10.07.2015 Aufrufe

Arbeitsblatt „Österreich“-Bilder: November 2010 (2 Seiten)

Arbeitsblatt „Österreich“-Bilder: November 2010 (2 Seiten)

Arbeitsblatt „Österreich“-Bilder: November 2010 (2 Seiten)

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Ao Univ Prof Dr Gerhard StrejcekPH Wien, Politische Bildung WS <strong>2010</strong>/11<strong>Arbeitsblatt</strong> „Österreich“-<strong>Bilder</strong>: <strong>November</strong> <strong>2010</strong> (2 <strong>Seiten</strong>)Die „Norm“ (Bundesverfassung)Art 1 Bundes-Verfassungsgesetz (1.10.1920, in Kraft seit 10.11.1920): „Österreich ist eine demokratischeRepublik. Ihr Recht geht vom Volk aus.“Hans Kelsen/Georg Fröhlich/Adolf J. Merkl (Die Bundes-Verfassung vom 1. Oktober 1920, Wien 1925,65): „Der hier formulierte Grundsatz der republikanisch-demokratischen Staatform ist seit dem Bestande derRepublik bereits zum fünften Mal gesetzlich angesprochen.“Gemeint ist mit diesem Statement/Kommentar, dass seit dem 12. <strong>November</strong> 1918 nicht weniger als fünfMal binnen zwei Jahren die demokratische „Republik“ (zunächst die Republik „Deutschösterreich“, seit demHerbst 1919 „Österreich“) in Verfassungsgesetzen der jungen „Republik, die keiner wollte“ beschworen wurde.Demnach lebte hartnäckig der Großmacht- und Habsburgermythos weiter, die Politiker setzten aber alles daran,diesen zu bekämpfen und die „Republik“ zu kräftigen; den Staatsfeiertag feierte die 1. Republik vorerst am 12.<strong>November</strong>. Rückblende 90 Jahre: 1.10. B-VG in der konstituierenden Nat.Vers. beschlossen; 17.10. Wahlen indie Nat.-Versammlung (= Nationalrat); 10.11. Konstituierung des Nationalrates; Wahl des BPräs (Hainisch);Staatsfeiertag.Gegen „Habsburg“ und gegen den „Anschluss“Im Februar 1919 fanden die ersten allgemeinen, „gleichen“ und freien Wahlen (mit Frauenwahlrecht)statt. Im März konstituiert beschloss die neu gewählte konstituierende Nationalversammlung dieLandesverweisung und die Vermögenseinziehung der Habsburger sowie das Adelsaufhebungsgesetz imFrühjahr. Herbst 1919: Umsetzung des Staatsvertrags von Saint Germain-en-Laye (ua Minderheitenschutz;Anschlussverbot; „Österreich“); politisch war immer noch eine Mehrheit (in allen Parteien) für den Anschluss andie Weimarer Republik (Deutschland).Seit dem B-VG 1920 war ein (indirekt gewählter) „Bundespräsident“ vorgesehen; ausgeschlossen vonder Wahl waren Angehörige herrschender Häuser und solcher Familien die ehemals regiert haben (heute noch inArt 60 Abs 3 B-VG – „Fall Ulrich Habsburg“).Weitere Entwicklung ab 1929In einer großen Verfassungs-Novelle des Jahres 1929 (die am 1.1.1930 in Kraft trat) bekam das Amtdes Bundespräsidenten mehr Gewicht (zB die Ernennung von Bundeskanzler und Bundesregierung); außerdemsollte der Bundespräsident fortan direkt gewählt werden; zu einer Direktwahl kam es aber erst im Jahr 1951 (!),als BP Körner gewählt wurde; alle vor ihm amtierenden BP (Hainisch, Miklas, Renner) wurden demnachindirekt durch die Bundesversammlung gewählt. Aber bereits der zweite BP (Miklas) verfügte in seiner zweitenAmtszeit über die stärkeren Befugnisse der B-VG-Novelle 1929 (zB Bundesheer-Oberbefehl; Ernennungs- undAuflösungsbefugnisse).In den Schicksalsjahren der Ersten Republik 1933, 1934 und 1938 amtierte demnach ein bereits„mächtiger“ Bundespräsident, der auch den Nationalrat hätte auflösen können (womit Neuwahlen erzwungenwerden können); tatsächlich blieb aber BP Miklas 1933 untätig, als sich der Nationalrat angeblich „selbstausschaltetet“ bzw durch Rücktritt der drei Präsidenten auflöste; er sah auch zu, als der Verfassungsgerichtshofausgeschaltet wurde und eine autoritäre (ständestaatliche) Verfassung am 1.5.1934 in Kraft trat; 1938 wehrte ersich zunächst heftig gegen die Ernennung eines nationalsozialistischen Bundeskanzlers (Seyß-Inquart), gab aberschließlich nach und empfahl bei der „Volksabstimmung“ nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht(Annexion; Okkupation; „Anschluss“) für „Ja“ zum Anschluss zu stimmen; Hitler zahlte dem ehemaligen BPeine recht ansehnliche Rente 1938—1945; aber die Familie Miklas erfuhr auch Leid durch den 2. Weltkrieg; imJahr 1941 fielen zwei Söhne in Russland; 1945 starb ein dritter. Miklas erlebte noch den Staatsvertrag und starb1956. Er ist am Döblinger Friedhof begraben.Fragen: Welche Argumente aus dem „Selbstbestimmungsrecht“ der Völker können für die Bildung derNachfolgestaaten der Donaumonarchie 1918 gefunden werden? Welche Gegensätze führten zu der verheerendenEntwicklung der Ersten Republik? Welcher Tag war der Staatsfeiertag der Ersten Republik? WelcheMaßnahmen setzte das Parlament der Republik gegen die Habsburger? Wie hieß dieses Parlament?


Seite 2Mythos Nationalfeiertag (Zweite Republik)Im Staatsvertrag von Wien vom 15.5.1955 bekräftigte die Regierung und der Nationalrat der (zweiten) RepublikÖsterreich völkerrechtlich verbindlich, dass die demokratische und republikanische Staatsform unterBeibehaltung der Habsburgergesetze aufrecht bleiben sollte; ein Wahlrecht, das den freien Willen des Volkeszum Ausdruck bringt, sollte Grundlage für die Bundesregierung (die allerdings ernannt wird, sich aber auf dasVertrauen des direkt gewählten Parlaments stützen muss) sein; die (slowenischen und kroatischen) Minderheitensollen, wie schon im Staatsvertrag von St. Germain 1919 angeordnet worden war, hinsichtlich ihrer Rechtegeachtet werden; von „Neutralität“ steht in diesem umfangreichen Vertrag kein Wort; aber letztlich war es dieNeutralitätszusage, die den Staatsvertrag vom Mai 1955 politisch erst möglich (und für die UdSSR akzeptabel)gemacht hatte. Am 26.10.1955 wurde dieses Neutralitäts-BVG dann im NR beschlossen; ein Jahr später wurdeerstmals der „Nationalfeiertag“ an diesem Tag gefeiert – eher willkürlich, als Alternativen boten sich der 1. Mai,der 15. Mai und der 12. <strong>November</strong> an, die aber alle ihre historischen „Belastungen“ aufwiesen, weshalb derpolitisch „neutrale“ 26.10. zum Zug kam; aber wie soll(te) man dies alles Schülerinnen und Schülernkommunizieren? Der „letzte Besatzungssoldat“ verließ Österreich viel später, aber diese Legende wird bis heuteaufrechterhalten (sogar auf der Homepage zum Nationalfeiertag <strong>2010</strong>!).„KAKANIEN“ (Musil)Am Nationalfeiertag <strong>2010</strong> brachten zwei Fernsehkanäle (ORF und 3 SAT) österreichische Filme bzwProduktionen im Hauptabendprogramm (ab 20 15 bzw 20 30). Erstaunlicher Weise hatte weder der eine noch derandere etwas mit der Republik Österreich zu tun: in 3 SAT agierte „Sisi“ mit ihrem Franz(l) Josef in einer neuenVerfilmung, die aber um nichts weniger kitschig als die „alte“ Romy-Schneider-Variante war, im ORF trat derKabarettist Robert Palfrader in seiner schon gewohnten Rolle als Kaiser auf („Wir sind Kaiser“), neben ihm derObersthofmeister. Obwohl die Namen verfremdet sind (statt FJ Robert; statt Montenuovo spielt ein ahistorischer„Seyffenstein“) ist doch ganz klar erkennbar, dass hier (allerdings ohne Sisi) ein Duo als Parodie von Kaiser FJI. und seinem seinerzeitigen (sehr mächtigen) Obersthofmeister auftritt.In vielen Staaten Europas funktionieren heute Monarchien als rein repräsentative, konstitutionelle Staaten; dieMonarchen haben kaum relevante Kompetenzen (zB Queen verliest die Regierungserklärung mit steinernerMiene); ab und zu bestehen Streitigkeiten wegen des Repräsentationsaufwandes. Doch nach wie vor lebt eineganze Mediensparte von den „Royals“.Fragen: Welche Bedeutung hat die die k.u.k. Monarchie heute noch? ist es reine Folklore oder gibt es auchpolitische Implikationen? Wie geht die Rep. Österreich mit dem „Sisi-Mythos“ um? Ist eine Wiedererrichtungder Monarchie hierzulande (Restauration) denkbar? Sollen die Habsburgergesetze fallen? Wie funktionierenkonstitutionelle Monarchien in anderen europäischen Staaten? Wie war das Verhältnis Monarchien—Republiken zur Zeit der EU-12 (derzeit EU-27)? Hinweis EU-12: Benelux, BRD, DK, Frankreich, GB, Irl,Italien, Spanien, GR, Portugal; heute: + A, S, SF (EU 15: erstes Mal 1995 rep. Überhang); + Slowenien,Slowakei, Tch Rep; Ungarn; Est, Lett, Lit; Bul, Malta, PL, Rumänien, Zypern.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!