Monatsinformation zum anwaltlichen ... - Verlag C. H. Beck ohg
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Heft 3, 2005 RVG-Letter 31<br />
dass die Vergütung der <strong>anwaltlichen</strong> Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten<br />
der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren<br />
sich gemäß § 61 Abs. 1 RVG nach<br />
dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bemisst. Denn die<br />
Beigeladene vermochte ihren Verfahrensbevollmächtigten<br />
erst nach dem 1. Juli 2004 einen unbedingten<br />
Auftrag zur Erledigung des Beschwerdeverfahrens und<br />
des damit einhergehenden Antrages nach § 118 Abs. 1<br />
Satz 3 GWB erteilen, da sich für die vor der Vergabekammer<br />
„obsiegende“ Beigeladene erstmals aufgrund<br />
der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin vom<br />
9. Juli 2004 die Frage nach der (unbedingten) Beauftragung<br />
eines Verfahrensbevollmächtigten zur Wahrnehmung<br />
ihrer Interessen im Rechtsmittelverfahren stellte.<br />
Solange es an einer anfechtbaren Entscheidung der Vergabekammer<br />
noch fehle, bestehe für einen Verfahrensbeteiligten<br />
keine Veranlassung, seinem Verfahrensbevollmächtigten<br />
einen weiteren Auftrag zu erteilen, dessen<br />
Inhalt (Einlegung eines Rechtsmittels oder<br />
Rechtsverteidigung) noch unbekannt ist.<br />
Für die sofortige Beschwerde nach § 116 GWB legte<br />
das Kammergericht gemäß der Vorbemerkung 3.2.1<br />
Abs. 1 Nr. 4 VV den Gebührentatbestand Nr. 3200 mit<br />
einem Gebührensatz von 1,6 zugrunde.<br />
Was den Antrag nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB anbelangt,<br />
so bestimmt VV Nr. 3300 nach seinem Wortlaut<br />
für das Verfahren über einen Antrag nach § 115 Abs. 2<br />
Satz 2 und 3, § 118 Abs. 1 Satz 3 oder § 121 GWB zwar<br />
einen Gebührensatz von 2,3. Nach Auffassung des<br />
Kammergerichts bringt der Wortlaut indes den gesetzgeberischen<br />
Willen nur unvollkommen <strong>zum</strong> Ausdruck<br />
und widerspricht der Stellung der Gebührentatbestände<br />
VV Nr. 3200 und Nr. 3300 im Gesamtgefüge des Vergütungsverzeichnisses.<br />
Zwar bewerte der Gesetzgeber<br />
die sofortige Beschwerde nach § 116 Abs. 1 Satz 1<br />
GWB und die Verfahren nach § 115 Abs. 2 Satz 2 und 3,<br />
§ 118 Abs. 1 Satz 3 oder § 121 GWB nunmehr als verschiedene<br />
Angelegenheiten. Dies erschließe sich nach<br />
dem Kammergericht bereits aus der Schaffung eines<br />
eigenen <strong>anwaltlichen</strong> Gebührentatbestandes, der neben<br />
der Verfahrensgebühr auch eine gesondert in Ansatz zu<br />
bringende Terminsgebühr gemäß VV Nr. 3304 umfasse,<br />
und finde seine Entsprechung in den Regelungen zu den<br />
Gerichtskosten, die für die sofortige Beschwerde nach<br />
§ 116 Abs. 1 Satz 1 GWB und die Verfahren nach § 115<br />
Abs. 2 Satz 2 und 3, § 118 Abs. 1 Satz 3 oder § 121<br />
GWB ebenfalls in KV 1220 und 1640 gesonderte Gebührentatbestände<br />
und -sätze aufwiesen. Allerdings ist<br />
es nach Auffassung des Kammergerichts fernliegend,<br />
dass ein Eilverfahren – hier mit 2,3 – einen um 0,7 höheren<br />
Gebührensatz gegenüber dem Hauptsacheverfahren<br />
gewähre; dies würde hier für beide Verfahren zu einem<br />
Gebührensatz von insgesamt 3,9 führen, der Gesetzgeber<br />
habe jedoch mit dem Gebührentatbestand VV<br />
Nr. 3300 den Gebührensatz des § 65 a Satz 2 BRAGO<br />
a.F. übernehmen und die vormals durch das zusätzliche<br />
Eilverfahren von 13/10 auf 19,5/10 erhöhte Prozessgebühr<br />
lediglich um weitere 0,3 anheben wollen. Daher ist<br />
nach Auffassung des Kammergerichts eine Korrektur<br />
des Wortlautes von VV Nr. 3300 im Wege der teleologi-<br />
schen Reduktion angezeigt; der Gebührensatz des VV<br />
Nr. 3300 müsse auf den nach dem Zweck geforderten<br />
Umfang zurückgeführt werden, so dass der Wortlaut der<br />
Gebührentatbestände VV Nr. 3200, 3300 nicht die<br />
Grenze der Auslegung bilde. Der Gebührentatbestand<br />
des VV Nr. 3300 könne nur so verstanden werden, dass<br />
sich sein Gebührensatz – der Höhe nach mit § 65 a Satz<br />
2 BRAGO a. F. vergleichbar – tatsächlich auf die Differenz<br />
<strong>zum</strong> Gebührensatz des VV Nr. 3200 beschränke,<br />
also 0,7 betrage.<br />
Was schließlich die Gebührenanrechnung nach Vorbem.<br />
3 Abs. 4 VV angehe, ließ es das Kammergericht dahingestellt,<br />
ob sich die Vorbem. 3 Abs. 4 VV nur auf die<br />
Höhe der ab dem 1. Juli 2004 nach dem RVG zu beanspruchenden<br />
Verfahrensgebühren VV Nr. 3200 und<br />
Nr. 3300 und damit ohnehin nicht auf die bereits entstandenen<br />
Geschäftsgebühren nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 –<br />
3 BRAGO auswirken könne, <strong>zum</strong>al in Vorbem. 3 Abs. 4<br />
VV von einer „Geschäftsgebühr nach den Nr. 2400 –<br />
2403“ und nicht von einer solchen nach § 118 Abs. 1<br />
Nr. 1 BRAGO die Rede sei und mit Blick auf § 61<br />
Abs. 1 RVG auch nicht sein könne. Denn eine Anrechnung<br />
der für die Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten<br />
vor der Vergabekammer entstandenen Geschäftsgebühr<br />
im Sinne der Vorbem. 3 Abs. 4 RVG auf die Verfahrensgebühr<br />
des gerichtlichen Verfahrens findet<br />
grundsätzlich nicht statt. Eine Anrechnung würde nach<br />
Auffassung des Kammergerichts verkennen, dass es sich<br />
bei dem vergaberechtlichen Beschwerdeverfahren – im<br />
Gegensatz <strong>zum</strong> erstinstanzlichen Gerichtsverfahren, auf<br />
welches die Anrechnungsregelung abzielt – auch der<br />
Sache nach um ein Rechtsmittelverfahren gegen die<br />
Entscheidung eines kontradiktorisch und gerichtsähnlich<br />
ausgestalteten Verfahrens vor der Vergabekammer handelt,<br />
das mit einem herkömmlichen Verwaltungsverfahren<br />
nicht zu vergleichen sei. Dem echten Rechtsmittelverfahren,<br />
als das das vergaberechtliche Beschwerdeverfahren<br />
vor dem Oberlandesgericht angesehen werden<br />
müsse, sei eine Anrechnung fremd.<br />
Praxishinweis: Die Entscheidung des Kammergerichts<br />
kann nur teilweise Zustimmung finden. Zumindest im<br />
Ergebnis richtig ist es, dass die im vergaberechtlichen<br />
Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer bereits<br />
entstandene Geschäftsgebühr nach § 118 BRAGO nicht<br />
auf die anwaltliche Verfahrensgebühr des anschließenden<br />
Beschwerdeverfahrens anzurechnen ist. Eindeutig<br />
nicht gefolgt kann jedoch dem Kammergericht in seiner<br />
Auffassung werden, beim Vergütungstatbestand VV<br />
Nr. 3300 sei im Wege einer teleologischen Reduktion<br />
eine Herabsetzung von 2,3 auf 0,7 (!) vorzunehmen. Der<br />
Gesetzgeber hat im Vergütungstatbestand VV Nr. 3300<br />
eindeutig für einen Antrag nach § 118 Abs. 1 Satz 3<br />
GWB eine Verfahrensgebühr von 2,3 festgelegt. Eindeutig<br />
ist auch, und dies wird auch vom Kammergericht<br />
nicht in Abrede gestellt, dass der Gesetzgeber einen solchen<br />
Antrag nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB als verschiedene<br />
Angelegenheit und damit als einen Tatbestand<br />
ansieht, der neue Gebühren auslöst. Da derartige Verfahrensanträge<br />
nicht zwingend in jedem Vergabeverfahren<br />
sich ergeben, andererseits aber damit nicht eine uner-