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ACADEMIA 3/2015

Zeitschrift der katholischen deutschen Studentenverbindungen

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Zeitschrift des Cartellverbandes der katholischen deutschen Studentenverbindungen 3-<strong>2015</strong> 108. Jahrgang<br />

Mythen,<br />

Helden,<br />

Christus<br />

Wagner und<br />

kein Ende<br />

Zeit der Orden<br />

Wozu sind sie gut?<br />

Was wir wirklich wollen<br />

Charta ’15: alles im Kasten


Editorial<br />

Veit Neumann (Alm)<br />

Chefredakteur<br />

Was ist los mit den Gegnern unseres Cartellverbandes und<br />

unserer Verbindungen? Abgesehen davon, dass sie zumeist<br />

jeden Zusammenschluss im akademischen Milieu,<br />

der nicht in ihrem Sinne revolutionär ist, bekämpfen und<br />

meilenweit von einer differenzierten Betrachtungsweise entfernt<br />

sind, ist es eher still geworden um aufgeregte Schreihälse, Trillerpfeifenfreunde<br />

und Verunmöglicher freier Meinungsäußerung.<br />

Warum dann schlafende Hunde zum Thema machen? Eine bezeichnende<br />

Situation: In Heidelberg war die Ehrenproklamation<br />

im Rahmen der 129. Cartellversammlung zugunsten akademischer<br />

Welterforschung und Lebensgestaltung vor dem<br />

Portal der Alten Universität gerade ans Ende gelangt, als sich<br />

grimmig-unbeholfen topfschlagende Gestalten näherten. Erinnert<br />

fühlte man sich an das „Topfschlagen“, wie man es von<br />

Kindergeburtstagen her kennt. Den Rest klärte Polizei, die<br />

vielleicht gar nicht nötig gewesen wäre.<br />

Jüngst erzählte mir ein PhilX, der einst schroff<br />

ablehnende Asta habe eine Selbstvorstellung<br />

der Verbindung für sein gedrucktes Organ<br />

erbeten. Tempora mutantur et Asta cum<br />

illis… Rebus sic stantibus sollten wir uns allerdings fragen:<br />

Nimmt man uns überhaupt noch ernst? Tatsächlich gibt es immer<br />

wieder berechtigte Anfragen an unser Dasein als katholische<br />

Korporierte, die sich in dezenten Argumenten und Beobachtungen<br />

äußern. Nicht immer liefern Cartellbrüder – häufig genug<br />

auf der Suche – ein erfreuliches Bild in der Öffentlichkeit.<br />

Mir scheint aber, dass sich sehr viel Sinnreiches, Bildendes, ja<br />

Formendes und insofern auch Überzeugendes in Verbindungen<br />

und Verband abspielt. Das ist die eigentliche Revolution, aus der<br />

wir unsere Daseinsberechtigung schöpfen. Die wohltuende Stille,<br />

in der dies geschieht, lässt das aufgeregte Topfgeklapper solcher<br />

Gegner als noch harmloser erscheinen, als es ohnehin ist.<br />

Das Leben im Bild<br />

Mitten im Leben: Verbin dun gen und Cartellver -<br />

band. Hätte es dafür einer Bestätigung bedurft, auf<br />

dem Studententag während der C.V. in Heidelberg<br />

war sie zu haben. Seit ur denklichen Zeiten erstmals<br />

wieder wehte ein Hauch von Fraktions bildung und<br />

Politisiererei durch das oberste Organ der Akti ven.<br />

Der im Würzburger Cartellverband unter Geburts -<br />

wehen bestimmte Vororts präsident Patrick Schüf -<br />

felgen (Ctr) warb für seine Bestätigung, sah sich<br />

aber unangenehmen Fragen ausgesetzt.<br />

Bereits in den vergangenen Mona ten hatte es unter<br />

den Aktiven im Cartell mächtig gegrummelt. Nun<br />

entlädt sich die kämpferische Ener gie, die zuvor<br />

keine Kanalisierung erfahren hatte. Für den Aspi -<br />

ran ten wird es zusehends ungemütlich. Der zu<br />

Bestätigende räumt mancherlei ein, wonach in<br />

Würzburg – es gab drei Kandidaten – schmutzige<br />

Wäsche gewaschen worden sei. Es ist die Rede von<br />

überwundenen Absolutheitsansprüchen. Die Oppo -<br />

si tion allerdings lässt nicht locker. Sie urgiert exzessiv,<br />

und selbstgefälliges Gebärdenspiel ist über allem Ernst zu bemerken. Hitzig werden Formalia bemüht, es fallen juristische Begriffe.<br />

Hektisch wechseln Rede und Widerrede. Die Situation entgleitet der Verhandlungsführung. Gerufen wird der CV-Rechtspfleger.<br />

Und so schreitet Cbr Dr. Bernhard Stähler (Sx) – ein begnadeter Pädagoge, wie sich zeigt – heran, um die hochkochende Situation<br />

aufklärend zu kalmieren. Indes fordert ein Hinterbänkler mit piepsiger Stimme von den Kontrahenten: „Eine Kampfrede!“ Während<br />

der zwangsweisen Pause erheben Tabakswolken sich über den vor der Türe versammelten jungen Cartellbrüdern, innerlich bewegt.<br />

Foto: vn<br />

Von Glück kann Cbr Schüffelgen sagen, dass zu seiner Bestätigung die Drittel-„Mehrheit“ genügte. Die absolute Mehrheit, wie im vorliegenden<br />

Fall, gegen sich zu haben, ist nun kein Auftakt nach Maß. Die Aufgabe: jetzt alle ins Boot holen. Die Chance: zeigen, wie aus<br />

einem vermasselten Start Gutes erwächst. Die Erkenntnis: Der Cartellverband bietet – das sollte viel häufiger genutzt werden – jungen<br />

Menschen ein exzellentes Forum, politische Erfahrungen zu sammeln: mitten im Leben. (Weitere Berichte zur 129. C.V. auf Seite 8-11)<br />

Titelseite: Richard Wagner (1813-1883) begeistert und entzückt, verstimmt aber auch und macht bestürzt. Das popart-ähnliche Konterfei steht für die oft ver -<br />

wirrende oder gar verstellende Farbigkeit seiner Kompositionen.<br />

[Foto: picture alliance/dieKLEINERT.de/Hanspeter Ludwig]<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 3


Inhalt<br />

Außenansicht.<br />

7<br />

Auf dem Weg in die Zukunft ist die Katholische Universität<br />

Eichstätt-Ingolstadt. Gut, aber was heißt das konkret?<br />

KU-Präsidentin Prof. Gabriele Gien gibt eine Innenansicht<br />

in der „Außenansicht“.<br />

Essay I.<br />

12-17<br />

Warum vergessen wir immer wieder wichtige Dinge?<br />

Und wieso werden unsere Erinnerungen mit der Zeit<br />

anders als das, was wirklich war? Eine Professorin der<br />

Psychologie klärt auf.<br />

Essay III.<br />

24-27<br />

Marginal nicht immer gleich uninteressant.<br />

Scheinbar Abseitiges kann reizvoll sein. Prof. Hömberg<br />

fragt, was eine Zeitung hält und wie daraus ein Forschungszweig<br />

werden könnte.<br />

Ansichtssache.<br />

33<br />

Betriebsseelsorge ist mehr als die Addition<br />

aus Betrieb und Seelsorge. Cbr Kurt Reinelt (Alm) stellt<br />

seine vielfältigen Tätigkeiten zwischen Evangelium und<br />

Gewerkschaftsbund vor.<br />

Orden? Es ist Zeit.<br />

37-39<br />

Benediktiner sind eine Ausformung des langen<br />

Atems der Kirche. Cbr Dr. Nikodemus Schnabel OSB<br />

(Ad) beschreibt, was das Mönchsein ausmacht. Es ist nicht nur<br />

Gebet und Arbeit…<br />

40-43<br />

Ein echter Dominikaner ist so etwas wie der<br />

Sherlock Holmes der Kirchengeschichte.<br />

Er geht allen Dingen auf den Grund. Seine Erkenntnisse lässt er<br />

in Seelsorge und Verkündigung einfließen.<br />

50-51<br />

Für Cbr Franz Reinisch (Le), der den Fahneneid<br />

auf Hitler verweigerte, läuft ein Verfahren zur<br />

Selig sprechung. Eva Djakowski hat Postulator Cbr Prof. Heribert<br />

Niederschlag (F-Rt) dazu befragt.<br />

52-55<br />

Der Gründer der Salvatorianer war Freiburger<br />

Armine. Salvatorianer-Provinzial P. Hubert Veeser<br />

berichtet von unserem Cartellbruder, seinem Wesen und seinem<br />

unbandingen Missionsdrang.<br />

56-57<br />

Still und schön wie die Blumen sind, so wirken die<br />

indischen „Sisters of the Little Flower of Bethany“<br />

in ihrer liebenden Arbeit für alte Menschen. Einblick in<br />

katholische Weite.<br />

Cartellverband.<br />

58-60<br />

Internationalität ist für den Cartellverband<br />

keine Frage. Jüngst zu ersehen an seinem<br />

Vertrags abschluss mit der Sophia-Universität in Tokyo.<br />

Wie’s weitergeht.<br />

62<br />

Der CV-Ruhrgaukommers, einst sanft<br />

entschlummert, ist wieder erwacht. Das CV-<br />

Aushängeschild in der Region war ein durchschlagender Erfolg.<br />

Neues Leben in alten Formen.<br />

4 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong><br />

Foto: privat<br />

Ordensleute: Kritiker der Kirche<br />

in der Glut ihrer Ganzhingabe<br />

Sie sind Teil der Kirche, sind aber auch Kritik an ihr oder<br />

doch wenigstens an behäbiger Bürgerlichkeit, die sich darin<br />

breitmachen kann: Im Jahr der Orden (November 2014 bis<br />

Februar 2016) geht es um die geistlichen Gemeinschaften,<br />

die in Welt und Kirche zwar viel beweg(t)en, deren tiefster<br />

Sinn allerdings die Nachfolge Christi durch ihre Mitglieder<br />

in Armut, Gehorsam und Ehelosigkeit ist. Mehrere Cartell -<br />

brüder stellen ihre Ordensgemeinschaften vor. Vieles ist<br />

dabei institutionalisiert, aber immer wieder lodert<br />

die Glut der Hingabe des ganzen Lebens auf.<br />

34-57<br />

Mission mit anderen Mitteln<br />

Hochherzig beteiligten sich<br />

Cartellbrüder aus Österreich<br />

und Süddeutschland vor 150<br />

Jahren an der Missionierung<br />

des Sudan. Cbr Dr. Gerhard<br />

Jandl (Kb), Vorsitzender des<br />

ÖCV-Südsudan-Zirkels,<br />

berichtet über die Lage dort –<br />

und darüber, was Cartellbrüder<br />

lichkeit in der Tradition<br />

von Cbr Franz Lorenz Gerbl (Ae)<br />

heute bewirkt.<br />

18-23


Inhalt<br />

Morde voll im Gange<br />

Vor 100 Jahren waren die<br />

Massenmorde an christlichen<br />

Völkerschaften im Osmanischen<br />

Reich voll im Gange.<br />

Historiker Michael Hesemann<br />

spricht über dieses hässliche<br />

Kapitel der Geschichte des<br />

20. Jahrhunderts. Es legte<br />

einen weiteren frühen Schatten<br />

auf diese Zeit, die sich<br />

doch so fortschrittlich<br />

dünkte.<br />

28-32<br />

Genie, Scharlatan,<br />

Leierkastenmann, Revolutionär?<br />

Richard Wagners einmalige Art der Musik wirft Fragen auf:<br />

Was macht sie mit dem Menschen? Wie ist sie zu verant -<br />

wor ten? Ist sie verführerisch? Und über kurz oder lang<br />

landen wir bei dem grundlegenden Problem: Wer war<br />

dieser Mann? Wie können wir ihn heute sehen, wie ihn<br />

heute verstehen? Für Katholiken sollte seine Musik nicht<br />

zur (Ersatz)Religion werden, allerdings lohnt die Auseinan -<br />

dersetzung mit seiner Sicht auf den christlichen Glauben.<br />

Wagner vermag Welten zu erschließen. Aber ist<br />

die Wagnersche als solche schon gut?<br />

Titel.<br />

82-93<br />

Foto: picture alliance/dpa<br />

Foto: imago stock&people Foto: imago/AFLO<br />

63<br />

Der Vorort ist gelaufen – nicht wie Forrest Gump, aber<br />

immerhin sehr weit. Und vor allem, im Rahmen des<br />

Heidelberger Halbmarathons, zugunsten der CV-Afrika-Hilfe.<br />

64<br />

CV-Stammtische haben wieder Konjunktur. Erst jüngst<br />

berichtete <strong>ACADEMIA</strong> über den Korpo-Stammtisch bei<br />

VW, jetzt sind die Banker in Frankfurt an der Reihe.<br />

Auch bei PwC „geht was“ (siehe S. 66).<br />

Personen.<br />

73<br />

Als Frauenarzt in Turkmenistan war Cbr Dr. med.<br />

Manfred Höner (Als) kürzlich. Was ihm dabei widerfuhr,<br />

beschreibt er eingängig. Unter anderem trat er im<br />

Fernsehen auf.<br />

75<br />

Mit der Musik hat Maximilian Möller seinen Weg in die<br />

Ferdinandea Heidelberg gefunden. Der musikbegabte<br />

Cartellbruder, Pianist und Posaunist, berichtet, wie es dazu kam.<br />

Kirche.<br />

77<br />

Zehn Jahre sind vergangen, seitdem Joseph Ratzinger<br />

(Rup) zum Papst gewählt wurde. Dr. Albrecht Weiland<br />

(Hr) hat aus diesem Anlass im Verlag Schnell und Steiner einen<br />

Band herausgegeben, der in Rom vorgestellt wurde.<br />

Hochschule.<br />

79<br />

Wie sind sie denn nun eigentlich, die Bachelor -<br />

absolventen? Die Erkenntnis des Bildungsministeriums<br />

und des Industrie- und Handelskammertags gehen dazu<br />

erheblich auseinander.<br />

Bücher.<br />

81<br />

Es ist der Bericht eines Lebens, das in jungen Jahren<br />

Verfolgung und Konzentrationslager durchzustehen hatte.<br />

Durch ein Wunder hat Prof. Fried überlebt. Und er liebt.<br />

Rubriken – Standards.<br />

Cartoon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />

Meinung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />

Außenansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />

Essay I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />

Essay II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />

Essay III . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24<br />

Interview . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28<br />

Ansichtssache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33<br />

Cartellverband . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58<br />

Was denken Deutsche über Österreicher und umgekehrt? . . 61<br />

Spefux . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62<br />

Einwurf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63<br />

Commentiert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65<br />

CV-Termine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66<br />

Akademie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67<br />

Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72<br />

CVer im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73<br />

Warum ich CVer [ geworden ] bin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75<br />

Kirche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77<br />

Hochschule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79<br />

Verbum peto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80<br />

Bücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81<br />

Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81<br />

Wirtschaft leicht gemacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 5


Meinung<br />

© Mester<br />

CARTOONIERT<br />

Bekennt Euch zum reinen Kommerz!<br />

Was Antidiskriminierung und Respekt<br />

mit der WM-Vergabe nach Katar zu tun haben<br />

Es gibt heilige Dinge, die entpuppen sich als pure Scheinheiligkeit.<br />

Nein, es geht nicht um die Kirche. Es geht um den Sport,<br />

der Millionen deutscher Bundestrainern h. c. heilig ist: Fußball.<br />

Nachdem die WM unter dubiosen Umständen nach Katar vergeben<br />

wurde, stellt man nun fest: Dort ist es zu warm zur klassischen<br />

WM-Austragungszeit. Im Rahmen der Verlegungsdiskussion kommt<br />

auch die Diskussion hoch, ob Katar wegen der Menschenrechtslage<br />

und der streng islamisch geprägten Rechtsordnung überhaupt als<br />

Austragungsort denkbar sei. Auch die politisch-gesellschaftlichen<br />

Verhältnisse in Katar geben zu denken.<br />

Dass der deutsche Fußball-Kaiser Beckenbauer als führender FIFA-<br />

Funktionär von den problematischen Zuständen nichts mit eigenen<br />

Augen gesehen hat, wie er gerne verkündet, glaube ich gerne:<br />

verdunkelte Limousinenscheiben verdecken solche hässlichen Details.<br />

Und Berichte von Menschenrechtsorganisationen gehören<br />

nicht bei jedermann zur Tageslektüre. Etwas distanzierter hat sich<br />

schon der ehemalige DFB-Präsident Theo Zwanziger in der Ver -<br />

legungsdiskussion ausgedrückt: der Verlegung werde er zwar zu -<br />

stimmen, aber die Vergabe als solche betrachte er als problematisch.<br />

Die Vergabeentscheidung werde bei entsprechenden Feststellungen<br />

im Untersuchungsbericht über mögliche Korruption dabei<br />

wohl nochmal auf den Prüfstand gestellt werden müssen. Wegen der<br />

vermuteten Korruption wohlgemerkt – nicht wegen der Menschenrechtslage.<br />

Man könnte sich damit abfinden, dass Fußball mittlerweile so kommerzialisiert<br />

ist, dass letztlich das Geld auch über die WM-Austragungsorte<br />

entscheidet. Ganz so einfach ist es wieder nicht – zumindest<br />

nicht für den DFB und die UEFA. Beides sind nicht unbedeutende<br />

„Mitspieler“ im großen Fußballspiel und beide engagieren sich in<br />

entsprechenden Kampagnen gegen Diskriminierung und Rassismus:<br />

Der DFB engagiert sich seit 2006 in der „Respekt!“-Initiative und die<br />

UEFA schreibt auf ihrer Leitseite im Internet: „Der Kampf gegen<br />

Rassismus, Diskriminierung und Intoleranz im Fußball wurde in den<br />

letzten Jahren zu einem der Hauptanliegen der UEFA.“ Hört, hört!<br />

Bei entsprechenden Turnieren wird man vor jedem Spiel und in jeder<br />

Spielpause mit entsprechenden Kampagnen-Einspielfilmen mit Fußballstars<br />

überschüttet. Hat da keiner der Funktionäre ernsthafte Störgefühle<br />

angesichts der Vergabe nach Katar? Lieber DFB, liebe UEFA:<br />

Bekennt Euch zum reinen Kommerz und erspart mir die Schein -<br />

heiligkeit dieser Antidiskriminierungskampagnen – oder seid konsequent<br />

und boykottiert die WM in Katar.<br />

Nun ist der Fußball zwar nicht die einzige Sportart, in der ein mehr<br />

oder weniger dubioser Impresario über einen Weltdachverband eine<br />

komplette Sportart als Geisel hält: Man tausche einfach den Namen<br />

Blatter gegen den Namen Ecclestone aus. Unterschied: die Formel 1<br />

ist ehrlicher. Dort weiß man, dass es ums Geschäft geht und muss<br />

nicht die Scheinheiligkeit der Respekt-Kampagneneinblender über<br />

sich ergehen lassen.<br />

Christoph Dorner (GEl)<br />

6 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>


A U S S E N A N S I C H T<br />

von Präsidentin Prof. Dr. Gabriele Gien<br />

Perspektiven und Profilentwicklung<br />

der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt<br />

Wesens- und Aufgabenbestimmung: Mit Dekret der Kongregation für<br />

das katholische Bildungswesen vom 1. April 1980 ist die Katholische Universität<br />

Eichstätt-Ingolstadt offiziell als katholische Universität vom Heiligen<br />

Stuhl begründet und errichtet; damit unterliegt sie der Wesens- und<br />

Aufgabenbestimmung, die für alle katholischen Universitäten und Fakul -<br />

täten als universitas catholica im Sinne der cc. 801-814 CIC (1983) gelten<br />

und durch die Apostolische Konstitution „Ex corde Ecclesiae“ von 1990<br />

verbindlich präzisiert werden. Auf Grund dieser Verpflichtung muss die Forschungs-<br />

und Lehrtätigkeit gerade auch das Studium der schwerwiegenden<br />

Fragen unserer Zeit umfassen, wie z.B. die Würde des menschlichen Lebens,<br />

die Förderung der Gerechtigkeit für alle, Bewahrung der Schöpfung etc.<br />

Leitlinien und Profilentwicklung: Der Entwicklungsplan der KU setzt an<br />

dieser Forderung an: „Qualitätsvolle, eigenverantwortliche Forschung und<br />

fachinterner wie fachübergreifender Diskurs bereits in der Lehre sind die<br />

vorrangigen wissenschaftlichen Ziele der KU. Die KU sieht sich dabei im<br />

Dienst an einer nachhaltigen Entwicklung der Gesellschaft und leistet einen<br />

Beitrag zur Wahrnehmung und Überwindung der globalen Probleme und<br />

Krisen unseres Zeitalters.“ Aus dem Entwicklungsplan ergeben sich folgende<br />

Leitlinien und Entwicklungsperspektiven für die KU:<br />

1. Transformative Wissenschaft und disziplinäre Exzellenz: Neben disziplinärer<br />

Exzellenz setzt die KU einen Schwerpunkt auf inter- und transdisziplinäre<br />

Forschung, um die Bewältigung großer gesellschaftlicher<br />

Aufgaben umfassend zu sehen, das Potential eines differenzierten Wissenschaftssystems<br />

auszunützen und Kooperationen über die Disziplingrenzen<br />

hinweg einzugehen. Die Forschungsfelder Nachhaltigkeit, Migration, Verantwortungsdiskurse,<br />

Kirche und Religion in der modernen Gesellschaft<br />

und Bildung (u.a. Inklusion) bekommen so profilgebende Bedeutung und<br />

haben Potential, sich zu Schwerpunkten der Universität zu entwickeln.<br />

Darüber hinaus wird sich die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt<br />

als zugleich essentieller wie genuiner Teil kirchlicher Sendung („kulturelldiakonische<br />

Kommunikation des Evangeliums“) weiterentwickeln müssen,<br />

da es ein kirchliches wie öffentliches Interesse an diesem Profil gibt.<br />

2. Das neue Studium Generale der KU: Das neue Studium Generale der<br />

KU soll allen unseren Studierenden die Möglichkeit bieten, zusätzlich zu den<br />

in den jeweiligen Fachstudiengängen vermittelten fachspezifischen Inhalten<br />

und Kompetenzen eine Grundlagenbildung zu erwerben, die Orientierung in<br />

ethischen, philosophischen und religiösen Fragen ermöglicht. Das Studium<br />

Generale besteht aus zwei Säulen, einem wiederkehrenden „kanonischen“<br />

Pool (z.B. Christliche Sozialethik) und einer interdisziplinären Ringvorlesung<br />

mit Seminarreihen zu einem Jahresthema („Scheitern“, „Alter(n)“, „Flucht“).<br />

Foto: privat<br />

3. Differenzierte Internationalisierungsstrategie und strategische<br />

Vernetzung: Als zukunftsfähige Hochschule muss die KU sich über ihre<br />

Transnationalität im Rahmen des Globalisierungsprozesses definieren. Dazu<br />

gehören die Beschäftigung mit Fragen der Bildungsmigration, Lehren,<br />

Lernen und Forschen im interkulturellen Kontext und die Schaffung internationaler<br />

Netzwerke, bei denen der besondere Fokus auf den katholischen<br />

Universitäten weltweit liegt, mit denen uns strategische Partnerschaften<br />

verbinden. Das Lehramt wird internationalisiert und „Global Education“<br />

ausgebaut. Über Berufungspraxis, strategische Planung, Förderprogramme<br />

für die Forschung und einen Campus der Vielfalt soll die KU in den nächsten<br />

zehn Jahren eine international aufgestellte Universität sein.<br />

4. Student Development Center und gesellschaftliches Engagement:<br />

Angezielt ist eine Persönlichkeitsbildung, die wissenschaftlichen Habitus,<br />

ethische Bildung, Reflexion des Verhältnisses Glauben und Wissen sowie<br />

nicht zuletzt Sensibilität für gesellschaftliche Belange und Nöte aufeinander<br />

beziehen. Um die Studierenden auf diesem Weg zu begleiten, wird an der<br />

KU ein Student Development Center eingerichtet, das die Studierenden in<br />

ihrer Entwicklung fördert, berät und unterstützt, ihnen überfachliche Angebote<br />

unterbreitet und das schon vielfältig vorhandene gesellschaftliche Engagement<br />

bündelt und professionalisiert.<br />

Ausblick: Auf der Grundlage eines umfangreichen 120-seitigen Berichts<br />

der jetzigen Hochschulleitung über Stärken, Entwicklungschancen und<br />

Profilmöglichkeiten der KU hat die Freisinger Bischofskonferenz ein klares<br />

Bekenntnis zur Katholischen Universität gegeben und wird deutlich<br />

mehr Finanzmittel und Personal zur Verfügung stellen, so dass die KU sich<br />

in den nächsten Jahren zu dem entwickeln kann, was ihr Potential ist: eine<br />

kleine, einmalige Universität, bei<br />

der sich wissenschaftliche Exzellenz,<br />

globale Verantwortung und<br />

transdisziplinäre Intellektualität<br />

innerhalb einer wertschätzenden<br />

Universitätsgemeinschaft mit den<br />

eingangs genannten Wesensmerkmalen<br />

von „Ex corde Ecclesiae“ zu<br />

einem in der deutschen Hochschullandschaft<br />

einmaligen Profil<br />

fügen werden.<br />

Die Autorin: Prof. Dr. Gabriele Gien (geb. 1962), 2008 bis<br />

2014 Inhaberin des Lehrstuhls für Didaktik der deutschen Sprache<br />

und Literatur in Eichstätt, seit Oktober 2014 Interimspräsidentin<br />

der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt.<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 7


Cartellversammlung Was wir<br />

rtellversammlung Was wir wirklich wollen<br />

Charta ’15: im Umbruch<br />

Aktive engagiert, Diskussionen konstruktiv, alle gestärkt<br />

Entgegen ersten Aussichten und Befürchtungen<br />

hat die Cartellversammlung<br />

am Freitag, 15., und Samstag, 16.<br />

Mai <strong>2015</strong>, im Heidelberger Schloss die<br />

„Charta ’15“ beschlossen. Das ca. zwölf Seiten<br />

umfassende Dokument enthält wesentliche<br />

Aussagen des obersten Organs des Verbandes<br />

zu zentralen Bereichen wie Glaube, Gesellschaft,<br />

Wirtschaft und Politik. Vorangestellt<br />

ist die Präambel, die einen Deutungsschlüssel<br />

für die angemessene Lektüre an die Hand gibt.<br />

Allein über die Inhalte dieser Präambel war<br />

auf der C.V. rund 45 Minuten lang diskutiert<br />

worden. Cbr Prof. Dr. Herbert Kaspar (Am),<br />

ÖCV-Academia-Chefredakteur, hatte im<br />

Vorfeld erklärt, im ÖCV hege man ein „großes<br />

Interesse“ an den Inhalten der Charta: „Wir werden<br />

uns die Ergebnisse sehr genau ansehen.“<br />

Das Wort steht bei<br />

Cbr Papa em. Benedictus<br />

Mit einer sehr deutlichen Mehrheit sprach sich die Cartellversammlung dafür<br />

aus, die folgende Passage mit dem berühmten und aussagekräftigen Zitat von<br />

Cbr Papst em. Benedikt XVI. (Rup) aus der Präambel des Entwurfs der Aktivenvertreter<br />

zusammen mit dem Entwurf für die Charta selbst zu übernehmen: „Vor<br />

allem ist unsere Zeit von neuen geistigen Auseinandersetzungen geprägt, unter<br />

denen unser Cartellbruder, seine Heiligkeit Papst Benedikt XVI., einmal mit der<br />

,Diktatur des Relativismus‘ eine zentrale Krise unserer Tage benannt hat.“ Der<br />

Satz entstammt der Predigt des damaligen Kardinaldekans Joseph Ratzinger<br />

beim Requiem seines heiligen Vorgängers Johannes Paul II.<br />

AC<br />

Das Projekt, angesichts der massiven gesellschaftlichen<br />

Umbrüche der vergangenen 25<br />

Jahre die bislang gültige „Charta ’90“ fortzuschreiben,<br />

hatte Cbr Dr. Heiner M. Emrich<br />

(Nv), Vorsitzender im CV-Rat, auf der 127.<br />

Cartellversammlung in Braunschweig 2013<br />

angestoßen. Mehrere Arbeitsgruppen hatten<br />

zunächst respektable Entwürfe ausgearbeitet,<br />

die im vergangenen Jahr auf der 128. C.V. in<br />

Aachen vorgestellt worden waren. Anschließend<br />

wurden die Entwürfe in sprachlicher<br />

Hinsicht weiter bearbeitet. Zu einer eigentlichen<br />

Diskussion über die Vorschläge im<br />

Cartell war es bis dahin jedoch nicht gekommen,<br />

obwohl Cbr Dr. Emrich dazu wiederholt<br />

aufgefordert hatte. Erst in den Wochen<br />

vor der 129. Cartellversammlung stellte<br />

eine ganze Reihe aktiver Cartellbrüder einen<br />

eigenen – allerdings maßgeblichen – Entwurf<br />

vor. Zu den Unterzeichnern gehören<br />

Matthias Simperl (Cp), Hubertus Waltermann<br />

(Ae), Miklas Böhmer (Wf), Johannes<br />

Hirt (Gu), Konrad Ferdinand Müller (Hr),<br />

Ludwig Hollmann (Lb), Tobias Knell (St),<br />

Benedict Pietsch (Cp), Johannes J. Welsch<br />

8 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>


Cartellversammlung<br />

Was wir wirklich wollen<br />

Fotos: siehe Impressum<br />

der attraktive Eigenstand<br />

(Oe-D), Sven Georg<br />

Merten (H-Na) und An -<br />

dreas Riester (AlgA).<br />

Bemerkenswert ist die<br />

Tatsache des konkurrierenden<br />

Entwurfs in<br />

mehrfacher Hinsicht:<br />

Erstens sind seine Unterzeichner<br />

alle aktive<br />

Seniores. Es ist also in der Wirklichkeit der<br />

Verbindungen – wunderbar! – ein massives<br />

Interesse an der Gestaltung der eigenen<br />

Wirklichkeit vorhanden. Zweitens tragen<br />

mehrere der Unterzeichneten erfreulicherweise<br />

das Band der KAV Capitolina Rom.<br />

Und drittens fand der Entwurf in der Person<br />

des Matthias Simperl (Cp) einen geistesgegenwärtigen,<br />

kommunikativen und kompetenten<br />

Streiter, der geschickt und geduldig<br />

vermittelte und erklärte. Er lieferte auf den<br />

Sitzungen der C.V. in entscheidenden Punkten<br />

bedenkenswerte Argumente für den „Aktivenentwurf“.<br />

Cbr Simperl geht in Augsburg<br />

Studien der Theologie nach. Er verstand es,<br />

Wahrheiten<br />

sagen,<br />

selbst wenn sie<br />

unbequem sind<br />

bei klarer Linie zu<br />

überzeugen, ohne langatmige<br />

Reden zu führen.<br />

In wesentlichen<br />

Punkten wurde der<br />

Entwurf von der C.V.<br />

übernommen. An entscheidenden<br />

Stellen<br />

legte die genannte<br />

Gruppe wiederum einen<br />

ausgewogenen Realismus an den Tag,<br />

ohne sich zu verbiegen.<br />

Wie spielte sich die Diskussion ab? Zunächst<br />

erklärte Cbr Simperl (Cp) den Entwurf, der auf<br />

die Initiative des CV-Rats zurückgeht, von<br />

einem Nominalstil geprägt. Der Aktivenentwurf<br />

dagegen pflege den Verbalstil. Cbr Simperl:<br />

„Unser Entwurf versteht sich nicht als Opposition,<br />

sondern eher als Endredaktion.“ Daraufhin<br />

erklärte ein Vertreter der Hasso-Nassovia:<br />

„Mir imponiert die Ernsthaftigkeit und<br />

Stringenz der Aktivenvertreter.“ Außerdem gab<br />

er zu bedenken: „Die Aktiven sind immerhin die<br />

Zukunft des Verbandes.“ CV-Seelsorger Msgr.<br />

Von Gebet,<br />

Hilfe und Respekt<br />

Eine entscheidende Position in der<br />

neuen Charta wurde ebenfalls mit<br />

großem Ernst diskutiert: geschieden<br />

wiederverheiratete Gläubige und<br />

sogenannte andere Lebensgemeinschaften.<br />

Beschlossen wurde, die in<br />

einigen Punkten umgestaltete Passage<br />

aus dem Aktivenentwurf zu<br />

übernehmen. Nun heißt es: „Wir verkennen<br />

nicht, dass dem Ideal der<br />

christlichen Ehe und Familie heute<br />

auch durch unsere Mitglieder nicht<br />

immer entsprochen wird. Katholiken<br />

in gescheiterten Ehen und geschiedenen,<br />

gegebenenfalls wiederverheirateten<br />

Katholiken stehen wir in<br />

ihren oft schwierigen Lebenslagen<br />

mit Hilfe und Gebet bei. Auch Menschen<br />

in anderen Lebensgemeinschaften<br />

verdienen unseren Re -<br />

spekt.“ Insbesondere der letzte Satz<br />

ist dem Katechismus der Katholischen<br />

Kirche entnommen. AC<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 9


Cartellversammlung Was wir<br />

rtellversammlung Was wir wirklich wollen<br />

Ulrich Bonin (G-S) stellte anheim, dass es gut<br />

sei, „nicht anzuklagen“. Woraufhin ein Vertreter<br />

der Teutonia erklärte: „Wenn wir uns gegen den<br />

Relativismus wenden, verdammen wir doch niemanden.“<br />

Auch Cbr Dr. Thomas Krahwinkel<br />

(R-P) hob positive Aspekte hervor – der Entwurf<br />

komme „von unten, aus den Aktivitates,<br />

nicht von Spezialisten“. Auf den Einwand, durch<br />

gewisse Formulierungen, die beziehungs- und<br />

sexualethische Fragen betreffen, böte man Angriffsflächen,<br />

sagte ein engagierter Aktiver:<br />

„Wenn wir Stellung beziehen möchten, dann<br />

kommen wir an Kritik nicht herum.“ Der CV-<br />

Seelsorger wiederum bedeutete, es gelte, „das<br />

Positive, das wir haben, als Schatz hervorzuheben,<br />

nicht anzuklagen“. Daraufhin die Entgegnung:<br />

„Es geht darum, Zustände zu beschreiben.<br />

Dabei müssen auch Wahrheiten<br />

gesagt werden, selbst wenn sie unbequem sind.“<br />

Auch wenn für manche Grundsatzerklärungen<br />

von Institutionen und Verbänden gilt,<br />

Moderator in<br />

zweierlei Hinsicht<br />

Die C.V. in Heidelberg hat Cbr Dr.<br />

Heinrich Emrich (Nv) für eine<br />

zweite Periode von vier Jahren<br />

zum Vorsitzenden im CV-Rat gewählt.<br />

Dr. Emrich, der als Rechtsanwalt<br />

in München wirkt, war auf<br />

der C.V. 2011 in Essen als Nach fol -<br />

ger von Cbr Manfred Speck (H-RG)<br />

gewählt worden. Er steht für Kontinuität,<br />

die Erstellung der Charta<br />

’15 geht auf seine Initiative zurück.<br />

Der Jurist, der pro Jahr etwa 6.000<br />

Nachrichten an CVer per E-Mail<br />

verschickt – dazu kommt noch die<br />

traditionelle Post – , erscheint auf<br />

den ersten Blick wenig zupackend.<br />

Das trifft aber nicht zu. Vielmehr<br />

ist sein Führungsstil der des Moderators<br />

im doppelten Sinne: Der<br />

Moderator moderiert, tatsächlich<br />

aber trägt der lateinische Begriff<br />

des „moderator“ auch die Bedeutung<br />

des Lenkers und Leiters. Nur<br />

ist es die Frage, wie man lenkt und<br />

leitet. Cbr Dr. Emrich tut dies behutsam,<br />

aber er tut es. Diese Mischung<br />

aus zulassen und lenken<br />

ist in Zeiten wie diesen ein gutes<br />

Rezept, um alle mitzunehmen in<br />

die Zukunft, die wir ja gestalten<br />

wollen. Veit Neumann (Alm)<br />

Foto: vn<br />

Weder Beton noch Narrenschiff<br />

Dass es auf Cartellversammlungen um mehr als nur Formalien geht, war in Heidelberg<br />

zu erfahren. Bei der Diskussion um die neue Charta stand vorrangig das<br />

Inhaltliche im Blick. Drei Dinge sind erfreulich: 1. Die C.V. hat Handlungsfähigkeit<br />

bewiesen. Wäre es zu keinem Abschluss gekommen, wäre die Charta mindestens<br />

eine „Charta ’15 plus“ geworden – anlässlich 160 Jahre CV, die 2016 in den Blick<br />

genommen werden. 2. Die Diskussionen waren von gegenseitigem Respekt, ja<br />

auch echter Cartellfreundschaft getragen. 3. In der Präambel auf das Krisenphänomen<br />

der „Diktatur des Relativismus“ (Cbr Kardinal J. Ratzinger<br />

(Rup)/Benedikt XVI.) zu verweisen und insofern dieses zentrale Wort zu unterstreichen,<br />

das drückt den Eigenstand der C.V. aus, die für Verbindungen und<br />

Verband spricht. Während zur selben Zeit in einer europäischen Großstadt von<br />

Format die Gestaltung von 50 Fußgängerampeln, die händchenhaltende homosexuelle<br />

Personen zeigen, als Fortschritt gefeiert wird, geht es im CV und seinen<br />

Verbindungen um die kontinuierliche Gestaltung der Wirklichkeit im Wissen um<br />

menschliches Scheitern und Schwäche, vor allem aber im Wissen um die Sinnhaftigkeit<br />

der Weitergabe der Erfahrung, dass bewährte Haltungen helfen, das<br />

Leben zu meistern. Und das ist getragen vom Mut, für eigene Überzeugungen<br />

einzustehen. Das ist dann buchstäblich ermutigend, übrigens gerade für junge<br />

Menschen, um es genau zu sagen: junge Männer. Was könnte dies noch besser<br />

versinnbildlichen als die Tatsache, dass die neue Charta ’15 von Aktiven gestaltet<br />

worden ist? Sie haben sich weder als harte Anrührer von Beton noch als schwärmerische<br />

Matrosen vom Narrenschiff Utopia hervorgetan. Die Delegierten sind<br />

weitgehend gefolgt, ein Akt des Vertrauens. An dieser Stelle darf es einmal<br />

gesagt werden: Diese Synthese aus Sinnhaftigkeit, Mut und Vertrauen ist vorbildlich<br />

für die bundesdeutsche Gesellschaft und die Kirche. Wir haben gezeigt,<br />

wie es geht.<br />

Veit Neumann (Alm)<br />

dass Papier geduldig ist, so ist doch eine solche<br />

Charta in ihrer Maßgeblichkeit kaum zu<br />

überschätzen. Hier werden insbesondere die<br />

gesellschaftspolitischen Positionen für die<br />

kommenden Jahrzehnte festgezurrt und festgezimmert.<br />

Es ist dies die erste Konkretisierungsstufe<br />

nach den allgemein gehaltenen<br />

Prinzipien selbst – eine Aussageform jenseits<br />

des täglichen Empörungsgeschreis, das üblicherweise<br />

von einer winzigen Halbwertszeit<br />

charakterisiert ist. Die Devise „in dubiis liber-<br />

tas“ führen zwar einige Cartellbrüder stets rasch<br />

im Munde. Tatsächlich aber ist die dynamische<br />

Tradition ein hoher Wert, der den Zusammenhang<br />

und -halt im Cartell inhaltlich begründet.<br />

Umso besser, dass – im Gegensatz zur Vorgängercharta<br />

’90 – das Katholizitätsprinzip<br />

von Beginn an nicht ansatzweise zur Diskussion<br />

stand. Angesichts der fortschreitenden<br />

Säkularisierung, die nicht in allen Aspekten<br />

schlecht sein muss, ist es jedenfalls gut, sich<br />

weiter darauf zu stützen. Veit Neumann (Alm)<br />

Der Festkommers fand im Mozartsaal des Congress Center Rosengarten<br />

in Mannheim statt. Der große Saal war komplett ausgebucht.<br />

10 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>


Cartellversammlung<br />

Was wir wirklich wollen<br />

Das Ende des Zuschauens<br />

Der Plan: hundert assyrische Familien retten<br />

Heidelberg. Auf der C.V. in Heidelberg hat<br />

Cbr Dr. Bernhard Stähler (Sx) mit weiteren<br />

Cartellbrüdern eine extrem wichtige Initiative<br />

auf den Weg gebracht – konkrete Hilfe für<br />

verfolgte Christen in Nahost. Der Studententag<br />

und der Altherrentag ziehen voll mit. Cbr<br />

Stähler erklärt das Vorhaben:<br />

„Liebe Cartellbrüder, in diesem Jahr werden<br />

noch mehr Asylbewerber nach Deutschland<br />

kommen als in den Vorjahren. Es werden<br />

wohl mehr als 500.000 kommen. Viel zu viele<br />

stammen aus sicheren Heimatländern auf<br />

dem Balkan. Als Wirtschaftsflüchtlinge dürfen<br />

sie eigentlich nicht bei uns bleiben, aber<br />

es gelingt noch immer nicht, sie zügig wieder<br />

zur Rückkehr in ihre Heimat zu bewegen.<br />

Daran arbeiten die Politik und die Verwaltung.<br />

Unsere Mitwirkung ist nicht gefragt<br />

und auch nicht möglich.<br />

Wie können wir helfen, wenn Menschen unsägliche<br />

Mühen und Gefahren auf sich nehmen<br />

und aus gescheiterten Staaten Afrikas,<br />

dem Irak, aus Syrien und aus Kriegsgebieten<br />

hierherkommen? Sie müssen ein Asylverfahren<br />

durchlaufen. Die zentrale Zuständigkeit<br />

liegt beim Bundesamt für Migration und<br />

Flüchtlingshilfe. Das verteilt alle von oben<br />

nach unten streng nach dem Gleichheitsgebot.<br />

Asylbewerber genießen keine Freizügigkeit<br />

und dürfen grundsätzlich nicht arbeiten.<br />

Sie haben schwere Zeiten in Sammelunterkünften<br />

und Lagern vor sich. Aber sie leben<br />

und sind in Sicherheit! Ihre Integration ist<br />

schwierig, zumal es meistens Einzelpersonen<br />

sind, die, auf welche Weise auch immer,<br />

das viele Geld für die verbrecherischen<br />

Schleuser zusammengebracht haben. Das<br />

System ist so gestrickt, dass die Hilfe Einzelner<br />

regelhaft nicht vorgesehen ist.<br />

Und was ist mit den Menschen, die in den<br />

Kriegsgebieten festsitzen und den islamistischen<br />

Schlächtern schutzlos ausgeliefert<br />

sind? Am schlimmsten sind die Christen bedroht.<br />

Sie verstecken<br />

sich irgendwo und<br />

Öffnet Arme<br />

und Hände<br />

für unsere<br />

Mitchristen!<br />

haben keinerlei Perspektive.<br />

Ihnen kann<br />

nicht einmal militärische<br />

Gewalt helfen.<br />

Die Christenverfolgung<br />

hat derart<br />

zugenommen, dass<br />

sie völlig verdrängt<br />

werden, zumindest<br />

auf die Dauer von Generationen. Das kann<br />

niemand ändern. Christsein ist ein Todes -<br />

urteil. Vor einigen Tagen sind Christen so -<br />

gar auf der Flucht über das Mittelmeer<br />

von anderen Flüchtlingen ermordet worden.<br />

Sie wurden ohne Not einfach über Bord<br />

geworfen.<br />

Eine große Zahl von (as)syrischen Christen<br />

liegen irgendwo in der Wüste, im Niemandsland<br />

zwischen Syrien und Jordanien. Hilfe<br />

erreicht sie nicht. Sie sind ständigen Angriffen<br />

ausgesetzt. Immerhin gibt es schwache<br />

Kontakte. Und wir? Können wir unseren<br />

Glaubensgeschwistern helfen? Ja! Wir müssen!<br />

Wir müssen es wenigstens versuchen!<br />

Oder will ein jeder von uns später einmal die<br />

bohrende Frage der Kinder und Enkel beantworten,<br />

warum er nur zugeschaut hat? Es<br />

gibt die Möglichkeit, verfolgte Christen als<br />

sogenannte Kontingentflüchtlinge zu retten.<br />

Das muss die Bundesregierung<br />

wollen<br />

und umsetzen.<br />

Solche Flüchtlinge<br />

erhalten Visa und<br />

damit eine Aufenthaltsgenehmigung<br />

in Deutschland. Sie<br />

dürfen sich frei bewegen<br />

und arbeiten.<br />

Zur Voraussetzung<br />

für die Aufnahme<br />

wird wohl gemacht<br />

werden, dass sie in Deutschland untergebracht<br />

und betreut werden.<br />

Genau das wollen wir uns auf die Schultern<br />

laden. Sowohl der Studenten- als auch der<br />

Altherrentag haben anlässlich der Cartellversammlung<br />

im Heidelberger Schloss die Bereitschaft<br />

erklärt, hundert<br />

assyrische Familien<br />

aufzunehmen. Jetzt stehen<br />

wir vor einem Berg<br />

von Problemen. Hilfe<br />

werden wir von Bento<br />

Göken von „Cap Anamur“<br />

und Rupert Neudeck<br />

von den „Grün -<br />

helmen“ erbitten. Ganz<br />

sicher wird uns auch<br />

Volker Kauder helfen, der auf der vorletzten<br />

Cartellversammlung den Festvortrag hielt.<br />

Er thematisiert bereits seit Jahren die zunehmende<br />

Christenverfolgung. Und natürlich<br />

werden wir auch technische Dinge zu klären<br />

haben.<br />

Seid sicher: Das schaffen wir mit unseren<br />

Verbindungen, Korporationen und vor allem<br />

mit unseren Heimatgemeinden! Öffnet Eure<br />

Augen und Ohren und nehmt euch der Sache<br />

an! Öffnet Arme und Hände für unsere Mitchristen!<br />

Über die weiteren Schritte werden<br />

wir Euch, also alle Verbindungen, schon bald<br />

informieren.“<br />

Mehr Informationen gibt es bei den Cartellbrüdern<br />

Dr. Bernhard Stähler und Friedhelm<br />

Chlosta unter ra.staehler@t-online.de und<br />

chlosta@chlosta-consult.de.<br />

AC<br />

Weitere<br />

Berichte zur C.V.<br />

In der kommenden Ausgabe<br />

4/<strong>2015</strong> gibt es weitere Berichte<br />

zur 129. C.V.: ihre Ergebnisse, die<br />

„Heidelberger Erklärung“, das<br />

Akademische Forum, die CV-<br />

Akade mie, der Festkommers und<br />

noch vieles mehr.<br />

AC<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 11


Essay I<br />

Vergessen kann eine wichtige Form<br />

von Ordnungsbildung sein<br />

Vom Eichhörnchen<br />

zum Internet<br />

Warum Menschen Informationen sammeln<br />

und welche Möglichkeiten, Risiken und Nebenwirkungen<br />

sich daraus ergeben<br />

von Prof. Dr. Johanna Kißler<br />

12 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>


Essay I<br />

Foto: imago stock&people<br />

Wir erleben eine gigantische Informationsexplosion. Daten<br />

über alles und jeden werden ständig angehäuft und sind<br />

immer verfügbar. Aber was versprechen sich Menschen<br />

überhaupt davon, Informationen zu sammeln und zu bewahren?<br />

Woher kommt dieses Bedürfnis und welche Konsequenzen<br />

hat es? Ich möchte hier einige Überlegungen zu den psychologischen<br />

Mechanismen von Informationssammlung anstellen und die damit<br />

verbundenen Herausforderungen beleuchten. Warum sammeln Menschen<br />

Informationen? Fragen nach dem Warum von Verhalten werden<br />

häufig mit dem Hinweis auf „Adaptivität“ beantwortet, also mit dem<br />

Verweis darauf, dass ein Verhalten das Überleben eines Individuums<br />

sichert und seinen Fortpflanzungserfolg begünstigt. Wenn zum Beispiel<br />

ein Eichhörnchen im Herbst Nahrung sammelt und sie später<br />

wiederfindet und frisst, dann ist das adaptiv. Tiere, die Vorräte anlegen,<br />

haben auch besonders gut entwickelte Orientierungs- und Gedächtnissysteme.<br />

Diese überlappen sich in ihren Gehirnprozessen<br />

und könnten sich mindestens teilweise tatsächlich aus den Erfordernissen<br />

der Nahrungssuche entwickelt haben.<br />

Aber welchen Zweck hat es, abstraktes Wissen zu sammeln und zu<br />

bewahren? Informationen sind nicht essbar, und viele Informationen,<br />

die die Menschheit sammelt, haben anscheinend keinen unmittelbaren<br />

Nutzen. Schon gar keinen biologischen. Dennoch ermöglicht die<br />

menschliche Fähigkeit, Informationen zu sammeln und zu bewahren,<br />

etwas ganz Einzigartiges: Menschen können Wissen akkumulieren,<br />

abstrahieren und konservieren und dadurch lernen. Das ermöglicht<br />

technologische und kulturelle Anpassungsprozesse und Leistungen,<br />

die, wenn sie der biologischen Evolution unterlägen, wohl Jahrmillionen<br />

dauern würden.<br />

Eine wichtige Rolle spielt hierfür die Sprache. Sie ermöglicht es uns,<br />

Erfahrungen und Kenntnisse zu teilen und Informationen losgelöst<br />

von der unmittelbaren Erfahrung zu weiterzugeben. Hinzu kommt<br />

die Schrift als externes Speichersystem, als Technik, um Kommunikationsinhalte<br />

zu fixieren. Wie die Eichhörnchen sammeln, vergraben<br />

und wiederfinden müssen, um von ihrer Tätigkeit adaptiven Nutzen<br />

zu haben, so stehen auch Menschen vor der Herausforderung, individuelle<br />

und gemeinschaftliche Erfahrungen so zu fixieren und zu ordnen,<br />

dass sie später und für andere nutzbar werden. Beides zusammen<br />

erweitert unser Gedächtnis und beschleunigt das Lernen.<br />

Individuell können wir nur beschränkt neue Information aufnehmen:<br />

Menschen können akustisch im Schnitt sieben und visuell etwa vier<br />

neue Elemente im Kurzzeitgedächtnis behalten. Im visuellen Bereich<br />

sind uns Affen damit überlegen. Um Information ins Langzeitgedächtnis<br />

zu übertragen, brauchen wir ständige Wiederholungen. Einen<br />

Wissensschatz aufzubauen ist somit ein sehr langwieriger und<br />

mühevoller Prozess, obwohl die Gesamtkapazität unseres Gedächtnisses<br />

sehr groß ist. Aber diese Kapazität geht auf Kosten der Exaktheit.<br />

Unsere Fähigkeit, Ereignisse und Erlebnisse zu speichern und<br />

zu erinnern, ist grob und ungenau. Die Erinnerung an unsere Erlebnisse<br />

erscheint subjektiv photographisch exakt und filmisch lebendig,<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 13


Essay I<br />

aber es handelt sich eher um animierte Rekonstruktionen. Vieles verschwimmt<br />

und verändert sich oder wird sogar von einem Erinnerungsvorgang<br />

zum nächsten komplett ausgetauscht. Im Extremfall<br />

integrieren wir sogar Erzählungen in persönlichen Erinnerungen und<br />

empfinden solche „eingepflanzten Erinnerungen“ als authentisch.<br />

Wir können auch nicht ohne weiteres alles wiedergeben, was wir gespeichert<br />

haben. Vieles wird uns in einer gegebenen Situation „nicht<br />

einfallen“, denn die Situation selbst bestimmt, was wir erinnern. So<br />

beschreibt es auch Marcel Proust in seiner „Suche nach der verlorenen<br />

Zeit“: Der Duft eines Gebäckstücks zündet die Kaskade der Erinnerung<br />

an ansonsten längst Vergessenes.<br />

Normalerweise verschwindet am Lebensende ein Großteil des mühevoll<br />

aufgebauten individuellen Wissensschatzes. Ohne externe Fixierung<br />

von Gedächtnisinhalten kann nur ein Bruchteil des Erworbenen<br />

weitergegeben werden. Obwohl auch die mündliche Überlieferung<br />

Großes und Überdauerndes hervorgebracht hat, kann Verschriftlichung<br />

erheblich mehr leisten. Wie viel mehr Information kann durch<br />

mediale Fixierung in Schrift, Ton und Bild überdauern und um wie<br />

viel exakter ist das entstehende Abbild?<br />

Nicht nur die Leistungsfähigkeit unseres<br />

Gedächtnisses, auch unsere individuelle<br />

Kreativität ist begrenzt.<br />

Nicht jeder könnte einen Computer<br />

selbständig entwickeln. Nach der ersten<br />

Entwicklung genügt aber der geordnete<br />

Zugang zur überlieferten<br />

„Anleitung“, um ihn zu benutzen und<br />

vielleicht auch weiter zu entwickeln.<br />

Selfies – so heißen die neuen<br />

Selbst porträts – werden auf<br />

Armes länge aus der eigenen<br />

Hand aufgenommen und in<br />

sozialen Netzwerken geteilt.<br />

Die Gesamtkapazität<br />

unseres Gedächtnisses<br />

ist sehr gross<br />

Das Sammeln von Wissen kann also<br />

durchaus adaptiv sein und ist gleichzeitig<br />

an Vorentwicklungen gebunden: an eine Sprache, um Wissensinhalte<br />

abstrahiert zu kommunizieren. An eine Schrift, um Wissen zu<br />

fixieren, und an Medien, um Inhalte zu multiplizieren und zu verbreiten,<br />

wie den Buchdruck oder in jüngerer Zeit eben „neue Medien“.<br />

Kulturelle Techniken können also biologische Mängel ausgleichen<br />

und so im weitesten Sinne einen Überlebensvorteil sichern. Die Fähigkeit,<br />

Erfahrungen und Verfahrensanweisungen zu konservieren,<br />

erhöht die Lerngeschwindigkeit einer Gemeinschaft und damit ihre<br />

Fähigkeit, flexibel auf Anforderungen zu reagieren und sich in ökologische<br />

Nischen einzufinden. Menschen haben es auf diese Weise<br />

geschafft, sich ein enorm großes Habitat zu erschließen. Weil wir auf<br />

den Fundus der Vorfahren zurückgreifen können, müssen wir das Rad<br />

weder im wörtlichen noch im übertragenen Sinne mehrmals erfinden<br />

und die schlechten Erfahrungen unserer Vorfahren auch nicht wiederholen.<br />

Leider aber nutzen Menschen die Möglichkeit, aus dokumentierter<br />

kollektiver Erfahrung zu lernen, nicht immer optimal.<br />

Menschen haben aber auch das Bedürfnis, Informationen zu sammeln,<br />

weil sie dies als „identitätsstiftend“ oder „identitätserweiternd“<br />

empfinden. Wir sammeln Photos, Briefe oder Tagebücher, ohne einen<br />

praktischen Vorteil davon zu haben.<br />

Menschen integrieren sowohl das,<br />

was sie wirklich aus ihrer Autobiographie<br />

erinnern, als auch das, was sie<br />

nur über diese wissen, in ihr Selbstbild.<br />

Beides wird Teil der Identität.<br />

Obwohl wir meist keine Erinnerung<br />

an die Lebensumstände unserer Vorfahren<br />

haben, interessieren uns diese<br />

und sie beeinflussen unser Selbstbild.<br />

Woher kamen die Ahnen, was glaubten<br />

sie, waren sie arm oder reich, erfolg-<br />

und einflussreich oder gesell-<br />

Foto: imago/Westend61<br />

14 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>


Essay I<br />

schaftlich unbedeutend? Das alles entzieht sich dem eigenen Erleben,<br />

bestimmt aber zu einem beachtlichen Teil unsere Identität. Als Europäer,<br />

als Deutsche, als Christen, als vieles mehr, die öffentliche Diskussion<br />

ist voller Beispiele.<br />

Der Gesetzgeber respektiert das Streben nach einer persönlichen<br />

Historie, indem er zum Beispiel das Recht auf Wissen um die bio -<br />

logischen Eltern schützt. Einem solchen Recht kann natürlich nur<br />

Genüge getan werden, wenn es Quellen gibt, aus denen sich ent -<br />

sprechende Fragen beantworten lassen. Beispielsweise standesamt -<br />

liche Unterlagen. Interessanterweise waren Kirchenbücher bis ins<br />

späte 19. Jahrhundert die einzige Form der Melderegister. Ihre Einträge<br />

bilden einen bemerkenswerten sozialgeschichtlichen Fundus<br />

und auch die Basis für individuelle Ahnenforschung. Diese erfreut<br />

sich großer Beliebtheit, eben weil Menschen aus dem Wissen über ihre<br />

Herkunft ihre eigene Identität ergänzen wollen. Das Bedürfnis nach<br />

Kenntnis von nicht sinnlich Erfahrbarem, nicht selbst Erlebtem macht<br />

Quellensammlungen nötig. So können Erkenntnis- und Gedächtnislücken<br />

gefüllt und individuelle und institutionelle Identität ergänzt<br />

werden.<br />

Im Idealfall sollte dies natürlich positive, selbst-erhöhende Konsequenzen<br />

haben. In der Phantasie sind die eigenen Vorfahren etwas<br />

Besonderes und werten das eigene Ich auf. Bedeutend, reich, adelig,<br />

wenn schon unehelich, dann aber Prinzentochter oder Prinzensohn<br />

und nicht Dienstbotenkind, bestimmt eher Held als Verbrecher. Aber<br />

Identitätsergänzung aus archivierter Vergangenheit birgt auch Risiken:<br />

Was, wenn der Abgleich der Phantasie mit der dokumentierten<br />

Realität Unerwünschtes zutage fördert? Leugnen, abstreiten, fälschen,<br />

vergessen? Oder gleich die Finger davon lassen?<br />

Psychologisch sind für die Bestimmung der eigenen Identität häufig<br />

weniger objektive Tatsachen über die Vergangenheit wichtig, als die<br />

Foto: imago stock&people<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 15


Essay I<br />

Das Recht<br />

auf die<br />

eigene<br />

Vergangenheit<br />

ist nicht<br />

ohne Risiko<br />

eigene Repräsentation derselben, Geglaubtes kann Gewusstes ersetzen.<br />

Gesunde Menschen sind Meister darin, sich ein positives Selbst<br />

zu erhalten. Dennoch ist dies einfacher, wenn es keine negative Information<br />

gibt. Man mag ein Recht auf die eigene Vergangenheit haben,<br />

aber dieses Recht ist nicht ohne Risiko. Wer es wahrnimmt, kann<br />

auch enttäuscht werden und die dokumentierte Vergangenheit aus der<br />

Welt wünschen. Möge doch der imaginierte Heldengesang das kompromittierende<br />

Video ersetzen! Durch Archivierung werden Ressourcen<br />

geschaffen und bewahrt, auf denen individuelle und kollektive<br />

Identitäten gegründet und aus denen sie erweitert werden können.<br />

Ihre Benutzung erfolgt aber auf eigene Gefahr!<br />

Weitere gewaltige Transformationen stehen bevor: In der Vergangenheit<br />

bestand eher ein Mangel an Möglichkeiten, Information zu konservieren<br />

und zu verbreiten. Jede Technik war ein Meilenstein, die<br />

Abstände zwischen den Innovationen groß: Sprache, Schrift und<br />

Buchdruck. In Zeiten der Digitalisierung werden dagegen Techniken<br />

zur Informationsfixierung und Verbreitung in immer kürzeren Abständen<br />

verfügbar und erzeugen ein Überangebot. Es entstehen Artefakte<br />

von allem und jedem. Diese können mühelos in die ganze Welt<br />

verbreitet werden. Das Posten von Selfies aus jeder Lebenslage ist<br />

ein aktuelles, manche würden sagen „virales“ Beispiel. Der Selfie-<br />

Stick erlaubt als eigene kleine Innovation größere Perspektiven auf<br />

diesen Selbstdokumenten, also ein besseres „sich in Szene setzen“.<br />

Die Kombination von Photographie und 3D-Drucker ermöglicht jedem<br />

sogar die Herstellung von Miniaturstatuen von sich selbst. Es ist<br />

Vieles<br />

verschwimmt<br />

und verändert<br />

sich<br />

16 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>


Essay I<br />

nur noch eine Frage des Preises. Die realistische figurale Abbildung<br />

der eigenen Person, die früher nur Herrschern vorbehalten war, wird<br />

nun jedem zugänglich.<br />

Aber ist das alles wirklich dokumentierens- und erhaltenswert? Aus den<br />

neuen technischen Möglichkeiten ergeben sich auch neue Anforderungen<br />

an persönliches und institutionelles Datenmanagement, an Auslese<br />

und Ordnung. Vergessen kann eine wichtige Form von Ordnungsbildung<br />

sein. Eintragungen im Vorstrafenregister werden nach einer bestimmten<br />

Zeit gelöscht, und die Europäische Union hat vor kurzem das Recht auf<br />

digitales Vergessen verankert. Letzteres trägt der Erkenntnis Rechnung,<br />

dass man mit 50 nicht mehr unbedingt durch die eigene Selbstdarstellung<br />

als 15jährige repräsentiert sein will (und als Regierungsmitglied eventuell<br />

nicht mehr mit einer abgelegten pubertären Pose). Der Praxistest<br />

zeigt allerdings, dass Vergessen in der digitalen Welt nicht so einfach ist.<br />

Für unsere Psyche spielt nicht nur die Fähigkeit zu erinnern, sondern auch<br />

die Fähigkeit, geordnet zu vergessen, eine wichtige Rolle. Vergessen kann<br />

sogar mit besseren Aufmerksamkeitsleistungen und effizienterem Erinnern<br />

einhergehen. Selektivität dient der psychischen Gesundheit,<br />

ein gesundes Maß an Vergessen trägt dazu bei. Nur wer sich von Teilen<br />

der Vergangenheit befreien kann, hat noch Kapazitäten für Neues.<br />

Damit soll aber nicht der billigen Selbstexkulpierung und gedankenlosen<br />

Selbstbefreiung von möglicherweise unangenehmen Vergangenheiten<br />

das Wort geredet werden. Natürlich ist das Festhalten vieler<br />

Erinnerungen zentral. Es beschleunigt die kulturelle und technische<br />

Evolution und hilft, Fehler zu vermeiden und Identität zu bewahren.<br />

Das geflügelte Wort davon, dass, wer keine Vergangenheit hat, auch<br />

keine Zukunft hat, hat eine individuelle psychologische Basis: Menschen,<br />

die aufgrund einer Hirnschädigung Gedächtnisdefizite für ihre<br />

Vergangenheit haben, sind auch beeinträchtigt darin, sich ihre Zukunft<br />

vorzustellen und sie zu planen. Vergangenheit und Zukunft sind<br />

somit aneinander gekoppelt. Das gilt sowohl auf individueller als<br />

auch auf kollektiver Ebene. Festhalten an Erinnerung kann also doppelt<br />

adaptiv, ihr Verlust doppelt problematisch sein.<br />

Auftrag und Herausforderung für individuelle, institutionelle und<br />

gesellschaftliche Informationssammler unserer Zeit ist es also, die<br />

richtige Auswahl zu treffen und die richtige Balance zwischen neuem<br />

Lernen, Erinnern und Vergessen zu halten und so auf der Basis einer<br />

wohlverstandenen Vergangenheit Platz für die Herausforderungen<br />

der Zukunft zu schaffen.<br />

[Der Beitrag ist die gekürzte Fassung eines Vortrags zur Amtseinführung der<br />

Direktorin des Bischöflichen Zentralarchivs Regensburg, Dr. Camilla Weber.]<br />

Foto: imago/Westend61<br />

Foto: privat<br />

Die Autorin: Johanna Kißler hat in Regensburg,<br />

Aberdeen und San Diego Psychologie, Slawistik<br />

und Kulturgeschichte studiert und in Konstanz im<br />

Fach Psychologie promoviert (2002). Von 2003<br />

bis 2010 war sie Juniorprofessorin für klinische<br />

Psychologie und Verhaltensneurowissenschaft an<br />

der Universität Konstanz. Seit 2011 ist sie Professorin für Allgemeine<br />

Psychologie an der Universität Bielefeld. Ihr Forschungsgebiet sind die<br />

Wechselwirkung von Gedächtnis, Sprache und Emotion und die zugrundeliegenden<br />

Gehirnprozesse.<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 17


Essay II<br />

1 Die Stella Matutina, das Nilschiff der österreichischen Mission.<br />

2 Die Kapelle einer Schule in Gesira zwischen dem Weißen und<br />

dem Blauen Nil.<br />

3 Die 1849 eröffnete Missionsstation in Gondokoro, nahe der<br />

heutigen Hauptstadt Dschuba.<br />

4 Bei Bischof Franz X. Geyer (Ae) mit Bild des Protektors Kaiser<br />

Franz Joseph I.<br />

5 Empfangskomitee in der Missionsstation, überragt vom Kreuz.<br />

Der Südsudan<br />

zwischen Hoffen<br />

und Verzweifeln<br />

Was Cartellbrüder an Gutem gesät haben,<br />

erfährt heute weitere Pflege<br />

von Cbr Dr. Gerhard Jandl (Kb)<br />

Der Fall des 25-jährigen schlesischen Theologen Viktor Fuchs,<br />

Bandinhaber der Aenania, der Winfridia und der Austria Innsbruck,<br />

war wohl der schlimmste unter den nicht gerade wenigen<br />

tragischen: „Von einem Krokodile beim Baden im Nile<br />

verschlungen“, vermerkt Austria im Jahr 1879 über den Tod des hoffnungsvollen<br />

Jungmissionars im Sudan. Wie dutzende andere junge<br />

Priester und Laien aus Deutschland und Österreich, darunter mehrere<br />

Cartellbrüder, hatte sich Fuchs auf den Weg gemacht, um in Zentralafrika<br />

– im Wesentlichen im Gebiet der heutigen Republik Südsudan<br />

– den katholischen Glauben zu verbreiten, um Schwarzafrika für das<br />

Christentum zu gewinnen, um der „mit dem Schwert in der Hand“ erfolgenden<br />

Islamisierung und Versklavung der schwarzen Volksgruppen<br />

entgegenzutreten und der Jugend Schulbildung zu bringen.<br />

Alarmiert durch den Reisebericht eines österreichischen Händlers<br />

hatte Papst Gregor XVI. 1846 eine katholische Mission für Zentralafrika<br />

und das dazugehörige Vikariat errichtet, mit neun Millionen<br />

Quadratkilometern 25 Mal so groß wie das heutige Deutschland. Im<br />

Juni 1848 erreichten die ersten Missionare Khartum, die Hauptstadt<br />

des „beled es-sudan“ (des „Landes der Schwarzen“), und machten sie<br />

aus praktischen Gründen zur Basis der Mission, obwohl das eigentliche<br />

Zielgebiet weiter südlich lag, nämlich in den schwarzafrikanischen,<br />

animistischen (heidnischen) Gebieten am Oberlauf des Weißen<br />

Nil. Provikar Ignaz Knoblecher war als Krainer österreichischer<br />

Staatsbürger und erreichte, dass Kaiser Franz Joseph 1851 die Mission<br />

– mit Zustimmung des Istanbuler Sultans, zu dessen Reich der Sudan<br />

gehörte – unter ein völkerrechtliches Protektorat der Habsburgermonarchie<br />

stellte, womit sie offiziell zur „österreichischen Mission“<br />

wurde und den Schutz des „Sultan el-Nemsa, des österreichischen<br />

Kaisers, des mächtigsten in der westlichen Welt“, genoss.<br />

Von Anfang an waren neben Österreichern auch Italiener und vor allem<br />

Deutsche an dieser Mission beteiligt: Der erste Leiter des 1851<br />

zur Ausübung der Protektoratsrechte eingerichteten österreichischen<br />

Konsulats in Khartum, Konstantin Reitz, war gebürtiger Hesse und<br />

Gießener Corpsstudent. Knoblechers Nachfolger als Provikar, Mat-<br />

18 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>


Essay II<br />

1<br />

3<br />

Fotos: privat<br />

2<br />

4<br />

5<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 19


Essay II<br />

Blick in eine Schulklasse im Loyola-Gymnasium in Wau.<br />

Die Katholische Universität des Südsudan: die Agrar-Fakultät in Wau.<br />

Die Mensa des Loyola-Gymnasiums.<br />

Die Franz-Lorenz-Gerbl-Schule im Zustand des Rohbaus.<br />

Nochmals: eine Schulklasse im Loyola-Gymnasium.<br />

Die Gerbl-Schule ist heute allerdings schon viel weiter gebaut.<br />

Und schließlich der Campus der Universität des Südsudan.<br />

Auch im Falle der Gerbl-Schule gilt: erst die Mauern und das Dach, dann<br />

folgt alles weitere.<br />

Fotos: privat<br />

20 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>


Essay II<br />

thäus Kirchner, stammte aus Bamberg. Als einer der wenigen, den<br />

Afrikaeinsatz Überlebenden wurde er später Reichstagsabgeordneter.<br />

Und der blutjunge Sudanreisende Alfred Brehm hat eng mit der Mission<br />

kooperiert – auch wenn er nachher, nach seinem Eintritt in ein<br />

Jenenser Corps, retrospektiv sehr kritisch gegenüber seinen früheren<br />

katholischen Förderern wurde.<br />

Ganz wesentlich ist aber Franz Lorenz Gerbl<br />

zu nennen, Gründer und Spiritus rector der<br />

Münchner Aenania und damit quasi Urvater<br />

des Cartellverbandes bzw. des katholischen<br />

Couleurstudententums überhaupt. Nach seinem<br />

Theologiestudium trat der Oberbayer in<br />

die österreichische Mission ein und erhielt<br />

ein Vorbereitungsstipendium in Rom, wo er<br />

nicht nur darüber staunte, dass man dort als<br />

Priester in Talar und Birett ins Kaffeehaus gehen<br />

konnte, sondern auch Pius IX. persönlich<br />

vorgestellt wurde und von diesem prompt das<br />

vermutlich erste päpstliche Segensschreiben<br />

für eine Studentenverbindung erwirkte. Pius<br />

sollte sich später übrigens in einem Breve<br />

ausdrücklich positiv über das Couleurtragen<br />

äußern. 1856 trat Gerbl die Reise nach Khartum<br />

an, die, auch wegen eines am Kamelmangel<br />

liegenden unfreiwilligen Aufenthalts in<br />

der Wüste, sieben Monate dauerte.<br />

Vergelt’s Gott!<br />

Spenden für die beiden folgenden Projekte sind herzlichst<br />

erbeten. In beiden Ländern (D und Ö) sind die Spenden jeweils<br />

steuerlich absetzbar. Vergelt’s Gott!<br />

Projekt Franz-Lorenz-Gerbl-Schule<br />

in Ndingimo (Ae / CV-Afrika-Hilfe e.V.):<br />

Konto, lautend auf Dr. Helmut Stingl:<br />

IBAN DE37 7025 0150 0022 8296 91,<br />

BIC BYLADEM1KMS<br />

Kennwort Gerbl-Schule<br />

Projekt Stipendien für Katholische Universität<br />

bzw. Loyola-Gymnasium (ÖCV):<br />

Konto, lautend auf Jesuitenaktion<br />

IBAN: AT52 6000 0000 0708 6326,<br />

BIC: OPSKATWW<br />

Kennwort: Südsudanzirkel<br />

Spendenkonto<br />

In Khartum wirkte Gerbl als Italienisch- und<br />

Arabischlehrer an der für die schwarzafrikanischen<br />

Kinder und freigekauften Sklaven<br />

eingerichteten Missionsschule und freute sich<br />

über das Ansehen der katholischen Gemeinde,<br />

das es ihm ermöglichte, „in priesterlicher<br />

Kleidung und auf dem Kopf stets die rothe<br />

türkische Haube“ durch die Stadt zu spazieren.<br />

Obwohl scheinbar von robuster Konstitution,<br />

ist Gerbl im Juni 1857 einem plötzlichen<br />

Tropenfieberanfall erlegen.<br />

Es würde zu weit führen, alle CVer bzw. katholisch<br />

Korporierten anzuführen, die als<br />

Glaubensboten in Khartum und an den Stationen<br />

am Weißen Nil wirkten oder die Sudanmission<br />

von der Heimat aus unterstützten,<br />

bewarben und finanzierten. Nach derzeitigem<br />

Wissensstand waren mindestens neun<br />

Franz Xaver Geyer (Ae) führte die Mission zur Blüte.<br />

Cartellbrüder aus Deutschland und Österreich<br />

inklusive Böhmen und Südtirol im Missionseinsatz im Sudan.<br />

Gut 50 katholisch korporierte Politiker, Geistliche und Professoren<br />

haben die Mission von zu Hause aus maßgeblich gefördert, indem sie<br />

in Missionsvereinen in führenden Positionen tätig waren. Die Zahl<br />

jener Cartellbrüder, die sie durch Spenden unterstützt haben, wird in<br />

die Hunderte gehen.<br />

Foto: Wikimedia CommonsManz Verlag München<br />

Der Aenane Franz Xaver Geyer, gebürtiger Niederbayer und Ange -<br />

höriger des Comboni-Ordens, wurde 1903 Provikar und Bischof<br />

und hat die Mission zu einer veritablen Blüte geführt. Nach Jahren<br />

un ermüdlichen Wirkens konnte er am Vorabend des Ersten Weltkriegs<br />

auf 42 Gemeinden, 36 Missionsschulen und 5000 Katholiken<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 21


Essay II<br />

Missionar Franz Lorenz Gerbl, der Gründer der KDStV Aenania.<br />

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Foto: privat<br />

blicken. Der Weltkrieg brachte 1916 das Ende der – auf englischem<br />

Kolonialterritorium und damit in Feindesland bestehenden – öster -<br />

reichischen Mission.<br />

Natürlich hat es im Verlauf der Missionsarbeit auch enorme Rückschläge<br />

gegeben, die mehrfach zum Beinahe-Abbruch geführt haben,<br />

insbesondere während der islamistischen Gewaltherrschaft des Mahdi-Regimes<br />

von 1885 bis 1898. Aber dennoch ist es den Glaubensboten<br />

gelungen, den Grundstein dafür zu legen, dass der 2011 nach jahrzehntelangem<br />

Krieg vom muslimisch-arabischen Norden unabhängig<br />

gewordene Südsudan heute ganz überwiegend christlich und mehrheitlich<br />

katholisch ist.<br />

INITIATIVEN IM CV UND IM ÖCV<br />

Zur Erinnerung an die seinerzeitige Pionierarbeit der CVer und zur<br />

Unterstützung des jungen, in jeder Hinsicht bedürftigen Staates sind<br />

2011 im CV und im ÖCV Initiativen entstanden, um eingedenk der<br />

Prinzipien religio und scientia kirchlich getragene Bildungsprojekte<br />

zu fördern. Aus der Aenania heraus entstand das Vorhaben der Errichtung<br />

einer Franz-Lorenz-Gerbl-Schule in Ndingimo in der Diözese<br />

Tombura, das von der CV-Afrika-Hilfe mitgetragen wird. Mittlerweile<br />

steht das in traditioneller Lehmbauweise errichtete<br />

Schulgebäude. Jetzt geht es an die Finanzierung der Einrichtung und<br />

an die Ausstattung. An Ort und Stelle betreut wird sie durch die Missionary<br />

Community of St. Paul the Apostle.<br />

Im ÖCV hat sich ein Südsudanzirkel gegründet, der mittlerweile rund<br />

50 Stipendien für Studierende finanziert hat, und zwar am Teacher<br />

Training College in Yambio und aktuell an der von den Jesuiten geführten<br />

Katholischen Universität, die in der Hauptstadt Dschuba und<br />

in Wau Fakultäten unterhält, und am angeschlossenen Loyola-Gymnasium.<br />

Tombura, Yambio und Wau sind Orte, an denen Bischof Geyer<br />

Anfang des 20. Jahrhunderts die ersten katholischen Gemeinden<br />

errichtet hat. Vor allem Yambio hatte zuvor – unberechtigt, wie der<br />

unerschrockene Cbr Geyer herausfand – als lebensgefährlicher Ort<br />

gegolten, an dem „vielverruchte Kannibalen“ leben.<br />

AUSBRUCH EINES BÜRGERKRIEGS<br />

Einer großen Welle internationaler Solidarität und Hilfsbereitschaft<br />

konnte sich der neue Staat erfreuen, bis Ende 2013 das von vielen Befürchtete<br />

eingetreten ist: der Ausbruch eines Bürgerkriegs. Staatspräsident<br />

Salva Kiir hat seinen bisherigen Vizepräsidenten Riek Machar,<br />

wohl aus politischem Kalkül, entlassen, und daraufhin haben dessen<br />

Anhänger zu den Waffen gegriffen. Da beide Kontrahenten aus unterschiedlichen<br />

Volksgruppen stammen – Kiir ist Dinka, Machar ist Nuér<br />

– haben die Auseinandersetzungen Züge eines „Stammeskrieges“<br />

angenommen, obwohl ihnen eigentlich keine ethnischen Ursachen<br />

zugrunde liegen.<br />

Gekämpft wird seither um Macht und Einfluss. Benachbarte Staaten<br />

haben – zum Teil auf Ersuchen und mit Friedenstruppen, zum Teil<br />

verdeckt zur Unterstützung ihrer jeweiligen politischen Freunde –<br />

militärisch eingegriffen. Dem (Nord)Sudan wird nachgesagt, sich nie<br />

wirklich mit der Unabhängigkeit des Südens abgefunden zu haben<br />

und daher den Konflikt zu schüren – was Khartum heftigst dementiert.<br />

Dem Süden wird nachgesagt, in einigen zum Norden gehörenden,<br />

aber schwarzafrikanisch bevölkerten Provinzen Aufstände zu<br />

schüren – was Dschuba heftigst dementiert.<br />

22 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>


Essay II<br />

Die Schwierigkeiten einer Gesellschaft, die jahrzehntelang nur den<br />

bewaffneten Kampf gekannt hat, sich auf Friedensverhältnisse umzustellen,<br />

sind mitursächlich, ebenso wie jene in der seinerzeitigen Befreiungsbewegung,<br />

sich in eine politische Partei üblicher Prägung zu<br />

wandeln.<br />

Gottseidank sind jene Gegenden nicht von den Auseinandersetzungen<br />

betroffen, in denen sich die vom CV und ÖCV unterstützten<br />

Bildungsprojekte befinden. Die Kämpfe konzentrieren sich auf<br />

den erdölreichen Nordosten des Landes – es geht um die künftigen<br />

Einnahmen aus der derzeit stillliegenden Ölförderung – und auf<br />

strategisch wichtige Landstriche in der Nähe der Grenze zum Nordsudan.<br />

Dort allerdings hat der brutal ausgetragene und von Kriegsverbrechen<br />

begleitete Konflikt zu himmelschreienden Zuständen geführt: zig -<br />

tausende Tote, 1,5 Millionen Flüchtlinge, die Agrarproduktion darniederliegend,<br />

die Hälfte der Bevölkerung daher von Hunger bedroht.<br />

Weder die Vermittlungsbemühungen afrikanischer Nachbarn, noch<br />

jene von USA und EU, noch westliche Sanktionen gegen die maß -<br />

geblichen Kriegstreiber, noch die Friedensverhandlungen im Rahmen<br />

der Regionalorganisation IGAD konnten die Situation entschärfen.<br />

Zwar wurden etliche Abkommen unterzeichnet, doch umgesetzt<br />

ist praktisch nichts. Noch scheinen beide Seiten auf militärische<br />

Lösungen zu setzen oder zumindest darauf, sich durch Gelände -<br />

gewinne für spätere „wirkliche“ Verhandlungen Vorteile verschaffen<br />

zu können. Die Not und das Elend der Zivilbevölkerung, die wie stets<br />

das meiste Leid trägt, scheint den Kontrahenten zweitrangig zu sein.<br />

Foto: privat<br />

Der Autor: Dr. Gerhard Jandl (Kb), Jahrgang<br />

1962, studierte in Wien und Graz Rechtswissenschaften<br />

und Volkswirtschaft. Nach dem Eintritt<br />

in den österreichischen Auswärtigen Dienst (1986)<br />

und Verwendungen an den Botschaften Kairo und<br />

Tunis sowie an der UNO-Vertretung New York Leiter<br />

des Balkanreferats im Wiener Außenamt. Danach österreichischer<br />

Botschafter in Sarajewo sowie anschließend in Belgrad. Seit 2009 Sicherheitspolitischer<br />

Direktor des Wiener Außenamts. Er wurde 1982 bei der<br />

KÖStV Kürnberg Wien recipiert, trägt seit 2013 auch das Band der KDStV<br />

Aenania München und ist Vorsitzender des Südsudanzirkels des ÖCV<br />

sowie Vizepräsident der österreichisch-südsudanesischen Freundschaftsgesellschaft.<br />

Seit Monaten spießen sich die Gespräche über einen möglichen Ausweg<br />

durch eine „Regierung der nationalen Einheit“ an den Fragen der<br />

verfassungsmäßigen Machtverteilung zwischen Präsident, Vize -<br />

präsident und Premierminister sowie zwischen der Bundes- und der<br />

Provinzebene.<br />

Hoffnung und Verzweiflung, das sind die Pole, zwischen denen das<br />

schwarze Land am Weißen Nil seit fast 200 Jahren hin- und hergerissen<br />

wird. Seit 160 Jahren engagieren sich Cartellbrüder, damit die<br />

Hoffnung die Oberhand gewinnt.<br />

-SOMMERKREUZFAHRT 2016<br />

„Rund um die Britischen Inseln“<br />

mit dem Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen<br />

Liebe Cartellbrüder,<br />

seit dem 150. Geburtstag des Cartellverbandes finden im<br />

Zwei-Jahres-Rhythmus die CV-Seereisen statt. Zum 160.<br />

Bestehen unseres Verbandes im Jahre 2016 wird es mit<br />

der fünften Fahrt dieses Mal auf der MS Hamburg, einem<br />

Schiff, das bei ca. 400 Mit reisenden immer noch seinen<br />

familiären Cha rak ter (Achtung: Kinderangebot) behält,<br />

„Rund um die Britischen Inseln“ gehen – wie immer mit<br />

unserem bewährten Partner BIBLISCHE REISEN.<br />

Als langjähriger begeisterter Teilnehmer darf ich daher<br />

für den CV-Rat alle Cartellbrüder mit ihren Familienange -<br />

hörigen, Freunden und Bekannten einladen, an dieser<br />

CV-Jubiläumsreise teilzunehmen.<br />

Mit herzlichen cartellbrüderlichen Grüßen<br />

Dr. Heiner Emrich (Nv)<br />

Mit „MS Hamburg“ nach England,<br />

Irland, Nordirland und Schottland<br />

vom 02.08.-14.08.2016<br />

Englands und Irlands Gärten und Landschaften sind zwar heute<br />

populär, aber die Geschichte der Britischen Inseln reicht weit<br />

zurück und ist eigentlich noch viel spannender, wurde doch das<br />

Chris tentum Mitteleuropas von den Britischen Inseln stark<br />

geprägt.<br />

Route: Bremerhaven – Dover – Torquay – Dublin – Bel fast –<br />

Scrabs ter – Edinburgh (inkl. Military Tattoo!) – Sunderland –<br />

Bremerhaven<br />

Kreuzfahrtpreise inkl. Vollpension an Bord und fachlich<br />

qualifizierter Reiseleitung:<br />

je nach Kabinenkategorie von €1.995,– bis €5.095,–<br />

(Frühbucherpreise bis 31.01.2016!)<br />

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<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 23


Essay III<br />

Der Zeitungshalter<br />

Neue Impulse für die<br />

interdisziplinäre Halterforschung<br />

24 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>


Essay III<br />

als Kulturträger<br />

von Prof. Dr. Walter Hömberg<br />

Die Marginalistik ist ein interdisziplinäres Forschungsfeld. Sie<br />

betrachtet die Welt von den Rändern her. Dabei geraten scheinbar<br />

nebensächliche Gegenstände ins Visier. Einen konkreten<br />

Anlass dazu bietet eine Ausstellung der besonderen Art, die vor<br />

etwa 30 Jahren zunächst an der Universität Münster und dann am Ins<br />

titut für publizistische Bildungsarbeit in Hagen gezeigt wurde. Franz<br />

Rainer Stuke, Professor für Medienpädagogik der Ruhr-Universität<br />

Bochum, präsentierte ein Medienaccessoire, das bis dahin von der einschlägigen<br />

Forschung völlig ignoriert worden war: den Zeitungshalter.<br />

Die Ausstellung umfasste eine Sammlung von dreihundert Zeitungshaltern,<br />

sorgfältig sortiert nach Pressetypen und regionalen Verbreitungsgebieten.<br />

Aus mehreren Gründen verdient die gehaltvolle Halter-<br />

Kollektion auch heute noch höchste fachliche Aufmerksamkeit. Mit<br />

Marginalem hat der Halter schon deshalb zu tun, als es abwechselnd<br />

und in schöner Gleichberechtigung die linken und die rechten Ränder<br />

einer Zeitungsseite sind, die ein Halter fasst und zusammenzwingt –<br />

oft mit der Folge, dass man nicht mehr alles zu lesen bekommt.<br />

Zunächst geht es ganz schlicht ums Sammeln. Wir Deutschen sind<br />

bekanntlich von Haus aus ein Volk der Jäger und Sammler. Mag man,<br />

wie es ein voluminöses kulturpolitisches Wörterbuch tut, die Sammelwut<br />

als Sublimationshandlung für erfahrene Verluste interpretieren,<br />

mag man sie als typisch für dekadente, endzeitlich gestimmte<br />

Gesellschaften ansehen – unbestritten dürfte auch im Zeitalter der<br />

virtuellen Kommunikation sein, dass hier ein menschlicher Urtrieb<br />

zum Durchbruch kommt. Nun, die Philokartisten (Postkartensammler)<br />

und Philumenisten (Streichholzetikettensammler), die Bibliophilen<br />

und Bibliomanen, die Bierfilz- und Trophäenkollekteure sind<br />

zwar ebenso sympathische wie nützliche Zeitgenossen, die wenigsten<br />

indes betreiben ihre Sublimationshandlungen wissenschaftlich.<br />

Zur Ausstellung erschien ein schmaler Katalog, in kleiner Auflage<br />

nur im Samisdat verbreitet und heute selbst antiquarisch und in ähnlichen<br />

Marginalzonen des Buchmarktes nicht mehr erhältlich. Darin<br />

wurde der Zeitungshalter posthum zum legitimen Gegenstand der<br />

Zeitungswissenschaft gemacht. Die Disziplin, die heute als Publizistik<br />

– und/oder Kommunikationswissenschaft – an vielen Hochschulen<br />

vertreten ist, kann auf eine ausgeprägte Sammlertradition zurückblicken,<br />

ja durch Sammler ist sie erst zu einer solchen geworden: Ohne<br />

die Sammler von Nachrichten gäbe es schließlich keine Zeitungen …<br />

Was hat das Fach nicht alles erforscht seit seiner akademischen Institutionalisierung:<br />

von den Wappenbildern und Siegelringen, Schlachtbannern<br />

und Geschreizeichen, von Flaggen- und Licht- und Feuer- und<br />

Rauchsignalen über Spielkarten und Briefmarken bis hin zur Buschtrommel-<br />

und Trillerpfeifenpublizistik reicht das Spektrum. Auffällig,<br />

dass gerade das Vergängliche – Schall und Rauch – besonderes Interesse<br />

fand. Mark Twain hat sogar von einer Echo-Sammlung berichtet.<br />

Otto Groth, dieser imponierende Privatgelehrte und Polyhistor, widmet<br />

in seinem siebenbändigen Standardwerk „Die unerkannte Kulturmacht“<br />

dem Zeitungshalter nicht einmal eine Fußnote. Die Bedeutung dieses<br />

wahren Kulturträgers blieb ihm verborgen. Doch nun eröffnen sich<br />

ganz neue Perspektiven: Die Begleitschrift zur Ausstellung liefert wertvolle<br />

Hinweise zur Genese, Struktur und Funktion des Zeitungshalters.<br />

Darin erwähnt der Initiator und Herausgeber den hohen Verbrauch in<br />

Bayern und stellt die<br />

Frage: „… was geschieht<br />

mit den Geräten?<br />

Zertrümmern<br />

tatsächlich die Bajuwaren<br />

die meisten von<br />

ihnen auf ihren groben<br />

Schädeln?“ Diese<br />

Vermutung ist haltlos.<br />

Kontrollgruppe:<br />

die Schar<br />

der Haltlosen<br />

Die Wahrheit ist vielmehr: Zeitungshalter werden im Alpenvorland<br />

sowohl zum Angeln als auch zum Fechten benutzt; in Niederbayern<br />

finden sie darüber hinaus auch bei einer neuen Form des Kampfsports,<br />

dem Halterhakeln, Verwendung.<br />

(Fortsetzung nächste Seite )<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 25


Essay III<br />

Apropos Bayern: Zukünftige Journalisten<br />

werden heute nicht mehr primär<br />

für das Medium Presse ausgebildet –<br />

Radio, Fernsehen, Online-Angebote,<br />

Social Media etc. gehören längst zum<br />

crossmedialen Ausbildungsbouquet.<br />

Nach Abschluss ihres Journalistikstu -<br />

diums erhalten die Absolventinnen und<br />

Absolventen an der Katholischen Uni -<br />

versität Eichstätt-Ingolstadt aber immer<br />

noch einen Zeitungshalter – darin ein<br />

druckfrisches Exemplar der örtlichen Zeitung,<br />

in dem von ihrem Examen berichtet<br />

wird. Dieses Medium bleibt haltbar!<br />

Foto: privat<br />

Oben: Selbst der Osterhase<br />

schätzt den Halter (um<br />

1905/10).<br />

Mitte: Grundausstattung<br />

im Wiener Kaffeehaus.<br />

Unten: Ein Journalist bei der<br />

Recherche (?),<br />

So innovativ die Entdeckung des Zeitungshalters<br />

als neues Materialobjekt der Forschung<br />

auch war – jetzt heißt es, beim<br />

Erreichten nicht haltzumachen! Jetzt gilt<br />

es, die Halterforschung multidisziplinär<br />

auszuweiten und interdisziplinär zusammenzuführen!<br />

Die Hüft- und Pfeifen-, die<br />

Füll- und Barthalter harren der wissenschaftlichen<br />

Entdeckung – von den Auto-,<br />

Hunde-, Katzen- und anderen Getierhaltern<br />

gar nicht zu reden; als Kontrollgruppe<br />

steht die Schar der Haltlosen bereit. Zur<br />

Durchsetzung des neuen Paradigmas sollte<br />

ein eigenes Fachorgan gegründet werden,<br />

für das ich den Titel „Halt & Haltung“ vorschlagen<br />

möchte. Es bietet sich an, dass<br />

dieses Periodikum in Zusammenarbeit mit<br />

der Liga der internationalen Halterverbände<br />

erscheint. Wenn die Resultate der Halterforschung auf diesem Wege<br />

erst einmal vor den Augen der wissenschaftlichen Öffentlichkeit dokumentiert<br />

sind, wird ein spezieller Schwerpunktbereich der Deutschen<br />

Forschungsgemeinschaft (DFG) nicht auf sich warten lassen.<br />

Aber das ist noch Zukunftsmusik. Als nächstes sollten wir einen großen<br />

wissenschaftlichen Kongress ins Auge fassen. Als Veranstaltungsort<br />

kommt da natürlich nur Haltern (Westfalen) in Frage. Eine<br />

internationale Tagung muss folgen (Motto: Halter aller Länder, haltet<br />

zusammen!). Vielleicht auf dem Haltiatunturi, dem höchsten Berg<br />

Finnlands, wo das exzellenteste Halterholz gedeiht?<br />

Der Autor: Prof. Dr. Walter Hömberg war Ordinarius<br />

für Journalistik an der Katholischen Universität<br />

Eichstätt-Ingolstadt und lehrt heute als<br />

Gastprofessor an der Universität Wien. Seine Arbeitsschwerpunkte<br />

liegen in den Bereichen Journalismusforschung,<br />

Kultur- und Wissenschaftskommunikation<br />

sowie Medien- und Kommunikationsgeschichte. Er ist<br />

Herausgeber mehrerer Buchreihen und Mitherausgeber des „Jahrbuchs<br />

für Marginalistik“, von dem kürzlich der dritte Band erschienen ist. Das<br />

Jahrbuch wendet sich an Freunde fröhlicher Wissenschaft.<br />

von Stephanie von Luttitz<br />

„Das Marginale muss<br />

zentral werden!“ Un ter<br />

diesem Motto (S. 12) veröffentlichen<br />

19 Forscher um<br />

Dr. Walter Hömberg, emeritierter<br />

Prof. für Journalistik,<br />

und den Medienforscher<br />

und Wissenschaftsjournalisten<br />

Eckart Roloff bereits zum<br />

dritten Mal ihre Studien. Was<br />

unter Marginalis tik zu verstehen<br />

ist? Es handelt sich um eine<br />

in humoristisch- satirischer Intention<br />

entstandene inter- und transdisziplinäre<br />

Wissenschaft. Das scheinbar<br />

Randständige gerät ins Zentrum der Betrachtung.<br />

Gerade die Medien- und Kommunikationswissenschaft<br />

sieht sich Skeptikern<br />

aus anderen Wissenschaftszweigen<br />

gegenüber, die behaupten, das Fach würde<br />

ohnehin meist Marginales erforschen.<br />

Vielleicht setzen sich die Autoren (die über ausreichende<br />

Qualifikationen verfügen, um sich ein wenig über die Wissenschaft<br />

„lustig machen zu dürfen“) gerade deshalb für die<br />

„marginalistische Forschung“ ein. Die meisten sind bzw. waren<br />

in den Sozialwissenschaften als Professoren tätig.<br />

Es schreiben aus den Medienwissenschaften Joan Kristin<br />

Bleicher, Roland Burkart, Rudolf Stöber, Joachim Wester -<br />

barkey, Jürgen Wilke und seine Frau Ulrike. Ebenfalls ist die<br />

(Pädagogische) Psychologie mit Hans-Peter Langfeldt und<br />

Gottlob Kleine-Moritz vertreten, die deutsche Literatur mit<br />

Karlheinz Rossbacher und die Humanbiologie mit Heinrich<br />

Zankl. Aus dem Konzept scheinen da Peter C. Scriba als ehemaliger<br />

Direktor der Medizinischen Klinik München-Innenstadt<br />

der LMU München, der ehemalige Ministerialdirigent<br />

im Bayerischen Staatsministerium für Justiz und Leiter des<br />

Bayerischen Landesjustizprüfungsamts, Heino Schöbel, und<br />

der ehemalige Programmdirektor des Ersten Deutschen<br />

Fernsehens Dietrich Schwarzkopf zu fallen. Die Kunstsparte<br />

übernimmt Ernst Schneider. Zu dem Thema Glaube und Zweifel<br />

schreibt Wiprecht von Treskow.<br />

Das erste Marginalistik-Werk entstand im Jahr 2000, das<br />

zweite ließ elf Jahre auf sich warten. Im Vergleich rasant erscheint<br />

nun nach zweieinhalb Jahren Band III.<br />

Die Autoren haben eine Plattform kreiert, die erlaubt, die wirklich<br />

relevanten Themen für die Gesellschaft vorzustellen. Die<br />

21 Studien befassen sich u.a. mit der pränatalen Mediennutzung,<br />

mit neuen Impulsen zur Halterforschung (siehe S. 25), der<br />

26 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>


Essay III<br />

Lustige Wissenschaft: Sex, Tinnitus und Prof. B. Scheuert<br />

gesellschaftlichen Bedeutung der Krawatte, der Relevanz des<br />

Witzes als Kommunikationsphänomen, dem Zusammenhang<br />

zwischen Bierkonsum und Zeitungslektüre, der Bedeutung der<br />

Jagd für die Demographie, der Sprache und Anatomie von<br />

Engeln oder der Frage, ob Juristerei romantisch sein könne.<br />

Nachdem in Band II die Systemtheorie auf Plattdeutsch dargestellt<br />

wurde, erklärt nun Roland Burkart als Professor der<br />

Kommunikationswissenschaft die „Theorie des kommunikativen<br />

Handelns“ von Jürgen Habermas auf Wienerisch. Endlich<br />

kann jedermann diesen Theorieentwurf auf Anhieb verstehen!<br />

Ich darf als Doktorandin anmerken, die sich mit seiner<br />

Theorie nun seit drei Jahren auseinandersetzt: Hätte ich<br />

diesen Beitrag früher gekannt, wäre mir einiges an Kopf -<br />

zerbrechen erspart geblieben. Der wohl mit bedeutendste<br />

zeitgenössische Intellektuelle Habermas ist nicht mit der<br />

verständlichsten Sprache gesegnet.<br />

Eine Fortsetzung präsentiert auch Walter Hömberg mit seinem<br />

Beitrag „Sex mit siebzig“. Gab es in Band II unter dem Titel<br />

„Sex mit sechzig“ sechs leere Seiten zu bestaunen, finden<br />

die Leser nun eine Seite mit dem Text<br />

„Zur Erinnerung an Frau Dr. Murke“<br />

(S. 236). Mit dem Hinweis auf Heinrich<br />

Bölls Werk „Doktor Murkes gesammeltes<br />

Schweigen“ will Hömberg<br />

wohl im Hinblick auf kritische Stellungnahmen<br />

zum genannten Beitrag<br />

aus Band II darauf hinweisen, dass<br />

auch die Frau von Dr. Murke zum Thema<br />

schweigt.<br />

Leser erhalten zudem praktische<br />

Tipps für den Alltag, wenn man beispielsweise<br />

unter Tinnitus leidet – in<br />

unserer Gesellschaft keine Seltenheit<br />

mehr. Karlheinz Rossbacher bekam als<br />

Ratschlag einer Psychologin, den Tinnitus<br />

zu lieben, da es „sein ganz persönlicher“ Tinnitus sei.<br />

Zudem sollte auf Folgendes verzichtet werden: Stress, Alkohol,<br />

Nikotin, schwarzer Tee, Kaffee nach Espresso-Art, Schokolade,<br />

Aspirin, Glutamate, Geschmacksverstärker, Konservierungsstoffe<br />

und Farbstoffe. Wem das zu kompliziert ist, der soll<br />

sich einfach mit „Gelassenheit“ an seinen Tinnitus gewöhnen.<br />

Besonders aufklärend ist der Beitrag über die Professorendarstellung<br />

in Kinderbüchern. Endlich versteht man, warum das Ansehen<br />

von Professoren in den vergangenen Jahrzehnten stetig<br />

gesunken ist. Die Namen sind bereits charakterisierend für diesen<br />

Trend. Kindern wird von klein auf vermittelt, was von Professoren<br />

zu halten sei: Professor Powerpuuups oder Prof. Dr. med. B.<br />

Scheuert sind demgemäß begehrte und „passende“ Namen.<br />

Foto: privat<br />

Die Autorin: Stephanie von Luttitz, Wien/<br />

München, geht in ihrer Dissertation der<br />

Frage nach, wie verständigungsorientiert<br />

Journalismus im Falle religiöser Themen ist.<br />

Bereits in der <strong>ACADEMIA</strong> 6/2014 (S. 46-49)<br />

hat sie über Mode und Stil geschrieben.<br />

Dass es nicht nur humorvolle Beitrage gibt, zeigt der von<br />

Dietrich Schwarzkopf. Er geht der scheinbar marginalen<br />

Frage nach, ob zukünftig ein Bayer (gemeint ist natürlich ein<br />

Wittelsbacher) auf dem schottischen Thron sitzen könnte. Da<br />

wird die Geschichte Schottlands, in Verbindung mit Bayern,<br />

mal eben auf 17 Seiten zusammenfassend dargestellt.<br />

Literatur<br />

Hömberg, Walter,<br />

Roloff, Eckart<br />

(Hrsg.), Jahrbuch<br />

für Marginalistik III,<br />

Münster, Lit-Verlag<br />

2014 (Reihe: * fuß -<br />

note: anmerkungen<br />

zum wissenschaftsbetrieb;<br />

Bd. 10),<br />

344 Seiten, 12,90<br />

Euro, ISBN 978-3-<br />

643-99840-8.<br />

Zielgruppe sind folglich alle, die Wissenschaft aus einem anderen<br />

Blickwinkel kennenlernen wollen – und zwar auf eine<br />

humorvolle Art und Weise. Ein Tipp auch für alle Herren der<br />

Schöpfung, die nicht wissen, was sie ihrer Tischdame oder dem<br />

ersten Date erzählen sollen: Das Buch eignet sich hervorragend<br />

für Tischgespräche. Mit den Studien<br />

aus der Marginalistik werden Sie<br />

jede Frau von sich überzeugen! („Wahnsinn,<br />

der weiß Dinge, von denen habe<br />

ich noch nicht mal gehört!“) Kritisch<br />

anzumerken ist, dass manchmal nicht<br />

deutlich differenziert werden kann<br />

zwischen Satire und Realität. Sind die<br />

Statistiken, die in den Studien präsentiert<br />

werden, real oder erfunden? Zudem<br />

habe ich eine Empfehlung für<br />

künftige Forschungen parat: Welche<br />

Bedeutung spielen Widmungen in der<br />

Wissenschaft? Danksagungen reichen<br />

von den Klassikern wie der Familie bis<br />

hin zu Hunden oder Katzen. So las ich<br />

kürzlich in einer Dissertation: „Gewidmet<br />

meiner Katze Miaunzi, die erfreulicherweise als einzige<br />

nie meine Arbeit kritisierte, sich aber bedauerlicherweise<br />

auch jeglicher konstruktiver Beiträge enthielt.“<br />

Zusammenfassend: Der dritte Band der Marginalistik ist voller<br />

wissenschaftlich-inspirierender Beiträge, die zum Schmökern<br />

einladen. Ein Werk mit kurzen, meist sarkastischen Studien,<br />

das in keiner Bibliothek fehlen darf. Hervorzuheben ist<br />

zudem das handliche Format, da dies ermöglicht, es überall<br />

mit hinzunehmen (wenn man kein Freund von E-Books ist).<br />

Optimal für den diesjährigen Sommerurlaub. Für alle, die sich<br />

bei diesem Buch nicht amüsieren, kann ich nur den Schriftsteller<br />

Sigismund von Radecki zitieren: „Deutscher Humor ist,<br />

wenn man trotzdem nicht lacht.“<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 27


Interview<br />

Das Urverbrechen<br />

Michael Hesemann über den Völkermord an den<br />

Buchautor Michael Hesemann hat über den Genozid an christlichen<br />

Völkerschaften während des Ersten Weltkriegs geforscht.<br />

Der Historiker erklärt, am Ende müsse die Gerechtigkeit siegen<br />

und die Türkei zur Verantwortung gezogen werden, zu ihren<br />

Verbrechen stehen und die Konsequenzen daraus tragen. Prof. Dr.<br />

Veit Neumann (Alm) stellte Herrn Hesemann die Fragen.<br />

? Herr Hesemann, wie lässt sich der Völkermord an den Armeniern,<br />

Assyrern und Aramäern nachweisen bzw. belegen?<br />

Melancholie<br />

und<br />

Trauerflor<br />

über dem<br />

herrlichen<br />

paradiesischen<br />

Land<br />

! Die Ereignisse von 1915/16 lassen sich so gut wie jedes andere historische<br />

Ereignis der jüngeren Geschichte belegen, und zwar sowohl<br />

durch „oral history“, durch die Berichte von Augenzeugen, wie durch<br />

zeitgenössische Dokumente, die wir in den Archiven des Auswärtigen<br />

Amtes, der Briten, Franzosen und Amerikaner,<br />

aber auch im vatikanischen Geheimarchiv finden.<br />

In Letzterem habe ich geforscht und bin<br />

auf etwa 2500 Seiten gestoßen, wobei es sich<br />

um Berichte des armenisch-katholischen Klerus,<br />

Augenzeugenberichte von deutschen,<br />

österreichischen und italienischen Feldgeist -<br />

lichen und Missionspatres und die Belege<br />

für die verzweifelten Versuche der päpstlichen<br />

Diplomatie handelt, das Morden zu stoppen.<br />

Aus ihnen geht eindeutig hervor, dass es sich<br />

um eine geplante ethnisch-religiöse „Säuberung“,<br />

eine gezielte Vernichtung der christ -<br />

lichen Minderheit in der Türkei handelte, befohlen<br />

von dem protofaschistischen Regime<br />

der Jungtürken. (Fortsetzung nächste Seite )<br />

Armenische Demonstranten bewegen sich in Berlin vom<br />

Kanzleramt zum Potsdamer Platz. Anlass der Demo: das Gedenken<br />

an den Genozid vor 100 Jahren.<br />

Foto: picture alliance/Pacific Press<br />

28 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>


Interview<br />

des 20. Jahrhunderts<br />

Armeniern, Assyrern und Aramäern<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 29


Interview<br />

? Bei wem lag – historisch gesehen – die Verantwortung dafür?<br />

Wer trägt heute die Verantwortung?<br />

Literatur<br />

Aus dem Geheimarchiv<br />

des Vatikans<br />

Hesemann, Michael, Völker -<br />

mord an den Armeniern.<br />

Mit unveröffentlichten<br />

Doku men ten aus dem<br />

Geheimarchiv des Vatikans<br />

über das größte Ver bre chen<br />

des Ersten Weltkriegs,<br />

München, Herbig <strong>2015</strong>,<br />

352 Seiten, mit 33 Schwarzweiß-Fotos,<br />

25 Euro,<br />

ISBN 978-3-7766-2755-8.<br />

? Wie stehen die Ereignisse – Armenier, Assyrer und Aramäer – in<br />

Verbindung? Sind sie zusammen zu sehen?<br />

! Ja, das sind sie. Unter dem Vorwand, vermeintlich geplante Aufstände<br />

der Armenier verhindern zu wollen, wurden von den Jungtürken<br />

Vertreter sämtlicher christlicher Minderheiten in den Tod geschickt:<br />

Katholiken, Orthodoxe, Armenier, Assyrer, Aramäer … da<br />

machte man keinen Unterschied.<br />

? Welche Rolle spielen sie heute in den genannten Völkerschaften,<br />

also bei deren Nachfahren?<br />

! Eine große. Die Wunden sind noch immer offen und werden es so lange<br />

sein, bis die Täter, die Türken, endlich zu ihren Verbrechen stehen und<br />

sich bei den Nachkommen der Opfer für diese entschuldigen. Ich hatte die<br />

Gelegenheit, an den Gedenkfeiern zum 100. Jahrestag der Massenverhaftung<br />

armenischer Intellektueller in Konstantinopel, dem Auftakt zum<br />

Völkermord, in der armenischen Hauptstadt Yerevan teilzunehmen, und<br />

war tief bewegt, welche Anteilnahme diese Feierlichkeiten bei der gesamten<br />

Bevölkerung fanden. Es gab kaum einen Armenier, der an diesem Tag<br />

nicht zum Mahnmal hoch über der Hauptstadt zog, um Blumen niederzulegen<br />

und ein Gebet für die Toten zu sprechen. Nach wie vor liegt eine<br />

gewisse Melancholie, ein Trauerflor über diesem herrlichen, von der Natur<br />

so reich beschenkten, ja paradiesischen Land. „I remember and demand“<br />

lautete das Motto des 100. Jahrestages, „ich gedenke und fordere“ – zumindest<br />

eine Entschuldigung, aber auch eine gerechte Wiedergutmachung.<br />

Auf diesem Grundkonsens baut der Zu sammenhalt der armenischen Kommunität<br />

auf, die über alle Welt zerstreut lebt. Diesem großartigen Volk<br />

ist so viel Leid und so viel Ungerechtigkeit widerfahren. Und natürlich<br />

kämpfen auch Assyrer und Aramäer gegen das Vergessen, zumal ihre<br />

Nachfahren gerade in unserer Zeit wieder verfolgt und diskriminiert werden;<br />

Letzteres in der heutigen Türkei, Erstgenanntes in Syrien und im<br />

Irak, wo sich die Ereignisse des „Sayfo“ („Jahr des Schwertes“, wie<br />

die Aramäer den Völkermord nennen) gerade zu wiederholen drohen.<br />

! Natürlich lag die Hauptverantwortung bei dem jungtürkischen Regime,<br />

das den Ersten Weltkrieg als Vorwand benutzte, um mit den<br />

Christen aller Konfessionen, die es als seine „inneren Feinde“ erachtete,<br />

„aufzuräumen“, wie es Innenminister Talaat Pascha ganz offen in einem<br />

Gespräch mit dem deutschen Generalkonsul Johann Heinrich Mordtmann<br />

einräumte, dessen Protokoll sich heute in den Akten des Auswärtigen<br />

Amtes in Berlin befindet. Aber natürlich trifft das Deutsche Reich,<br />

den engsten Verbündeten des Osmanischen Reiches, eine Mitschuld.<br />

Immerhin dienten deutsche Offiziere im Generalstab der Osmanen,<br />

waren sogar an der Niederschlagung armenischer Selbstverteidigungsversuche<br />

beteiligt. Deutschen Diplomaten, die, erschüttert von den<br />

Ereignissen, deren Augenzeuge sie wurden, um diplomatische Interventionen<br />

baten, wurde von Reichskanzler Theobald von Bethmann-<br />

Hollweg eine klare Absage erteilt: „Unser einziges Ziel ist, die Türkei<br />

bis zum Ende des Krieges an unserer Seite zu halten, gleichgültig ob<br />

darüber die Armenier zu Grunde gehen oder nicht.“ Schon deshalb hat<br />

Deutschland heute die historische Verantwortung, sich für die Aufklärung<br />

der Ereignisse von 1915/16, für ihre Anerkennung als Völkermord,<br />

einzusetzen. Vor allem aber ist die Türkei, sollte sie auch weiterhin<br />

im Konzert der zivilisierten Nationen mitspielen wollen, dringend<br />

gefordert, sich zu den Verbrechen in ihrer Vergangenheit zu bekennen<br />

und sich um eine Wiedergutmachung zu bemühen.<br />

? Was waren die Konsequenzen der Massenmorde?<br />

! Am 1. Januar 1914 betrug der Anteil der Christen an der Gesamtbevölkerung<br />

des Osmanischen Reiches 19 Prozent. Heute sind nur noch<br />

0,2 Prozent der Türken christlichen Glaubens. Die Mörder haben also<br />

ihr Ziel, die Umwandlung der Türkei in einen religiös homogenen<br />

Nationalstaat, erreicht.<br />

? Wie soll heute damit umgegangen werden?<br />

! An erster Stelle tut Aufklärung not. Das heißt, alle historischen<br />

Fakten auf den Tisch zu legen und die Ereignisse von 1915/16 so<br />

sauber zu dokumentieren, dass nicht der geringste Zweifel mehr<br />

daran bestehen kann, was damals wirklich geschah. So weit sind<br />

wir in der historischen Forschung bereits. Der nächste Schritt muss<br />

sein, eine Lobby aufzubauen, die größtmögliche Anzahl an Staaten<br />

und Institutionen dazu zu bewegen, sich dieser Fakten anzunehmen<br />

und den Völkermord als solchen anzuerkennen. Je breiter die<br />

Deportationen und folgende Massaker an<br />

großen Teilen der armenischen Volksgruppe –<br />

das war der Völkermord an den Armeniern.<br />

Foto: ppicture alliance/CPA Media Co. Ltd<br />

30 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>


Wie ein erhobener Zeigefinger<br />

mahnt der 44 Meter hohe<br />

Obelisk die Besucher der<br />

Gedenkstätte in Eriwan.<br />

Foto: picture alliance/dpa<br />

Ferngeblieben:<br />

Annette Schavan,<br />

positives Beispiel:<br />

Norbert Lammert<br />

Front ist, je mehr die<br />

Türkei in die Ecke<br />

gedrängt wird, je<br />

eher wird eine neue<br />

Regierung – bei Erdogan<br />

ist wohl jede<br />

Hoffnung vergebens<br />

– einlenken müssen,<br />

um sich aus der internationalen Isolation zu befreien und nicht länger<br />

das Stigma des Völkermordleugners zu tragen. Am Ende muss<br />

ein Gipfeltreffen von Vertretern der Türkei und ihrer Schutzmacht<br />

USA einerseits und Armeniens und seiner Schutzmacht Russland<br />

andererseits sowie der anderen betroffenen Gruppierungen und der<br />

armenischen, griechischen und syrischen Kirchen stehen, auf dem<br />

das Ausmaß der Wiedergutmachung verhandelt wird. Schließlich<br />

sind nicht nur anderthalb Millionen Armenier und eine Million<br />

Aramäer, Assyrer und Griechen ermordet worden, es fand auch eine<br />

beispiellose Enteignung statt. Die Armenier müssen zumindest<br />

einen Teil ihrer Heimat, das heute türkisch besetzte Westarmenien,<br />

und eine angemessene finanzielle Entschädigung zugesprochen<br />

bekommen.<br />

? Kann ein solches Unrecht eigentlich wiedergutgemacht werden?<br />

! Diese Frage stellte sich auch beim Holocaust, und die Antwort lautet<br />

natürlich: nein. Kein Geld der Welt kann für die vielen Toten und das<br />

von einem ganzen Volk ertragene Leid entschädigen. Aber zumindest<br />

der materielle Schaden kann halbwegs ausgeglichen werden. Wobei<br />

es ja längst eine gerechte Lösung der „armenischen Frage“ gab, die<br />

auf vatikanische Initiative in Zusammenarbeit mit US-Präsident<br />

Woodrow Wilson zustande kam: Den Vertrag von Sèvres vom 10.<br />

August 1920, der zugleich auch das Kurdenproblem gelöst und den<br />

Kurden einen eigenen Staat zugebilligt hätte. Leider wurde er nach<br />

kürzester Zeit von Mustafa Kemal („Atatürk“) aufgekündigt.<br />

? Wie verhält sich die Bundesrepublik Deutschland<br />

heute dazu, wie die Parteien und die<br />

Kirchen?<br />

! Teilweise unangemessen feige. Das Land<br />

Brandenburg kuschte, als die Türkei verlangte,<br />

die Behandlung des Völkermordes an den Armeniern<br />

aus den Geschichtsbüchern für den<br />

Schulunterricht zu streichen. Und Frau Merkel erklärte, als immerhin<br />

über 156.000 Deutsche in dem von ihr initiierten „Dialog über<br />

Deutschland“ ein Gesetz gegen die Leugnung des Völkermordes<br />

von 1915/6 forderten – von allen Vorschlägen landete dieser an erster<br />

Stelle! – , das Thema ginge sie nichts an, es sei eine bilaterale An -<br />

gelegenheit zwischen Armenien und der Türkei. Das war die gleiche<br />

Frau Merkel, die immerhin die Unverfrorenheit hatte, von Papst<br />

Benedikt (Rup) eine Erklärung zum Holocaust einzufordern; wie<br />

empört wäre sie wohl gewesen, hätte der Heilige Vater damals geantwortet,<br />

das sei eine bilaterale Angelegenheit zwischen Deutschland<br />

und Israel. Aber offenbar gibt es für Frau Merkel Völkermorde<br />

erster und zweiter Klasse, solche, die man leugnen darf und solche,<br />

bei denen schon zur Rechenschaft gezogen wird, wer nichtsahnend<br />

bei einem Bischof die Exkommunikation aufhob, der sich im Nachhinein<br />

als Holocaustleugner erwies. In dieses Bild passte es, dass<br />

ausgerechnet Frau Schavan, die deutsche Botschafterin am Heiligen<br />

Stuhl, der Papstmesse fernblieb, in der Papst Franziskus des „armenischen<br />

Martyriums“ gedachte und offen vom „ersten Völkermord<br />

des 20. Jahrhunderts“ sprach. Noch unsäglicher war Außenminister<br />

Steinmeier, der in einem Interview mit dem „Spiegel“ „die Sprach -<br />

losigkeit zwischen Türken und Armeniern“ als das „eigentliche<br />

Problem“ bezeichnete, so als müssten die Armenier erst noch darum<br />

betteln, dass sich die Türkei endlich zu ihren Verbrechen bekennt.<br />

Der Täter hat doch wohl auf das Opfer zuzugehen, nicht umgekehrt!<br />

Aber es gab auch positive Beispiele wie Norbert Lammert und<br />

Bundespräsident Joachim Gauck, die offen von einem Völkermord<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 31


Interview<br />

Ob<br />

darüber<br />

die<br />

Armenier<br />

zu<br />

Grunde<br />

gehen<br />

oder<br />

nicht<br />

Eine armenische Gemeinschaft, darunter viele Kinder, vor dem Untergang während des Ersten Weltkriegs.<br />

Foto: ppicture alliance/CPA Media Co. Ltd<br />

sprachen. Auch die ganze Bundestagsdebatte am 24. April hat gezeigt,<br />

dass sich in Berlin sehr wohl etwas bewegt, wenn auch offenbar gegen<br />

den Widerstand der Kanzlerin und des Außenministers. Diese Debatte<br />

zieht sich durch alle Parteien. Die Kirchen dagegen nahmen sich des<br />

Themas angemessen an. Auch im Ersten Weltkrieg waren es ja in erster<br />

Linie engagierte Kirchenmänner wie der evangelische Pastor Johannes<br />

Lepsius, der katholische Zentrumsabgeordnete Matthias Erzberger<br />

oder der Kölner Erzbischof Felix Kardinal von Hartmann, die<br />

sich vorbildlich für die Armenier engagierten.<br />

? Welche Lehren ziehen Sie – bisher – aus dem Streit?<br />

Foto: privat<br />

Der Autor: Michael<br />

Hesemann studierte<br />

Geschichte und<br />

Kulturanthropologie<br />

an der Universität<br />

Göttingen. Er verfasste<br />

39 Bücher zu<br />

diversen Themen der<br />

Kirchengeschichte<br />

und lehrte an katholischen Hochschulen und Bildungseinrichtungen wie<br />

der Gustav-Siewerth-Akademie. Als deutscher Repräsentant der „Pave<br />

the Way“-Foundation setzt er sich für die Versöhnung von Juden und Katholiken<br />

und den interreligiösen Dialog ein. Seit 2008 recherchiert Hesemann<br />

am Vatikanischen Geheimarchiv. Dabei stieß er auf 2500 Seiten<br />

bislang unveröffentlichter Dokumente zum Genozid von 1915/16, die er<br />

<strong>2015</strong> in seinem Buch „Völkermord an den Armeniern“ (siehe S. 30) ver -<br />

öffentlichte. www.michaelhesemann.info.<br />

! Natürlich geht es um die Frage, was wichtiger ist, die Wahrheit<br />

oder die Diplomatie. Nur durch diplomatische Rücksichtnahme auf<br />

das jeweilige Regime in Konstantinopel oder Ankara war es den Türken<br />

möglich, dieses Urverbrechen des 20. Jahrhunderts nicht nur zu<br />

begehen, sondern hundert Jahre lang nahezu erfolgreich totzuschweigen.<br />

Zu welch verheerenden Folgen das geführt hat, ersehen wir daraus,<br />

dass Hitler praktisch am Vorabend seines Einmarsches in Polen<br />

seinen Generälen wie zur Legitimation der geplanten Gewalttaten erklärte:<br />

„Wer redet denn heute noch von der Vernichtung der Armenier?“<br />

Wer einen Völkermord zulässt oder ungesühnt lässt, ermutigt<br />

zum nächsten. Darum geht es hier eben nicht um die Türkei und<br />

Armenien allein. Es geht auch darum, eine Wiederholung dieser<br />

Gräueltaten zu verhindern, es geht darum, die richtigen Lehren aus<br />

der Geschichte zu ziehen. Und es geht auch um diese Lehre: Wer<br />

wegschaut, macht sich mit schuldig! Es geht um das, was Papst<br />

Franziskus so treffend als „Globalisation der Indifferenz“ anprangerte:<br />

unser kollektives Wegschauen, wenn heute wieder im Nahen<br />

Osten, in eben jenen Regionen, in denen sich die Gräueltaten von<br />

1915/16 ereignet haben, wieder Christen vertrieben und brutal ermordet<br />

werden. Es ist an der Weltgemeinschaft, die richtigen Lehren<br />

aus dem Völkermord an den Armeniern zu ziehen: 1. Wir dürfen nie<br />

mehr wegschauen, wir müssen alles tun, um Verbrechen gegen die<br />

Menschlichkeit zu verhindern, zu stoppen oder zu ahnden; 2. Jeder<br />

Staat und jede Macht soll wissen, dass die Weltgemeinschaft solche<br />

Gräueltaten nicht mehr ungesühnt lässt. Wie sich Verbrechen nicht<br />

lohnen darf, darf es ein Völkermord noch viel weniger. Das wussten<br />

die Väter des Vertrages von Sèvres, die an der Türkei ein Exempel<br />

statuieren wollten. Leider ohne Erfolg, was den Holocaust erst<br />

möglich machte. Doch am Ende muss die Gerechtigkeit siegen, muss<br />

die Türkei doch noch zur Verantwortung gezogen werden, zu ihren<br />

Verbrechen stehen und die Konsequenzen daraus tragen. Daran führt<br />

nun einmal kein Weg vorbei!<br />

32 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>


A N S I C H T S S A C H E<br />

Cartellbrüder verschiedener Berufe und Lebensalter beziehen<br />

zu selbstgewählten und zeit aktuellen Themen Stellung.<br />

In dieser Ausgabe tut dies Diakon Kurt Reinelt (Alm),<br />

Betriebsseelsorger.<br />

Gott, Gemeinschaft, soziale Aktionen<br />

Der biblische Gott hat von seiner Kreativität einiges uns Menschen als sein<br />

Abbild mitgegeben: Niedriglöhner (mehrheitlich Frauen), Betriebsräte<br />

(mehrheitlich Männer), jeder Abteilungsleiter (mehrheitlich Männer) und<br />

jeder Mensch im Mitwettbewerberbetrieb ist ein Abbild Gottes, also mit<br />

Würde versehen, Respekt und gute Umgangsformen verdienend. In der<br />

Bibel kämpfen Gott und seine Propheten gegen Sklaverei und Götzendienste<br />

(der Mammon als Götze); Jesus predigt die Nächsten- und Feindesliebe,<br />

die Barmherzigkeit und das Reich Gottes. Die bibel theologische<br />

Begründung und Ausfaltung erfolgt in der Katholischen Soziallehre (2013<br />

Enzyklika „Evangelii Gaudium“ von Papst Franziskus), in den Leitlinien der<br />

Betriebsseelsorge sowie in aktuellen Texten zur Arbeitswelt und zur Gerechtigkeit.<br />

Unser Vater-Sohn-Geist-Gott ist Gemeinschaft, und wir Menschen sind<br />

Gemeinschaft in Großfamilie, Kirche, Betrieb, Gewerkschaft, Verbindungen<br />

und Vereinen. Darin zu kooperieren fördert Kreativität und Gesundheit,<br />

Selbstkontrolle und kurze Wege – sowie Freude und Spaß. Betriebsrats -<br />

gremien und ihre Netzwerkgremien sind kleine ethische Gemeinschaften;<br />

ein ursprüngliches Konzept besteht in den „Kleinen Christlichen Gemeinschaften“<br />

und im Bibel-Teilen-in-sieben-Schritten.<br />

Gott hilft uns Menschen und ruft uns auf, Menschen in Not konkret zu helfen,<br />

besonders dem Nächsten: Betriebsräte, Gewerkschafter und ich erinnern<br />

an soziale und auch an christliche Standards, etwa in Minijobs und<br />

Kettenbefristungen, Leiharbeit und (Schein)Werkverträgen, Outsourcing-<br />

Verfahren, Insolvenzen und Massenentlassungen, in Mobbing- und Burn -<br />

out-Situationen. Direkt – und noch mehr indirekt – davon betroffene<br />

Menschen bezahlen den Preis mit ihrer Gesundheit. Für sie naheliegende<br />

oft kleine gute Taten, die gottebenbildliche Kreativität und die Würde auch<br />

der Gemeinschaften zu erkennen und zu stärken sind Aufgaben jeder<br />

Seelsorge. Hilfreich sind meine strenge Seelsorgevertraulichkeit und meine<br />

Spezialkenntnisse etwa als Volljurist, Notfallseelsorger, Therapeut und<br />

Mediator.<br />

Als Geh-hin-Seelsorger besuche ich im Betrieb Betriebsräte: Ich bin einer<br />

ihrer „Sachverständigen“ im Sinne des Betriebsverfasssungsgesetzes und<br />

unterstütze einvernehmliche Lösungen. Betriebsräte sind Ansprechpartner,<br />

Zuhörer und auch Seelsorger, die sich oft auf die Beschäftigten zu ihren<br />

Arbeitsplätzen zubewegen sollen. Auch ich bewege („migrare“) mich in<br />

die Betriebe und in ihre Netzwerke hinein: Ich absolvierte seit Anfang<br />

2010 jährlich etwa 38 Betriebsratssitzungen, 22 Betriebsversammlungen,<br />

160 weitere Betriebsbesuche und 67 Betriebsrätetreffen sowie etwa<br />

Foto: privat<br />

300 Gewerkschafts- und andere relevante Netzwerktreffen. Ich betreue in<br />

zwei Dekanaten an Ort und Stelle jährlich über 80 größere Betriebe<br />

(weitere indirekt) mit meist zwischen 200 und 1000 Mitarbeitern, einige<br />

auch darunter oder weit darüber.<br />

Die Betriebsseelsorge ist in die Diözesen eingebunden. Sie untersteht dem<br />

Diözesanbischof und meist dem Seelsorgeamt. Sie arbeitet mit Pfarreien,<br />

Spezialseelsorgern und Verbänden ökumenisch und interreligiös-tolerant<br />

zusammen. Regelmäßig beteilige ich mich in betriebsrätefreien Netzwerken,<br />

etwa Pastoralkonferenzen und Treffen zu Mobbing, Mediation und Notfallseelsorge.<br />

„Betriebsrätefrei“ besuche ich auch den Anwaltsverein Arbeitsrecht,<br />

als ehrenamtlicher Arbeitsrichter das Arbeitsgericht sowie politische<br />

Diskussionen.<br />

Als Betriebsseelsorger arbeite ich fest in vielerlei Netzwerkgemein schaften<br />

der Betriebsräte mit. Hierzu laden überwiegend die DGB-Mitgliedsge werk -<br />

schaften und themenpolitische Gremien ein. Kirchenverantwortliche gelten<br />

in diesen Netzwerken und in Betrieben viel zu oft als fachfremd und zu arbeitgebernah;<br />

hier gilt es Heilungsakzente zu setzen. Die Betriebsseelsorge<br />

ist Anbieter von Betriebsrätetreffen, Fachtagungen, Vorträgen, Arbeitnehmerwallfahrten,<br />

Kurzexerzitien und Stellungnahmen. Betriebsräte können<br />

von guten religiösen Impulsen profitieren; hierzu baucht es die Seelsorge<br />

für spirituelle Ressourcen und den geh-hin-aktiven Welt-Kirche-Dialog.<br />

Kurt Reinelt, Theologe und Volljurist, seit 2007 Betriebs -<br />

seelsorger, seit 2010 zuständig für die Dekanate Nürnberg-Süd und<br />

Roth-Schwabach. Verheiratet, drei Kinder, aktives Mitglied u.a. von<br />

ver.di und IGBCE, SPD-nahen Arbeitsgemeinschaften, der DGLE<br />

und der KAB. 1985<br />

Reception bei Alcimonia<br />

Eichstätt, Band -<br />

inhaber der Algovia<br />

Augsburg.<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 33


Orden? Es ist Zeit<br />

Der heilige Benedikt gründete das Kloster von Montecassino.<br />

Foto: imago stock&people<br />

Auf Wegen<br />

Nüchtern pflegen Ordensleute<br />

Orden? Welche Orden? Selbst ausgefuchste<br />

und eingefleischte Spezialisten<br />

des Ordensrechts, einer<br />

Disziplin innerhalb des Kirchenrechts,<br />

finden sich gelegentlich nicht leicht in<br />

dieser Materie zurecht. Wäre es zwischenzeitlich<br />

nicht schon ein Ideologicum, allerorten<br />

und allenthalten die Vielfalt als solche zu preisen<br />

– hier wäre es jedenfalls einmal angebracht,<br />

dies zu tun. Denn kaum ein Feld innerhalb<br />

der Kirche ist so mit Vielfalt gesegnet<br />

wie das der geistlichen Gemeinschaften mit<br />

Regel und evangelischen Räten oder manch<br />

anderer Variante davon. Und das ist zunächst<br />

nur der Blick auf die lateinische Kirche.<br />

Sicher ist: Die Orden, überhaupt die geistlichen<br />

Gemeinschaften, vor allem diejenigen,<br />

in denen man den Räten von Armut, Ehelosigkeit<br />

und Gehorsam folgt, gehören zur Kirche,<br />

zu ihrer Geschichte wie auch zu ihrer<br />

Zukunft. Eine katholische Kirche ohne sie<br />

wäre nicht oder nur schwer vorstellbar. Die<br />

Ordensleute sollen ja durch ihr Leben, ihren<br />

kreativen Verzicht und vor allem wiederum<br />

durch den dadurch ermöglichten vollen Einsatz<br />

die wirkliche Wirklichkeit, eben Gottes<br />

Wirklichkeit präsent machen oder doch wenigstens<br />

ein wirksames Zeichen sein, dass es<br />

mehr gibt als das bürgerliche Sichirgendwiedurchwursteln<br />

und Herumhecheln, worüber<br />

man oft genug Gott selbst und sein Heil vergisst;<br />

hin und her geworfen von ungeordneten<br />

Anhänglichkeiten und Verdrängungsmechanismen,<br />

die einen oft genug präzise am<br />

Eigentlichen des eigenen Daseins vorbeischrammen<br />

lassen. Dass uns das nicht so<br />

schnell passiert, dafür gibt es die Ordensleute<br />

mit ihrer „gefährlichen Erinnerung“. Sie<br />

sind Teil der Kirche, manchmal extrem intensiv<br />

in ihrem Herzen, manchmal am Rande<br />

der Kirche, wenn es denn überhaupt einen<br />

solchen „kirchlichen Rand“ gibt.<br />

Es ist allerdings mehr als allein eine anthropologische<br />

Frage, wie sie denn nun eigentlich<br />

sind, unsere Ordensmänner und Ordensfrauen.<br />

Manche wirken etwas zu streng, manche etwas<br />

zu locker. Das Mittelmaß ist das Ideal, das<br />

immerhin verwirklicht wird, wenn auch nicht<br />

allzu oft. Stehen allerdings mehrere Ordensleute<br />

zusammen, zumal mit einigen Laien,<br />

wird erfahrungsgemäß schnell und viel gekichert<br />

– als wären die Religiosen von der Last<br />

ihrer Lebensform für kurze Zeit befreit. Als<br />

große ordensweise organisierte Gemeinschaft<br />

jedenfalls waren sie oft genug ein kritisches<br />

Korrektiv der katholischen Kirche, während<br />

dieser kirchliche Tanker, quasi manövrierunfähig,<br />

auf dem Ozean umhertreibt, wenn er<br />

nicht überhaupt auf hoher See mangels<br />

Treibstoff unbeweglich verharrt, zumal bei<br />

Flaute. Doch, sie bewegt sich, wobei die Gemeinschaften<br />

und ihre Gott suchenden Glieder<br />

der Kirche viel Segen beschert haben.<br />

Nicht immer durfte der Ausgleich von nüchterner<br />

Trunkenheit und trunkener Nüchternheit<br />

im geistlichen Inneren der Gemeinschaften<br />

als gelungen gelten. Ob die echten<br />

(manchmal auch vermeintlichen) Gottsucher<br />

unruhigen Herzens stets ein wenig zu sehr<br />

die Neigung haben, sich abenteuerlich irrlichternd<br />

auf den Feldern von Abweichung<br />

und Häresie zu tummeln, wird schwierig<br />

festzustellen sein. Gegeben hat es das auf alle<br />

Fälle. Dennoch sind die Benediktiner, vor<br />

allem die Dominikaner, auch die Franziskaner<br />

und noch viele andere Orden insgesamt<br />

eine wertvolle Ressource für unsere Catholica<br />

gewesen, auch wenn die wilden Zeiten im<br />

Nachgang zum Zweiten Vatikanischen Konzil<br />

manche Gemeinschaften an den Rand des<br />

Abgrunds brachten. Ob sie tatsächlich<br />

Schätze der Kirche sind, ist in der jeweiligen<br />

Gegenwart wohl am schwierigsten zu bestimmen.<br />

Nehmen wir an, sie sind es. Hoffen<br />

34 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>


Orden? Es ist Zeit<br />

der großen Sehnsucht<br />

die Anfangsbegeisterung ihrer großen Liebe<br />

Foto: picture alliance/United Archives/DEA<br />

wir es ebenfalls für die Zukunft. Dabei sind<br />

die unendlichen Einsätze hunderttausender<br />

Ordensfrauen vor allem, die aus der Kraft<br />

des Glaubens heraus ihr Leben der konkreten<br />

Hilfe für Menschen widmeten und widmen,<br />

noch nicht einmal in den Blick genommen,<br />

wie es sie schwerpunktmäßig seit dem 19.<br />

Jahrhundert nach dem Ende der Reichskirche<br />

gegeben hat und weltweit gibt bis heute.<br />

Allerdings haben wir in Deutschland das<br />

große Ordens(leute)sterben, numerisch betrachtet,<br />

in den vergangenen Jahrzehnten bereits<br />

hinter uns gebracht.<br />

Ein Gradmesser der geistlichen Wirksamkeit<br />

der Orden und ihrer Mitglieder sollte sein,<br />

wie stark sie vereinsamte Menschen in den<br />

beziehungsmäßig experimentellen Großstädten<br />

unserer Wohlstandsgesellschaften<br />

wenigstens im Stillen anziehen; heranwachsende<br />

junge Menschen, die sich entweder in<br />

den Workoholismus oder in den Wahnsinn<br />

dauernd sich brechender zwischenmenschlicher<br />

Verhältnisse – oder in beides – flüchten.<br />

Dass die Ordensgemeinschaften in der Kirchengeschichte<br />

mehr als nur Kraft bewiesen<br />

haben, gefährdete, aber potentialgeladene<br />

Menschen zu prägen, ob sie nun eintraten<br />

oder nicht, das steht fest. Unsere Ordensleute<br />

haben in zahlreichen Jahrhunderten Weltgeschichte<br />

und in ganz erheblichem Umfang<br />

auch weltweit die Forschungs- und Geistesgeschichte<br />

geprägt:<br />

in Landwirtschaft,<br />

Naturbetrachtung<br />

Auf jedem<br />

Dachziegel<br />

sitzt ein<br />

Teufelchen<br />

und Naturwissenschaft,<br />

Kunst, Philosophie<br />

und Theologie,<br />

um nur einige<br />

ganz große Felder zu<br />

nennen.<br />

Wie und was aber<br />

waren und sind denn die Patres, Fratres und<br />

Sorores? Schwerenöter und irenische Menschenkenner,<br />

Errichter kühner Gedankengebäude,<br />

streitende Soldaten und Streitschlichter,<br />

Ankläger und Pfleger, Glaubenseiferer<br />

und ebenso Glaubenszweifler (gelegentlich<br />

auch beides in einem), Mystiker, Sprachpräger<br />

und geniale Pädagogen, Weltverbesserer<br />

und Christusnachfolger, Aussteiger (aus der<br />

Kirche) und Konvertiten, Künstler und Psychiater,<br />

Poeten und Astronomen, Beichthörer,<br />

Baumeister und politische Berater, demütige<br />

Pförtner und naturliebende Gärtner,<br />

auch ein unruhiger Reformator fand sich in<br />

dieser Gesellschaft – man wäre geneigt zu<br />

sagen, es gäbe in diesem Bereich niemanden,<br />

den es nicht schon gegeben haben würde<br />

oder gibt; leider auch Kasper und Wichtigtuer,<br />

oft genug hilflos, dem Trunke verfallen<br />

und gelegentlich durchaus auch dem blanken<br />

Irrwitz. Ob man ein Oberer solch wimmelnder<br />

Zusammenschlüsse, einerseits in geronnenen<br />

Traditionen, andererseits stets auf der<br />

Suche nach Zukunft und Leben, möchte<br />

sein? Nicht unbedingt.<br />

Die anthropologischen Grundkonstanten,<br />

um theologisch zu sprechen: die Wurzelsünden<br />

schlagen voll durch auch und gerade in<br />

Klöstern, Gemeinschaften und Konventen.<br />

Die Rede ist von Neid, Faulheit und Überheblichkeit,<br />

um nur einige zu nennen. An wem<br />

sollte sich der Religiose abarbeiten, wenn<br />

nicht am Mitbruder nebenan? Ich erinnere<br />

mich an einen kleinen unscheinbaren Bene-<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 35


Orden? Es ist Zeit<br />

zu Mal fragen: „Herr, zu wem sollen wir gehen,<br />

wenn nicht zu dir?“<br />

Im Zisterzienserkloster Maulbronn.<br />

Der Mont Saint-Michel in der französischen<br />

Normandie. Der Berg und seine Bucht gehören<br />

seit 1979 zum Unesco-Weltkulturerbe. Im<br />

Kloster lebten und arbeiteten bis in die 1960er<br />

Jahre Benediktiner. Seit 2001 leben dort<br />

Mitglieder der Gemeinschaften von Jerusalem.<br />

Foto: picture alliance/dpa<br />

Reste: Zisterzienserinnenkloster Marienthron.<br />

diktiner in St. Ottilien, der tagein tagaus den<br />

Kreuzgang fegte, dabei vor sich hin kicherte<br />

mit den Worten, auf jedem Dachziegel säße<br />

ein Teufelchen… Zwischen Aufschwung<br />

und Niedergang, und das ist wohl eine der<br />

verblüffenden Gemeinsamkeiten, befanden<br />

sie sich alle, die Gemeinschaften, die einst so<br />

stolz erblühten, um dann zum Beispiel ab 1789<br />

im Sturm der Großen Französischen Staatsumwälzung<br />

niedergerissen zu werden. Wie<br />

oft blieb von erhebenden und himmelwärts<br />

strebenden Abteien kein Stein auf dem anderen!<br />

Wie oft blieb von den herrlichsten Bauten<br />

nach politischen Orkanen kaum mehr als<br />

eine Wiese auf dem Land und ein paar benachbarte<br />

Steinhaufen? Allerdings kamen<br />

die stärksten Stürme und Zusammenbrüche,<br />

so erscheint es mir immer deutlicher, aus<br />

dem Inneren der Gemeinschaften. Die quasi<br />

zyklisch wiederkehrenden Reformen, Ausgründungen<br />

oder gar Abspaltungen selbst<br />

von großen Orden lassen darauf schließen.<br />

Und wie viele als junge Menschen stolz<br />

Eingekleidete sind nicht ebenso gescheitert,<br />

wenn auch auf persönlicher Ebe -<br />

ne? Womöglich mehr als die Zahl derer,<br />

die geblieben sind… Gut und gern soll<br />

sich der Monast also lieber von Mal<br />

Foto: picture alliance/dpa-Zentralbild<br />

Und doch treibt sie alle zusammen letztlich nur<br />

das eine, der Weg der großen Sehnsucht. Diese<br />

Passion ließ die Standhaften und Bleiber<br />

(im Gegensatz zu den Aussteigern und Abbrechern,<br />

die sich aufgrund von Herzensleere<br />

und Enttäuschung anderen Menschen zuwandten)<br />

häufig zu Blutzeugen werden, die in<br />

schrecklicher Marter und Folter dem höchsten<br />

und erhabensten Herren folgten. Das Martyrium<br />

soll man nicht suchen, die Zelle möge man<br />

nicht fliehen. Wozu auch? Eheleute selbst<br />

mögen den Stand bilden, der, wie es einmal<br />

humoristisch, aber nicht ohne einen Anflug von<br />

Hintersinn hieß, die meisten Märtyrer hervorbringt.<br />

Der Kranz der Kirche aber, ihr Flor ist<br />

ihr Ordensleben. Wie unter dem Brennglas lebt<br />

sich hier das Leben vor Gott und häufig genug<br />

auch in Gott selbst, wenn auch der genannte<br />

Flor phasenweise mehr an Trauer- denn an<br />

Freudenflor erinnert. Schließlich ist das gesamte<br />

Ordenswesen – wenigstens seine ernsten<br />

und aufrichtigen Teile, nicht die liederlichen –<br />

wie ein Stück vergrößerte Kirche, die hineinragt<br />

in die Eschatologie. Was für eine Berufung!<br />

Wie schön, dürfen wir als Cartellbrüder sa -<br />

gen, dass es auch viele Ordensleute in<br />

unseren Verbindungen gibt! Sie hauptsächlich<br />

sollen auf den folgenden Seiten zu Wort<br />

kommen. Weniger überschwenglich schreiben<br />

sie übrigens, als die hier vorangegangenen<br />

Zeilen es sind. Offenbar ha ben sie es in<br />

Jahren gelernt, ihre An fangs be geis te rung zu<br />

hüten: wie eine zärtliche Lie be, die der<br />

Nüchternheit be darf. Veit Neu mann (Alm)<br />

Foto: imago/Westend61


Liebhaber<br />

des Ortes<br />

Benediktiner beten, arbeiten, lesen<br />

und bleiben – bei Gott<br />

von Cbr Dr. Nikodemus C. Schnabel OSB (Ad)<br />

Nein, ich bin kein Ordensmann, da<br />

ich keinem richtigen Orden angehöre,<br />

sondern ich bin Mönch! Mein<br />

Orden ist mein Kloster. Mein Kloster<br />

ist mit den anderen Benediktinerklöstern<br />

auf der ganzen Welt zu einer Konföderation<br />

zusammengeschlossen. An dessen Spitze<br />

steht der Abtprimas, dessen Rolle aber eher<br />

der des deutschen Bundespräsidenten gleicht<br />

und überhaupt nicht der des Generalministers<br />

der Franziskaner oder des Jesuitengenerals.<br />

Diese Orden der katholischen Kirche<br />

sind aber auch jüngere Phänomene der Kirchengeschichte,<br />

die ihren Ursprung erst im<br />

zweiten nachchristlichen Jahrtausend haben,<br />

während wir Benediktiner noch aus der<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 37


Orden? Es ist Zeit<br />

Die Liturgie am Palmsonntag in der Dormitio-<br />

Abtei stellt an Ort und Stelle den umjubelten<br />

Einzug Jesu Christi in Jerusalem dar.<br />

Im rechten Bild ist rechts zu sehen, wie Cbr P.<br />

Dr. Nikodemus C. Schnabel (Ad)<br />

das Evangelium verkündet.<br />

christlichen Spätantike stammen, von der<br />

Schwelle zur Epoche des Frühmittelalters,<br />

und zwar aus der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts.<br />

Unser Ordensgründer, der heilige<br />

Benedikt von Nursia, darf wohl mit Fug und<br />

Recht als der erste echte Europäer bezeichnet<br />

werden. Und Europa wäre durch die Epochen<br />

seiner Geschichte nicht das, was es war<br />

und was es heute ist, wenn wir Mönche ihm<br />

nicht unseren Stempel aufgeprägt hätten.<br />

Papst Paul VI. hat daher auch nicht ohne<br />

Grund den heiligen Benedikt zum Schutzpatron<br />

Europas erhoben.<br />

Der Lebensstil eines Mönches ist relativ<br />

schnell erklärt. Wir Benediktiner gehören zu<br />

der in Gemeinschaft lebenden Art von Mönchen,<br />

den so genannten Koinobiten. Benedikt<br />

selbst charakterisiert diese Art zu Beginn<br />

seiner berühmten Regel in knappen<br />

treffenden Worten wie folgt: „Sie leben in einer<br />

klösterlichen Gemeinschaft und dienen<br />

unter Regel und Abt“ (Regula Benedicti RB<br />

1,2). Neben den Koinobiten kennt Benedikt<br />

auch die so genannten Anachoreten, die als<br />

Einsiedler leben. Diese Lebensform als<br />

„Einzelkämpfer“ ist jedoch ausschließlich<br />

etwas für erfahrenere Mönche, die sich im<br />

Gemeinschaftsleben bewährt haben und ausreichend<br />

für diese Lebensform geschult wurden<br />

(vgl. RB 1,3-5). Einer unserer älteren<br />

Brüder in Jerusalem lebt tatsächlich seit ein<br />

paar Jahren als Anachoret. Diese Lebensform<br />

bleibt aber der Ausnahmefall.<br />

Die eben definierte Lebensform der Koinobiten<br />

kann man mit etwas mehr Leben füllen,<br />

wenn man in der Regel unseres Ordensvaters<br />

weiterliest. Dort wird nämlich eine Motivationsprüfung<br />

von Neuinteressierten vorgeschrieben.<br />

Dort heißt es so schön: „Man achte<br />

darauf, ob der Novize wirklich Gott sucht“<br />

(RB 58,7a). Ein Benediktinermönch muss<br />

also ein Gottsucher sein! Ob diese Gottsuche<br />

authentisch ist, kann der Novizenmeister unter<br />

anderem daran festmachen, „ob er [der<br />

Novize] Eifer hat für den Gottesdienst, ob er<br />

willig ist zu gehorchen und ob er bereit ist,<br />

niedrige Arbeiten zu tun“ (RB 58,7b). In<br />

heutiger Sprache ausgedrückt, könnte man<br />

vielleicht sagen, dass ein Benediktiner einer<br />

ist, der ernsthaft um und mit seiner Gottesbeziehung<br />

ringt und dabei eine geduldige<br />

Ausdauer und gesunde Frustrationstoleranz<br />

an den Tag legt. Dies ist übrigens auch der<br />

entscheidende Grund dafür, dass ein<br />

Mönchsleben alles andere als langweilig ist,<br />

da der äußere Rahmen des stark rhythmisierten<br />

Lebens von Gebet, Arbeit und Lesung<br />

(„ora et labora et lege“) unterfüttert und<br />

getragen ist von einer leidenschaftlichen<br />

Gottsuche.<br />

38 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>


Orden? Es ist Zeit<br />

Fotos: privat<br />

Interessant ist für viele wohl auch, dass wir<br />

Benediktiner bis heute nicht die Gelübde<br />

„Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam“ ablegen,<br />

sondern „Beständigkeit, klösterlichen<br />

Lebenswandel und Gehorsam“ (RB 58,17).<br />

Selbstverständlich beinhaltet die „conversatio<br />

morum“, der „klösterliche Lebenswandel“,<br />

auch eine Verpflichtung zu einem Leben<br />

in Armut und Ehelosigkeit, so dass sich<br />

da für uns keine Schlupfwinkel auftun. Gerade<br />

das Gelübde der „stabilitas“, der „Beständigkeit“<br />

unterscheidet uns wohl am radikalsten<br />

von allen anderen „Orden“ der<br />

katholischen Kirche. Anders ausgedrückt:<br />

Als Benediktiner braucht man immer eine<br />

doppelte Berufung, nämlich einerseits die<br />

Berufung zu einem Leben der Gottsuche in<br />

Gebet, Arbeit und Lesung nach den Maßgaben<br />

der Benediktsregel und des Abtes und<br />

andererseits die Berufung zu einem ganz bestimmten<br />

Kloster, an einem ganz konkreten<br />

Ort mit einer ganz konkreten Gemeinschaft.<br />

Benediktiner kann man nie abstrakt sein,<br />

sondern man wird es erst durch eine Bindung<br />

an eine klösterliche Gemeinschaft an Ort und<br />

Stelle. Das ist die große Herausforderung,<br />

aber auch Chance, für jedes Leben als<br />

Mönch: Das jahrzehntelange Aushalten und<br />

Bleiben in einem bestimmten Kloster mit<br />

den Brüdern, die Gott auch dorthin gerufen<br />

hat. Wir sind die mit dem langen Atem. Da<br />

wir langfristig denken, haben wir oft große<br />

Bibliotheken, Museen, Schulen, Universitäten,<br />

aber auch große handwerkliche Betriebe<br />

und Landwirtschaft, da wir „Liebhaber des<br />

Ortes“ sind. Wir engagieren uns mit Leidenschaft<br />

für den Ort und für die Region, da die<br />

Ortswahl für uns eine ebenso kostbare Berufug<br />

ist, wie der „way of life“ der Gottsuche<br />

unter Regel und Abt.<br />

Dies ist übrigens aus ein wichtiger Grund dafür,<br />

dass es „den Benediktiner“ nicht gibt.<br />

Verschiedene Orte erfordern ganz unterschiedliche<br />

Berufungen! Leben in Frankreich<br />

zum Beispiel viele Klöster ein Leben der<br />

Gottsuche mit einer stark monastisch-kontemplativen<br />

Ausrichtung, mit großem Gebets -<br />

pensum, wissenschaftlicher Forschung und<br />

Foto: privat<br />

handwerklicher Tätigkeit, so findet man in<br />

Österreich oft eine stärkere monastisch-pastorale<br />

Schwerpunktsetzung mit großem<br />

Seelsorgeengagement in den Pfarren, die den<br />

Klöstern anvertraut sind. In Asien dominiert<br />

wiederum ein eher monastisch-missionarischer<br />

Stil. Alles diese Stile sind jedoch gut<br />

„monastisch“, also „mönchisch“. Die jeweiligen<br />

Ortserfordernisse gehören eben fundamental<br />

zu einem benediktinischen Leben. So<br />

ist es eben auch gut benediktinisch, dass wir<br />

Jerusalemer Benediktiner stark im innerchristlich-ökumenischen<br />

Dialog und im interreligiösen<br />

Dialog engagiert sind und dass<br />

wir viel Zeit und Energie in die Pilgerseelsorge<br />

investieren: Das ist eben unsere Berufung<br />

und wesentlicher Teil unserer Gottsuche<br />

am Geburtsort des Christentums!<br />

Der Autor: Cbr P. Dr. Nikodemus Claudius Schnabel OSB (Ad), geboren 1978<br />

in Stuttgart, Studien der Theologie in Fulda, München, Münster, Jerusalem und<br />

Wien. 2003 trat er in die internationale deutschsprachige Benediktinerabtei<br />

Dormitio Beatae Mariae Virginis auf dem Berg Zion in Jerusalem ein. 2009 wurde<br />

er dort zum Diakon und 2013 zum Priester geweiht. Unter anderem leitet er<br />

seit 2011 das ostkirchenkundlich ausgerichtete Jerusalemer Institut der Görres-<br />

Gesellschaft, ist Seelsorger für alle deutschsprachigen Katholiken in Israel und Palästina und Pressesprecher<br />

seines Klosters. Seit 1998 ist er Mitglied der KDStV Adolphiana Fulda und seit 2002 der KDStV<br />

Vindelicia München. Kürzlich wurde er mit einer liturgiewissenschaftlichen Arbeit in Wien promoviert.<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 39


Orden? Es ist Zeit<br />

Der heilige Dominikus, Gründer der Domini -<br />

kaner, vor dem Kreuz Christi im Gebet. El Greco<br />

hat das Gemälde um 1600 angefertigt.<br />

Mit Gott<br />

oder über Gott<br />

sprechen<br />

Vor 800 Jahren gründete<br />

der heilige Dominikus<br />

den Predigerorden<br />

Foto: picture alliance/akg-images<br />

40 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>


Orden? Es ist Zeit<br />

von Cbr Dr. Wolfgang Hariolf Spindler OP (F-Rt)<br />

Im Jahr 2016 wird der Predigerorden<br />

(lateinisch Ordo Fratrum Praedicatorum,<br />

Kürzel: OP) 800 Jahre alt. Eigenart, Geschichte<br />

und Gegenwart dieses klerikalen<br />

Instituts päpstlichen Rechts auf ein<br />

paar Seiten abhandeln zu wollen ist un -<br />

möglich. Ich umgehe das Problem, indem<br />

ich den Schwerpunkt auf die Gründungs -<br />

geschichte lege und dabei ein „Profil“ her -<br />

auszuschälen versuche, von dem ich glaube,<br />

daß es durch die Jahrhunderte erhalten geblieben<br />

ist (I). Während sich der Orden noch<br />

im Mittelalter festigte und in der Neuzeit<br />

weltweit entfaltete (II), steht er heute an -<br />

gesichts der demographischen und ekklesiologischen<br />

Umbrüche vor neuen Herausforderungen<br />

(III).<br />

I.<br />

DIE ANFÄNGE<br />

Der Predigerorden ist maßgeblich das Werk<br />

des heiligen Dominikus. Dieser wird kurz<br />

nach 1170 im altkastilischen Flecken Caleruega<br />

geboren. Nach dem Studium in Palencia<br />

wird er in das Domkapitel von Osma aufgenommen.<br />

Die Kanoniker bemühen sich<br />

um eine Reform im Geiste des heiligen Augustinus.<br />

Neben dessen Regel wird Dominikus<br />

drei Elemente dieser Lebensweise, geziemender<br />

Gottesdienst (Chorgebet und<br />

tägliche Eucharistie), persönliches Gebet<br />

und Studium, in seinen Orden übernehmen.<br />

Ein weiteres Charakteristikum des Predigerordens,<br />

theologisch qualifizierte Seelsorge<br />

und Predigt, geht auf Erfahrungen zurück,<br />

die Dominikus auf zwei diplomatischen Reisen<br />

sammelt. In Südfrankreich begegnet er<br />

den Irrlehren der Katharer (wohl von griechisch<br />

katharoi, die Reinen) und der Waldenser<br />

(nach Petrus Valdes, † um 1206). Er -<br />

stere trennen den guten Gott von dem des<br />

Schöpfergottes und verteufeln folglich alles<br />

Materielle und Vergängliche, mithin Ehe, Sexualität,<br />

Familie; letztere ziehen in freiwilliger<br />

Armut als selbstermächtigte Laienprediger<br />

umher und weisen kirchliche Autorität<br />

und Teile der überlieferten Lehre, etwa über<br />

die „letzten Dinge“, scharf zurück. Dominikus<br />

erkennt, daß christliche Verkündigung<br />

wesentlich auf Glaubwürdigkeit beruht. Man<br />

muß das Evangelium in seinem radikalen<br />

Anspruch – berechtigtes Anliegen der „Abweichler“<br />

– ernstnehmen. Konkret: leben<br />

„wie die Ketzer“, predigend, ohne festen<br />

Wohnsitz, in evangelischer Armut, aber als<br />

rechtgläubige Christen.<br />

Dominikus’ Plan, zu diesem Zweck eine Art<br />

professioneller Einsatzgruppe zu bilden, hätte<br />

sich früher verwirklichen lassen, wenn<br />

nicht 1208 der päpstliche Legat Pierre de<br />

Castelnau von einem Katharer ermordet<br />

worden wäre. So aber rief der Papst einen<br />

Kreuzzug gegen die auch Albigenser genannten<br />

Häretiker aus. Der Einsatz militärischer<br />

Mittel zur Durchsetzung des Glaubens<br />

erscheint aus heutiger Sicht widersprüchlich.<br />

Das Prinzip des Salus animarum (Seelenheil)<br />

reichte jedoch zur Rechtfertigung.<br />

Auch politische Motive spielten hinein.<br />

Dominikus selbst war am Albigenserkrieg<br />

der Jahre 1209 bis 1229 nicht beteiligt. Er<br />

wurde einstweilen Pfarrer in der Kleinstadt<br />

Fanjeaux bei Carcassonne. Ganz in der Nähe,<br />

in Prouille, hatte er 1206 ein Kloster für<br />

bekehrte Katharerinnen gegründet. Es besteht<br />

bis heute.<br />

Auf das Gebet der Nonnen baut Dominikus,<br />

als er im April 1215 in Toulouse eine feste<br />

Gemeinschaft gründet. Im Sommer wird<br />

sie von Bischof Fulko bestätigt. In dem<br />

Schreiben werden Dominikus und seine<br />

Gefährten als „Predigende in unserem Bi -<br />

stum“ bezeichnet, deren Vorsatz es sei, „in<br />

evangelischer Armut zu Fuß als Religiosen<br />

umherzuwandern und das Wort der<br />

evangelischen Wahrheit zu verkünden“. Was<br />

nach Amtssprache klingt, ist in Wirklichkeit<br />

eine Revolution. Erstmals in der Kirchengeschichte<br />

wird einer Klerikergemeinschaft<br />

gestattet, selbständig das Predigtamt<br />

auszuüben. Bisher ist es ein Privileg der<br />

Bischöfe (und der von ihnen ermächtigten<br />

Priester) gewesen. Nun wird die Predigt<br />

einer Gruppe von Religiosen aufgetragen,<br />

die noch dazu die Lebensweise von Häretikern<br />

übernehmen, ohne mönchische Sta -<br />

bilität.<br />

Dominikus holt noch im selben Jahr die<br />

(mündliche) Bestätigung durch Papst Innozenz<br />

III. ein. Der verlangt aber entsprechend<br />

dem Beschluß des 4. Laterankonzils (1215)<br />

die Annahme einer bewährten Ordensregel.<br />

Dominikus wählt die „elastische“ des Augustinus.<br />

Ergänzt wird diese durch die Consuetudines<br />

(Gewohnheiten) der Prämonstratenser<br />

– bei aller Mobilität ein Votum für<br />

monastische Strenge und Reformeifer. Fortan<br />

würde die Aufgabe darin bestehen, eine<br />

Synthese zwischen dem geregelten apostolisch-brüderlichen<br />

Gemeinschaftsleben nach<br />

dem Vorbild von Apg 2 und 4 (Vita apostolica)<br />

und der apostolischen Armut und Wanderpredigt<br />

gemäß Mt 9 und 10 (Regula apostolorum)<br />

zu schaffen. (Fortsetzung nächste Seite )<br />

Der heilige Thomas von Aquin, einer der größten<br />

Theologen, wenn nicht der größte überhaupt.<br />

Bartolomé de Las Casas lehrt in Lateinamerika.<br />

Er setzte sich für die Rechte der Indios ein.<br />

Dr. Robert Mehlhart (Baj) ist Kirchenmusiker an<br />

der Theatinerkirche in München.<br />

Foto: picture alliance/akg-images<br />

Foto: picture alliance / Sueddeutsche Zeitung Photo Foto: picture alliance/Isadora/Leemage<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 41


Orden? Es ist Zeit<br />

Simon Tugwell, Der heilige Dominikus,<br />

Ed. du Signe, Straßburg 1997<br />

lesenswert<br />

Paul D. Hellmeier, Dominikus begegnen,<br />

St. Ulrich Verlag, Augsburg 2007<br />

Ulrich Horst, Zur Geschichte<br />

des Dominikanerordens,<br />

siehe http://www.dominikaner.de/themen.php<br />

Hans Conrad Zander, Kurzgefasste<br />

Verteidigung der Heiligen Inquisition, Random<br />

House, Gütersloh 2007<br />

Ders., „Dummheit ist Sünde“. Thomas von<br />

Aquin im Interview, Patmos Verlag,<br />

Düsseldorf 2009<br />

Provinz Teutonia:<br />

www.dominikaner.de<br />

Süddeutsch-Österreichische Provinz:<br />

http://www.dominikaner.org<br />

Kontakt<br />

Als Papst Innozenz III. im Juli 1216 stirbt, ist<br />

Dominikus klar, daß er auch dessen Nachfolger,<br />

Honorius III., von seinem Predigtunternehmen<br />

überzeugen muß. Wir sehen ihn<br />

von da an mehrmals zu Fuß über die Alpen<br />

ziehen und in Rom eine Vielzahl von Bullen<br />

erwirken, die dem Orden Rechtssicherheit<br />

geben und Privilegien einräumen. Die päpstliche<br />

Bestätigung erfolgt am 22. Dezember<br />

1216. Den Durchbruch erzielt die Bulle vom<br />

21. Januar 1217. In ihr wird das päpstliche<br />

Mandat auf die ganze Christianitas ausgeweitet.<br />

Vor allem aber werden die Brüder<br />

nicht mehr nur als „Predigende“, sondern als<br />

„Prediger“ bezeichnet. Der Papst befiehlt (!)<br />

ihnen, „zum Nachlaß der Sünden“ zu pre -<br />

digen. Nicht der Stand des Religiosen verheißt<br />

Sühne und ewigen Lohn, vielmehr erst<br />

die Erfüllung eines spezifischen Auftrags,<br />

von dem her sich die neue Gemeinschaft<br />

definiert.<br />

„Aufgehäuftes Korn verdirbt, aber wenn<br />

man es aussät, wird es fruchtbar.“ Im August<br />

1217 sendet Dominikus mit dieser Begründung<br />

den größeren Teil der Brüder aus. Mit<br />

Paris und Bologna sind vor allem Zentren<br />

des intellektuellen Lebens angepeilt. Predigt<br />

und Wissenschaft sollen in eins fallen. Scharen<br />

von Professoren und Studenten schließen<br />

sich der jungen Bewegung an, darunter der<br />

renommierte Kanonist Reginald von Orléans<br />

(† 1220). Zum Prior in Bologna gewählt, bewegt<br />

er durch Beredsamkeit und Lebensführung<br />

zahllose Gebildete zum Eintritt; ebenso,<br />

als er nach Paris wechselt. Jordan von<br />

Sachsen († 1237), ab 1222 Nachfolger des<br />

Dominikus als Ordensmeister, vor seinem<br />

Eintritt (1220) glänzender Linguist und Baccalaureus<br />

an der Universität, ist einer von ihnen.<br />

Der tut es Reginald gleich. In seiner<br />

fünfzehnjährigen Amtszeit nimmt Jordan unzählige<br />

Novizen auf und gründet mehr als<br />

300 Konvente in Europa, Afrika und Asien.<br />

Sein größter „Fang“ gelingt ihm mit Albert<br />

von Lauingen († 1280), schon zu Lebzeiten<br />

„der Große“ genannt, der dann als Wegbereiter<br />

der Aristoteles-Rezeption, Kirchen -<br />

lehrer und Lehrer von Thomas von Aquin<br />

(† 1274) in die Geschichte eingegangen ist.<br />

II.<br />

THEOLOGISCHE<br />

KONSOLIDIERUNG<br />

IM MITTELALTER<br />

Bis zum Jahr 1277 sind 405 Konvente entstanden,<br />

1309 gibt es bereits 590. Es scheint,<br />

als wiederhole sich die Apostelgeschichte.<br />

Die „Ältesten Satzungen“ von 1220 lösen<br />

den Spagat zwischen Wanderpredigt und<br />

Klosterobservanz durch ein System von Dispensen.<br />

Noch heute gilt: Wer einem Predigtauftrag<br />

nachkommt, ist von anderen Verpflichtungen<br />

befreit. Anders als etwa ein<br />

Benediktiner muß ein Dominikaner nicht<br />

„alles stehen und liegen lassen“, wenn die<br />

Glocke zum Gebet läutet. Die Dispens soll<br />

die Balance zwischen actio und contemplatio<br />

wahren. Die Novizen sind gehalten, „bei<br />

Tag und Nacht, zu Hause und auf Reisen<br />

ständig etwas zu lesen oder zu überdenken“.<br />

Bis heute wird man kaum einen Dominikaner<br />

antreffen, der nicht gerade ein Buch liest.<br />

Auch der Wahlspruch des am 6. August 1221<br />

gestorbenen und 1234 heiliggesprochenen<br />

Dominikus, (stets) „mit Gott oder von Gott<br />

sprechen“, findet sich in dem Regelwerk.<br />

Die Grundstruktur dieses „Ordens der religiösen<br />

Intelligenz“ (H. C. Zander) liegt seitdem<br />

fest. Dazu gehört ein ausgeklügeltes, im wesentlichen<br />

bis heute geltendes Prioren- und<br />

Wahlsystem. Obere werden nur auf Zeit gewählt.<br />

Für die Entlastung des Gewissens und<br />

die innere Freiheit eines Dominikaners ist,<br />

neben der Dispens, von großer Bedeutung,<br />

daß ihn die Ordensgesetze „non sub peccato,<br />

sed poena – nicht unter Sünde, sondern (nur)<br />

unter Strafe“ binden. All dies wurde in den<br />

Jahrzehnten nach Dominikus theologisch<br />

weiter reflektiert, untermauert, verfeinert.<br />

Die theologische Festlegung des Ordens ist<br />

eng mit dem Namen seines wohl bedeutendsten<br />

Mitglieds, Thomas von Aquin, verbunden.<br />

Nicht nur hat seine Theologie im wahrsten<br />

Sinne Schule gemacht und bis in die<br />

zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts hinein sowohl<br />

den Orden als auch die Lehre der Kirche<br />

insgesamt bestimmt. Dem heiligen Thomas<br />

ist auch zu verdanken, daß der Orden<br />

seinen zunächst auf die kirchliche Praxis zielenden<br />

Verkündigungsdienst schon bald als<br />

allgemeinen philosophisch-theologischen<br />

Lehrauftrag verstand. Diese Umorientierung<br />

von der Kirchen- zur Lehrkanzel hat in Paris<br />

seinen Ausgang genommen, wo Thomas ab<br />

1252 an der Universität lehrt. Im „Mendikantenstreit“<br />

verteidigt er das Recht von Bettelordensangehörigen,<br />

akademisch zu lehren,<br />

so überzeugend, daß sich der Konflikt<br />

Das Dominikanerkloster Santa Maria da Vitoria<br />

von Batalha in Portugal.<br />

Foto: picture alliance/Arco Images<br />

42 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>


Orden? Es ist Zeit<br />

Der heilige Dominikus zu Füßen des Kreuzes.<br />

Der Maler Fra Angelico war auch Dominikaner.<br />

einstweilen löst und der Orden ein Selbstverständnis<br />

gewinnt, das nicht weniger prägend<br />

wirkt wie seine ausgefeilte juridische<br />

Verfassung.<br />

Nicht übergangen werden soll, daß nach Einführung<br />

der päpstlichen Inquisition durch<br />

Gregor IX. (1231) einzelne Brüder aus dem<br />

Prediger-, aber auch aus dem etwa gleich alten<br />

Franziskanerorden mit dem Amt eines Untersuchungsrichters<br />

betraut werden. Die von Anfang<br />

an bestehende Nähe zum Papsttum, die<br />

fehlende Stabilitas loci, nicht zuletzt die solide<br />

Ausbildung machen die der veritas besonders<br />

verpflichteten Dominikaner wie prädestiniert<br />

dafür. Ihr schwarz-weißer Habit, das<br />

Wortspiel von den Domini canes („Hunde<br />

Gottes“), vor allem aber die einseitigen (nach-)<br />

reformatorischen Polemiken und Legenden<br />

tragen dazu bei, daß der Predigerorden bis heute<br />

mit „der Inquisition“ identifiziert wird. Unter<br />

Rechtshistorikern gilt freilich seit langem<br />

als ausgemacht, daß der Inquisitionsprozeß<br />

mit seinem Streben nach dem materiellen<br />

Wahrheitsbeweis ein großer Fortschritt war.<br />

Konnten die Dominikaner im „Armutsstreit“<br />

mit den Minderbrüdern unter Papst Johannes<br />

XXII. († 1334) den Sieg davontragen, unterlagen<br />

sie hundert Jahre später in der Frage<br />

der „Unbefleckten Empfängnis“ Mariens, einer<br />

„neuen Meinung“, die von Albert und<br />

Thomas zurückgewiesen worden war, die<br />

aber auf dem – freilich nicht als ökumenisch<br />

anerkannten Baseler Konzil – 1439 definiert<br />

und von dem Franziskanerpapst Sixtus IV.<br />

1476 als Fest liturgisch vorgeschrieben wurde.<br />

Die Niederlage war perfekt, als diese<br />

Lehre 1854 zum Dogma erhoben wurde. Innere<br />

Krisen kamen hinzu. Von einem allgemeinen<br />

„Verfall“ im Spätmittelalter kann<br />

freilich nicht die Rede sein. Gerade die Phase<br />

des 14./15. Jahrhunderts brachte, zumal in<br />

Italien, wichtige Reformen hervor. Heilige<br />

wie Katharina von Siena († 1388) aus einem<br />

Foto: picture-alliance/akg-images/Orsi Battaglini<br />

der weiblichen Zweige des Ordens, Fra Angelico<br />

(† 1455), Antonin von Florenz (†<br />

1459), auch Girolamo Savonarola († 1498)<br />

gehören in diese Epoche. Auch die deutsche<br />

Mystik um Dominikaner wie Meister Eckhart<br />

(† 1328), Johannes Tauler († 1361),<br />

Heinrich Seuse († 1366) wirkte nach.<br />

Solche Erneuerungsimpulse konnten freilich<br />

nicht verhindern, was über den Orden wie<br />

die Kirche insgesamt in der ersten Hälfte des<br />

16. Jahrhunderts mit solcher Wucht hereinbrach,<br />

daß binnen kurzem ganze Ordensprovinzen<br />

von der Landkarte gefegt wurden: die<br />

Reformation! Entscheidend für oder gegen<br />

den Fortbestand der Klöster war dabei das<br />

obrigkeitliche Ius reformandi. Selbstauflösungsprozesse<br />

gab es so im Predigerorden<br />

nicht, allerdings Aus- und Übertritte. Nach<br />

1600 setzte ein Wiederaufschwung ein, vor<br />

allem in den romanischen Ländern. Der spanische<br />

Thomist Francisco de Vitoria († 1546)<br />

begründete das moderne Völkerrecht und<br />

verteidigte die natürlichen Rechte der Indios.<br />

Die „neue Welt“ brachte auch neue Brüder.<br />

1720 gab es weltweit an die 30.000 Mitglieder,<br />

so viele wie nie mehr wieder. Aufklärung<br />

und Staatskirchentum, Französische<br />

Revolution und Säkularisation, neue Klosteraufhebungen,<br />

aber auch gelungene Reorganisationen<br />

im 19. Jahrhundert (nicht zuletzt<br />

durch den päpstlich geförderten<br />

„Neuthomismus“), zwei Weltkriege und die<br />

mit dem Vaticanum II verbundenen Umwälzungen<br />

des 20. Jahrhunderts bestimmten die<br />

letzten 300 Jahre.<br />

III.<br />

HERAUSFORDERUNGEN<br />

HEUTE<br />

Mit etwa 5.750 Mitgliedern (davon 4430<br />

Priester) in knapp 600 Niederlassungen<br />

(Stand: 2009) gehört der Predigerorden zahlenmäßig<br />

zum Mittelfeld der weltweit agierenden<br />

Orden. Hinzu kommen ca. 2500<br />

Klausur- und 26.000 apostolisch tätige<br />

Foto: privat<br />

Schwestern sowie rund 140.000 Mitglieder<br />

der „Dominikanischen Laiengemeinschaft“.<br />

Zwar ist die Phase des postkonziliaren Massenaustritts<br />

(meist infolge überzogener Erwartungen)<br />

und der Flaute in den 1970er und<br />

1980er Jahren überwunden, in Europa bleibt<br />

jetzt aber – im Gegensatz zu anderen Kontinenten<br />

mit erfreulicher Entwicklung – der<br />

Nachwuchs oft deshalb aus, weil es kaum<br />

mehr kinderreiche, statt dessen zunehmend<br />

„Patchwork“-Familien mit teils nur schwacher<br />

Kirchenbindung gibt. Niederlassungen<br />

werden geschlossen, verkauft. Wo sie gehalten<br />

werden, häufig um den Preis, daß die<br />

Kräfte da fehlen, wofür der Orden einst gegründet<br />

wurde. So spielen die Dominikaner<br />

an den europäischen Hochschulen derzeit eine<br />

nur untergeordnete Rolle. Auf die Schwächung<br />

der Kategorie der Wahrheit und des<br />

Arguments infolge des iconic turn und der<br />

Ästhetisierung aller Lebensbereiche hat der<br />

Orden noch keine überzeugende Antwort gefunden.<br />

Akademisch begabte Brüder verschleißen<br />

sich in der allgemeinen Seelsorge,<br />

die sich von der des Diözesanklerus kaum<br />

unterscheidet. Mehrfachbelastung, Tribute<br />

an das „heilige“ Gemeinschaftsleben lassen<br />

sie gegenüber „weltlichen“ Konkurrenten ins<br />

Hintertreffen geraten. Bei der Rekrutierung<br />

von Novizen scheut man die Elitenbildung<br />

und fischt, wie fast alle Orden, zu sehr im<br />

kleinbürgerlichen Milieu.<br />

Dabei hat der Orden nach wie vor viel zu geben.<br />

Junge Menschen streben nach Bildung<br />

und ethischer Orientierung, nach Spiritualität<br />

und Mystik, nach liturgischen Erfahrungen<br />

und Idealen. Thomas von Aquin und<br />

aristotelisches Denken sind wieder gefragt;<br />

der Predigerorden sollte sich in diesem Bereich<br />

neu qualifizieren. Zumal im deutschen<br />

Sprachraum war er für seine thomistischen<br />

Sozialethiker bekannt. Die Dominikaner verfügen<br />

jedenfalls über reiche Schätze und eine<br />

humane Verfassung. Mit der Gottesmutter als<br />

Patronin und achthundertjähriger Erfahrung<br />

werden sie den Weg in die Zukunft finden.<br />

[Der Beitrag ist eigens in der bewährten Rechtschreibung<br />

gehalten.]<br />

Der Autor: Dipl.-Jur. Univ. Pater Dr. Wolfgang Hariolf Spindler (F-Rt) gehört<br />

dem Dominikanerorden an. Er ist Präsident der Stiftung Professor Dr. Arthur<br />

F. Utz in Freiburg/Schweiz, Stellvertretender Vorsitzender des Instituts<br />

für Gesellschaftswissenschaften Walberberg in Bonn und Redakteur der sozialethischen<br />

Zeitschrift „Die Neue Ordnung“. Auch leidenschaftliches Mitglied<br />

der K.a.V. Marco-Danubia zu Wien, wirkt er in München als Prediger an<br />

der Theatinerkirche und als Seelsorger seiner Bandverbindung, der K.D.St.V. Trifels.<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 43


Orden? Es ist Zeit<br />

Eine starke<br />

Gemeinschaft<br />

von Freunden im Herrn<br />

Jesuiten sehen sich als zu den Menschen gesandt –<br />

in ihren Nöten und Sehnsüchten<br />

von P. Marc-Stephan Giese SJ (UV)<br />

44 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>


Orden? Es ist Zeit<br />

Als am 13. März 2013 der Jesuit Jorge<br />

Mario Kardinal Bergoglio, nunmehr<br />

als Papst Franziskus, die Loggia des<br />

Petersdomes betrat, begann für seinen<br />

Orden, der sich selbst als die Gesellschaft<br />

Jesu bezeichnet, eine neue Erfahrung:<br />

Der Nachfolger Petri, dem die Jesuiten in besonderer<br />

Weise verpflichtet sind, ist das erste<br />

Mal einer von ihnen. Dabei sind die Jesuiten<br />

bis heute der zahlenmäßig größte Männerorden<br />

mit 16.740 Mitgliedern (1. Januar <strong>2015</strong>),<br />

die sich in 77 Provinzen und zehn Regionen<br />

rund um den Erdball ad maiorem Dei gloriam<br />

für den Glauben und die Gerechtigkeit<br />

einsetzen. In der deutschen Provinz sind es<br />

zurzeit 375 Jesuiten (davon etwa 25 in Dänemark<br />

und Schweden), die in großer Vielfalt<br />

ganz unterschiedlichen Tätigkeiten nachgehen<br />

und doch auch ohne gemeinsames Chorgebet<br />

oder verbindenden Ordenshabit eine<br />

starke Gemeinschaft von Freunden im Herrn<br />

darstellen.<br />

Angefangen hat alles mit dem baskischen<br />

Adligen Ignatius von Loyola, dessen hochtrabende<br />

Träume von Ruhm und Ehre durch<br />

eine französische Kanonenkugel während der<br />

aussichtslosen Verteidigung der Stadt Pamp -<br />

lona zerstört wurden. Die lange Zeit der<br />

Konvaleszenz muss Ignatius, der das Lesen<br />

von Ritterromanen gewöhnt war, mit dem<br />

Lesen von Heiligenlegenden und einer Evangelienharmonie<br />

zubringen, so dass sich seine<br />

Lebensträume langsam, aber sicher wandeln.<br />

Er lernt langsam und aus eigener Erfahrung<br />

die Geister zu unterscheiden. Nicht mehr zu<br />

seiner eigenen Ehre, sondern zur größeren<br />

Ehre Gottes will er nun leben. Auch wenn<br />

sein äußerer und sein innerer Weg noch lange<br />

nicht zu Ende sind – er wird allein und zu<br />

Fuß nach Jerusalem und zurück gehen – ist<br />

hier doch ein Anfang gesetzt für vieles, was<br />

im Leben des Ordens bis heute von größter<br />

Bedeutung ist. Ignatius wird auf seinem wei-<br />

Die Jesuiten versuchten auch durch Architektur<br />

für den katholischen Glauben zu gewinnen. Im<br />

Bild: die Studienkirche der Jesuiten in Dillingen.<br />

In der schwäbischen Stadt hatten sie die erste<br />

Jesuiten-Universität im Reich und unterhielten<br />

ein Kolleg.<br />

Foto: picture alliance/Florian Monheim/www.bildarchiv<br />

[Kasten; vielleicht könnte man den Kasten<br />

etwas schöner gestalten] Ausbildung<br />

Noviziat<br />

2 Jahre<br />

Philosophie<br />

3 Jahre<br />

Praktikum (häufig in Schule)<br />

2 Jahre<br />

Theologie<br />

3 Jahre<br />

Pastoralpraktikum 1 Jahr<br />

Spezialstudium 2 – n Jahre<br />

Tertiat<br />

1 Jahr<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 45


Orden? Es ist Zeit<br />

teren Weg die Bedeutung des Studiums ebenso<br />

kennenlernen wie die Wichtigkeit echter<br />

Gefährtenschaft. Sein Fühlen mit der Kirche<br />

wird wachsen und auch sein Wunsch, anderen<br />

geistlich beizustehen. Schon bei seinem<br />

Tod 1556 hat der Orden mehr als tausend<br />

Mitglieder, die sich dem animas iuvare (den<br />

Seelen helfen) verschrieben haben.<br />

Die Schwerpunkte des Ordens sind – trotz zeitweiser<br />

Auflösung und fundamentaler Veränderungen<br />

– im Grunde die gleichen geblieben:<br />

solide Ausbildung in Schulen und Universitäten,<br />

geistliche Tiefe in den Exerzitien, einladende<br />

Verkündigung des Evangeliums und<br />

aufopfernder Einsatz für die Gerechtigkeit.<br />

SCHULEN UND<br />

HOCHSCHULEN<br />

In Verantwortung der Jesuiten der deutschen<br />

Provinz sind zurzeit vier Schulen, drei davon<br />

in Deutschland (St. Blasien, Berlin und Bad<br />

Godesberg) und eine in Prizren im Kosovo.<br />

In diesen Schulen – aber auch in vielen anderen<br />

Schulen in ignatianischer Tradition –<br />

zeigt sich das Profil des Jesuitenordens insbesondere<br />

in der ignatianischen Pädagogik,<br />

die die Jesuitenschulen als Orte beschreibt,<br />

an denen die Schüler und Schülerinnen ihre<br />

Würde als Mensch erfahren, an denen über<br />

die Bedeutung des Gelernten reflektiert wird,<br />

an denen die Frage nach der Gerechtigkeit<br />

gestellt und die Frage nach Gott wach gehalten<br />

wird. Auf diese Weise sollen die Schülerinnen<br />

und Schüler zu Menschen für Andere<br />

ausgebildet werden.<br />

Die Arbeit der Jesuiten an den Schulen in<br />

Deutschland ist in den Jahren seit 2010 stark<br />

von der Anerkennung und Aufarbeitung der<br />

eigenen und strukturellen Verantwortung an<br />

den schrecklichen Fällen von sexueller Gewalt<br />

durch Jesuiten geprägt gewesen. Dieser<br />

Prozess hat, nachdem er von den Opfern am<br />

Berliner Canisiuskolleg angestoßen und<br />

vom Orden vorangetrieben wurde, Diskussionen<br />

um Missbrauch und Übergriffe in der<br />

ganzen Kirche und weit darüber hinaus angestoßen.<br />

Die Aufarbeitung und die Prävention<br />

sexueller Gewalt sind auch weiterhin ein<br />

wichtiges Anliegen für den Orden speziell in<br />

Deutschland.<br />

Die Sorge um Bildung und Ausbildung beschränkt<br />

sich bei den Jesuiten nicht auf den<br />

Bereich Schule. Es gibt 189 Jesuitenuniversitäten<br />

oder Hochschulen in der Welt, davon<br />

zwei in Deutschland (Frankfurt, München)<br />

und das noch junge Newmaninstitut in Uppsala.<br />

Zu den berühmtesten Universitäten der<br />

Jesuiten zählen wohl die Gregoriana (Rom),<br />

die Georgetown University (Washington<br />

D.C.) und die Sophia-University (Tokio). An<br />

diesen Institutionen sollen – im Geiste des<br />

Ignatius – akademische Exzellenz und die<br />

Grundprinzipien ignatianischer Pädagogik<br />

miteinander verbunden werden.<br />

EXERZITIENARBEIT<br />

Der Kern des jesuitischen modus procedendi<br />

liegt ganz sicherlich in den Geistlichen Übungen.<br />

Jener Form des Gebetes, die Ignatius im<br />

Eigenversuch entwickelt hat und die bis heute<br />

die ignatianische Spiritualität zutiefst prägt.<br />

Die Vollform der Geistlichen Übungen sind<br />

die dreißigtägigen Exerzitien, die jeder Jesuit<br />

am Anfang (im Noviziat) und am Ende (im<br />

sogenannten Tertiat) seiner Ausbildung<br />

macht. Dabei zieht er sich, begleitet vom<br />

Exerzitienmeister, in die Stille zurück, um in<br />

vier „Wochen“ genannten Phasen zuerst<br />

(erste Woche) die eigene Beschaffenheit als<br />

Mensch (geschaffen zur Ehre Gottes, gefallen<br />

in Schuld und Sünde) zu betrachten, um<br />

dann in der zweiten Woche das Leben Jesu<br />

als Prägeform für den neuen Menschen und<br />

Rechts: der heilige Ignatius von Loyola, Gemälde von<br />

Jacopino del Conte.<br />

Unten: rollendes Kommando mit Männern der „Sturm -<br />

abteilung“ (SA) der NSDAP auf einem Lastwagen, um<br />

1933. Auch gegen Jesuiten wurde mobil gemacht.<br />

3 Fotos: picture alliance/akg-images<br />

46 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>


Orden? Es ist Zeit<br />

seine Berufung wahrzunehmen. Zentral ist<br />

in dieser zweiten Woche auch die Wahl, in<br />

der man durch Unterscheidung der Geister<br />

zu einer freien und verantworteten Lebensentscheidung<br />

kommen kann. Diese Entscheidung<br />

wird dann an der Passion (dritte<br />

Woche) und der Auferstehung (vierte Woche)<br />

gefestigt.<br />

Neben dieser Langform der Exerzitien haben<br />

sich mehrere kürzere Formate entwickelt, die<br />

häufig als achttägige Exerzitien oder als<br />

Exerzitien im Alltag für viele Menschen in<br />

der Kirche ein wichtiger Teil der eigenen<br />

geistlichen Entwicklung geworden sind. Dabei<br />

ist die Vielfalt der Formen und Angebote<br />

sehr groß, so dass sich wohl für jeden ein<br />

passendes Exerzitienangebot finden lässt.<br />

GLAUBENSVERKÜNDIGUNG<br />

Der Einsatz für den Glauben mag bei den Jesuiten<br />

früherer Zeiten weiter verbreitet gewesen<br />

sein, aber auch heute noch sind viele<br />

Jesuiten mit der direkten Verkündigungsarbeit<br />

beschäftigt. Und das sowohl in den klassischen<br />

Missionsgebieten wie auch in den<br />

Gebieten, die einer neuen Evangelisierung<br />

bedürfen. Als Beispiel soll hier das pastorale<br />

Engagement in der sogenannten Citypastoral<br />

angeführt werden. In Städten wie Nürnberg,<br />

München, Göttingen und auch Stockholm<br />

arbeiten die Jesuiten in zentral gelegenen<br />

Kirchen und versuchen dabei, die Spannung<br />

zwischen klassischer Pastoral und neuen,<br />

einladenden Formen von Auseinandersetzung<br />

mit dem christlichen Glauben zu halten.<br />

In Einzelseelsorge, mit Events und mit<br />

Kursen werden dabei einige Menschen zum<br />

Glauben (zurück)geführt.<br />

EINSATZ FÜR DIE<br />

GERECHTIGKEIT<br />

Allein der Schwerpunkt, für die Menschen am<br />

Rand dazu sein, war nicht in allen Zeiten des<br />

Ordens so ausgeprägt wie heute. Speziell seit<br />

dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-<br />

1965) hat das Bewusstsein, eben genau an<br />

diese Grenzen gerufen zu sein, für den Jesuitenorden<br />

stark geprägt. Dabei ist vor allem<br />

der damalige Jesuitengeneral Pedro Arrupe<br />

zu nennen, der diese Entwicklung maßgeblich<br />

vorangetrieben hat. Der Jesuit Refugee<br />

Service (JRS) ist dabei zur größten Initiative<br />

des Ordens geworden. Gegründet als Reaktion<br />

auf das Leid der vietnamesischen Boatpeople,<br />

setzt sich der JRS heute in über 60<br />

Ländern für die Belange der Flüchtlinge ein.<br />

Die Gesellschaft Jesu steht auch im 21. Jahrhundert<br />

vor großen Herausforderungen: Die Provinzen<br />

in Europa und Amerika schrumpfen, Asien<br />

und Afrika sind die Zukunft des Ordens; die<br />

großen Fragen der Kirche müssen auch innerhalb<br />

einer so großen und so weiten Gemeinschaft<br />

diskutiert werden (und dies ist nicht immer<br />

einfach); die Not und Sehnsucht der Menschen<br />

schließlich, zu denen sie gesandt sind, drängt<br />

die Jesuiten zu immer neuen Apostolaten.<br />

Ursprung und Geschichte des Ordens, aber<br />

auch die heutige Situation von Gesellschaft<br />

und Kirchen verpflichten und inspirieren die<br />

Gefährten in der Gesellschaft Jesu.<br />

Foto: privat<br />

Der Autor: P. Marc-<br />

Stephan Giese SJ,<br />

geboren 1978, arbeitet<br />

als Studentenseelsorger<br />

in Stockholm.<br />

Nach Studien<br />

in Philosophie und Theologie sowie pastoralen<br />

Einsätzen in Frankfurt, Cochabamba (Bolivien),<br />

Nürnberg, Rom und Bonn wurde er<br />

2014 in den Norden gesandt. Er gehört der<br />

Unitas-Rhenania zu Bonn an.<br />

Links: Bis heute trägt der Jesuitenorden das Gepräge seines<br />

Gründers, des Basken Ignatius von Loyola. Er entwickelte ein<br />

Modell der Frömmigkeit in der Neuzeit, die Exerzitien.<br />

Unten: Prozession zum Gedenken an die Ermordung von sechs<br />

Jesuiten am 16. November 1989 in San Salvador.<br />

Foto: picture alliance/dpa<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 47


Orden? Es ist Zeit<br />

Pallottinisch geprägter<br />

Gottesdienst in Rom – im<br />

Hintergrund das Gemälde<br />

des heiligen Vinzenz von<br />

Oskar Kokoschka.<br />

Alle – und<br />

gemeinsam<br />

Fotos: privat<br />

Die Pallottiner und die Idee des heiligen Vinzenz Pallotti<br />

vom Apostelsein aller Getauften<br />

von Cbr P. Björn Schacknies SAC (HR-M)<br />

Die Geschichte der Pallottiner beginnt<br />

im Grunde mit einem Buch. Mit einem<br />

Buch, das für den Irak bestimmt<br />

ist. Vinzenz Pallotti (1795-<br />

1850) hatte über seinen aus dem Irak<br />

stammenden Freund Thomas Alkuschi, Professor<br />

für orientalische Sprachen am Propagandakolleg<br />

in Rom, von den Nöten der<br />

„chaldäischen Christen“ gehört. Zur Verlebendigung<br />

ihres Glaubens hatte sich Pallotti<br />

zum Ziel gesetzt, ihnen 10.000 Exemplare eines<br />

Buchs des heiligen Alfons Maria von Liguori<br />

mit dem schönen Titel „Die ewigen<br />

Wahrheiten“ zukommen zu lassen. Einer seiner<br />

engsten „Verbündeten“, der geschäftstüchtige<br />

Kaufmann Giacomo Salvati, sollte<br />

durch seine Kontakte das zum Druck notwendige<br />

Geld beschaffen helfen. Die „Bettelaktion“<br />

Salvatis verlief so erfolgreich,<br />

dass nach dem Druck des arabischen Buchs<br />

noch eine größere Summe an Geld übrig<br />

blieb, zu dessen Verwaltung Vinzenz Pallotti<br />

einen kleinen Verein gründete. Letztlich ist<br />

das die Geburtsstunde der Vereinigung des<br />

katholischen Apostolats, aus der später die<br />

Pallottiner hervorgehen sollten.<br />

Von Anfang an sahen sich die Pallottiner als<br />

Teil eines größeren und umfassenden Gesamtwerkes,<br />

der Vereinigung des Katholischen<br />

Apostolates (heute meist kurz „Unio“<br />

genannt), entsprechend einer Vision Vinzenz<br />

Pallottis vom 9. Januar 1835, die er selbst als<br />

Auftrag Gottes zur Gründung eines dreifachen<br />

Apostolatswerkes verstand: zur Verbreitung<br />

des Glaubens unter den Nichtchristen,<br />

zur Belebung des Glaubens unter den<br />

Katholiken und zur tätigen Nächstenliebe.<br />

Vinzenz Pallotti wird in eine turbulente Zeit<br />

hineingeboren. Sein Leben spannt sich aus<br />

zwischen der Französischen Revolution und<br />

der europäischen Revolution von 1848/49.<br />

Am 21. April 1795 erblickt Vinzenz Pallotti<br />

in Rom das Licht der Welt – und wird sein<br />

ganzes Leben in dieser Stadt, im Herzen der<br />

Weltkirche verbringen. Pallotti wächst mitten<br />

ins Chaos hinein. Es gibt keine sichere<br />

Ordnung mehr. Kirche und Kirchenstaat<br />

Auch in Afrika gibt es<br />

zahlreiche Aktivitäten<br />

der Pallottiner.<br />

www.pallottiner.org<br />

www.pallotti.de<br />

www.pthv.de<br />

informationen<br />

Literatur<br />

Vreni Merz, Vinzenz Pallotti. Ein leidenschaftliches<br />

Leben, München 2012<br />

schwanken unter den Anfragen und Bedrohungen<br />

von Aufklärung und Revolution.<br />

Rom selber ist ein Moloch, in dem der Großteil<br />

der Bevölkerung im Elend lebt. Vinzenz<br />

wird in dieser Stadt Priester, seiner schwachen<br />

Gesundheit zum Trotz. Bei aller äußerlichen<br />

und inneren Gebrechlichkeit<br />

ist er getragen von einer<br />

Gewissheit: Gott liebt ihn. Er<br />

macht die Erfahrung vom „Gott<br />

der unendlichen Liebe“„ (so der<br />

Titel seines Hauptwerks). Sein<br />

ganzes Leben ist fortan eine einzige<br />

Sehnsucht nach diesem Gott.<br />

So wird er ein Rastloser, der den<br />

Menschen, die mit und um ihn<br />

herum leben, ein Liebeswerber<br />

Gottes wird. Um Jugendliche<br />

ohne Ziel und Arbeit, um Waisen,<br />

um Häftlinge, um Kranke<br />

48 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>


Orden? Es ist Zeit<br />

und Soldaten sorgt er sich. Allen, die keine<br />

Hoffnung haben, schenkt Vinzenz Pallotti<br />

seine Zuwendung, will ihnen zeigen, dass sie<br />

Gottes geliebte Kinder sind. Er fordert her -<br />

aus, provoziert mitunter. Er zieht den Hut<br />

auch vor den „kleinen Leuten“, um mit ihnen<br />

ins Gespräch zu kommen, lässt sich nicht,<br />

wie damals üblich, die Hand küssen, sondern<br />

reicht stattdessen ein Marienbildchen zur<br />

Verehrung dar. Pallotti nutzt jede sich ihm<br />

bietende Möglichkeit, um Menschen zusammenzubringen,<br />

sie zu<br />

Christus zu führen und<br />

ihnen die Schönheit des<br />

Glaubens aufzuzeigen.<br />

Obwohl er sich verausgabt,<br />

kann er allein nicht<br />

allen alles werden: Er<br />

braucht Helfer, die ihn<br />

unterstützen. Und das<br />

kann für ihn jeder. Denn<br />

der Mensch ist geschaffen nach Gottes Abbild<br />

(vgl. Gen 1). Dies schenkt dem Menschen<br />

eine unbeschreibliche Würde. Aufgrund<br />

dessen hat jeder Mensch die Pflicht,<br />

aber auch das Recht, am Aufbau des Reiches<br />

Gottes mitzuwirken. Jeder Mensch soll den<br />

Glauben verkünden und die Liebe entzünden<br />

– nicht nur der Klerus und die Ordensleute.<br />

Jeder soll Zeugnis geben vom Gott der unendlichen<br />

Liebe. Für Pallotti kann jeder<br />

Apostel sein, indem „er mit seinen Talenten,<br />

seiner Bildung, seinen Beziehungen, seinem<br />

Beruf und Handwerk, seinem Wort, mit seinem<br />

Vermögen und irdischen Gütern oder<br />

wenigstens mit seinem Gebet nach Kräften<br />

mithilft, dass der Glaube an Jesus Christus<br />

in der ganzen Welt verbreitet werde.“<br />

Der Kreis der Menschen um Pallotti wird so<br />

allmählich größer, wird zu einer Gemeinschaft:<br />

aus allen Schichten, Männer und<br />

Frauen, es bildet sich eine Schwesterngemeinschaft<br />

(die Pallottinerinnen) und dann<br />

später auch eine Priester- und Brüdergemeinschaft,<br />

die Pallottiner, alle verbunden in<br />

der Vereinigung des katholischen Apostolates.<br />

Völlig entkräftet stirbt Vinzenz Pallotti<br />

mit 55 Jahren am 22. Januar 1850 in Rom.<br />

Hundert Jahre später spricht ihn Papst Pius<br />

XII. selig, 1963 wird Vinzenz Pallotti von<br />

Papst Johannes XXIII. zu Beginn des Zweiten<br />

Vatikanischen Konzils heiliggesprochen.<br />

Einige Monate zuvor hat er über 300 in Rom<br />

versammelten Spiritualen von Priesterseminaren<br />

mit auf den Weg gegeben: „Wie gut<br />

verstand er [Vinzenz Pallotti] es, die geistliche<br />

Leitung der jungen Theologiestudenten<br />

(…) mit der Gründung der Gesellschaft des<br />

In eine<br />

turbulente<br />

Zeit<br />

hineingeboren<br />

Katholischen Apostolates zu verbinden! Mit<br />

diesem Werk gab er in Rom die ersten Anstöße<br />

zur eigentlichen Katholischen Aktion,<br />

deren Blüte und deren Eifer für die wahre<br />

und große Aufgabe, die moderne Gesellschaft<br />

mit dem Geiste des Evangeliums zu<br />

durchdringen, Unsere Bewunderung hervorruft.<br />

Dieser ausgezeichnete Priester widmete<br />

seine ganze Tätigkeit der Heiligung des Klerus<br />

und der Verteidigung und Erhaltung des<br />

Glaubens sowie der Verbreitung der tätigen<br />

Liebe unter den Katholiken,<br />

wovon seine Schriften<br />

Zeugnis geben. Beide,<br />

Glaube und Liebe,<br />

wollte er in der ganzen<br />

Welt verbreiten, damit<br />

bald eine Herde und ein<br />

Hirte werde.“<br />

Weltweit sind heute auf<br />

allen Kontinenten etwa<br />

2500 Pallottiner in den Spuren Pallottis unterwegs.<br />

In Deutschland wirken sie in den<br />

unterschiedlichsten Bereichen. Vor allem der<br />

Verbindung von Glaubensrechenschaft und<br />

Weltverantwortung dient die ordenseigene<br />

Hochschule im Universitätsrang (Promotions-<br />

und Habilitationsrecht) mit zwei Fakultäten<br />

(Theologie und Pflegewissenschaft) in<br />

Vallendar, an die verschiedene Institute angeschlossen<br />

sind. Am bekanntesten dürfte<br />

das Kardinal-Walter-Kasper-Institut sein,<br />

das sich zum Ziel setzt, die Theologie und<br />

das kirchliche Engagement Kardinal Kaspers<br />

(AlSt) für die kommenden Generationen<br />

zu sichern und zu erforschen. Darüber<br />

hinaus wirken Pallottiner in Schulen und Jugendbildungseinrichtungen,<br />

unterhalten ein<br />

Institut, an dem Ordenspriester ihre pastoralpraktische<br />

Ausbildung erhalten können,<br />

sind in der Pfarr-, Kategorial- und Einzelseelsorge<br />

genauso wie im therapeutischen<br />

und journalistischen Bereich, in der Mission<br />

(von Deutschland aus vor allem in Kamerun<br />

und Südafrika) oder in sozialen Brennpunkten<br />

zu finden oder in Exerzitien- und Gästehäusern<br />

der Gemeinschaft tätig. Dass wir<br />

seit Jahrzehnten den Pfarrer am Frankfurter<br />

Foto: privat<br />

Stand der Pallottinischen Unio während des<br />

99. Katholikentags im Juni 2014 in Regensburg.<br />

Den heiligen Vinzenz Pallotti hat Michael Triegel,<br />

Leipzig, im Jahr 2014 gemalt.<br />

Flughafen stellen, Mitbrüder für die Arbeit<br />

in Verbänden oder in Diözesen freistellen,<br />

zeigt, dass für uns nicht in erster Linie vorrangig<br />

ist, was wir tun, sondern wie wir es<br />

tun, nämlich so, wie es uns unser Gründer<br />

vorgelebt hat: mit Herzblut für Gott und die<br />

Menschen – zur Verbreitung des Glaubens<br />

unter den Nichtchristen, zur Belebung des<br />

Glaubens unter den Katholiken und zur<br />

tätigen Nächstenliebe.<br />

Der Autor: Björn Schacknies SAC (H-RM), Jahrgang 1977, Pallottiner,<br />

Priesterweihe 2009, Kaplan in Augsburg und Wien, 2012 Schulpfarrer an zwei<br />

katholischen Gymnasien im Erzbistum Köln, 2014 Vorsitzender der Arbeits -<br />

gemeinschaft Jugendpastoral der Orden der Deutschen Ordensobernkonferenz<br />

(DOK), Programmdirektor der Pallottiner Pilgerfahrten, Verbindungsseelsorger<br />

der VKDSt Hasso-Rhenania Mainz; Geistliche Begleitung von<br />

Einzelpersonen und Gemeinschaften, Exerzitientätigkeit.<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 49


Orden? Es ist Zeit<br />

Ein Mensch<br />

mit<br />

sprudelnder<br />

Sehnsucht<br />

nach Leben<br />

Prof. Heribert Niederschlag (F-Rt)<br />

über Franz Reinisch (Le) und sein Seligsprechungsverfahren<br />

Als einziger katholischer Priester in der<br />

Wehrmacht verweigert der Pallottinerpater<br />

Cbr Franz Reinisch (Le) im Jahr<br />

1942 den Fahneneid auf Adolf Hitler.<br />

Dafür wird er zum Tode verurteilt und am<br />

21. August 1942 durch das Fallbeil in Berlin-<br />

Brandenburg hingerichtet. Im Mai 2013 wird<br />

auf Initiative der Gemeinschaft der Pallottiner<br />

in der Diözese Trier der Seligsprechungsprozess<br />

für P. Franz Reinisch eröffnet, mit<br />

Cbr Prof. P. Dr. Heribert Niederschlag SAC<br />

(F-Rt) als Postulator. Eva Djakowski, die in<br />

der Vergangenheit schon mehrere Interviews<br />

für <strong>ACADEMIA</strong> gehalten hat, besuchte und<br />

interviewte den Postulator im Reinisch-Büro<br />

an der Philosophisch-Theologischen Hochschule<br />

der Pallottiner in Vallendar (PHTV).<br />

? Pater Niederschlag, können Sie Franz Reinisch<br />

kurz vorstellen? Wer war der Mann?<br />

! Franz Reinisch war ständig auf der Suche<br />

nach seinem Weg. Er wollte das Leben, das<br />

ihm geschenkt worden war, in einer Art und<br />

Weise leben, dass er am Ende nichts zu bereuen<br />

brauchte. Zunächst wird er 1928 Priester<br />

und tritt noch im selben Jahr ins Noviziat<br />

der Pallottiner ein. Bei den Pallottinern lernt<br />

er die Schönstatt-Bewegung kennen, in der<br />

er seine geistige und geistliche Heimat findet.<br />

Klar und deutlich setzt er sich von der<br />

Nazi-Ideologie ab. Hitler ist für ihn ein Verbrecher.<br />

Franz Reinisch spricht ganz offen<br />

die Unvereinbarkeit des christlichen Glaubens<br />

mit den Vorstellungen der Nazis an. Die<br />

Gestapo wird auf Franz Reinisch aufmerksam<br />

und belegt ihn 1940 mit dem Predigtund<br />

Redeverbot. Der Vater von Franz Reinisch<br />

ist promovierter Jurist. Auch sein Sohn<br />

studiert zunächst Jura. Ihn empört das staatlich<br />

gedeckte Unrecht: die Morde im Umfeld<br />

des Röhm-Putsches und die Annexion Österreichs.<br />

Mit einem Gesetz, das am 1. August<br />

1934, also schon am Tag vor Hindenburgs<br />

Tod, verabschiedet worden war, hat Hitler<br />

das Amt des Reichskanzlers mit dem des<br />

Reichspräsidenten vereinigt. Er ist damit<br />

Oberbefehlshaber der Wehrmacht. Gleichzeitig<br />

ändert er die Eidesformel so, dass nun<br />

alle Soldaten ihren Treueschwur auf seine<br />

Person zu leisten haben und nicht mehr auf<br />

„Volk und Vaterland“. Das ist für Franz Rei-<br />

50 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>


Orden? Es ist Zeit<br />

Redeverbot, Verhaftung, Hinrichtung<br />

nisch nicht möglich. Er lehnt diesen Eid ab<br />

und wiederholt mehrmals: „Auf das deutsche<br />

Volk kann ich den Fahneneid leisten,<br />

auf einen Mann wie Hitler nie!“ Als er 1942<br />

einberufen wird, verweigert er den Eid. Ihm<br />

ist von Anfang an bewusst, welche Konsequenz<br />

das haben wird.<br />

? Sie sind Moraltheologe, hatten sogar 25<br />

Jahre die Professur des Fachs an der PTHV<br />

inne, wie schätzen Sie aus moraltheologischer<br />

Sicht Reinischs Verhalten ein?<br />

! Mir fällt es nicht leicht, mich in die damalige<br />

Zeit zu versetzen. Die Verweigerung des Eides<br />

ist bei Reinisch nicht nur eine politische<br />

Entscheidung, auch eine moralische und religiöse,<br />

eine typische Gewissensentscheidung.<br />

An seinem Entscheidungsweg ist mir<br />

bewusst geworden, was es heißt, ein Zeichen<br />

des Protestes und des Widerstandes zu setzen<br />

und dafür den „Kopf hinzuhalten“. Was er in<br />

seinem Gewissen spürt, bringt er klar zum<br />

Ausdruck und geht den Weg bis zur Vollstreckung<br />

des Todesurteils konsequent zu Ende.<br />

Bei Reinisch kam es in der Einsamkeit der<br />

Gefängnis- und schließlich der Todeszelle zu<br />

dramatischen inneren Auseinandersetzungen.<br />

Er wusste, wenn er bei seiner Entscheidung<br />

bleibt, wird er die ganze Wucht und<br />

Wut des Nazi-Regimes erleiden müssen und<br />

hingerichtet. Und trotzdem hat er durchgehalten.<br />

Er ist sich treu geblieben. Für Reinisch<br />

besteht die Schwierigkeit nicht so sehr<br />

darin, dass er einem Unrechtsregime die<br />

Stirn bietet, sondern dass er seinen Oberen<br />

den Gehorsam verweigert. Das war für ihn<br />

die eigentliche Dramatik. Seine kirchlichen<br />

Vorgesetzten drängen ihn, den Eid zu leisten.<br />

Doch Reinisch sagt: Ich habe ein Gewissen<br />

und nach meinem Gewissen kann und darf<br />

ich diesen Eid nicht leisten. Er glaubt sich<br />

sogar von Gott berufen zu diesem Protest. In<br />

den letzten Jahrzehnten haben kirchliche Dokumente<br />

mehrfach auf die besondere Würde<br />

des Gewissens verwiesen. Das Zweite Vatikanische<br />

Konzil spricht in der Pastoralkonstitution<br />

„Gaudium et Spes“ vom Gewissen<br />

als von einem „Heiligtum im Menschen, wo<br />

er allein ist mit Gott“. Das Gewissen steht<br />

darum über dem Papst, so schreibt der damals<br />

noch junge, doch schon hoch angesehene<br />

Theologe Joseph Ratzinger (Rup) in seinem<br />

Kommentar zu dieser Textstelle. Reinisch<br />

stellt sein Gewissen sogar über sein Leben.<br />

? Sie sind der Postulator im Seligsprechungsprozess<br />

für Reinisch. Worin besteht der Job?<br />

Cbr Franz Reinisch (Le) wurde am 1. Februar 1903 in Feldkirch geboren. 1922 Jura -<br />

studium in Innsbruck, 1925 Eintritt ins Priesterseminar, am 29. Juni 1928 Priesterweihe<br />

in Innsbruck. Am 3. November 1928 Eintritt ins Noviziat der Pallottiner in<br />

Untermerzbach. 1932 Abschluss des Theologiestudiums in Salzburg, 1938 Versetzung<br />

nach Schönstatt, 1940 Redeverbot im ganzen Deutschen Reich, 14. April<br />

1942 Gestellungsbefehl nach Bad Kissingen, 16. April 1942 Verhaftung durch die<br />

Gestapo auf Grund der Verweigerung des Fahneneids, 7. Juli 1942 Gerichts -<br />

prozess mit Todesurteil in Berlin, 21. August 1942 Vollstreckung des Todesurteils<br />

durch das Fallbeil.<br />

! Alles, was Reinisch geschrieben hat, was<br />

über ihn dokumentiert ist und auch was Menschen<br />

in seinem Umfeld über ihn berichtet<br />

haben, wird gesammelt, von Historikern gesichtet<br />

und geprüft. All das tragen wir zusammen<br />

und geben es an die Diözese Trier weiter.<br />

Hier wird schließlich entschieden, ob es wert<br />

ist, dass diese Akten auf die Schiene des Seligsprechungsverfahrens<br />

weitergeleitet werden.<br />

Dann werden die Unterlagen nach Rom<br />

übersandt, wo die Kongregation für Seligund<br />

Heiligsprechungsprozesse darüber entscheidet.<br />

Im Fall Reinisch sind wir derzeit<br />

bei der Digi talisierung und Ordnung der Akten,<br />

um den Historikern die Arbeit zu erleichtern.<br />

Außerdem drehen<br />

wir einen Dokumentarfilm<br />

über Reinisch.<br />

? Kritiker sehen in Seligund<br />

Heiligsprechungen<br />

nur ein Relikt aus alten<br />

Zeiten. Haben diese Prozesse<br />

heute überhaupt<br />

noch Bedeutung?<br />

! In jedem Fall, denn sie<br />

haben Strahlkraft. Ihre<br />

Bedeutung liegt darin,<br />

dass sie uns in Erinnerung<br />

halten, was das Leben fordern<br />

kann, und dass es möglich ist, das, was<br />

man eigentlich tun sollte, auch tatsächlich<br />

einzulösen. Außerdem halte ich es für außerordentlich<br />

wichtig, so herausragende Zeuginnen<br />

und Zeugen auch immer wieder ins<br />

Gedächtnis zu rufen. Wir sind angewiesen<br />

auf Vorbilder. Wir brauchen Menschen, an<br />

denen wir uns orientieren können, die uns<br />

auch Halt geben. In der heutigen Zeit habe<br />

ich bei vielen den Eindruck, sie sind Sucher<br />

– wie Reinisch es auch war – , aber sie wissen<br />

einfach nicht, an wen sie sich wenden<br />

können. Und da ist Reinisch für mich einer,<br />

an dem man sich orientieren kann. Vor diesem<br />

Hintergrund sind Seligsprechungsprozesse<br />

durchaus relevant. Selige sind gute<br />

Prof. Heribert Niederschlag (F-Rt).<br />

Freunde für uns (lacht), denn sie können uns<br />

auf eine Weise nahe sein und uns helfen, den<br />

Blick immer frei zu halten auf das, worauf es<br />

ankommt. Das ist für mich tatsächlich wie<br />

mit guten Freunden, das sind Gnadengeschenke<br />

und zugleich anfordernde Vorbilder.<br />

? Was bewegt Sie persönlich an Franz Reinisch?<br />

Ist er ein guter Freund für Sie?<br />

! Reinisch war ein Mensch mit sprudelnder<br />

Sehnsucht nach Leben. Wie ein solcher Mann<br />

ganz allmählich, durch alle Suchbewegungen,<br />

die er gestartet hat, doch auf seinen Weg<br />

kommt, von dem er weiß, dass der Weg sehr<br />

schmerzlich und dunkel<br />

ist und dennoch sich<br />

selbst und dem Weg treu<br />

bleibt, das bewegt mich.<br />

Fotos: privat<br />

Er hat sich selbst einmal gefragt,<br />

was würde geschehen,<br />

wenn ich den Fahneneid<br />

leiste – also gegen<br />

meine Überzeugung handeln<br />

würde. „Ich wäre dann<br />

ein gebrochener Mann“,<br />

heißt es in den Aufzeichnungen<br />

„und so will ich<br />

und kann ich nicht leben.“<br />

Diese innere Gradheit und<br />

Integrität, diese Überzeugung, diesen Weg und<br />

keinen anderen zu gehen, das entspricht dem,<br />

was ich in der Moraltheologie immer thematisiert<br />

habe. Wie kommt es zu einem gelingenden<br />

Leben? Welchen Lebensstil wähle ich,<br />

den ich auf dem Totenbett nicht zu bereuen<br />

brauche? Es geht also tatsächlich um die Frage:<br />

Wie kann ein Leben glücken? In dem Zusammenhang<br />

ist Reinisch einer derer, die mich<br />

voll und ganz begeistern und berühren.<br />

weitere informationen<br />

Mehr zu Franz Reinisch finden Sie unter<br />

www.franz-reinisch.org<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 51


Orden? Es ist Zeit<br />

Johann Baptist Jordan<br />

(ArF) gründete die Ge -<br />

meinschaft des Gött -<br />

lichen Heilandes: die<br />

Salvatorianer. P. Fran -<br />

zis kus Maria vom Kreuz<br />

war sein Ordensname.<br />

Christus wieder gegenwärtig<br />

Dazu gründete Pater<br />

Johann Baptist Jordan aus Gurtweil<br />

bei Waldshut wurde am 18. Dezember<br />

1875 bei der KDStV Arminia Freiburg<br />

rezipiert. Er wurde nach seiner<br />

Priesterweihe und nach einigen weiteren<br />

Studienjahren in Rom und im Orient der<br />

Gründer der Gesellschaft des Göttlichen<br />

Heilandes, der Salvatorianer. Bei Arminia<br />

erhielt er den Vulgo Frath, eine lockere<br />

Anspielung auf seinen Familiennamen<br />

Jordan (vgl. hebräisch „Prâth“ für Euphrat).<br />

Im Win tersemester 1876/77 hielt er vor<br />

der Arminia einen Vortrag über die Päpst -<br />

liche Mis sionskongregation „Die Propaganda<br />

in Rom“.<br />

Johann Baptist kam am 16. Juni 1848 in Gurtweil<br />

bei Waldshut zur Welt. Er war das zweite<br />

von drei Kindern einer armen Bauern- und<br />

Dienstbotenfamilie. Sein Vater Lorenz wurde<br />

durch scheuende Pferde schwer verletzt<br />

und starb nach langem Siechtum 1863 im Alter<br />

von 44 Jahren. Der talentierte Baptist zog<br />

schon in der Volksschule die Aufmerksamkeit<br />

auf sich. Schulkameraden erinnerten<br />

sich, dass nach der Erstkommunion und nach<br />

dem Tode des Vaters eine tiefe Wandlung in<br />

Baptist wahrzunehmen war. Er trat in Walds -<br />

hut in die Lehre als Maler, Vergolder und<br />

Tapezierer. Mit 21 Jahren drängte es ihn zu<br />

einem besonderen Dienst in der Kirche. Auf<br />

seiner Walz hatte er das moralische Elend in<br />

Fabriken und Familien kennengelernt. Privatstunden<br />

halfen ihm bei der Vorbereitung<br />

aufs Gymnasium in Konstanz, um Priester<br />

zu werden. Eine Ferienreise führte den Abiturienten<br />

nach Italien, wo er für einige Zeit<br />

in Rom im deutschen Camposanto beim späteren<br />

Msgr. de Waal wohnte.<br />

Am 23. Oktober 1874 matrikulierte er sich<br />

an der Universität in Freiburg im Breisgau<br />

als „stud. theol. et philol.“ Als er 1877 ins<br />

Priesterseminar nach St. Peter ging, bestätigte<br />

ihm sein Abgangszeugnis der Universität<br />

im Fleiß als niederste Note „groß“. Schon<br />

52 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>


Orden? Es ist Zeit<br />

Fotos: privat<br />

setzen<br />

Franziskus Jordan (ArF) die Salvatorianer<br />

damals machte sich in Jordans Leben eine<br />

ausgesprochene apostolische Note bemerkbar.<br />

1875 trat er in das Pressewerk des Freiburger<br />

Kanonikus Schorderet ein („Pauluswerk“),<br />

in dessen Auftrag er im Dezember<br />

1875 mit einem Freiburger Cartellbruder<br />

Cornelius Reichenbach (Hr), zwecks Gründung<br />

eines katholischen Pressedienstes in<br />

Turin gewesen sein soll. 1878 war er in Belgien<br />

und Holland, wo er bei einem ehemaligen<br />

Chinamissionar sein Chinesisch verstärkte.<br />

Er beabsichtigte, in die Propaganda<br />

in Rom einzutreten. Mit 30 Jahren wurde er<br />

in St. Peter im Schwarzwald zum Priester geweiht.<br />

Während des Kulturkampfs erhielt er<br />

die Erlaubnis, sich weiter in orientalischen<br />

Sprachen in Rom auszubilden. So kehrte Jordan<br />

am 4. Oktober 1878 wieder nach Rom zurück,<br />

diesmal um sich neben Griechisch und<br />

Hebräisch auch eingehend mit Armenisch,<br />

Syrisch, Koptisch und Arabisch abzugeben.<br />

Das Jahr 1880 führte ihn nach Ägypten und<br />

in den Libanon. Er beriet sich mit einer Reihe<br />

kirchlicher Würdenträger verschiedener<br />

Riten über einen Plan, den er nach seiner<br />

Rückkehr nach Rom am 6. September 1880<br />

Leo XIII. in Privataudienz vorlegte: die<br />

Grün dung der „Apostolischen Lehrgesellschaft“.<br />

(Fortsetzung nächste Seite )<br />

Foto: privat<br />

Der Autor: P. Hubert<br />

Veeser SDS, geboren<br />

1960. Nach langjähriger<br />

Tätigkeit in<br />

der Schul- und Jugendpastoral<br />

in Bad<br />

Wurzach und Ravensburg in Oberschwaben<br />

seit 2012 Provinzial (Oberer) der Salvatorianer<br />

in Deutschland.<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 53


Orden? Es ist Zeit<br />

Gottesberg bei Bad Wurzach, Barockkirche zum<br />

Heiligen Kreuz. Angeschlossen ist das Kloster<br />

der Salvatorianer.<br />

So gesagt<br />

Mit diesem Werk wollte er alle lebendigen<br />

Kräfte der Kirche, Individuen wie bereits bestehende<br />

Gruppierungen, in lebendige Verbindung<br />

bringen, um sie zu einer gemeinsamen<br />

und gezielten apostolischen Betätigung<br />

zu formen, um auf diesem Weg dem Mangel<br />

an religiösem Wissen zu begegnen. Männer<br />

und Frauen, Priester und Laien sollten, jeder<br />

an seiner Stelle und mit den ihm zugänglichen<br />

Mitteln, als Apostel auf das allen gemeinsame<br />

Ziel hinarbeiten: Christus in der<br />

menschlichen Gesellschaft wieder gegenwärtig<br />

zu setzen. Am 8. Dezember 1881 legten<br />

die ersten priesterlichen Mitglieder des<br />

ersten Grades in Rom die Gelübde ab und<br />

versprachen dem Gründer Gehorsam. Dieser<br />

Tag gilt als der offizielle Gründungstag der<br />

Gesellschaft. Der Presse war eine führende<br />

Stellung zugedacht, was sich bald in der<br />

Gründung verschiedener Zeitschriften äußerte.<br />

Doch seine Ideen waren den kirchlichen<br />

Behörden zu gewagt und zu weitläufig,<br />

so dass sich das Werk ab Ostern 1883 in der<br />

Richtung einer männlichen und einer weiblichen<br />

Kongregation herkömmlichen Stils<br />

entwickelte, in der es heute noch besteht als<br />

Salvatorianer und Salvatorianerinnen.<br />

Ein ehemaliger Mitstudent erinnert<br />

sich: „An der Universität in<br />

Freiburg gingen die Studenten in<br />

den Garten, auf den Gang oder<br />

auf der Straße hin und her. Jordan<br />

aber stand an der Tafel und schrieb<br />

Sanskrit oder orientalische Sprachen.“<br />

Und ein Mitseminarist aus<br />

der Zeit im Priesterseminar von<br />

St. Peter: „Auch in der Seminarzeit<br />

hat Jordan fleißig studiert. In<br />

den Gängen des Seminars vor unseren<br />

Türen herumgehend, laut gliederzahl der „Katholischen Lehrgesell-<br />

Nach der Approbation 1886 begann die Mit-<br />

seine Worte sprechend und seine schaft“, wie sie damals noch genannt wurde,<br />

Wortzeichen in den Händen traktierend,<br />

ergötzte er unsere Ohren Teil der Bewerber aufgenommen wurde und<br />

rasch zu wachsen, obwohl nur ein kleinerer<br />

mit: sin, tschin, tschang ...“ AC auch von diesen viele nicht aushielten. Das Abendgebet der Ordens mit glieder der<br />

Salvatorianer im Ordenshaus in München.<br />

erste Arbeitsfeld war 1889 die neu geschaffene<br />

Apostolische Präfektur von Assam in<br />

Indien. In den nächsten 15 Jahren folgten<br />

Niederlassungen der Gesellschaft in Österreich,<br />

in den USA, in der Schweiz, in Mähren,<br />

Sizilien, Ecuador, Brasilien, Kolumbien,<br />

Rumänien, Kroatien, Belgien, Polen und<br />

England. 1905 erhielt die Gesellschaft des<br />

Göttlichen Heilandes (Salvatorianer), wie sie<br />

seit 1894 endgültig genannt wurde, die erste<br />

und 1911 die endgültige päpstliche Bestätigung.<br />

1915 zwang der Weltkrieg den alternden Gründer,<br />

nach 37 Jahren Rom wieder zu verlassen.<br />

Das Generalat der Salvatorianer wurde nach<br />

Freiburg in der Schweiz verlegt. In Tafers<br />

verstarb P. Franziskus vom Kreuz Maria Jordan<br />

– so sein Ordensname – am 8. September<br />

1918 im Krankenhaus der Vinzentinerinnen.<br />

2011 stellte der Heilige Stuhl die Heroizität<br />

des Lebens von Pater Franziskus Jordan fest.<br />

Die Salvatorianer betreiben die Seligsprechung<br />

mit Nachdruck. P. Hubert Veeser SDS<br />

Foto: picture-alliance / Sueddeutsche Zeitung Photo<br />

54 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>


Orden? Es ist Zeit<br />

Die Salvatorianer:<br />

Maßlosigkeit im Lieben<br />

Am 8. Dezember 1881 legte Johann Baptist Jordan (ArF) zusammen mit den Priestern Bernhard<br />

Lüthen und Friedrich von Leonhardi im Rahmen einer Eucharistiefeier in Rom in der Kapelle der<br />

heiligen Birgitta von Schweden den Grundstein für die Apostolische Lehrgesellschaft. 1883 wurde<br />

aus der Lehrgesellschaft eine Ordensgemeinschaft und Baptist Jordan nahm den Ordensnamen<br />

Franziskus Maria vom Kreuze an. Ab 1893 heißt die Ordensgemeinschaft „Societas Divini Salvatoris“<br />

(Gesellschaft des Göttlichen Heilandes SDS). Bekannt ist diese Ordensgemeinschaft unter<br />

dem Namen Salvatorianer. Und seit 1895 ist die Zentrale des Ordens, das Mutterhaus, in Rom<br />

im ehemaligen Palazzo Cesi an der Via della Conciliazione 51, in direkter Nachbarschaft zum Vatikan<br />

mit St. Peter.<br />

Foto: imago stock&people<br />

Für Pater Franziskus Jordan ist die Heilige Schrift oberstes und grundlegendes Gebot für seine<br />

Gesellschaft. Die ersten Entwürfe seiner Lebensregel bestehen nur aus Texten der Heiligen<br />

Schrift. Besonders geprägt hat ihn der Satz aus dem Johannesevangelium, wo es heißt: „Das ist<br />

das ewige Leben: dich, den einzigen wahren Gott, zu erkennen und Jesus Christus, den du gesandt<br />

hast“ (Joh17,3).<br />

Die Salvatorianer sind in erster Linie Ordensmänner, Patres und Brüder, die in unterschiedlichsten<br />

Aufgaben tätig sind. Pater Franziskus Jordan hat ihnen als Auftrag mitgegeben, dass sie,<br />

wo immer sie Fähigkeiten, Begabungen und Charismen haben, herausgefordert sind, diese zu<br />

entwickeln und im Dienst am Nächsten einzubringen. Kraft und Rückhalt schenkt dabei die Gemeinschaft.<br />

Die Mitte der Gemeinschaft aber ist Jesus Christus. Das ganze Leben und das ganze<br />

Apostolat sollen auf ihn ausgerichtet sein und in ihm seine Kraftquelle finden.<br />

Nach einer Zeit der Ordensausbildung legen die Salvatorianer ihre Gelübde ab und verpflichten<br />

sich zu einem Leben der ehelosen Keuschheit, der Armut, des Gehorsams und des Apostolates.<br />

Jesus Christus, der Menschen heilend begegnet, sie aufrichtet<br />

und zum Leben ermutigt, diesen Jesus immer wieder neu zu suchen<br />

und zu verkünden, ist ihr Auftrag.<br />

Kraft und<br />

Rückhalt<br />

schenkt die<br />

Gemeinschaft<br />

So ist das Leben der Salvatorianer auf den apostolischen Dienst<br />

ausgerichtet und gleichzeitig auch im Gebet verwurzelt. Gemeinsame<br />

Gottesdienste und Gebetszeiten sind wichtige „Ankerplätze“<br />

im Tagesablauf. Ein wichtiges Element in den Gründungen<br />

Jordans war die Universalität. Der Glaube an einen heilenden und<br />

menschenfreundlichen Gott drängt zu Universalität, zu „Maßlo sig -<br />

keit“ im Lieben, Lehren und Begleiten von Menschen, deren Leben<br />

nach Sinn fragt. Das Wertschätzen aller Menschen, aller Kulturen<br />

und Rassen, aller Stände und Berufsgruppen ist eine der Her -<br />

ausforderungen, die Franziskus Jordan unabdingbar und unwiderruflich<br />

für seine Gemeinschaften festlegt: „Ich kann nicht müde werden, die Güte und Menschenfreundlichkeit<br />

des Heilandes unablässig zu empfehlen, und immer wieder zu betonen, dass diese<br />

Worte für uns ein Programm bedeuten. Das ist der Geist der Gesellschaft, der Geist des Heilandes.“<br />

In den Konstitutionen (Ordensregel) der Salvatorianer heißt es: „Wir verkünden Jesus allen Menschen,<br />

auf jede Weise und mit allen Mitteln, welche die Liebe Christi eingibt, vor allem durch das<br />

Zeugnis unseres Lebens, durch die Güte unseres Herzens und durch unseren apostolischen Eifer.<br />

Bei der Erfüllung dieses Dienstes achten wir immer die Würde des Menschen und sind bereit, allen<br />

ohne Unterschied zu dienen.“ Konkret bedeutet dies, dass die Salvatorianer auf keinen bestimmten<br />

Ort und keine bestimmte pastorale Aufgabe beschränkt sind. In Deutschland führen<br />

sie Schulen, betreuen Wallfahrtsorte, arbeiten z.B. als Polizeiseelsorger und leiten Gemeinden.<br />

Universalität heißt auch, in der großen Weltkirche zu arbeiten und darin den Austausch zu fördern.<br />

Die Salvatorianer sind in 40 Ländern in allen Kontinenten vertreten. P. Hubert Veeser SDS<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 55


Orden? Es ist Zeit<br />

Kleine Blumen,<br />

Seit Jahrzehnten Glaubensstärkung: Indische<br />

Nahe am Menschen: Zu den Aufgaben der Schwestern<br />

gehört auch das Gespräch und das Zuhören.<br />

Dass die Katholizität der Kirche – ihre<br />

Umfassendheit – gerade auch ihre<br />

Orden betrifft, lässt sich an den<br />

meisten dieser Gemeinschaften eingehend<br />

studieren. Besonders schön aber ist<br />

dies anhand der „Sisters of the Little Flower<br />

of Bethany“ zu sehen. Diese „Schwestern der<br />

kleinen Blume von Bethanien“ sind eine indische<br />

Frauenkongregation päpstlichen Rechts,<br />

keine Gemeinschaft, die groß von sich reden<br />

macht; vielmehr im Stillen wirkt und Gläubige,<br />

in Deutschland, durch die Pflege alter<br />

Menschen ermutigt und im Glauben stärkt.<br />

Gegründet wurde sie 1921 vom indischen Diözesanpriester<br />

Raymond Francis Camillus<br />

Mascarenhas (1875-1960). Die göttliche Vorsehung<br />

habe es gefügt, dass die Kongregation<br />

nach Deutschland in die Altenpflege gerufen<br />

wurde, schreiben die Ordensfrauen.<br />

Wie so vieles in der katholischen Kirche<br />

spielten persönliche Kontakte eine maßgebliche<br />

Rolle dafür, dass sie gekommen sind<br />

und dass in bislang über 35 Jahren weit mehr<br />

als 32 indische Schwestern im Seniorenhaus<br />

St. Laurentius der gleichnamigen Pfarrei in<br />

Aachen-Laurensberg gewirkt haben und<br />

wirken. Mit „persönlichen Kontakten“ sind<br />

allerdings keine politischen Netzwerke gemeint,<br />

sondern die freundliche Aufnahme in<br />

der Pfarrei, die für die Schwestern eminent<br />

wichtig war und ist. Derzeit sind es sieben<br />

Schwestern der kleinen<br />

Blume von Bethanien.<br />

Wer aber ist eigentlich<br />

diese kleine<br />

Blume?<br />

Die indische Kongregation<br />

sieht sich unter<br />

dem Schutz der heiligen<br />

Therese von Lisieux<br />

– der „petite<br />

fleur“ – und der Gottesmutter<br />

Maria stehen.<br />

Mascarenhas war<br />

von der Autobiographie<br />

„Geschichte einer<br />

Seele“ der 1925 heiliggesprochenen<br />

Fran -<br />

zösin tief beeindruckt. Ihr „kleiner Weg“<br />

sollte das Vorbild – und auch der Weg – der<br />

Schwestern werden. Die ersten vier Mitglieder<br />

waren vier Lehrerinnen und besaßen<br />

nichts außer ihrer Kleidung, die Bibel, eine<br />

armselige Unterkunft und ein sehr großes<br />

Gottvertrauen. Die Gemeinschaft verbreitete<br />

sich schnell. In Indien gibt es heute zahlreiche<br />

Konvente der Schwestern. Sie zählen heute<br />

knapp 1400 Mitglieder, die in 47 indischen<br />

und acht Diözesen im Ausland – in Italien,<br />

Deutschland, Frankreich, Mauretanien und<br />

Senegal – tätig sind. Das Generalat befindet<br />

sich im indischen Mangalore. Deutschland bedeutete<br />

im Jahr 1979 einen Neubeginn für die<br />

Gemeinschaft, denn in ihrer Heimat waren<br />

Fotos: privat<br />

Altenheime wie auch der Beruf der Altenpflegerin<br />

unbekannt. Der ursprüngliche Auftrag<br />

der Gemeinschaft war die Mädchenbildung<br />

und der Einsatz in der Pastoral. Der Gründer,<br />

Msgr. Mascarenhas, wurde 2008 zum verehrungswürdigen<br />

Diener Gottes erklärt.<br />

Die Spiritualität der Gemeinschaft ist – wie<br />

ihr Namenszusatz aussagt – geprägt von Bethanien,<br />

dem Ort, an dem biblischem Zeugnis<br />

gemäß die Geschwister Maria, Marta und<br />

Lazarus lebten, die alle drei mit Jesus befreundet<br />

waren. So sollen und möchten die<br />

Konvente Orte sein, an denen Fremde aufgenommen<br />

werden und Arme Hilfe erhalten –<br />

kurz: Häuser, in denen der Herr zu Gast ist. Bei<br />

alldem möchten die Schwestern zeigen, wie<br />

wichtig es ist, in der Freundschaft mit Jesus<br />

Christus zu leben. In Gebet, Schriftlesung<br />

und der täglichen Messfeier halten sie die<br />

Verbindung zu Jesus Christus. „Unsere erste<br />

und wichtigste Pflicht ist die Betrachtung der<br />

göttlichen Dinge und die beständige Vereinigung<br />

mit Gott im Gebet“, sagt Sr. Jolinta. Dies<br />

sei weder an einen Kontinent noch an ein<br />

Land gebunden. Allerdings bedarf es einer<br />

Hauskapelle mit der eucharistischen Gegenwart<br />

sowie einer Klausur, in der die Schwestern<br />

in Stille ihre Betrachtung halten können.<br />

Wie der konkrete Beginn ihres Wirkens in<br />

Aachen war? Zunächst habe man nicht miteinander<br />

kommunizieren können, erinnert<br />

sich Sr. Jolinta, Schwester der ersten Stunde,<br />

die von 1979 bis 1986 in Laurensberg als<br />

Oberin und Heimleiterin wirkte: Die Inderinnen<br />

sprachen zunächst kein Deutsch. Und<br />

doch habe man gut miteinander kommunizieren<br />

können, weiß Sr. Jolinta, und fügt an,<br />

dass heute längst die Rede sei von „unseren<br />

indischen Schwestern“. Diese Wortkombination<br />

hat sich in der Pfarrei zu einem beinahe<br />

56 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>


Orden? Es ist Zeit<br />

Zum geistlichen Leben der Schwestern der<br />

kleinen Blume gehört die tägliche Messfeier.<br />

die in Aachen blühen<br />

Schwestern kümmern sich um alte Menschen<br />

geflügelten Wort entwickelt. Anlässlich des<br />

25jährigen Jubiläums der Anwesenheit der<br />

Schwestern in Aachen dankte die Generalsuperiorin<br />

auch für die „beständige und<br />

großzügige Hilfe“ der Pfarrangehörigen für<br />

die Mission der Schwestern. Die Gläubigen<br />

in St. Laurentius Aachen seien dadurch zu<br />

ihren „Partnern in der Mission“ geworden.<br />

Mehr als 32 Schwestern haben seit<br />

1979 im Seniorenhaus St. Laurentius in<br />

Aachen gewirkt bzw. wirken bis heute.<br />

Etwas Besonderes im Haus sind die Feste,<br />

die Tischkerzen und köstliches Essen mit<br />

sich bringen sowie, passend zur Little Flower:<br />

Blumenschmuck. Übrigens haben die<br />

Schwestern selbst durchaus Freude an den<br />

heimischen Feiern gefunden. So ist es eine<br />

Selbstverständlichkeit, dass St. Martin, Nikolaus,<br />

Silvester und Karneval eigens gefeiert<br />

werden. Ebenfalls große Freude bereite<br />

es, die Ordenspatroninnen, die Jungfrau Maria<br />

und die kleine Blume, Therese von Lisieux,<br />

zu feiern. Von Therese stammt die<br />

Aussage: „Die Heiligkeit besteht nicht in<br />

dieser oder jener Übung; sie besteht in der<br />

Einstellung des Herzens, die uns in den Armen<br />

Gottes demütig und klein macht, in der<br />

wir uns unserer Schwachheit bewusst sind<br />

und bis zur Verwegenheit auf die Güte des<br />

Vaters vertrauen.“ 1998 wurde Therese zur<br />

universalen Kirchenlehrerin ernannt. vn<br />

Gut in die Pfarrei integriert sind die<br />

Schwestern der kleinen Blume. Die Rede ist<br />

öfter von „unseren Schwestern“.<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 57


Cartellverband<br />

Auf den Spuren<br />

des heiligen<br />

Franz Xaver<br />

in Japan<br />

Tokyo. Im Rahmen einer zehntägigen Japanreise<br />

hat sich über Ostern <strong>2015</strong> eine Gruppe<br />

aus Norddeutschland, darunter auch einige<br />

Cartellbrüder und ihre Ehefrauen, auf die<br />

Suche nach Spuren des heiligen Franz Xaver<br />

und des Christentums in Japan begeben.<br />

Im April 1549 war der Heilige vom indischen<br />

Goa aus nach Japan aufgebrochen, wo er mit<br />

drei Gefährten am 15. August in Kagoshima<br />

als erster christlicher Missionar an Land ging.<br />

Franz Xaver, der erste Gefährte des heiligen<br />

Ignatius von Loyola und Mitbegründer des Jesuitenordens,<br />

wirkte rund drei Jahre in Japan.<br />

Er beindruckte die Japaner als jemand, der genauso<br />

handelte, wie er predigte, und bei seiner<br />

Abreise hatten sich bereits 500 Japaner zum<br />

neuen Glauben bekehrt. In den nächsten 50<br />

Jahren schloss sich ein Fünftel der japanischen<br />

Bevölkerung dem katholischen Glauben an.<br />

Das sogenannte „christliche Jahrhundert“ endete<br />

nach mehreren Wellen schwerer Christenverfolgungen<br />

mit dem endgültigen Verbot des<br />

Christentums 1639, das erst 1873 aufgehoben<br />

wurde. Trotzdem praktizierten kleine Gemeinschaften<br />

insbesondere auf den abgelegenen<br />

Inseln Kyushus im Verborgenen ihren Glauben<br />

weiter – die sogenannten Kryptochristen.<br />

1639 wurde das Christentum in<br />

Japan völlig verboten. Ab 1873 war<br />

es wieder möglich, den Glauben zu<br />

praktizieren.<br />

58 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>


Cartellverband<br />

Die Spuren des Christentums in Japan<br />

gehen auf den heiligen Franz Xaver SJ<br />

zurück, der 1549 dort missionierte.<br />

Im Zentrum der Verständigung<br />

Foto: Bundeskanzleramt<br />

Tokyo. Cbr Tomonobu Hori (E-Rh) hat beim offiziellen Zusammentreffen<br />

von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit<br />

dem japanischen Kaiser als Dolmetscher fungiert. Er hat<br />

ein Studium der Jurisprudenz an der Sophia-Universität<br />

Tokyo und der LMU München absolviert und ist Bandphilister<br />

bei der KDStV Aenania. Er wirkte sodann als Presse -<br />

attaché an der Japanischen Botschaft in Berlin, als Erster<br />

Botschaftssekretär an der Japanischen Botschaft in<br />

Wien sowie als Direktor des Japanischen Informationsund<br />

Kulturzentrums in Wien. Seit 2014 ist er in der Euro -<br />

pean Policy Division des japanischen Außenministeriums<br />

in Tokyo tätig.<br />

vn<br />

Ein erster Höhepunkt war eine meisterlich<br />

vom Philstersenior der AV Edo-Rhenania zu<br />

Ehren der Gäste in Tokyo geschlagene<br />

Kirschblüten-Kneipe. In Kagoshima an der<br />

südlichen Spitze Kyushus feierte die Gruppe<br />

das Osterfest an dem Ort, an dem Franz<br />

Xaver erstmals seinen Fuß auf japanischen<br />

Boden gesetzt hatte. Eine Audienz beim Bischof<br />

von Kagoshima, die Cbr Masaru Mita<br />

(E-Rh) organisiert hatte, rundete den Besuch<br />

ab. Weiterer Höhepunkt war ein Besuch der<br />

Insel Amakusa, wo die Gruppe abseits der<br />

ausgetretenen Pfade westlicher Touristen<br />

zahlreiche Spuren der Kryptochristen sehen<br />

konnte, zum Beispiel Buddhafiguren, die<br />

bei näherer Betrachtung Gesichtszüge der<br />

Jungfrau Maria zeigen, oder buddhistische<br />

Grabsteine mit einem versteckten christ -<br />

lichen Kreuz. Auch in der Millionenstadt<br />

Nagasaki findet sich trotz der extremen Zerstörungen<br />

durch den Atombombenabwurf<br />

eine Vielzahl von Zeugnissen des im 19. Jahrhundert<br />

wiederauflebenden Katholizismus.<br />

Zehn Tage dauerte die Japanreise,<br />

an der auch mehrere Cartellbrüder teilnahmen.<br />

Obere Reihe Mitte: Cbr Prof. Dr. Tim Goydke<br />

Letzte Station der Reise war das Küstenstädtchen<br />

Hirado, in dem der heilige Franz<br />

Xaver seine größten Missionserfolge hatte,<br />

bevor er sich von hier wieder nach Indien<br />

einschiffte.<br />

Prof. Dr. Tim Goydke (Elb)<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 59


Cartellverband<br />

Fotos: privat<br />

Besuch beim Präsi den -<br />

ten der Sophia-Univer -<br />

sität (SU) im April<br />

anlässlich der Vertrags -<br />

unter zeichnung.<br />

Von links: Masaru Mira<br />

(E-Rh), SU-Präsident<br />

Prof. Takashi Hayashita,<br />

Prof. Dr. Tim Goydke<br />

(Elb) und SU-Kanzler<br />

Pater Toshiaki<br />

Koso SJ (E-Rh).<br />

Interkulturalität ganz praktisch<br />

Ken Uematsu über den Vertrag zwischen der Sophia-Universität Tokyo und dem CV<br />

Im vergangenen April hat in<br />

Tokyo die Unterzeichnung<br />

des Kooperationsvertrags<br />

des Cartellverbands mit<br />

der Sophia-Universität (SU),<br />

einer katholischen Universität<br />

der Jesuiten, stattgefunden.<br />

Aus diesem Anlass<br />

hat Cbr Ken Uematsu, Philistersenior<br />

der Edo-Rhenania<br />

(ERTO), ein Interview<br />

gegeben. Die Fragen stellte<br />

Dr. Veit Neumann (Alm).<br />

? Lieber Cartellbruder Ken<br />

Uematsu, gerade hat die Sophia-Universität<br />

der Jesuiten in Tokyo einen Koope ra tions -<br />

vertrag mit unserem CV unterzeichnet.<br />

Was ist der Inhalt des Vertrags?<br />

! Die SU und der CV wollen die Beziehungen<br />

zwischen Japan und Deutschland zum gegenseitigen<br />

Nutzen intensivieren. Beide Parteien<br />

verpflichten sich in dem Vertrag, Gelegenheiten<br />

zu schaffen für den Austausch und die<br />

Zusammenarbeit von Studenten, Dozenten<br />

und Wissenschaftlern. Deutschland und Japan<br />

werden sich in Zukunft immer mehr ähnlichen<br />

Herausforderungen gegenüber sehen.<br />

Um diese Herausforderungen gemeinsam angehen<br />

zu können, bedarf es Spezialisten, die<br />

das jeweils andere Land kennen und verstehen.<br />

Konkret werden als mögliche Aktivitä-<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Ken Uematsu, Philister senior<br />

der Edo-Rhenania Tokyo.<br />

ten die Beratung und Unterstützung<br />

bei der Anbahnung<br />

eines Auf enthalts, die Unterstützung<br />

bzw. die Bereitstellung<br />

von Unterkünften<br />

sowie Stipendien genannt.<br />

? Wie hat sich die Kooperation<br />

überhaupt entwickelt?<br />

! Ausgangspunkt war das<br />

50. Stiftungsfest der ERTO<br />

2013 in Tokyo, zu dem<br />

neben einer großen Zahl<br />

von Cartellbrüdern aus Deutschland und<br />

Österreich auch der CV-Ratsvorsitzende,<br />

Cbr Dr. Heiner Emrich (Nv), in Tokyo war.<br />

Bei einem Empfang durch den Kanzler der<br />

SU, Cbr P. Toshiaki Koso SJ, Ehrenmitglied<br />

der ERTO, berichtete dieser von den Plänen<br />

der Universität, zukünftig deutlich mehr japanische<br />

Studierende nach Deutschland zu<br />

schicken und bat um Hilfe bei diesem Vorhaben.<br />

Cbr Dr. Emrich hat sofort die Unterstützung<br />

des CV zugesagt und Bbr Prof. Dr. Tim<br />

Goydke (Elb), Bandphilister der ERTO, gebeten,<br />

einen Rahmenvertrag auszuarbeiten.<br />

? Vertrag alles schön und gut, aber Papier<br />

ist geduldig. Wer also sind die Unterstützer,<br />

die die Kooperation mit Leben erfüllen<br />

werden? Das heißt auch konkret: Wie ist die<br />

ERTO eingebunden?<br />

! Zwischen der SU und der ERTO besteht eine<br />

ganz besondere Beziehung. Die Verbindung<br />

ist an der SU gegründet worden. Zahlreiche<br />

deutsche Cartellbrüder haben in den vergangenen<br />

Jahrzenten bei der ERTO ein Zuhause<br />

gefunden. Auf dieses Netzwerk können wir<br />

aufbauen, und noch stärker als bisher wollen<br />

wir eine Anlaufstelle sein für Deutsche und<br />

Japaner. Konkret geht es aber nun zunächst<br />

darum, interessierten japanischen Studenten<br />

der SU den Zugang zum Netzwerk der CV-<br />

Verbindungen zu ermöglichen. Ich glaube,<br />

davon können beide Seiten profitieren: die<br />

japanischen Studenten können auf den Häusern<br />

neben einer Unterkunft vor allem Anschluss<br />

finden und studentische Tradition<br />

kennenlernen. Aufnehmende Verbindungen<br />

können ihren Horizont erweitern und Interkulturalität<br />

ganz praktisch üben. Die ERTO<br />

kann dabei als Vermittlerin wirken, und ganz<br />

eigennützig erhoffen wir uns davon auch<br />

neue Mitglieder für unsere Verbindung. Umgekehrt<br />

können wir Cartellbrüdern aus<br />

Deutschland zwar kein Verbindungshaus anbieten,<br />

wir helfen aber mit Rat und Tat. Auch<br />

haben wir mit der Spitze des CV vereinbart,<br />

dass wir Aktive wechselseitig mit einem<br />

Teilstipendium unterstützen wollen.<br />

? Gibt es Zukunftspläne für den Fall, dass<br />

alles gut funktioniert? Wie könnte es weitergehen?<br />

! Ich wünsche mir, dass sich die Kooperation<br />

über einzelne Aufenthalte hinaus zu einem<br />

festen Austauschprogramm entwickelt mit<br />

regen Besuchen in beiden Richtungen. Wir<br />

wollen versuchen, auch mit dem CV eine ähnliche<br />

Kooperation aufzubauen. Da sich heute<br />

immer mehr Studentinnen für Deutschland<br />

und die deutsche Sprache interessieren,<br />

überlegen wir, ein Angebot für Damen aufzubauen.<br />

Die SU ist vor allem stark in den<br />

Geisteswissenschaften. Darum ist wichtig,<br />

einen verstärkten Austausch in den Ingenieur-<br />

und Naturwissenschaften zu fördern<br />

und weitere japanische Universitäten miteinzubeziehen.<br />

Bei unserem 52. Stiftungsfest<br />

am 9. Mai sind gerade vier Füchse recipiert<br />

worden. Drei davon waren von der SU, aber<br />

einer war von der Aoyama-Universität. Ich<br />

hoffe sehr, dass diese jungen Aktiven uns in<br />

den nächsten 50 Jahren führen werden.<br />

60 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>


Österreicher und Deutsche. Wie sind wir?<br />

Dr. Herbert Grubmayr (AIn) wirkte als Botschafter in Moskau und in Bonn (Teil II)<br />

Ja, wenn Wien noch zur Auswahl stünde…<br />

In der vergangenen Ausgabe der <strong>ACADEMIA</strong> (S. 45) hat Cbr Dr. Herbert<br />

Grubmayr über seine Erfahrungen mit Deutschland in den USA und dann in<br />

Moskau geschrieben. Jetzt fährt er fort zu berichten – über Erfahrungen mit<br />

„DDR-Deutschen“ sowie in Bonn:<br />

Bald darauf [nach seiner eigenen Abschiedsfeier anlässlich des Fortgangs<br />

aus Moskau] ging Valentin Bereschkow nach Kalifornien und lehrte dort an<br />

den Universitäten von Berkeley und Stanford political science. Er galt allgemein<br />

als Angehöriger des sowjetischen Geheimdienstes. War dies alles eine<br />

echte Umkehr?<br />

Und unser Verhältnis zu den „DDR-Deutschen“ in Moskau? Gerd König. Der<br />

Vertreter Honeckers war ein hoher Parteifunktionär. Nicht nur hatte er den<br />

Rang eines Stellvertretenden Außenministers. Er war auch Mitglied des Zentralkomitees<br />

der SED (ZK) und verkehrte eigentlich nur mit dem Apparat der<br />

sowjetischen Parallelorganisation am „Alten Platz“, wo sich der Sitz des Internationalen<br />

Sekretariats der KPdSU befand. Zu westlichen Kollegen und<br />

auch zu mir gab er sich in der Regel eher herablassend; umso mehr wunderte<br />

mich seine Reaktion, als ich mich während eines von ihm gegebenen Empfangs<br />

im Sommer 1989 nach seinem Befinden erkundigte. Er erwiderte knapp:<br />

„Hab schon mehr jelacht!“, drehte sich um und ließ mich stehen. Ein befreundetes<br />

Ehepaar von uns – er war Leiter des Büros der DDR-Fluggesellschaft in<br />

Moskau – gab einige Wochen später auch unerwartete Töne von sich. Die<br />

Ehefrau sagte uns, sie werde jetzt nach Berlin zurückkehren und ihren Beruf als<br />

Zahnärztin wieder aufnehmen. Man wisse ja nicht, wie es weitergehen wird.<br />

Das waren eigentlich Alarmzeichen. Aber dass der „Palast des Volkes“ so sehr<br />

an der Kippe stand und die Demolierer schon in den Gräben rundherum auf<br />

ihren Einsatz warteten, ahnten wir eigentlich alle nicht zu diesem Zeitpunkt.<br />

Wir flogen dann über Wien nach Bonn, wo ich am 11. Oktober 1990, also wenige<br />

Tage nach der Wiedervereinigung, Bundespräsident Richard von Weizsäcker<br />

mein Beglaubigungsschreiben überreichte. Meine Frau und ich wurden<br />

überall äußerst freundlich und zuvorkommend empfangen. Alle Türen<br />

standen uns offen. Die Bundesregierung mit Bundeskanzler Helmut Kohl an<br />

der Spitze unterstützte nachdrücklich die österreichischen Ambitionen hinsichtlich<br />

eines EG-(heute EU-)Beitritts. Dies alles stand in einem eklatanten<br />

Gegensatz zu der Haltung Moskaus, wo ich fast jede Woche Auseinandersetzungen<br />

in dieser Frage mit dem sowjetischen Außenministerium und,<br />

wenn auch in etwas geringerem Maße, mit dem Apparat des Zentralkomitees<br />

der KPdSU hatte. Man fühlte sich wie zu Hause, meine Frau wurde sogleich<br />

herzlich in die Bonner Gesellschaft aufgenommen. In den Bundesländern geschah<br />

das Gleiche. Ich reiste sehr oft in die einzelnen Bundesländer, und<br />

überall freute man sich über den österreichischen Gast. Manchmal gab es<br />

auch fast so etwas wie Vereinnahmungen: Als im Frühjahr 1991 die Debatte<br />

im Bundestag über den Regierungssitz (Bonn oder Berlin?) abgeführt wurde,<br />

sagte mir ein höherer CDU-Politiker bei einem Cocktail inmitten eines größeren<br />

Zuhörerkreises: „Ja, wenn Wien noch zur Auswahl stünde, bräuchten wir<br />

gar nicht abzustimmen!“ Ich stimmte in das fröhliche Lachen der Umstehenden<br />

mit ein, obwohl ich als Vertreter Österreichs vielleicht Reserven hätte<br />

anbringen sollen. Aber wir waren ja ohnehin durch unseren Staatsvertrag in<br />

der Unabhängigkeit „beschützt“. Und schließlich hatte unser Freund ja im<br />

Konjunktiv gesprochen! Vor Weihnachten 1992 lud mich der „Tag des deutschen<br />

Handwerks“ zu einem Vorweihnachtsessen ein. Ich fragte die anrufende<br />

Sekretärin, ob etwa auch der französische bzw. der US-Botschafter unter<br />

den Gästen seien. Die Antwort: „Nein.“ Dann mein weiteres Nachbohren:<br />

„Warum gerade ich?“ Antwort: „Na ja, Sie gehören ja dazu...“ – ein verkapptes<br />

Anschlüsschen? Ich wusste, dass bei diesem Essen stets alle CDU-Mitglieder<br />

des Bundeskabinetts zugegen sind. Also lag ein hochkarätiges Ereignis<br />

vor. Statt vielleicht eine kritische Anmerkung zu machen, nahm ich die<br />

Einladung spontan an. Und meine Unbekümmertheit wurde belohnt: ich saß<br />

den ganzen Abend neben der gerade im Jahre zuvor in die Regierungsmannschaft<br />

aufgenommene Frauen- und Jugendministerin Angela Merkel, und<br />

wir unterhielten uns sehr angelegentlich über aktuelle Fragen der Außen -<br />

politik, dies zum Teil auch in der Sprache Tolstois und Dostojewskis, die<br />

wir beide aus unserem Background her ziemlich gut beherrschten. Auch mit<br />

dem deutschen Cartellverband gab es Kontakte: Ich wurde einige Male zu<br />

Verbindungsveranstaltungen als Sprecher über internationale Themenkreise<br />

eingeladen und erschien bei solchen Gelegenheiten natürlich stets plenis<br />

coloribus.<br />

Zum Abschied im Jänner 1993 waren meine Frau und ich ziemlich traurig: Der<br />

Lebensabschnitt am Rhein war ein sehr angenehmer, aber auch positiv-spannender<br />

Einsatz für uns gewesen, und wir haben Bonn und Berlin in den folgenden<br />

Jahren weiterhin besucht und die in unserer „Bonner Zeit“ dort erworbenen<br />

Freundschaften jeweils bei einem fröhlichen Wiedersehen erneuert.<br />

Zum Abschluss noch eine private Anmerkung: Ich schätze die Musik der<br />

Haydn-Hymne gemütsmäßig noch immer viel vertrauter ein als unsere jetzige<br />

Mozart-Variante, obwohl ich das Musikgenie Mozart ansonsten vorbehaltlos<br />

bewundere. Die erstere Melodie erweckt in viel größerer Intensität die unentflechtbaren<br />

historischen Querverbindungen, die nicht zu verleugnen sind,<br />

auch wenn man unverdrossen und nachhaltig in eine umfassendere Querverbindung<br />

blickt. Aber dann erklingt schon „Freude, schöner Götterfunken“ –<br />

und Beethoven, der gehört ja auch (uns) beiden…?<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 61


Cartellverband<br />

Spefux<br />

Ich bin kein Spefux mehr,<br />

denn ich wurde geburscht.<br />

Aber ein bisschen Spefux sind wir alle.<br />

Wir sind Spefux! Ob nun Spefux oder<br />

nicht – ich halte meine Ohren immer<br />

offen und wundere mich bei manchen<br />

Reden unseres Seniors. Er verwendet<br />

häufig Ausdrücke aus einer anderen<br />

Welt. Ich stelle fest, dass sich die Sprache<br />

ändert, nicht nur beim ihm, sondern vor<br />

allem in den Medien. Dort höre ich auch<br />

immer wieder ähnliches.<br />

Der Senior meint es gut und spricht viel<br />

von den Werten, die hoch im Kurs<br />

stünden. Bei seinen Kneipreden klappert<br />

er unsere Prinzipien hölzern ab und<br />

positioniert sie – und damit uns – in der<br />

Gesellschaft, in der man sich nicht mehr<br />

für die Werte committen tut. So geht es<br />

weiter. Unser Senior studiert BWL.<br />

Es ist viel die Rede von Teamfähigkeit,<br />

Servicecharakter und flachen Hierarchien<br />

(unsere Aktivitas ist überschaubar).<br />

Wird jemand recipiert, ist eher die Rede<br />

davon, dass er das Team verstärkt, als<br />

dass er Fux ist. Darf man dem Senior<br />

glauben, sind wir gut aufgestellt,<br />

vor allem bei den Herausforderungen,<br />

die wir nicht als Probleme, sondern als<br />

Chancen sehen. Er sagt nie „<strong>2015</strong>“,<br />

sondern immer „in <strong>2015</strong>“, mir bekannt<br />

aus dem Englischunterricht. Als ich ihn<br />

wegen seines andauernden „Es macht<br />

Sinn“ aufmerksam machte, dass etwas<br />

keinen Sinn machen kann, weil Sinn<br />

nicht gemacht werden kann, weil er<br />

sonst kein Sinn wäre, weil Sinn etwas<br />

Vorgegebenes ist, schaute er mich<br />

entsetzt an. Und setzte noch eins drauf:<br />

Es mache Sinn, dass wir uns strategisch<br />

positionierten, damit unsere Mitglieder<br />

zufrieden seien mit den Produkten<br />

unserer Verbindung…<br />

Dann können wir gleich sagen:<br />

Das Produkt ist die Verbindung, die<br />

Bundesbrüder sind die Teamer,<br />

Bundesbrüderlichkeit heißt Teamwork<br />

und das Verbindungsleben ist der<br />

Workflow. Es gäbe da nur noch ein<br />

kleines Problem: Das ist nicht mehr<br />

unsere Verbindung.<br />

Der CV-Ruhrgaukommers<br />

lebt sehr erfolgreich auf<br />

Saal gefüllt: Benediktiner Salmann spricht über Religion im Wandel<br />

Essen/Gladbeck. Nach Jahren der Vakanz<br />

hat der derzeitige Vorsitzende im CV-Ruhrgau,<br />

Cbr Norbert Hammacher (Ber), einen<br />

erfolgreichen Neuanfang mit dem Ruhrgaukommers<br />

gesetzt. Der Kommers war über<br />

viele Jahre hinweg die zentrale Veranstaltung<br />

des CV im nördlichen Ruhrgebiet und fand<br />

früher im Essener Saalbau statt. Diesmal lud<br />

Cbr Hammacher die Cartellbrüder aus den<br />

Ortszirkeln mit ihren Damen nach Gladbeck<br />

ins Wasserschloss Wittringen ein.<br />

Über 180 Teilnehmer folgten der Einladung<br />

am 17. April <strong>2015</strong>, so dass der Gildensaal im<br />

Schloss ganz gefüllt war. Cbr Dr. Friedrich<br />

Schneider (ChM), Vorsitzender des gastgebenden<br />

Ortzirkels Gladbeck, begrüßte unter<br />

den vielen Erschienenen den Gladbecker<br />

Bürgermeister Ulrich Roland sowie den<br />

Pfarrer der Gladbecker Großgemeinde St.<br />

Lamberti, Cbr Propst André Müller (Si), und<br />

weitere Vertreter befreundeter Verbände.<br />

Chargierte von Cartellverbindungen aus Essen,<br />

Bochum, Münster und Aachen gaben<br />

der Veranstaltung einen farbenprächtigen<br />

Rahmen, während die Leitung des Kommer-<br />

ses bei Cbr Alexander Wilamowski (ChM)<br />

in bewährten Händen lag. Zu Beginn gedachte<br />

die Corona der 150 Toten der Flugzeugkatastrophe<br />

in den französischen Alpen,<br />

darunter insbesondere der Schüler und Lehrer<br />

aus dem benachbarten Haltern.<br />

Die Festrede hielt P. Dr. Elmar Salmann OSB<br />

aus der Abtei Gerleve, ehemals Theologieprofessor<br />

an San Anselmo und an der Gregoriana<br />

in Rom, zum Thema „Freude am Wandel<br />

– Unsere Religion in Zeiten des<br />

Übergangs“. An treffend ausgewählten Beispielen<br />

aus dem politischen, gesellschaftlichen,<br />

kulturellen und kirchlichen Leben<br />

skizzierte er die Vielfalt religiösen Wandels<br />

zwischen gestern und heute. Ein Bläserkreis<br />

der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde<br />

Gladbeck-Rentfort setzte den angemessenen<br />

musikalischen Rahmen.<br />

Die Veranstaltung brachte dem Cartellverband<br />

in der einstigen Bergbaustadt Gladbeck<br />

Ansehen ein. Sie ermutigt die Verantwortlichen,<br />

in Zukunft zu ähnlichen Veranstaltungen<br />

einzuladen. Hans Wilhelm Schulteis (ChW)<br />

Engagiert und urgemütlich:<br />

<strong>ACADEMIA</strong> als Thema in Wien<br />

Wien. Vor dem CV-Zirkel des<br />

österreichischen Außenamtes<br />

in Wien hat Chefredakteur<br />

Dr. Veit Neumann<br />

(Alm) kürzlich über das Wirken<br />

und die Redaktionsarbeit<br />

der deutschen ACADE-<br />

MIA gesprochen, über<br />

„Themen, die unseren Bruderverband<br />

bewegen“, wie<br />

Zirkelvorsitzender Cbr Dr.<br />

Gerhard Jandl (Kb), Sicherheitspolitischer Direktor im Außenministerium, in<br />

seinen wohlwollenden Worten vorab formuliert hatte. Die Ausführungen auf der<br />

Bude der K.a.V. Marko-Danubia gleich neben dem Ministerium mündeten in eine<br />

in jederlei Hinsicht engagierte Diskussion sowie in ein urgemütliches Bei -<br />

sammensein. Bei der Diskussion war u.a. der bemerkenswerte Einfluss öster -<br />

reichischer Cartellbrüder in der Politik zur Sprache gekommen.<br />

AC<br />

Foto: privat<br />

62 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>


Cartellverband<br />

Bei Schönwetterlagen kann<br />

das Prinzip Amicitia gut funktionieren<br />

Lieber Spefux, in der Ausgabe der <strong>ACADEMIA</strong> 6/2014<br />

habe ich Deinen Beitrag gelesen. Du fragst Dich:<br />

„Wieso verlassen so viele Cartellbrüder immer wieder<br />

ihre Verbindungen?“ Am Schluss lese ich:<br />

„Aber interessieren würde mich schon, was die<br />

Ex-Bundesbrüder alles tun, wie sie über unseren<br />

Lebensbund denken…“ Ich bin einer von denen, die die<br />

Mitgliedschaft in ihrer Verbindung gekündigt haben. Ich<br />

habe fast 20 Jahre gebraucht, bis ich mich zu diesem<br />

Entschluss durchringen konnte, und es ist mir nicht<br />

leicht gefallen. Einen Tag vor meinem 70. Geburtstag<br />

habe ich dann am 26. Januar 2014 die Entscheidung<br />

getroffen, die längst überfällig war. Jetzt, nach einem<br />

Jahr kann ich feststellen, dass mein Entschluss<br />

offensichtlich richtig war. In der Verbindung wird oft<br />

und immer wieder das Prinzip Amicitia beschworen. Bei<br />

Schönwetterlagen kann das gut funktionieren. Es hat<br />

sich bei mir aber gezeigt, dass in ernsten Situationen<br />

der Bundesbruder hinter den Paragraphen der GO<br />

verschwindet. Dazu kommen noch Eifersüchteleien,<br />

wenn sich einer den „falschen“ Leibburschen aussucht<br />

oder im Beruf mit Cartellbrüdern konkurriert.<br />

Der AH-Vorsitzende meiner Verbindung hat den Eingang<br />

meiner Austrittserklärung schriftlich bestätigt mit<br />

einem Hinweis, dass ich eine eventuelle<br />

Einzugsermächtigung für den Beitrag mit dem Kassier<br />

klären möge. Bis heute keine weitere Reaktion der<br />

Verbindung. Das war’s dann. Es scheint keinen meiner<br />

ehemaligen Bundesbrüder zu interessieren, warum ein<br />

verdientes Mitglied (pro meritis) aus der Verbindung<br />

ausscheidet. Keiner fragt nach, wenn man sich<br />

außerhalb der Verbindung trifft. Es ist, als ob nichts<br />

wäre. Ich habe den Eindruck, dass sich unser<br />

Lebensbund von anderen Vereinen im Grunde nicht<br />

wesentlich unterscheidet, was das Miteinander der<br />

Mitglieder angeht. Die hehren Prinzipien stehen auf<br />

einem hohen Sockel. Aber in den Niederungen<br />

menschelt es wie überall. Und wenn es zu viel wird,<br />

muss man die Konsequenz ziehen, auch wenn es<br />

schmerzt, weil man an das Gute geglaubt hat.<br />

Herzliche Grüße an Veit Neumann, der meinen Fall<br />

kennen sollte. Hermann Pfaffel (Rad)<br />

PS: Ich bin froh, weiterhin Cartellbruder sein zu dürfen!<br />

Der Vorort läuft für einen guten Zweck<br />

Heidelberg. Der derzeitige Vorort hat die<br />

CV-Afrika-Hilfe mit einer besonderen Aktion<br />

unterstützt: mit einem Spendenlauf. Vier<br />

Vorortschargen liefen am 26. April <strong>2015</strong> den<br />

SAS Halbmarathon der TSG 78 Heidelberg.<br />

Die Strecke zeichnet sich durch ein anspruchsvolles<br />

Höhenprofil aus, bei dem insgesamt<br />

400 Höhenmeter zurückgelegt werden<br />

müssen. Dies führt dazu, dass der<br />

Streckenrekord gut zehn Minuten über dem<br />

deutschen Halbmarathonrekord liegt. Umso<br />

erfreulicher ist es, dass alle vier teilnehmenden<br />

Vorortschargen die knapp 21,1 Kilometer<br />

in weniger als zwei Stunden liefen.<br />

bitte an: CV-Afrika-Hilfe e.V., Pax-Bank<br />

Köln, IBAN DE 12 3706 0193 0016 8000 15,<br />

Verwendungszweck CV Spendenlauf <strong>2015</strong>.<br />

Auf Wunsch wird eine Spendenquittung<br />

ausgestellt. Der gesamte Erlös des Spen -<br />

denlaufs kommt der CV-Afrika-Hilfe zu gute.<br />

Rückfragen an vo-hr@cartellverband.de.<br />

Benedict Wild (Fd), Kristoffer Uhlenkamp (Cpf)<br />

Der Vorort freut sich weiterhin über Spenden<br />

zugunsten der CV-Afrika-Hilfe. Wenn ihr unser<br />

sportliches Engagement noch nachträglich<br />

unterstützen möchtet, richtet eure Spende<br />

Alle vier Chargen des Vororts liefen den<br />

Halbmarathon in weniger als zwei Stunden.<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 63


Cartellverband<br />

Die Wandlungen eines CV-Stammtischs<br />

Was bei der Deutschen Bank begann, wurde auf die Frankfurter Finanzindustrie erweitert<br />

Frankfurt am Main. Im Anfang war der<br />

Deutschbanker-Stammtisch in der Tat ein<br />

Treffen von Cartellbrüdern, die ihren Arbeitsplatz<br />

in den sagenumwobenen Doppeltürmen<br />

in Frankfurt hatten. Es begann alles<br />

in den 90er Jahren und – wie so häufig im<br />

CV – durch einen Zufall: als Harald Herwig<br />

(H-RG) kurz nach seiner Anstellung bei der<br />

Deutschen Bank auf dem Hause der Nibelungia<br />

Brünn zu Darmstadt mit einem Cartellbruder<br />

ins Gespräch kam und dieser Alte<br />

Herr ihm wiederum empfahl, sich doch einmal<br />

bei Willi-Gerd Müller (Rst), einem guten<br />

Bekannten und DB-Veteranen, zu melden.<br />

Gesagt getan, und nach einem ersten<br />

Treffen beschloss man spontan, sich nunmehr<br />

regelmäßig in lockerer Runde mit anderen<br />

CVern aus dem Hause zu treffen. Ein<br />

Lokal war auch schnell gefunden: der Volkswirt<br />

(inzwischen der Neue Volkswirt). Das<br />

Lokal wies zwei große Vorteile auf: Es war<br />

leicht zu erreichen, und es hatte Kölsch im<br />

Angebot. Für viele der in der Frankfurter<br />

Bier-Diaspora lebenden Kölner das ausschlaggebende<br />

Argument. Damit dieser<br />

Stammtisch nicht mit den vielen geschäftlichen<br />

Terminen und familiären Verpflichtungen<br />

(und sei es auch nur die rechtzeitige<br />

abendliche Ankunft in den Vororten, die viele<br />

derjenigen, die in der Frankfurter Innenstadt<br />

arbeiten, als Wohnort bevorzugen) kollidiert,<br />

einigte man sich schnell auf ein Treffen<br />

alle zwei Monate.<br />

Kaum hatte der Stammtisch seine Kernmannschaft<br />

gefunden, änderten sich die Zeiten.<br />

Bei der Deutschen Bank brachen im<br />

Frühjahr 2000 die „Grünen Wochen“ aus –<br />

so wird intern das letztendlich gescheiterte<br />

Fusionsprojekt zwischen Deutscher Bank und<br />

Dresdner Bank genannt (die neue Bank sollte<br />

– horribile dictu – die grüne Farbe der<br />

Dresd ner Bank übernehmen). In den verschiedenen<br />

Projektgruppen arbeiteten Deutschbanker<br />

und Dresdner zusammen, und als ein<br />

oder zwei der zukünftigen Kollegen als Cartellbrüder<br />

erkannt wurden, waren sie natürlich<br />

sofort herzlich eingeladen. Auch als die Übernahme<br />

dann abgeblasen wurde, blieben die<br />

„Grünen“ dem Stammtisch noch lange treu, ehe<br />

sie berufsbedingt zu neuen Horizonten aufbrachen.<br />

In der volatilen Bankenwelt blieb dieses<br />

Schicksal aber auch einigen langjährigen<br />

„Urmitgliedern“ nicht erspart. Arbeitgeberwechsel,<br />

Ausgliederungen und Pensionierungen<br />

führten dazu, dass aus dem Deutschbankerstammtisch<br />

inzwischen ein Stammtisch<br />

„Frankfurter Finanzindustrie“ geworden ist,<br />

denn natürlich ist ein beruflicher Wechsel kein<br />

Grund, den Treffen fernzubleiben. Inzwischen<br />

Foto: privat<br />

Der Autor: Gero Olbertz<br />

(Rst), 53, hat<br />

nach einer Banklehre<br />

in Köln BWL studiert<br />

und ist nach verschie -<br />

denen beruflichen<br />

Stationen seit 2002 bei der DWS, der Fondsgesellschaft<br />

der Deutschen Bank, als Senior<br />

Portfolio Manager tätig. Seit 2013 ist er Philisterschriftführer<br />

der AV Rheinstein im CV<br />

zu Köln.<br />

stoßen aus dem Freundeskreis oder der Familie<br />

auch „finanzferne“ CVer hinzu und verbreitern<br />

damit natürlich die Themenbereiche<br />

der jeweiligen Treffen. Für einige Aktive, die<br />

in anderen Städten studieren und in Frankfurt<br />

ein Berufspraktikum machen, ist der<br />

Stammtisch für die Zeit ihres Aufenthaltes<br />

keine Großveranstaltung, sondern mit einer<br />

Teilnehmerzahl zwischen drei und acht Cartellbrüdern<br />

durchaus überschaubar. Die Treffen<br />

finden alle zwei Monate in der Regel am<br />

dritten Monatsdonnerstag ab 18.30 Uhr im<br />

„Neuen Volkswirt“ statt. Das nächste Treffen<br />

ist für den 18. Juni geplant. Kontakt über<br />

Gero Olbertz, phil.xxx@av-rheinstein.de.<br />

Hans-Werner Sinn sprach bei Vindelicia über Demographie<br />

Foto: privat<br />

München. Beim traditionellen Neujahrsempfang der KDStV<br />

Vindelicia München hat der deutsche Ökonom Hans-Werner<br />

Sinn gesprochen. Der Präsident des ifo Institut für Wirtschaftsforschung<br />

sprach über die auf Deutschland zukommende<br />

demographische Katastrophe – und nahm dabei<br />

kein Blatt vor den Mund, insbesondere was die Entwicklung<br />

der Renten in den kommenden Jahren betrifft. Mit freundlichen<br />

Worten hatte Cbr Prof. Dr. Kurt Faltlhauser (Vc), vormaliger<br />

Finanzminister in Bayern, das Referat eingeleitet.<br />

Im Bild (von links): Aktivensenior Cbr Daniel Boosz, Spiritus<br />

rector Cbr Dr. Michael Winter, Cbr Prof. Kurt Faltlhauser,<br />

Redner Prof. Dr. Hans-Werner Sinn und PhilX Ekkehard Reinisch<br />

(Vc). Der Neujahrsempfang, als dessen Taktgeber<br />

Cbr Dr. Michael Winter (F-Rt) fungiert, wird im kommenden<br />

Januar zum neunten Mal stattfinden. Sprechen wird<br />

dann der Maler Michael Triegel, einer der bekanntesten<br />

Künstler Deutschlands. Der Leipziger hatte die maßgeblichen<br />

Porträts von Papst Benedikt XVI. (Rup) gemalt. AC<br />

64 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>


Cartellverband<br />

CV-Zirkel<br />

Hochtaunus:<br />

neue Leitung<br />

Bad Homburg. Der CV-Zirkel Hochtaunus<br />

hat seit Anfang <strong>2015</strong> eine neue Leitung.<br />

Nach über 16 Jahren als Vorsitzender legte<br />

Cbr Helmut Steinfurt (Hr) die Verantwortung<br />

in die Hände von Cbr Dr. Johannes Maier<br />

(Ho), der von den Cartellbrüdern Hans-<br />

Georg Dahl (GEl) und Jörn van Rossum<br />

(Elb) unterstützt wird.<br />

Mitte März stellte sich der neue Vorstand in<br />

einer akademischen Feier im Verkehrslokal<br />

Der neue Vorstand des CV-Zirkels Hochtaunus,<br />

von links: Cbr Hans-Georg Dahl (GEl), Dr. Johan -<br />

nes Maier (Ho) und Jörn van Rossum (Elb).<br />

„Zur Traube“ in Bad Homburg den Cartellbrüdern<br />

und deren Damen vor. Der Abend<br />

begann mit der Feier der Heiligen Messe, die<br />

der dem CV-Zirkel verbundene Pfarrer Dr.<br />

Marcelinus Zang Mvondo aus Kamerun<br />

hielt. Anschließend hielt Dr. Mvondo die<br />

Festrede zur Enzyklika „Evangelii Gaudium“,<br />

in der Papst Franziskus ermuntert, den<br />

Glauben mit Freude in der Welt zu leben. Ein<br />

weiterer Punkt war die Vorstellung der neuen<br />

Homepage des Zirkels, auf der das attraktive<br />

Jahresprogramm eingesehen werden kann.<br />

Nach einigen studentischen Liedern und<br />

Colloquien klang der Abend mit dem CV-<br />

Bundeslied aus.<br />

Neben den über zweihundert Cartellbrüdern,<br />

die im Hochtaunuskreis gemeldet sind,<br />

lädt der Zirkel alle aktiven und philistrierten<br />

Cartellbrüder, die vorübergehend im Hochtaunuskreis<br />

tätig sind oder Urlaub machen,<br />

gerne zu seinen Veranstaltungen ein. Der regelmäßige<br />

Stammtisch findet an jedem<br />

ersten Dienstag im Monat statt. www.cvhochtaunus.de,<br />

info@cv-hochtaunus.de. AC<br />

Foto: privat<br />

COMMENTiert<br />

von Dr. Bernhard Grün (Mm)<br />

Wo liegen die Grenzen guten Geschmacks? Was ist bereits<br />

Kitsch, was kreativ und was Klamauk? Wie damals sehe ich<br />

Herrn N. N. 1 auf dem Gießener Marktfrühschoppen mit grob vernähter<br />

„Prim“ frisch gescheitelt vor mir stehen, stolz auf das<br />

Innenfutter seiner dunkelgrünen Kneipjacke weisend, einen<br />

veritablen Bierzipfel kunstvoll gefertigt aus einem breiten rosa<br />

Straps nebst Schieber und dazu passendem Phantasiezirkel<br />

vorweisen – nichts für Puristen. 2<br />

Das Garnieren von Mützen mit Pins, Buttons und Ansteckern wertet<br />

weder den so verunstalteten Burschenhut noch dessen Träger wirk -<br />

lich auf. Unvergeßlich der Anblick mit kleinen Fußbällen, Tennis -<br />

schlägern und Teddybären bestickter Kopfcouleurs korporierter<br />

Teilnehmer auf dem Nürnberger Thomastagkommers, abgesehen von<br />

anderen Stillosig- und Peinlichkeiten des Chargiercomments<br />

diverser Verbindungen – auffallen um jeden Preis.<br />

Couleurkitsch in Form von Fidibushaltern, Flohbeinen, Aschen -<br />

bechern, Visitenkartentabletts, Zinntellern usw. hat eine hart -<br />

näckige Tradition, die sich über süßliche Postkarten mit Alt- und<br />

Jung-Heidelbergmotiven, Heidelberger Romanzenfilmen und schnul -<br />

zi gen Schallplattenaufnahmen nahtlos bis heute fortführen läßt:<br />

Massenware mit höchst vergänglichem Wappenaufdruck wie Bier krüge<br />

in allen Variationen, seidige Verbandskrawatten, 3 läs si ge Shirts<br />

mit Farbbesatz im Collegelook, 4 Baseballcaps, Plastik arm band -<br />

uhren, Flaschenöffner, Schlüsselanhänger, Feuer zeu ge – frei nach<br />

dem Motto: „Die Corpsedition von Zippo kann so auch zum festen<br />

Bestandteil jeder Couleurartikelsammlung werden ... Das hält eben<br />

ein Leben lang. So wie Ihre Corpszugehörigkeit.“ 5 Mein persön -<br />

licher Favorit: die adventlichen Teelichtgläser mit CV-Logo, die<br />

sich auch für sog. sportliche Schnelle (Stichwort: Kösener<br />

Kinderbecher) eignen, Achtung: Teelicht vorher heraus nehmen! 6<br />

Unitarier stärken sich lieber mit UV-Traubenzucker wür feln – das<br />

Stück zu zehn Cent (auch einzeln bestellbar?), die Ver packung<br />

geschmackvoll in Verbandsfarben. 7 Wer das Besondere liebt, sollte<br />

gleich zum Fußabstreifer mit Zirkel nach Wahl grei fen – je nach<br />

Abneigung für eine bestimmte Verbindung und hof fent lich noch im<br />

Shopsortiment der Corps auf Lager (bitte nach fragen!) 8<br />

Absolut liebenswert dagegen die nach Farbenwunsch handbemalten<br />

Räuchermännchen aus dem Erzgebirge, die rechtzeitig vorbestellt<br />

in neun unterschiedlichen Ausführungen erhältlich sind. 9 Nicht<br />

zu vergessen für Romantiker das Mitbringsel für die Dame: der<br />

Heidelberger Studentenkuß. 10<br />

1<br />

Lat. Numerius Negidius = Der die Zahlung Verweigernde = der angeklagte Schuldner im<br />

Römischen Recht. Name und Korporation des Betreffenden dem Autor bekannt.<br />

2<br />

Waffenstudenten bestellen ihr blutendes Konterfei unter: www.factum-coloniae.de<br />

3<br />

Wahlweise in drei Farben: www.verlag-tms.de<br />

4<br />

Auch mit Damen- und Kinderkollektion: www.propatria.de<br />

5<br />

Gefunden in: Corps-Magazin 3 (2005), S. 19.<br />

6<br />

Gefunden in: Academia 5 (2012), S. 44.<br />

7<br />

Gefunden in: Unitas 4 (2012), S. 352.<br />

8<br />

Gefunden in: Corps-Magazin 3 (2010), Umschlagseite.<br />

9<br />

Persönlich vor Ort in Seiffen vorbeischauen oder: www.klaus-merten.de<br />

10<br />

Ladengeschäft (Haspelgasse 16) unterhalb des Couleurcafés Knösel:<br />

www.studentenkuss.com<br />

[Anm.d.Red.: Der Autor hat um die Wiedergabe in der Form der alten Recht schreibung gebeten.]<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 65


Cartellverband<br />

<strong>2015</strong><br />

WICHTIGE CV-TERMINE<br />

Juni <strong>2015</strong><br />

Freitag, 19. - Sonntag, 21. 110. Stiftungsfest Vandalia (Prag), München<br />

Freitag, 19. - Sonntag, 21. 20. Stiftungsfest Norbertina, Magdeburg<br />

Freitag, 26. - Sonntag, 28. 125. Stiftungsfest Teutonia Fr. i. Ü.<br />

Samstag, 27. Übergabekommers Kaiserslautern<br />

Juli <strong>2015</strong><br />

Mittwoch, 22. Stadtgründungskommers Nürnberg<br />

September <strong>2015</strong><br />

Freitag, 4. - Montag, 7. 169. Generalversammlung des StV,<br />

Solothurn<br />

Oktober <strong>2015</strong><br />

Mittwoch, 7. - Freitag, 16. CV-Fahrt nach Israel<br />

Samstag, 10. 40. Regionaltag Südwest, Darmstadt, NbB<br />

Samstag, 10. 40. Regionaltag West, Düsseldorf, BuL<br />

Samstag, 24. 40. Regionaltag Nord, Bremen, Vis<br />

Samstag, 24. 40. Regionaltag Südost, Würzburg, ChW<br />

November <strong>2015</strong><br />

Dienstag, 3. 46. CV-Empfang Stuttgart<br />

Donnerstag, 5. - Sonntag, 8. 140. Stiftungsfest Suevia, Berlin<br />

Festkommers: Freitag<br />

Freitag, 6. - Sonntag, 8. 33. Medienseminar mit HSS, Kloster Banz<br />

Samstag, 14. - Sonntag, 15. KVV des EKV, Salzburg<br />

Dezember <strong>2015</strong><br />

Freitag, 18. - Sonntag, 20. Thomastag, Nürnberg<br />

Festkommers: Samstag<br />

2016<br />

Mai 2016<br />

Mittwoch, 25. - Sonntag, 29. 100. Katholikentag, Leipzig<br />

Donnerstag, 26. - Sonntag, 29. 130. Cartellversammlung, Würzburg<br />

(Achtung: Fronleichnam!)<br />

August 2016<br />

Dienstag, 2. - Sonntag, 14. 5. CV-Seereise<br />

„Rund um die Britischen Inseln“<br />

September 2016<br />

Freitag, 2. - Montag, 5. 170. Generalversammlung des StV, Schwyz<br />

2017<br />

Juni 2017<br />

Donnerstag, 15. - Sonntag, 18. 131. Cartellversammlung, Stuttgart<br />

(Achtung: Fronleichnam!)<br />

2018<br />

Mai 2018<br />

Mittwoch, 9. - Sonntag, 13. 101. Katholikentag, Münster<br />

(Achtung: Christi Himmelfahrt!)<br />

Donnerstag, 31. - Sonntag, 3.6. 132. Cartellversammlung, Köln<br />

(Achtung: Fronleichnam!)<br />

CV-Zirkel bei<br />

PwC gegründet<br />

Frankfurt. Seit mittlerweile zwei Jahren<br />

treffen sich Cartellbrüder, die deutschlandweit<br />

bei der PricewaterhouseCoopers WPG<br />

AG beschäftigt sind, regelmäßig zum Stammtisch.<br />

Auch wenn es, bedingt durch die mit<br />

der Tätigkeit verbundenen wechselnden Einsatzorte,<br />

für die Cartellbrüder auch mit der<br />

Herausforderung verbunden ist, dienstliche<br />

Reiseerfordernisse mit der Stammtischteilnahme<br />

zu vereinbaren, nehmen regelmäßig<br />

knapp zehn Cartellbrüder teil.<br />

Am 4. November 2014 hatten sich acht Cartellbrüder<br />

auf Einladung des Sprechers des<br />

Vorstandes von PwC, Cbr Prof. Dr. Norbert<br />

Winkeljohann (Wf) in der Frankfurter Firmenzentrale<br />

von PwC getroffen. Bei dem<br />

Treffen wurde spontan beschlossen, einen<br />

offiziellen PwC-CV-Zirkel zu gründen. Der<br />

Zirkel steht unter der Schirmherrschaft von<br />

Cbr Prof. Dr. Norbert Winkeljohann. Zum<br />

Zirkelvorsitzenden wurde Cbr Dr. Sven-Joachim<br />

Otto (Cpf) gewählt. Die Cartellbrüder<br />

haben sich zum Ziel gesetzt, ein Netzwerk<br />

innerhalb von PwC auf- bzw. auszubauen,<br />

das den Gedankenaustausch und die Kontaktaufnahme<br />

von Cartellbrüdern innerhalb<br />

von PwC, aber auch zu anderen Unternehmen<br />

und Verbänden der Privatwirtschaft fördert.<br />

Gerne sind die Zirkelmitglieder aktiven<br />

Cartellbrüdern mit passendem Studienfach<br />

und entsprechenden Studienleistungen behilflich,<br />

ein Praktikumsplatz oder auch den<br />

Berufseinstieg bei PwC zu finden.<br />

Die Bandbreite der Studienfächer und Tätigkeitsbereiche<br />

der Zirkelmitglieder ist ein<br />

Spiegelbild der Themen- und Tätigkeitsschwerpunkte<br />

von PwC insgesamt. Denn<br />

auch wenn PwC stark als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />

bekannt ist, bietet PwC<br />

neben Steuer- und Rechtsberatung auch<br />

klassische Unternehmensberatungsdienstleistungen<br />

an. Im Zirkel sind somit neben<br />

Juristen und Wirtschaftswissenschaftlern<br />

auch Cartellbrüder mit naturwissenschaftlich-technischen<br />

Abschlüssen vertreten. Als<br />

Tätigkeitsfelder der Cartellbrüder seien beispielhaft<br />

genannt die Beratung im Bereich<br />

Kommunal- und Energierecht, die Beratung<br />

zu Unternehmenssteuerfragen oder die IT-<br />

Beratung. Cartellbrüder, die bei PwC ar -<br />

beiten, können sich gern bei Cbr Dr. Sven-<br />

Joachim Otto melden. Thomas Rudolph (Cs)<br />

66 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>


Thema<br />

europäische Identität –<br />

auf geht’s nach Rom<br />

Rom. Von Mittwoch, 26. August, bis<br />

Dienstag, 2. September, findet in Rom<br />

das Seminar der CV-Akademie „Rom – die ewige Stadt als Wiege der europäischen<br />

Identität“ statt. Die Leitung liegt bei Cbr Tom Peters (Ber), die Unterbringung erfolgt<br />

im Gästehaus des Deutschen Ordens in der Via Nomentana. Das Programm<br />

hat vieles Interessante und Bildsame sowie überhaupt einiges Hochkarätige zu<br />

bieten: Bereits am Donnerstag ist Empfang in der Botschaft der Bundesrepublik<br />

Deutschland beim Heiligen Stuhl sowie Besuch beim souveränen Malteserorden<br />

im Palazzo di Malta. Freitag: Führung über das antike Forum Romanum und Besuch<br />

des Kolosseums; studentische Kneipe bei der Capitolina Rom. Samstag: Besuch<br />

der Villa Farnesina, Trastevere, Spaziergang durch das Rom der Renaissance. Sonntag:<br />

Besuch des Hochamts in Santa Maria Maggiore, Angelus-Gebet mit dem<br />

Heiligen Vater am Petersplatz. Montag: Führung bei der Schweizer Garde und<br />

Besuch des Petersdoms, Engelsburg; Führung durch den Campo Santo Teutonico<br />

mit dem Römischen Institut der Görres-Gesellschaft. Dienstag: Besuch der Biblioteca<br />

Vaticana und Führung durch die Räumlichkeiten durch die Archivleitung.<br />

Kostenanteil: 450 Euro Studenten, 600 Nichtstudenten. Eine Anmeldung ist<br />

über die CV-Akademie im CV- Sekretariat in Bad Honnef möglich (siehe auch<br />

unten: Seminare der CV-Akademie).<br />

AC<br />

8/<strong>2015</strong>, „Rom – die ewige Stadt als Wiege der Europäischen Identität“<br />

26.8. - 3.9.<strong>2015</strong>, Gästehaus des Deutschen Ordens in Rom (siehe auch Beitrag oben)<br />

10/<strong>2015</strong>, „Barmherzigkeit“<br />

20. - 22.11.<strong>2015</strong>, Salvatorianer Kloster Steinfeld, Kall<br />

11/<strong>2015</strong>, „Einkehrtage <strong>2015</strong>: Familie in heutiger Zeit“<br />

27. - 29.11.<strong>2015</strong>, Kloster Huysburg, Huy-Dingelstedt<br />

SEMINARE<br />

DER CV-AKADEMIE<br />

Anfragen und Seminaranmeldungen (schriftlich) sind zu richten an:<br />

CV-Sekretariat, Linzer Straße 82, 53604 Bad Honnef, Telefon (0 22 24) 9 60 02-0,<br />

Fax (0 22 24) 9 60 02-20, cva-verwaltung@cartellverband.de<br />

Foto: privat<br />

Akademie<br />

Die Teilnehmer hörten nicht nur Vorträge, sondern<br />

besichtigten die Bauten auch am Ort.<br />

Wissenswert: das<br />

Mittelalter in Trier<br />

Trier. 35 Teilnehmer sind im April der Einladung<br />

zu einem CV-Seminar gefolgt, das die<br />

KDStV Vasgovia Landau mit der CV-Akademie<br />

in Trier durchführte. Thema war das<br />

mittelalterliche Trier. Nach dem Eröffnungsvortrag<br />

„Sagenhaftes Trier – wie die Trierer<br />

ihre Geschichte erfanden“ bewun derte man<br />

die von Bischof Georg von Schönborn durch<br />

Balthasar Neumann über dem Grab des<br />

heiligen Paulinus errichtete barocke Kirche<br />

St. Paulin. Hauptmarkt, Matthiasbasilika,<br />

Domschatz und Dom waren weitere hoch -<br />

interessante Stationen auf dem Programm.<br />

Die Leitung lag bei Cbr Karl Dann (Vg). AC<br />

Bischöfliches Internat<br />

und Tagesinternat<br />

im Münsterland<br />

International. Individuell. Christlich.<br />

Wir sind ein international ausgerichtetes Internat mit langer Tradition.<br />

Unser Ziel ist es, die uns anvertrauten Kinder und Jugendlichen bestmöglich<br />

zu fördern, individuell und auf Grundlage des christlichen Menschenbildes.<br />

Wir informieren Sie gerne:<br />

www.internat-loburg.de<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 67


Cartellverband<br />

Nuntius Pacelli hatte 1922 die Ehren -<br />

mitgliedschaft der Trifels angenommen.<br />

Als Pius XII. stand er dazu.<br />

Noch<br />

härteres Schicksal<br />

Gebet um baldige Seligsprechung<br />

Die KDStV Trifels gedenkt ihres Ehrenmitglieds Pius XII.<br />

München/Rom. Seit fünf Jahren gibt die<br />

KDStV Trifels zu München im CV ein<br />

Messstipendium im Anliegen der baldigen<br />

Seligsprechung ihres Ehrenmitglieds, des<br />

vor maligen Nuntius Eugenio Pacelli, des<br />

späteren Papstes Pius XII. Nuntius Eugenio<br />

Pacelli wurde 1922 aufgenommen und blieb<br />

seitdem der Studentenverbindung, auch als<br />

Papst, treu.<br />

Die Heilige Messe wird jeweils im Marienmonat<br />

Mai in der Theatinerkirche St. Kajetan<br />

in München zur regulären Wochentagsmesse<br />

um 17.30 Uhr gefeiert. Trifels chargiert, und<br />

den Altardienst übernahm die Trifels-Akti-<br />

vitas. Der Heiligen Messe wohnten nicht nur<br />

Alte Herren und Aktive der KDStV Trifels<br />

bei. Unter anderem nahm CV-Ratsvorsitzender<br />

Cbr Dr. Heiner Emrich (Nv) und die Philisterseniores<br />

Aenaniae und Vindeliciae, Cbr<br />

Prof. Dr. Hartmann sowie Ekkehard Reinisch<br />

(VC), und der Vorsitzende des Vereins der<br />

Freunde und Förderer des CV, Alt-CV-Ratsvorsitzender<br />

Cbr Dr. Karlheinz Götz (Rup),<br />

sowie Cbr Dr. Michael Mihatsch (Rup) teil.<br />

Celebrans und Prediger ist der jeweilige Trifels-Verbindungsseelsorger.<br />

Seit geraumer<br />

Zeit ist dies Pater Dr. Wolfgang Hariolf<br />

Spindler OP (F-Rt). Auf dem Altar stand eine<br />

Rolf van Rienen<br />

Couleurartikelversand<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Foto: privat<br />

Erzbischof Dr. Karl Braun schreibt:<br />

„Pius XII. wollte mit aller Entschiedenheit<br />

den Massenmord<br />

Hitlers an den Juden öffentlich<br />

verurteilen. Seinen im Sommer<br />

1942 bereits vorbereiteten scharfen<br />

Protest gegen den Holocaust<br />

hat der Papst im Interesse der<br />

Verfolgten und aus Kenntnis der<br />

Machthaber zurückgezogen, weil<br />

er befürchten musste, dass er mit<br />

seinem Einspruch das Schicksal<br />

der Juden noch härter machen<br />

würde, bzw. dass die Nationalsozialisten<br />

als Reaktion darauf noch<br />

grausamer und schneller ihr Ziel<br />

der Vernichtung aller Juden verfolgen<br />

würden. Ich stimme dem<br />

Urteil zu: „Alle Erwägungen, was<br />

alles hätte verhindert werden<br />

können, wenn der Papst sich nur<br />

laut genug geäußert hätte, sind<br />

rein spekulativ – von Hochhuth<br />

bis zu seinen heutigen Nach -<br />

betern. Die historischen Tatsachen<br />

sprechen eine eindeutig andere<br />

Sprache (Otto B. Roegele)“<br />

[Braun, Karl Erzbischof, Hitlers<br />

Papst? In: ders., Im Dienst der Einheit,<br />

Bamberg 2000, S. 628-632,<br />

hier S. 631].<br />

AC<br />

Büste Pius XII. aus dem Bestand der Theatinerkirche.<br />

Die Gebetskarte mit dem offiziellen<br />

Gebet für die Seligsprechung aus dem<br />

Jahr 2010 wurde verteilt und kann über die<br />

Verbindung bezogen werden. Den festlichen<br />

musikalischen Rahmen übernahm Cbr Pater<br />

Dr. Robert Mehlhart OP (Baj), in diesem<br />

Jahr mit seiner Vokalkapelle der Theatinerkirche,<br />

der ehemaligen Bayerischen Hofkapelle.<br />

Im Anschluss luden Philistersenior<br />

Michael Müller (Tfs) und der Senior Mi -<br />

chael Stenzenberger zu einem Empfang auf<br />

das Trifelshaus.<br />

Stephan Ley (Alm)<br />

68 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>


Cartellverband<br />

DIE REZEPTIONEN<br />

VOM 1. JANUAR BIS 31. DEZEMBER 2014<br />

Zusammengestellt nach den Meldungen der Gesamtverzeichnis-Berichterstatter (GVB) zum Stichtag 1. März <strong>2015</strong>, Gesamtzahl der<br />

Rezeptionen 562. Die Verbindungen B-Th, BuM, ChM, NbB, NdP, Rad, R-F, R-P, S-Ss, Tt, Vg, Vis und Wf hatten 2014 keine Rezeptionen.<br />

KDStV Adolphiana<br />

2014.25.04 Müller Sven, bwl<br />

2014.10.10 Eberhardt Toni Günter, päd.<br />

KDStV Aenania<br />

2014.11.04 Aichinger Daniel, phys. & med.<br />

2014.11.04 Gabler Tobias, bwl<br />

2014.11.04 Grininger Jonas,<br />

pol. & geschichte<br />

2014.11.04 Probst Matthias, elektrou.<br />

inf.-techn.<br />

2014.10.10 Hennecken Alexander, jur.<br />

2014.10.10 Keilholz Michael, med.<br />

2014.10.10 Lanvers Fabian, bwl<br />

2014.10.10 Perkhofer Franziskus, vwl<br />

2014.10.10 Wachter Johannes, bwl<br />

2014.10.10 Zimmerer Maximilian, phys.<br />

2014.28.11 Fink Maximilian, el.-techn.<br />

2014.28.11 Firmke Matthias, theol.<br />

KDStV Agilolfia<br />

2014.06.10 Berger Michael, agr. (FH)<br />

2014.06.10 Schlagenhaufer Andreas,<br />

agr. (TU)<br />

2014.10.10 Frankenberger Johannes,<br />

forest.-ing. (FH)<br />

2014.10.10 Gleißner Mats, landsch.-bau<br />

u.management (FH)<br />

2014.10.10 Grabendorfer Karl,<br />

agrarwiss. (TU)<br />

2014.10.10 Huber Andreas,<br />

bioprozesstechnik<br />

2014.10.10 Hubinger Stephan,<br />

lebensm.-techn. (TU)<br />

2014.10.10 Künsberg-Langenstadt<br />

Maximilian Freiherr von, wirt.-<br />

ing. u. mark-manag. agr. (FH)<br />

2014.10.10 Meyer Matthias, agr.<br />

2014.10.10 Münsterer Michael, agr.<br />

2014.10.10 Ochsenkühn Georg,<br />

brauwesen<br />

2014.10.10 Puff Alex, manag. erneuerb.<br />

Energie (FH)<br />

2014.10.10 Scheitz Georg Ludwig, agr.<br />

2014.10.10 Steber Sebastian, agr. (TU)<br />

2014.10.10 Schmid Florian, agr. (FH)<br />

2014.10.10 Ertl Johannes, agr.<br />

2014.27.10 Hirschmann Alexander,<br />

lebensm.-techn. (FH)<br />

KDStV Alania, Bonn<br />

2014.11.07 Herschung Lucas, med.<br />

2014.17.10 Schreinemachers Matthias,<br />

geodäsie<br />

2014.05.12 Westerhoff Jan, geodäsie<br />

AV Alania, Stuttgart<br />

2014.07.04 Weirich Martin, bwl<br />

2014.07.04 Kratt Tobis, arch.<br />

2014.05.05 Sturm Benjamin, el.-u. info-techn.<br />

2014.27.10 Arnoldi Alessio, steueru.<br />

wirtschaftsrecht<br />

2014.27.10 Engler Florian<br />

2014.27.10 Hohlwegler Marcel, mach.<br />

2014.27.10 Renz Pascal, industriedesign<br />

2014.27.10 Wimmer Adrian, wiwi.<br />

KDStV Alcimonia<br />

2014.11.04 Rose Thomas<br />

2014.13.10 Heider Dominik,<br />

math. & kath.rel.<br />

KDStV Alemannia zu Greifswald und<br />

Münster (Greifswald)<br />

2014.11.10 Weinert Philipp, psychl.<br />

2014.29.11 Rhinow Peter Michael, jur.<br />

KDStV Alemannia zu Greifswald und<br />

Münster (Münster)<br />

2014.15.02 Kobler Julian<br />

KDStV Algovia<br />

2014.12.11 Kratz Michael Philipp, bwl<br />

AV Alsatia<br />

2014.13.01 Glaab Thomas, med.<br />

2014.18.01 König Markus, (VG) bwl<br />

2014.14.04 Breimhorst Christian, med.<br />

KDStV Angrivaria (Sarstedt)<br />

2014.12.06 Sinagra-Tartagna Andrea<br />

KDStV Arminia, Freiburg<br />

2014.11.01 Burchhardt Vincent,<br />

soziale arbeit<br />

2014.13.01 Becker Daniel Andreas, jur.<br />

2014.28.04 Heggenberger Ulrich Andreas<br />

(VG)<br />

2014.17.11 Hensler David,<br />

erziehungswiss.<br />

2014.17.11 Tröndle Falco, bio.<br />

KDStV Arminia, Heidelberg<br />

2014.26.04 Finster Marius, rechtswiss.<br />

2014.08.06 Zinser Markus<br />

2014.18.10 Zobel Maximilian, jur.<br />

KDStV Ascania<br />

2014.31.05 Bündgens Johannes, theol.<br />

2014.11.10 Dietrich Felix Valentin, geo.<br />

2014.06.12 Schmitz Marvin Bernhard, phil.<br />

2014.06.12 Funke Niklas, vwl.<br />

2014.06.12 Veken Janik, jur.<br />

KDStV Asgard (Düsseldorf)<br />

2014.07.04 Krug Roman, jur.<br />

2014.11.04 Okonski Martin, general<br />

managem.<br />

2014.27.06 Petsch Lennart, jur.<br />

2014.10.10 Renneberg Florian, wirt.-math.<br />

2014.10.10 Werhahn Claus,<br />

general managem.<br />

2014.10.10 Plesch Michael, vwl.<br />

2014.10.10 Vogeno Simon (VG) wirt.-inf.<br />

KDStV Aureo-Danubia<br />

2014.14.02 Kienberger Gabriel, bwl<br />

2014.10.10 Mersch Philipp, bwl<br />

2014.10.10 Schulz David, bwl<br />

2014.10.10 Guth Max, bwl<br />

2014.22.10 Frank Felix, bwl<br />

2014.13.12 Zenk Florian, bwl<br />

2014.13.12 Achhammer Christian, bwl<br />

KDStV Badenia (Straßburg)<br />

2014.11.04 Holzer Jakob, pharm.<br />

2014.11.04 Schmidt Felix, wiwi.<br />

<strong>2015</strong>.17.10 Koch Julian, jur.<br />

2014.17.10 Sailer Moritz, arch.<br />

2014.18.10 Hahner Benedikt, med.dent.<br />

2014.18.10 Brendel Nils, sport & phil.<br />

2014.18.10 Fürst Robin, phil. & wirtschaft<br />

KDStV Baltia (Danzig)<br />

2014.31.05 Plum Patrick, scientific<br />

programming<br />

2014.22.11 Enkerlin Dieter, bauing.<br />

2014.22.11 Pfeiffer Jonas, komm.-design<br />

2014.22.11 Sauer Jan, ing.<br />

2014.22.11 Scotti Benedict, mach.<br />

2014.22.11 Ziegler Georg, luft- und<br />

raumf.<br />

2014.22.11 Becker Daniel, mach.<br />

KDStV Bavaria, Berlin<br />

2014.18.01 Kuhl Jonas, dt.philologie<br />

2014.18.01 Rose Emil, kommunik.-<br />

management<br />

2014.11.07 Gogolew Alexander, vwl<br />

2014.17.10 Bürger Sebastian, verk.-wiss.<br />

2014.17.10 Kuhl Felix, jur.<br />

KDStV Bavaria, Bonn<br />

2014.05.07 Fleßenkämper Jan Wilhelm,<br />

cand.jur.<br />

2014.04.10 Assmann Stephen Henrik,<br />

cand.jur.<br />

2014.15.11 Sigl Maximilian, journ.<br />

KDStV Bergland (Freiberg, Sachsen)<br />

2014.15.11 Lanfer Pierre, mach.<br />

KDStV Bodensee<br />

2014.20.09 Bucher Manuel Berthold<br />

2014.04.11 Schmidt Max<br />

2014.04.11 Feißt Felix, mach.<br />

2014.04.11 Auerbach Leon,<br />

wirt.-ing. & mach.<br />

2014.06.12 Kirchner Philipp<br />

2014.06.12 Gessinger Alexander<br />

KDStV Borusso-Saxonia<br />

2014.07.05 Kiljan Piotr, jur.<br />

2014.11.11 Roos Markus, mach.<br />

2014.06.12 Mainitz Gero, jur.<br />

KDStV Borusso-Westfalia<br />

2014.18.10 Finkeneier Marvin, vwl<br />

2014.18.10 Proch Simon, logistik<br />

2014.18.10 Täffner Dominik, chem.<br />

KDStV Burgundia (Leipzig), Düsseldorf<br />

2014.03.02 Lovato Christian, rer.nat.<br />

2014.15.09 Mönch Alexander,<br />

ing. oec.(FH)<br />

2014.11.10 Gerling Patrick, rer.nat.<br />

2014.11.10 Güttler Valentin, rer.oec.(FH)<br />

2014.22.11 Anlieker Jürgen (VG) jur.<br />

2014.22.11 Schlüngel Peter, jur.<br />

2014.23.11 Miloloza Perica, phil.& theol.<br />

KAV Capitolina<br />

2014.25.01 Demmel Werner(VG)<br />

2014.25.01 Heid Stefan(VG),<br />

theol.<br />

2014.07.03 Pietsch Benedikt,<br />

pol. & phil. & rechts.-wiss.<br />

2014.07.03 Taubitz Georg, theol.<br />

2014.26.04 Lohmann Martin(VG)<br />

2014.29.11 Böck Maximilian, jur.<br />

KDStV Carolingia<br />

2014.22.11 Arnegger Josef<br />

2014.22.11 Hils Foriab<br />

KDStV Carolus Magnus<br />

2014.02.08 Banzer Martin, inf.<br />

2014.29.06 Schnieders Andreas,<br />

hist. kulturwiss.<br />

2014.15.07 Freund Sebastian,<br />

aviation manag.<br />

2014.06.12 Schorr Tilman, bwl<br />

KDStV Cheruscia, Würzburg<br />

2014.28.01 Muth Julian, rer.pol.<br />

2014.31.05 Strik Andreas, jur.<br />

2014.11.10 Hübner Ole-Simon, jur.<br />

2014.11.10 Luff Martin, chem.<br />

2014.28.10 Schmidt Valentin, phil.<br />

2014.28.10 Zenglein Florian, rer.pol.<br />

AV Cheruskia, Tübingen<br />

2014.08.07 Kohlhäufl Cyrill Raphael,<br />

jur.<br />

2014.01.10 Herz Thomas, gesch.<br />

2014.01.10 Kohlhäufl Julius Martin Xaver,<br />

med.<br />

2014.13.10 Haab Christian, gesch.<br />

2014.13.10 Baumann Friedrich,<br />

nanoscience<br />

2014.01.11 Ullmer Maximilian, forest<br />

KDStV Churpfalz<br />

2014.08.09 Debessai Abraham,<br />

engl. & gesch.<br />

2014.08.09 Bach Jannik, jur.<br />

2014.08.09 Hell Christopher, pol.<br />

2014.08.09 Nguyen Duc, bwl<br />

KDStV Chursachsen<br />

2014.08.05 Röhm Gero, arch.<br />

KDStV Churtrier<br />

2014.27.10 Tholen Jonas<br />

2014.27.10 Dahmen-Wassenberg<br />

Frowin<br />

2014.27.10 Ries Pascal<br />

2014.27.10 Blaczek Max<br />

AV Edo-Rhenania<br />

2014.17.05 Tanaka Yutaro<br />

KDStV Elbmark (Tetschen-Liebwerd)<br />

2014.19.07 Reiling Nils, pol.<br />

2014.25.10 Jovic Josip,<br />

engineering & managem.<br />

(Fortsetzung nächste Seite )<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 69


Cartellverband<br />

(Rezeptionen – Fortsetzung von Seite 69)<br />

KDStV Falkenstein<br />

2014.15.02 Stehle Rainer, sportwiss.<br />

2014.10.05 Lang Benjamin Gregory,<br />

engineering<br />

2014.02.08 Stich André, phys.<br />

2014.06.12 Weber Sebastian,<br />

sporttherapie<br />

2014.06.12 Painter Brian, planetar. geol.<br />

KDStV Ferdinandea (Prag, Bamberg)<br />

2014.12.10 Eilert Emil, economics<br />

2014.12.10 Georgiev Aleksander, bio.<br />

2014.12.10 Lohmann Dennis,<br />

care & phil.& ethik<br />

2014.12.10 Ricken Dominik, molek.<br />

biotechn.<br />

2014.12.10 Steinmann Jan, theol.<br />

2014.01.11 Willems Moritz, jur.<br />

2014.15.11 Kastler Martin<br />

KDStV Franconia, Aachen<br />

2014.15.05 Schultheiss Nils, wiwi.<br />

2014.15.05 Stolz David, arch.<br />

2014.10.10 Mols Daniel, mach.<br />

2014.10.10 Dreier Christian, wirt.-ing.-bau<br />

2014.10.10 Kolodziej Dennis, mach.<br />

2014.22.10 Roer Laurens, wirt.-ing.-mach.<br />

2014.22.10 Kaluza Peter, mach.<br />

2014.05.12 Sommer Marcel, bau-ing.<br />

KDStV Franco-Raetia<br />

2014.16.05 Richter Patrick, arch.<br />

2014.10.10 Scholz Andreas, jur.<br />

2014.06.12 Dommen Thomas, bio.<br />

2014.06.12 Woithe Lukas, bio.<br />

KDStV Frankonia (Czernowitz)<br />

2014.07.04 Fötsch Fabian, med.<br />

2014.03.10 Kronauer Carsten, med.dent.<br />

2014.31.10 Pröll Jonas, med.dent.<br />

2014.31.10 Reiser Tobias, mechatronik<br />

2014.31.10 Gritzbach Michael, sinologie<br />

2014.03.11 Heiser Richard, bio.<br />

2014.01.12 Nehr Fabian, material- u.<br />

werkstofftechn.<br />

2014.20.12 Köbrich Manuel,<br />

material- u. werkstofftechn.<br />

KDStV Fredericia<br />

2014.31.10 Westhaus Lukas Sebastian,<br />

bwl<br />

2014.31.10 Hach Maximilian,<br />

european economic<br />

AV Frisia<br />

2014.22.11 Brickwedde Hermann<br />

2014.22.11 Nichau Henning<br />

2014.22.11 Zahn Jan Peter<br />

2014.24.11 Sitterz Lukas<br />

KDStV Germania<br />

2014.30.08 Zerfaß Max, jur.<br />

2014.30.08 Mitzscherlich Johann, jur.<br />

AV Glückauf-Salia<br />

2014.18.01 Tetzlaff Andreas<br />

2014.26.04 Brameier Dirk<br />

2014.25.10 Schmachtenberger Gereon<br />

2014.25.10 Hölzer Alexander<br />

2014.25.10 Jensch Christoph<br />

2014.06.12 Marquardt Sebastian<br />

KDStV Gothia, Erlangen<br />

2014.05.04 Brinckmann Daniel, jur.<br />

2014.01.05 Buhr Philipp, phil.<br />

2014.05.07 Wust Alexander<br />

2014.17.09 Schwarze Luca, rer.nat.<br />

2014.01.10 Krücken Jan, e-commerce<br />

2014.01.10 Gradl Simon, phil.<br />

2014.04.10 Weustink Christian, med.<br />

2014.04.10 Weiß Benedikt, musik<br />

(lehramt)<br />

2014.04.10 Hartmann Lukas, rer.pol.<br />

2014.06.10 Auer Johannes,<br />

chem.-u.bio.-ing.wesen<br />

2014.06.10 Albrecht Benjamin, soz. & phil.<br />

2014.06.10 Stadler Kilian, chem.-bio.-ing.<br />

2014.06.10 Renner Michael, med.<br />

2014.06.10 Kelm Valentin, psych.<br />

2014.06.10 Hasse Luka, life science<br />

engineering<br />

2014.06.10 Fischer Andreas, mechatronik<br />

2014.06.10 Reussenzehn Christoph, inf.<br />

KDStV Gothia, Würzburg<br />

2014.06.10 Kleinhenz Christoph, rer.pol.<br />

KDStV Greiffenstein (Breslau)<br />

2014.17.10 Yanez Fernando, wiwi<br />

2014.17.10 Lippenmeyer Lukas<br />

2014.17.10 McCoy Christopher<br />

AV Guestfalia<br />

2014.11.04 Dingemann Christoph,<br />

med.dent.<br />

2014.19.07 Hovath Daniel, theol.<br />

2014.10.10 Fischer Maximilian,<br />

phil & theol.<br />

2014.10.10 Jost Florian, phys.<br />

2014.10.10 Lüttge Walter Rasmus<br />

Bernhard, phil.,gesch. & angl.<br />

2014.01.12 Groß Nicolas, theol.<br />

KDStV Guestfalo-Silesia<br />

2014.14.01 Henkes Alexander, mach.<br />

2014.14.01 Te Pahs Lukas, wiwi.<br />

2014.14.06 Schild Julian, wiwi.<br />

2014.17.10 Kuhr Matthias, angl./germ.<br />

2014.22.11 Valkysers Philipp, theol.<br />

AV Hansea (Berlin)<br />

2014.18.01 Sieber Patrick, paed.<br />

2014.25.10 Faupel Merlin, gesch. & arch.<br />

KDStV Hasso-Nassovia<br />

2014.26.04 Rosche Thomas, rer.oec.<br />

2014.14.06 Merten Sven Georg, theol.<br />

2014.05.07 Bauer Julian, bwl<br />

2014.22.08 Wüst Thomas, rechts.-wiss.<br />

2014.15.10 Wiesemann Leon<br />

VKDSt Hasso-Rhenania, Gießen<br />

2014.19.07 Lohmann Franz, jur.<br />

2014.18.10 Barthels Oliver, jur.<br />

2014.18.10 Grimm Maximilian,<br />

getränketechn.<br />

2014.18.10 Kemper Tobias, jur.<br />

2014.31.10 Sobel Vincent,<br />

deutsch & gesch.<br />

2014.13.12 Geiping Lukas, vet.-med.<br />

2014.13.12 Goslar Simon, psych.<br />

2014.13.12 Hoffmann Florian, jur.<br />

2014.13.12 Klasen Mathias, vet.-med.<br />

2014.13.12 Lenhart Timo, jur.<br />

2014.13.12 Mineif Florian, wiwi.<br />

2014.13.12 Zaigler Sebastian, wiwi.<br />

VKDSt Hasso-Rhenania, Mainz<br />

2014.26.04 Flöck Markus, musik & math.<br />

2014.26.04 Judmann Benedikt<br />

KDStV Hercynia<br />

2014.20.10 Hüppe Maximilian, math.<br />

2014.20.10 Piechocki Christian, geol.<br />

2014.20.10 Köser Aaron, med.<br />

2014.20.10 Lorleberg Stephan, phil.<br />

2014.20.10 Wentink Gerrit, rer.pol.<br />

2014.20.10 Rofa Karlos, med.<br />

2014.27.10 Göppert Timo, rer.nat.<br />

KDStV Hohenstaufen<br />

2014.06.01 Bültmann Moritz, rer.nat.<br />

2014.26.05 Kalmassi Isidor, theol.<br />

2014.18.10 Schreiber Patrick,<br />

gesch. & theol.<br />

2014.01.11 Rieser Gregor, gesch. & pol.<br />

2014.01.11 Heneka Marius, paed.<br />

2014.03.11 Bosbach Nicolas<br />

KDStV Kaiserpfalz<br />

2014.17.10 Fischer Stephan,<br />

wirt.-bauing.<br />

2014.17.10 Heisinger Maurice<br />

2014.17.10 Klimke Marc<br />

2014.17.10 Lindner Stephan Patrick<br />

2014.17.10 Smok Thomas<br />

2014.17.10 Winters Florian, wirt.-ing.<br />

2014.05.12 Inhestern Jonas, wirt.-ing.<br />

2014.06.12 Tiwald Markus (P)<br />

KDStV Langobardia (München)<br />

2014.03.04 Pilars de Pilar Gordian, jur.<br />

2014.03.04 Bach Patric, jur.<br />

2014.03.04 Obermeier Bernhard, wiss.<br />

2014.03.04 Siegel Christoph, jur.<br />

2014.31.05 Beck Tobias, jur.<br />

2014.31.05 Steger Christian Karl(VG)<br />

phil. &. theol.<br />

2014.11.10 Gudat Constantin,<br />

ethnologie<br />

2014.11.10 Trost Kilian, jur.<br />

2014.11.10 Winkler Matthias, jur.<br />

2014.25.10 Schneider Tim, inf.<br />

KAV Lovania<br />

2014.22.03 Kehren O.Praem Jeremias M.,<br />

cand.jur.<br />

2014.22.03 Ramos y Diaz Antonio,<br />

cand.phil.<br />

2014.08.10 Thewis Michael, bacc.jur.<br />

2014.08.10 Puyvelde Andreas van<br />

2014.08.10 Wymeersch Nathan,<br />

bacc.jur.<br />

KDStV Makaria (Berlin)<br />

2014.18.10 Calchera Riccardo,<br />

wirt.-ing. (mach.)<br />

2014.18.10 Ticona Luis, bau-ing.<br />

2014.18.10 Zachert Christoph, mach.<br />

2014.18.10 Botschek Richard, mach.<br />

2014.18.10 Gastens Markus, mach.<br />

2014.13.12 Gores Sven, mach.<br />

KDStV Marchia (Breslau)<br />

2014.18.01 Raasch Benjamin,<br />

wirt.-ing.(mach.)<br />

2014.18.10 Knoll Lukas, bauing.<br />

2014.18.10 Tiltmann Jonas, mach.<br />

KDStV Markomannia<br />

2014.23.06 Offenegger Patrick, pharm.<br />

2014.05.10 Schnack Peter, jur.<br />

2014.05.10 Mockenhaupt Kai Bastian,<br />

bwl (FH)<br />

2014.05.10 Piorko Jan, jur.<br />

2014.18.10 Werner Moritz,<br />

nanostrukturtech.<br />

2014.18.10 Smidt Frederik Andreas, jur.<br />

2014.04.11 Friemann Max, med.<br />

2014.13.11 Lederer Markus, theol.<br />

KDStV Merowingia<br />

2014.26.07 Rosenberger Lukas,<br />

raum- u. umweltpl.(TU)<br />

2014.01.11 Ehrhard Andreas,<br />

raum- u. umweltpl.(TU)<br />

2014.01.11 Delius Mark, arch. (TU)<br />

2014.01.11 Dany Christian, el.(FH)<br />

2014.06.12 Schlesser Rick, bauing.(TU)<br />

KDStV Moenania<br />

2014.11.04 Hildebrandt Michael, vwl<br />

2014.18.10 Stock Dario, medieninf.<br />

2014.18.10 Spang Florian, statistik<br />

2014.18.10 Nathaniel Ray, theol.<br />

2014.18.11 Hartmann Maximilian, el.<br />

2014.29.11 Hechfellner Severin, geoinf.<br />

KDStV Moeno-Franconia<br />

2014.23.10 Lickert Jens, theater &<br />

kunstwiss.<br />

2014.24.10 Glas Michael, bauing.(FH)<br />

2014.30.10 Glanemann Niklas, wiwi.<br />

KDStV Nassovia<br />

2014.25.10 Sossenheimer Matthias,<br />

mach.<br />

2014.25.10 Peter Jero, math.<br />

2014.25.10 Schild Jonas, bio.-techn.<br />

2014.25.10 Reulbach Hubertus<br />

2014.25.10 Piechatzek Lucas, ing.<br />

2014.25.10 Kaiser Konstantin, arch.<br />

2014.25.10 Damböck Benedikt, el.<br />

KDStV Niedersachsen<br />

2014.11.01 Bohlander Felix, wirt.-<br />

ing.&mach.<br />

2014.11.01 Henz Sebastian, biotechn.<br />

2014.11.01 Kohl Nicolas, energietechn.<br />

2014.11.01 Ruland Jakob, mach.<br />

2014.08.11 Tuyisabe Desire, wirt.-inf.<br />

2014.08.11 Weiß Matthias, mach.<br />

2014.08.11 Beckmann Joshua, bio.<br />

2014.08.11 Wolf Moritz, bio.-ing.<br />

2014.08.11 Mierzwa Max Dominik, mach.<br />

2014.08.11 Kleinhans Julius, mach.<br />

2014.08.11 Meyer Niklas, mach.<br />

KDStV Norbertina<br />

2014.01.02 Schnitzler Christian, wirt.-ing.<br />

KDStV Nordmark (Rostock, Karlsruhe)<br />

2014.18.02 Fischer Stefan<br />

2014.18.10 Krawczyk Bartek, phys.<br />

KDStV Normannia<br />

2014.18.01 Venyi Matthias Thomas,<br />

mechatr. & inf.-techn.<br />

2014.09.02 May Marvin Carl, wirt.-ing.<br />

2014.16.04 Hasselmann Leonard, phys.<br />

2014.25.04 Kihr Lukas<br />

2014.25.10 Stabel Maximilian, etec.<br />

2014.25.10 Schäfer Thomas, inf.<br />

KDStV Novesia<br />

2014.03.11 Handwerk Jan, pol. &<br />

gesellsch. u. rechtswiss.<br />

2014.03.11 Ritzdorf Thomas, asienwiss. &<br />

japanisch<br />

KDStV Oeno-Danubia<br />

2014.14.06 Haupt Michael Thomas,<br />

medien u. kommun.<br />

2014.14.06 Groß Johann Jasper, jur.<br />

2014.11.10 Burner Stefan, jur.<br />

2014.11.10 Gruber Michael Richard<br />

Georg, inf.<br />

KDStV Ostmark<br />

2014.07.02 Ott Sebastian<br />

2014.19.12 Dobmeier Korbinian, wiwi.<br />

2014.19.12 Schönberger Patrick<br />

AV Palatia, Göttingen<br />

2014.23.07 Leibecke Jan, oec.<br />

2014.31.10 Cwik David, jur.<br />

2014.31.10 Frieden Christian, agr.<br />

2014.08.11 Pöppel Moritz, jur.<br />

2014.08.11 Stiels Philipp, jur.<br />

2014.08.11 Wissen Alexander, forest.<br />

70 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>


Cartellverband<br />

2014.17.12 Brauner Christoph, oec.<br />

2014.17.12 Czimenga Ramon, oec.<br />

2014.17.12 Wicher Andreas, oec.<br />

KDStV Palatia, Marburg<br />

2014.01.07 Einheuser Jakob, med.<br />

KDStV Palatina<br />

2014.11.07 Ritter Johannes,<br />

handels-und dienstl.<br />

2014.02.10 Biehler Martin, el.<br />

2014.02.10 Amberger Patrick,<br />

erneuerb.energ.<br />

2014.10.10 Lamm Willi<br />

2014.10.10 Bensch Christopher<br />

KDStV Rappoltstein (Straßburg)<br />

2014.18.03 Blumentritt Felix Leonard, bwl<br />

2014.12.04 Scherhag Leo, managem.<br />

2014.11.10 Wehler Clemens, rer.pol.<br />

2014.11.10 Andrezjewski Philipp Jan<br />

Frederick, wirt.-psych.<br />

KDStV Rheinland<br />

2014.23.01 Mies Michael, rer.nat.<br />

2014.05.04 Nüsser Christian, rer.pol.<br />

2014.05.04 Robens René<br />

2014.05.07 Zehnder Frank Günter (E)<br />

2014.08.10 Beck Maximilian, rer.nat.<br />

2014.09.10 Onofrietti Gino, phil.<br />

2014.09.10 Pospiech Parick, rer.pol.<br />

KDStV Rheinpfalz<br />

2014.08.11 Malkmus Philipp<br />

2014.08.11 Wilke Tobias<br />

2014.08.11 Bourdy Andreas<br />

2014.08.11 Kircher Maximilian<br />

2014.08.11 Fleckentein Daniel<br />

AV Rheinstein<br />

2014.11.04 Saess Niklas, medienwiss.<br />

2014.11.04 Taurig Mark Marcl, rer.pol.<br />

2014.11.04 Sost Fabian, wirtsch.-recht.<br />

2014.11.04 Unger David, rer.pol.<br />

2014.10.10 Maar Luca, math.<br />

2014.10.10 Exner Jan Hendrik, sportwiss.<br />

2014.10.10 Duwe Manuel, ing.<br />

2014.19.12 Sell Robin, rer.nat.<br />

VKDSt Rhenania<br />

2014.27.11 Weissbach Florian<br />

2014.06.12 Huber Jochen (P)<br />

KDStV Rhenania-Moguntia<br />

2014.26.05 Schlichter Lukas, jur.<br />

KDStV Rheno-Baltia<br />

2014.11.10 Weber Yannik,<br />

mehrspr.kommunik.<br />

2014.11.10 Schmitz Yannick, phil.<br />

2014.11.10 Sprinkmeier Michael<br />

AV Rheno-Guestfalia, Kiel<br />

2014.20.09 Betz-Luhnau Xaver, bwl<br />

2014.06.12 Raimann Eduard, inf.<br />

FAV Rheno-Guestfalia (H. Münden)<br />

2014.19.05 Mersch Julian, soz.-wiss.<br />

2014.19.05 Völkerding Jan-Bernd,<br />

agr. & bwl<br />

2014.13.10 Hartsch Florian, forest.<br />

2014.27.10 Wülfing Georg, forest.<br />

KDStV Rheno-Saxonia (Köthen)<br />

2014.01.07 Valerius Philipp, bwl<br />

KDStV Ripuaria, Aachen<br />

2014.11.07 Aptyka Markus Johannes,<br />

mach.<br />

2014.13.12 Schneckenberger Peter. mach.<br />

KDStV Ripuaria, Bonn<br />

2014.17.05 Zervosen Benedikt (VG)<br />

2014.18.07 Brühl Adrian, ing.<br />

2014.10.10 Verholen Pascal, jur.<br />

2014.10.10 Heibel Mark, rer.nat.<br />

2014.10.10 Kneer Ferdinand Simon J. S.,<br />

rer.nat.<br />

2014.10.10 Schlimbach Raphael, jur.<br />

KDStV Ripuaria, Freiburg<br />

2014.13.11 Wallraff Severin, oec.<br />

FEE/EStV Robert Schuman Argentorata<br />

2014.01.01 Kurek Maximilien, lebenswiss.<br />

2014.01.01 Weber Jonathan, arch.<br />

2014.07.11 Hoeffel Daniel, jur.<br />

2014.01.12 Chaffaud Qentin, ing.<br />

KDStV Rupertia<br />

2014.11.04 Geiß Andreas,jur.<br />

2014.11.04 Oswald Tobias, jur.<br />

2014.22.05 Feichtmayer Stefan Ludwig,<br />

jur.<br />

2014.22.05 Holler Fabian, produkt.-und<br />

automat.techn.<br />

2014.10.10 Böhm Lukas, med.<br />

2014.10.10 Buchschmid Dominik, rer.nat.<br />

2014.10.10 Dong David, jur.<br />

2014.03.11 Steinko Martin Gulliermo,<br />

deutsch-spanisch<br />

KDStV Saarland (Saarbrücken)<br />

2014.15.04 Schelhorn Patrick, techn.<br />

2014.30.09 Hain Christopher, techn.<br />

2014.30.10 Doraji Julian, jur.<br />

2014.12.11 Mandel Philipp, techn.<br />

KDStV Sauerlandia<br />

2014.06.01 Berger Dominik Sebastian,<br />

med.<br />

2014.13.10 Passerschroer David, vwl<br />

2014.03.11 Jonig Christoph, soz. arbeit<br />

2014.03.11 Kunst John Robert, bwl<br />

2014.11.11 Wegmann Philipp, pol.<br />

2014.11.11 Makowski Niko, theol.<br />

2014.08.12 Ripplinger Leo, biowiss.<br />

VKDSt Saxonia<br />

2014.10.04 Leiting Benedikt, energiegebäude-u.<br />

umwelttechn.<br />

2014.10.07 Trippler, Christoph, vwl<br />

2014.09.10 Engelmann Tim, jur.<br />

2014.09.10 Weppelmann Mathias, intern.<br />

business & manag.<br />

2104.09.10 Schumacher Robert, med.<br />

2014.09.10 Ewald Marvin, math. & phys.<br />

2014.09.10 Frieden Florian, chem.<br />

2014.09.10 Brinkmann Tobias Hendrik, vwl<br />

2014.09.10 Westerhorstmann Alexander,<br />

bwl<br />

2014.29.11 Hecker Bela, bwl<br />

2014.29.11 Fleer Felix, vwl<br />

2014.19.12 Schneeberger Michael,<br />

wirt.-ing.<br />

2014.19.12 Wagner Artur, med.dent.<br />

2014.19.12 Schlüter Christoph, wirt.-inf.<br />

KDStV Saxo-Silesia<br />

2014.01.04 Dänekas Christian<br />

2014.01.04 Borchert Max<br />

2014.01.04 Frehlich Aaron<br />

KDStV Saxo-Thuringia<br />

(Dresden, Aachen)<br />

2014.25.01 Heiderhoff Phil<br />

2014.17.05 Andree Maurice<br />

2014.17.05 Rättig Raimo<br />

2014.29.09 Marszalek Kajetan<br />

2014.11.10 Margeit Phil<br />

KDStV Schwarzwald<br />

2014.08.02 Gion Lorant,<br />

kultur-media techn.<br />

2014.08.02 Rieger Jonas, wirt.-ing.<br />

2014.18.10 Lagier Friedrich-Wilhelm,<br />

mach.<br />

2014.18.10 Hoffmann Eduardo Rivero,<br />

chem.<br />

2014.06.12 Leberer Johannes, mach.<br />

2014.06.12 Didong Stephan Johannes,<br />

wirt.-ing.<br />

2014.06.12 Westfechtel Janek Philipp, inf.<br />

2014.06.12 Naseband Clemens, inf.<br />

AV Silesia (Halle, Bonn)<br />

2014.05.04 Heinrich Thomas Gregor, jur.<br />

2014.10.07 Böcker Jan, wirt.ing.<br />

AV Sparrenberg<br />

2014.15.02 Meinerz Sven, rer.nat.<br />

2014.15.02 Tillmann Jonas, phil.<br />

KDStV Staufia<br />

2014.18.10 Fahnenbruck Aaron,<br />

wirt.-psych.<br />

2014.15.11 Hutsch Paul, sportmanag.<br />

2014.17.11 Rothe Leon, chem.<br />

AV Suebo-Danubia<br />

2014.15.02 Siegert Ludwig, wirt.-math.<br />

2014.15.02 Elgas Hannes, wirt.-math.<br />

2014.15.12 Lemmer Matthias, med.<br />

KAV Suevia<br />

2014.15.10 Gerwin Christopher, bwl<br />

2014.15.10 Korozs Aron, pol.<br />

2014.15.10 Krist Dominik, bwl<br />

2014.15.10 Bukowski Jan, theaterwiss<br />

& gesch.<br />

2014.15.10 Nagel Nico, jur.<br />

2014.15.10 Graf Lorenzo, italienstudien<br />

KDStV Sugambria (Jena)<br />

2014.31.01 Schneider Leonard, jur.<br />

2014.08.11 Dohmen Steffen, rer.oec.<br />

2014.08.11 Pham Thien An, rer.nat.&<br />

et.techn.<br />

KDStV Teuto-Rhenania<br />

2014.24.05 Schulte-Wülwer Andreas,<br />

wirt.-ing.<br />

2014.24.05 Kleuker Felix, mach.<br />

2014.06.12 Becker Bennet, prod.-u.<br />

logistik<br />

2014.06.12 Palotz Julian, wiwi.<br />

2014.06.12 Schneider Felix, wiwi.<br />

2014.06.12 Middelkamp Gerrit, prod.-u.<br />

logistik<br />

2014.06.12 Geers Leon, math.<br />

2014.06.12 Elmauer Janos, musik<br />

KStV Thuringia Coburg<br />

2014.26.04 Gregor Werner (P)<br />

2014.27.09 Widhalm Ingomar (VG),<br />

agrarwiss.<br />

KDStV Thuringia Würzburg<br />

2014.11.10 Rubik Patryk, bwl<br />

2014.11.10 Schiller Oliver, pol. & soz.<br />

2014.11.10 Buckel Manuel, rer.nat.<br />

2014.11.10 Stais Thomas, jur.<br />

2014.11.10 Zink Christoph, med.dent.<br />

KDStV Trifels<br />

2014.09.04 Dietl Sebastian, tourism.<br />

2014.29.04 Theiner Simon, med.<br />

2014.11.10 Kornas Thomas<br />

2014.11.10 Weiß Lennart Jakob<br />

Konstantin<br />

2014.11.10 Latz Cedric Josef<br />

2014.11.10 Kahlenberg Clemens Philipp<br />

2014.11.10 Trotha Tassilo Claus-Thilo von<br />

2014.11.10 Ruhdorfer Florian<br />

2014.18.11 Barta Leonard Richard<br />

AV Tuisconia (Königsberg, Bonn) zu<br />

Landshut<br />

2014.31.05 Schnur Ludwig Rudolf Robert,<br />

jur.<br />

2014.26.07 Otho Lothar (VG)<br />

2014.10.10 Fuchs Michael, awt<br />

2014.07.11 Stein Robert, med.-techn.<br />

KDStV Tuiskonia, München<br />

2014.07.02 Glätzer Markus, pol.<br />

2014.10.10 Sturm Simon Gabriel, jur.<br />

2014.10.10 Flesche Carl, phys.<br />

2014.05.12 Leinenbach Philipp<br />

Maximilian, math.<br />

2014.05.12 Söntgerath Gereon Max<br />

Johannes, bwl<br />

2014.05.12 Arzberger Martin, jur.<br />

2014.06.12 Eisenreich Lukas, jur.<br />

2014.06.12 Kwasnitschka Stefan, bwl<br />

KDStV Vandalia (Prag)<br />

2014.07.10 Weinzierl Christopher<br />

KDStV Vindelicia<br />

2014.01.02 Hilmer Michael, bwl<br />

2014.12.04 Swidersky Manuel, jur.<br />

2014.12.04 Sanda Vilius, eurp.-u.<br />

intern.wirt-recht<br />

2014.12.04 Schnell Curt-Alexander,<br />

wirt.-math.<br />

2014.12.04 Mayr Leopold, business<br />

admin.<br />

2014.14.06 Herrmann Wolfgang A.(E)<br />

2014.11.10 Grzesik David, bwl<br />

2014.11.10 Peil Gregor, wirt.-komm.<br />

chinesisch<br />

2014.11.10 Dorbath Tilman, bau-ing.<br />

2014.13.12 Colberg Yannick,<br />

sportmanag.<br />

AV Widukind<br />

2014.16.04 Kröllken Sven, logopädie<br />

2014.15.10 Bünnemeyer Markus, päd.<br />

2014.15.10 Kossen Jan Tilmann,<br />

berufl.-bildung metall (FH)<br />

2014.15.10 Neumann Florian,<br />

freiraumpl.(FH)<br />

2014.12.11 Hartmann Julian, wirt.-recht.<br />

2014.10.12 Doan Nguyen, rechts.-wiss.<br />

KDStV Wiking<br />

2014.13.06 Voß Carlo, wirt.-ing.<br />

2014.18.10 Buchstab Oliver, med.<br />

2014.05.12 Tapken Johannes, jur.<br />

2014.05.12 Zündorf Stephan, jur.<br />

KDStV Wildenstein<br />

2014.07.06 Januszweski Witold, bio<br />

2014.07.06 Plein Marvin Raphael, umwelt<br />

<strong>2015</strong>.13.12 Burger Stephan (E)<br />

KDStV Winfridia (Breslau)<br />

2014.07.01 Farruggia Weber Francesco<br />

Henrique, jur,<br />

2014.12.07 Canete Prette Cesar<br />

Augusto, jur.<br />

AV Zollern<br />

2014.02.10 Hentschel Henri, arch.<br />

2014.14.11 Althaus Felix, med.dent.<br />

2014.14.11 Krull Martin, geor.<br />

2014.13.12 Hengesbach Maximilian,<br />

oec.troph.<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 71


Personen<br />

Am Ende des Empfangs auf dem Haus<br />

der KDStV Aenania München dankte der<br />

Jubilar, Prof. Peter C. Hartmann (Ae), den<br />

Gratulanten. Die Laudatio hatte<br />

Cbr Alfons Brandl (Ae) gehalten.<br />

Foto: Matthias Firmke (Ae)<br />

Aenania ehrt ihren Philistersenior<br />

Prof. Dr.Dr. Peter C. Hartmann feierte seinen 75. Geburtstag mit Prominenz<br />

München. Die KDStV Aenania hat den 75.<br />

Geburtstag ihres Philisterseniors, Prof.<br />

Dr.Dr. Peter Claus Hartmann, am Beginn des<br />

Sommersemesters zum Anlass genommen,<br />

ihn mit einem Empfang zu ehren. Prof. Hartmann<br />

wurde am 28. März 1940 in München<br />

geboren. Am Empfang nahmen u.a. der Vizepräsident<br />

des Bayerischen Landtags, Cbr Reinhold<br />

Bocklet (Tfs), der Staatsminister für<br />

Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst<br />

Ludwig Spaenle (Ae), Bischofsvikar Rupert<br />

von Stolberg (Ae) sowie Cbr Hartmanns Ehefrau<br />

– Mutter von vier Kindern – teil. Senior<br />

Hubertus-M. Waltermann bedankte sich auch<br />

im Namen seiner Vorgänger beim Philistersenior<br />

für die stets vertrauensvolle Zusammenarbeit<br />

in den vergangenen zehn Jahren und<br />

überreichte ein Bild von der starken Aktivitas.<br />

Ministerialrat i.R. Alfons Brandl (Ae) würdigte<br />

das Wirken von Cbr Hartmann in der<br />

Verbindung, im CV und im Beruf. 1960 bei<br />

Aenania aufgenommen, studierte Hartmann<br />

in München und an der Sorbonne in Paris<br />

Geschichte und Romanistik und promovierte<br />

an beiden Universitäten. Als begeisterter CVer<br />

wurde er später knapp vier Jahre lang Philistersenior<br />

bei der Oeno-Danubia in Passau, engagierte<br />

sich bei Hasso-Rhenania in Mainz, kandidierte<br />

auf eigenen Wunsch nicht für den<br />

CV-Vorsitz, wurde 2005 nach seiner Emeritierung<br />

Philistersenior der Aenania, wo er –<br />

an Traditionen des 19. Jahrhunderts anknüpfend<br />

– die Wiederbelebung von Wissenschaftspreisen,<br />

konkret: des Pelkhovenpreises,<br />

initiierte. In Hartmanns Amtszeit wurde<br />

der Preis inzwischen 56 Mal verliehen.<br />

Er kümmert sich um die nach Franz Lorenz<br />

Gerbl, dem Gründer der Aenania, benannte<br />

Schule im Südsudan. Statt Geschenken erbat<br />

er Spenden für deren Innenausstattung (Dr.<br />

Helmut Stingl, IBAN DE75 7001 0080 0271<br />

2378 08). Am Aufbau der Schule beteiligt sich<br />

außer der Erzdiözese München und Freising<br />

auch die CV-Afrika-Hilfe. Als Philistersenior<br />

wirkt Cbr Hartmann darauf hin, dass eine<br />

Straße in Münchens Neubaugebieten nach<br />

einem in der Vergangenheit verdienten Aenanen<br />

benannt wird. Durch Telefonate mit fast<br />

jedem einzelnen der vielen Aenanen gelingt<br />

es ihm, den Zusammenhalt weiter zu stärken.<br />

Cbr Hartmann wurde 1982 Professor für<br />

Neuere Geschichte und Bayerische Landesgeschichte<br />

in Passau und wechselte 1988 als<br />

Ordinarius für Neuere Geschichte an die Universität<br />

Mainz, wo er 2005 emeritiert wurde.<br />

Bayern und Europa sind seine großen Themen,<br />

die er als Alleinautor oder Herausgeber in 30<br />

Büchern und weit über hundert Aufsätzen<br />

ausbreitete. Wie Cbr Alfons Brandl betonte,<br />

kreisen die Forschungen Hartmanns vorwiegend<br />

um die französische Geschichte, das<br />

Heilige Römische Reich Deutscher Nation und<br />

die bayerische Landesgeschichte. Cbr Prof.<br />

Hartmann ist Ritter des Ordre des Palmes<br />

Académiques, Vorstandsmitglied der deutschfranzösischen<br />

Kulturstiftung und Mitglied der<br />

Bayerischen Akademie der Wissenschaften.<br />

Er hält weiterhin Vorlesungen an der LMU.<br />

Auch das hält ihn jung. Norbert Matern (TsK)<br />

Dr. Josef Graf (Cp) zum Weihbischof<br />

der Diözese Regensburg ernannt<br />

Regensburg. Papst Franziskus hat Cbr Dr.<br />

Josef Graf (Cp) zum Weihbischof der Diözese<br />

Regensburg ernannt. Die Bischofsweihe erhält<br />

Cbr Graf, der auch Mitglied der KDStV<br />

Rupertia Regensburg ist, am 7. Juni. Er wird<br />

als Bischofsvikar für die Priesterseelsorge<br />

bestellt. Dr. Graf war mit einer Arbeit über<br />

Gottlieb Söhngen promoviert worden. Der<br />

Münchner Fundamentaltheologe Söhngen war<br />

einer der Lehrer von Joseph Ratzinger (Rup).<br />

Der künftige Weihbischof ist aufgrund seiner<br />

ausgedehnten Exerzitien- und Vortragstätigkeit<br />

weit über die Diözese Regensburg hin -<br />

aus bekannt. Im Klerus sei er „sehr geschätzt<br />

und anerkannt“, sagte Dr. Rudolf Voder -<br />

holzer, Bischof von Regensburg. Josef Graf<br />

hatte in den vergangenen 26 Jahren nach<br />

Studien und Aufenthalt u.a. im Collegium<br />

Germanicum et Hungaricum in Rom, als<br />

Spiritual im Priesterseminar Regensburg gewirkt.<br />

Die Priesterweihe hatte er vor beinahe<br />

32 Jahren aus der Hand von Erzbischof<br />

Friedrich Wetter (Ae) in Rom erhalten. AC<br />

Foto: privat<br />

72 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>


Personen<br />

Als Frauenarzt in Turkmenistan<br />

CVER IM AUSLAND<br />

Die <strong>ACADEMIA</strong>-Redaktion wird weiterhin<br />

Cartell brüder vor stel len, die im Ausland<br />

wir ken. Wer da her Informationen über<br />

CVer im Ausland in besonderen beruflichen<br />

Positionen und Lagen hat, kann<br />

diese gerne an die Re daktion<br />

wei ter leiten (redaktion@<br />

car tellverband. de).<br />

Diesen Beitrag habe ich verfasst, um anderen Personen die<br />

Möglichkeit aufzuzeigen, einen ähnlichen Weg zu gehen.<br />

Nachdem ich mich zum größten Teil von meiner beruflichen<br />

Arbeit zurückgezogen hatte, wollte ich meine langjähriges<br />

Wissen und meine Erfahrung zum Wohle anderer zur Verfügung<br />

stellen. Ich tätige noch mit meiner Tochter, die meine<br />

Nachfolge angetreten hat, regelmäßig größere frauenärztliche<br />

Operationen im Krankenhaus. Seit einigen Jahren stehe<br />

ich mit dem Senior-Expert-Service (SES) in Bonn in Kontakt.<br />

Dieser Service vermittelt auf Anfrage Fachleute in alle Kontinente<br />

(Handwerker, Akademiker etc.). Im November 2014 erreichte<br />

mich ein dringender Notruf über den SES aus Ashgabad,<br />

der Hauptstadt von Turkmenistan, um in der<br />

staatszentralen gynäkologischen Klinik für Tumorerkrankungen<br />

tätig zu werden. Kurz entschlossen flog ich mit meiner<br />

Frau dorthin und blieb bis Anfang Dezember.<br />

Während des Fernsehauftritts: Cbr Dr. med. Höner (Mitte).<br />

Turkmenistan ist eine ehemalige Sowjetrepublik, die sich 1992<br />

von der Sowjetunion getrennt hat. Die medizinische Versorgung<br />

wurde im Wesentlichen durch Russen, die das Land 1992<br />

verlassen haben, getätigt. Der erste Präsident, Turkmenbashi,<br />

erklärte, er regiere ein gesundes Volk und legte deshalb keinen<br />

Wert auf medizinische Versorgung seines Volkes. Der nachfolgende<br />

Präsident seit 2007, sein ehemaliger Zahnarzt, versucht<br />

nun intensiv, ein Gesundheitssystem aufzubauen. Turkmenistan<br />

ist ein reiches Land durch Gas und Ölvorkommen und andere<br />

Bodenschätze. Es grenzt im Westen an das Kaspische<br />

Meer, im Süden an Iran, im Osten und Norden an Afghanistan,<br />

Usbekistan und Kasachstan. Das Land besteht zum größten<br />

Teil aus Wüste. Es hat eine Bevölkerung von sechs Millionen<br />

Einwohnern und eine Fläche von der Größe Spaniens. Ein großer<br />

Teil der Bevölkerung sind Nomaden.<br />

Die erstaunliche, moderne Hauptstadt Ashgabad (400.000<br />

Einwohner) ist in jeder Beziehung großzügig gestaltet. Alle<br />

Foto: privat<br />

Gebäude sind mit weißem italienischem Marmor verkleidet. In<br />

einem solchen Gebäude wurde uns eine Wohnung im elften<br />

Stock zur Verfügung gestellt, und ebenso sah die Tumorklinik,<br />

in der ich tätig war, aus. Betreut wurde ich durch einen Frauenarzt<br />

der Klinik. Er holte uns am Flughafen ab, war während<br />

meiner Tätigkeit an meiner Seite und brachte uns auch wieder<br />

zum Flughafen. Er sprach fließend englisch, was in Turkmenistan<br />

recht selten ist, da die meisten neben der Turksprache nur<br />

Russisch verstehen.<br />

Er holte mich morgens um 7.15 Uhr ab. Wir fuhren zusammen in<br />

die nahe gelegene Klinik. Nach der Morgenbesprechung<br />

operierte ich oder assistierte ich bei Operationen. Es folgten<br />

Visiten, Konferenzen und Sprechstunden. Zu mir kamen viele<br />

Ärztinnen und Angestellte der Klinik, zum Teil mit ihren An -<br />

gehörigen, um Rat für ihre medizinischen und persönlichen<br />

Probleme bei mir zu suchen. Mein Ruf hatte sich schnell verbreitet,<br />

so dass eine Konferenz über allgemeine medizinische<br />

Probleme mit etwa 15 Kollegen im nationalen Fernsehen übertragen<br />

wurde. Außerdem wurde ich gebeten, im Fernsehen einen<br />

Vortrag über medizinische Fragen zu halten. Da meine<br />

Frau pharmazeutisch vorgebildet ist, wurde sie zu einer Konferenz<br />

mit Kolleginnen und Kollegen über Hormonbehand -<br />

lungen gebeten. Ihr Hauptthema war die Schilddrüse, da in<br />

diesem Land erheblicher Jodmangel herrscht. In Deutschland<br />

knüpfte sie Kontakte zu Pharmafirmen. Das Verhältnis zu<br />

den Kollegen war herzlich und freundschaftlich. Sie betrachteten<br />

mich zwar als Lehrer, ich fühlte mich jedoch als Teil<br />

ihres Teams.<br />

Das Land macht einen verschlossenen Eindruck. Die Bevölkerung<br />

jedoch ist freundlich und aufgeschlossen. Meine Tätigkeit<br />

endete am Abend vor unserem Abflug mit einem festlichen Diner,<br />

an dem die Klinikleitung, Kollegen und ein Regierungsvertreter<br />

teilnahmen. Wir wurden reichlich beschenkt.<br />

In der Klinik fehlten leider viele Apparate und Instrumente, die<br />

in unserem Land Standard sind. Ich sah bösartige Tumore, wie<br />

sie mir in meiner Tätigkeit seit vielen Jahren nicht mehr vorgekommen<br />

sind. Aus diesem Grunde ist ein umfangreiches Vorsorgeprogramm<br />

dringend einzurichten. Auch dies wurde mit<br />

den Kollegen erörtert.<br />

Nebenbei konnten wir uns frei in der Hauptstadt bewegen.<br />

Das Wetter war schlecht, aber die Stimmung sehr gut. Ich hoffe,<br />

hiermit dem einen oder anderen eine Anregung gegeben<br />

zu haben.<br />

Dr. med. Manfred Höner (Als)<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 73


Personen<br />

Man roch ihn von weitem<br />

Cbr Msgr. Dr. Paul Mai (Rup), langjähriger CV-Archivar, 80 – Gedanken vom CV-Sekretär<br />

Sind wir ehrlich! Es gibt solche und solche<br />

Cartell- und Bundesbrüder. Wir<br />

lassen uns von dem einen etwas gefallen,<br />

was wir einem anderen nie zugestehen<br />

würden. So ist es einmal! Und davon<br />

kann sich niemand freimachen. Gegenteiliges<br />

wurde bis dato auch nicht von Heiligen<br />

unserer katholischen Kirche berichtet.<br />

Im CV-Sekretariat herrscht striktes Rauchverbot<br />

und dies nicht erst in Bad Honnef. Auch in<br />

München war dies stets der Fall. Der seit Herbst<br />

1991 bestellte CV-Sekretär, selbst bis damals<br />

passionierter Pfeifenraucher, der sich nicht nur<br />

seitdem vor Ort zurückhielt, sondern das Rauchen<br />

komplett einstellte, wurde nach längeren<br />

Dienstfahrten das eine oder andere Mal freudig<br />

(?) überrascht, wenn er die gläserne Eingangstüre<br />

des CV-Sekretariates öffnete und ihm<br />

aromareicher Pfeifentabak entgegenschlug.<br />

Nun muss der geneigte Leser wissen, dass<br />

der Vorgänger im Amt des CV-Sekretärs die<br />

Gewohnheit hatte, das eine oder andere Mal<br />

in seiner alten Wirkungsstätte vorbeizuschauen.<br />

Aus diesem Kurzaufenthalt wurden<br />

nicht selten bis zu sechs Wochen, die er auf<br />

(s)einer Pritsche verbrachte. Wie schreibt der<br />

Librettist in der Operette: „Gern lud ich mir<br />

Gäste ein!“<br />

So war es, und (un)regelmäßig tauchte ein<br />

unverfänglicher liebenswürdiger Monsignore<br />

aus Regensburg auf, den man sich ohne<br />

Pfeife nicht vorstellen kann. Beide das „Gedächtnis“<br />

des CV beinhaltend, referierten<br />

aus der Vergangenheit, schmissen mit Namen<br />

von Cartellbrüdern vergangener Zeiten<br />

um sich, dass es den jungen Sekretär regelrecht<br />

erschauderte.<br />

Erst beim Nachschlagen entsprechender<br />

Werke wurde dem Sekretär klar, dass sie<br />

nicht zum Tross von Cbr Franz Lorenz Gerbl<br />

in den Sudan gehörten, dass sie nicht im Vorzimmer<br />

von Cbr Heinrich Brüning gearbeitet<br />

hatten und auch nicht im Weltall mit Cbr<br />

Reinhold Ewald gewesen waren. Aber wie<br />

sie so zusammensaßen, konnte man ihnen<br />

und ihren Geschichten Glauben schenken.<br />

Als es aber im Frühjahr 1995 darum ging, einen<br />

Nachfolger für den CV-Rats-Vorsitzenden<br />

zu finden, der nicht mehr zur Kandidatur anstand,<br />

wurden die „Alten“ im CV-Sekretariat<br />

bei einer ihrer üblichen Sitzungen agil und<br />

zückten ihre Telephonverzeichnisse. Ihr Ergebnis<br />

hielt sich zwar in Grenzen, da sich sehr<br />

schnell herausstellte, dass jeder zweite Versuch<br />

aus ihren jahrzehntealten Verzeichnissen<br />

fehlschlug, weil die Betreffenden schon<br />

tot waren. Schaut man aber in die nachfolgende<br />

Geschichte des Cartellverbandes, so<br />

waren sie doch erfolgreich – unter Pfeifennebelschwaden<br />

im CV-Sekretariat. Während<br />

der Ältere im 91. Jahr sein Leben in die Hände<br />

seines Schöpfers zurückgab, durfte der pfeifenrauchende<br />

Monsignore vor kurzem seinen<br />

80. Geburtstag feiern. Richard Weiskorn (Ae)<br />

Der letzte Rheno-Balte der Gründergeneration ist tot<br />

Friedrich Dust (R-Bl) mit seiner Frau und als<br />

junger Couleurstudent v/o Zimt (Bild re. unten).<br />

Soest. Im Alter von 101 Jahren ist Friedrich<br />

Dust (R-Bl) zu Gott gerufen worden. 1912,<br />

zur Zeit von Kaiser Wilhelm II. in Münster<br />

als Sohn eines Buchhändlers geboren, verlebte<br />

er seine Kindheit bei Verwandten in<br />

Lingen und in Soest, wo sein Vater 1921 eine<br />

Buchhandlung erworben hatte. Er schrieb<br />

sich 1932 in Köln zum Studium der Betriebswirtschaftslehre<br />

ein. Dort trat er der jungen<br />

Rheno-Baltia bei. Couleurname: „Zimt.“<br />

Durch den damaligen Senior Heinz Hükelheim<br />

(R-Bl) kam Zimt in Verbindung mit der<br />

Reichswehr. Gegen Ende des Krieges geriet<br />

er in amerikanische Gefangenschaft.<br />

Nach der Entlassung ging er zurück nach<br />

Soest und baute die ausgebombte elterliche<br />

Buchhandlung wieder auf. 50 Jahre führte er<br />

dieses Geschäft und band mit seinem kommunikativen<br />

Wesen eine große Stammkundschaft<br />

an sein Haus. Mit zahllosen Autorenlesungen<br />

insbesondere auf dem Gebiet der<br />

Theologie und Religion bereicherte er die<br />

Kulturlandschaft Soests. Die Welt erwies<br />

sich immer wieder als gar nicht so groß. So<br />

traf er denselben Cbr Otto von Habsburg<br />

(Alf), dem er bei seiner Gefangennahme in<br />

Innsbruck begegnet war, 40 Jahr später in<br />

Eichstätt, als dieser auf einem von Zimts<br />

Sohn geschlagenen Festkommers der Alcimonia<br />

die Festansprache hielt.<br />

2003 übergab er das Geschäft in die Hände<br />

eines seiner fünf Kinder und fand seitdem<br />

noch mehr Zeit für seine Bundesbrüder in<br />

Köln und die zahlreichen guten Freunde aus<br />

dem Soester CV. Diese Freundschaft, aber<br />

auch seine liebe Frau und die zwölf Enkel<br />

sorgten dafür, dass er bis zuletzt gern gelebt<br />

hat. In vollem Bewusstsein des nahenden Todes<br />

ist er wohlversorgt mit den Sakramenten<br />

der Hl. Kirche friedlich im Kreis der Familie<br />

entschlafen.<br />

Friedrich Dust jun. (Alm)<br />

Fotos: privat<br />

74 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>


Personen<br />

Warum ich CVer geworden bin<br />

von Cbr Maximilian Möller (Fd)<br />

Die Musik, der ich als Pianist und Posaunist in den verschiedensten<br />

Genres von Klassik bis Funk, solistisch oder in Big<br />

Bands und Orchestern sowie in meiner eigenen Band „Prime<br />

Time“ schon immer viel Zeit gewidmet habe, ist es auch gewesen,<br />

welche mich zum ersten Mal in Berührung mit couleurstudentischer<br />

Tradition brachte. Als ich damals auf der<br />

Suche nach Liedern war, die sich für eine heitere Runde sangeslustiger<br />

Schulkollegen eigneten, waren „O alte Burschenherrlichkeit“<br />

und „Student sein, wenn die Veilchen blühen“<br />

schnell ausfindig gemacht. Nun, nachdem ich am 7. Februar<br />

dieses Jahres Mitglied meiner lieben Ferdinandea-Prag zu<br />

Heidelberg geworden bin, darf ich es zu den regelmäßigen<br />

Freuden meines Studiums zählen, diese Lieder mit meinen<br />

Bundesbrüdern anzustimmen.<br />

Häufig wird als Grund, nicht in eine Verbindung eintreten zu<br />

wollen, der Freiheitsverlust genannt. Das Maß an Selbstverpflichtung<br />

und Treue, das ein solcher Lebensbund in der Tat<br />

fordert, sind offensichtlich nicht mehr viele bereit zu geben.<br />

Stattdessen hütet man seine zeitliche und ideelle Ungebundenheit<br />

und glaubt, sich so die Möglichkeit zur Selbstverwirklichung<br />

zu bewahren. Es fällt allerdings schwer, sich eine<br />

Form der Selbstverwirklichung vorzustellen, die keinerlei Einbindung<br />

und Verpflichtung erfordert. Da jedenfalls ich mich<br />

mit den Grundprinzipien religio, scientia, amicitia und patria<br />

identifizieren konnte und auch die sonstigen Gepflogenheiten,<br />

insbesondere die studentischen Gesänge mir zusagten,<br />

war mir sofort klar, dass die eingegangenen Verpflichtungen<br />

mir nicht zur Bürde geraten werden, gehen sie doch größtenteils<br />

mit meinen Neigungen einher.<br />

Ein Freund studentischen Liedgutes bin ich nicht nur, weil es<br />

der hilaritas, der Heiterkeit dient, sondern auch, weil es, indem<br />

es Freiheit, Treue, Gottesglaube, Gemeinschaft und auch<br />

das Alter besingt, wohl von manchem Fortschrittsadvokaten<br />

anmaßend als „unzeitgemäß“ abgetan werden dürfte. Indes<br />

sind einige dem Zeitgeist zuwider laufende Elemente nicht<br />

von der Hand zu weißen. Nirgendwo konzentrieren sie sich<br />

so sehr wie im folgenden Liedtext, dessen Verse wir Friedrich<br />

Schiller zu verdanken haben: „Festen Muth in schwerem Leiden<br />

/ Hilfe, wo die Unschuld weint / Ewigkeit geschwornen<br />

Eiden / Wahrheit gegen Freund und Feind / Männerstolz vor<br />

Königsthronen, Brüder gält es Gut und Blut / Dem Verdienste<br />

Maximilian Möller (Fd)<br />

seine Kronen / Untergang der Lügenbrut!“ Das auf Verdienst<br />

und Schuld gründende Gerechtigkeitsverständnis hat es<br />

schwer, sich den egalitären Strömungen zu widersetzen.<br />

Genauso ergeht es dem „Königsthron“ – der natürlich nicht<br />

wörtlich, sondern auf abstrakterer Ebene als Autorität zu<br />

verstehen ist. Denn in Zeiten, in denen Kirchenoberhäupter<br />

von satirischen Blättern ohne weiteres ins Lächerliche ge -<br />

zogen und Staatsoberhäupter von der Boulevardpresse gerichtet<br />

werden, bedarf es<br />

keines „stolzen Mannes“<br />

mehr, um gegen die Oberen<br />

aufzubegehren. Wie<br />

es um „ewig geschworene<br />

Eide“ bestellt ist, habe<br />

ich eingangs bereits erwähnt<br />

und wie oft man<br />

sich eines wahrhaften,<br />

ehrlichen Umgangs mit<br />

seinen Widersachern erfreut,<br />

mag jeder für sich<br />

selbst beurteilen.<br />

In den katholischen Studentenverbindungen bewahrt sich<br />

ein Geist, der Tradition, Glaube und Gemeinschaft atmet und<br />

somit etwas Einzig artiges in unserer Gesellschaft darstellt.<br />

Diese ist, gleich wie man zu der politischen Idee des Multikulturalismus<br />

steht, zunehmend und immer tiefgreifender<br />

kulturellen Einflüssen ausgesetzt. Die Antwort darauf darf<br />

keine falsch verstandene Toleranz sein, die zu einer Gleichgültigkeit<br />

gegenüber solchen Entwicklungen und zur Geringschätzung<br />

der eigenen Herkunft und Identität führt. Im Gegenteil,<br />

es ist notwendig, die eigenen Überzeugungen und<br />

Werte bewusst zu leben und gegebenenfalls offensiv für sie<br />

einzustehen. Nur so können wir das, was wir uns unter patria<br />

oder einfach unter Heimat vorstellen und für die Zukunft<br />

wünschen, erhalten. Mit meiner Rezeption in die KDStV<br />

Ferdinandea-Prag zu Heidelberg hoffe ich, meinen Teil dazu<br />

beitragen zu können.<br />

Der Autor: Maximilian Möller (Fd) ist 21 Jahre alt, kommt<br />

aus der Nähe von Fulda und studiert im vierten Semester<br />

Rechtswissenschaft an der Ruprecht-Karls-Universität in<br />

Heidelberg.<br />

Foto: privat<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 75


Personen<br />

Und er bewegt<br />

sich doch<br />

Der Bundestag angesichts der<br />

Öffentlichkeitsoffensive um<br />

MdB Jakob Mierscheid<br />

Bonn/Berlin. Zahlreiche Reaktionen sind<br />

auf das Schreiben von Jakob Mierscheid<br />

MdB (siehe <strong>ACADEMIA</strong> 2/<strong>2015</strong>, S. 64 f.) in<br />

der Redaktion der <strong>ACADEMIA</strong> eingegangen.<br />

Allein die Grünen erwiesen sich als die<br />

sprichwörtliche Spaßbremse. Alle anderen<br />

Parteien, inzwischen auch das Büro von<br />

CDU/CSU-Fraktionschef Kauder, gingen inhaltlich<br />

fundiert auf das Thema Präsenz von<br />

Abgeordneten im Plenum des Deutschen<br />

Bundes -<br />

tages und<br />

Deutlich an<br />

Spritzigkeit<br />

eingebüsst<br />

mit einem<br />

A u g e n -<br />

zwinkern<br />

auch auf<br />

das Phantom<br />

MdB<br />

M i e r -<br />

scheid ein. Allein Grünen-Fraktionsvorsitzender<br />

Hofreiter reagierte überhaupt nicht.<br />

Auf Nachfrage antwortete ein Mitarbeiter,<br />

das Antwortschreiben sei so existent wie<br />

MdB Mierscheid. Wie es scheint, haben die<br />

Grünen deutlich an Spritzigkeit eingebüßt.<br />

Dafür konnte alte Korrespondenz zwischen<br />

Mierscheid und hochrangigen Beamten und<br />

Politikern ausfindig gemacht werden. Erwähnenswert<br />

ist die Korrespondenz zwischen dem<br />

früheren Direktor beim Deutschen Bundestag,<br />

Cbr Dr. Joseph Bücker (Ae), und dem Abgeordneten<br />

Mierscheid. Letzterer mutmaßte verwandtschaftliche<br />

Beziehungen zur Spitze der<br />

Bundestagsverwaltung, die Cbr Bücker mit<br />

launigen Worten unter Hinweis auf Datenschutz<br />

nicht bestätigen wollte. Klaus Weber (St)<br />

Professoren treffen<br />

sich interdisziplinär<br />

Frankfurt. Cartellbrüder, die als Profes -<br />

soren sowie überhaupt als Dozenten an<br />

Hochschulen tätig sind, werden sich demnächst<br />

zu einem Austausch treffen. Avisierter<br />

Ort ist Frankfurt am Main. Das Treffen,<br />

dem weitere folgen sollen, wird im Rahmen<br />

der CV-Akademie veranstaltet, teilte<br />

deren Präsident Prof. Dr. Michael Klein<br />

(Asc) mit. Im Fokus der Begegnung steht<br />

das inter- und transdisziplinäre Gespräch<br />

sowie der Austausch unter Cartellbrüdern.<br />

Das Wirken des CV-Bildungsforums ist<br />

davon nicht berührt. Cbr Klaus Weber (St),<br />

Leiter des CV-Hochschulamtes, begrüßte<br />

die Initiative. Weitere Informationen unter<br />

klein@acatech.de sowie unter veitneu@<br />

gmx.de.<br />

AC<br />

Prälat Fischer:<br />

Priesterjubiläum<br />

Speyer. Mit einem Pontifikalamt, zelebriert<br />

von Weihbischof Otto Georgens, hat Prälat<br />

Gerhard Fischer (R-M) im Speyerer Dom<br />

Goldene Primiz gefeiert. 32 Jahre wirkte er<br />

als Diözesanpräses des Kolpingwerks im<br />

Bistum. 1982 bis 1986 war er Leiter des Katholischen<br />

Büros in Mainz. Er war Akademikerseelsorger<br />

und 15 Jahre lang Verbindungsseelsorger<br />

der KDStV Merowingia<br />

Kaiserslautern. 1995 wurde er Domkapitular.<br />

Er trägt das Ehrenband seiner Urverbindung<br />

Rhenania-Moguntia. Am Mittagessen<br />

nahm auch Altbischof Anton Schlembach<br />

(Vg) teil.<br />

Dr. Wolfgang Seydl (R-M)<br />

Lovania und<br />

Brüsseler Zirkel<br />

Langemark. Seit 1996 ist es Brauch, dass<br />

sich Aktive und Alte Herren auf den Weg<br />

nach Langemark machen, um mit einer<br />

Kranzniederlegung an der Stele des Cartellverbandes<br />

der gefallenen Cartellbrüder zu<br />

gedenken. Aus Anlass des 100. Jahrestags<br />

des Beginns des Ersten Weltkriegs trafen<br />

sich die KAV Lovania und der CV-Zirkel<br />

Brüssel zur gemeinsamen Kranznieder -<br />

legung. Cbr Clemens Ladenburger (Hr) erinnerte<br />

an das sinnlose Leiden auf beiden<br />

Seiten.<br />

Thomas A. Marquardt (Ho)<br />

Verdienste um<br />

die Kunst in Ahlen<br />

Ahlen. Für seine Verdienste um das Kulturleben<br />

Ahlens hat Bundespräsident Joachim<br />

Gauck Cbr Walter Rinke (Ks) die Verdienstmedaille<br />

des Verdienstordens der Bundes -<br />

republik Deutschland verliehen. Die Auszeichnung<br />

überreichte Landrat Dr. Olaf<br />

Gericke dem langjährigen Vorsitzenden<br />

des Kunstvereins Ahlen. Unter seiner Ägide<br />

ist der Verein in 23 Jahren von ca. 80 auf<br />

fast 400 Mitglieder herange wachsen. Der<br />

2010 erstmals ausgelobte „Förderpreis für<br />

junge bildende Kunst“ des Kunstvereins<br />

geht im Wesentlichen auf seine Initiative<br />

zurück.<br />

AC<br />

Trauer um<br />

Prof. Brüggemann<br />

Bochum. Die AV Cheruscia Münster hat<br />

von ihrem Bbr Dr. Wolfgang Brüggemann<br />

Abschied genommen. Er war als Professor<br />

für Po litische Bildung an der Universität<br />

Dortmund tätig. Stark geprägt von der<br />

katholischen Jugendbewegung, war er<br />

zeitweise RCDS-Bundesvorsitzender. 1956<br />

bis 1968 gehörte er dem Rat der Stadt<br />

Bochum, 1966 bis 1985 dem Landtag von<br />

Nordrhein-Westfalen an, wo er bildungsund<br />

schulpolitischer Sprecher der CDU-<br />

Frak tion war. 1986 bis 1992 leitete er<br />

das Schuldezernat im Generalvi kariat<br />

des Bistums Essen.<br />

Hans Wilhelm Schulteis (ChW)<br />

Orden für<br />

Dr. Motsch (GW)<br />

Würzburg. Kürzlich empfing Dr. Peter<br />

Motsch, seit 2002 Philistersenior der<br />

Gothia Würzburg, der in allen Geschossen<br />

des Gothenhauses umfangreiche Baumaßnahmen<br />

durchführte, den Bayerischen Verdienstorden<br />

für herausragende Leistungen<br />

für den Freistaat. Er ist nach Dr. Anton<br />

Betz, Dr. Otto Majewski, Paul Röhner,<br />

Hans Schöbel und Dr. Walter Schön der<br />

sechste Würzburger Gothe, der damit<br />

aus gezeichnet wurde. Er wirkte von 1975<br />

bis 2005 als Sozialreferent der Stadt<br />

Würzburg und prägte das Sozialwesen.<br />

Dr. Daniel Roos (GW)<br />

76 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>


Kirche<br />

Foto: el<br />

Von links: Erzbischof Georg Gänswein, Gerhard Kardinal Müller, Prälat Georg Ratzinger, Albrecht<br />

Weiland (Hr), Don Giuseppe Costa, Christian Schaller, Giuseppe Scotti und Hartmut Constien.<br />

Großer Theologe auf dem Stuhl Petri<br />

Bildband über Benedikt XVI. (Rup) anlässlich seiner Wahl vor zehn Jahren<br />

Rom. Der emeritierte Papst Benedikt XVI. (Rup) möchte ein zurückgezogenes<br />

Leben führen. Deshalb war eine öffentliche Feier zum zehnten<br />

Jahrestag seiner Papstwahl nicht vorgesehen. Dennoch haben aus<br />

diesem Anlass zwei Veranstaltungen im Vatikan stattgefunden, um an<br />

seine Leistung als großer Theologe zu erinnern: ein theologischer Vortrag<br />

des Präfekten der Glaubenskongregation Gerhard Kardinal Müller,<br />

der den emeritierten Papst als „einen der großen Theologen auf dem<br />

Stuhl Petri“ und einen der „bedeutendsten Theologen des 20. und 21.<br />

Jahrhunderts“ würdigte, und eine Buchpräsentation mit viel Prominenz.<br />

„Benedikt XVI. – Diener Gottes und der Menschen“, das ist der Titel<br />

des Bildbands. Er ist im Verlag Schnell und Steiner erschienen, dessen<br />

Verleger Cbr Dr. Albrecht Weiland (Hr) ist (siehe Interview S. 78).<br />

20 Kardinäle, Bischöfe, Theologen und Weggefährten beleuchten in<br />

dem Buch die verschiedenen Facetten des am 19. April 2005 zum<br />

Papst gewählten deutschen Kirchenmannes. Unter den 200 Besuchern<br />

in der Kirche des Campo Santo Teutonico direkt neben dem<br />

Petersdom waren Vertreter der Römischen Görres-Gesellschaft, des<br />

Institut Papst Benedikt Regensburg und des Verlages Schnell und<br />

Steiner. Beeindruckt zeigte sich Verleger Cbr Dr. Albrecht Weiland,<br />

dass sich Joseph Ratzinger an viele Details des Verlags erinnert, der<br />

bereits vor vielen Jahren seine Habilitation veröffentlichte. Mit erkennbarer<br />

Freude habe er den Bildband in die Hand genommen und<br />

aufmerksam in Augenschein genommen.<br />

Zu der abendlichen Buchpräsentation auf dem Gelände des idyllisch<br />

gelegenen deutschen Friedhofs, der die Grabstätten berühmter Deutscher<br />

beherbergt, kam Benedikt XVI. nicht persönlich. Da nach wie vor<br />

viele Menschen Anfragen, Bitten und Besuchswünsche an ihn richten,<br />

„wäre dies eine Lawine, die ihn erdrücken würde“, erklärt Erzbischof<br />

Gänswein. Er arbeitet nach wie vor mit dem emeritierten Papst eng<br />

zusammen und teilt auch sonst viel Zeit mit ihm: Neben der zahlreichen<br />

Korrespondenz, die Gänswein mit Benedikt bearbeitet, „zelebrieren wir<br />

jeden Morgen gemeinsam die Messe und essen zu Mittag“. Nachdem<br />

es dem heute 88-Jährigen die ersten zwei Monate nach seinem Rücktritt<br />

2013 gesundheitlich nicht gut ging, „hat er sich Stück für Stück wieder<br />

erholt“. Seine Probleme mit den Beinen kommentiert Benedikt XVI.<br />

selber humorvoll und behilft sich immer öfter mit einem Rollator.<br />

Doch auch wenn die eigentliche Hauptperson des Abends nicht anwesend<br />

war, hatte sich eine große Anzahl an Gästen wie Papstbruder<br />

Georg Ratzinger, kirchliche Würdenträger wie Kardinal Müller, Kurt<br />

Kardinal Koch (StV), Paul Josef Kardinal Cordes (Sd) sowie politische<br />

Vertreter wie die deutsche Botschafterin Annette Schavan in der<br />

Kirche Santa Maria della Pietà direkt neben dem deutschen Friedhof<br />

eingefunden. Schließlich stand weniger die Person Papst Benedikts,<br />

als vielmehr dessen Werk im Vordergrund, über das Papst Franziskus<br />

sagte: „Benedikt XVI. hat der Kirche und allen Menschen das Wertvollste<br />

zum Geschenk gemacht, was er besaß: Die Frucht unzähliger<br />

Jahre des Studiums, der theologischen Auseinandersetzung und des<br />

Gebetes.“ Oder wie es Gänswein im Vorwort des Bildbandes ausdrückte:<br />

„Die Menschen wollten Papst Benedikt sehen, aber vor allem<br />

hören.“ Deshalb finden sich neben den vielen Fotografien, die eindrucksvolle<br />

Momente des Pontifikates festhalten, kurze Aufsätze zu<br />

verschiedenen Aspekten seines Wirkens: So erinnert die Philosophin<br />

Hanna Gerl-Falkovitz an Benedikts Thema Glaube und Vernunft, der<br />

Rabbi Netanel Teitelbaum erzählt mit Bezug auf den Papstbesuch in<br />

der Kölner Synagoge 2005 vom Verhältnis der Juden und Christen.<br />

Kardinal Koch legt Gedanken über Benedikt XVI. und das zweite<br />

Vatikanum dar und Reinhard Kardinal Marx (UV; Ang) erinnert mit<br />

seinem Aufsatz „Benedikt und die Politik“ an die bekannten Reden<br />

im Bundestag und im Freiburger Konzerthaus. Elisabeth Lehner<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 77


Kirche<br />

Das christliche Erbe<br />

ins rechte Licht setzen<br />

Verleger Dr. Albrecht Weiland (Hr) spricht über Benedikt XVI.<br />

(Rup). Er ist Geschäftsführer des Verlags Schnell und Steiner<br />

in Regensburg, in dem anlässlich der Wahl des deutschen<br />

Papstes vor zehn Jahren der Band „Benedikt XVI. – Diener<br />

Gottes und der Menschen“ erschienen ist (siehe S. 77). Cbr Weiland<br />

war auch Gründungsmitglied der Capitolina in Rom und wirkte als<br />

deren Gründungsaltherrenconsenior.<br />

? Lieber Cartellbruder Dr. Weiland, wie kam es, dass der Verlag<br />

Schnell und Steiner den genannten Bild- und Textband herausgibt?<br />

! Seit der Gründung des Institut Papst Benedikt XVI. Regensburg im<br />

Jahr 2008 arbeitet der Verlag Schnell und Steiner mit diesem Institut zusammen<br />

und verlegt seither die jährlich erscheinenden Mitteilungen des<br />

Instituts. Aus dieser fruchtbaren Zusammenarbeit heraus war es nicht verwunderlich,<br />

dass die Verantwortlichen des Instituts, die ja die Herausgeber<br />

des Buches sind, bei unserem Verlag angefragt haben. Ein weiterer<br />

Grund war wohl auch unsere verlegerische und herstellerische Erfahrung<br />

bei der Gestaltung von Publikationen mit einer hohen Text-Bild-Relation.<br />

? Gibt es weitere Publikationen aus Deinem Haus, die Benedikt<br />

XVI. (Rup) zum Thema haben?<br />

! Ja, bereits zum 60. Priesterjubiläum von Papst Benedikt und seinem<br />

Bruder Georg im Jahre 2011 haben wir einen Text-Bildband in Zusammenarbeit<br />

mit dem damaligen Leiter des Instituts Papst Benedikt<br />

XVI., dem heutigen Bischof von Regensburg, Rudolf Voderholzer,<br />

herausgebracht. Aber ganz besonders stolz sind wir auf eine viel längere<br />

Tradition. Schon 1959 ist in unserem Verlag die Habilitation von<br />

Joseph Ratzinger erschienen und ein Jahr später seine Antrittsvorlesung<br />

in Bonn. Bei persönlichen Begegnungen mit Papst Benedikt in<br />

jüngster Zeit hat er mir von dem guten Verhältnis zum Verlegerpaar<br />

Dr. Schnell erzählt und wusste viele, nicht allgemein bekannte Details.<br />

Die jüngste Publikation von Texten von Joseph Ratzinger, eine<br />

Sammlung von Predigten aus seiner Pentlinger Zeit, als er sich immer<br />

wieder hier in Regensburg aufhielt, sind gerade bei uns erschienen.<br />

? Der Verlag Schnell und Steiner ist auch für seine Kunstbände bekannt.<br />

Welcher Strategien bedarf es, dass ein Verlag heute auf den<br />

Sektoren Kunst und Glaube punktet?<br />

! Zunächst einmal Qualität und nochmals Qualität, eine gute Autorenpflege<br />

und natürlich auch die richtigen Themen. Dabei geht es uns<br />

verstärkt darum, das christliche Erbe unseres Landes, aber auch darüber<br />

hinaus, ins rechte Licht zu setzen und einem breiten Publikum<br />

zu vermitteln. Auch aktuelle Fragestellungen rücken da in den Fokus.<br />

So werden wir im Herbst einen großen Band zur „Gefährdeten Kunst<br />

des christlichen Orients“ veröffentlichen, vor dem Hintergrund der<br />

politischen Situationen dieser Länder sicher recht aktuell.<br />

? Die Buchvorstellung fand im Campo Santo Teutonico statt. Welche<br />

Bedeutung hat dieser Ort für Dich?<br />

! Der Campo Santo Teutonico in Rom ist für mich zweite Heimat.<br />

Hier habe ich meine ersten Sporen im wissenschaftlichen Arbeiten<br />

verdient und große Erfahrung im administrativen Bereich gesammelt,<br />

da ich zwölf Jahre lang dem Vorstand und Verwaltungsrat der Erzbruderschaft<br />

angehörte. Meine Doktorarbeit über diesen Friedhof hat<br />

mich für immer mit diesem einmaligen Ort verbunden, und als mittlerweile<br />

Ehrenmitglied der Erzbruderschaft werde ich dereinst dort<br />

auch meine letzte Ruhestätte finden.<br />

? Du bist überzeugter Hercyne. Wie hat Dich die KDStV Hercynia<br />

geprägt?<br />

! Wie wohl in jeder CV-Verbindung stand und steht das gute bundesbrüderliche<br />

Miteinander im Vordergrund. Hercynia ist nach wie vor<br />

eine große Verbindung, und ihre Mitglieder pflegen über die modernen<br />

Netzwerke einen engen Kontakt untereinander. In meine junge Hercynenzeit<br />

fällt die Totalrenovierung unseres schönen Verbindungshauses,<br />

der enge Zusammenhalt zwischen der Aktivitas und der Altherrenschaft<br />

damals, und die daraus resultierende Aufbruchstimmung haben mich<br />

stark geprägt. Dazu kamen die zahlreichen Festveranstaltungen in gehobener<br />

Gesellschaftskleidung, für die ich durchaus empfänglich bin<br />

und die bei Hercynia Tradition haben.<br />

Veit Neumann (Alm)<br />

78 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>


Hochschule<br />

Bachelorabsolventen: hop oder top?<br />

Bundesbildungsministerium im Dissens mit Industrie- und Handelskammertag<br />

Ein Thema, zwei unterschiedliche Meldungen:<br />

Das Bundesministerium für<br />

Bildung und Forschung (BMBF) jubelt<br />

in einer Pressemitteilung Ende<br />

April: „Bachelorabsolventen machen Karriere.“<br />

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag<br />

(DIHK) klagt eine Woche zuvor,<br />

dass immer weniger Unternehmen mit den<br />

Bachelorabsolventen zufrieden sind. DIHK-<br />

Chef Eric Schweitzer fordert weitere Zulassungsbeschränkungen<br />

für die Hochschulen.<br />

Das BMBF bezieht sich auf eine Studie des<br />

Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft<br />

und des Instituts der deutschen Wirtschaft<br />

Köln (IW). Die Ergebnisse dieser Studie<br />

„Karrierewege für Bachelorabsolventen“ beziehen<br />

sich auf eine Befragung von 1.497 Unternehmen<br />

2014, bei der Faktoren wie Gehalt,<br />

Einstiegspositionen und Entwicklungsmöglichkeiten<br />

von Bachelor-Absolventen untersucht<br />

wurden. Immer mehr Unternehmen beschäftigen<br />

Bachelorabsolventen, seit 2010 ist<br />

ihr Anteil um zehn Prozentpunkte auf 23 Prozent<br />

gestiegen. Bei der großen Mehrheit der<br />

Unternehmen gibt es keine Positionen, für die<br />

ein Masterabschluss zwingend erforderlich<br />

wäre. Master- und Doktortitel hätten weiter an<br />

Bedeutung verloren. In über 80 Prozent der<br />

Unternehmen würden bereits Bachelorabsolventen<br />

als Projektleiter eingesetzt, in knapp<br />

60 Prozent als Bereichs- oder Abteilungsleiter.<br />

dass viele studierten, die besser in einer Berufsausbildung<br />

aufgehoben wären. Hinzu<br />

komme, dass nur 15 Prozent der Betriebe sagen,<br />

dass die Bachelorabsolventen gut auf den<br />

Arbeitsmarkt vorbereitet seien. Die Schuld<br />

schiebt Schweitzer den Universitäten zu.<br />

Diese müssten in erster Linie dafür sorgen,<br />

dass die Bewerber auch für den Arbeitsmarkt<br />

gerüstet seien. Es folgt das Wort von der<br />

Überakademisierung und die Forderung<br />

nach einer Verknappung der Studienplätze.<br />

Zufrieden seien die Unternehmen mit Masterabsolventen.<br />

78 Prozent sähen ihre Erwartungen<br />

in sie erfüllt, 2011 waren es 65 Prozent.<br />

WER HAT RECHT?<br />

Wer hat die valideren Ergebnisse? Die BMBF-<br />

Studie wurde veröffentlicht, das Untersuchungsdesign<br />

kann nachgelesen werden. Die<br />

vom BMBF finanzierte Befragung schließt<br />

als Stichprobe Unternehmen der Industrie<br />

und aller Dienstleistungsbranchen jeweils<br />

zur Hälfte ein. Jeweils rund zwei Fünftel der<br />

Befragten sind kleine oder mittlere Unternehmen.<br />

Große Arbeitgeber ab 250 und<br />

mehr Mitarbeitern machen ein Fünftel der<br />

Stichprobe aus. Es sind große Unternehmen<br />

ab 250 Mitarbeitern und Industrieunternehmen<br />

überproportional häufig vertreten. Die-<br />

se Vorgehensweise wurde bewusst gewählt,<br />

um Aussagen für diese Gruppen treffen zu<br />

können. Mithilfe einer Unternehmensanzahlund<br />

Volumengewichtung nach der Mitarbeiterzahl<br />

können repräsentative Aussagen über<br />

den Anteil der Unternehmen in der deutschen<br />

Wirtschaft getroffen werden. Aus wissenschaftlicher<br />

Sicht eine seriöse Untersuchung.<br />

Was ist über die DIHK-Untersuchung bekannt?<br />

Es wurden 2.000 der 3,6 Millionen<br />

gesetzlichen Mitglieder aus gewerblichen<br />

Unternehmen aller Branchen und Größenklassen<br />

befragt. Es handelt sich auch um eine<br />

Stichprobe. Informationen zur Befragung<br />

lassen sich nicht finden oder sind so gut versteckt,<br />

dass sie nicht zu finden sind (nicht<br />

gefunden werden sollen?). Auf der DIHK-<br />

Seite im Internet wird lediglich auf den Wortlaut<br />

eines Interviews seines Präsidenten mit<br />

der Berliner „Morgenpost“ verwiesen. Die<br />

Frage, inwieweit die DIHK-Untersuchung<br />

repräsentativ und seriös ist, lässt sich nicht<br />

beantworten. Im Falle des DIHK wird man den<br />

Verdacht nicht los, dass hier Klientelpolitik<br />

betrieben wird. Auch wenn die DIHK-Ergebnisse<br />

durch den Pressewald geistern, sollten<br />

sie ohne weitere Informationen zur Untersuchung<br />

nicht zu ernst genommen werden.<br />

Klaus Weber (St), Leiter des CV-Hochschulamtes<br />

Dies ginge einher mit einer vergleichbaren<br />

Bezahlung. Bei der Besetzung von Führungspositionen<br />

hätten Bachelorabsolventen<br />

gute Chancen. Bundesbildungsministerin<br />

Johanna Wanka: „Damit kommt auch zum<br />

Ausdruck, dass viele Unternehmen die Kompetenzen<br />

schätzen, die Bachelorabsolventen<br />

mitbringen.“<br />

DIHK: WIRTSCHAFT<br />

UNZUFRIEDEN MIT BACHELOR<br />

Der DIHK hat rund 2.000 Unternehmen als<br />

Basis befragt. Alle vier Jahre will er wissen, ob<br />

die Erwartungen der Unternehmen an die<br />

Bachelorabsolventen erfüllt werden. Die Zufriedenheit<br />

sei seit der letzten Befragung in<br />

besorgniserregender Weise zurückgegangen.<br />

Waren 2011 noch 63 Prozent der Unternehmen<br />

zufrieden, sind es heute 47 Prozent. Die Unzufriedenheit<br />

führt der DIHK darauf zurück,<br />

Gesundheit. Wirtschaft. Ethik.<br />

Drei Herausforderungen, ein Studium.<br />

Werteorientiertes Management: Ausgestattet mit interdisziplinären Kompetenzen<br />

können die Studierenden der Wilhelm Löhe Hochschule nach ihrem Abschluss<br />

die Zukunft von Gesundheit, Versorgung und Pflege aktiv gestalten. Als Führungskräfte<br />

von morgen meistern sie mit Weitsicht und Verantwortungsbewusstsein alle Heraus-<br />

forderungen, die auf unser Gesundheitssystem zukommen. Die optimalen<br />

Rahmenbedingungen schaffen wir durch kleine Lerngruppen und eine<br />

intensive Betreuung aller Studierenden.<br />

Weitere Studiengänge unter www.wlh-fuerth.de<br />

Kontakt<br />

WILHELM LÖHE HOCHSCHULE | Merkurstraße 41 | Südstadtpark | 90763 Fürth<br />

Telefon 0911-766 069-0 | Fax 0911-766 069-29 | info@wlh-fuerth.de<br />

www.wlh-fuerth.de<br />

NEU AB<br />

WINTER-<br />

SEMESTER<br />

<strong>2015</strong>/2016<br />

MASTERSTUDIENGANG<br />

GESUNDHEITSWIRTSCHAFT UND ETHIK (M.A.)<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 79


Verbum peto<br />

Auch das noch: Cognacschwenker<br />

Zu dem Beitrag „Etikette international, oder: intercultural competence“<br />

in der <strong>ACADEMIA</strong> 6/2014, S. 36 f., insbesondere zu dem Bild auf S. 37:<br />

Ist das unser Thema, ist das unser wirkliches Bild von unseren jungen<br />

Bundesbrüdern? Nachdem ich den Prozess des Wunderns über das<br />

Hauptthema „Kleidsam durchs Leben – Mode, Stil, Manierlichkeit“<br />

eingestellt und nachdem ich mich nach dem thematischen Bezug zum<br />

CV, dessen Sprachorgan die „<strong>ACADEMIA</strong>“ ja doch sein soll, vergeblich<br />

gefragt hatte, bin ich auf<br />

die Seite 37 mit dem Bild des<br />

Fuxmajors der AV Rheinstein<br />

zu Köln gestoßen. Nun setzte<br />

erneut ein Prozess des Wunderns<br />

ein. Beim Betrachten<br />

des Bildes fiel mir wieder das sattsam bekannte und bei vielen sicher<br />

noch gegenwärtige Bild aus dem Jahr 1998 ein, das einen bekannten<br />

Herrn mit dicker Zigarre zeigt und das den holprigen Start des damals<br />

gerade gewählten Bundeskanzlers (zurecht) erheblich erschwerte und<br />

auf das sich die vielen Zweifler als Beweisstück für ihre Zweifel gerne<br />

berufen hatten. Nun also auch unser CV, der es für sinnvoll hält, einen<br />

Cartellbruder mit ebensolchen stahlblauen Augen wie beim ehemaligen<br />

Bundeskanzler mit dicker, offensichtlich sehr teueren Zigarre vorzustellen.<br />

Aber es wird noch insofern eins draufgesetzt, als ein Cognacschwenker,<br />

wie in den 50er und 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts<br />

in weiten Kreisen üblich, ein besonders dezent wirkendes „Stronzläppchen“,<br />

ein feines Sektband und eine äußerst dynamisch wirkende<br />

Erscheinung Akademia_Layout im Smoking 1 16.04.15 abgelichtet 09:27 Seite werden. 1 Willy Ilbertz (B-W)<br />

© Tourism Ireland: Chris Hill<br />

Besondere Reisen<br />

Irland – Insel der Mönche<br />

und Heiligen<br />

ZUSATZTERMIN:<br />

03.09.-10.09.<strong>2015</strong><br />

Preis p.P. ab € 1.235,-<br />

Fátima – kleiner Ort<br />

voll großer Wunder<br />

11.08.-15.08.<strong>2015</strong><br />

Preis p.P. ab € 780,-<br />

Pilgerreisen<br />

Glauben erleben<br />

Wanderreisen<br />

Wege beschreiten<br />

Ein Prozess<br />

des Wunderns<br />

Camino Inglés – auf dem<br />

englischen Weg von Ferrol<br />

nach Santiago de Compostela<br />

27.06.-04.07.<strong>2015</strong><br />

Preis p.P. ab € 1.298, -<br />

Mehr Infos: 089 / 54 58 11- 0<br />

oder www.pilgerreisen.de<br />

Studienreisen<br />

Kulturen verstehen<br />

Kreuzfahrten<br />

Horizonte erweitern<br />

Uhlenkamp statt Heddergott<br />

Zu dem obersten Bild in der <strong>ACADEMIA</strong> 2/<strong>2015</strong>, S. 36/37:<br />

Nachdem ich die <strong>ACADEMIA</strong> 2/<strong>2015</strong> angeschaut habe, ist mir aufgefallen,<br />

dass auf dem obersten Bild nicht die Cartellbrüder Benedict<br />

Wild (Fd) und Andreas Heddergott (Cpf), sondern vielmehr Cbr Wild<br />

(Fd) und Cbr Kristoffer Uhlenkamp (Cpf), der Stellvertretende VOP,<br />

abgebildet sind.<br />

Dr. Dieter Meißl v/o Murphy (Cpf)<br />

Auf einen Besuch freut sich...<br />

Cbr P. Werner Reischmann ofm (TsM)<br />

hat in einer höchst angenehmen Sache um das Wort gebeten:<br />

Kürzlich wurde ich zum Vorsitzenden des CV-Stammtisches Miltenberg<br />

gewählt. Zu meiner Person: Geboren bin ich in Schwendi/<br />

Biberach an Silvester 1943, aufgewachsen in Ulm und Oberkirchberg.<br />

Durch einen Franziskaner aus unserem Dorf gelangte ich in das<br />

Franziskanerseminar Landshut, wo ich 1965 das Abitur ablegte.<br />

Dann erfolgten der Eintritt in die Bayerische Franziskanerprovinz<br />

und das Studium in München, Fulda, Münster und Eichstätt. Die<br />

Priesterweihe erfolgte im Jahre 1971. In vielen Klöstern der Provinz<br />

war ich dann als Kaplan, Wallfahrtsseelsorger, Vikar, Ökonom etc.<br />

eingesetzt. Zurzeit bin ich Leiter des St. Antoniuswerks. Die 1600<br />

Mitglieder beten um Priester- und Ordensberufe und spenden für<br />

die Provinz und die Mission etc. Gerne nehme ich weitere Mitglieder<br />

in diesen Kreis auf. Dreimal im Jahr erhalten die Mitglieder<br />

einen Rundbrief mit den neuesten Nachrichten der Provinz.<br />

Sollten Bundes- oder Cartellbrüder eine Fahrt in Richtung Miltenberg<br />

planen, kann ich viel Sehenswertes anbieten. Die Kloster- und<br />

Wallfahrtskirche Engelberg birgt eine uralte Marienfigur mit dem<br />

Jesuskind und ist heute noch das Ziel vieler Pilger. Angebaut an<br />

dieses Gotteshaus ist die Grablege-Kapelle des Fürstenhauses von<br />

Löwenstein-Wertheim-Rosenberg. Dazu kann ich bei der Kirchenführung<br />

viel Interessantes beisteuern. Nach<br />

Wunsch spiele ich auf der berühmten Vleugl-<br />

Heute<br />

noch<br />

Ziel<br />

vieler<br />

Pilger<br />

Orgel. Die Akustik der Kirche ist einmalig.<br />

Angeschlossen an das Kloster (mit vier Franziskanerpatres)<br />

ist die weithin bekannte Klosterschenke.<br />

Das Klosterbier stammt vom Franzis -<br />

kanerkloster Kreuzberg in der Rhön, wo seit<br />

1731 ohne Unterbrechung gebraut wird. Neben<br />

dem Klostergebäude zieht sich ein nicht<br />

unbeträcht licher Weinberg mit den Reben<br />

„Bacchus“, „Kerner“ und „Müller-Thurgau“<br />

entlang. Dieser Weißwein schmeckt vorzüglich<br />

zu den diversen Brotzeiten. In der Sommerzeit<br />

lädt der Biergarten neben dem Klostergarten<br />

mit einem blumigen Ambiente ein. Ein herrlicher Blick<br />

ins Maintal von oben ist täglich meine große Freude. Miltenberg<br />

bietet eine einmalige Kulisse aus dem Mittelalter. Der Spaziergang<br />

durch die lange Hauptstraße ist ein Genuss – auch das Eis von<br />

der Eisdiele in der Nähe der Pfarrkirche St. Jakob. Eine Schifffahrt<br />

auf dem Main wäre sicher ein guter Abschluss des Besuches.<br />

Auf einen Besuch auf dem Kloster Engelberg freut sich P. Werner<br />

Reischmann ofm (TsM), Vorsitzender des CV-Stammtisches Miltenberg<br />

80 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>


Bücher<br />

Eine Welt lebt weiter im Bericht<br />

Fried, Alexander Nesanel: „Dos pintele<br />

jid.“ Leben und Überleben eines<br />

slowakischen Juden im 20. Jahrhundert.<br />

Erzählt von Ulrike Wendt,<br />

Akamedon-Verlag, Pfaffenhofen<br />

2014, 386 Seiten, 29,50 Euro, ISBN<br />

978-3-940072-19-1.<br />

Der erzählten Biographie vorangestellt ist<br />

ein Gedicht von Louis Gilrod (1879-1930)<br />

in jiddischer Sprache: „In jedn land, in<br />

jedn ort hert dos jidl nor ejn vort: A jid<br />

bistu, gej dir, mir darfn dkh nit, a fremder bistu, a ger.“ (In jedem<br />

Land, in jedem Ort hört der Jude nur ein Wort. Ein Jude bist du, geh<br />

fort, wir brauchen dich nicht. Ein Fremder bist du, ein Eindringling.)<br />

Es ist die Biographie einer untergegangenen Welt, die weiterlebt –<br />

unter anderem in Prof. Dr. Alexander N. Fried, der kürzlich seinen 90.<br />

Geburtstag feierte, und weiterlebt auch im vor liegenden Band.<br />

Wie über eine erzählte Biographie schreiben, die auch und vor allem ein<br />

Bericht über das Leben als solches ist? Das Leitmotiv: „Am Ende des<br />

Flures stand die Mutter. Sie nahm den weinenden Knaben in den Arm“ –<br />

das ist einer der vielen Sätze, von denen jeder einzelne dazu beiträgt,<br />

dieses Leben zu verdeutlichen, das in jungen Jahren an eigentlich<br />

schönen Orten Europas die Nachstellungen gegen Juden leben lernen<br />

musste. „Der Geruch ihres Körpers und die schmeichelnde Wärme<br />

ihrer Kleider taten so gut. Die Traurigkeit allerdings, die der Kleine so<br />

heftig und kaum zu trösten vortrug, wurde von ihr sanft weggewischt.“<br />

1927 geschah dies, als Bertalan und Julischka, das waren der Vater und<br />

die Mutter, zusammen mit Alexander – „Schani“ – und dessen Bruder<br />

Jissroejl Jitzhak (Isidor, Nandor, Ferdinand; Spitzname Icu, ausgesprochen<br />

„Itscho“) von Kiralyhaza nach Zilina zogen, um dort unweit des<br />

Bahnhofs, ein koscheres Restaurant zu eröffnen. „Es lag perfekt, ganz<br />

nah am Bahnhof, wo die reisenden, die frommen Juden es gar nicht übersehen<br />

konnten. Julischka würde dort kochen und Bertalan wollte für alles<br />

Weitere sorgen, was das neue Familienunternehmen sonst benötigte.“<br />

Erzählt wird aus der Wirklichkeit eines jungen Juden, der ins Leben<br />

hineinwächst, von Schule und Synagoge, dem Studium von Tora und<br />

Talmud, der Förderung durch Rabbiner Klein, von höheren Studien in<br />

Topolcany („Julischka war voller Sorge, aber sie war auch stolz auf<br />

ihren Sohn.“). Davon, wie vor dem Weggang zu Studien nach Topolcany<br />

eigens zwei Schlafanzüge genäht wurden, wobei die Schneiderin der<br />

Mutter sagte: „Frau Fried, nun machen sie sich mal nicht zu viele Sorgen.<br />

Schani wird das sehr gut machen. Er ist ein gescheiter und auch ein sehr<br />

lebenstüchtiger Kerl.“ Bald aber brechen die Vokabeln Arbeitslager und<br />

Transport ins Leben ein. „Die Viehwaggons wurden zu Schanis großem<br />

Entsetzen verriegelt und verschlossen.“ (…) Schani kam in die Verwaltung.<br />

Auf Seite 307 und 308 schildert Ulrike Wendt das Gespräch der beiden<br />

Brüder mit einer Cousine, die in Auschwitz „in die andere Gruppe“ sortiert<br />

worden war, nicht in die, wohin Mutter Julischka sortiert worden war.<br />

Es ist dies das Kapitel „Rückkehr“<br />

(S. 297 f.). „Die Mutter<br />

war vergast worden. Julischka,<br />

die liebevolle, die temperamentsvolle,<br />

die besorgte<br />

war tot. Sie hatte das schreckliche<br />

Gas einatmen müssen,<br />

das die Deutschen in Massenproduktion<br />

als sicheres Mordmittel<br />

hergestellt hatten. Die<br />

nächsten Wochen vergingen<br />

Sie hörten auf<br />

zu zählen,<br />

zu denken,<br />

zu hoffen<br />

irgendwie. (…) Die Bilanz des Schreckens der Familien Fried und<br />

Lauer stieg von Stunde zu Stunde.“ S. 310: „Schani und Icu hörten auf<br />

zu zählen, zu denken, zu hoffen. Sie waren zurück, sie lebten, warum?“<br />

Auf „Prag“ und „1952“ (Flucht) folgt „Wien“, das mit dem Kontakt<br />

mit Prof. Hugo Hansch (Fd), einem Benediktiner aus Melk, verbunden<br />

ist: „Professor Hugo Hantsch hatte ein Auge auf seinen jungen<br />

Studenten, dessen fragile Konstitution ihm offensichtlich nicht entgangen<br />

war. (…) Hantsch war ein fanatischer Österreicher und Wiener.<br />

Die Stadt war für ihn unübertroffen schön. Schani aber liebte<br />

Prag sehr. Eines Tages traute Schani sich dennoch den folgenden Satz<br />

zu: ‚Herr Professor, Wien ist eine Stadt mit vielen Juwelen, Prag aber<br />

ist ein Juwel.‘ Hansch sah daraufhin seinen Studenten an und meinte:<br />

‚Das haben Sie wirklich sehr gut gesagt.‘“<br />

Prof. A. Fried hat im vorliegenden Buch auch über Konzentrationslager<br />

und Todesmarsch geschrieben. Und über zahlreiche lebensbedrohende<br />

Situationen. Kurz: Es muss unbeschreiblich gewesen sein. Weil<br />

er die Liebe zum Leben nicht aufgegeben hat, deshalb hat er diesen<br />

„Bericht eines Lebens“ veröffentlicht.<br />

Veit Neumann<br />

Impressum <strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> – 108. Jahrgang B 2788<br />

Herausgeber:<br />

Cartellverband der katholischen deutschen<br />

Studentenverbindungen (CV)<br />

Redaktionsleitung:<br />

Prof. Dr. Veit Neumann (Alm), redaktion@cartellverband.de<br />

Redaktion:<br />

Wolfgang Braun (Bd), St. Ingbert<br />

Thomas Gutmann (BuL), Düsseldorf<br />

Christoph Herbort-von Loeper (B-S), Berlin<br />

Stephan Ley (Alm), München<br />

Dr. Norbert Matern (TsK), München<br />

Norbert A. Sklorz (Gbg), Köln<br />

Redaktionsschluss:<br />

Ausgabe 4/<strong>2015</strong>: 12. Juni <strong>2015</strong><br />

Ausgabe 5/<strong>2015</strong>: 7. August <strong>2015</strong><br />

Web-Adresse:<br />

www.cartellverband.de<br />

Vertrieb:<br />

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<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 81


Wagner und kein Ende<br />

Es hilft nichts,<br />

man muss erst<br />

Wagnerianer<br />

sein…<br />

[Nietzsche<br />

Theologisch-biographische Marginalien<br />

eines Bayreuthers<br />

von Prof. Dr. Rainer Bucher<br />

Foto: picture alliance/POP-EYE/sinissey<br />

I. Vor einiger Zeit saß ich mit einer<br />

evangelischen Theologin und Journalistin<br />

auf einem Podium der Konrad-Adenauer-Stiftung,<br />

es ging um<br />

Papst Franziskus. Als wir darauf zu sprechen<br />

kamen, dass dieser neben Mozart und Bach<br />

auch Richard Wagner als seinen musikalischen<br />

Favoriten benannt hat, bekannten wir<br />

uns als regelmäßige Besucher der Bayreuther<br />

Festspiele. „Wird es in Ihren katholischen<br />

Kreisen auch immer so merkwürdig<br />

weiterlesen …<br />

Rainer Bucher, Nietzsches Mensch und<br />

Nietzsches Gott, Frankfurt/M. u.a. 2 1993<br />

Ders., Hitlers Theologie, Würzburg 2008<br />

Ders., „wenn nichts bleibt, wie es war.<br />

Zur prekären Zukunft der katholischen Kirche,<br />

Würzburg 2 2012.<br />

still, wenn Sie sich als Wagnerianer outen?“,<br />

so, nach der Veranstaltung, dann die vorsichtige<br />

Frage der Kollegin.<br />

In christlichen Kreisen mag man Wagner<br />

normalerweise nicht so sehr und das mit guten<br />

Gründen: Er war ein übler Antisemit, seine<br />

Musik erleben viele als gewalttätig, noch mehr<br />

als langatmig, und die von ihm bereits mitbetriebene<br />

kunstreligiöse Überhöhung von<br />

Werk und Person ist christlichem Empfinden<br />

zurecht peinlich. Hitlers Wagnerbegeisterung<br />

ist da noch nicht einmal eingerechnet.<br />

Der Lieblingskomponist vieler kunstinteressierter<br />

Christen ist zumeist Johann Sebastian<br />

Bach und auch das mit guten Gründen, denn<br />

mit Bach bekommt man eine Ahnung, was<br />

es mit dem Himmel auf sich haben könnte.<br />

Bei Wagner aber kann man lernen, wie es<br />

auf der Welt zugeht, und das in schönster<br />

Einheit von Person und Werk. Bach verführt<br />

mit der Vollkommenheit seiner kompositorischen<br />

Technik, Wagner aber mit der Ambivalenz<br />

seiner medialen Techniken: Mächtig<br />

sind sie darin beide.<br />

II. Ich bin in Bayreuth aufgewachsen. Für<br />

Wagner war Bayreuth ein Podium, das er<br />

sehr bewusst ausgewählt hatte: groß genug,<br />

um ihm als Bühne zu dienen, überschaubar<br />

genug, um nur ihm Platz zu bieten. Die anderen<br />

Berühmtheiten Bayreuths, Jean Paul<br />

und Max Stirner etwa, waren gegen Wagner<br />

immer nur Außenseiter und sind bis heute<br />

Außenseiter der Literatur- und Philosophie -<br />

geschichte geblieben.<br />

Bayreuth war ausgesprochen begeistert vom<br />

National sozialismus und eine der Lieblingsstädte<br />

Hitlers. Er kam privat und öffentlich<br />

immer wieder hierher, wollte Winifred Wagner<br />

82 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>


Wagner und kein Ende<br />

]<br />

und ihre Kinder treffen und seine alte Liebe<br />

zu Richard Wagners Opern erneuern. Wenn<br />

man in Bayreuth aufwächst und halbwegs<br />

sensibel ist, kann man dieser Seite der Stadt<br />

nicht ausweichen. Zumindest dann nicht, wenn<br />

Wagners Villa Wahnfried und das ehemalige<br />

nationalsozialistische „Haus der deutschen<br />

Erziehung“ auf dem Schulweg liegen, wenn die<br />

Eltern vom Krieg berichten und die katholische<br />

Pfarrjugend bei einer Polenfahrt auch<br />

die Gedenkstätte des KZ Auschwitz besucht.<br />

Wagners Festspielhaus, das ich mit 13 Jahren<br />

zum ersten Mal besuchte, war während meiner<br />

Jugend in Sichtweite: seine übermäch -<br />

tigen Medien ebenso wie seine übermächtigen<br />

Geschichten von Gewalt, Liebe und Tod.<br />

Irgendwann fragte ich mich: Was hat das alles<br />

miteinander zu tun: mein behütetes katholisch-bürgerliches<br />

Leben, Richard Wagner<br />

und Hitlers Hinterlassenschaften?<br />

Hitler faszinierte, so stellt es sich mir heute<br />

dar, weil er weit verbreitete Sehnsüchte teilte<br />

und bediente: die Sehnsucht nach Gemeinschaft<br />

etwa und jene nach Übersichtlichkeit,<br />

vor allem aber die Sehnsucht nach einem<br />

heroischen Leben, nach einem Leben<br />

der Ehre, der Öffentlichkeit und der spek -<br />

takulären Tat.<br />

Vom George-Kreis bis Ernst Jünger, von der<br />

Jugendbewegung bis zur militaristischen<br />

Freicorpsszene der Zwischenkriegszeit: Das<br />

Ressentiment gegen die „Masse“, gegen die<br />

„Verflachung“ war gerade unter den Eliten<br />

damals weit verbreitet – und nicht nur bei ihnen.<br />

Dem Trott einer spießig selbstgefälligen<br />

Alltäglichkeit voller Regeln und kleinbürgerlicher<br />

Normen, voller kleiner und kleinster<br />

Freuden und großer Ängste und voller<br />

Tristesse entfliehen zu wollen, ist ja nur zu<br />

verständlich. Richard Wagner hat es als<br />

Aufführung von<br />

„Rheingold“ am 5. März<br />

2014 in der Staatsoper im<br />

Schillertheater Berlin.<br />

Im Bild vorne die<br />

Rheintöchter Woglinde,<br />

Flosshilde und Wellgunde.<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 83


Wagner und kein Ende<br />

Richard Wagners Wohnhaus in Tribschen<br />

bei Luzern. Heute beherbergt es das<br />

Richard-Wagner-Museum. Aquarell von<br />

Jakob Josef Ziegler.<br />

Foto: picture alliance/akg-images<br />

Mensch stets und oft auf Kosten anderer getan<br />

und in seinen Werken ebenso gefeiert wie<br />

ermöglicht.<br />

III. Niemand hat früher und schärfer das uneigentliche<br />

Leben kritisiert als Friedrich<br />

Nietzsche: das Leben des Menschen des<br />

„Ressentiment“ mit seiner schielenden Seele,<br />

der gar nicht anders kann, als seine Kränkungen<br />

zu konservieren und sich durch die<br />

Abwertung anderer aufzubauen. In Richard<br />

Wagners Gesamtkunstwerk sah Nietzsche<br />

für eine gewisse Zeit die Rettung aus all dem.<br />

„Nur als ästhetisches Phänomen ist das Dasein<br />

und die Welt ewig gerechtfertigt“, so<br />

heißt es in Nietzsches „Geburt der Tragödie<br />

aus dem Geist der Musik“ (1872), und Wagner<br />

war für Nietzsche in seiner Vierten „Unzeitgemäßen<br />

Betrachtung“ (1876) jener<br />

Künstler und „Lichtbringer“, der dies leisten<br />

sollte, dessen „Musik als Ganzes“ nichts weniger<br />

denn „ein Abbild der Welt“, eine<br />

„Rückkehr zur Natur“ ermöglichte, jene verloren<br />

gegangene Erfahrung, in der Dionysisches<br />

und Apollinisches endlich wieder<br />

versöhnt waren und in der „die in Liebe verwandelte<br />

Natur“ ertönt.<br />

Mit diesen Hoffnungen auf Wagner und sein<br />

Werk als Ort der Erlösung von den Krankheiten<br />

der Moderne ist es bald vorbei. Nicht so<br />

sehr persönliche Zerwürfnisse, die es auch gab,<br />

sondern wirkliche theoretische Neupositionierungen<br />

führten dazu: „Wagner den Rücken<br />

zu kehren, war für mich ein Schicksal“,<br />

so Nietzsche in „Der Fall Wagner“ (1888).<br />

Die „Genesung“ von der „Krankheit“ Wagner<br />

nennt er jetzt sein „größtes Erlebnis“.<br />

Worin bestand es? In der Einsicht, dass Wagner<br />

nicht die ästhetisch vermittelte Rückkehr<br />

zu den „Müttern des Seins“, nicht die erhoffte<br />

Erfahrung von Souveränität jenseits des<br />

Ressentiment liefert, sondern, im Gegenteil,<br />

die „Heraufkunft des Schauspielers in der<br />

Musik“ bedeutet: „ein capitales Ereigniss,<br />

das zu denken, das vielleicht auch zu fürchten<br />

giebt“. Denn: „Man ist Schauspieler damit,<br />

dass man Eine Einsicht vor dem Rest<br />

der Menschen voraus hat: was als wahr wirken<br />

soll, darf nicht wahr sein.“ „Wagners<br />

Musik“, so Nietzsche, „ist niemals wahr“.<br />

Was immer das bei Nietzsche genau heißen<br />

mag, bekanntlich kritisiert Nietzsche einen<br />

naiven Wahrheitsbegriff: Wagner produziert<br />

für Nietzsche jetzt nur noch „wollüstigen<br />

Rausch für … Verarmte“. Er ist kein Weg aus<br />

der décadence, vielmehr deren raffiniertester<br />

Repräsentant. Man zahle daher die „Anhängerschaft<br />

an Wagner“ stets „theuer“.<br />

IV. Nietzsche hat damit ohne Zweifel Recht,<br />

zumindest wenn es eine naive Anhänger schaft<br />

ist. Naiv aber ist sie, wenn sie sich vorbehaltlos<br />

jenem Rausch hingibt, den Wagner anbietet und<br />

als erster in seinem mit viel medientechnischer<br />

Raffinesse gebauten Bayreuther Festspielhaus<br />

herzustellen vermag: die bewusste Inszenation<br />

vorbewusster Erlebniswelten ohne<br />

Ausweg und Distanz, das Kino vor dem Kino.<br />

Naiv ist die Anhängerschaft, wenn sie Wagner<br />

affirmativ kunstreligiösen Erlösungs -<br />

status zubilligt, wenn sie Wagners Werk nicht<br />

bricht an den Realitäten der Gegenwart, sondern<br />

umgekehrt die Realitäten der Gegenwart<br />

an den thematischen Motiven von Wagners<br />

Opern ausrichtet und totale Räume<br />

medialer Überwältigung inszeniert, wie<br />

Wagner es erstmals tat. Hitler übrigens hat<br />

beides, von Wagner inspiriert, getan, von den<br />

inszenatorischen Meisterleistungen der<br />

Reichsparteitage bis zur realisierten Götterdämmerung<br />

des Mai 1945.<br />

Foto: privat<br />

Der Autor: Prof. Dr. Rainer M. Bucher, geboren 1956 in Nürnberg. Verheiratet,<br />

Vater zweier erwachsener Töchter. Aufgewachsen bis 1959 in Herzogenaurach,<br />

ab 1959 in Bayreuth. Ab dem Wintersemester 1977 Studium der Theologie<br />

in Freiburg im Breisgau und Würzburg, germanistische Zusatzstudien;<br />

1986 Promotion im Fach Fundamentaltheologie mit einer Arbeit über das<br />

Spätwerk Friedrich Nietzsches; 1994 Stellvertretender Leiter des Cusanuswerks;<br />

von Juli 1995 bis August 1996 sowie von April bis November 1997 Kommissarischer Leiter des<br />

Cusanuswerks; 1996 Habilitation für das Fach Pastoraltheologie; Lehrstuhlvertretung in Bamberg,<br />

seit 2000 Universitätsprofessor und Vorstand des Instituts für Pastoraltheologie und Pastoralpsychologie<br />

an der Fakultät Katholische Theologie der Universität Graz.<br />

Gerade deshalb aber gilt: „Es hilft nichts,<br />

man muss erst Wagnerianer sein….“. Denn<br />

an Wagners Opern kann man studieren, wie<br />

die Welt heute funktioniert, was Menschen<br />

morden, stehlen, lieben, verraten, sich opfern<br />

lässt – und wie wenig logisch das alles<br />

ist. Und man kann an Wagners Opern lernen,<br />

wie und mit welchen Mitteln in der Mediengesellschaft<br />

ästhetische Überwältigung und<br />

Verführung hergestellt wird und dass in ihr<br />

ästhetische und nicht mehr religiöse oder politische<br />

Identitätsmarker relevant sind, zu-<br />

84 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>


Wagner und kein Ende<br />

mindest in den Wohlstandsgesellschaften des<br />

Westens, weswegen umgekehrt religiöse<br />

Identitäten beginnen, sich primär ästhetisch<br />

zu präsentieren.<br />

Wenn man aber Wagners ungeheure Kraft<br />

bricht an den Ungeheuer lichkeiten der Gegenwart,<br />

wie es die großen Wagnerregisseure<br />

der letzten Jahrzehnte von Chereau bis<br />

Herheim taten, dann kommt ein Spiel der Erkenntnis<br />

in Gang, das wirklich Neues erfahren<br />

lässt. 2005 habe ich Christoph Schlingensiefs<br />

Parsifal-Inszenierung in Bayreuth<br />

gesehen. Schlingensief inszenierte nicht die<br />

Frage, was denn Erlösung sei, ob es sie geben<br />

könne, wovon man überhaupt erlöst werden<br />

wolle und wie viel Gewalt allein schon der<br />

Wunsch nach Erlösung in sich enthält: Er<br />

präsentierte all diese Fragen mit existentieller<br />

Wucht, ohne Rücksichten auf sich und<br />

andere, wie eben Wagner auch: eine bleibend<br />

verstörende Erfahrung für einen Theologen.<br />

V. Wagner gehört zu jenen Phänomenen, von<br />

denen man entweder schnell und ein für alle<br />

Mal gefesselt ist, oder ebenso schnell und ein<br />

für alle Mal nie mehr etwas hören will. Wagner<br />

ist auch ohne Zweifel ein Verführer. Wer sich<br />

ihm naiv nähert, ist verloren. Wer sich ihm aber<br />

kritisch nähert, verliert Illusionen über die Welt<br />

und erfährt noch nebenbei, wie die moderne<br />

Medienindustrie funktioniert. Konfrontiert<br />

man ihn ästhetisch, politisch, medial auf der<br />

Höhe der Gegenwart mit unserer Gegenwart,<br />

sprüht es unvorhersehbare Funken, wie bei<br />

wenigen Künstlern der Vergangenheit.<br />

Wagner war ein unmöglicher Mensch und<br />

seine Kunst ist bisweilen gewalttätig bis zur<br />

Schmerzgrenze. Aber er nimmt seine Themen<br />

ernst, und er hat Mittel und Wege, andere<br />

dazu zu bringen, sie ernst zu nehmen. Wem<br />

Wagner etwas bedeutet, der ist entweder ein<br />

naiver Gläubiger, und das sollte man generell<br />

nicht sein, oder er ist ein Abenteurer der Gegenwarts-<br />

und Menschenerkundung.<br />

Man sollte Wagner nur kritisch begegnen,<br />

aber gerade als Christ ihm nicht ausweichen.<br />

Denn das Christentum ist nicht Weltflucht,<br />

weder Flucht aus der Welt noch in die Welt,<br />

sondern Welt-Loyalität (A. N. Whitehead).<br />

Außerdem hatte Nietzsche auch darin Recht:<br />

„Da ist ein Musiker, der mehr als irgendein<br />

Musiker seine Meisterschaft darin hat, die<br />

Töne aus dem Reich leidender, gedrückter,<br />

gemarterter Seelen zu finden und auch noch<br />

dem stummen Elend Sprache zu geben“. Und<br />

das ist nun ganz ohne Zweifel christlich.<br />

Foto: picture alliance/dpa<br />

Foto: picture alliance/akg-images<br />

Wagner<br />

ist auch<br />

ohne Zweifel<br />

ein Verführer<br />

Oben: Bundeskanzlerin Angela<br />

Merkel und ihr Ehemann<br />

Joachim Sauer kommen am<br />

25. Juli 2013 bei den Festspielen<br />

in Bayreuth an.<br />

Links: Wagners eigenhändige<br />

Niederschrift der Pariser<br />

Fassung der Partitur des<br />

„Tannhäuser“,<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 85


Wagner und kein Ende<br />

Wagner und kein Ende. So richtig<br />

schlau wird man nicht aus ihm.<br />

Was mag der Komponist uns sagen?<br />

Wer sich mit dem 19. Jahrhundert<br />

beschäftigt, mit Friedrich Nietzsche, Theodor<br />

Fontane und Otto von Bismarck, mit Heinrich<br />

Heine, kurz: mit Romantik, Nationalismus und<br />

Realismus, der mag Richard Wagner als einen<br />

fatalen Schlussstein erkennen, den man am neugotischen<br />

Gewölbe bewundert oder der einen<br />

im Herabfallen erschlägt. Genie oder<br />

Scharlatan? Selbst französische (Spät)Romantiker<br />

haben noch viel Klassisches an sich,<br />

vergleicht man sie mit dem Leipziger Drehorgelmann,<br />

dem Chefcharismatiker der abysmalen<br />

Rauschhaftigkeit im Reiche der Musik.<br />

Wusste Wagner, wohin er gehört? Man weiß<br />

es nicht so recht, was der Herr Musikus war.<br />

Hieße es sich zu viel herausnehmen, schriebe<br />

man von einer „musikalisch verkrachten<br />

Existenz“? In jener Zeit, als das Alte dem<br />

Neuen zu weichen hatte – die Städte sprengten<br />

gerade die Beringe ihrer gewachsenen Kerne<br />

und ergaben sich in produktiver Hinsicht der<br />

kapitalistischen Industrie –, damals griff Wagner<br />

gewitzt und beherzt aufs Alte zurück und<br />

machte es unheimlich neu. Frei nach einem<br />

Couplet aus der „Proletenpassion“ der österreichischen<br />

„Schmetterlinge“: „Was hat er uns<br />

zu bieten außer den Germanenmythen?“ Diese<br />

von ihm in schillernd-erhebende Töne gegossenen<br />

mythischen Mären, gepaart mit den stabreimenden<br />

hehren und holden Heroen und<br />

Herolden, die selbst hartgesottene Baritone bei<br />

so mancher Oper textmäßig buchstäblich ins<br />

Schleudern bringen, sind zum Einschläfern.<br />

Beim abschließenden Erwachen aber (die Rede<br />

ist etwa vom Schluss des „Tristan und Isolde“)<br />

brennt Wagner ein knallig-buntes Feuerwerk<br />

ab, das an ein Jahrmarktskarussell denken lässt.<br />

Wie bereits angedeutet: Charles-Marie Widors<br />

Toccata aus der Symphonie Nr. 5 – der Klassiker<br />

auf brausenden Kirchenorgeln nach Festgottesdiensten<br />

oder am Ende von Jahresschlussmessen<br />

– trägt nicht wenige karnevaleske<br />

Züge. Der bombastische Schluss dieses Stückes<br />

schrammt hart am Ridikülen vorbei. Selbst<br />

Léon Boëllmanns famose c-moll-Toccata aus<br />

der „Suite gothique“, drohend brummend,<br />

sich aufbauend und dann mit den letzten, harmonisch<br />

wenig überraschenden Akkorden in<br />

Asche zerfallend – sie trägt ebenfalls karnevaleske<br />

Züge –, ist élégance pure gegenüber<br />

den dröhnenden Hammerschmieden und ewigen<br />

Schiffsreisen mit geblähten Segeln gen<br />

Walhall oder andere fernländische Hügel.<br />

Kein Wunder, dass der abkupfernd transformierende<br />

Meister Thomas Mann mit Wagner<br />

Aufgehübscht<br />

bis zur Falschheit<br />

Titanisch, charismatisch, windig:<br />

der Till Eulenspiegel<br />

der teutschen Tonsetzer<br />

Foto: picture alliance / United Archives/WHA<br />

86 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>


Wagner und kein Ende<br />

die schönsten ideellen Beziehungen unterhält<br />

(wie oft nochmal besuchte er in München<br />

dessen „Lohengrin“?). Wagners Technik des<br />

Leitmotivs integriert er ins literarische Œuvre,<br />

wohingegen Nietzsche sich anmaßt, aus enttäuschter<br />

Liebe über den wohl windigsten Titanen<br />

unter den Tonsetzern, der phasenweise<br />

ausschließlich in Sammet geht, über den Eulenspiegel<br />

der Komponisten polemisch sich<br />

zu überheben („Der Fall Wagner“).<br />

Wie kann man Musik anders beschreiben als<br />

in ewig blassen Vergleichen? Musik hat ihre<br />

eigene Sprache, die sich dem wörtlichen<br />

Ausdruck entzieht, sich dem Hörer jedoch weit<br />

jenseits des Begrifflichen erschließt. Die musikalische<br />

Sprache Frédéric Chopins ist auf<br />

dessen eigene Art traurig, auch wenn er freudig<br />

zu sein beabsichtigt. Jacques Offenbach verfällt<br />

der leichten Muse, selbst wenn es ihm<br />

darum ist, etwas Ernsthaftes vorzuführen. Und<br />

Dmitri Schostakowitsch mogelt sich mit einem<br />

Kauderwelsch aus russischer Seele, sozialistischem<br />

Realismus und, gelegentlich, Karnevalsgetöse<br />

irgendwie an Stalin vorüber, der<br />

sein Leben schattenhaft begleitete. Kann<br />

sich jemand mit aller Begabung an Zentralfiguren,<br />

Zentralkonstellationen und Zentralproblematiken<br />

seines Zeitalters vorbeikomponieren?<br />

Anders gefragt: Säßen wir, wenn<br />

wir diese Frage mit nein beantworteten, der<br />

kulturfeindlichen Manie auf, alle Wirklichkeit<br />

politisch-klassenkämpferisch zu interpretieren,<br />

wie es sozialistischer Abusus ist?<br />

In diesem Verdacht steht Wagner keinesfalls.<br />

Aber bereits Theodor W. Adornos Betrachtungen<br />

zu des Maestro Musik lesen sich, als hätte<br />

der Soziologe den Notenschlüssel zum Thema<br />

eingebüßt. Was Wunder, ist sich der realistische<br />

Traumtänzer des unglücklichen 19. Jahrhunderts<br />

doch selbst ein Rätsel, auch wenn ihm<br />

etwas Augurenhaftes nicht abgeht. Aber Wagner<br />

ist, ähnlich Goethen als dem Repräsentanten<br />

des bürgerlichen Zeitalters, Vertreter jenes<br />

kratologisch hochproblematischen Säkulums,<br />

eines Jahrhunderts, das mit sich nicht mehr zu<br />

Ende kam, da es das Bewusstsein trägt, als<br />

Modernität deren intimste Sprache, die Sprache<br />

der Modernität selbst zu reden (Nietzsche).<br />

Womöglich war denn auch das 19. Jahrhundert<br />

eine missratene Apotheose der Aufklärung?<br />

Aufgebauscht durch naturwissenschaftlichtechnischen<br />

Fortschritt, blieb ihm aus Sorge vor<br />

Desillusionierung wenig anderes als Selbstüberhebung<br />

durch Macht und, der Macht dialektisch<br />

gegenüberstehend, durch verfeinernde<br />

Uneigentlichkeit das süße Gift der Ironie.<br />

Wobei Wagner die Rolle des Künders dieser<br />

neuen, unheimlich aufgehübschten Zeit selbstbewusst<br />

verkörpert. Hat er also, gleich dem<br />

frühen Gustav Aschenbach aus dem „Tod in<br />

Venedig“, über seinen Zynismen das Talent verdächtigt,<br />

die Kunst verraten und deren eschatologische<br />

Dimension süßlich-ironisch um die<br />

Ecke gebracht? Jedenfalls ist der Sachse mit der<br />

singenden Stimme musikalischer Schwellengänger.<br />

Sein schmeichelnd-buhlerisches Pathos<br />

hat Gemeinsamkeit mit dem greisen Geck<br />

bei Aschenbachs Überfahrt nach Venedig, der<br />

auf Teufel komm raus die Jugend sucht und<br />

mit girrenden Lauten vom Liebchen, vom<br />

feinen Liebchen faselt, während er dem protestantischen<br />

Arbeitsethiker von Aschenbach<br />

Abschiedshonneurs macht – derweil „sein<br />

Mund wässert“. Mit kühn aufgebogenem<br />

Panama und aufgehübscht<br />

bis zur<br />

Falschheit zeigt<br />

sich der schnöselhafte<br />

Stutzer und<br />

schwartze Kesperlin<br />

als retrospektives<br />

Sinnbild für<br />

künstliche Gralstümmelei<br />

und schmachtendes Liebeslangen.<br />

Hinter welchen sich, Gott sei’s geklagt, nichts<br />

anderes verbirgt als die fatal-unheimliche Sehnsucht<br />

des Abgelebten nach der Metamorphose<br />

des Alten zurück in blühende Jugend, als die<br />

Angst des eisernen Jahrhunderts vor allem, was<br />

wesentlich ist, vor dem letzten Gang dorthin,<br />

vor Begängnis und düsterer Bahre. Das 19. Jahrhundert,<br />

sich fortschrittlich glaubende Epoche<br />

der Kohle und des Stahls, geplagt und heimgesucht<br />

aber in Wirklichkeit vom Wunsch<br />

nach der Rückkehr in die Zeit vor der Bewusstwerdung<br />

des Säkulums selbst und seiner Modernität.<br />

Was anderes wäre dann Romantik<br />

als das Entrinnen in den Mythos als Antwort<br />

auf die technisierte Präzision, die Natur und<br />

Geist unkatholischerweise entzweit. Ist das<br />

etwa Richard Wagner? Mittenmang dabei.<br />

Wie dem auch sei. Eine Entwicklung ist ein<br />

Schicksal, und somit liegt es nicht in der<br />

Hand des Lebenden, das eigene Dasein völlig<br />

zu objektivieren. Immerhin ist erneut die<br />

Frage zu stellen, ob Wagner, ganz Adoleszent<br />

seiner Epoche, in kratologischer Perspektive<br />

unbedarft komponierte. Kannte er<br />

das Leben jenseits künstlerischer Verfeinerung<br />

und Überreiztheit? Nietzsche war Soldat,<br />

der die Schrecken des Deutsch-Französischen<br />

Krieges erlebte. Wagner träumte von<br />

hehren Heldentaten, die der „epische Komponist“<br />

in seiner „Operndiktion“ (Thomas<br />

Mann über Wagners Sprachbegabung) bewerkstelligt.<br />

Da kommt es einen peinlich an,<br />

wenn der russische Regisseur Karen Schachnasarow<br />

beim Erscheinen des furchtgebietenden<br />

„Tiger“ im gleichnamigen Panzerfilm<br />

aus dem Jahr 2012 („Der weiße Tiger“)<br />

tumb-grummelnde Wagnermusik verabfolgt<br />

– es ist das Tannhäusermotiv, erklingend in<br />

russischen Birkenwäldchen, nichts weiter.<br />

Traumtänzer<br />

des unglücklichen<br />

19. Jahrhunderts<br />

Der Rest der Geschichte ist schnell erzählt:<br />

Villa Wahnfried, Winifred und wie sie alliteratorisch<br />

alle heißen. Wagner und der Boulevard<br />

brauchen keine strategische Partnerschaft.<br />

Wagner ist Boulevard, und so erscheint deutlich,<br />

dass kulturelle Höhe auch in ihrer Relativität<br />

betrachtet werden darf, trotz noch so<br />

raffinierter Akkorde, die allenfalls in aus -<br />

gewählten Momenten des zweifelhaft Be -<br />

glückenden und<br />

beglückend Zweifelhaften<br />

entraten.<br />

Um es rundweg<br />

herauszusagen:<br />

Richard Wagner<br />

könnte, immerhin<br />

schon im Zeitalter<br />

der Massen stehend,<br />

wenn auch an dessen Anfang, als<br />

„McDonald’s der Musik“ figurieren. Tatsächlich<br />

haftet ihm etwas an von praktischem<br />

Drive-in: Man nimmt das bei aller exzentrischen<br />

Virtuosität der Harmonik imposante Gedröhne<br />

und Gefiedel gern und unkompliziert<br />

mit. Wie schnell ist es hinabgewürgt! Am Ende<br />

seiner Kompositionen entlässt Wagner das<br />

Publikum nicht mit dem offenen Blick für die<br />

lichte Weite des Daseins oder – das wäre wohl<br />

zu viel des Guten – in die Welt segensreicher<br />

Verherrlichung des Höchsten, sondern in aufgeblasene<br />

Lächerlichkeit. Man denke nur an<br />

die Bande von Straßensängern, die sich im<br />

Vorgarten des venezianischen Hotels, in dem<br />

Aschenbach sejourniert, mit ihren volkstümlich<br />

quinkelierenden Instrumenten hören lassen.<br />

Ähnlich ihrem Anführer und obersten<br />

Bettelvirtuosen, der sich am Ende im Rückwärtsgang<br />

schleicht und mit dem Mast der<br />

Bogenlampe kollidiert, nachdem er beim begierig<br />

lauschenden Publikum (die Russen eifrig<br />

und genau im Genuss) Geld eingezogen<br />

hat; ähnlich diesem Anführer tritt Wagner am<br />

Ende seiner Eulenspiegeleien stets den Rückzug<br />

an, um sich doch immer wieder durch<br />

die vulgär belebten und eingängigen Weisen,<br />

nach der Art von Gassenhauern, girrend zu<br />

empfehlen. Genie oder Scharlatan? Vielleicht<br />

lautet die Formel, um dem Wagnerschen<br />

Code beizukommen, „schwere leichte<br />

Muße“ oder „klassischer Drive-in“? Man<br />

weiß es nicht. Mit Sicherheit gilt seit jeher und<br />

wird bedauerlicherweise noch lange gelten:<br />

Wagner und kein Ende. Veit Neumann (Alm)<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 87


Wagner und kein Ende<br />

Das Richard-Wagner-Festspielhaus<br />

auf dem Grünen Hügel in Bayreuth wurde<br />

von Otto Bruckwald nach Entwürfen von<br />

Richard Wagner im Stil der hellenistischen<br />

Romantik errichtet.<br />

Und sein Erbarmen<br />

ist kein Spott<br />

Religion in Leben und Werk<br />

Richard Wagners<br />

Sie spendete Regen oder Schnee, sie brachte<br />

den Frühling, sorgte für das Wachstum der<br />

Fluren und für die Ordnung im Haushalt. Die<br />

Kinder kennen sie heute noch als Frau Holle.<br />

Unter dem Einfluss des Christentums wurde<br />

aus dieser wundertätigen Muttergottheit einervon<br />

PD Dr. Ulrike Kienzle<br />

Programm des Stadttheaters Dortmund von<br />

1904. Gegeben wurde der Tannhäuser.<br />

Über nichts hat Richard Wagner<br />

zeit seines Lebens so tief<br />

nachgedacht wie über die Liebe<br />

und über die Religion. Die<br />

großen Menschheitsfragen – „Wo<br />

komme ich her? Wo gehe ich hin?<br />

Was ist der Sinn des Lebens, des<br />

Leidens und der Liebe?“ bewegten<br />

ihn immer. Eine Vorstellung von<br />

Gott im Sinne der christlichen<br />

Theologie sucht man bei Wagner<br />

indes vergebens. Gott ließ sich<br />

für ihn weder begrenzen noch definieren.<br />

Wagner war ein kritischer Freigeist, der seinen<br />

eigenen Weg ging, im Leben wie in der<br />

Kunst, im Denken wie in der Religion.<br />

2 Fotos: imago stock&people<br />

TANNHÄUSER<br />

Von Heinrich Heine ließ sich Wagner zu seiner<br />

romantischen Oper Tannhäuser (1845)<br />

inspirieren. Die Literaten des Jungen<br />

Deutschland hatten die Befreiung der Sinnlichkeit<br />

auf ihre Fahnen geschrieben. Deshalb<br />

spielten sie das lustbetonte Leben der<br />

alten heidnischen Götter gegen die moralischen<br />

Repressionen des Christentums aus.<br />

In seinem Essay Elementargeister von 1837<br />

beschreibt Heinrich Heine, wie das Christentum<br />

bei seinen ersten Missionszügen auf<br />

deutschem Boden die altgermanische Religion<br />

zu vertilgen oder in sich aufzunehmen<br />

suchte: Auf den Ruinen heidnischer Tempel<br />

und Kultstätten wurden Kirchen und Kapellen<br />

gebaut. Aus den alten Naturgöttern, aus<br />

Nymphen und Quellgeistern, Zwergen und<br />

Elfen wurden entweder Heilige – oder aber<br />

Teufel, Hexen und Dämonen.<br />

Die alten Götter waren in den Augen des Volkes<br />

zwar keineswegs tot, aber sie vegetierten<br />

nunmehr jämmerlich unter Eulen und Kröten<br />

dahin. Des Nachts jedoch stiegen sie „in liebreizender<br />

Gestalt“ empor, „um irgend einen<br />

arglosen Wanderer oder verwegenen Gesellen<br />

zu betören und zu verlocken.“ 1 So zum<br />

Beispiel den Minnesänger Tannhäuser, der<br />

im Venusberg jahrelang die Liebe der Göttin<br />

genoss, bevor er, von Reue geplagt, zum<br />

Papst nach Rom pilgerte – der aber verweigerte<br />

ihm die Absolution, und so kehrte der<br />

Sünder für immer in die Arme der Frau Venus<br />

zurück. 2 Frau Venus jedoch war niemand<br />

anderes als die germanische Fruchtbarkeitsgöttin<br />

Hulda.<br />

88 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>


Wagner und kein Ende<br />

Foto: picture alliance / Yannick Tylle<br />

seits die Anführerin des wilden Heeres, eine<br />

grauenhafte Hexe und Teufelin, andererseits<br />

aber – der Gegensatz könnte nicht größer<br />

sein – die heilige Jungfrau Maria: „Der gesamte<br />

[…] Mariencultus ist nur aus der tiefen<br />

wurzel zu erklären, die im volk schöne und<br />

schuldlose, aber heidnische anschauungen<br />

geschlagen hatten.“, betont Jacob Grimm in<br />

seiner Deutschen Mythologie. 3 Blumen und<br />

Kräuter, einstmals der Großen Göttin geweiht,<br />

wurden nunmehr nach Maria benannt;<br />

Marienbilder ersetzten die alten Kultstätten<br />

im Wald, und eine Fülle lieblicher Sagen und<br />

Märchen um Holda und Frouwa wurden<br />

auf sie übertragen.<br />

Venus, Maria und Holda –<br />

alle drei kommen in<br />

Wagners Oper vor.<br />

Von Frau Holda singt<br />

der junge Hirt, ein<br />

Naturbursche, der in<br />

seiner unschuldigen<br />

Einfalt offenbar die<br />

christlichen Missionszüge<br />

verschlafen hat. Die<br />

Jungfrau Maria ziert als<br />

Heiligenfigur den rechten<br />

Bildrand der beiden Szenen<br />

im Wartburgtal. Mit dem<br />

Ruf „mein Heil ruht<br />

in Maria!“ löst sich Tannhäuser von Frau Venus<br />

los, aber mit seinem Preislied an die Göttin<br />

der Liebe löst er auf der Wartburg einen<br />

Eklat aus. 4<br />

Ein Thema der Oper ist die unheilvolle Spaltung,<br />

die das Christentum über die Welt gebracht<br />

hat, indem es die freie Liebe verdammte.<br />

Tannhäuser ist zerrissen zwischen<br />

der ekstatischen, aber kalten heidnischen<br />

Sinnenlust der Frau Venus einerseits, der seelenvollen,<br />

aber keuschen Lieblichkeit Mariens<br />

und der Hohen Minne in der Wartburg<br />

andererseits. Tannhäuser ist –<br />

nach dem Ideal des Jungen<br />

Deutschland – ein Mensch,<br />

der sich dem Hier und Jetzt<br />

des gelebten Augenblicks<br />

mit ganzer Seele hingibt.<br />

In einer Welt, die<br />

religiös gespalten ist,<br />

erscheint seine spontane<br />

Impulsivität als eine<br />

Todsünde. Die Befreiung<br />

aus diesem Zwiespalt<br />

vollzieht er nicht<br />

aus eigener Kraft. Er<br />

bedarf „des Himmels<br />

Mittlerin“, 5 des „Engels“,<br />

der ihn von Venus zu<br />

Maria bringt und<br />

die göttlichen Attribute beider in sich vereinigt.<br />

Diese Mittlerin ist Elisabeth. Sie ist<br />

Stifterin und Märtyrerin einer neuen Religion,<br />

in der die Gegensätze von Heidentum<br />

und Christentum aufgehoben sind: einer Religion<br />

der Liebe, die durchaus erotische Züge<br />

trägt und damit wieder an die germanischen<br />

Göttin Holda anknüpft.<br />

Elisabeth macht eine innere Entwicklung<br />

durch: von der Hoffnung auf eine sinnliche<br />

Erfüllung ihrer Liebe zu Tannhäuser in der<br />

Ehe bis hin zur stellvertretenden Sühne seiner<br />

„Schuld“ im mystischen Liebestod. Am<br />

Ende dieses langen und schmerzlichen Weges<br />

wird sie gleichsam zur Heiligen. Ganz bewusst<br />

knüpft Wagner hier an die Legende von der<br />

heiligen Elisabeth von Thüringen an, verleiht<br />

ihr aber eine ganz neue Bedeutung, nämlich<br />

im Sinne einer Religion der Liebe zwischen<br />

Mann und Frau, die alle Werte und Normen<br />

überschreitet und zur „Erlösung“ führt.<br />

Elisabeth steht von Anbeginn gleichsam unmittelbar<br />

zu Gott. Deshalb kann sie im Augenblick<br />

der höchsten Bedrohung Tannhäusers<br />

der wütenden Wartburggesellschaft<br />

selbstbewusst verkündigen, „was Gottes<br />

Wille ist“ – nämlich den Sündigen nicht zu<br />

töten, sondern ihn auf eine Pilgerreise nach<br />

Rom zu schicken. Der Papst jedoch verweigert<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 89


Wagner und kein Ende<br />

dem reuigen Sünder die Absolution und gibt<br />

ihn der ewigen Verdammnis preis. Damit<br />

überschreitet er allerdings eindeutig sein<br />

Amt, denn selbst der Stellvertreter Christi<br />

auf Erden darf sich nicht an die Stelle des<br />

Allmächtigen setzen. Nicht durch den päpstlichen<br />

Bannspruch, sondern nur durch ein<br />

christliches „Wunder“ kann der heidnische<br />

„Zauber“ der Frau Venus gelöst werden; dies<br />

jedoch hält der Papst in seiner dogmatischen<br />

Ignoranz für unmöglich. Elisabeth erwirkt<br />

es, indem sie ihr eigenes Leben in der Fürbitte<br />

an die Jungfrau Maria zum Opfer bringt<br />

und dadurch den dürren Stab des Papstes wider<br />

jedes Naturgesetz zum Ergrünen bringt.<br />

Im Symbol des grünenden Stabes sind die<br />

Attribute der drei göttlichen Frauen zusammengefasst.<br />

Es steht für das alljährliche<br />

Kommen des Frühlings und ist insofern ein<br />

Werk Holdas, die Fluren und Auen neu belebt.<br />

Virga Aaron, der blühende Arons-Stab,<br />

ist jedoch auch ein verbreitetes Attribut der<br />

Virgo, der Jungfrau Maria: Wie Aaron als<br />

erster Hohepriester des Alten Bundes von<br />

Gott durch das Erblühen seines trockenen<br />

Stabes erwählt wurde, so ist Maria nach<br />

christlicher Auffassung dazu auserkoren, die<br />

Erneuerung der Religion durch die übernatürliche<br />

Geburt Christi zu ermöglichen.<br />

Das Werk schließt mit einer Apotheose des<br />

wahren Christentums als einer Liebesreligion:<br />

„Hoch über aller Welt ist Gott, / und sein Erbarmen<br />

ist kein Spott!“ 6 In diesem<br />

merkwürdigen Reim wollte<br />

Wagner „das<br />

bezeichnendste poetische Wort für die Entstellung<br />

des göttlichen Erbarmen’s von seiten<br />

eines hartherzigen Priesterthumes“ sehen. 7<br />

LOHENGRIN<br />

Auch Lohengrin (1848) kreist um eine religiöse<br />

Thematik. Das Werk spielt in einer für<br />

den christlichen Glauben instabilen Zeit: Im<br />

10. Jahrhundert war in Brabant der Kampf<br />

zwischen Heidentum und Christentum noch<br />

keineswegs entschieden; in der Gestalt Ortruds<br />

ragt die germanische Religion noch in die christliche<br />

Welt hinein. Doch die alten Götter sind<br />

längst gestürzt, und die zauberkundige Frau<br />

betreibt schwarze Magie. Sie verwandelt den<br />

rechtmäßigen Nachfolger des Herzogs von<br />

Brabant in einen Schwan, um dadurch ihre ei -<br />

gene Dynastie wieder an die Macht zu bringen.<br />

Lohengrin kommt aus einer jenseitigen Welt,<br />

um den heidnischen „Zauber“ durch ein christliches<br />

„Wunder“ außer Kraft zu setzen. Das<br />

Vorspiel schildert die Epiphanie der Transzendenz<br />

in silbrig hellem Streicherglanz, geheimnisvoll<br />

wie der Klang von Äolsharfen.<br />

Lohengrin ist ein Abgesandter des Grals –<br />

einer sagenumwobenen mystischen Spielart<br />

des Christentums, die von der offiziellen Kirche<br />

ignoriert wurde. Er kommt als Lichtgestalt<br />

in eine von Intrigen, Krieg und Gewalt gezeichnete<br />

Welt. König Heinrich ist überzeugt:<br />

Der Schwanenritter wurde „von Gott gesandt“,<br />

seine „Heldenkraft“ wächst ihm aus göttlichem<br />

Willen zu. 8 Mit seinem Sieg über Telramund<br />

erfüllt Lohengrin seinen Auftrag, Elsa „aus<br />

Schmach und Not“ der falschen Anschuldigung<br />

zu befreien und sich selbst an die Stelle des<br />

verschwundenen Herzogs<br />

von Brabant zu setzen. Er soll das bedrohte<br />

Land in den Krieg führen und zugleich eine<br />

neue Herrschaftsform errichten, die auf<br />

Transzendenz und Liebe gegründet ist. Aber<br />

dafür stellt er eine Bedingung, die nicht zu<br />

erfüllen ist: Elsa soll ihm und seiner Mission<br />

sozusagen blind vertrauen, ohne nach seinem<br />

Namen und seiner Herkunft zu fragen.<br />

Das Göttliche will durch sich selbst erkannt<br />

und um seiner selbst willen geliebt werden.<br />

Damit erhebt er einen Anspruch, den jede<br />

Religion stellt: zu glauben, ohne zu zweifeln.<br />

Lohengrins Frageverbot steht jedoch im Widerspruch<br />

zu einem anthropologischen Grundbedürfnis:<br />

Die Liebe – so Wagner – ist das<br />

„Verlangen nach voller sinnlicher Wirklichkeit“.<br />

9 Wer liebt, will nicht nur glauben und<br />

anbeten, sondern auch wissen und erkennen.<br />

Elsa kann nicht anders, sie muss die verbotene<br />

Frage stellen. Denn sie will letztlich nicht lebenslang<br />

„zu [s]einen Füßen liegen“ und zu<br />

ihm als „Engel“ und „Erlöser“ aufblicken. Sie<br />

will sich vielmehr seines Vertrauens würdig<br />

zeigen, will endlich „[s]einer werth erscheinen“<br />

– als Mensch gegenüber Gott und als<br />

liebende Frau gegenüber dem Mann, mit dem<br />

sie ihr Leben und das Geheimnis seiner transzendenten<br />

Herkunft teilt. 10 Religiös gesprochen:<br />

Gott und Mensch sollen gleichberechtigt nebeneinander<br />

stehen. Doch das ist unmöglich.<br />

Und darin liegt die Tragik des Geschehens.<br />

Elsa ist wie der ungläubige Thomas: Sie muss<br />

den Finger in die Wunde legen, bevor sie an<br />

die Gegenwart des Göttlichen glauben kann.<br />

Damit aber sie muss sie die Numinose aus<br />

ihrer Gegenwart vertreiben. „Der liebe Gott<br />

thäte klüger, uns mit Offenbarungen zu verschonen,<br />

da er doch die Gesetze der Natur<br />

nicht lösen darf: die Natur, hier die<br />

menschliche Natur, muß sich rächen<br />

und die Offenbarung zu nichte machen“,<br />

schrieb Wagner 1846 an einen Freund. 11<br />

Fotos: picture alliance/akg-images<br />

Lohengrin ist demnach als eine Parabel<br />

auf das Ende der Transzendenz zu lesen.<br />

Wagner thematisiert hier das Drama des<br />

modernen Menschen, der an das Göttliche<br />

nicht mehr glauben kann, der es entzaubern<br />

muss, um sich selbst zu emanzipieren.<br />

In dieser pessimistischen Sicht schlägt sich<br />

die religiöse Krise des 19. Jahrhunderts nieder.<br />

Unter dem Einfluss der kritischen Phi-<br />

„Lohengrin“: Fotopostkarte von 1905.<br />

Daneben ein undatiertes Foto<br />

der Sopranistin Eva von der Osten<br />

als Elsa in „Lohengrin“.<br />

90 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>


Wagner und kein Ende<br />

„Der Zug der Walkyren“ – Holzstich um 1890<br />

nach einem Gemälde von Gaston Bussière.<br />

losophie und der erstarkenden Naturwissenschaft<br />

war die Glaubensgewissheit der Romantiker<br />

immer mehr ins Wanken geraten. Die<br />

Anhänger des Jungen Deutschland und die<br />

Linkshegelianer der dreißiger und vierziger Jahre<br />

versuchten schließlich, Religion und Glauben<br />

in Mythologie und Psychologie aufzulösen.<br />

Wagner war sich der Gefahr bewusst, die der<br />

Verlust von Metaphysik und Religion für die<br />

Psyche des modernen Menschen bedeuten<br />

muss. Die Vertreibung Lohengrins steht deshalb<br />

für einen universalen Sinnverlust: Der<br />

Glanz des Göttlichen entschwindet aus einer<br />

Welt, in der Transzendenz und Realität nicht<br />

vereinbar sind. Elsa ist der Prototyp des modernen<br />

Menschen, der zwischen metaphysischem<br />

Bedürfnis einerseits und wachsendem<br />

Selbstbewusstsein gegenüber dem Göttlichen<br />

andererseits zerrissen ist. Dass der Widerspruch<br />

von Glauben und Zweifel nicht zu einer falschen<br />

Versöhnung gebracht wird, ist das Signum<br />

der Modernität von Wagners Lohengrin.<br />

PARSIFAL: SYNTHESE<br />

AUS BUDDHISMUS<br />

UND CHRISTENTUM<br />

In seinem letzten Werk, dem Bühnenweihfestspiel<br />

Parsifal (uraufgeführt 1882), versuchte<br />

Richard Wagner unter dem Einfluss des Philosophen<br />

Arthur Schopenhauer Christentum<br />

und Buddhismus zu einer Synthese zu bringen.<br />

Nach dem mittelalterlichen Epiker Robert de<br />

Boron ist der Gral die Schale, aus der Jesus<br />

beim letzten Abendmahl getrunken und die<br />

er seinen Jüngern als Zeichen des neuen<br />

Bundes gereicht hat. Joseph von Arimathia<br />

fing darin das Blut aus der Seitenwunde des<br />

Gekreuzigten auf, welche der römische Legionär<br />

Longinus dem Sterbenden mit dem<br />

heiligen Speer geschlagen hatte. Die rituelle<br />

Wiederholung des<br />

„letzten Liebesmahles“<br />

mit der<br />

Enthüllung des<br />

Grales und dem<br />

neuerlichen Aufleuchten<br />

des Blutes<br />

ist das einzige Ritual<br />

der Gralsgemeinschaft.<br />

Der Kar -<br />

freitag als Tag des<br />

Mitleidens mit dem<br />

Gekreuzigten ist zugleich<br />

ein Moment der „Entsündigung“ auch<br />

der leidenden Natur. Dabei wandelt Wagner<br />

einen Gedanken des Apostels Paulus ab, nach<br />

dem die gesamte Schöpfung zusammen mit<br />

dem Menschen nach ihrer Erlösung seufzt. 12<br />

Im Parsifal zitiert Wagner liturgische Ursituationen:<br />

Eucharistiefeier, Fußwaschung,<br />

Karfreitagslamentation, Sündenbekenntnis,<br />

Totenliturgie. Aus dem kirchlichen Kontext<br />

gelöst, werden sie Anknüpfungspunkte für<br />

eine neue spirituelle Deutung und für eine<br />

neue spirituelle Erfahrung, die durch die vertrauten<br />

Formen hindurch aufscheinen sollen.<br />

Foto: privat<br />

Foto: picture alliance/akg-images<br />

Wagners Parsifal ist außerdem ein Christus-<br />

Drama von gewaltigen Dimensionen. Die<br />

Gestalt des leidenden Erlösers steht im Zentrum<br />

nicht nur der Bühnenhandlung, sondern<br />

vor allem der Musik. Im Abendmahlthema<br />

zu Beginn des Vorspiels wird die Einsetzung<br />

des Abendmahls („Nehmet hin meinen Leib,<br />

nehmet hin mein Blut um unsrer Liebe willen.“)<br />

in expressiver Klangrede tönend entfaltet.<br />

Wie in einem Initiationsritus wird der<br />

Hörer aus Raum und Zeit gelöst und in das<br />

Reich der ewigen Ideen versetzt. Er erfährt die<br />

Einsetzungsworte als Ursprung einer Religion<br />

des freiwilligen Leidens und des Selbstopfers<br />

aus Liebe. Der zweite Teil des Vorspiels<br />

bringt dasselbe Thema, aber in einer<br />

hoch expressiven, zerrissenen Varianate; es<br />

zeigt uns Christus als leidenden Menschen.<br />

Wagner schrieb dazu in einer programma -<br />

tischen Erklärung für König Ludwig II.: „Da<br />

noch einmal aus Schauern der Einsamkeit<br />

erbebt die Klage des liebenden Mitleides:<br />

das Bangen, der heilige Angstschweiß des<br />

Ölberges, das göttliche Schmerzensleiden<br />

des Golgatha [...].“ 13<br />

Die Musik der Heilandsklage, wie dieses Motiv<br />

genannt wird, erklingt deshalb an zentralen<br />

Stellen des Dramas: in der Verwandlungsmusik<br />

des ersten Aktes, in der Klage des Amfortas,<br />

im Augenblick der Gralsenthüllung,<br />

während Parsifals Erkenntnisszene und in<br />

Kundrys Erinnerung an ihre Begegnung mit<br />

Christus sowie in der Karfreitagsszene, um<br />

nur wenige Stellen zu nennen. Unabhängig<br />

von Zeit und Raum ist Christus mit den Menschen<br />

verbunden und leidet mit ihnen. Durch<br />

ihre Verfehlung und Gleichgültigkeit wird er<br />

stets von neuem gekränkt und gekreuzigt.<br />

In einer seiner Spätschriften betont Wagner,<br />

dass die Tat des freiwilligen Leidens Christi sich<br />

in der Nachahmung seines Vorbildes erfüllt und<br />

von dieser Nachahmung gewissermaßen auch<br />

abhängig ist. 14 Amfortas und die Gralsritter<br />

sind dem Vorbild des liebenden Mitleids jedoch<br />

nicht gefolgt: Sie verharren in inselhafter<br />

Abgeschlossenheit; sie erliegen der sinnlichen<br />

Verführung und damit egoistischer Selbstliebe;<br />

sie reagieren auf die Herausforderung durch<br />

Klingsor mit Gewalt. Damit handeln sie dem<br />

christlichen Liebesopfer zuwider, und dadurch<br />

ist die Heilstat Jesu nach Wagners Verständnis<br />

grundsätzlich in Frage gestellt. Im zweiten Akt<br />

vernimmt Parsifal den Schrei des leidenden<br />

Gottes um das „entweihte Heiligtum“: „Erlöse,<br />

rette mich aus schuldbefleckten Händen!“<br />

Indem Parsifal durch sein universales Mit-<br />

Die Autorin: PD Dr. Ulrike Kienzle studierte Musikwissenschaft, Germanistik<br />

und Philosophie. Sie arbeitet als freie Autorin, Seminarleiterin und Kuratorin<br />

von Ausstellungen. Sie hat zahlreiche Publikationen zum Musiktheater, unter<br />

anderem zu Richard Wagner und Franz Schreker, zur Musik im Kontext von Literatur,<br />

Philosophie, Religion und Kunstschichte sowie zum Frankfurter Musikleben<br />

veröffentlicht. 2001 legte sie eine zweibändige Monographie über<br />

den Komponisten, Dirigenten und Archäologen Giuseppe Sinopoli vor. Im Auftrag der Bürgerstiftung<br />

schrieb sie das Buch „Neue Töne braucht das Land! Die Frankfurter Mozart-Stiftung im Wandel der<br />

Geschichte (1838-2013)“ und gab das von ihr wiedergefundene Jugend-Streichquartett von Max Bruch<br />

als Faksimile-Druck heraus.<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 91


Wagner und kein Ende<br />

Siegfried in der Bayerischen Staatsoper<br />

München im Juli 2013 unter der musikalischen<br />

Leitung von Kent Nagano und in der<br />

Inszenierung von Andreas Kriegenburg,<br />

leiden die Konflikte der schuldbeladenen<br />

Menschen – stellvertretend Kundry und Amfortas<br />

– auf sich nimmt und sie zu heilen vermag,<br />

konfirmiert er nämlich auch die Erlösungstat<br />

Christi und erneuert zugleich ihre<br />

Kraft. Parsifal wird – wie Christus – zum „Erlöser<br />

der Welt“, wie Wagner in einem Brief an<br />

Mathilde Wesendonck geschrieben hatte. Parsifal<br />

wird überdies zum Erlöser des Erlösers.<br />

Das ist der Sinn jener suggestiven Formel, mit<br />

der Wagners letztes Musikdrama endet: „Erlösung<br />

dem Erlöser“. 15 Musikalisch wird hier<br />

das zuvor abwärts geführte Abendmahlthema,<br />

das zuvor ein Symbol der christlichen Passion<br />

gewesen ist, in einer melodischen Bewegung<br />

diatonisch nach oben geführt; es wirkt jetzt<br />

befreit und vollendet. „Erlösung dem Erlöser“<br />

wird in immer neuen Ansätzen aufwärts<br />

durch den Klangraum geführt – ein musikalisches<br />

Sinnbild der Ewigkeit und der Entrückung<br />

in immer fernere mystische Sphären.<br />

Wagners Sehnsucht nach dem Metaphysischen<br />

kommt nur in der Musik wirklich zur Ruhe,<br />

die gleichsam alle offenen Fragen mit auf den<br />

Weg nimmt und in der tönenden Vision des<br />

nirvana aufhebt. „Erlösung dem Erlöser“ ist<br />

Ausdruck einer Utopie, die sich in der Musik<br />

realisiert – einen erfüllten Augenblick lang.<br />

Wir können den rätselhaften Satz als eine<br />

Feststellung lesen – oder wir können sie als<br />

eine Aufforderung verstehen, immer aufs Neue<br />

an der Erlösung des Erlösers zu arbeiten.<br />

1<br />

Heine: Elementargeister, S. 691.<br />

2<br />

Heine: Elementargeister, S. 695 ff.<br />

3<br />

Jacob Grimm: Deutsche Mythologie (1835), Wiesbaden<br />

2003, S. XXVIII.<br />

4<br />

Richard Wagner: Tannhäuser, S. 12, 32 und S. 12.<br />

5<br />

Wagner: Tannhäuser, S. 28.<br />

6<br />

Wagner: Tannhäuser, S. 40.<br />

7<br />

Richard Wagner an Karl Gaillard, 5. Juni 1845, In:<br />

Ders: Sämtliche Briefe, hrsg. von Gertrud Strobel<br />

und Werner Wolf, Bd. 2, Leipzig 1970, S. 435.<br />

8<br />

Wagner: Lohengrin, S. 74.<br />

9<br />

Richard Wagner: Eine Mitteilung an meine Freunde.<br />

In: Gesammelte Schriften und Dichtungen 4, S. 290.<br />

10<br />

Wagner: Lohengrin, S. 75 und S. 102.<br />

11<br />

Richard Wagner: Sämtliche Briefe Bd. 2, S. 511 f.<br />

12<br />

Vgl. Paulus: Brief an die Römer, 8,19-22<br />

13<br />

Richard Wagner: Parsifal. Vorspiel. In: Gesammelte<br />

Schriften und Dichtungen, Bd. 12, S. 347.<br />

14<br />

Vgl. Richard Wagner: Religion und Kunst. In: Gesammelte<br />

Schriften und Dichtungen, Bd. 10, S. 215<br />

sowie Offenes Schreiben an Herrn Ernst von Weber,<br />

ebd., S. 202.<br />

15<br />

Richard Wagner: Parsifal. Gesammelte Schriften<br />

und Dichtungen, Bd. 10, S. 375.<br />

Foto: imago stock&people<br />

92 3/<strong>2015</strong> <strong>ACADEMIA</strong>


Wagner und kein Ende<br />

Geradezu antithetisch:<br />

der Ring des Nibelungen und<br />

das mittelalterliche Nibelungenlied<br />

von Dr. Michael Neecke<br />

Wer das Nibelungenlied als leidenschaftlicher<br />

Verehrer von Wagners<br />

Tetralogie kennenlernt, erfährt vermutlich<br />

eine gewisse Enttäuschung:<br />

Es gibt in dem mittelalterlichen Text überhaupt<br />

keine germanischen Götter, weder Wotan und<br />

Donner noch Fricka und Freia tauchen auf. Die<br />

von Wagner her bekannte Brünnhilde – sie heißt<br />

jetzt Prûnhilt – ist auch keine Walküre, die<br />

über die Schlachtfelder jagt und die Tapfersten<br />

unter den Gefallenen nach Walhall bringt,<br />

sondern eine isländische Königin. Und Siegfried<br />

– nun Sîvrit genannt – wächst nicht in<br />

einer Felsenhöhle bei Zwerg Mime auf, sondern<br />

etwas überbehütet bei seinen königlichen<br />

Eltern in Xanten. Von einer romantischen<br />

Zweierbeziehung der beiden weiß das<br />

Nibelungenlied ebenfalls nichts und der Drachenkampf<br />

wird recht zügig in einer Strophe<br />

von gerade mal vier Versen abgehandelt.<br />

Die Absenz der heidnischen Götter ist nicht<br />

weiter erstaunlich, das Nibelungenlied wurde<br />

zu Beginn des 13. Jahrhunderts geschrieben,<br />

also mitten im christlichen Hochmittelalter:<br />

Wotan und Konsorten spielten da längst keine<br />

Rolle mehr. Vielleicht war der Verfasser des<br />

Textes sogar selbst Kleriker, freilich ein Kleriker<br />

im mittelalterlichen Sinne des Wortes: Ein<br />

solcher clericus hat eine Kloster- oder Stiftsschule<br />

besucht und ist dort anhand der septem<br />

artes liberales in die Grundlagen der lateinischen<br />

Bildung eingeführt worden. Viele<br />

clerici besaßen die niederen Weihen, was aber<br />

keineswegs in jedem Falle erforderlich war,<br />

sie wurden schließlich Hofbeamte, Verwaltungsfachleute<br />

und Diplomaten – das englische<br />

Wort clerk bewahrt dieses Verständnis<br />

noch heute. Dies also ist nicht verwunderlich;<br />

erstaunlich erscheint vielmehr, dass Johann<br />

Wolfgang von Goethe das seinerzeit<br />

wiederentdeckte Nibelungenlied im Kern für<br />

„ganz nordisch“ und „völlig heidnisch“ hielt.<br />

Sicherlich handelt es sich beim Nibelungenlied<br />

nicht um eine religiöse Dichtung, ein<br />

Geistlicher, ein Priester scheidet als Verfasser<br />

wohl auch aus. Was aber Goethe als bloßes<br />

Oberflächenphänomen betrachtet: „das Costum<br />

schon christlich“, ist für den Text durchaus<br />

zentral. Zwar ist bereits in der bekannten Eingangsstrophe<br />

des Nibelungenlieds von „alten<br />

Erzählungen“ (alten mæren) die Rede, was<br />

dann aber folgt, ist ganz auf der Höhe der<br />

Zeit – und das ist eben die Zeit um 1200, von<br />

germanischer Altertumskunde ist da keine<br />

Spur! Für Richard Wagner, wie für die Rezeption<br />

des Nibelungenlieds in der Romantik<br />

insgesamt, wirkte freilich Goethes Hinweis<br />

auf die heidnisch-nordische Tiefenstruktur<br />

des mittelalterlichen Textes orientierend. Die<br />

damals noch sehr junge akademische Disziplin<br />

der Germanistik widmete sich ebenfalls<br />

mit Vorliebe dem unter dem Text verborgenen<br />

vorchristlichen Urgestein.<br />

Dass nun aber Wagners Ring im Kern keineswegs<br />

von mythischen Vorzeiten handelt, sondern<br />

von der Gegenwart des 19. Jahrhunderts,<br />

hat George Bernard Shaw bereits 1896 in seinem<br />

Kommentar zur Tetralogie (The Perfect<br />

Wagnerite) ausgeführt: „The Ring, with all its<br />

gods and giants and dwarfs, its water-maidens<br />

and Valkyries, its wishing-cap, magic ring, enchanted<br />

sword, and miraculous treasure, is a<br />

drama of today, and not of a remote and fabulous<br />

antiquity.“ [‚Der Ring mit all seinen Göttern und<br />

Riesen und Zwergen, mit den Wasserjungfrauen<br />

und Walküren, der Tarnkappe, dem magischen<br />

Ring, dem verzauberten Schwert und dem<br />

wunderbaren Schatz ist ein Drama der Gegenwart<br />

und nicht eines aus ferner und sagenhafter<br />

Vorzeit.‘] Was also nordisch, alt und heidnisch<br />

erscheint am Ring, wird von Shaw als<br />

künstlerisches „Costum“ von Wagners Gegenwartsdeutung<br />

ausgewiesen. Konsequent auf die<br />

Neuzeit bezogen wurde Wagners Werk auch in<br />

Patrice Chéreaus Inszenierung des Rings zum<br />

100jährigen Bestehen der Bayreuther Festspiele<br />

im Jahr 1976, dem sogenannten „Jahrhundertring“:<br />

Die Rheintöchter agierten dort<br />

Foto: privat<br />

vor einem Staudamm, Walhall war ein gründerzeitlicher<br />

Prachtbau und Siegfrieds Schwert<br />

wurde im Hochofen geschmiedet. Moderne und<br />

Mittelalter oszillieren. „Je pensais que les costumes<br />

pouvaient nous y aider en mélangeant le<br />

Moyen Age et le XIXe siècle: une bourgeoisie<br />

se déguisant, se rêvant sous les espèces d’un<br />

panthéon germanique“, so Chéreau. [‚Ich dachte,<br />

dass uns die Kostüme helfen könnten, das<br />

Mittelalter mit dem 19. Jahrhundert zu vermischen,<br />

dachte an eine Bourgeoisie, die sich<br />

verkleidet und sich in ein germanisches Pantheon<br />

hineinträumt.‘] Für manche Liebhaber<br />

der Trilogie war das eine große Enttäuschung.<br />

Chéreaus Inszenierung wurde dann<br />

fünf Festspielsommer lang gespielt und fortentwickelt,<br />

also bis 1980. Dass das Publikum<br />

schließlich begeistert war von der Interpretation<br />

des französischen Regisseurs, scheint<br />

zum Teil einer soziokulturellen Veränderung<br />

der von den Festspielen angesprochenen<br />

Klientel geschuldet: Wer die Sache nicht sehen<br />

wollte, blieb einfach fort.<br />

Mit dem Nibelungenlied des 13. Jahrhunderts<br />

hat das alles wenig zu tun. Das Heute von Wagners<br />

Ring ist nicht das Heute des Nibelungenlieds,<br />

entmythologisierende Ansätze wie die von<br />

Shaw und Chéreau befördern die Tetralogie<br />

zurück in die Neuzeit, nicht ins Mittelalter. Den<br />

mittelalterlichen Text braucht man gar nicht in<br />

seine Gegenwart zurückholen, er ist bereits dort:<br />

Der Umgang mit dem (mittlerweile historischen)<br />

Heute fällt im Nibelungenlied deutlich<br />

anders aus als bei Wagner, geradezu antithetisch.<br />

Während der mittelalterliche Text die alten<br />

mæren der Sagentradition in die eigene Gegenwart<br />

hereinholt, projiziert der Komponist des<br />

19. Jahrhunderts sein Hier und Heute in die<br />

mythische Ferne einer heidnischen Vorzeit.<br />

Der Autor: Dr. Michael Neecke, geboren 1976; Studium der Germanistik und<br />

Philosophie an der Universität Regensburg; Magister 2002; Mitarbeit in der<br />

Regensburger DFG-Forschergruppe „Krieg im Mittelalter“ 2002-2004;<br />

Promotion 2007; 2007-2013 Assistent am Lehrstuhl für Deutsche<br />

Philologie/germanistische Mediävistik der Universität Regensburg; seit 2014<br />

Lehrbeauftragter ebendort; Habilitationsprojekt „Erfahrung und<br />

Sichtbarkeit: Facetten einer schwierigen Beziehung in der deutschen Literatur um 1350“.<br />

<strong>ACADEMIA</strong> 3/<strong>2015</strong> 93


von Prof. Dr.Dr.Dr. Anton Burger (FlP)<br />

Heute:<br />

Wirtschaft leicht gemacht<br />

Wertschätzung „Cash Flow“ ist in nicht der gleich Personalführung?<br />

„Gewinn“<br />

Foto: privat<br />

Der Autor: Prof. Dr.Dr.Dr. Anton Bur -<br />

ger (FIP), geboren 1962 im „Weinviertel“<br />

Niederösterreichs, Studien der Betriebswirtschaftslehre,<br />

der Rechtswissenschaften<br />

und der Katholischen Theologie, Habilitation<br />

für Betriebswirtschaftslehre an der<br />

Universität Wien, Professor an den Universitäten<br />

Köln und Münster, seit Jahren Inhaber des Lehrstuhls für<br />

Unternehmensrechnung an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät<br />

der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt; seine Interessengebiete<br />

sind Wirtschaft, Recht, Ethik und Theologie.<br />

Der Menschliche englische Arbeitsleistung Ausdruck „Cash ist Flow“ ein steht „Produktionsfaktor“<br />

in der an betrieblichen Zahlungsmitteln, Leistungserstellung. insoweit überstei-<br />

Das<br />

für einen<br />

Überschuss<br />

gen führt die zu Zuflüsse einem „funktionalen“ an Geld (Einzahlungen) Verständnis die des Abflüsse Menschen<br />

in der Personalführung, in einer Periode. also Wird im der sogenannten Terminus<br />

(Auszahlungen)<br />

Cash Humanressourcen-Management: Flow ohne weiteren Zusatz verwandt, Der Fokus so ist auf der<br />

„Cash seinen Flow Beitrag der zur betrieblichen Erreichung der Tätigkeit“, Unternehmensziele<br />

und auf die Verbesserung aus der betrieblichen dieses Beitrags Tätigkeit gerich-<br />

in ei-<br />

d. h. der<br />

Geldüberschuss<br />

nem tet. Gleichzeitig bestimmten ist Zeitraum dieses HR-Management gemeint. „Der“ Cash aber Flow offen<br />

für mithin, andere welchen Forschungsrichtungen Geldüberschuss ein Unterneh-<br />

wie die<br />

zeigt<br />

men Psychologie in einem oder Jahr, die Quartal moderne oder Hirnforschung Monat aus seiner (Neurobiologie),<br />

wo Tätigkeit man sich (Leistungen in diesem Kontext erstellen u. a. und mit<br />

betrieblichen<br />

verkaufen) Emotionalität erreichen und Motivation konnte. beschäftigt.<br />

Geldströme geschehen über den „betrieblichen Bereich“<br />

hinaus auch im „Investitionsbereich“, nämlich<br />

In den darwinistischen und soziobiologischen Modellen<br />

der Gesellschaft liegt das Augenmerk auf Konkurrenzkampf<br />

und auf dem Erfolg des Tüchtigsten,<br />

Auszahlungen für Investitionen (wie Kauf von Maschinen)<br />

und Einzahlungen aus Desinvestitionen<br />

die heutige Neurobiologie zeigt allerdings, dass der<br />

(wie Verkauf von Maschinen), und im „(Außen-)Finanzierungsbereich“,<br />

der die Geldbeziehungen zu<br />

Mensch sehr stark auf Kooperation und soziale Resonanz<br />

ausgerichtet ist. Das Motivationssystem des<br />

den Eigen- und Fremdkapitalgebern abbildet; hierbei<br />

werden<br />

Menschen<br />

Auszahlungen<br />

determiniert<br />

z.<br />

seine<br />

B. für<br />

Zielstrebigkeit,<br />

Kredittilgungen<br />

seinen<br />

(und<br />

gegebenenfalls<br />

Lebenswillen, seine<br />

auch<br />

emotionale<br />

für Kreditzinsen)<br />

Verfassung<br />

oder für<br />

und<br />

Dividenden<br />

damit<br />

seine<br />

und<br />

Einsatzbereitschaft<br />

Einzahlungen z. B.<br />

und<br />

aus<br />

sein<br />

Kreditaufnahmen<br />

Commitment<br />

oder mit Aufgaben aus neuen und Einlagen Projekten, der Eigentümer sein Glück und gezeigt. seine Den Zufriedenheit.<br />

und Einblick Was den in die Menschen Finanzwelt offenbar des Unternehmens<br />

wirklich mo-<br />

Überbietetiviert,<br />

die das Kapital- sind zwischenmenschliche oder Geldflussrechnung Anerkennung, („Statement<br />

Wertschätzung, of Cash Flows“). Lob, Zuwendung, Ermittelt Zuneigung werden kann u. ä. der<br />

„Cash Flow der betrieblichen Tätigkeit“ einer Periode<br />

durch Diese die Erkenntnisse direkte Gegenüberstellung haben gravierende der betrieblichen<br />

Konsequenzen<br />

für den Umgang vornehmlich der aus Menschen Umsätzen untereinander<br />

und be-<br />

Geldzuflüsse<br />

trieblichen und für die Kultivierung Geldabflüsse des aus Umgangs Personal, in Unternehmen<br />

(Unternehmenskultur): Steuern usw.. Aufmerksamkeit Besteht für Mitarbeiter verdienen<br />

Material,<br />

Energie,<br />

die und „Abschreibungen“ Mitarbeiterinnen keine der Finanzbuchhaltung: Aussicht auf Kooperation,<br />

auf soziale die Anschaffungs- Zuwendung, oder auf Wertschätzung Herstellungskosten und<br />

Dort<br />

werden<br />

von Lob, längerfristig so springt das nutz- Motivationssystem und abnutzbaren Vermögensgegenständenetärer<br />

Anreize über auf ihre Leistung Nutzungsdauer – nicht wirklich verteilt, an.<br />

– trotz mo-<br />

die Soziale jährlichen Isolation, Anteile Geringschätzung, bilden die (planmäßigen) das Gefühl<br />

„Abschreibungen“. des Ausgeliefertseins Abschreibungen usw. lassen die sind Motivation<br />

Wertminderungen, zusammenbrechen. sind Werte ver -<br />

anteilige<br />

zehre (Aufwendungen), die in der einzelnen<br />

Positive Periode Begegnungen nicht zu einem zwischen Geld abfluss Menschen,<br />

auch Aus in Sicht Unternehmen, der Finanzwelt führen sind zu<br />

führen.<br />

sie Bindungen, „unbarer“ es entsteht Natur. Vertrauen,<br />

Flow das der eine betrieb-<br />

Der<br />

„Cash zen-<br />

lichen Tätigkeit“ enthält ausschließlich „bare Vorgänge“<br />

aus der Erstellung und dem Verkauf von Leistungen;<br />

folglich findet man in seiner Berechnung<br />

keine Abschreibungen als Abzugsposten.<br />

trale Rolle bei jedem zwischenmenschlichen Umgang<br />

Der hat (zwischen „Gewinn“ Partnern, ist der Überschuss zwischen Eltern der Wertentstehungen<br />

zwischen („Erträge“) Lehrenden und und Wertverzehre Studierenden, („Aufwendun-<br />

zwischen<br />

und Kindern,<br />

gen“) Mitarbeitern einer Periode, in Unternehmen ist der oder Zuwachs zwischen an Eigen Men-schen<br />

im an Alltag). „Reinvermögen“, Die Personalführung an „Reichtum sollte daher der<br />

kapital,<br />

Eigen darauf tümer“; gerichtet Abschreibungen sein, im Verhältnis sind zwischen Aufwendungen Führenden<br />

und mindern Geführten folglich und den zwischen Gewinn Mitarbeitern der Periode! ohne<br />

und<br />

Über- bzw. Unterordnungsbeziehung Kooperation und<br />

Der „Cash Flow der betrieblichen Tätigkeit“ ist um<br />

einen wertschätzenden Umgang bewusst zu leben.<br />

Abschreibungen (und andere unbare Aufwendungen<br />

Ein solcher Umgang stellt sich allerdings nicht von<br />

die Rückstellungsbildungen) höher als der „Gewinn“.<br />

selbst ein, vor allem dort nicht, wo stets von Konkurrenz,<br />

Auslese oder gar Kampf der Menschen unter-<br />

(Jubel-)Meldungen von Unternehmen über „den<br />

Cash Flow“ bieten sicherlich einen interessanten Einblick<br />

in deren Finanzwelt, lassen aber nicht wirklich<br />

einander die Rede ist. Die Kultivierung eines positiven<br />

Umgangs ist eine permanent zu erfüllende Aufgabe;<br />

einen Schluss auf die Höhe des – meist bedeutend<br />

zu ihr gehören institutionelle Vorkehrungen,<br />

der Erwerb, das Schulen und<br />

geringeren – Gewinns zu, eine solche<br />

direkte Verbindung wäre ein Trugschluss.<br />

Trainieren von Bez<br />

i e -<br />

Foto: imago/Science Photo Library


DEN SOMMER GENIEßEN<br />

IN BAD GRIESBACH<br />

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AKTIV-WOCHE IN DER „BAYERISCHEN TOSKANA“<br />

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749,00 €<br />

649,00 €<br />

82,50 €<br />

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DEN SOMMER GENIEßEN<br />

IN BAD GRIESBACH<br />

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DEN SOMMER GENIEßEN<br />

IN BAD GRIESBACH


Bestandsimmobilie<br />

Innenstadtlage Münster (Westf.)<br />

WERBEMITTEILUNG<br />

Kaufpreis: ca. € 1.793/m 2<br />

davon Gebäude € 1.085/m 2 & Grundstück € 708/m 2<br />

Das in den Jahren 2011 bis 2013 umfassend modernisierte Büround<br />

Geschäftshaus ist zu rund 80% an sieben Hauptmieter<br />

(u.a. Deutsche Bahn, Bundespolizei, ibau, Deutsche Rentenversicherung)<br />

langfristig vermietet.<br />

Weitere Mietverhältnisse bestehen über Büro-, Praxis-,<br />

Gastronomie- und Ladenflächen, die allesamt indexiert sind.<br />

Der Mietermix reduziert Mietausfallrisiken. Die Mietfläche von<br />

24.091 m 2 ist zu 98% vermietet. Die Immobilie befindet sich an<br />

einem etablierten Standort mit einem vergleichsweise hohen<br />

Grundstücksanteil (39,5%).<br />

Das 9.462 m 2 große innerstädtische Grundstück wird mit rund<br />

EUR 17 Millionen bewertet. Somit entspricht allein der Bodenwert<br />

rund 80% der Darlehensverbindlichkeiten per 31. Dezember<br />

2014 – beziehungsweise rund 100% in 10 Jahren (Prognose).<br />

Prognostizierten Eckdaten:<br />

Planlaufzeit:<br />

rd. 10 Jahre, bis 31.Dezember 2025<br />

Auszahlung:<br />

5% p.a. laufend, 106,2% Schlussauszahlung<br />

Gesamtmittelrückfluss:<br />

161,20%<br />

Mindestbeteiligung:<br />

EUR 10.000<br />

Kaufpreisfaktor:<br />

ca. 14,9-fach (Ø Tilgung 1,5% p.a.)<br />

Einkunftsart:<br />

Vermietung & Verpachtung<br />

BREEAM Zertifizierung:<br />

sehr gut<br />

(Zustand und Nachhaltigkeit des Gebäudes)<br />

Faxantwort an 040 207 69 86 29<br />

Persönliche Daten (bitte möglichst vollständig ausfüllen):<br />

Name:<br />

Straße:<br />

Telefonnummer:<br />

Geburtsdatum:<br />

Vorname:<br />

PLZ/ Ort:<br />

E-Mail:<br />

Beruf:<br />

Bitte senden Sie mir weitere Informationen zu.<br />

Disclaimer: Die in dieser Werbeanzeige enthaltenen Produktinformationen haben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und stellen kein Angebot und keine<br />

Anlageberatung dar. Eine Anlageentscheidung kann nicht auf Basis des vorliegenden Dokuments, sondern ausschließlich auf Grundlage des Verkaufsprospekts<br />

nach § 268 Abs 1 KAGB inkl. dessen Anlagen sowie der wesentlichen Anlegerinformationen (WAI) nach § 268 Abs. 1 KAGB getroffen werden. Diese sind bei Ihrem<br />

Anlagevermittler oder der Emittentin erhältlich. Irrtum und Änderungen sind vorbehalten.<br />

Anzeige: Hülsmann Gruppe | Herr Andreas N. Hülsmann (ChM) | Arndtstraße 23 | 22085 Hamburg | Tel.: 040 207 69 86 0 | Fax: 040 207 69 86 29 | E-Mail: service@huelsmann-gruppe.de

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