17.06.2015 Aufrufe

WELTKUNST Sonderausgabe: Liechtensteins Museumswunder

Als Beilage zur ZEIT ist unter dem Titel "Liechtensteins Museumswunder" eine Sonderausgabe der WELTKUNST publiziert worden. Lassen Sie sich vom vielfältigen kulturellen Angebot Liechtensteins inspirieren und stöbern Sie online in der Broschüre.

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KUNSTMUSEUM LIECHTENSTEIN | HILTI ART FOUNDATION<br />

Bilder links: Anne Morgenstern; Hilti Art Foundation; Bilder rechts: Hilti Art Foundation/2015, ProLitteris, Zürich/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Stefan Altenburger/Kunstmuseum Liechtenstein<br />

lange CEO des internationalen Hilti-Konzerns,<br />

der für seine Bohrmaschinen bekannt<br />

ist, und steht jetzt unter anderem dem Trust<br />

vor, der die Sammlung verwaltet. Seit dem<br />

Dreißigjährigen Krieg ist seine Familie in<br />

Liechtenstein ansässig. Hier, im unweiten<br />

Schaan, hat die Firma ihren Hauptsitz, mit<br />

1700 Mitarbeitern in Liechtenstein, 22 000<br />

weltweit. Der Jahresumsatz lag zuletzt bei<br />

4,4 Milliarden Euro. Die Sammelaktivitäten<br />

der Familie waren bis zum Jahr 2005, als hier<br />

eine erste Ausstellung stattfand, ein wohlgehütetes<br />

Geheimnis. Seitdem wächst die<br />

Sammlung kräftig weiter und jetzt öffnet sie<br />

sich permanent. Der Neubau ist auf lange<br />

Sicht ein fester Hafen. Erst letztes Jahr ist das<br />

Selbstporträt von Max Beckmann hinzugekommen,<br />

das einen zweistelligen Millionenbetrag<br />

gekostet haben muss.<br />

Zufrieden lässt Michael Hilti den Blick<br />

über die steilen Perspektiven des blitzweißen<br />

Treppenhauses gleiten, das sich vom Untergeschoss<br />

des Neubaus bis unter das Dach zieht<br />

und einen hohen, luftigen, lichtdurchfluteten<br />

Raum bildet. Bei den Kunstkäufen seiner<br />

Familie, sagt er, sei es immer »unser Ziel,<br />

Werke zu sammeln, die eine gewisse Harmonie<br />

und Ausgeglichenheit ausstrahlen.« Es<br />

geht ihm um Inspiration, aber auch einfach<br />

um »Freude beim Betrachten.« Diese Freude<br />

teilt er nun mit den Besuchern aus aller Welt.<br />

Im ersten Obergeschoss sind die Wände<br />

in einem kühlen Grüngrau gehalten, vor<br />

dem die Werke des Kubismus, Expressionismus<br />

und Surrealismus besonders gut zur<br />

Geltung kommen. In diesem Raum wird unter<br />

dem Thema »Experiment und Existenz«<br />

die Zeit von 1880 bis 1945 abgedeckt, mit Seurat,<br />

Kirchner, Klee, Magritte, daneben einer<br />

der existenzialistischen Gipsplastiken von Alberto<br />

Giacometti und einem Gemälde aus<br />

den Jahren 1946/47 von Wols, »Flamme«, das<br />

aussieht, als hätte ein junger Künstler es gerade<br />

eben erst gemalt. Ein Beispiel für diese<br />

positive Ausstrahlung, die Werke haben können,<br />

ist das kleine Bild der »Badenden Mädchen«,<br />

das August Macke 1913 malte und das<br />

bis vor kurzem noch bei Michael Hilti zu<br />

Hause hing. Ihre Körper fangen das Licht ein,<br />

während sie sich in paradiesischer Idylle unter<br />

Bäumen am Ufer unterhalten.<br />

Die meisten Werke sind repräsentativ<br />

für die jeweiligen Künstler, aber dabei überraschend:<br />

der herrliche Franz Marc zum Beispiel<br />

– er zeigt keine Kühe, keine Pferde und<br />

keine Rehe, sondern zwei gefleckte Schweine,<br />

die sich wohlig aneinander anschmiegen<br />

und harmonisch in die hügelige Landschaft<br />

eingebettet sind. Paul Klees »Clown« vor rotem<br />

Grund, mit dem er in die Welt des Zirkus<br />

eintaucht, entstand 1929, als der Künstler<br />

als Lehrer am Bauhaus arbeitete. Im Katalog<br />

Intensive Seherfahrungen: »Diagonale Progression<br />

Schwarz-Weiss« (um 1970) von<br />

Günter Fruhtrunk, den man von seinem Aldi-Tüten-Design<br />

kennt. Unten: Das Kunstmuseum<br />

zeigt bis zum 23.8. »Schön, euch<br />

zu sehen! 160 Werke aus der Sammlung«<br />

u.a. mit Steven Parrino und Otto Freundlich<br />

charakterisiert Uwe Wieczorek, Kurator der<br />

Hilti Art Foundation, das Wesen der Sammlung<br />

sehr passend: »Sie weist, aus dem Bedürfnis<br />

nach dem Schönen und Ästhetischen,<br />

das zwar alles Hässliche ausschließt,<br />

doch im Schönen auch das Abgründige zulässt,<br />

ein hohes Maß an sinnlicher Qualität<br />

auf, vor allem in der Malerei.«<br />

Im Obergeschoss sind schließlich unter<br />

den Begriffen »Immanenz und Transzendenz«<br />

Werke von 1950 bis zur Gegenwart ausgestellt,<br />

die oftmals direkte Bezüge zur bestehenden<br />

Sammlung des Kunstmuseums<br />

haben: Gemälde und Objekte von Josef Albers<br />

über Yves Klein und die Zero-Künstler,<br />

bis Günter Fruhtrunk und Imi Knoebel.<br />

Gottfried Honeggers sogenanntes Tableau-<br />

Relief aus dem Jahr 1979 leuchtet monochrom<br />

sonnengelb. Er hat unzählige Kartonquadrate<br />

zusammengefügt und mit Farbe<br />

vereint, aber es sind die kleinen Unregelmäßigkeiten,<br />

die das Auge bei der Betrachtung<br />

beschäftigen und das strenge Raster beleben.<br />

Viele der Künstler kennt oder kannte Michael<br />

Hilti persönlich: Mit dem Iren Sean Scully,<br />

den er gerade erst wieder in Venedig im Vorfeld<br />

der Biennale getroffen hat, und dem<br />

Schweizer Honegger verbindet ihn eine langjähre<br />

Freundschaft, er kannte Max Bill und<br />

Gotthard Graubner. Was hat er in den Ateliers<br />

gelernt? Die Beziehungen zu den Künstlern<br />

haben ihm, sagt er und lässt den Blick in<br />

die Ferne schweifen, »eine weitere Dimension<br />

im Leben« eröffnet. ×<br />

Kunstmuseum Liechtenstein, Hilti Art Foundation,<br />

Städtle 32, Vaduz, Di–So 10–17 Uhr, Do 10–20<br />

Uhr, Mo geschlossen. Der Ausstellungskatalog erscheint<br />

im Hatje Cantz Verlag<br />

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