamen die zahlreichen Festveranstaltungen in gehobener<br />
Gesellschaftskleidung, für die ich durchaus empfänglich bin<br />
und die bei Hercynia Tradition haben.<br />
Veit Neumann (Alm)<br />
78 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>
Hochschule<br />
Bachelorabsolventen: hop oder top?<br />
Bundesbildungsministerium im Dissens mit Industrie- und Handelskammertag<br />
Ein Thema, zwei unterschiedliche Meldungen:<br />
Das Bundesministerium für<br />
Bildung und Forschung (BMBF) jubelt<br />
in einer Pressemitteilung Ende<br />
April: „Bachelorabsolventen machen Karriere.“<br />
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag<br />
(DIHK) klagt eine Woche zuvor,<br />
dass immer weniger Unternehmen mit den<br />
Bachelorabsolventen zufrieden sind. DIHK-<br />
Chef Eric Schweitzer fordert weitere Zulassungsbeschränkungen<br />
für die Hochschulen.<br />
Das BMBF bezieht sich auf eine Studie des<br />
Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft<br />
und des Instituts der deutschen Wirtschaft<br />
Köln (IW). Die Ergebnisse dieser Studie<br />
„Karrierewege für Bachelorabsolventen“ beziehen<br />
sich auf eine Befragung von 1.497 Unternehmen<br />
2014, bei der Faktoren wie Gehalt,<br />
Einstiegspositionen und Entwicklungsmöglichkeiten<br />
von Bachelor-Absolventen untersucht<br />
wurden. Immer mehr Unternehmen beschäftigen<br />
Bachelorabsolventen, seit 2010 ist<br />
ihr Anteil um zehn Prozentpunkte auf 23 Prozent<br />
gestiegen. Bei der großen Mehrheit der<br />
Unternehmen gibt es keine Positionen, für die<br />
ein Masterabschluss zwingend erforderlich<br />
wäre. Master- und Doktortitel hätten weiter an<br />
Bedeutung verloren. In über 80 Prozent der<br />
Unternehmen würden bereits Bachelorabsolventen<br />
als Projektleiter eingesetzt, in knapp<br />
60 Prozent als Bereichs- oder Abteilungsleiter.<br />
dass viele studierten, die besser in einer Berufsausbildung<br />
aufgehoben wären. Hinzu<br />
komme, dass nur 15 Prozent der Betriebe sagen,<br />
dass die Bachelorabsolventen gut auf den<br />
Arbeitsmarkt vorbereitet seien. Die Schuld<br />
schiebt Schweitzer den Universitäten zu.<br />
Diese müssten in erster Linie dafür sorgen,<br />
dass die Bewerber auch für den Arbeitsmarkt<br />
gerüstet seien. Es folgt das Wort von der<br />
Überakademisierung und die Forderung<br />
nach einer Verknappung der Studienplätze.<br />
Zufrieden seien die Unternehmen mit Masterabsolventen.<br />
78 Prozent sähen ihre Erwartungen<br />
in sie erfüllt, 2011 waren es 65 Prozent.<br />
WER HAT RECHT?<br />
Wer hat die valideren Ergebnisse? Die BMBF-<br />
Studie wurde veröffentlicht, das Untersuchungsdesign<br />
kann nachgelesen werden. Die<br />
vom BMBF finanzierte Befragung schließt<br />
als Stichprobe Unternehmen der Industrie<br />
und aller Dienstleistungsbranchen jeweils<br />
zur Hälfte ein. Jeweils rund zwei Fünftel der<br />
Befragten sind kleine oder mittlere Unternehmen.<br />
Große Arbeitgeber ab 250 und<br />
mehr Mitarbeitern machen ein Fünftel der<br />
Stichprobe aus. Es sind große Unternehmen<br />
ab 250 Mitarbeitern und Industrieunternehmen<br />
überproportional häufig vertreten. Die-<br />
se Vorgehensweise wurde bewusst gewählt,<br />
um Aussagen für diese Gruppen treffen zu<br />
können. Mithilfe einer Unternehmensanzahlund<br />
Volumengewichtung nach der Mitarbeiterzahl<br />
können repräsentative Aussagen über<br />
den Anteil der Unternehmen in der deutschen<br />
Wirtschaft getroffen werden. Aus wissenschaftlicher<br />
Sicht eine seriöse Untersuchung.<br />
Was ist über die DIHK-Untersuchung bekannt?<br />
Es wurden 2.000 der 3,6 Millionen<br />
gesetzlichen Mitglieder aus gewerblichen<br />
Unternehmen aller Branchen und Größenklassen<br />
befragt. Es handelt sich auch um eine<br />
Stichprobe. Informationen zur Befragung<br />
lassen sich nicht finden oder sind so gut versteckt,<br />
dass sie nicht zu finden sind (nicht<br />
gefunden werden sollen?). Auf der DIHK-<br />
Seite im Internet wird lediglich auf den Wortlaut<br />
eines Interviews seines Präsidenten mit<br />
der Berliner „Morgenpost“ verwiesen. Die<br />
Frage, inwieweit die DIHK-Untersuchung<br />
repräsentativ und seriös ist, lässt sich nicht<br />
beantworten. Im Falle des DIHK wird man den<br />
Verdacht nicht los, dass hier Klientelpolitik<br />
betrieben wird. Auch wenn die DIHK-Ergebnisse<br />
durch den Pressewald geistern, sollten<br />
sie ohne weitere Informationen zur Untersuchung<br />
nicht zu ernst genommen werden.<br />
Klaus Weber (St), Leiter des CV-Hochschulamtes<br />
Dies ginge einher mit einer vergleichbaren<br />
Bezahlung. Bei der Besetzung von Führungspositionen<br />
hätten Bachelorabsolventen<br />
gute Chancen. Bundesbildungsministerin<br />
Johanna Wanka: „Damit kommt auch zum<br />
Ausdruck, dass viele Unternehmen die Kompetenzen<br />
schätzen, die Bachelorabsolventen<br />
mitbringen.“<br />
DIHK: WIRTSCHAFT<br />
UNZUFRIEDEN MIT BACHELOR<br />
Der DIHK hat rund 2.000 Unternehmen als<br />
Basis befragt. Alle vier Jahre will er wissen, ob<br />
die Erwartungen der Unternehmen an die<br />
Bachelorabsolventen erfüllt werden. Die Zufriedenheit<br />
sei seit der letzten Befragung in<br />
besorgniserregender Weise zurückgegangen.<br />
Waren 2011 noch 63 Prozent der Unternehmen<br />
zufrieden, sind es heute 47 Prozent. Die Unzufriedenheit<br />
führt der DIHK darauf zurück,<br />
Gesundheit. Wirtschaft. Ethik.<br />
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NEU AB<br />
WINTER-<br />
SEMESTER<br />
<strong>2015</strong>/2016<br />
MASTERSTUDIENGANG<br />
GESUNDHEITSWIRTSCHAFT UND ETHIK (M.A.)<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 79
Verbum peto<br />
Auch das noch: Cognacschwenker<br />
Zu dem Beitrag „Etikette international, oder: intercultural competence“<br />
in der <strong>ACADEMIA</strong> 6/2014, S. 36 f., insbesondere zu dem Bild auf S. 37:<br />
Ist das unser Thema, ist das unser wirkliches Bild von unseren jungen<br />
Bundesbrüdern? Nachdem ich den Prozess des Wunderns über das<br />
Hauptthema „Kleidsam durchs Leben – Mode, Stil, Manierlichkeit“<br />
eingestellt und nachdem ich mich nach dem thematischen Bezug zum<br />
CV, dessen Sprachorgan die „<strong>ACADEMIA</strong>“ ja doch sein soll, vergeblich<br />
gefragt hatte, bin ich auf<br />
die Seite 37 mit dem Bild des<br />
Fuxmajors der AV Rheinstein<br />
zu Köln gestoßen. Nun setzte<br />
erneut ein Prozess des Wunderns<br />
ein. Beim Betrachten<br />
des Bildes fiel mir wieder das sattsam bekannte und bei vielen sicher<br />
noch gegenwärtige Bild aus dem Jahr 1998 ein, das einen bekannten<br />
Herrn mit dicker Zigarre zeigt und das den holprigen Start des damals<br />
gerade gewählten Bundeskanzlers (zurecht) erheblich erschwerte und<br />
auf das sich die vielen Zweifler als Beweisstück für ihre Zweifel gerne<br />
berufen hatten. Nun also auch unser CV, der es für sinnvoll hält, einen<br />
Cartellbruder mit ebensolchen stahlblauen Augen wie beim ehemaligen<br />
Bundeskanzler mit dicker, offensichtlich sehr teueren Zigarre vorzustellen.<br />
Aber es wird noch insofern eins draufgesetzt, als ein Cognacschwenker,<br />
wie in den 50er und 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts<br />
in weiten Kreisen üblich, ein besonders dezent wirkendes „Stronzläppchen“,<br />
ein feines Sektband und eine äußerst dynamisch wirkende<br />
Erscheinung Akademia_Layout im Smoking 1 16.04.15 abgelichtet 09:27 Seite werden. 1 Willy Ilbertz (B-W)<br />
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Uhlenkamp statt Heddergott<br />
Zu dem obersten Bild in der <strong>ACADEMIA</strong> 2/<strong>2015</strong>, S. 36/37:<br />
Nachdem ich die <strong>ACADEMIA</strong> 2/<strong>2015</strong> angeschaut habe, ist mir aufgefallen,<br />
dass auf dem obersten Bild nicht die Cartellbrüder Benedict<br />
Wild (Fd) und Andreas Heddergott (Cpf), sondern vielmehr Cbr Wild<br />
(Fd) und Cbr Kristoffer Uhlenkamp (Cpf), der Stellvertretende VOP,<br />
abgebildet sind.<br />
Dr. Dieter Meißl v/o Murphy (Cpf)<br />
Auf einen Besuch freut sich...<br />
Cbr P. Werner Reischmann ofm (TsM)<br />
hat in einer höchst angenehmen Sache um das Wort gebeten:<br />
Kürzlich wurde ich zum Vorsitzenden des CV-Stammtisches Miltenberg<br />
gewählt. Zu meiner Person: Geboren bin ich in Schwendi/<br />
Biberach an Silvester 1943, aufgewachsen in Ulm und Oberkirchberg.<br />
Durch einen Franziskaner aus unserem Dorf gelangte ich in das<br />
Franziskanerseminar Landshut, wo ich 1965 das Abitur ablegte.<br />
Dann erfolgten der Eintritt in die Bayerische Franziskanerprovinz<br />
und das Studium in München, Fulda, Münster und Eichstätt. Die<br />
Priesterweihe erfolgte im Jahre 1971. In vielen Klöstern der Provinz<br />
war ich dann als Kaplan, Wallfahrtsseelsorger, Vikar, Ökonom etc.<br />
eingesetzt. Zurzeit bin ich Leiter des St. Antoniuswerks. Die 1600<br />
Mitglieder beten um Priester- und Ordensberufe und spenden für<br />
die Provinz und die Mission etc. Gerne nehme ich weitere Mitglieder<br />
in diesen Kreis auf. Dreimal im Jahr erhalten die Mitglieder<br />
einen Rundbrief mit den neuesten Nachrichten der Provinz.<br />
Sollten Bundes- oder Cartellbrüder eine Fahrt in Richtung Miltenberg<br />
planen, kann ich viel Sehenswertes anbieten. Die Kloster- und<br />
Wallfahrtskirche Engelberg birgt eine uralte Marienfigur mit dem<br />
Jesuskind und ist heute noch das Ziel vieler Pilger. Angebaut an<br />
dieses Gotteshaus ist die Grablege-Kapelle des Fürstenhauses von<br />
Löwenstein-Wertheim-Rosenberg. Dazu kann ich bei der Kirchenführung<br />
viel Interessantes beisteuern. Nach<br />
Wunsch spiele ich auf der berühmten Vleugl-<br />
Heute<br />
noch<br />
Ziel<br />
vieler<br />
Pilger<br />
Orgel. Die Akustik der Kirche ist einmalig.<br />
Angeschlossen an das Kloster (mit vier Franziskanerpatres)<br />
ist die weithin bekannte Klosterschenke.<br />
Das Klosterbier stammt vom Franzis -<br />
kanerkloster Kreuzberg in der Rhön, wo seit<br />
1731 ohne Unterbrechung gebraut wird. Neben<br />
dem Klostergebäude zieht sich ein nicht<br />
unbeträcht licher Weinberg mit den Reben<br />
„Bacchus“, „Kerner“ und „Müller-Thurgau“<br />
entlang. Dieser Weißwein schmeckt vorzüglich<br />
zu den diversen Brotzeiten. In der Sommerzeit<br />
lädt der Biergarten neben dem Klostergarten<br />
mit einem blumigen Ambiente ein. Ein herrlicher Blick<br />
ins Maintal von oben ist täglich meine große Freude. Miltenberg<br />
bietet eine einmalige Kulisse aus dem Mittelalter. Der Spaziergang<br />
durch die lange Hauptstraße ist ein Genuss – auch das Eis von<br />
der Eisdiele in der Nähe der Pfarrkirche St. Jakob. Eine Schifffahrt<br />
auf dem Main wäre sicher ein guter Abschluss des Besuches.<br />
Auf einen Besuch auf dem Kloster Engelberg freut sich P. Werner<br />
Reischmann ofm (TsM), Vorsitzender des CV-Stammtisches Miltenberg<br />
80 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>
Bücher<br />
Eine Welt lebt weiter im Bericht<br />
Fried, Alexander Nesanel: „Dos pintele<br />
jid.“ Leben und Überleben eines<br />
slowakischen Juden im 20. Jahrhundert.<br />
Erzählt von Ulrike Wendt,<br />
Akamedon-Verlag, Pfaffenhofen<br />
2014, 386 Seiten, 29,50 Euro, ISBN<br />
978-3-940072-19-1.<br />
Der erzählten Biographie vorangestellt ist<br />
ein Gedicht von Louis Gilrod (1879-1930)<br />
in jiddischer Sprache: „In jedn land, in<br />
jedn ort hert dos jidl nor ejn vort: A jid<br />
bistu, gej dir, mir darfn dkh nit, a fremder bistu, a ger.“ (In jedem<br />
Land, in jedem Ort hört der Jude nur ein Wort. Ein Jude bist du, geh<br />
fort, wir brauchen dich nicht. Ein Fremder bist du, ein Eindringling.)<br />
Es ist die Biographie einer untergegangenen Welt, die weiterlebt –<br />
unter anderem in Prof. Dr. Alexander N. Fried, der kürzlich seinen 90.<br />
Geburtstag feierte, und weiterlebt auch im vor liegenden Band.<br />
Wie über eine erzählte Biographie schreiben, die auch und vor allem ein<br />
Bericht über das Leben als solches ist? Das Leitmotiv: „Am Ende des<br />
Flures stand die Mutter. Sie nahm den weinenden Knaben in den Arm“ –<br />
das ist einer der vielen Sätze, von denen jeder einzelne dazu beiträgt,<br />
dieses Leben zu verdeutlichen, das in jungen Jahren an eigentlich<br />
schönen Orten Europas die Nachstellungen gegen Juden leben lernen<br />
musste. „Der Geruch ihres Körpers und die schmeichelnde Wärme<br />
ihrer Kleider taten so gut. Die Traurigkeit allerdings, die der Kleine so<br />
heftig und kaum zu trösten vortrug, wurde von ihr sanft weggewischt.“<br />
1927 geschah dies, als Bertalan und Julischka, das waren der Vater und<br />
die Mutter, zusammen mit Alexander – „Schani“ – und dessen Bruder<br />
Jissroejl Jitzhak (Isidor, Nandor, Ferdinand; Spitzname Icu, ausgesprochen<br />
„Itscho“) von Kiralyhaza nach Zilina zogen, um dort unweit des<br />
Bahnhofs, ein koscheres Restaurant zu eröffnen. „Es lag perfekt, ganz<br />
nah am Bahnhof, wo die reisenden, die frommen Juden es gar nicht übersehen<br />
konnten. Julischka würde dort kochen und Bertalan wollte für alles<br />
Weitere sorgen, was das neue Familienunternehmen sonst benötigte.“<br />
Erzählt wird aus der Wirklichkeit eines jungen Juden, der ins Leben<br />
hineinwächst, von Schule und Synagoge, dem Studium von Tora und<br />
Talmud, der Förderung durch Rabbiner Klein, von höheren Studien in<br />
Topolcany („Julischka war voller Sorge, aber sie war auch stolz auf<br />
ihren Sohn.“). Davon, wie vor dem Weggang zu Studien nach Topolcany<br />
eigens zwei Schlafanzüge genäht wurden, wobei die Schneiderin der<br />
Mutter sagte: „Frau Fried, nun machen sie sich mal nicht zu viele Sorgen.<br />
Schani wird das sehr gut machen. Er ist ein gescheiter und auch ein sehr<br />
lebenstüchtiger Kerl.“ Bald aber brechen die Vokabeln Arbeitslager und<br />
Transport ins Leben ein. „Die Viehwaggons wurden zu Schanis großem<br />
Entsetzen verriegelt und verschlossen.“ (…) Schani kam in die Verwaltung.<br />
Auf Seite 307 und 308 schildert Ulrike Wendt das Gespräch der beiden<br />
Brüder mit einer Cousine, die in Auschwitz „in die andere Gruppe“ sortiert<br />
worden war, nicht in die, wohin Mutter Julischka sortiert worden war.<br />
Es ist dies das Kapitel „Rückkehr“<br />
(S. 297 f.). „Die Mutter<br />
war vergast worden. Julischka,<br />
die liebevolle, die temperamentsvolle,<br />
die besorgte<br />
war tot. Sie hatte das schreckliche<br />
Gas einatmen müssen,<br />
das die Deutschen in Massenproduktion<br />
als sicheres Mordmittel<br />
hergestellt hatten. Die<br />
nächsten Wochen vergingen<br />
Sie hörten auf<br />
zu zählen,<br />
zu denken,<br />
zu hoffen<br />
irgendwie. (…) Die Bilanz des Schreckens der Familien Fried und<br />
Lauer stieg von Stunde zu Stunde.“ S. 310: „Schani und Icu hörten auf<br />
zu zählen, zu denken, zu hoffen. Sie waren zurück, sie lebten, warum?“<br />
Auf „Prag“ und „1952“ (Flucht) folgt „Wien“, das mit dem Kontakt<br />
mit Prof. Hugo Hansch (Fd), einem Benediktiner aus Melk, verbunden<br />
ist: „Professor Hugo Hantsch hatte ein Auge auf seinen jungen<br />
Studenten, dessen fragile Konstitution ihm offensichtlich nicht entgangen<br />
war. (…) Hantsch war ein fanatischer Österreicher und Wiener.<br />
Die Stadt war für ihn unübertroffen schön. Schani aber liebte<br />
Prag sehr. Eines Tages traute Schani sich dennoch den folgenden Satz<br />
zu: ‚Herr Professor, Wien ist eine Stadt mit vielen Juwelen, Prag aber<br />
ist ein Juwel.‘ Hansch sah daraufhin seinen Studenten an und meinte:<br />
‚Das haben Sie wirklich sehr gut gesagt.‘“<br />
Prof. A. Fried hat im vorliegenden Buch auch über Konzentrationslager<br />
und Todesmarsch geschrieben. Und über zahlreiche lebensbedrohende<br />
Situationen. Kurz: Es muss unbeschreiblich gewesen sein. Weil<br />
er die Liebe zum Leben nicht aufgegeben hat, deshalb hat er diesen<br />
„Bericht eines Lebens“ veröffentlicht.<br />
Veit Neumann<br />
Impressum <strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> – 108. Jahrgang B 2788<br />
Herausgeber:<br />
Cartellverband der katholischen deutschen<br />
Studentenverbindungen (CV)<br />
Redaktionsleitung:<br />
Prof. Dr. Veit Neumann (Alm), redaktion@cartellverband.de<br />
Redaktion:<br />
Wolfgang Braun (Bd), St. Ingbert<br />
Thomas Gutmann (BuL), Düsseldorf<br />
Christoph Herbort-von Loeper (B-S), Berlin<br />
Stephan Ley (Alm), München<br />
Dr. Norbert Matern (TsK), München<br />
Norbert A. Sklorz (Gbg), Köln<br />
Redaktionsschluss:<br />
Ausgabe 4/<strong>2015</strong>: 12. Juni <strong>2015</strong><br />
Ausgabe 5/<strong>2015</strong>: 7. August <strong>2015</strong><br />
Web-Adresse:<br />
www.cartellverband.de<br />
Vertrieb:<br />
CV-Sekretariat, Linzer Straße 82, 53604 Bad Honnef<br />
Telefon 0 22 24 9 60 020, Fax 0 22 24 9 60 02 20<br />
Für die mit vollem Namen gekennzeichneten Beiträge<br />
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nicht ohne weiteres die Meinung der Redaktion dar.<br />
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<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 81
Wagner und kein Ende<br />
Es hilft nichts,<br />
man muss erst<br />
Wagnerianer<br />
sein…<br />
[Nietzsche<br />
Theologisch-biographische Marginalien<br />
eines Bayreuthers<br />
von Prof. Dr. Rainer Bucher<br />
Foto: picture alliance/POP-EYE/sinissey<br />
I. Vor einiger Zeit saß ich mit einer<br />
evangelischen Theologin und Journalistin<br />
auf einem Podium der Konrad-Adenauer-Stiftung,<br />
es ging um<br />
Papst Franziskus. Als wir darauf zu sprechen<br />
kamen, dass dieser neben Mozart und Bach<br />
auch Richard Wagner als seinen musikalischen<br />
Favoriten benannt hat, bekannten wir<br />
uns als regelmäßige Besucher der Bayreuther<br />
Festspiele. „Wird es in Ihren katholischen<br />
Kreisen auch immer so merkwürdig<br />
weiterlesen …<br />
Rainer Bucher, Nietzsches Mensch und<br />
Nietzsches Gott, Frankfurt/M. u.a. 2 1993<br />
Ders., Hitlers Theologie, Würzburg 2008<br />
Ders., „wenn nichts bleibt, wie es war.<br />
Zur prekären Zukunft der katholischen Kirche,<br />
Würzburg 2 2012.<br />
still, wenn Sie sich als Wagnerianer outen?“,<br />
so, nach der Veranstaltung, dann die vorsichtige<br />
Frage der Kollegin.<br />
In christlichen Kreisen mag man Wagner<br />
normalerweise nicht so sehr und das mit guten<br />
Gründen: Er war ein übler Antisemit, seine<br />
Musik erleben viele als gewalttätig, noch mehr<br />
als langatmig, und die von ihm bereits mitbetriebene<br />
kunstreligiöse Überhöhung von<br />
Werk und Person ist christlichem Empfinden<br />
zurecht peinlich. Hitlers Wagnerbegeisterung<br />
ist da noch nicht einmal eingerechnet.<br />
Der Lieblingskomponist vieler kunstinteressierter<br />
Christen ist zumeist Johann Sebastian<br />
Bach und auch das mit guten Gründen, denn<br />
mit Bach bekommt man eine Ahnung, was<br />
es mit dem Himmel auf sich haben könnte.<br />
Bei Wagner aber kann man lernen, wie es<br />
auf der Welt zugeht, und das in schönster<br />
Einheit von Person und Werk. Bach verführt<br />
mit der Vollkommenheit seiner kompositorischen<br />
Technik, Wagner aber mit der Ambivalenz<br />
seiner medialen Techniken: Mächtig<br />
sind sie darin beide.<br />
II. Ich bin in Bayreuth aufgewachsen. Für<br />
Wagner war Bayreuth ein Podium, das er<br />
sehr bewusst ausgewählt hatte: groß genug,<br />
um ihm als Bühne zu dienen, überschaubar<br />
genug, um nur ihm Platz zu bieten. Die anderen<br />
Berühmtheiten Bayreuths, Jean Paul<br />
und Max Stirner etwa, waren gegen Wagner<br />
immer nur Außenseiter und sind bis heute<br />
Außenseiter der Literatur- und Philosophie -<br />
geschichte geblieben.<br />
Bayreuth war ausgesprochen begeistert vom<br />
National sozialismus und eine der Lieblingsstädte<br />
Hitlers. Er kam privat und öffentlich<br />
immer wieder hierher, wollte Winifred Wagner<br />
82 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>
Wagner und kein Ende<br />
]<br />
und ihre Kinder treffen und seine alte Liebe<br />
zu Richard Wagners Opern erneuern. Wenn<br />
man in Bayreuth aufwächst und halbwegs<br />
sensibel ist, kann man dieser Seite der Stadt<br />
nicht ausweichen. Zumindest dann nicht, wenn<br />
Wagners Villa Wahnfried und das ehemalige<br />
nationalsozialistische „Haus der deutschen<br />
Erziehung“ auf dem Schulweg liegen, wenn die<br />
Eltern vom Krieg berichten und die katholische<br />
Pfarrjugend bei einer Polenfahrt auch<br />
die Gedenkstätte des KZ Auschwitz besucht.<br />
Wagners Festspielhaus, das ich mit 13 Jahren<br />
zum ersten Mal besuchte, war während meiner<br />
Jugend in Sichtweite: seine übermäch -<br />
tigen Medien ebenso wie seine übermächtigen<br />
Geschichten von Gewalt, Liebe und Tod.<br />
Irgendwann fragte ich mich: Was hat das alles<br />
miteinander zu tun: mein behütetes katholisch-bürgerliches<br />
Leben, Richard Wagner<br />
und Hitlers Hinterlassenschaften?<br />
Hitler faszinierte, so stellt es sich mir heute<br />
dar, weil er weit verbreitete Sehnsüchte teilte<br />
und bediente: die Sehnsucht nach Gemeinschaft<br />
etwa und jene nach Übersichtlichkeit,<br />
vor allem aber die Sehnsucht nach einem<br />
heroischen Leben, nach einem Leben<br />
der Ehre, der Öffentlichkeit und der spek -<br />
takulären Tat.<br />
Vom George-Kreis bis Ernst Jünger, von der<br />
Jugendbewegung bis zur militaristischen<br />
Freicorpsszene der Zwischenkriegszeit: Das<br />
Ressentiment gegen die „Masse“, gegen die<br />
„Verflachung“ war gerade unter den Eliten<br />
damals weit verbreitet – und nicht nur bei ihnen.<br />
Dem Trott einer spießig selbstgefälligen<br />
Alltäglichkeit voller Regeln und kleinbürgerlicher<br />
Normen, voller kleiner und kleinster<br />
Freuden und großer Ängste und voller<br />
Tristesse entfliehen zu wollen, ist ja nur zu<br />
verständlich. Richard Wagner hat es als<br />
Aufführung von<br />
„Rheingold“ am 5. März<br />
2014 in der Staatsoper im<br />
Schillertheater Berlin.<br />
Im Bild vorne die<br />
Rheintöchter Woglinde,<br />
Flosshilde und Wellgunde.<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 83
Wagner und kein Ende<br />
Richard Wagners Wohnhaus in Tribschen<br />
bei Luzern. Heute beherbergt es das<br />
Richard-Wagner-Museum. Aquarell von<br />
Jakob Josef Ziegler.<br />
Foto: picture alliance/akg-images<br />
Mensch stets und oft auf Kosten anderer getan<br />
und in seinen Werken ebenso gefeiert wie<br />
ermöglicht.<br />
III. Niemand hat früher und schärfer das uneigentliche<br />
Leben kritisiert als Friedrich<br />
Nietzsche: das Leben des Menschen des<br />
„Ressentiment“ mit seiner schielenden Seele,<br />
der gar nicht anders kann, als seine Kränkungen<br />
zu konservieren und sich durch die<br />
Abwertung anderer aufzubauen. In Richard<br />
Wagners Gesamtkunstwerk sah Nietzsche<br />
für eine gewisse Zeit die Rettung aus all dem.<br />
„Nur als ästhetisches Phänomen ist das Dasein<br />
und die Welt ewig gerechtfertigt“, so<br />
heißt es in Nietzsches „Geburt der Tragödie<br />
aus dem Geist der Musik“ (1872), und Wagner<br />
war für Nietzsche in seiner Vierten „Unzeitgemäßen<br />
Betrachtung“ (1876) jener<br />
Künstler und „Lichtbringer“, der dies leisten<br />
sollte, dessen „Musik als Ganzes“ nichts weniger<br />
denn „ein Abbild der Welt“, eine<br />
„Rückkehr zur Natur“ ermöglichte, jene verloren<br />
gegangene Erfahrung, in der Dionysisches<br />
und Apollinisches endlich wieder<br />
versöhnt waren und in der „die in Liebe verwandelte<br />
Natur“ ertönt.<br />
Mit diesen Hoffnungen auf Wagner und sein<br />
Werk als Ort der Erlösung von den Krankheiten<br />
der Moderne ist es bald vorbei. Nicht so<br />
sehr persönliche Zerwürfnisse, die es auch gab,<br />
sondern wirkliche theoretische Neupositionierungen<br />
führten dazu: „Wagner den Rücken<br />
zu kehren, war für mich ein Schicksal“,<br />
so Nietzsche in „Der Fall Wagner“ (1888).<br />
Die „Genesung“ von der „Krankheit“ Wagner<br />
nennt er jetzt sein „größtes Erlebnis“.<br />
Worin bestand es? In der Einsicht, dass Wagner<br />
nicht die ästhetisch vermittelte Rückkehr<br />
zu den „Müttern des Seins“, nicht die erhoffte<br />
Erfahrung von Souveränität jenseits des<br />
Ressentiment liefert, sondern, im Gegenteil,<br />
die „Heraufkunft des Schauspielers in der<br />
Musik“ bedeutet: „ein capitales Ereigniss,<br />
das zu denken, das vielleicht auch zu fürchten<br />
giebt“. Denn: „Man ist Schauspieler damit,<br />
dass man Eine Einsicht vor dem Rest<br />
der Menschen voraus hat: was als wahr wirken<br />
soll, darf nicht wahr sein.“ „Wagners<br />
Musik“, so Nietzsche, „ist niemals wahr“.<br />
Was immer das bei Nietzsche genau heißen<br />
mag, bekanntlich kritisiert Nietzsche einen<br />
naiven Wahrheitsbegriff: Wagner produziert<br />
für Nietzsche jetzt nur noch „wollüstigen<br />
Rausch für … Verarmte“. Er ist kein Weg aus<br />
der décadence, vielmehr deren raffiniertester<br />
Repräsentant. Man zahle daher die „Anhängerschaft<br />
an Wagner“ stets „theuer“.<br />
IV. Nietzsche hat damit ohne Zweifel Recht,<br />
zumindest wenn es eine naive Anhänger schaft<br />
ist. Naiv aber ist sie, wenn sie sich vorbehaltlos<br />
jenem Rausch hingibt, den Wagner anbietet und<br />
als erster in seinem mit viel medientechnischer<br />
Raffinesse gebauten Bayreuther Festspielhaus<br />
herzustellen vermag: die bewusste Inszenation<br />
vorbewusster Erlebniswelten ohne<br />
Ausweg und Distanz, das Kino vor dem Kino.<br />
Naiv ist die Anhängerschaft, wenn sie Wagner<br />
affirmativ kunstreligiösen Erlösungs -<br />
status zubilligt, wenn sie Wagners Werk nicht<br />
bricht an den Realitäten der Gegenwart, sondern<br />
umgekehrt die Realitäten der Gegenwart<br />
an den thematischen Motiven von Wagners<br />
Opern ausrichtet und totale Räume<br />
medialer Überwältigung inszeniert, wie<br />
Wagner es erstmals tat. Hitler übrigens hat<br />
beides, von Wagner inspiriert, getan, von den<br />
inszenatorischen Meisterleistungen der<br />
Reichsparteitage bis zur realisierten Götterdämmerung<br />
des Mai 1945.<br />
Foto: privat<br />
Der Autor: Prof. Dr. Rainer M. Bucher, geboren 1956 in Nürnberg. Verheiratet,<br />
Vater zweier erwachsener Töchter. Aufgewachsen bis 1959 in Herzogenaurach,<br />
ab 1959 in Bayreuth. Ab dem Wintersemester 1977 Studium der Theologie<br />
in Freiburg im Breisgau und Würzburg, germanistische Zusatzstudien;<br />
1986 Promotion im Fach Fundamentaltheologie mit einer Arbeit über das<br />
Spätwerk Friedrich Nietzsches; 1994 Stellvertretender Leiter des Cusanuswerks;<br />
von Juli 1995 bis August 1996 sowie von April bis November 1997 Kommissarischer Leiter des<br />
Cusanuswerks; 1996 Habilitation für das Fach Pastoraltheologie; Lehrstuhlvertretung in Bamberg,<br />
seit 2000 Universitätsprofessor und Vorstand des Instituts für Pastoraltheologie und Pastoralpsychologie<br />
an der Fakultät Katholische Theologie der Universität Graz.<br />
Gerade deshalb aber gilt: „Es hilft nichts,<br />
man muss erst Wagnerianer sein….“. Denn<br />
an Wagners Opern kann man studieren, wie<br />
die Welt heute funktioniert, was Menschen<br />
morden, stehlen, lieben, verraten, sich opfern<br />
lässt – und wie wenig logisch das alles<br />
ist. Und man kann an Wagners Opern lernen,<br />
wie und mit welchen Mitteln in der Mediengesellschaft<br />
ästhetische Überwältigung und<br />
Verführung hergestellt wird und dass in ihr<br />
ästhetische und nicht mehr religiöse oder politische<br />
Identitätsmarker relevant sind, zu-<br />
84 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>
Wagner und kein Ende<br />
mindest in den Wohlstandsgesellschaften des<br />
Westens, weswegen umgekehrt religiöse<br />
Identitäten beginnen, sich primär ästhetisch<br />
zu präsentieren.<br />
Wenn man aber Wagners ungeheure Kraft<br />
bricht an den Ungeheuer lichkeiten der Gegenwart,<br />
wie es die großen Wagnerregisseure<br />
der letzten Jahrzehnte von Chereau bis<br />
Herheim taten, dann kommt ein Spiel der Erkenntnis<br />
in Gang, das wirklich Neues erfahren<br />
lässt. 2005 habe ich Christoph Schlingensiefs<br />
Parsifal-Inszenierung in Bayreuth<br />
gesehen. Schlingensief inszenierte nicht die<br />
Frage, was denn Erlösung sei, ob es sie geben<br />
könne, wovon man überhaupt erlöst werden<br />
wolle und wie viel Gewalt allein schon der<br />
Wunsch nach Erlösung in sich enthält: Er<br />
präsentierte all diese Fragen mit existentieller<br />
Wucht, ohne Rücksichten auf sich und<br />
andere, wie eben Wagner auch: eine bleibend<br />
verstörende Erfahrung für einen Theologen.<br />
V. Wagner gehört zu jenen Phänomenen, von<br />
denen man entweder schnell und ein für alle<br />
Mal gefesselt ist, oder ebenso schnell und ein<br />
für alle Mal nie mehr etwas hören will. Wagner<br />
ist auch ohne Zweifel ein Verführer. Wer sich<br />
ihm naiv nähert, ist verloren. Wer sich ihm aber<br />
kritisch nähert, verliert Illusionen über die Welt<br />
und erfährt noch nebenbei, wie die moderne<br />
Medienindustrie funktioniert. Konfrontiert<br />
man ihn ästhetisch, politisch, medial auf der<br />
Höhe der Gegenwart mit unserer Gegenwart,<br />
sprüht es unvorhersehbare Funken, wie bei<br />
wenigen Künstlern der Vergangenheit.<br />
Wagner war ein unmöglicher Mensch und<br />
seine Kunst ist bisweilen gewalttätig bis zur<br />
Schmerzgrenze. Aber er nimmt seine Themen<br />
ernst, und er hat Mittel und Wege, andere<br />
dazu zu bringen, sie ernst zu nehmen. Wem<br />
Wagner etwas bedeutet, der ist entweder ein<br />
naiver Gläubiger, und das sollte man generell<br />
nicht sein, oder er ist ein Abenteurer der Gegenwarts-<br />
und Menschenerkundung.<br />
Man sollte Wagner nur kritisch begegnen,<br />
aber gerade als Christ ihm nicht ausweichen.<br />
Denn das Christentum ist nicht Weltflucht,<br />
weder Flucht aus der Welt noch in die Welt,<br />
sondern Welt-Loyalität (A. N. Whitehead).<br />
Außerdem hatte Nietzsche auch darin Recht:<br />
„Da ist ein Musiker, der mehr als irgendein<br />
Musiker seine Meisterschaft darin hat, die<br />
Töne aus dem Reich leidender, gedrückter,<br />
gemarterter Seelen zu finden und auch noch<br />
dem stummen Elend Sprache zu geben“. Und<br />
das ist nun ganz ohne Zweifel christlich.<br />
Foto: picture alliance/dpa<br />
Foto: picture alliance/akg-images<br />
Wagner<br />
ist auch<br />
ohne Zweifel<br />
ein Verführer<br />
Oben: Bundeskanzlerin Angela<br />
Merkel und ihr Ehemann<br />
Joachim Sauer kommen am<br />
25. Juli 2013 bei den Festspielen<br />
in Bayreuth an.<br />
Links: Wagners eigenhändige<br />
Niederschrift der Pariser<br />
Fassung der Partitur des<br />
„Tannhäuser“,<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 85
Wagner und kein Ende<br />
Wagner und kein Ende. So richtig<br />
schlau wird man nicht aus ihm.<br />
Was mag der Komponist uns sagen?<br />
Wer sich mit dem 19. Jahrhundert<br />
beschäftigt, mit Friedrich Nietzsche, Theodor<br />
Fontane und Otto von Bismarck, mit Heinrich<br />
Heine, kurz: mit Romantik, Nationalismus und<br />
Realismus, der mag Richard Wagner als einen<br />
fatalen Schlussstein erkennen, den man am neugotischen<br />
Gewölbe bewundert oder der einen<br />
im Herabfallen erschlägt. Genie oder<br />
Scharlatan? Selbst französische (Spät)Romantiker<br />
haben noch viel Klassisches an sich,<br />
vergleicht man sie mit dem Leipziger Drehorgelmann,<br />
dem Chefcharismatiker der abysmalen<br />
Rauschhaftigkeit im Reiche der Musik.<br />
Wusste Wagner, wohin er gehört? Man weiß<br />
es nicht so recht, was der Herr Musikus war.<br />
Hieße es sich zu viel herausnehmen, schriebe<br />
man von einer „musikalisch verkrachten<br />
Existenz“? In jener Zeit, als das Alte dem<br />
Neuen zu weichen hatte – die Städte sprengten<br />
gerade die Beringe ihrer gewachsenen Kerne<br />
und ergaben sich in produktiver Hinsicht der<br />
kapitalistischen Industrie –, damals griff Wagner<br />
gewitzt und beherzt aufs Alte zurück und<br />
machte es unheimlich neu. Frei nach einem<br />
Couplet aus der „Proletenpassion“ der österreichischen<br />
„Schmetterlinge“: „Was hat er uns<br />
zu bieten außer den Germanenmythen?“ Diese<br />
von ihm in schillernd-erhebende Töne gegossenen<br />
mythischen Mären, gepaart mit den stabreimenden<br />
hehren und holden Heroen und<br />
Herolden, die selbst hartgesottene Baritone bei<br />
so mancher Oper textmäßig buchstäblich ins<br />
Schleudern bringen, sind zum Einschläfern.<br />
Beim abschließenden Erwachen aber (die Rede<br />
ist etwa vom Schluss des „Tristan und Isolde“)<br />
brennt Wagner ein knallig-buntes Feuerwerk<br />
ab, das an ein Jahrmarktskarussell denken lässt.<br />
Wie bereits angedeutet: Charles-Marie Widors<br />
Toccata aus der Symphonie Nr. 5 – der Klassiker<br />
auf brausenden Kirchenorgeln nach Festgottesdiensten<br />
oder am Ende von Jahresschlussmessen<br />
– trägt nicht wenige karnevaleske<br />
Züge. Der bombastische Schluss dieses Stückes<br />
schrammt hart am Ridikülen vorbei. Selbst<br />
Léon Boëllmanns famose c-moll-Toccata aus<br />
der „Suite gothique“, drohend brummend,<br />
sich aufbauend und dann mit den letzten, harmonisch<br />
wenig überraschenden Akkorden in<br />
Asche zerfallend – sie trägt ebenfalls karnevaleske<br />
Züge –, ist élégance pure gegenüber<br />
den dröhnenden Hammerschmieden und ewigen<br />
Schiffsreisen mit geblähten Segeln gen<br />
Walhall oder andere fernländische Hügel.<br />
Kein Wunder, dass der abkupfernd transformierende<br />
Meister Thomas Mann mit Wagner<br />
Aufgehübscht<br />
bis zur Falschheit<br />
Titanisch, charismatisch, windig:<br />
der Till Eulenspiegel<br />
der teutschen Tonsetzer<br />
Foto: picture alliance / United Archives/WHA<br />
86 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>
Wagner und kein Ende<br />
die schönsten ideellen Beziehungen unterhält<br />
(wie oft nochmal besuchte er in München<br />
dessen „Lohengrin“?). Wagners Technik des<br />
Leitmotivs integriert er ins literarische Œuvre,<br />
wohingegen Nietzsche sich anmaßt, aus enttäuschter<br />
Liebe über den wohl windigsten Titanen<br />
unter den Tonsetzern, der phasenweise<br />
ausschließlich in Sammet geht, über den Eulenspiegel<br />
der Komponisten polemisch sich<br />
zu überheben („Der Fall Wagner“).<br />
Wie kann man Musik anders beschreiben als<br />
in ewig blassen Vergleichen? Musik hat ihre<br />
eigene Sprache, die sich dem wörtlichen<br />
Ausdruck entzieht, sich dem Hörer jedoch weit<br />
jenseits des Begrifflichen erschließt. Die musikalische<br />
Sprache Frédéric Chopins ist auf<br />
dessen eigene Art traurig, auch wenn er freudig<br />
zu sein beabsichtigt. Jacques Offenbach verfällt<br />
der leichten Muse, selbst wenn es ihm<br />
darum ist, etwas Ernsthaftes vorzuführen. Und<br />
Dmitri Schostakowitsch mogelt sich mit einem<br />
Kauderwelsch aus russischer Seele, sozialistischem<br />
Realismus und, gelegentlich, Karnevalsgetöse<br />
irgendwie an Stalin vorüber, der<br />
sein Leben schattenhaft begleitete. Kann<br />
sich jemand mit aller Begabung an Zentralfiguren,<br />
Zentralkonstellationen und Zentralproblematiken<br />
seines Zeitalters vorbeikomponieren?<br />
Anders gefragt: Säßen wir, wenn<br />
wir diese Frage mit nein beantworteten, der<br />
kulturfeindlichen Manie auf, alle Wirklichkeit<br />
politisch-klassenkämpferisch zu interpretieren,<br />
wie es sozialistischer Abusus ist?<br />
In diesem Verdacht steht Wagner keinesfalls.<br />
Aber bereits Theodor W. Adornos Betrachtungen<br />
zu des Maestro Musik lesen sich, als hätte<br />
der Soziologe den Notenschlüssel zum Thema<br />
eingebüßt. Was Wunder, ist sich der realistische<br />
Traumtänzer des unglücklichen 19. Jahrhunderts<br />
doch selbst ein Rätsel, auch wenn ihm<br />
etwas Augurenhaftes nicht abgeht. Aber Wagner<br />
ist, ähnlich Goethen als dem Repräsentanten<br />
des bürgerlichen Zeitalters, Vertreter jenes<br />
kratologisch hochproblematischen Säkulums,<br />
eines Jahrhunderts, das mit sich nicht mehr zu<br />
Ende kam, da es das Bewusstsein trägt, als<br />
Modernität deren intimste Sprache, die Sprache<br />
der Modernität selbst zu reden (Nietzsche).<br />
Womöglich war denn auch das 19. Jahrhundert<br />
eine missratene Apotheose der Aufklärung?<br />
Aufgebauscht durch naturwissenschaftlichtechnischen<br />
Fortschritt, blieb ihm aus Sorge vor<br />
Desillusionierung wenig anderes als Selbstüberhebung<br />
durch Macht und, der Macht dialektisch<br />
gegenüberstehend, durch verfeinernde<br />
Uneigentlichkeit das süße Gift der Ironie.<br />
Wobei Wagner die Rolle des Künders dieser<br />
neuen, unheimlich aufgehübschten Zeit selbstbewusst<br />
verkörpert. Hat er also, gleich dem<br />
frühen Gustav Aschenbach aus dem „Tod in<br />
Venedig“, über seinen Zynismen das Talent verdächtigt,<br />
die Kunst verraten und deren eschatologische<br />
Dimension süßlich-ironisch um die<br />
Ecke gebracht? Jedenfalls ist der Sachse mit der<br />
singenden Stimme musikalischer Schwellengänger.<br />
Sein schmeichelnd-buhlerisches Pathos<br />
hat Gemeinsamkeit mit dem greisen Geck<br />
bei Aschenbachs Überfahrt nach Venedig, der<br />
auf Teufel komm raus die Jugend sucht und<br />
mit girrenden Lauten vom Liebchen, vom<br />
feinen Liebchen faselt, während er dem protestantischen<br />
Arbeitsethiker von Aschenbach<br />
Abschiedshonneurs macht – derweil „sein<br />
Mund wässert“. Mit kühn aufgebogenem<br />
Panama und aufgehübscht<br />
bis zur<br />
Falschheit zeigt<br />
sich der schnöselhafte<br />
Stutzer und<br />
schwartze Kesperlin<br />
als retrospektives<br />
Sinnbild für<br />
künstliche Gralstümmelei<br />
und schmachtendes Liebeslangen.<br />
Hinter welchen sich, Gott sei’s geklagt, nichts<br />
anderes verbirgt als die fatal-unheimliche Sehnsucht<br />
des Abgelebten nach der Metamorphose<br />
des Alten zurück in blühende Jugend, als die<br />
Angst des eisernen Jahrhunderts vor allem, was<br />
wesentlich ist, vor dem letzten Gang dorthin,<br />
vor Begängnis und düsterer Bahre. Das 19. Jahrhundert,<br />
sich fortschrittlich glaubende Epoche<br />
der Kohle und des Stahls, geplagt und heimgesucht<br />
aber in Wirklichkeit vom Wunsch<br />
nach der Rückkehr in die Zeit vor der Bewusstwerdung<br />
des Säkulums selbst und seiner Modernität.<br />
Was anderes wäre dann Romantik<br />
als das Entrinnen in den Mythos als Antwort<br />
auf die technisierte Präzision, die Natur und<br />
Geist unkatholischerweise entzweit. Ist das<br />
etwa Richard Wagner? Mittenmang dabei.<br />
Wie dem auch sei. Eine Entwicklung ist ein<br />
Schicksal, und somit liegt es nicht in der<br />
Hand des Lebenden, das eigene Dasein völlig<br />
zu objektivieren. Immerhin ist erneut die<br />
Frage zu stellen, ob Wagner, ganz Adoleszent<br />
seiner Epoche, in kratologischer Perspektive<br />
unbedarft komponierte. Kannte er<br />
das Leben jenseits künstlerischer Verfeinerung<br />
und Überreiztheit? Nietzsche war Soldat,<br />
der die Schrecken des Deutsch-Französischen<br />
Krieges erlebte. Wagner träumte von<br />
hehren Heldentaten, die der „epische Komponist“<br />
in seiner „Operndiktion“ (Thomas<br />
Mann über Wagners Sprachbegabung) bewerkstelligt.<br />
Da kommt es einen peinlich an,<br />
wenn der russische Regisseur Karen Schachnasarow<br />
beim Erscheinen des furchtgebietenden<br />
„Tiger“ im gleichnamigen Panzerfilm<br />
aus dem Jahr 2012 („Der weiße Tiger“)<br />
tumb-grummelnde Wagnermusik verabfolgt<br />
– es ist das Tannhäusermotiv, erklingend in<br />
russischen Birkenwäldchen, nichts weiter.<br />
Traumtänzer<br />
des unglücklichen<br />
19. Jahrhunderts<br />
Der Rest der Geschichte ist schnell erzählt:<br />
Villa Wahnfried, Winifred und wie sie alliteratorisch<br />
alle heißen. Wagner und der Boulevard<br />
brauchen keine strategische Partnerschaft.<br />
Wagner ist Boulevard, und so erscheint deutlich,<br />
dass kulturelle Höhe auch in ihrer Relativität<br />
betrachtet werden darf, trotz noch so<br />
raffinierter Akkorde, die allenfalls in aus -<br />
gewählten Momenten des zweifelhaft Be -<br />
glückenden und<br />
beglückend Zweifelhaften<br />
entraten.<br />
Um es rundweg<br />
herauszusagen:<br />
Richard Wagner<br />
könnte, immerhin<br />
schon im Zeitalter<br />
der Massen stehend,<br />
wenn auch an dessen Anfang, als<br />
„McDonald’s der Musik“ figurieren. Tatsächlich<br />
haftet ihm etwas an von praktischem<br />
Drive-in: Man nimmt das bei aller exzentrischen<br />
Virtuosität der Harmonik imposante Gedröhne<br />
und Gefiedel gern und unkompliziert<br />
mit. Wie schnell ist es hinabgewürgt! Am Ende<br />
seiner Kompositionen entlässt Wagner das<br />
Publikum nicht mit dem offenen Blick für die<br />
lichte Weite des Daseins oder – das wäre wohl<br />
zu viel des Guten – in die Welt segensreicher<br />
Verherrlichung des Höchsten, sondern in aufgeblasene<br />
Lächerlichkeit. Man denke nur an<br />
die Bande von Straßensängern, die sich im<br />
Vorgarten des venezianischen Hotels, in dem<br />
Aschenbach sejourniert, mit ihren volkstümlich<br />
quinkelierenden Instrumenten hören lassen.<br />
Ähnlich ihrem Anführer und obersten<br />
Bettelvirtuosen, der sich am Ende im Rückwärtsgang<br />
schleicht und mit dem Mast der<br />
Bogenlampe kollidiert, nachdem er beim begierig<br />
lauschenden Publikum (die Russen eifrig<br />
und genau im Genuss) Geld eingezogen<br />
hat; ähnlich diesem Anführer tritt Wagner am<br />
Ende seiner Eulenspiegeleien stets den Rückzug<br />
an, um sich doch immer wieder durch<br />
die vulgär belebten und eingängigen Weisen,<br />
nach der Art von Gassenhauern, girrend zu<br />
empfehlen. Genie oder Scharlatan? Vielleicht<br />
lautet die Formel, um dem Wagnerschen<br />
Code beizukommen, „schwere leichte<br />
Muße“ oder „klassischer Drive-in“? Man<br />
weiß es nicht. Mit Sicherheit gilt seit jeher und<br />
wird bedauerlicherweise noch lange gelten:<br />
Wagner und kein Ende. Veit Neumann (Alm)<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 87
Wagner und kein Ende<br />
Das Richard-Wagner-Festspielhaus<br />
auf dem Grünen Hügel in Bayreuth wurde<br />
von Otto Bruckwald nach Entwürfen von<br />
Richard Wagner im Stil der hellenistischen<br />
Romantik errichtet.<br />
Und sein Erbarmen<br />
ist kein Spott<br />
Religion in Leben und Werk<br />
Richard Wagners<br />
Sie spendete Regen oder Schnee, sie brachte<br />
den Frühling, sorgte für das Wachstum der<br />
Fluren und für die Ordnung im Haushalt. Die<br />
Kinder kennen sie heute noch als Frau Holle.<br />
Unter dem Einfluss des Christentums wurde<br />
aus dieser wundertätigen Muttergottheit einervon<br />
PD Dr. Ulrike Kienzle<br />
Programm des Stadttheaters Dortmund von<br />
1904. Gegeben wurde der Tannhäuser.<br />
Über nichts hat Richard Wagner<br />
zeit seines Lebens so tief<br />
nachgedacht wie über die Liebe<br />
und über die Religion. Die<br />
großen Menschheitsfragen – „Wo<br />
komme ich her? Wo gehe ich hin?<br />
Was ist der Sinn des Lebens, des<br />
Leidens und der Liebe?“ bewegten<br />
ihn immer. Eine Vorstellung von<br />
Gott im Sinne der christlichen<br />
Theologie sucht man bei Wagner<br />
indes vergebens. Gott ließ sich<br />
für ihn weder begrenzen noch definieren.<br />
Wagner war ein kritischer Freigeist, der seinen<br />
eigenen Weg ging, im Leben wie in der<br />
Kunst, im Denken wie in der Religion.<br />
2 Fotos: imago stock&people<br />
TANNHÄUSER<br />
Von Heinrich Heine ließ sich Wagner zu seiner<br />
romantischen Oper Tannhäuser (1845)<br />
inspirieren. Die Literaten des Jungen<br />
Deutschland hatten die Befreiung der Sinnlichkeit<br />
auf ihre Fahnen geschrieben. Deshalb<br />
spielten sie das lustbetonte Leben der<br />
alten heidnischen Götter gegen die moralischen<br />
Repressionen des Christentums aus.<br />
In seinem Essay Elementargeister von 1837<br />
beschreibt Heinrich Heine, wie das Christentum<br />
bei seinen ersten Missionszügen auf<br />
deutschem Boden die altgermanische Religion<br />
zu vertilgen oder in sich aufzunehmen<br />
suchte: Auf den Ruinen heidnischer Tempel<br />
und Kultstätten wurden Kirchen und Kapellen<br />
gebaut. Aus den alten Naturgöttern, aus<br />
Nymphen und Quellgeistern, Zwergen und<br />
Elfen wurden entweder Heilige – oder aber<br />
Teufel, Hexen und Dämonen.<br />
Die alten Götter waren in den Augen des Volkes<br />
zwar keineswegs tot, aber sie vegetierten<br />
nunmehr jämmerlich unter Eulen und Kröten<br />
dahin. Des Nachts jedoch stiegen sie „in liebreizender<br />
Gestalt“ empor, „um irgend einen<br />
arglosen Wanderer oder verwegenen Gesellen<br />
zu betören und zu verlocken.“ 1 So zum<br />
Beispiel den Minnesänger Tannhäuser, der<br />
im Venusberg jahrelang die Liebe der Göttin<br />
genoss, bevor er, von Reue geplagt, zum<br />
Papst nach Rom pilgerte – der aber verweigerte<br />
ihm die Absolution, und so kehrte der<br />
Sünder für immer in die Arme der Frau Venus<br />
zurück. 2 Frau Venus jedoch war niemand<br />
anderes als die germanische Fruchtbarkeitsgöttin<br />
Hulda.<br />
88 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>
Wagner und kein Ende<br />
Foto: picture alliance / Yannick Tylle<br />
seits die Anführerin des wilden Heeres, eine<br />
grauenhafte Hexe und Teufelin, andererseits<br />
aber – der Gegensatz könnte nicht größer<br />
sein – die heilige Jungfrau Maria: „Der gesamte<br />
[…] Mariencultus ist nur aus der tiefen<br />
wurzel zu erklären, die im volk schöne und<br />
schuldlose, aber heidnische anschauungen<br />
geschlagen hatten.“, betont Jacob Grimm in<br />
seiner Deutschen Mythologie. 3 Blumen und<br />
Kräuter, einstmals der Großen Göttin geweiht,<br />
wurden nunmehr nach Maria benannt;<br />
Marienbilder ersetzten die alten Kultstätten<br />
im Wald, und eine Fülle lieblicher Sagen und<br />
Märchen um Holda und Frouwa wurden<br />
auf sie übertragen.<br />
Venus, Maria und Holda –<br />
alle drei kommen in<br />
Wagners Oper vor.<br />
Von Frau Holda singt<br />
der junge Hirt, ein<br />
Naturbursche, der in<br />
seiner unschuldigen<br />
Einfalt offenbar die<br />
christlichen Missionszüge<br />
verschlafen hat. Die<br />
Jungfrau Maria ziert als<br />
Heiligenfigur den rechten<br />
Bildrand der beiden Szenen<br />
im Wartburgtal. Mit dem<br />
Ruf „mein Heil ruht<br />
in Maria!“ löst sich Tannhäuser von Frau Venus<br />
los, aber mit seinem Preislied an die Göttin<br />
der Liebe löst er auf der Wartburg einen<br />
Eklat aus. 4<br />
Ein Thema der Oper ist die unheilvolle Spaltung,<br />
die das Christentum über die Welt gebracht<br />
hat, indem es die freie Liebe verdammte.<br />
Tannhäuser ist zerrissen zwischen<br />
der ekstatischen, aber kalten heidnischen<br />
Sinnenlust der Frau Venus einerseits, der seelenvollen,<br />
aber keuschen Lieblichkeit Mariens<br />
und der Hohen Minne in der Wartburg<br />
andererseits. Tannhäuser ist –<br />
nach dem Ideal des Jungen<br />
Deutschland – ein Mensch,<br />
der sich dem Hier und Jetzt<br />
des gelebten Augenblicks<br />
mit ganzer Seele hingibt.<br />
In einer Welt, die<br />
religiös gespalten ist,<br />
erscheint seine spontane<br />
Impulsivität als eine<br />
Todsünde. Die Befreiung<br />
aus diesem Zwiespalt<br />
vollzieht er nicht<br />
aus eigener Kraft. Er<br />
bedarf „des Himmels<br />
Mittlerin“, 5 des „Engels“,<br />
der ihn von Venus zu<br />
Maria bringt und<br />
die göttlichen Attribute beider in sich vereinigt.<br />
Diese Mittlerin ist Elisabeth. Sie ist<br />
Stifterin und Märtyrerin einer neuen Religion,<br />
in der die Gegensätze von Heidentum<br />
und Christentum aufgehoben sind: einer Religion<br />
der Liebe, die durchaus erotische Züge<br />
trägt und damit wieder an die germanischen<br />
Göttin Holda anknüpft.<br />
Elisabeth macht eine innere Entwicklung<br />
durch: von der Hoffnung auf eine sinnliche<br />
Erfüllung ihrer Liebe zu Tannhäuser in der<br />
Ehe bis hin zur stellvertretenden Sühne seiner<br />
„Schuld“ im mystischen Liebestod. Am<br />
Ende dieses langen und schmerzlichen Weges<br />
wird sie gleichsam zur Heiligen. Ganz bewusst<br />
knüpft Wagner hier an die Legende von der<br />
heiligen Elisabeth von Thüringen an, verleiht<br />
ihr aber eine ganz neue Bedeutung, nämlich<br />
im Sinne einer Religion der Liebe zwischen<br />
Mann und Frau, die alle Werte und Normen<br />
überschreitet und zur „Erlösung“ führt.<br />
Elisabeth steht von Anbeginn gleichsam unmittelbar<br />
zu Gott. Deshalb kann sie im Augenblick<br />
der höchsten Bedrohung Tannhäusers<br />
der wütenden Wartburggesellschaft<br />
selbstbewusst verkündigen, „was Gottes<br />
Wille ist“ – nämlich den Sündigen nicht zu<br />
töten, sondern ihn auf eine Pilgerreise nach<br />
Rom zu schicken. Der Papst jedoch verweigert<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 89
Wagner und kein Ende<br />
dem reuigen Sünder die Absolution und gibt<br />
ihn der ewigen Verdammnis preis. Damit<br />
überschreitet er allerdings eindeutig sein<br />
Amt, denn selbst der Stellvertreter Christi<br />
auf Erden darf sich nicht an die Stelle des<br />
Allmächtigen setzen. Nicht durch den päpstlichen<br />
Bannspruch, sondern nur durch ein<br />
christliches „Wunder“ kann der heidnische<br />
„Zauber“ der Frau Venus gelöst werden; dies<br />
jedoch hält der Papst in seiner dogmatischen<br />
Ignoranz für unmöglich. Elisabeth erwirkt<br />
es, indem sie ihr eigenes Leben in der Fürbitte<br />
an die Jungfrau Maria zum Opfer bringt<br />
und dadurch den dürren Stab des Papstes wider<br />
jedes Naturgesetz zum Ergrünen bringt.<br />
Im Symbol des grünenden Stabes sind die<br />
Attribute der drei göttlichen Frauen zusammengefasst.<br />
Es steht für das alljährliche<br />
Kommen des Frühlings und ist insofern ein<br />
Werk Holdas, die Fluren und Auen neu belebt.<br />
Virga Aaron, der blühende Arons-Stab,<br />
ist jedoch auch ein verbreitetes Attribut der<br />
Virgo, der Jungfrau Maria: Wie Aaron als<br />
erster Hohepriester des Alten Bundes von<br />
Gott durch das Erblühen seines trockenen<br />
Stabes erwählt wurde, so ist Maria nach<br />
christlicher Auffassung dazu auserkoren, die<br />
Erneuerung der Religion durch die übernatürliche<br />
Geburt Christi zu ermöglichen.<br />
Das Werk schließt mit einer Apotheose des<br />
wahren Christentums als einer Liebesreligion:<br />
„Hoch über aller Welt ist Gott, / und sein Erbarmen<br />
ist kein Spott!“ 6 In diesem<br />
merkwürdigen Reim wollte<br />
Wagner „das<br />
bezeichnendste poetische Wort für die Entstellung<br />
des göttlichen Erbarmen’s von seiten<br />
eines hartherzigen Priesterthumes“ sehen. 7<br />
LOHENGRIN<br />
Auch Lohengrin (1848) kreist um eine religiöse<br />
Thematik. Das Werk spielt in einer für<br />
den christlichen Glauben instabilen Zeit: Im<br />
10. Jahrhundert war in Brabant der Kampf<br />
zwischen Heidentum und Christentum noch<br />
keineswegs entschieden; in der Gestalt Ortruds<br />
ragt die germanische Religion noch in die christliche<br />
Welt hinein. Doch die alten Götter sind<br />
längst gestürzt, und die zauberkundige Frau<br />
betreibt schwarze Magie. Sie verwandelt den<br />
rechtmäßigen Nachfolger des Herzogs von<br />
Brabant in einen Schwan, um dadurch ihre ei -<br />
gene Dynastie wieder an die Macht zu bringen.<br />
Lohengrin kommt aus einer jenseitigen Welt,<br />
um den heidnischen „Zauber“ durch ein christliches<br />
„Wunder“ außer Kraft zu setzen. Das<br />
Vorspiel schildert die Epiphanie der Transzendenz<br />
in silbrig hellem Streicherglanz, geheimnisvoll<br />
wie der Klang von Äolsharfen.<br />
Lohengrin ist ein Abgesandter des Grals –<br />
einer sagenumwobenen mystischen Spielart<br />
des Christentums, die von der offiziellen Kirche<br />
ignoriert wurde. Er kommt als Lichtgestalt<br />
in eine von Intrigen, Krieg und Gewalt gezeichnete<br />
Welt. König Heinrich ist überzeugt:<br />
Der Schwanenritter wurde „von Gott gesandt“,<br />
seine „Heldenkraft“ wächst ihm aus göttlichem<br />
Willen zu. 8 Mit seinem Sieg über Telramund<br />
erfüllt Lohengrin seinen Auftrag, Elsa „aus<br />
Schmach und Not“ der falschen Anschuldigung<br />
zu befreien und sich selbst an die Stelle des<br />
verschwundenen Herzogs<br />
von Brabant zu setzen. Er soll das bedrohte<br />
Land in den Krieg führen und zugleich eine<br />
neue Herrschaftsform errichten, die auf<br />
Transzendenz und Liebe gegründet ist. Aber<br />
dafür stellt er eine Bedingung, die nicht zu<br />
erfüllen ist: Elsa soll ihm und seiner Mission<br />
sozusagen blind vertrauen, ohne nach seinem<br />
Namen und seiner Herkunft zu fragen.<br />
Das Göttliche will durch sich selbst erkannt<br />
und um seiner selbst willen geliebt werden.<br />
Damit erhebt er einen Anspruch, den jede<br />
Religion stellt: zu glauben, ohne zu zweifeln.<br />
Lohengrins Frageverbot steht jedoch im Widerspruch<br />
zu einem anthropologischen Grundbedürfnis:<br />
Die Liebe – so Wagner – ist das<br />
„Verlangen nach voller sinnlicher Wirklichkeit“.<br />
9 Wer liebt, will nicht nur glauben und<br />
anbeten, sondern auch wissen und erkennen.<br />
Elsa kann nicht anders, sie muss die verbotene<br />
Frage stellen. Denn sie will letztlich nicht lebenslang<br />
„zu [s]einen Füßen liegen“ und zu<br />
ihm als „Engel“ und „Erlöser“ aufblicken. Sie<br />
will sich vielmehr seines Vertrauens würdig<br />
zeigen, will endlich „[s]einer werth erscheinen“<br />
– als Mensch gegenüber Gott und als<br />
liebende Frau gegenüber dem Mann, mit dem<br />
sie ihr Leben und das Geheimnis seiner transzendenten<br />
Herkunft teilt. 10 Religiös gesprochen:<br />
Gott und Mensch sollen gleichberechtigt nebeneinander<br />
stehen. Doch das ist unmöglich.<br />
Und darin liegt die Tragik des Geschehens.<br />
Elsa ist wie der ungläubige Thomas: Sie muss<br />
den Finger in die Wunde legen, bevor sie an<br />
die Gegenwart des Göttlichen glauben kann.<br />
Damit aber sie muss sie die Numinose aus<br />
ihrer Gegenwart vertreiben. „Der liebe Gott<br />
thäte klüger, uns mit Offenbarungen zu verschonen,<br />
da er doch die Gesetze der Natur<br />
nicht lösen darf: die Natur, hier die<br />
menschliche Natur, muß sich rächen<br />
und die Offenbarung zu nichte machen“,<br />
schrieb Wagner 1846 an einen Freund. 11<br />
Fotos: picture alliance/akg-images<br />
Lohengrin ist demnach als eine Parabel<br />
auf das Ende der Transzendenz zu lesen.<br />
Wagner thematisiert hier das Drama des<br />
modernen Menschen, der an das Göttliche<br />
nicht mehr glauben kann, der es entzaubern<br />
muss, um sich selbst zu emanzipieren.<br />
In dieser pessimistischen Sicht schlägt sich<br />
die religiöse Krise des 19. Jahrhunderts nieder.<br />
Unter dem Einfluss der kritischen Phi-<br />
„Lohengrin“: Fotopostkarte von 1905.<br />
Daneben ein undatiertes Foto<br />
der Sopranistin Eva von der Osten<br />
als Elsa in „Lohengrin“.<br />
90 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>
Wagner und kein Ende<br />
„Der Zug der Walkyren“ – Holzstich um 1890<br />
nach einem Gemälde von Gaston Bussière.<br />
losophie und der erstarkenden Naturwissenschaft<br />
war die Glaubensgewissheit der Romantiker<br />
immer mehr ins Wanken geraten. Die<br />
Anhänger des Jungen Deutschland und die<br />
Linkshegelianer der dreißiger und vierziger Jahre<br />
versuchten schließlich, Religion und Glauben<br />
in Mythologie und Psychologie aufzulösen.<br />
Wagner war sich der Gefahr bewusst, die der<br />
Verlust von Metaphysik und Religion für die<br />
Psyche des modernen Menschen bedeuten<br />
muss. Die Vertreibung Lohengrins steht deshalb<br />
für einen universalen Sinnverlust: Der<br />
Glanz des Göttlichen entschwindet aus einer<br />
Welt, in der Transzendenz und Realität nicht<br />
vereinbar sind. Elsa ist der Prototyp des modernen<br />
Menschen, der zwischen metaphysischem<br />
Bedürfnis einerseits und wachsendem<br />
Selbstbewusstsein gegenüber dem Göttlichen<br />
andererseits zerrissen ist. Dass der Widerspruch<br />
von Glauben und Zweifel nicht zu einer falschen<br />
Versöhnung gebracht wird, ist das Signum<br />
der Modernität von Wagners Lohengrin.<br />
PARSIFAL: SYNTHESE<br />
AUS BUDDHISMUS<br />
UND CHRISTENTUM<br />
In seinem letzten Werk, dem Bühnenweihfestspiel<br />
Parsifal (uraufgeführt 1882), versuchte<br />
Richard Wagner unter dem Einfluss des Philosophen<br />
Arthur Schopenhauer Christentum<br />
und Buddhismus zu einer Synthese zu bringen.<br />
Nach dem mittelalterlichen Epiker Robert de<br />
Boron ist der Gral die Schale, aus der Jesus<br />
beim letzten Abendmahl getrunken und die<br />
er seinen Jüngern als Zeichen des neuen<br />
Bundes gereicht hat. Joseph von Arimathia<br />
fing darin das Blut aus der Seitenwunde des<br />
Gekreuzigten auf, welche der römische Legionär<br />
Longinus dem Sterbenden mit dem<br />
heiligen Speer geschlagen hatte. Die rituelle<br />
Wiederholung des<br />
„letzten Liebesmahles“<br />
mit der<br />
Enthüllung des<br />
Grales und dem<br />
neuerlichen Aufleuchten<br />
des Blutes<br />
ist das einzige Ritual<br />
der Gralsgemeinschaft.<br />
Der Kar -<br />
freitag als Tag des<br />
Mitleidens mit dem<br />
Gekreuzigten ist zugleich<br />
ein Moment der „Entsündigung“ auch<br />
der leidenden Natur. Dabei wandelt Wagner<br />
einen Gedanken des Apostels Paulus ab, nach<br />
dem die gesamte Schöpfung zusammen mit<br />
dem Menschen nach ihrer Erlösung seufzt. 12<br />
Im Parsifal zitiert Wagner liturgische Ursituationen:<br />
Eucharistiefeier, Fußwaschung,<br />
Karfreitagslamentation, Sündenbekenntnis,<br />
Totenliturgie. Aus dem kirchlichen Kontext<br />
gelöst, werden sie Anknüpfungspunkte für<br />
eine neue spirituelle Deutung und für eine<br />
neue spirituelle Erfahrung, die durch die vertrauten<br />
Formen hindurch aufscheinen sollen.<br />
Foto: privat<br />
Foto: picture alliance/akg-images<br />
Wagners Parsifal ist außerdem ein Christus-<br />
Drama von gewaltigen Dimensionen. Die<br />
Gestalt des leidenden Erlösers steht im Zentrum<br />
nicht nur der Bühnenhandlung, sondern<br />
vor allem der Musik. Im Abendmahlthema<br />
zu Beginn des Vorspiels wird die Einsetzung<br />
des Abendmahls („Nehmet hin meinen Leib,<br />
nehmet hin mein Blut um unsrer Liebe willen.“)<br />
in expressiver Klangrede tönend entfaltet.<br />
Wie in einem Initiationsritus wird der<br />
Hörer aus Raum und Zeit gelöst und in das<br />
Reich der ewigen Ideen versetzt. Er erfährt die<br />
Einsetzungsworte als Ursprung einer Religion<br />
des freiwilligen Leidens und des Selbstopfers<br />
aus Liebe. Der zweite Teil des Vorspiels<br />
bringt dasselbe Thema, aber in einer<br />
hoch expressiven, zerrissenen Varianate; es<br />
zeigt uns Christus als leidenden Menschen.<br />
Wagner schrieb dazu in einer programma -<br />
tischen Erklärung für König Ludwig II.: „Da<br />
noch einmal aus Schauern der Einsamkeit<br />
erbebt die Klage des liebenden Mitleides:<br />
das Bangen, der heilige Angstschweiß des<br />
Ölberges, das göttliche Schmerzensleiden<br />
des Golgatha [...].“ 13<br />
Die Musik der Heilandsklage, wie dieses Motiv<br />
genannt wird, erklingt deshalb an zentralen<br />
Stellen des Dramas: in der Verwandlungsmusik<br />
des ersten Aktes, in der Klage des Amfortas,<br />
im Augenblick der Gralsenthüllung,<br />
während Parsifals Erkenntnisszene und in<br />
Kundrys Erinnerung an ihre Begegnung mit<br />
Christus sowie in der Karfreitagsszene, um<br />
nur wenige Stellen zu nennen. Unabhängig<br />
von Zeit und Raum ist Christus mit den Menschen<br />
verbunden und leidet mit ihnen. Durch<br />
ihre Verfehlung und Gleichgültigkeit wird er<br />
stets von neuem gekränkt und gekreuzigt.<br />
In einer seiner Spätschriften betont Wagner,<br />
dass die Tat des freiwilligen Leidens Christi sich<br />
in der Nachahmung seines Vorbildes erfüllt und<br />
von dieser Nachahmung gewissermaßen auch<br />
abhängig ist. 14 Amfortas und die Gralsritter<br />
sind dem Vorbild des liebenden Mitleids jedoch<br />
nicht gefolgt: Sie verharren in inselhafter<br />
Abgeschlossenheit; sie erliegen der sinnlichen<br />
Verführung und damit egoistischer Selbstliebe;<br />
sie reagieren auf die Herausforderung durch<br />
Klingsor mit Gewalt. Damit handeln sie dem<br />
christlichen Liebesopfer zuwider, und dadurch<br />
ist die Heilstat Jesu nach Wagners Verständnis<br />
grundsätzlich in Frage gestellt. Im zweiten Akt<br />
vernimmt Parsifal den Schrei des leidenden<br />
Gottes um das „entweihte Heiligtum“: „Erlöse,<br />
rette mich aus schuldbefleckten Händen!“<br />
Indem Parsifal durch sein universales Mit-<br />
Die Autorin: PD Dr. Ulrike Kienzle studierte Musikwissenschaft, Germanistik<br />
und Philosophie. Sie arbeitet als freie Autorin, Seminarleiterin und Kuratorin<br />
von Ausstellungen. Sie hat zahlreiche Publikationen zum Musiktheater, unter<br />
anderem zu Richard Wagner und Franz Schreker, zur Musik im Kontext von Literatur,<br />
Philosophie, Religion und Kunstschichte sowie zum Frankfurter Musikleben<br />
veröffentlicht. 2001 legte sie eine zweibändige Monographie über<br />
den Komponisten, Dirigenten und Archäologen Giuseppe Sinopoli vor. Im Auftrag der Bürgerstiftung<br />
schrieb sie das Buch „Neue Töne braucht das Land! Die Frankfurter Mozart-Stiftung im Wandel der<br />
Geschichte (1838-2013)“ und gab das von ihr wiedergefundene Jugend-Streichquartett von Max Bruch<br />
als Faksimile-Druck heraus.<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 91
Wagner und kein Ende<br />
Siegfried in der Bayerischen Staatsoper<br />
München im Juli 2013 unter der musikalischen<br />
Leitung von Kent Nagano und in der<br />
Inszenierung von Andreas Kriegenburg,<br />
leiden die Konflikte der schuldbeladenen<br />
Menschen – stellvertretend Kundry und Amfortas<br />
– auf sich nimmt und sie zu heilen vermag,<br />
konfirmiert er nämlich auch die Erlösungstat<br />
Christi und erneuert zugleich ihre<br />
Kraft. Parsifal wird – wie Christus – zum „Erlöser<br />
der Welt“, wie Wagner in einem Brief an<br />
Mathilde Wesendonck geschrieben hatte. Parsifal<br />
wird überdies zum Erlöser des Erlösers.<br />
Das ist der Sinn jener suggestiven Formel, mit<br />
der Wagners letztes Musikdrama endet: „Erlösung<br />
dem Erlöser“. 15 Musikalisch wird hier<br />
das zuvor abwärts geführte Abendmahlthema,<br />
das zuvor ein Symbol der christlichen Passion<br />
gewesen ist, in einer melodischen Bewegung<br />
diatonisch nach oben geführt; es wirkt jetzt<br />
befreit und vollendet. „Erlösung dem Erlöser“<br />
wird in immer neuen Ansätzen aufwärts<br />
durch den Klangraum geführt – ein musikalisches<br />
Sinnbild der Ewigkeit und der Entrückung<br />
in immer fernere mystische Sphären.<br />
Wagners Sehnsucht nach dem Metaphysischen<br />
kommt nur in der Musik wirklich zur Ruhe,<br />
die gleichsam alle offenen Fragen mit auf den<br />
Weg nimmt und in der tönenden Vision des<br />
nirvana aufhebt. „Erlösung dem Erlöser“ ist<br />
Ausdruck einer Utopie, die sich in der Musik<br />
realisiert – einen erfüllten Augenblick lang.<br />
Wir können den rätselhaften Satz als eine<br />
Feststellung lesen – oder wir können sie als<br />
eine Aufforderung verstehen, immer aufs Neue<br />
an der Erlösung des Erlösers zu arbeiten.<br />
1<br />
Heine: Elementargeister, S. 691.<br />
2<br />
Heine: Elementargeister, S. 695 ff.<br />
3<br />
Jacob Grimm: Deutsche Mythologie (1835), Wiesbaden<br />
2003, S. XXVIII.<br />
4<br />
Richard Wagner: Tannhäuser, S. 12, 32 und S. 12.<br />
5<br />
Wagner: Tannhäuser, S. 28.<br />
6<br />
Wagner: Tannhäuser, S. 40.<br />
7<br />
Richard Wagner an Karl Gaillard, 5. Juni 1845, In:<br />
Ders: Sämtliche Briefe, hrsg. von Gertrud Strobel<br />
und Werner Wolf, Bd. 2, Leipzig 1970, S. 435.<br />
8<br />
Wagner: Lohengrin, S. 74.<br />
9<br />
Richard Wagner: Eine Mitteilung an meine Freunde.<br />
In: Gesammelte Schriften und Dichtungen 4, S. 290.<br />
10<br />
Wagner: Lohengrin, S. 75 und S. 102.<br />
11<br />
Richard Wagner: Sämtliche Briefe Bd. 2, S. 511 f.<br />
12<br />
Vgl. Paulus: Brief an die Römer, 8,19-22<br />
13<br />
Richard Wagner: Parsifal. Vorspiel. In: Gesammelte<br />
Schriften und Dichtungen, Bd. 12, S. 347.<br />
14<br />
Vgl. Richard Wagner: Religion und Kunst. In: Gesammelte<br />
Schriften und Dichtungen, Bd. 10, S. 215<br />
sowie Offenes Schreiben an Herrn Ernst von Weber,<br />
ebd., S. 202.<br />
15<br />
Richard Wagner: Parsifal. Gesammelte Schriften<br />
und Dichtungen, Bd. 10, S. 375.<br />
Foto: imago stock&people<br />
92 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>
Wagner und kein Ende<br />
Geradezu antithetisch:<br />
der Ring des Nibelungen und<br />
das mittelalterliche Nibelungenlied<br />
von Dr. Michael Neecke<br />
Wer das Nibelungenlied als leidenschaftlicher<br />
Verehrer von Wagners<br />
Tetralogie kennenlernt, erfährt vermutlich<br />
eine gewisse Enttäuschung:<br />
Es gibt in dem mittelalterlichen Text überhaupt<br />
keine germanischen Götter, weder Wotan und<br />
Donner noch Fricka und Freia tauchen auf. Die<br />
von Wagner her bekannte Brünnhilde – sie heißt<br />
jetzt Prûnhilt – ist auch keine Walküre, die<br />
über die Schlachtfelder jagt und die Tapfersten<br />
unter den Gefallenen nach Walhall bringt,<br />
sondern eine isländische Königin. Und Siegfried<br />
– nun Sîvrit genannt – wächst nicht in<br />
einer Felsenhöhle bei Zwerg Mime auf, sondern<br />
etwas überbehütet bei seinen königlichen<br />
Eltern in Xanten. Von einer romantischen<br />
Zweierbeziehung der beiden weiß das<br />
Nibelungenlied ebenfalls nichts und der Drachenkampf<br />
wird recht zügig in einer Strophe<br />
von gerade mal vier Versen abgehandelt.<br />
Die Absenz der heidnischen Götter ist nicht<br />
weiter erstaunlich, das Nibelungenlied wurde<br />
zu Beginn des 13. Jahrhunderts geschrieben,<br />
also mitten im christlichen Hochmittelalter:<br />
Wotan und Konsorten spielten da längst keine<br />
Rolle mehr. Vielleicht war der Verfasser des<br />
Textes sogar selbst Kleriker, freilich ein Kleriker<br />
im mittelalterlichen Sinne des Wortes: Ein<br />
solcher clericus hat eine Kloster- oder Stiftsschule<br />
besucht und ist dort anhand der septem<br />
artes liberales in die Grundlagen der lateinischen<br />
Bildung eingeführt worden. Viele<br />
clerici besaßen die niederen Weihen, was aber<br />
keineswegs in jedem Falle erforderlich war,<br />
sie wurden schließlich Hofbeamte, Verwaltungsfachleute<br />
und Diplomaten – das englische<br />
Wort clerk bewahrt dieses Verständnis<br />
noch heute. Dies also ist nicht verwunderlich;<br />
erstaunlich erscheint vielmehr, dass Johann<br />
Wolfgang von Goethe das seinerzeit<br />
wiederentdeckte Nibelungenlied im Kern für<br />
„ganz nordisch“ und „völlig heidnisch“ hielt.<br />
Sicherlich handelt es sich beim Nibelungenlied<br />
nicht um eine religiöse Dichtung, ein<br />
Geistlicher, ein Priester scheidet als Verfasser<br />
wohl auch aus. Was aber Goethe als bloßes<br />
Oberflächenphänomen betrachtet: „das Costum<br />
schon christlich“, ist für den Text durchaus<br />
zentral. Zwar ist bereits in der bekannten Eingangsstrophe<br />
des Nibelungenlieds von „alten<br />
Erzählungen“ (alten mæren) die Rede, was<br />
dann aber folgt, ist ganz auf der Höhe der<br />
Zeit – und das ist eben die Zeit um 1200, von<br />
germanischer Altertumskunde ist da keine<br />
Spur! Für Richard Wagner, wie für die Rezeption<br />
des Nibelungenlieds in der Romantik<br />
insgesamt, wirkte freilich Goethes Hinweis<br />
auf die heidnisch-nordische Tiefenstruktur<br />
des mittelalterlichen Textes orientierend. Die<br />
damals noch sehr junge akademische Disziplin<br />
der Germanistik widmete sich ebenfalls<br />
mit Vorliebe dem unter dem Text verborgenen<br />
vorchristlichen Urgestein.<br />
Dass nun aber Wagners Ring im Kern keineswegs<br />
von mythischen Vorzeiten handelt, sondern<br />
von der Gegenwart des 19. Jahrhunderts,<br />
hat George Bernard Shaw bereits 1896 in seinem<br />
Kommentar zur Tetralogie (The Perfect<br />
Wagnerite) ausgeführt: „The Ring, with all its<br />
gods and giants and dwarfs, its water-maidens<br />
and Valkyries, its wishing-cap, magic ring, enchanted<br />
sword, and miraculous treasure, is a<br />
drama of today, and not of a remote and fabulous<br />
antiquity.“ [‚Der Ring mit all seinen Göttern und<br />
Riesen und Zwergen, mit den Wasserjungfrauen<br />
und Walküren, der Tarnkappe, dem magischen<br />
Ring, dem verzauberten Schwert und dem<br />
wunderbaren Schatz ist ein Drama der Gegenwart<br />
und nicht eines aus ferner und sagenhafter<br />
Vorzeit.‘] Was also nordisch, alt und heidnisch<br />
erscheint am Ring, wird von Shaw als<br />
künstlerisches „Costum“ von Wagners Gegenwartsdeutung<br />
ausgewiesen. Konsequent auf die<br />
Neuzeit bezogen wurde Wagners Werk auch in<br />
Patrice Chéreaus Inszenierung des Rings zum<br />
100jährigen Bestehen der Bayreuther Festspiele<br />
im Jahr 1976, dem sogenannten „Jahrhundertring“:<br />
Die Rheintöchter agierten dort<br />
Foto: privat<br />
vor einem Staudamm, Walhall war ein gründerzeitlicher<br />
Prachtbau und Siegfrieds Schwert<br />
wurde im Hochofen geschmiedet. Moderne und<br />
Mittelalter oszillieren. „Je pensais que les costumes<br />
pouvaient nous y aider en mélangeant le<br />
Moyen Age et le XIXe siècle: une bourgeoisie<br />
se déguisant, se rêvant sous les espèces d’un<br />
panthéon germanique“, so Chéreau. [‚Ich dachte,<br />
dass uns die Kostüme helfen könnten, das<br />
Mittelalter mit dem 19. Jahrhundert zu vermischen,<br />
dachte an eine Bourgeoisie, die sich<br />
verkleidet und sich in ein germanisches Pantheon<br />
hineinträumt.‘] Für manche Liebhaber<br />
der Trilogie war das eine große Enttäuschung.<br />
Chéreaus Inszenierung wurde dann<br />
fünf Festspielsommer lang gespielt und fortentwickelt,<br />
also bis 1980. Dass das Publikum<br />
schließlich begeistert war von der Interpretation<br />
des französischen Regisseurs, scheint<br />
zum Teil einer soziokulturellen Veränderung<br />
der von den Festspielen angesprochenen<br />
Klientel geschuldet: Wer die Sache nicht sehen<br />
wollte, blieb einfach fort.<br />
Mit dem Nibelungenlied des 13. Jahrhunderts<br />
hat das alles wenig zu tun. Das Heute von Wagners<br />
Ring ist nicht das Heute des Nibelungenlieds,<br />
entmythologisierende Ansätze wie die von<br />
Shaw und Chéreau befördern die Tetralogie<br />
zurück in die Neuzeit, nicht ins Mittelalter. Den<br />
mittelalterlichen Text braucht man gar nicht in<br />
seine Gegenwart zurückholen, er ist bereits dort:<br />
Der Umgang mit dem (mittlerweile historischen)<br />
Heute fällt im Nibelungenlied deutlich<br />
anders aus als bei Wagner, geradezu antithetisch.<br />
Während der mittelalterliche Text die alten<br />
mæren der Sagentradition in die eigene Gegenwart<br />
hereinholt, projiziert der Komponist des<br />
19. Jahrhunderts sein Hier und Heute in die<br />
mythische Ferne einer heidnischen Vorzeit.<br />
Der Autor: Dr. Michael Neecke, geboren 1976; Studium der Germanistik und<br />
Philosophie an der Universität Regensburg; Magister 2002; Mitarbeit in der<br />
Regensburger DFG-Forschergruppe „Krieg im Mittelalter“ 2002-2004;<br />
Promotion 2007; 2007-2013 Assistent am Lehrstuhl für Deutsche<br />
Philologie/germanistische Mediävistik der Universität Regensburg; seit 2014<br />
Lehrbeauftragter ebendort; Habilitationsprojekt „Erfahrung und<br />
Sichtbarkeit: Facetten einer schwierigen Beziehung in der deutschen Literatur um 1350“.<br />
<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 93
von Prof. Dr.Dr.Dr. Anton Burger (FlP)<br />
Heute:<br />
Wirtschaft leicht gemacht<br />
Wertschätzung „Cash Flow“ ist in nicht der gleich Personalführung?<br />
„Gewinn“<br />
Foto: privat<br />
Der Autor: Prof. Dr.Dr.Dr. Anton Bur -<br />
ger (FIP), geboren 1962 im „Weinviertel“<br />
Niederösterreichs, Studien der Betriebswirtschaftslehre,<br />
der Rechtswissenschaften<br />
und der Katholischen Theologie, Habilitation<br />
für Betriebswirtschaftslehre an der<br />
Universität Wien, Professor an den Universitäten<br />
Köln und Münster, seit Jahren Inhaber des Lehrstuhls für<br />
Unternehmensrechnung an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät<br />
der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt; seine Interessengebiete<br />
sind Wirtschaft, Recht, Ethik und Theologie.<br />
Der Menschliche englische Arbeitsleistung Ausdruck „Cash ist Flow“ ein steht „Produktionsfaktor“<br />
in der an betrieblichen Zahlungsmitteln, Leistungserstellung. insoweit überstei-<br />
Das<br />
für einen<br />
Überschuss<br />
gen führt die zu Zuflüsse einem „funktionalen“ an Geld (Einzahlungen) Verständnis die des Abflüsse Menschen<br />
in der Personalführung, in einer Periode. also Wird im der sogenannten Terminus<br />
(Auszahlungen)<br />
Cash Humanressourcen-Management: Flow ohne weiteren Zusatz verwandt, Der Fokus so ist auf der<br />
„Cash seinen Flow Beitrag der zur betrieblichen Erreichung der Tätigkeit“, Unternehmensziele<br />
und auf die Verbesserung aus der betrieblichen dieses Beitrags Tätigkeit gerich-<br />
in ei-<br />
d. h. der<br />
Geldüberschuss<br />
nem tet. Gleichzeitig bestimmten ist Zeitraum dieses HR-Management gemeint. „Der“ Cash aber Flow offen<br />
für mithin, andere welchen Forschungsrichtungen Geldüberschuss ein Unterneh-<br />
wie die<br />
zeigt<br />
men Psychologie in einem oder Jahr, die Quartal moderne oder Hirnforschung Monat aus seiner (Neurobiologie),<br />
wo Tätigkeit man sich (Leistungen in diesem Kontext erstellen u. a. und mit<br />
betrieblichen<br />
verkaufen) Emotionalität erreichen und Motivation konnte. beschäftigt.<br />
Geldströme geschehen über den „betrieblichen Bereich“<br />
hinaus auch im „Investitionsbereich“, nämlich<br />
In den darwinistischen und soziobiologischen Modellen<br />
der Gesellschaft liegt das Augenmerk auf Konkurrenzkampf<br />
und auf dem Erfolg des Tüchtigsten,<br />
Auszahlungen für Investitionen (wie Kauf von Maschinen)<br />
und Einzahlungen aus Desinvestitionen<br />
die heutige Neurobiologie zeigt allerdings, dass der<br />
(wie Verkauf von Maschinen), und im „(Außen-)Finanzierungsbereich“,<br />
der die Geldbeziehungen zu<br />
Mensch sehr stark auf Kooperation und soziale Resonanz<br />
ausgerichtet ist. Das Motivationssystem des<br />
den Eigen- und Fremdkapitalgebern abbildet; hierbei<br />
werden<br />
Menschen<br />
Auszahlungen<br />
determiniert<br />
z.<br />
seine<br />
B. für<br />
Zielstrebigkeit,<br />
Kredittilgungen<br />
seinen<br />
(und<br />
gegebenenfalls<br />
Lebenswillen, seine<br />
auch<br />
emotionale<br />
für Kreditzinsen)<br />
Verfassung<br />
oder für<br />
und<br />
Dividenden<br />
damit<br />
seine<br />
und<br />
Einsatzbereitschaft<br />
Einzahlungen z. B.<br />
und<br />
aus<br />
sein<br />
Kreditaufnahmen<br />
Commitment<br />
oder mit Aufgaben aus neuen und Einlagen Projekten, der Eigentümer sein Glück und gezeigt. seine Den Zufriedenheit.<br />
und Einblick Was den in die Menschen Finanzwelt offenbar des Unternehmens<br />
wirklich mo-<br />
Überbietetiviert,<br />
die das Kapital- sind zwischenmenschliche oder Geldflussrechnung Anerkennung, („Statement<br />
Wertschätzung, of Cash Flows“). Lob, Zuwendung, Ermittelt Zuneigung werden kann u. ä. der<br />
„Cash Flow der betrieblichen Tätigkeit“ einer Periode<br />
durch Diese die Erkenntnisse direkte Gegenüberstellung haben gravierende der betrieblichen<br />
Konsequenzen<br />
für den Umgang vornehmlich der aus Menschen Umsätzen untereinander<br />
und be-<br />
Geldzuflüsse<br />
trieblichen und für die Kultivierung Geldabflüsse des aus Umgangs Personal, in Unternehmen<br />
(Unternehmenskultur): Steuern usw.. Aufmerksamkeit Besteht für Mitarbeiter verdienen<br />
Material,<br />
Energie,<br />
die und „Abschreibungen“ Mitarbeiterinnen keine der Finanzbuchhaltung: Aussicht auf Kooperation,<br />
auf soziale die Anschaffungs- Zuwendung, oder auf Wertschätzung Herstellungskosten und<br />
Dort<br />
werden<br />
von Lob, längerfristig so springt das nutz- Motivationssystem und abnutzbaren Vermögensgegenständenetärer<br />
Anreize über auf ihre Leistung Nutzungsdauer – nicht wirklich verteilt, an.<br />
– trotz mo-<br />
die Soziale jährlichen Isolation, Anteile Geringschätzung, bilden die (planmäßigen) das Gefühl<br />
„Abschreibungen“. des Ausgeliefertseins Abschreibungen usw. lassen die sind Motivation<br />
Wertminderungen, zusammenbrechen. sind Werte ver -<br />
anteilige<br />
zehre (Aufwendungen), die in der einzelnen<br />
Positive Periode Begegnungen nicht zu einem zwischen Geld abfluss Menschen,<br />
auch Aus in Sicht Unternehmen, der Finanzwelt führen sind zu<br />
führen.<br />
sie Bindungen, „unbarer“ es entsteht Natur. Vertrauen,<br />
Flow das der eine betrieb-<br />
Der<br />
„Cash zen-<br />
lichen Tätigkeit“ enthält ausschließlich „bare Vorgänge“<br />
aus der Erstellung und dem Verkauf von Leistungen;<br />
folglich findet man in seiner Berechnung<br />
keine Abschreibungen als Abzugsposten.<br />
trale Rolle bei jedem zwischenmenschlichen Umgang<br />
Der hat (zwischen „Gewinn“ Partnern, ist der Überschuss zwischen Eltern der Wertentstehungen<br />
zwischen („Erträge“) Lehrenden und und Wertverzehre Studierenden, („Aufwendun-<br />
zwischen<br />
und Kindern,<br />
gen“) Mitarbeitern einer Periode, in Unternehmen ist der oder Zuwachs zwischen an Eigen Men-schen<br />
im an Alltag). „Reinvermögen“, Die Personalführung an „Reichtum sollte daher der<br />
kapital,<br />
Eigen darauf tümer“; gerichtet Abschreibungen sein, im Verhältnis sind zwischen Aufwendungen Führenden<br />
und mindern Geführten folglich und den zwischen Gewinn Mitarbeitern der Periode! ohne<br />
und<br />
Über- bzw. Unterordnungsbeziehung Kooperation und<br />
Der „Cash Flow der betrieblichen Tätigkeit“ ist um<br />
einen wertschätzenden Umgang bewusst zu leben.<br />
Abschreibungen (und andere unbare Aufwendungen<br />
Ein solcher Umgang stellt sich allerdings nicht von<br />
die Rückstellungsbildungen) höher als der „Gewinn“.<br />
selbst ein, vor allem dort nicht, wo stets von Konkurrenz,<br />
Auslese oder gar Kampf der Menschen unter-<br />
(Jubel-)Meldungen von Unternehmen über „den<br />
Cash Flow“ bieten sicherlich einen interessanten Einblick<br />
in deren Finanzwelt, lassen aber nicht wirklich<br />
einander die Rede ist. Die Kultivierung eines positiven<br />
Umgangs ist eine permanent zu erfüllende Aufgabe;<br />
einen Schluss auf die Höhe des – meist bedeutend<br />
zu ihr gehören institutionelle Vorkehrungen,<br />
der Erwerb, das Schulen und<br />
geringeren – Gewinns zu, eine solche<br />
direkte Verbindung wäre ein Trugschluss.<br />
Trainieren von Bez<br />
i e -<br />
Foto: imago/Science Photo Library
DEN SOMMER GENIEßEN<br />
IN BAD GRIESBACH<br />
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AKTIV-WOCHE IN DER „BAYERISCHEN TOSKANA“<br />
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749,00 €<br />
649,00 €<br />
82,50 €<br />
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DEN SOMMER GENIEßEN<br />
IN BAD GRIESBACH<br />
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DEN SOMMER GENIEßEN<br />
IN BAD GRIESBACH
Bestandsimmobilie<br />
Innenstadtlage Münster (Westf.)<br />
WERBEMITTEILUNG<br />
Kaufpreis: ca. € 1.793/m 2<br />
davon Gebäude € 1.085/m 2 & Grundstück € 708/m 2<br />
Das in den Jahren 2011 bis 2013 umfassend modernisierte Büround<br />
Geschäftshaus ist zu rund 80% an sieben Hauptmieter<br />
(u.a. Deutsche Bahn, Bundespolizei, ibau, Deutsche Rentenversicherung)<br />
langfristig vermietet.<br />
Weitere Mietverhältnisse bestehen über Büro-, Praxis-,<br />
Gastronomie- und Ladenflächen, die allesamt indexiert sind.<br />
Der Mietermix reduziert Mietausfallrisiken. Die Mietfläche von<br />
24.091 m 2 ist zu 98% vermietet. Die Immobilie befindet sich an<br />
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Grundstücksanteil (39,5%).<br />
Das 9.462 m 2 große innerstädtische Grundstück wird mit rund<br />
EUR 17 Millionen bewertet. Somit entspricht allein der Bodenwert<br />
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rd. 10 Jahre, bis 31.Dezember 2025<br />
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ca. 14,9-fach (Ø Tilgung 1,5% p.a.)<br />
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Faxantwort an 040 207 69 86 29<br />
Persönliche Daten (bitte möglichst vollständig ausfüllen):<br />
Name:<br />
Straße:<br />
Telefonnummer:<br />
Geburtsdatum:<br />
Vorname:<br />
PLZ/ Ort:<br />
E-Mail:<br />
Beruf:<br />
Bitte senden Sie mir weitere Informationen zu.<br />
Disclaimer: Die in dieser Werbeanzeige enthaltenen Produktinformationen haben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und stellen kein Angebot und keine<br />
Anlageberatung dar. Eine Anlageentscheidung kann nicht auf Basis des vorliegenden Dokuments, sondern ausschließlich auf Grundlage des Verkaufsprospekts<br />
nach § 268 Abs 1 KAGB inkl. dessen Anlagen sowie der wesentlichen Anlegerinformationen (WAI) nach § 268 Abs. 1 KAGB getroffen werden. Diese sind bei Ihrem<br />
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