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Richtiges Aufmaß - falsche Berechnung - Architektur-Vermessung

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IMMOBILIENKORREKTE BERECHNUNG DER WOHNFLÄCHEENTSCHEIDEND FÜR MIETE<strong>Richtiges</strong> Aufmaß -<strong>falsche</strong> <strong>Berechnung</strong>MEINOLF KORTE |WITTENDas Thema Wohnflächenberechnung ist nicht erst seit den letzten entsprechenden Veröffentlichungenin den Medien ein echter Dauerbrenner. Um hier zu korrekten Ergebnissen zu gelangen– und damit auch zu einer korrekten Mietpreisberechnung! –, ist es unerlässlich, die einschlägigenRechtsverordnungen zu kennen und anwenden zu können.www.bdvi.de | FORUM 2/200721


IMMOBILIENIMMOBILIENImmer wieder kommt es zwischen Mieter und Vermieter zuStreit bezüglich der für die Miete zu berücksichtigenden Wohnfläche.Aktuelle Umfragen sprechen davon, dass bis zu 80 %aller Mietflächen nicht korrekt berechnet worden sind. Für dieDifferenzen ist zwar letztlich immer der Vermieter verantwortlich,doch liegt in der Regel kein absichtlich schuldhaftesVerhalten vor. Vielmehr herrscht zum einen auch auf Seitender Vermieter oftmals Unwissenheit über die aktuelle Rechtsgrundlageund zum anderen wird eine einmal ermittelte Flächeungeprüft übernommen.Dabei ist die Wohnfläche weit mehr als lediglich das Produktaus Länge und Breite der Räume. Was wie berechnet werdendarf, regeln entsprechende rechtliche Vorgaben. Für die Wohnflächenberechnungim sozialen Wohnungsbau sind beispielsweisebestimmte <strong>Berechnung</strong>smethoden zwingend vorgeschrieben.So gilt für Mietverträge, die vor dem 1. Januar 2004 wirksamwurden, die Zweite <strong>Berechnung</strong>sverordnung als vereinbart.Wurde der Mietvertrag hingegen nach dem 1. Januar 2004abgeschlossen oder wurden nach diesem Termin baulicheVeränderungen vorgenommen, die eine Neuberechnung derWohnfläche erforderlich machen, so ist die Wohnflächenverordnunganzuwenden. In allen Fällen gilt jedoch, dass essich um Aufenthaltsräume inkl. Nebenräumen in abgeschlossenenWohnungen handeln muss. Zusätzlich sind die einschlägigenVorschriften der jeweiligen Landesbauordnungen zuberücksichtigen.Für den frei finanzierten Wohnungsbau ist hingegen keine bestimmteMethode vorgeschrieben. Hier können unterschiedlichePraktiken zwischen Vermieter und Mieter frei vereinbartwerden. So ist beispielsweise auch die Anwendung der so genanntenDIN 277 möglich.Wer die <strong>Berechnung</strong> der Wohnfläche prüfen möchte, muss alsozuerst einmal wissen, welche Rechtsgrundlage zur Anwendungkommt. Die nachfolgende Tabelle soll hierbei helfen:Öffentlich geförderter Vertrags- ZutreffendeWohnungsbau? beginn? Verordnung?ja vor dem Zweite01.01.2004 <strong>Berechnung</strong>sverordnungja nach dem Wohnflächenverordnung01.01.2004nein – Frei vereinbart: DIN 277Zweite<strong>Berechnung</strong>sverordnungWohnflächenverordnungZWEITE BERECHNUNGSVERORDNUNG UNDWOHNFLÄCHENBERECHNUNGEin wesentlicher Unterschied zwischen der Zweiten <strong>Berechnung</strong>sverordnungund der Wohnflächenverordnung bestehtdarin, dass bei Anwendung der Wohnflächenverordnung Wohnflächennur noch anhand der lichten Maße ermittelt werdendürfen.Nach der Zweiten <strong>Berechnung</strong>sverordnung war alternativ aucheine <strong>Berechnung</strong> der Wohnfläche nach Rohbaumaßen mit pauschalemPutzabschlag zulässig. Diese Wahlmöglichkeit ist nunentfallen. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass nachder Wohnflächenverordnung Vormauerungen, Pfeiler und Säulenin die Wohnfläche mit einbezogen werden, wenn sie eineHöhe von weniger als 1,5 m haben. Der Grund: Diese Raumteilekönnen noch als Ablagefläche genutzt werden.Die <strong>Berechnung</strong> der Wohnfläche von Räumen mit insgesamtsenkrechten Wänden dürfte nach diesen Vorgaben sowohl fürden Mieter als auch den Vermieter im Allgemeinen unproblematischsein.Grund zu Diskussionen geben hingegen immer wieder Nebenräumeund Wohnräume unter Dachschrägen sowie Balkoneund Terrassen. Abstellräume werden z. B. generell nur dannangerechnet, wenn sie innerhalb der Wohnung liegen undausschließlich zu der Wohnung gehören. Liegen diese Räumlichkeiten,zu denen Keller, Waschküche und Garage zählen,außerhalb der Wohnung, werden sie nicht angerechnet.Nach der Zweiten <strong>Berechnung</strong>sverordnung werden Balkone,Loggien und Freisitze mit max. 50 % ihrer Fläche angerechnet,Terrassen hingegen gar nicht. Anders sieht es bei der Wohnflächenverordnungaus: Hier werden diese Flächen in der Regelmit 25 % angerechnet.Bei beiden Verordnungen gilt gleichermaßen, dassWohnflächen unter Dachschrägen mit einer lichtenHöhe von weniger als 1 m nicht angerechnet werden.Flächen mit einer lichten Höhe von mehr als1 m und weniger als 2 m werden zu 50 % angerechnet.Ganz anders sieht es hingegen bei der lediglichim frei finanzierten Wohnungsbau anwendbarenDIN-277-Vorschrift aus. Hier spielt die lichte Höhekeine Rolle.Die nachfolgende Tabelle zeigt die wesentlichen Unterschiedeauf.Gebäudeteil Zweite Wohnflächen- DIN 277<strong>Berechnung</strong>sverordnungverordnungTreppenhaus nein nein neinKeller und Waschküche nein nein jaAbstellräume außerhalb der Wohnung nein nein jaGaragen nein nein jaBodenräume, Trockenräume,Heizungsräume innerhalb der Wohnung nein nein jaRäume, die den nach ihrer Nutzungzu stellenden Anforderungen des nein nein jaBauordnungsrechtes nicht genügenGeschäftsräume nein neinWohnräume ja ja jaBad, WC ja ja jaFlur ja ja jaAbstellräume innerhalb der Wohnung ja ja jaTreppen innerhalb der Wohnung teilweise teilweise jaUnbeheizter Wintergarten max. 50 % zu 50 % jaBeheizter Wintergarten ja ja jaSchwimmbäder 50 % 50 % jaBalkon, Loggia, Freisitz max. 50 % i. d. R. zu 25 % jaTerrasse nein i. d. R. zu 25 % jaSchornsteine, Vormauerungen, Pfeiler nein teilweise neinFenster- und Wandnischen teilweise teilweiseErker und Wandschränke teilweise jaTürnischen nein nein neinGrundflächen unter 1 m Höhe nein nein jaGrundflächen zwischen 1 m und 2 m Höhe 50 % 50 % jaDie Tabelle zeigt ganz deutlich, wie wichtig es ist, zu wissen,welche Rechtsgrundlage für die Wohnflächenberechnung gilt.Konkret: Ein und dieselbe Wohnung verfügt je nach anzuwendenderRechtsgrundlage über mehr oder weniger anrechenbareFläche. Und das wiederum bedeutet: Die Miethöhe kannunterschiedlich ausfallen.Es ist also nicht damit getan, die eigene Wohnung mit demZollstock zu vermessen. In der Praxis ist es in den meisten Fällenunerlässlich, einen Experten zu Rate zu ziehen, um eine rechtssichere<strong>Berechnung</strong> zu erhalten. Im Falle einer gerichtlichenAuseinandersetzung zwischen Mieter und Vermieter ist dieszudem unerlässlich. Einen entsprechenden Service bietenbeispielsweise alle Öffentlich bestellten <strong>Vermessung</strong>singenieurean, die ähnlich wie Notare vereidigt sind. Welcher <strong>Vermessung</strong>singenieurvor Ort ein Büro unterhält, erfährt manbeispielsweise über die Website des Berufsverbands BDVIunter www.bdvi.de oder telefonisch unter 030/240 838-3.ÖbVI Dipl.-Ing. Meinolf KorteÖffentlich bestellter und vereidigterSachverständiger für die Bewertung vonbebauten und unbebauten GrundstückenWullener Feld 7 | 58454 WittenE-Mail korte-witten@t-online.de22FORUM 2/2007 | www.bdvi.de www.bdvi.de | FORUM 2/200723


IMMOBILIENIMMOBILIENRECHT + MASS = WOHNFLÄCHE<strong>Richtiges</strong> Aufmaß – <strong>falsche</strong> <strong>Berechnung</strong>Ein <strong>Berechnung</strong>sbeispielFRAGEN EINES EIGENTÜMERSBeispielhaft für einen nicht sachgerechten Umgang mit derFlächenermittlung wird nachfolgend ein Fall vorgestellt, beidem Eigentümer und Architekten die Paragraphen der maßgeblichenVerordnung »zielgerichtet« in willkürlicher Reihenfolgeanwendeten. Die im gerichtlichen Streitverfahren vomEigentümer gestellten Fragen lauteten:Verspringen die für die Wohnflächenermittlung unterhalbvon Dachschrägen maßgeblichen so genannten 1-m- und2-m-Linien im Bereich der Dachflächenfenster vom Raumaus gesehen nach außen? Ist die sich durch diesen Versprungjeweils ergebende Mehrfläche unterhalb der Dachflächenfensterder Wohnfläche hinzuzurechnen?Bezug genommen wurde seitens des Eigentümers auf den § 44(1) II. BV, in dem Folgendes festgelegt wird:»Zur Ermittlung der Wohnfläche sind anzurechnen1. voll die Grundfläche von Räumen und Raumteilenmit einer lichten Höhe von mindestens 2 m,2. zur Hälfte die Grundflächen von Räumen undRaumteilen mit einer lichten Höhe von mindestens1 m und weniger als 2 m …«tiefen betragen nämlich 0,24 m. Die Frage, ob die jeweils zubetrachtenden Nischen bis zum Fußboden herunterreichen,diente der Klärung, ob diese Nischen begehbar und damit alsRaumteile nutzbar seien.Entscheidend sei also die Frage, ob der relevante Bereich derFensternischen, nämlich der ab der 1-m-Linie ins Rauminnereführende Nischenbereich, in horizontaler Messweise jeweils biszum Fußboden herunterreiche. Das sei eindeutig zu bejahen.Teilweise vorhandene Ablagen als untere Begrenzung der Fensternischenbefanden sich erst in der straßen- bzw. hofseitigenAbseite außerhalb des für die Wohnflächenermittlung relevantenMessbereichs. Auch aus diesem Grund müssten die unterhalbder Dachflächenfensternischen befindlichen Raumteileentsprechend dem dortigen Verlauf der 1-m- und 2-m-Liniender Wohnfläche hinzuaddiert werden.Schematischer Schnitt an Dachflächenfensterzur Darstellung der Verschiebung der MeterlinieIn einigen der vermessenen Räume befanden sich an den DachschrägenDachflächenfenster, die in Fensternischen mit einerLeibungstiefe von jeweils 0,24 m eingebaut wurden.Nach Einschätzung des Eigentümers ergab sich hierdurch innerhalbdieser Fensternischen ein entsprechender Versatz derfür die Wohnflächenberechnung unterhalb von Dachschrägenmaßgeblichen so genannten 1-m- und 2-m-Linien nachaußen. Seine <strong>Berechnung</strong> gründete weiter auf § 43 (5) II. BV.Darin wird bestimmt:»Zu den errechneten Grundflächen sind hinzuzurechnendie Grundflächen von1. Fenster- und offenen Wandnischen, die bis zum Fußbodenherunterreichen und mehr als 0,13 m tiefsind, …«Seitens des Eigentümers wurde im konkreten Fall die Schlussfolgerunggezogen, dass die Grundflächen in den zu betrachtendenNischenbereichen auf die Wohnfläche anzurechnen seien.Die zu betrachtenden Fensternischen der Dachflächenfensterseien allesamt mehr als 0,13 m tief, die jeweiligen Leibungs-42FORUM 2/2007 | www.bdvi.de www.bdvi.de | FORUM 2/200725


IMMOBILIENAUSKUNFT EINES ÖBVIDiese Eigentümerargumentation bzw. Irritation ist ein typischesBeispiel für einen nicht sachgerechten Umgang mit Rechtssätzen.Bei einer Ermittlung der Wohnfläche nach der II. BVmüssen folgende Schritte eingehalten werden:1. Feststellung– der Räume des Gebäudes, deren anrechenbareGrundfläche zur Wohnfläche gehört,– der Räume, die ausschließlich zu der einzelnenWohnung, dem einzelnen Wohnraum oder demWohnheim gehören und deren Wohnfläche zuberechnen ist,– der Räume, deren Grundfläche keine Wohnflächenach § 42 II. BV darstellt,2. <strong>Berechnung</strong> der Grundflächen der zur Wohnflächeder einzelnen Wohnungen gehörenden Räume nach§ 43 II. BV,3. Ermittlung der anrechenbaren Grundfläche alsWohnfläche der einzelnen Wohnungen und Vornahmevon Abzügen nach § 44 II. BV.Wohnflächenberechnung unter DachflächenfensternDie <strong>Berechnung</strong> der Grundflächen erfolgt nach § 43 Abs. 1 bis3 II. BV. Bei der <strong>Berechnung</strong> ist zu beachten, dass auf die errechneteGrundfläche nach § 43 Abs. 4 oder 5 II. BV Abschlägebzw. Zuschläge anzurechnen sind. Diese betreffen u. a. Balkone,Loggien, Dachgärten, Terrassen, Raumteile unter Treppen, unbeheizteWintergärten u. v. m. Das Ergebnis ist die »bereinigteGrundfläche« (vgl. Heise: Wohnflächenberechnung, 2. Aufl.2002, S. 113).Erst nach diesem <strong>Berechnung</strong>sschritt ist nach § 44 II. BVfestzustellen, ob die errechnete bzw. die bereinigte Grundflächevöllig oder nur teilweise anrechenbar ist. Die anrechenbarenGrundflächen müssen dann addiert werden und ergeben in derSumme die Wohnfläche der Wohnung.Die Systematik der Rechtsverordnung stellt also die <strong>Berechnung</strong>der Grundfläche (§ 43 II. BV) vor die Ermittlung der anrechenbarenGrundfläche (§ 44 II. BV). Eine Vermischung oderUmkehrung der <strong>Berechnung</strong>sfolge ist unstatthaft.Zum konkreten Fall: Fensternischen werden bei einer Tiefe vonmehr als 0,13 m in die Grundfläche mit einberechnet. Reichendiese aber nicht bis zum Fußboden herunter, können die betreffendenNischen nicht zu den Grundflächen der einzelnenRäume hinzugerechnet werden.Die Vorschriften des § 44 II. BV über die anrechenbaren Grundflächenund insbesondere die differenzierte Berücksichtigungvon Raumteilen mit unterschiedlichen lichten Höhen, kommenerst nach der gemäß § 43 II. BV durchgeführten Ermittlung derbereinigten Grundflächen der einzelnen Wohnräume zur Anwendung.Das kleine Beispiel zeigt, wie eng rechtliche und technischeGesichtspunkte bei Flächenberechnungen miteinander verknüpftsein können. Ein Aufmaß und eine rechnerische Flächenermittlungreichen häufig nicht aus, um Wohn- oder Nutzflächenrechtskonform zu ermitteln. Hinzukommen müssenfundierte Kenntnisse und sachgerechte Anwendung der entsprechendenRechtssätze.Die Rechtsbezogenheit muss als Voraussetzung für die Flächenermittlungvon Wohn- und Nutzflächen herausgestellt werden.Bei gerichtlichen Streitfällen ist das Zusammenwirkenrechtlicher und technischer Kompetenz geradezu unabdingbar.aus Heise: WohnflächenberechnungDie Summe der anrechenbaren Grundflächen einer Wohnungist die Wohnfläche.Dipl.-Volkswirt Carsten TroffMaxstraße 3a | 13347 BerlinE-Mail c.troff@rsp-bewertung.de62FORUM 2/2007 | www.bdvi.de

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