Uni Bonn Forsch
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Juni 2015<br />
2<br />
forsch<br />
<strong>Bonn</strong>er <strong>Uni</strong>versitäts-Nachrichten<br />
Hier kommt<br />
der neue Rektor<br />
Sportliche <strong>Uni</strong><br />
Roboter übernehmen<br />
gefährliche Jobs<br />
Jagd auf<br />
winzige Partikel<br />
Virtuelles Treffen<br />
mit Edward Snowden<br />
Fit für die Museen<br />
des 21. Jahrhunderts
LERNEN UND LEHREN<br />
Perspektive: Olympische Spiele<br />
Studierende Spitzensportler an der <strong>Uni</strong> <strong>Bonn</strong><br />
6Die Rennradlerin Mieke<br />
Kröger (l.), der Fechter<br />
Dominik Schoppa und<br />
die Hochspringerin<br />
Alexandra Plaza sind auf<br />
sportlichem Erfolgskurs –<br />
zu ihrem Alltag gehören<br />
aber auch Lehrveranstaltungen<br />
und Prüfungen.<br />
Spitzensportler an der <strong>Uni</strong> <strong>Bonn</strong> für einen Fototermin zusammen zu<br />
holen, ist gar nicht so einfach: Unter ihnen sind erfolgreiche Teilnehmer<br />
an Welt-, Europa- und Deutschen Meisterschaften in offenen und Juniorenklassen<br />
– und irgendwer ist immer zu einem Wettbewerb unterwegs<br />
oder im Trainingslager. Derzeit hat die <strong>Uni</strong>versität sogar Hoffnungsträger<br />
für die Olympischen Sommerspiele in Rio de Janeiro 2016 unter ihren<br />
Studierenden. Wie schaffen sie den Spagat zwischen Studium und<br />
Karriere im Spitzensport?<br />
„Viva sua Paixão – Lebe deine<br />
Leidenschaft“ ist Motto der Olympischen<br />
Sommerspiele 2016 in Rio de<br />
Janeiro. Schneller, sprungkräftiger,<br />
treffsicherer zu sein als andere, hat für<br />
Studierende ihren Preis: Der Spagat<br />
zwischen <strong>Uni</strong> und Spitzensport fordert<br />
in der Tat Leidenschaft, aber auch<br />
Organisationstalent. Die Sporttasche<br />
unter der Hörsaalbank fürs Training<br />
nach der Vorlesung ist nicht immer<br />
eine Option.<br />
Wer ist überhaupt Spitzensportler?<br />
„Angehörige eines Bundeskaders“, erklärt<br />
Sandra Schramm, Leiterin der<br />
Zentralen Studienberatung und Ansprechpartnerin.<br />
„Eine Verpflichtung,<br />
sich bei uns zu melden, besteht natürlich<br />
nicht.“ Sie vermittelt, wenn studierende<br />
Spitzensportler eine flexiblere<br />
Studienplanung oder Urlaubssemester<br />
zur Vorbereitung auf Wettkämpfe und<br />
Meisterschaften brauchen. „Aber bei<br />
uns gilt nicht das amerikanische System<br />
‚Sport geht vor‘: Hier müssen Studienleistungen<br />
erbracht und Module<br />
nachgeholt werden – nur Form und<br />
Zeit sind verhandelbar.“<br />
Blut, Schweiß und Tränen?<br />
Verletzt waren die jungen Athleten<br />
unabhängig von der Sportart alle schon<br />
mal. Aber wie steht es generell mit<br />
„Blut, Schweiß und Tränen“: Gelten<br />
die eher Training und Wettkampf oder<br />
den Mehrfachbelastungen im Alltag?<br />
Das ist unterschiedlich. Einig sind sie<br />
sich: Auf der Strecke bleibt der Kontakt<br />
mit anderen Studierenden. Nach<br />
Vorlesung oder Seminar wird trainiert,<br />
und oft hat man keine Zeit.<br />
„Wenn ich Einladungen immer absagen<br />
muss, kommen irgendwann keine<br />
mehr“, fasst Dominik Schoppa zusammen,<br />
mit 19 Jahren der Jüngste in<br />
der Runde.<br />
Foto: Volker Lannert<br />
Sonst kommt der Fechter im zweiten<br />
Semester English Studies und Medienwissenschaft<br />
bisher ganz gut zurecht:<br />
„Das Studium gehe ich gelassener<br />
und ruhiger an als den Sport.<br />
Man hofft jedes Semester, dass wichtige<br />
Kurse zeitlich günstig verfügbar<br />
sind.“ Bei den Dozenten erlebt er un-<br />
24 forsch 2-3/2015 universitätbonn
LERNEN UND LEHREN<br />
terschiedliche Toleranz, manche würden<br />
überraschend nett auf Abmeldungsmails<br />
antworten und nach einem<br />
Wettkampf nachfragen. Oder er kam<br />
doch noch in ein Tutorium. Das Fechten<br />
hat er schon mit neun Jahren begonnen,<br />
er ist im Junioren-Bundeskader,<br />
mehrfacher Deutscher Meister und<br />
war Dritter bei der Junioren-Europameisterschaft.<br />
Er trainiert im <strong>Bonn</strong>er<br />
Sportpark Nord: Für den Weg zur<br />
Olympiade muss er die Aufnahme in<br />
die Aktiven-Mannschaft schaffen, die<br />
auf den Weltcups antritt.<br />
<strong>Uni</strong>tage sind keine Sport-Auszeit<br />
Das haben die Älteren wie Florettfechterin<br />
Franziska Schmitz bereits<br />
geschafft. Sie ist U23 Vize-Europameisterin<br />
und Weltcup-Teilnehmerin.<br />
Für ihr Studium der Humanmedizin im<br />
sechsten Semester wurde sie zur Pendlerin.<br />
Das sei anstrengend, aber sie ist<br />
zufrieden: „In <strong>Bonn</strong> lebe ich und bin<br />
während der Vorlesungszeit ein bis<br />
zwei intensive Tage an der <strong>Uni</strong>, an drei<br />
bis vier Tagen in Tauberbischofsheim<br />
beim Bundestrainer.“ Aber auch die<br />
<strong>Uni</strong>tage sind keine Sport-Auszeit,<br />
dann trainiert sie vor Ort und an den<br />
Wochenenden in Köln am Olympiastützpunkt.<br />
Mehr Stress erlebe sie im<br />
Studium: Selbst, wenn alles ins kleinste<br />
Detail vorausgeplant und organisiert<br />
ist, kämen immer wieder wichtige Termine<br />
dazwischen. Sie wünscht sich<br />
eine offizielle Regelung, die auch Medizinern<br />
ermöglicht, Fehltermine<br />
durch andere Leistungen auszugleichen.<br />
„Mein Studium strecke ich notgedrungen.<br />
In den vergangenen Semesterferien<br />
habe ich meine Famulatur<br />
in einer Praxis in Tauberbischofsheim<br />
absolviert, um nebenbei beim Bundestrainer<br />
trainieren zu können“, erzählt<br />
sie. „Ich hatte überlegt, nach dem Physikum<br />
nach Würzburg zu wechseln,<br />
also näher dran. Aber in <strong>Bonn</strong> habe ich<br />
an der <strong>Uni</strong>versität, über den Olympiastützpunkt,<br />
den Verein und die Sportstiftung<br />
NRW mehr Unterstützer gefunden.“<br />
ortvorteil: Sie trainiert in und um<br />
<strong>Bonn</strong>, das wertvolle Rad steht unter<br />
ihrem eigens gebauten Hochbett.<br />
„Trotzdem wird es im Alltag dann und<br />
wann schwierig.“ Jetzt im zweiten Semester<br />
Ernährungs- und Lebensmittelwissenschaften<br />
will sie die <strong>Uni</strong> öfter<br />
von innen sehen als im ersten und<br />
Klausuren schreiben. Auch wenn sie<br />
schon mal zu hören bekam, entweder<br />
wolle sie studieren oder Rad fahren,<br />
durfte sie zum Beispiel nicht nur alle<br />
14 Tage, sondern in jede wöchentliche<br />
Gruppe einer Übung gehen. „Hier wurde<br />
ich sehr gut aufgenommen und es<br />
wird sich gut um mich gekümmert.“<br />
Die Hochspringerin Alexandra<br />
Plaza haben viele <strong>Bonn</strong>er schon mal<br />
gesehen: als großformatiges „Perspektivteam<br />
Rio“-Bild auf einem Bus. Die<br />
Leichtathletin überspringt mit 1,88<br />
Meter locker ihre eigene Scheitelhöhe.<br />
Im Psychologie-Studium hat sie bisher<br />
eher entspannte Erfahrungen mit der<br />
Doppelbelastung gemacht und sieht<br />
sich unkompliziert unterstützt. So<br />
konnte sie zum Beispiel eine Klausur<br />
mündlich statt schriftlich ablegen und<br />
empfand das wie auch die Prüferin als<br />
eher angenehm.<br />
Matthias Sandten konzentriert<br />
sich auf gleich mehrere Sportarten und<br />
mag besonders die Vielfalt am Modernen<br />
Fünfkampf: Schwimmen, Laufen,<br />
Reiten, Fechten, Schießen. Er trainiert<br />
zwar in <strong>Bonn</strong>, sein „Heimatverein“ ist<br />
der SSF <strong>Bonn</strong> e.V. Aber beim ersten<br />
Fototreffen war er in Paris, kurz darauf<br />
mailte er aus Ungarn vom Weltcup.<br />
Der zweifache Deutsche Meister<br />
wünscht sich einen flexibleren Prüfungstermin.<br />
Aber sonst bewältigt er<br />
sein Studium der Rechtswissenschaft<br />
im dritten Semester, indem er selbständig<br />
den Vorlesungsstoff nacharbeitet.<br />
„Das gelingt mir meist gut“,<br />
sagt er. „Durchhänger gibt es vor allem,<br />
wenn nach einem langen Trainingstag<br />
die Augen schneller zufallen<br />
als ich die Bücher aufschlagen kann.“<br />
Auch für die <strong>Uni</strong> ist es ein besonderes<br />
Erlebnis, wenn aus ihren Reihen<br />
Sieger kommen. Wenn darüber die<br />
Studiendauer notgedrungen etwas lang<br />
geraten ist: Hochleistungssportler müssen<br />
zielstrebig, konzentriert und belastbar<br />
sein – Unternehmen wissen das.<br />
Gute Perspektiven also auch für den<br />
Beruf.<br />
ULRIKE EVA KLOPP<br />
5Die Fechterin<br />
Franziska Schmitz<br />
kommt gerade aus<br />
Shanghai und musste<br />
sich dort nur der<br />
amtierenden Olympiasiegerin<br />
geschlagen<br />
geben. Fünfkämpfer<br />
Matthias Sandten ist<br />
schon wieder auf dem<br />
Sprung – diesmal zu<br />
einer Trainingseinheit<br />
im Schwimmen.<br />
Foto: Ulrike Eva Klopp<br />
Das Rennrad von Mieke Kröger<br />
trägt noch die Startnummer 144 – am<br />
Wochenende war die Juniorenweltmeisterin<br />
und zweifache Europameisterin<br />
bei einem Wettbewerb in den Niederlanden.<br />
„Zur Zeit sieht es gut aus:<br />
Die Hälfte der Qualifikation für Olympia<br />
ist geschafft“, sagt sie. Ihr Stand-<br />
Um die duale Karriere von Spitzensportlern – Mitgliedern in einem Bundeskader<br />
– zu fördern, hat die <strong>Uni</strong> sich mit starken Kooperationspartnern<br />
zusammengeschlossen: dem Olympiastützpunkt Rheinland, dem Allgemeinen<br />
Deutschen Hochschulsportverband, den Schwimm- und Sportfreunden<br />
<strong>Bonn</strong> e.V., und die Akkreditierung als „Partnerhochschule des<br />
Spitzensports“ des Deutschen Olympischen Sportbundes ist beantragt.<br />
Informationen: www.spitzensport.uni-bonn.de<br />
forsch 2-3/2015 universitätbonn<br />
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