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was uns eben noch mit einiger Plausibilität an Architektonisches gemahnte, ganz und<br />
gar eindeutig an eine im Dämmerlicht liegende Landschaft am Wasser erinnert (noch<br />
dazu eine, die Landscape N° 1 sehr ähnlich ist).<br />
Darüber ließe sich von Leuten die, wie ich, keine Wahrnehmungspsychologen sind,<br />
trefflich spekulieren: wieso wir überhaupt solch konkrete Dinge in zufälligen Streifenmustern<br />
erkennen. Was macht den Wunsch zur Wirklichkeit? Und wie sehr sind wir<br />
dabei von anderen Bildmustern und deren Rezeption geprägt?<br />
Pinsel gegen Pixel<br />
Damit berühren wir den grenzgängerischen Aspekt der Pink Paintings, die nicht nur<br />
zwischen gegenständlichem Bild und freier Abstraktion schweben, sondern ebenso<br />
eine Mittlerrolle einnehmen zwischen maschinell erzeugtem und handwerklich präzise<br />
gemaltem Bild.<br />
Was dem zeitgenössischen Betrachter nämlich ganz bestimmt als erstes einfällt, wenn<br />
er die Linien der horizontalen Pink Paintings betrachtet, ist ihre Ähnlichkeit mit den<br />
Zeilen eines Bildschirms. Das kommt nicht von ungefähr: Die Anregung zu dieser Bildserie<br />
bescherte Doris Marten nämlich in der Tat eine Fehlfunktion ihrer Digital kamera,<br />
die eine zeitlang nur streifige Bilder in Magenta und Schwarz produzierte. Und zwar<br />
gänzlich unabhängig von dem, was vor der Linse zu sehen war, unabhängig auch von<br />
Lichtverhältnissen oder anderen photographisch sonst relevanten Bedingungen.<br />
Anstatt sie einfach zu löschen, entdeckte die Künstlerin das Potential, das in diesen<br />
Bildern steckte und erkor sie zu Vorlagen für ihre Gemälde.<br />
Bei der Umsetzung läßt sie sich zwar genug malerische Freiheit, um mit Tonwerten<br />
und Helligkeiten zu experimentieren, auch mal ein Detail wegzulassen. Aber frei dazuerfunden<br />
wird nichts. So erklärt sich auch, dass die Serie mit der Reparatur der Kamera<br />
schon abgeschlossen war – bevor Marten überhaupt zu malen begonnen hatte.<br />
Aber auch gestalterische Entscheidungen werden von den Vorlagen diktiert, wie z. B.<br />
die Tatsache, dass die schwarzen Flächen wirkliche Leerstellen sind, denen die sonst<br />
so dominante Streifenstruktur gänzlich fehlt.<br />
Aber der elektronische Störfall war letztlich doch nur die Initialzündung. Die Übertragung<br />
in malerische Feinarbeit verwandelt das pseudophotographische Bild dann<br />
doch in etwas ganz anderes, eben in Malerei und ein Kunstwerk sui generis. Verstärkt<br />
durch die Veränderung der Größenverhältnisse, die intendierte gegenständliche Umdeutung<br />
und das Denken und Arbeiten in Serien, das Doris Marten zu eigen ist. Denn<br />
nur so erhellen sich die Gemälde gegenseitig, kommentieren einander und machen<br />
die fließenden Übergänge zwischen Abstraktion und Konkretion überhaupt erst sinnlich<br />
nachvollziehbar.<br />
<strong>PINK</strong> PAINTING (Building N° 4) — Detail