10.07.2015 Aufrufe

„Wir sind einfach verheizt worden“ Ein Interview mit Michael Kontek

„Wir sind einfach verheizt worden“ Ein Interview mit Michael Kontek

„Wir sind einfach verheizt worden“ Ein Interview mit Michael Kontek

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

MDR.DE: DruckansichtSeite 1 von 2MDR.DE | 05. Oktober 2004 | 21:24http://www.mdr.de/doku/archiv/geschichte/1611490.html„Wir <strong>sind</strong> <strong>einfach</strong> <strong>verheizt</strong> worden“<strong>Ein</strong> <strong>Interview</strong> <strong>mit</strong> <strong>Michael</strong> <strong>Kontek</strong>von Manuela Heim<strong>Michael</strong> <strong>Kontek</strong> war im Grundwehrdienst vom Mai 1979 bisOktober 1980 an Radarstationen stationiert. Jahrzehnte späterereilte ihn das Schicksal zahlreicher "Radarsoldaten" – ererkrankte an Krebs. Heute engagiert er sich auch für andereBetroffene und kämpft um die offizielle Anerkennung undWiedergutmachung der Radarsch ädigungen bei ehemaligenNVA-Soldaten.In der Zeit Ihres Grundwehrdienstes arbeiteten Sie täglich anden Radarstationen. Wie muss man sich den Kontakt zu denstrahlenden Geräten vorstellen?Die haupts ächliche Strahlenquelle war das Tiratron. Es befand sichungefähr in Bauchhöhe und wir haben stundenlang vor diesemstrahlenden Gerät gesessen. Zusätzlich gab es noch die Strahlung derAntenne. Man war also ständig von Strahlung umgeben. Weil die Radaresehr früh in Betrieb genommen werden mussten, haben wir teilweisesogar auf den Stationen geschlafen.Links ins WWWBund zur UnterstützungRadargeschädigter e.V.Der MDR ist nicht für denInhalt externer Internetseitenverantwortlich!Die Soldaten ahnten damalsnichts von der sie umgebendenGefahr. Wann und wie <strong>sind</strong> Sie aufeinen möglichen Zusammenhang<strong>mit</strong> Ihrer Jahrzehnte nach derArmeezeit aufgetretenenKrankheit gestoßen?Zunächst einmal durchPresseveröffentlichungen. Ohne dieArbeit des "Bundes zur UnterstützungRadargeschädigter e.V.", der <strong>mit</strong>diesem Thema in die Öffentlichkeitgegangen ist, wäre ich nie auf einen<strong>Michael</strong> <strong>Kontek</strong> an seinemehemaligen ArbeitsplatzZusammenhang gestoßen. Viele der ehemaligen Soldaten <strong>sind</strong> anHodenkrebs erkrankt. Meiner Meinung nach ist inzwischen erwiesen,dass ein kausaler Zusammenhang zu der Arbeit an den Radarstationenbesteht. Auch wenn das von offizieller Seite immer wieder bestrittenwird.Im Zuge des Films haben Sie sich besonders intensiv <strong>mit</strong> IhrerVergangenheit als „Radarsoldat“ beschäftigt. Wie wichtig war esIhnen, die Öffentlichkeit f ür dieses Thema zu sensibilisieren?Es ist eine wichtige Sache. Aber ich bin Realist und f ürchte, es wird dieWenigsten tangieren. Es gibt heute so viele Probleme, die jeder einzelnebewältigen muss. Auch viele der Betroffenen haben aufgegeben. [...]Trotzdem ist es eine unheimlich wichtige Sache, dass die Medien dasaufgreifen. Ohne Medienpräsenz wären wir verloren.Sie engagieren sich sehr im Bund zur UnterstützungRadargesch ädigter e.V. Welche Art von Wiedergutmachungerhoffen Sie sich?Zunächst einmal dieses schreiende Unrecht zu beseitigen. Vor allemauch die Ungleichbehandlung zwischen Ost und West (Anm. derRedaktion: Zahlreiche Radaropfer der Bundeswehr wurden inzwischenentschädigt.) Wir haben <strong>einfach</strong> auf der falschen Seite gedient. Nun,einigen würde sicherlich auch das Geld weiterhelfen. Aber ich persönlichwürde auf alles Geld der Welt verzichten, wenn ich meine Gesundheitwiederbekäme. Weiterer Grund für mein Engagement: Ich komme auseinem kirchlichen Elternhaus und wenn ich anderen helfen kann, treibthttp://www.mdr.de/Drucken/1611490-3845.html14.10.2004


MDR.DE: DruckansichtSeite 2 von 2mich das voran. [...] Ich sehe das als meine Pflicht an.Wie beurteilen Sie heute aus Ihrer ganz persönlichen Sicht den<strong>Ein</strong>satz der Soldaten an offensichtlich gesundheitsgefährdendenGeräten, insbesondere vor dem Hintergrund des Kalten Krieges?Natürlich bin ich wahnsinnig wütend. Man muss eben sehen: Es warendie Zeiten des Kalten Krieges. Da zählte der einzelne Soldat, daseinzelne Menschenleben weder in Ost noch in West. Das wichtigste war,dass die Stationen unter allen Umständen liefen. [...] Die Gefahr derStrahlung war definitiv bekannt. Wir <strong>sind</strong> <strong>einfach</strong> <strong>verheizt</strong> worden.Vielen Dank, Herr <strong>Kontek</strong>.Das <strong>Interview</strong> führte Manuela Heim (September 2004).Wer Kontakt zu <strong>Michael</strong> <strong>Kontek</strong> aufnehmen möchte, kann dies über den"Bund zur Unterstützung Radargeschädigter e.V." tun (Link sieherechts).zuletzt aktualisiert: 30. September 2004 | 11:58© 2004 | MDR.DEhttp://www.mdr.de/Drucken/1611490-3845.html14.10.2004

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!