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x4tel-Altes 6 7 x4telNeuesKinderfoto Regula Venske (li)der Gärtnerei spielen, im alten Stallgebäudehatten wir unsere Bude. Da wir in Erbfeindschaftmit den Finkensträßlern lebten, legtenwir für sie eine Fallgrube an – in die beimAbendspaziergang Fräulein Maria aus derGärtnerei stolperte. Lange lag die ältere Fraumit kompliziertem Beinbruch im Krankenhaus.In der Nachbarschaft wunderte man sichüber die hübschen Nachthemden, in denen sieihre Besucher empfing. Ich aber bewunderenoch heute ihre vorbildliche Haltung. KeinSchimpfen, kein Vorwurf, stattdessen gütigesVerständnis: „Es sind doch Kinder ...“ – Somüsste man sein.Um unsere Schuld etwas abzutragen, halfenwir in der Gärtnerei. Kartoffeln ausbuddelnund Blumen austragen, mein erster Job. Nochheute erinnere ich mich, wer im Viertel großzügigTrinkgeld gab (20 Pfennige!). Und werranzige Sahnetörtchen verteilte.Die Mauer, die unsere Hintergärten von derGärtnerei abtrennte, steht immer noch, jetztefeubewachsen. Da oben saßen wir und hörtender keifenden Nachbarin zu. „Lauter, bitte!“,schrie Uli Kupczik. Oder wir kletterten beimVerstecken darüber, machten uns aus demStaub. Und auf dieser Mauer saßen wir auch,als die Bagger anrückten und die Gewächshäusereinrissen. Eine Schule wurde gebaut, dieFinkenstraße nach Norden erweitert – dasEnde der Kindheit, das wussten wir.In Fräulein Molkenburs Blumenladen verkauftman jetzt Tischkultur. Im Fenster sehe ichDosen mit Basilikumsamen und Gartenzwerge– das passt.Apropos Samen, hieß der Kurzwarenladen amNordplatz vielleicht Eggebrecht? Dahinschickten meine grausame Schwester & Co. amersten April ein Nachbarsmädchen: Sie solle fürzehn Pfennig Stecknadelsamen kaufen. SolcheAprilscherze gibt´s wohl nicht mehr.Im Lebensmittelladen von Evenkamps EckeFinkenstraße ist jetzt Hairdiscount angesagt,dafür residiert im Frisörladen von Herrn Hüningschräg gegenüber eine Sprachenschule.Im Brust & Keulewar früher derPumpernickel und,lange nach meinerZeit, das Krokodil.Meinen ersten„Sauren Paul“trank ich da, allein Lesestoffbei der Erinnerungmuss ich mich schütteln. Regelmäßig lieferteder Kutschwagen der Germania-Brauerei Bierfässeran. Solche Männer wie die Kutscher undsolche Pferde wie die der Germania-Brauereisind längst ausgestorben.Aber den Briefkasten an der Ecke zur Görresstraße,den gibt es noch. So manchen Liebesbriefhab ich da eingeworfen. Die Görresstraßewar die Lieblingsstraße meiner Mutter – istimmer noch hübsch. Und immer noch gibt´seinen Kinderspielplatz im alten Löschteich(oder war es ein Bombentrichter? ist jetzt aufgeschüttet)nahe der Wüllnerstraße. Sicher sindheutzutage alle Geräte vom TÜV überprüft,und es wird kein dünnes Kind mehr, so wie icheines war, zwischen den Streben der Rutschehindurchfallen. War leider nicht das einzigeMal, dass ich mir böse das Kinn aufschlug.Dass die Knie aufgeschrammt waren, war sowiesoDauerzustand.Am Nordplatz trafen wir uns zum Lambertussingen,juchheißavivat Kärmeshei. Und imKino am Kanonierplatz sahen wir unsere erstenFilme, Bambi, Susi und Strolch. Und späterDer Krieg der Knöpfe. Für den war ich zujung, die Schimpfworte, die reichlich fielen,versteh ich erst jetzt.Im Café im Schloßtheater esse ichein Erdbeertörtchen und trinkeAloha-Limonade im Gedenken anvergangene Zeiten. Bin ich wirklichschon 55? Mit Grapefruit-Orangengeschmackauf der Zunge fühlt mansich immer noch jung.„Regula Venske war vier Jahre alt, als man ihr(der Protestantin im katholischen Münster) attestierte,sie habe eine schwarze Seele. Mit 10fing sie dann an, Krimis zu produzieren undhat sich von da an konsequent in den Olympder deutschen Krimiautorinnen eingeschrieben.“Radio BremenBuchempfehlung: Ein allzu leichter Tod, nachDer Bajazzo der zweite Band ihrer neuen Krimireiheum die ´Garstigen Greise`, die imMünsterland spielt (Suhrkamp, Oktober 2010).TIPP5. August 2012 - 11 bis 18 UhrMünsters Bücher- und Bouquinistenmarkt,Rosenplatz und Diözesanbibliothek

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