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NICHTIGE KLAUSELN IN MIETVERTRÄGEN Der OGH hat am ...

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R e c h t s a n w a l t s k a n z l e i L i k a r , P e s t a l o z z i s t r a ß e 1 / I I , A - 8 0 1 0 G r a zT e l . + 4 3 ( 0 ) 3 1 6 8 2 3 7 2 3 F a x + 4 3 ( 0 ) 3 1 6 8 2 3 7 2 3 - 1 3o f f i c e @ a n w a l t s k a n z l e i - l i k a r . a tw w w . a n w a l t s k a n z l e i - l i k a r . a t<strong>NICHTIGE</strong> <strong>KLAUSELN</strong> <strong>IN</strong> MIETVERTRÄGEN<strong>Der</strong> <strong>OGH</strong> <strong>hat</strong> <strong>am</strong> 11.01.2006 entschieden, dass eine große Hausverwaltung es zukünftig zuunterlassen <strong>hat</strong>, 39 Klauseln (oder sinngleiche) in deren gängigen Mietverträgen weiter zuverwenden und/oder sich auf diese zu berufen. Auch wenn der private Vermieter (ein Vermieter,der weniger als fünf Wohnungen vermietet) von diesem Urteil nicht betroffen zu seinscheint, wird diesem in jedem Fall jedoch Indizwirkung zukommen.Grundlage der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs war eine so genannte Verbandsklageder Bundesarbeiterk<strong>am</strong>mer, welche eigenen Spielregeln unterliegt. Die Ergebnisse könnendaher auf den konkreten Einzelfall nur sehr bedingt übertragen werden, da die Gerichte beieiner Verbandsklage Klauseln in Musterverträgen nach der für den Konsumenten ungünstigstenAuslegungsmöglichkeit zu prüfen haben.In Einzelfallentscheidungen ist jedoch vielmehr danach zu fragen, was die Vertragsteile dennwirklich vereinbaren wollten; in einer Ges<strong>am</strong>tbetrachtung sollen unfaire Klauseln auf ein verträglichesMaß reduziert werden. Eine Reihe der nunmehr für sittenwidrig erkannten 39 Klauselnwürde somit im Einzelfall daher wohl zumindest teilweise rechtswirks<strong>am</strong> bleiben.In Folge werden nun diejenigen (sittenwidrigen) Klauseln kurz erläutert, die von besonderemInteresse sind:1. Kein gänzlicher Ausschluss von Schadenersatz- oder Gewährleistungsansprüchen:Ein gänzlicher Ausschluss von wie auch immer gearteten Schadenersatz oder Gewährleistungsansprüchengegenüber dem Vermieter von vornherein ist sittenwidrig, weil diese Klauseldarauf abzielt, den Mietern die Berufung auf das Zinsminderungsrecht nach § 1096 ABGBabzuschneiden. Durch die Tatsachenbestätigung, dass der Mieter den Mietgegenstand durcheigene Besichtigung kenne, soll die den Vermieter treffende Beweislast unzulässiger Weisedem Mieter aufgebürdet werden.2. Zweckwidrige Verwendung ist nicht generell ein Auflösungsgrund:Sollte der Mieter den Mietgegenstand zu einem anderen Zweck nutzen als vereinbart, so bildetdies nur dann einen Auflösungsgrund, wenn der Bestandnehmer die Sache erheblichU I D - N u m m e r A T U 6 2 0 8 3 8 0 9 , R A - C o d e R 6 0 7 2 8 7 , D V R - N u m m e r 3 0 0 0 0 0 5L a n d e s - H y p o t h e k e n b a n k S t e i e r m a r k A G , B L Z 5 6 0 0 0 , K t o . N r . 2 0 1 0 1 0 0 0 0 6 1


- 2 -nachteilig gebraucht. <strong>Der</strong> erheblich nachteilige Gebrauch setzt einen erheblichen Nachteil fürden Vermieter voraus, der in einer erheblichen Verletzung wichtiger ideeller und wirtschaftlicherInteressen oder in einer erheblichen Verletzung der Substanz des Mietgegenstands gelegensein kann.3. Mietzinsindexierung muss in beide Richtungen vorgesehen sein:Bei Vereinbarung einer Wertbeständigkeit des Mietzinses muss eine Veränderung desVerbraucherpreisindexes sowohl nach oben als auch nach unten wirken. <strong>Der</strong> (einseitige) Ausschlussder Verringerung des Hauptmietzinses aufgrund Anpassung an den Verbraucherpreisindexist sittenwidrig.4. Widmung von Zahlungen des Mieters kann nicht vorab vom Vermieter festgesetztwerden:Eine Klausel, aufgrund welcher (Mietzins)Zahlungen unabhängig von der Widmung auf denältesten aushaftenden Hauptmietzins angerechnet werden, ist unwirks<strong>am</strong>, da sich ansonstender Mieter durch entsprechende Widmung nicht mehr von der Gefahr einer Räumungsklagebefreien könnte.5. Beeinträchtigungen muss der Mieter nur noch in Ausnahmefällen dulden:<strong>Der</strong> Mieter muss sich Eingriffe in seine Bestandrechte durch den Hauseigentümer nur soweitgefallen lassen, als sie die Ausübung seiner Mietrechte nicht wesentlich erschweren oder gefährden.Die Pflicht des Mieters ist dahingehend eingeschränkt, dass es sich hiebei um wirklichnotwendige Maßnahmen des Hauseigentümers handeln muss sowie dass dies die einzigeMöglichkeit ist, das Haus und dessen Bewohner vor Nachteilen zu bewahren. Eine Ausdehnungder Duldungspflichten des Mieters ist sittenwidrig.6. Das Risiko eines zeitweiligen Ausfalls von technischen Anlagen kann nicht zur Gänzeauf Mieter überwälzt werden:<strong>Der</strong> generelle Ausschluss von Minderungs-, Schadenersatz-, Zurückbehaltungs- oder irgendwelchensonstigen Ansprüchen gegenüber dem Vermieter bei zeitweiligem Ausfall von technischenAnlagen, zB von Strom- oder Wasserzufuhr bzw Leitungsgebrechen, ist nicht zulässig.<strong>Der</strong> Vermieter wird zu beweisen haben, dass ihn an diesem Ausfall kein Verschuldentrifft.


- 3 -7. Erhaltungspflichten des Vermieters nur noch eingeschränkt auf Mieter überwälzbar:Folgende Klausel ist sittenwidrig:„<strong>Der</strong> Mieter verpflichtet sich, den Mietgegenstand pfleglich zu behandeln und unter Ausschlussdes § 1096 ABGB sämtliche <strong>am</strong> Mietgegenstand notwendig werdenden Reparaturenauf eigene Kosten durchzuführen und überhaupt den Mietgegenstand zu erhalten; er ist unteranderem verpflichtet, die im Mietgegenstand befindlichen Heizungsvorrichtungen, fernersämtliche Gas-, Elektro- und Wasserinstallationen s<strong>am</strong>t Geräten stets in betriebsfähigem Zustandzu erhalten und im Falle von Störungen diese unverzüglich sach- und fachgemäß aufeigene Kosten instandsetzen zu lassen. Weiters fallen Eingangstüren und Fenster im Bereichdes Mietobjektes in die Wartungs- und Instandhaltungspflicht des Mieters.“Die Erhaltungspflicht des Vermieters ist Ausdruck seiner bestandrechtlichen Gewährleistungspflichtund d<strong>am</strong>it einem Konsumenten gegenüber generell nicht ausschließbar. Bei vereinbarter,genereller Erhaltungspflicht des Mieters würde dieses Gewährleistungsrecht ausgeschlossen,indem der Mieter selbst zur Erhaltung des vereinbarten und ordnungsgemäßenGebrauchs verpflichtet wird. Nach dieser Klausel könnte daher der Zustand, bei dem dasZinsminderungsrecht zum Tragen käme, niemals eintreten. Gewährleistungsansprüche könnenaber vor Kenntnis des Mangels einem Konsumenten gegenüber nicht ausgeschlossen odereingeschränkt werden. Dem Verbraucher kann daher die Erhaltungspflicht des bedungenenZustandes nicht übertragen werden, auch wenn ein höherer Mietzins zulässiger Weise hätteverlangt werden können.Meines Erachtens kann jedoch auch nach dieser oberstgerichtlichen Argumentation keinesfallsmit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass ab sofort auch zB der Boiler auf Kostendes Vermieters repariert werden muss. Wie bereits oben erwähnt, handelt es sich um eineVerbandsklage, bei welcher es keine Teilnichtigkeit von Klauseln gibt. Ist auch nur ein Teileiner Klausel nichtig, „fällt“ die ges<strong>am</strong>te Klausel. Lediglich eine Überwälzung der ges<strong>am</strong>tenErhaltungspflicht auf den Mieter ist sittenwidrig, ob auch eine teilweise oder eingeschränkteÜberwälzung im Einzelfall möglich wäre, bleibt offen. Insbesondere muss unterschieden werden,wer sich beim Bestandsverhältnis gegenübersteht. Je nachdem ob es sich auf Mieterseiteum einen Privaten und auf Vermieterseite um einen gewerblichen Vermieter handelt, oder ob


- 4 -aber Vermieter und Mieter Unternehmer sind, werden im Einzelfall ganz unterschiedlicheMaßstäbe anzulegen sein.8. Ausmalen des Mietgegenstandes nicht mehr in jedem Fall durchsetzbar:Ähnliches gilt auch für die Klausel, dass der Mietgegenstand bei Beendigung des Mietverhältnissesin ordnungsgemäßem Zustand, dh, wie bei Mietbeginn übernommen, jedenfalls neuausgemalt zurückzustellen ist. Auch hier wurde die Klausel in ihrer Ges<strong>am</strong>theit als sittenwidrigbeurteilt, da die ges<strong>am</strong>te Erhaltungspflicht auf den Mieter überwälzt wird, wodurch diesergröblich benachteiligt werde. Bei der gebotenen konsumentenfeindlichsten Auslegung müssteder Mieter jegliche Gebrauchsspuren, wenn sie noch so unerheblich sein mögen, beseitigen –dies ist sittenwidrig. Das heißt, der Mieter wird aller Voraussicht nach dann nicht unbedingtneu ausmalen müssen, wenn die Gebrauchsspuren an den Wänden gering sind.RESÙMEE:Zus<strong>am</strong>menfassend ist festzuhalten, dass der Verbandsprozess als eine Art Musterprozess sicherlichAuswirkungen auf sämtliche bestehenden Mietverträge haben wird. Es darf jedochnicht unterschätzt werden, dass im Verbandsprozess (im Gegensatz zur jeweiligen Vertragsauslegungim Einzelfall) keine Rücksicht auf eine etwaige teilweise Zulässigkeit der beanstandetenBedingungen zu nehmen ist, sodass keine geltungserhaltende Reduktion derKlauseln stattfinden kann. Des Weiteren ist bei der Beurteilung auch immer von der konsumentenfeindlichstenAuslegung auszugehen. Das vorliegende Urteil des <strong>OGH</strong> ist außerdemnur anzuwenden, wenn auf Vermieterseite ein Unternehmer und auf Mieterseite ein Konsumentstehen. Ob jemand, der mehrere Wohnungen besitzt, als Unternehmer gilt, ist vom Gesetznicht eindeutig geregelt, sondern von den Gerichten im Einzelfall zu beurteilen. Lediglichals Maßstab kann gelten, dass jemand, dem weniger als fünf Wohnungen gehören, noch nichtals Unternehmer gilt.Bei Mietverhältnissen zwischen Privaten ist auf das Konsumentenschutzgesetz nicht Bedachtzu nehmen. Ein Ausschluss von Gewährleistungen bei Geschäften von privat zu privat istgrundsätzlich jederzeit möglich, sofern nicht ein bekannter Mangel (arglistig) verschwiegenwird. Somit könnte mE nach geltender Rechtslage das Recht auf Zinsminderung als das besondereGewährleistungsrecht des Mieters zwischen Privaten rechtswirks<strong>am</strong> ausgeschlossenwerden. Allerdings ist durchaus zu konzedieren, dass nunmehr auch private Vermieter mit


- 5 -ähnlichen Entscheidungen des <strong>OGH</strong> zu rechnen haben. Ob diese Entwicklung alles in allemals positiv zu bewerten ist, sei dahingestellt. Vermieter werden wohl künftig auch eine „Erhaltungskomponente“in den Mietzins hineinrechnen, was zu einer Verteuerung von Mietwohnungenund d<strong>am</strong>it zu einer weiteren Verknappung von leistbaren Wohnungen <strong>am</strong> Immobilienmarktführen könnte.

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