PERIPHERIE - JPBerlin
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90 Christiane Gerstetter & Gregor Kaiser<br />
lichkeitsarbeit, Delegitimierung einzelner „Skandalpatente“), diese aber unterschiedliche<br />
Relevanz in den verglichenen Bereichen aufweisen.<br />
Ausblick<br />
Die dargestellten Parallelen zwischen den verschiedenen Bereichen sind keineswegs<br />
zufällig. Die spezifische Form des Nachkriegskapitalismus, des Fordismus,<br />
verändert sich derzeit hin zu einer weitgehend liberalisierten Inwertsetzungsgesellschaft.<br />
Ziel globaler Politik im Rahmen des Freihandels-Paradigmas ist die<br />
weltweite Harmonisierung von Regeln sowie die weltweite Durchsetzung von<br />
Eigentumsansprüchen. Bereiche, die noch nicht kommodifiziert sind, wie Wissen<br />
oder Gene, werden durch geistige Eigentumsrechte Teil der kapitalistischen<br />
Eigentumsordnung. Einzelne Gene und Software existierten vor ca. 30 Jahren<br />
noch nicht als ökonomisch wertvolle Ressourcen. Erst technische Entwicklungen<br />
und die Suche nach neuen Anlagemöglichkeiten für das Kapital führten dazu,<br />
dass sie ein wirtschaftliches Potential bekamen. Der Ausschluss derjenigen, die<br />
keine oder nicht nur ökonomische Interessen an den neuen Ressourcen verfolgen,<br />
von deren Nutzung ist der Beginn dieser neuen Inwertsetzungsspirale. Versuche,<br />
diesen Ausschluss durchzusetzen, lassen sich über IPR hinaus auch auf<br />
technologischer Ebene entdecken: Im Saatgutbereich versuchen Konzerne wie<br />
z.B. Monsanto durch die sog. Genetic Use Restriction Technology (GURT), welche<br />
das Auskeimen von Erntegut verhindert – von kritischen NGOs als „Terminatortechnologie“<br />
bezeichnet – BäuerInnen zum jährlichen Neukauf von Saatgut<br />
zu zwingen. 51 In der Softwarebranche werden technische Maßnahmen, die Kopieraktionen<br />
verhindern bzw. registrieren, unter dem Namen Digital Rights Management<br />
zusammengefasst und sind ebenfalls auf dem Vormarsch (vgl. Bödeker u.a.<br />
2005: 51-55). Die Nichtveröffentlichung von Programmcodes ist ein weiteres<br />
Mittel technischer Kontrolle über Software.<br />
Diese Versuche von Ausschluss und Kontrolle bleiben nicht unwidersprochen.<br />
Deutlich geworden ist, dass in den hier untersuchten Bereichen soziale Bewegungen,<br />
NGOs und hochspezialisierte Communities aktiv geworden sind, um der Ausdehnung<br />
geistiger Eigentumsrechte etwas entgegenzusetzen. Akteure aus dem Bereich<br />
der Zivilgesellschaft haben in ihrem Kampf durchaus etwas bewirkt. Die Prägung<br />
des Begriffs Biopiraterie etwa hat neue Perspektiven und Handlungsspielräume<br />
eröffnet. Einzelne Skandalpatente oder ganze Gesetzesvorhaben wie z.B. jüngst<br />
die geplante Software-Patent-Richtlinie der EU konnten verhindert werden.<br />
Dass rechtliche Verfügungen eines Urhebers/einer Urheberin über sein/ihr Werk<br />
nicht immer die Form von ausschließenden geistigen Eigentumsrechten annehmen<br />
müssen, zeigen die Erfahrungen der FOSS. FOSS ist häufig durch ein „Urheberrecht<br />
eigener Art“, wie z.B. die sog. General Public License (GPL) 52 , vor privater